Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 19 AL 92/14 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 AL 31/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Prüfungsmaßstab in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG ist eine vom Gericht anzustellende Interessenabwägung, die sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientiert (ebenso: HessLSG,
Beschluss vom 29.12.2008 - L 7 SO 62/08 BER - juris Rn. 10; a.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - L 13 AL 3445/03 ER-B - juris Rn. 5 und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2010 - L 27 P 48/10 B ER - juris Rn. 2).
2. Ein Eilverfahren ist in der Regel nicht der geeignete Ort zur Durchführung umfangreicher tatsächlicher Ermittlungen, da andernfalls keine schnelle Entscheidung möglich wäre.
Beschluss vom 29.12.2008 - L 7 SO 62/08 BER - juris Rn. 10; a.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - L 13 AL 3445/03 ER-B - juris Rn. 5 und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2010 - L 27 P 48/10 B ER - juris Rn. 2).
2. Ein Eilverfahren ist in der Regel nicht der geeignete Ort zur Durchführung umfangreicher tatsächlicher Ermittlungen, da andernfalls keine schnelle Entscheidung möglich wäre.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 7. März 2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten der Sache nach über die einstweilige weitere Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen.
Der am 1993 geborene Antragsteller und Beschwerdegegner leidet an einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Hydrozephalus und infantiler Zerebralparese. Ihm wurden ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, aG und H zuerkannt. Er bezieht Leistungen nach der Pflegestufe III.
Mit Bescheid vom 10. September 2013 bewilligte die Beschwerdeführerin (Agentur für Arbeit L ) dem Beschwerdegegner Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Zeit vom 2. September 2013 bis 1. Dezember 2015.
Im Vorfeld dieser Bewilligung war von Diplom-Psychologin S unter dem 18. April 2013 ein Gutachten nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdegegners am 15. April 2013 für die Agentur für Arbeit R erstellt worden. Darin hatte die Gutachterin mitgeteilt:
"Neben den körperlichen sind insgesamt auch deutliche geistige Einschränkungen bei (dem Beschwerdegegner) vorhanden. Die vorhandenen intellektuellen Kompetenzen sowie die gefestigte Motivation zum Ausführen zielgerichteter Tätigkeiten, die Offenheit für sein Umfeld und daran geknüpfte Wissensinhalte und die sozialen Kompetenzen weisen aus psychologischer Sicht jedoch daraufhin, dass (der Beschwerdegegner) nach entsprechend längerfristigem Training durchaus in der Lage wäre, unter geschützten Rahmenbedingungen einfache wirtschaftlich verwertbare Arbeit zu leisten. Von Gemeinschaftsfähigkeit ist auszugehen. Auf Grund der körperlichen Behinderungen wird allerdings nach Angaben der Eltern von Seiten der Werkstatt für Behinderte, in der (der Beschwerdegegner) zuletzt sein Praktikum absolvierte, eine Betreuungsperson für die Unterstützung bei Toilettengängen oder der Nahrungsaufnahme für notwendig erachtet und als Bedingung für die Aufnahme gesehen."
Der Beschwerdegegner nahm die ihm bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zunächst in Anspruch.
Im Protokoll des Fachausschusses der DRK Werkstätten M vom 28. November 2013 heißt es:
"Ist sehr motiviert und kommt regelmäßig, hat aber einen hohen Betreuungs- und Pflegeaufwand. Er kann einfache Arbeiten erledigen, aber es muss immer jemand eine Vorbereitung dazu machen. Eine Assistenz ist nötig für 4 Stunden täglich."
Im ebenfalls am 28. November 2013 erstellten Protokoll der Sitzung des Fachausschusses - Eingangsverfahren - der DRK Werkstätten M findet sich zum Abschluss des Eingangsverfahrens die Einschätzung, die Werkstatt sei für den Beschwerdegegner nicht die geeignete Einrichtung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Daraufhin teilte die Beschwerdeführerin (Agentur für Arbeit M ) dem Beschwerdegegner durch Bescheid vom 29. November 2013 mit, es sei davon auszugehen, dass keine ausreichende Leistungsfähigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden könne. Daher werde das Verfahren zur Teilhabe am Arbeitsleben am 2. Dezember 2013 beendet.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2013 hob die Beschwerdeführerin (Agentur für Arbeit L ) die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben unter Hinweis auf §§ 112 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit §§ 33 und 44 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) mit Wirkung vom 2. Dezember 2013 gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Die Maßnahme sei am 1. Dezember 2013 beendet worden.
Gegen die Bescheide vom 29. November 2013 und 3. Dezember 2013 legte der Beschwerdegegner am 10. Dezember 2013 Widerspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Unter anderem machte er geltend, zu keinem Zeitpunkt sei seiner Betreuerin mitgeteilt worden, dass er nicht dazu in der Lage sei, das erforderliche Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Tätigkeit zu erbringen. Letzteres treffe in tatsächlicher Hinsicht auch nicht zu.
Unter dem 12. Dezember 2013 erstellte Dr. P - Gesundheitsamt M - nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdegegners am 11. Dezember 2013 ein "Ärztliches Zeugnis". Darin heißt es unter anderem:
"Ich schließe mich der Einschätzung der Psychologin an, dass (der Beschwerdegegner) nach entsprechendem Training in der Lage wäre, eine einfache wirtschaftliche Arbeit zu leisten. Der pflegerische Aufwand betrifft die Toilettengänge während der Arbeitszeit, die von den Betreuern mit einmal, maximal zweimal angegeben werden und das Servieren der zerkleinerten Nahrung. Die Pflege steht nicht im Vordergrund."
Dieses Ergebnis bestätigte Dr. P in ihrem Nachtrag vom 31. Januar 2014 zum Gutachten vom 12. Dezember 2013 und anlässlich eines Telefonats mit dem Beigeladenen (Gesprächsnotiz vom 30. Januar 2014).
Mit Bescheid vom 30. Januar 2014 übernahm der Beigeladene auf Antrag des Beschwerdegegners vom 29. November 2013 nach § 43 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vorläufig ab 2. Dezember 2013 bis 28. Februar 2014, längstens jedoch für die Dauer der tatsächlichen Anwesenheit, die für die im Förder- und Betreuungsbereich entstehenden Kosten nach § 54 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX in Höhe der vereinbarten Vergütung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2014 wies die Beschwerdeführerin den Widerspruch des Beschwerdegegners gegen den Bescheid vom 29. November 2013 zurück. Ihm fehle für die Teilnahme am Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen aufgrund des Ausmaßes der erforderlichen Betreuung und Pflege die Werkstattfähigkeit im Sinne des § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Es sei nicht zu erwarten, dass der Beschwerdegegner spätestens nach Teilnahme am Berufsbildungsbereich befähigt sei, unter den Bedingungen des Arbeitsbereiches ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2014 wies die Beschwerdeführerin den Widerspruch des Beschwerdegegners gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2013 zurück. Da eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei, die beim Erlass des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vorgelegen hätten, sei der Bescheid vom 10. September 2013 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ebenso lägen die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III vor.
Gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 hat der Beschwerdegegner am 13. Februar 2014 unter dem Aktenzeichen S 19 AL 95/14 Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben.
Gleichzeitig hat er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2014 hat der Beigeladene den Antrag des Beschwerdegegners vom 7. Februar 2014 auf weitere Übernahme der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Förder- und Betreuungsbereich der DRK Werkstatt in M abgelehnt.
Hiergegen hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 4. März 2014 Widerspruch eingelegt.
Im Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014 wird von den dortigen Mitarbeitern über den Beschwerdegegner unter anderem Folgendes ausgeführt worden:
"Allgemeine Informationen zur Person
... (Der Beschwerdegegner) hat eine gute Beobachtungsgabe und besitzt gute Umfeld- bzw. Umweltkenntnisse. Er benötigt in alltäglichen Verrichtungen (Eigenversorgung) umfassende Hilfestellungen, z.B. bei der Körperpflege, bei den Toilettengängen und beim An- und Auskleiden. Die Mahlzeiten werden ihm zerkleinert und er nimmt sie selbstständig mit Besteck ein. Er hat eine schnelle Auffassungsgabe, kann für ihn bekannte und nicht vertraute Aufgaben praktisch umsetzen, bzw. dafür neue Ideen finden. (Der Beschwerdegegner) ist in der Lage mit anderen sprachlich in Kontakt zu treten und verfügt über ein gutes Sprachverständnis ... Leistungsvermögen/Belastbarkeit
Es ist nach dem Eingangsverfahren mit Erprobung in den Bereichen Büroservice sowie Zubehörsortierung, Praktika in Gruppe Zubehör 2 und in Absprache mit den Gruppenleitern des Bereiches Zubehör 2 davon auszugehen, dass (der Beschwerdegegner) ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen kann. Dies wurde bereits nach beendetem Eingangsverfahren festgestellt und hiermit an Hand der Ergebnisse des täglichen Praktikums bestätigt. Die Aktivitäten im Förder- und Betreuungsbereich unterfordern (den Beschwerdegegner) ... Perspektiven
Unter Berücksichtigung seines jungen Lebensalters, seiner hohen Motivation und seines momentanen Leistungsstandes soll (dem Beschwerdegegner) die Möglichkeit gegeben werden eine berufliche Bildungsmaßnahme zu durchlaufen."
Zur Begründung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat der Beschwerdegegner insbesondere vorgetragen, die Teilnahme an Maßnahmen des Berufsbildungsbereiches habe den Zweck, behinderte Menschen so zu fördern, dass sie wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 136 Abs. 2 SGB IX erbringen könnten. Dass er zu einem Mindestmaß an verwertbarer Tätigkeit herangeführt werden könne, hätten Diplom-Psychologin S und Dr. P bestätigt. Außerdem hat er Bezug genommen auf eine Schilderung im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten während seines Praktikums in der Werkstatt für Behinderte. Darin hat seine Mutter unter anderem ausgeführt (Blatt 128 der SG-Akte):
"J Aussage Er hat im September im Büroservice gearbeitet. Der Büroservice besteht aus 2 Räumen, die Betreuer sind Frau L und Frau J (J Betreuer). Er hat Briefe sortiert, er saß zwischen den behinderten Mitarbeitern in einer Reihe, er hat Zuarbeiten bekommen und weitergegeben. Hier war kein Betreuer nötig. Der anwesende Praktikant hat sich um alle gekümmert und J zur Toilette und in die Kantine begleitet, morgens und abends die Jacke ausgezogen.
Im Okt./Nov. war er im Zubehör. Dort waren Betreuer Frau T und Frau D. Ein Bufdi [Bundesfreiwilligendienstler] war wieder für alle da, er hat J zur Toilette und zur Kantine begleitet. Weiterhin hat er mal eine Kiste ausgewechselt mit Zubehörteilen. Die Kisten waren so gestapelt, dass J gut an die Teile herankam uns so selbständig arbeiten konnte. Hier war ich auch während des Praktikums dabei oder bei Besuchen in der Werkstatt."
Die Beschwerdeführerin hat die Auffassung vertreten, der Beschwerdegegner werde auch künftig nicht in der Lage sein, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen.
Der Beigeladene hat vorgetragen, eine weitere Förderung des Beschwerdegegners im Berufsbildungsbereich gemäß §§ 33, 40 Abs. 3 SGB IX sei zu befürworten. Dafür spreche auch der Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014.
Mit Beschluss vom 7. März 2014 hat das SG die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Der sachgerecht auszulegende Antrag des Antragstellers ist zulässig und begründet.
Gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage – wie vorliegend nach § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG – keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Interesse des Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides überwiegt.
Zu dieser Abwägung ist der in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG enthaltene Maßstab für eine Aussetzung der Vollziehung durch die Verwaltung entsprechend heranzuziehen. Danach soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dies ist der Fall, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Oktober 2010, Az.: L 27 P 48/10 B ER, zitiert nach JURIS). Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung bestehen in dem genannten Sinne ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vom 29. November 2013 und vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 6. Februar 2014 und vom 10. Februar 2014, mit denen die Antragsgegnerin die dem Antragsteller ursprünglich mit Bescheid vom 10. September 2013 bewilligten Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben – Ausbildungsgeld vom 2. September 2013 bis 1. Dezember 2015 sowie Lehrgangskosten einschließlich erforderlicher Reisekosten für die Zeit vom 2. September 2013 bis 1. Dezember 2015 – einstellte und aufhob. Grundlage für die von der Antragsgegnerin verfügte Aufhebung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Soweit die Antragsgegnerin sich in den angegriffenen Bescheiden unter Bezugnahme auf das Protokoll des Fachausschusses der Werkstatt für behinderte Menschen M vom 28. November 2013 auf eine solche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse beruft, begegnet dies Bedenken.
Laut dem vorliegenden Protokoll haben die Vertreter der Antragsgegnerin, des Beigeladenen und der DRK Werkstätten M (WfbM) am 28. November 2013 zum Abschluss des Eingangsverfahrens festgestellt, dass die Werkstatt nicht die geeignete Einrichtung zur Teilhabe für den Antragsteller sei und stattdessen seinen Wechsel in den Förder- und Betreuungsbereich der Werkstatt empfohlen.
Die Stellungnahme des Fachausschusses hat für die hier zur Entscheidung zuständige Antragsgegnerin bereits keinen bindenden Charakter (vgl. Jacobs in LPK-SGB IX, § 136, RNr. 16).
Die Antragsgegnerin stellte in ihrer Einstellungs- und Aufhebungsentscheidung unter Bezugnahme auf die Empfehlung des Fachausschuss der Werkstatt für behinderte Menschen M und nach Rücksprache mit der zuständigen Gruppenleiterin und dem Sozialen Dienst der DRK Werkstätten fest, dass ein Übergang des Antragstellers in den Berufsbildungsbereich ohne zusätzliche Betreuung nicht möglich erscheine und dass sich seine Leistungen im Berufsbildungsbereich ohne Arbeitsassistenz nicht steigern würden.
Das im Anschluss vom Beigeladenen bei der Amtsärztin des Gesundheitsamtes M , Frau Dr. P , eingeholte Ärztliche Zeugnis vom 12. Dezember 2013 kommt dagegen - wie zuvor schon ein von einer bei der Antragsgegnerin beschäftigten Psychologin erstelltes Gutachten - zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nach entsprechendem Training in der Lage wäre, einfache wirtschaftliche Arbeit zu leisten sowie dass die Pflege des Antragstellers nicht im Vordergrund stehe.
Die DRK Werkstätten M in Gestalt des zuständigen Gruppenleiters, der stellvertretenden Teamkoordinatorin und einer Mitarbeitern des Sozialen Dienstes, kommt in ihrem Beobachtungs- und Entwicklungsbericht vom 5. März 2014 nun selbst zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller weiterer Fördermaßnahmen durch eine Aufnahme in den Berufsbildungsbereich der Werkstatt bedürfe. Der Antragsteller könne ein Mindestmaß an wirtschaftlich vertretbarer Arbeitsleistung erbringen. Dies sei bereits nach beendetem Eingangsverfahren festgestellt und an Hand der Ergebnisse eines täglichen Praktikums bestätigt worden. Die Aktivitäten im Förder- und Eingangsbereich unterforderten den Antragsteller. Unter Berücksichtigung seines jungen Lebensalters, seiner hohen Motivation und seines momentanen Leistungsstandes sollte dem Antragsteller die Möglichkeit gegeben werden, eine berufliche Bildungsmaßnahme zu durchlaufen.
Der Beigeladene geht nun ebenfalls davon aus, dass die Notwendigkeit einer weiteren Förderung des Antragstellers im Berufsbildungsbereich der Werkstatt bestehe und nimmt insoweit auf den genannten Beobachtungs- und Entwicklungsbericht Bezug. Anders als noch am 28. November 2013 erklärt der Beigeladene nun, dass er der Aufnahme des Antragstellers in den Berufsbildungsbereich ausdrücklich zustimme.
Auch die Antragsgegnerin ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag der Ansicht, dass der vorgelegte Beobachtungs- und Entwicklungsbericht eine entscheidende Änderung der Sachlage darstelle.
Angesichts dieser widersprüchlichen Einschätzungen wird im anhängigen Klageverfahren näher aufzuklären sein, ob der Antragsteller tatsächlich werkstattfähig ist und ob der Bildungsbereich der Werkstatt für seine Teilhabe am Arbeitsleben geeignet und erforderlich ist, sofern die Beteiligten nicht bereits zuvor eine einvernehmliche Lösung finden, die den Bedürfnissen und Möglichkeiten des Antragstellers und ihn weder über- noch unterfordert.
Ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung wird nach einer Ansicht in der Literatur bereits dann erbracht, wenn die Arbeitsleistung des behinderten Menschen für die Werkstatt wirtschaftlich verwertbar ist, wobei ein Minimum an vom behinderten Menschen erbrachter Arbeitsleistung ausreiche und der Umfang des für seine Begleitung erforderlichen Personal- und Sachaufwandes nicht zu berücksichtigen sein soll (vgl. Jacobs in LPK-SGB IX § 136 RNr. 13).
Ausgehend von der aufgezeigten weiteren Aufklärungsbedürftigkeit der tatsächlichen Umstände ist nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ein Erfolg der Klage in der Hauptsache wahrscheinlicher als deren Misserfolg. Dies rechtfertigt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der unter dem Aktenzeichen S 19 AL 95/14 anhängigen Klage bewirkt, dass die angegriffenen Einstellungs- und Aufhebungsbescheide der Antragsgegnerin vom 29. November 2013 und vom 3. Dezember 2013 nicht vollziehbar sind und damit nach wie vor der Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. September 2013 mit der dort geregelten Leistungsgewährung anwendbar bleibt.
Eine Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag des Antragstellers ist aus diesem Grund nicht erforderlich."
Gegen den ihr am 10. März 2014 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 18. März 2014 Beschwerde eingelegt.
Sie trägt vor, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und des Bescheides vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014. Streitgegenständlich sei die Frage, ob der Beschwerdegegner werkstattfähig sei. In diesem Zusammenhang sei vornehmlich die Möglichkeit der Erbringung eines Mindestmaßes an wirtschaftlich vertretbarer Arbeitsleistung mitzubeurteilen. Entgegen früheren Einschätzungen sehe der Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014 überraschenderweise keine zusätzliche Betreuung vor, so dass der unzutreffende Eindruck entstanden sei, der Beschwerdegegner sei werkstattfähig. Dies sei jedoch nicht der Fall. Vielmehr bedürfe er nach wie vor einer täglichen vierstündigen zusätzlichen Assistenz, weil er andernfalls im Berufsbildungsbereich überfordert sei. Das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege erlaube somit die Teilnahme des Beschwerdegegners im Berufsbildungsbereich dauerhaft nicht.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 7. März 2014 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und den Bescheid vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 abzulehnen,
"hilfsweise die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aus dem Beschluss vom 7. März 2014 auszusetzen".
Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beschwerdeführerin (zwei Bände) und der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Auslegung des eigentlichen Begehrens des Beschwerdegegners hat das SG zutreffend entsprechend § 123 SGG vorgenommen.
Im Ergebnis zu Recht hat das SG mit Beschluss vom 7. März 2014 auch die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 sowie gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 angeordnet.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
Ausgangspunkt der Prüfung ist § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht die genannte Bestimmung nicht vor (siehe nur Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 29. Dezember 2008 – L 7 SO 62/08 B ER – juris Rn. 9). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung unter anderem in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen.
Zum Teil wird vertreten, dass auch in diesen Fällen die Kriterien des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG heranzuziehen sind (siehe z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Oktober 2010 – L 13 AL 3445/03 ER-B – juris Rn. 5, und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Oktober 2010 – L 27 P 48/10 B ER – juris Rn. 2). Diese Auffassung ist jedoch - entgegen der Meinung des SG - abzulehnen, weil § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG nur für die ausdrücklich in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG genannten Bescheide gilt, nicht aber für Bescheide im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 29. Dezember 2008 – L 7 SO 62/08 B ER – juris Rn. 10, und Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 12c).
Prüfungsmaßstab in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG ist vielmehr eine vom Gericht anzustellende Interessenabwägung, die sich an den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens orientiert. Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, desto geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse (siehe hierzu und zum Folgenden Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 12e und f). Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre.
Aufgrund der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage und der anzustellenden Interessenabwägung ist die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis zu bestätigen.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hängen davon ab, ob der Beschwerdegegner nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich dazu in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwehrte Arbeitsleistung zu erbringen oder ob ihm die Werkstattfähigkeit abzusprechen ist. Diese Frage ist aufgrund der derzeit vorhandenen Unterlagen zu bejahen.
Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX erhalten behinderte Menschen Leistungen im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, wenn die Leistungen erforderlich sind, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit des behinderten Menschen so weit wie möglich zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen und erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach Teilnahme an diesen Leistungen in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 136 SGB IX zu erbringen.
Nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist der Zugang zu einer Werkstatt für behinderte Menschen eröffnet, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden. Dies ist nicht der Fall bei behinderten Menschen, bei denen trotz einer der Behinderung angemessenen Betreuung eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist oder das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft nicht zulassen.
Das Protokoll des Fachausschusses der DRK Werkstätten M vom 28. November 2013 formuliert zwar das Erfordernis einer täglichen vierstündigen Assistenz für den Beschwerdegegner. Dies scheint in der Tat dafür zu sprechen, dass - wie die Beschwerdeführerin meint - im Fall des Beschwerdegegners nicht mehr von einem Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung ausgegangen werden kann.
Dagegen spricht allerdings die Einschätzung von Diplom-Psychologin S vom 18. April 2013. Sie hat ausdrücklich eingeschätzt, beim Beschwerdegegner sei ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeit zu erwarten. Betreuung sei nur im Rahmen der Unterstützung bei Toilettengängen und bei der Nahrungsaufnahme erforderlich.
Ebenso hat Dr. P in ihrem ärztlichen Zeugnis vom 12. Dezember 2013 in Verbindung mit dem Nachtrag hierzu vom 31. Januar 2014 nur einen begrenzten pflegerischen Aufwand im Rahmen der Toilettengänge und der Nahrungsaufnahme beschrieben. Die Pflege stehe nicht im Vordergrund.
All dies deckt sich mit dem Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014. Auch dort werden umfassende Hilfestellungen nur in Bezug auf Körperpflege, Toilettengänge und Nahrungsaufnahme beschrieben. Ausdrücklich wird in diesem Bericht darauf hingewiesen, dass die Aktivitäten im Förder- und Betreuungsbereich den Beschwerdegegner unterfordern, weshalb eine berufliche Bildungsmaßnahme empfohlen wird.
Auch die Beschreibung der tatsächlichen Umstände in der Werkstatt für behinderte Menschen durch die Mutter des Beschwerdegegners macht nach Auffassung des Senats deutlich, dass - jedenfalls nach derzeitigem Stand - keine permanente vierstündige Assistenz für die Betreuung des Beschwerdegegners erforderlich ist.
Anhaltspunkte für eine Selbst- oder Fremdgefährdung des Beschwerdegegners sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig schließen bei dieser Sachlage das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft aus.
Allenfalls nach Durchführung weiterer umfangreicher Ermittlungen wäre theoretisch eine andere Entscheidung denkbar. An der Durchführung solcher Ermittlungen fehlt es bislang allerdings. Das vorliegende Eilverfahren ist nicht der geeignete Ort zur Durchführung umfangreicher tatsächlicher Ermittlungen, da andernfalls keine schnelle Entscheidung möglich wäre. Unter Anlegung dieser Maßstäbe fällt die Abwägung des Senats vorliegend zu Gunsten der Eilbedürftigkeit aus (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - L 5 B 2/07 R ER - juris Rn. 3; Sächsisches LSG, Beschluss vom 12. November 2012 - L 1 KR 200/12 B ER - amtlicher Umdruck S. 7, Beschluss vom 30. August 2013 - L 1 KR 129/13 B ER - amtlicher Umdruck S. 10 f., Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 1 KR 9/14 B ER - amtlicher Umdruck S. 7, und Beschluss vom 1. April 2014 - L 1 KR 7/14 B ER - amtlicher Umdruck S. 14 f.).
Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen sind die Erfolgsaussichten des Beschwerdegegners in der Hauptsache deutlich größer als das Risiko zu unterliegen. Für die Weiterentwicklung des Beschwerdegegners erscheint es aus jetziger Sicht notwendig, ihm eine Förderung im Berufsbildungsbereich zuteil werden zu lassen.
Soweit die Beschwerdeführerin hilfsweise die Aussetzung der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aus dem Beschluss vom 7. März 2014 beantragt hat, geht dieser Antrag ins Leere. Denn eine einstweilige Anordnung ist nicht streitgegenständlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Klotzbücher Schanzenbach Dr. Wietek
II. Die Antragsgegnerin hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten der Sache nach über die einstweilige weitere Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen.
Der am 1993 geborene Antragsteller und Beschwerdegegner leidet an einer frühkindlichen Hirnschädigung mit Hydrozephalus und infantiler Zerebralparese. Ihm wurden ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, aG und H zuerkannt. Er bezieht Leistungen nach der Pflegestufe III.
Mit Bescheid vom 10. September 2013 bewilligte die Beschwerdeführerin (Agentur für Arbeit L ) dem Beschwerdegegner Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Zeit vom 2. September 2013 bis 1. Dezember 2015.
Im Vorfeld dieser Bewilligung war von Diplom-Psychologin S unter dem 18. April 2013 ein Gutachten nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdegegners am 15. April 2013 für die Agentur für Arbeit R erstellt worden. Darin hatte die Gutachterin mitgeteilt:
"Neben den körperlichen sind insgesamt auch deutliche geistige Einschränkungen bei (dem Beschwerdegegner) vorhanden. Die vorhandenen intellektuellen Kompetenzen sowie die gefestigte Motivation zum Ausführen zielgerichteter Tätigkeiten, die Offenheit für sein Umfeld und daran geknüpfte Wissensinhalte und die sozialen Kompetenzen weisen aus psychologischer Sicht jedoch daraufhin, dass (der Beschwerdegegner) nach entsprechend längerfristigem Training durchaus in der Lage wäre, unter geschützten Rahmenbedingungen einfache wirtschaftlich verwertbare Arbeit zu leisten. Von Gemeinschaftsfähigkeit ist auszugehen. Auf Grund der körperlichen Behinderungen wird allerdings nach Angaben der Eltern von Seiten der Werkstatt für Behinderte, in der (der Beschwerdegegner) zuletzt sein Praktikum absolvierte, eine Betreuungsperson für die Unterstützung bei Toilettengängen oder der Nahrungsaufnahme für notwendig erachtet und als Bedingung für die Aufnahme gesehen."
Der Beschwerdegegner nahm die ihm bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zunächst in Anspruch.
Im Protokoll des Fachausschusses der DRK Werkstätten M vom 28. November 2013 heißt es:
"Ist sehr motiviert und kommt regelmäßig, hat aber einen hohen Betreuungs- und Pflegeaufwand. Er kann einfache Arbeiten erledigen, aber es muss immer jemand eine Vorbereitung dazu machen. Eine Assistenz ist nötig für 4 Stunden täglich."
Im ebenfalls am 28. November 2013 erstellten Protokoll der Sitzung des Fachausschusses - Eingangsverfahren - der DRK Werkstätten M findet sich zum Abschluss des Eingangsverfahrens die Einschätzung, die Werkstatt sei für den Beschwerdegegner nicht die geeignete Einrichtung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Daraufhin teilte die Beschwerdeführerin (Agentur für Arbeit M ) dem Beschwerdegegner durch Bescheid vom 29. November 2013 mit, es sei davon auszugehen, dass keine ausreichende Leistungsfähigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden könne. Daher werde das Verfahren zur Teilhabe am Arbeitsleben am 2. Dezember 2013 beendet.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2013 hob die Beschwerdeführerin (Agentur für Arbeit L ) die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben unter Hinweis auf §§ 112 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit §§ 33 und 44 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) mit Wirkung vom 2. Dezember 2013 gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Die Maßnahme sei am 1. Dezember 2013 beendet worden.
Gegen die Bescheide vom 29. November 2013 und 3. Dezember 2013 legte der Beschwerdegegner am 10. Dezember 2013 Widerspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Unter anderem machte er geltend, zu keinem Zeitpunkt sei seiner Betreuerin mitgeteilt worden, dass er nicht dazu in der Lage sei, das erforderliche Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Tätigkeit zu erbringen. Letzteres treffe in tatsächlicher Hinsicht auch nicht zu.
Unter dem 12. Dezember 2013 erstellte Dr. P - Gesundheitsamt M - nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdegegners am 11. Dezember 2013 ein "Ärztliches Zeugnis". Darin heißt es unter anderem:
"Ich schließe mich der Einschätzung der Psychologin an, dass (der Beschwerdegegner) nach entsprechendem Training in der Lage wäre, eine einfache wirtschaftliche Arbeit zu leisten. Der pflegerische Aufwand betrifft die Toilettengänge während der Arbeitszeit, die von den Betreuern mit einmal, maximal zweimal angegeben werden und das Servieren der zerkleinerten Nahrung. Die Pflege steht nicht im Vordergrund."
Dieses Ergebnis bestätigte Dr. P in ihrem Nachtrag vom 31. Januar 2014 zum Gutachten vom 12. Dezember 2013 und anlässlich eines Telefonats mit dem Beigeladenen (Gesprächsnotiz vom 30. Januar 2014).
Mit Bescheid vom 30. Januar 2014 übernahm der Beigeladene auf Antrag des Beschwerdegegners vom 29. November 2013 nach § 43 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vorläufig ab 2. Dezember 2013 bis 28. Februar 2014, längstens jedoch für die Dauer der tatsächlichen Anwesenheit, die für die im Förder- und Betreuungsbereich entstehenden Kosten nach § 54 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX in Höhe der vereinbarten Vergütung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2014 wies die Beschwerdeführerin den Widerspruch des Beschwerdegegners gegen den Bescheid vom 29. November 2013 zurück. Ihm fehle für die Teilnahme am Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen aufgrund des Ausmaßes der erforderlichen Betreuung und Pflege die Werkstattfähigkeit im Sinne des § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Es sei nicht zu erwarten, dass der Beschwerdegegner spätestens nach Teilnahme am Berufsbildungsbereich befähigt sei, unter den Bedingungen des Arbeitsbereiches ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2014 wies die Beschwerdeführerin den Widerspruch des Beschwerdegegners gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2013 zurück. Da eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei, die beim Erlass des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vorgelegen hätten, sei der Bescheid vom 10. September 2013 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ebenso lägen die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III vor.
Gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 hat der Beschwerdegegner am 13. Februar 2014 unter dem Aktenzeichen S 19 AL 95/14 Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben.
Gleichzeitig hat er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2014 hat der Beigeladene den Antrag des Beschwerdegegners vom 7. Februar 2014 auf weitere Übernahme der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Förder- und Betreuungsbereich der DRK Werkstatt in M abgelehnt.
Hiergegen hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 4. März 2014 Widerspruch eingelegt.
Im Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014 wird von den dortigen Mitarbeitern über den Beschwerdegegner unter anderem Folgendes ausgeführt worden:
"Allgemeine Informationen zur Person
... (Der Beschwerdegegner) hat eine gute Beobachtungsgabe und besitzt gute Umfeld- bzw. Umweltkenntnisse. Er benötigt in alltäglichen Verrichtungen (Eigenversorgung) umfassende Hilfestellungen, z.B. bei der Körperpflege, bei den Toilettengängen und beim An- und Auskleiden. Die Mahlzeiten werden ihm zerkleinert und er nimmt sie selbstständig mit Besteck ein. Er hat eine schnelle Auffassungsgabe, kann für ihn bekannte und nicht vertraute Aufgaben praktisch umsetzen, bzw. dafür neue Ideen finden. (Der Beschwerdegegner) ist in der Lage mit anderen sprachlich in Kontakt zu treten und verfügt über ein gutes Sprachverständnis ... Leistungsvermögen/Belastbarkeit
Es ist nach dem Eingangsverfahren mit Erprobung in den Bereichen Büroservice sowie Zubehörsortierung, Praktika in Gruppe Zubehör 2 und in Absprache mit den Gruppenleitern des Bereiches Zubehör 2 davon auszugehen, dass (der Beschwerdegegner) ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen kann. Dies wurde bereits nach beendetem Eingangsverfahren festgestellt und hiermit an Hand der Ergebnisse des täglichen Praktikums bestätigt. Die Aktivitäten im Förder- und Betreuungsbereich unterfordern (den Beschwerdegegner) ... Perspektiven
Unter Berücksichtigung seines jungen Lebensalters, seiner hohen Motivation und seines momentanen Leistungsstandes soll (dem Beschwerdegegner) die Möglichkeit gegeben werden eine berufliche Bildungsmaßnahme zu durchlaufen."
Zur Begründung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat der Beschwerdegegner insbesondere vorgetragen, die Teilnahme an Maßnahmen des Berufsbildungsbereiches habe den Zweck, behinderte Menschen so zu fördern, dass sie wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 136 Abs. 2 SGB IX erbringen könnten. Dass er zu einem Mindestmaß an verwertbarer Tätigkeit herangeführt werden könne, hätten Diplom-Psychologin S und Dr. P bestätigt. Außerdem hat er Bezug genommen auf eine Schilderung im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten während seines Praktikums in der Werkstatt für Behinderte. Darin hat seine Mutter unter anderem ausgeführt (Blatt 128 der SG-Akte):
"J Aussage Er hat im September im Büroservice gearbeitet. Der Büroservice besteht aus 2 Räumen, die Betreuer sind Frau L und Frau J (J Betreuer). Er hat Briefe sortiert, er saß zwischen den behinderten Mitarbeitern in einer Reihe, er hat Zuarbeiten bekommen und weitergegeben. Hier war kein Betreuer nötig. Der anwesende Praktikant hat sich um alle gekümmert und J zur Toilette und in die Kantine begleitet, morgens und abends die Jacke ausgezogen.
Im Okt./Nov. war er im Zubehör. Dort waren Betreuer Frau T und Frau D. Ein Bufdi [Bundesfreiwilligendienstler] war wieder für alle da, er hat J zur Toilette und zur Kantine begleitet. Weiterhin hat er mal eine Kiste ausgewechselt mit Zubehörteilen. Die Kisten waren so gestapelt, dass J gut an die Teile herankam uns so selbständig arbeiten konnte. Hier war ich auch während des Praktikums dabei oder bei Besuchen in der Werkstatt."
Die Beschwerdeführerin hat die Auffassung vertreten, der Beschwerdegegner werde auch künftig nicht in der Lage sein, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen.
Der Beigeladene hat vorgetragen, eine weitere Förderung des Beschwerdegegners im Berufsbildungsbereich gemäß §§ 33, 40 Abs. 3 SGB IX sei zu befürworten. Dafür spreche auch der Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014.
Mit Beschluss vom 7. März 2014 hat das SG die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
"Der sachgerecht auszulegende Antrag des Antragstellers ist zulässig und begründet.
Gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage – wie vorliegend nach § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG – keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Interesse des Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides überwiegt.
Zu dieser Abwägung ist der in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG enthaltene Maßstab für eine Aussetzung der Vollziehung durch die Verwaltung entsprechend heranzuziehen. Danach soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dies ist der Fall, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Oktober 2010, Az.: L 27 P 48/10 B ER, zitiert nach JURIS). Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung bestehen in dem genannten Sinne ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vom 29. November 2013 und vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 6. Februar 2014 und vom 10. Februar 2014, mit denen die Antragsgegnerin die dem Antragsteller ursprünglich mit Bescheid vom 10. September 2013 bewilligten Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben – Ausbildungsgeld vom 2. September 2013 bis 1. Dezember 2015 sowie Lehrgangskosten einschließlich erforderlicher Reisekosten für die Zeit vom 2. September 2013 bis 1. Dezember 2015 – einstellte und aufhob. Grundlage für die von der Antragsgegnerin verfügte Aufhebung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Soweit die Antragsgegnerin sich in den angegriffenen Bescheiden unter Bezugnahme auf das Protokoll des Fachausschusses der Werkstatt für behinderte Menschen M vom 28. November 2013 auf eine solche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse beruft, begegnet dies Bedenken.
Laut dem vorliegenden Protokoll haben die Vertreter der Antragsgegnerin, des Beigeladenen und der DRK Werkstätten M (WfbM) am 28. November 2013 zum Abschluss des Eingangsverfahrens festgestellt, dass die Werkstatt nicht die geeignete Einrichtung zur Teilhabe für den Antragsteller sei und stattdessen seinen Wechsel in den Förder- und Betreuungsbereich der Werkstatt empfohlen.
Die Stellungnahme des Fachausschusses hat für die hier zur Entscheidung zuständige Antragsgegnerin bereits keinen bindenden Charakter (vgl. Jacobs in LPK-SGB IX, § 136, RNr. 16).
Die Antragsgegnerin stellte in ihrer Einstellungs- und Aufhebungsentscheidung unter Bezugnahme auf die Empfehlung des Fachausschuss der Werkstatt für behinderte Menschen M und nach Rücksprache mit der zuständigen Gruppenleiterin und dem Sozialen Dienst der DRK Werkstätten fest, dass ein Übergang des Antragstellers in den Berufsbildungsbereich ohne zusätzliche Betreuung nicht möglich erscheine und dass sich seine Leistungen im Berufsbildungsbereich ohne Arbeitsassistenz nicht steigern würden.
Das im Anschluss vom Beigeladenen bei der Amtsärztin des Gesundheitsamtes M , Frau Dr. P , eingeholte Ärztliche Zeugnis vom 12. Dezember 2013 kommt dagegen - wie zuvor schon ein von einer bei der Antragsgegnerin beschäftigten Psychologin erstelltes Gutachten - zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nach entsprechendem Training in der Lage wäre, einfache wirtschaftliche Arbeit zu leisten sowie dass die Pflege des Antragstellers nicht im Vordergrund stehe.
Die DRK Werkstätten M in Gestalt des zuständigen Gruppenleiters, der stellvertretenden Teamkoordinatorin und einer Mitarbeitern des Sozialen Dienstes, kommt in ihrem Beobachtungs- und Entwicklungsbericht vom 5. März 2014 nun selbst zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller weiterer Fördermaßnahmen durch eine Aufnahme in den Berufsbildungsbereich der Werkstatt bedürfe. Der Antragsteller könne ein Mindestmaß an wirtschaftlich vertretbarer Arbeitsleistung erbringen. Dies sei bereits nach beendetem Eingangsverfahren festgestellt und an Hand der Ergebnisse eines täglichen Praktikums bestätigt worden. Die Aktivitäten im Förder- und Eingangsbereich unterforderten den Antragsteller. Unter Berücksichtigung seines jungen Lebensalters, seiner hohen Motivation und seines momentanen Leistungsstandes sollte dem Antragsteller die Möglichkeit gegeben werden, eine berufliche Bildungsmaßnahme zu durchlaufen.
Der Beigeladene geht nun ebenfalls davon aus, dass die Notwendigkeit einer weiteren Förderung des Antragstellers im Berufsbildungsbereich der Werkstatt bestehe und nimmt insoweit auf den genannten Beobachtungs- und Entwicklungsbericht Bezug. Anders als noch am 28. November 2013 erklärt der Beigeladene nun, dass er der Aufnahme des Antragstellers in den Berufsbildungsbereich ausdrücklich zustimme.
Auch die Antragsgegnerin ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag der Ansicht, dass der vorgelegte Beobachtungs- und Entwicklungsbericht eine entscheidende Änderung der Sachlage darstelle.
Angesichts dieser widersprüchlichen Einschätzungen wird im anhängigen Klageverfahren näher aufzuklären sein, ob der Antragsteller tatsächlich werkstattfähig ist und ob der Bildungsbereich der Werkstatt für seine Teilhabe am Arbeitsleben geeignet und erforderlich ist, sofern die Beteiligten nicht bereits zuvor eine einvernehmliche Lösung finden, die den Bedürfnissen und Möglichkeiten des Antragstellers und ihn weder über- noch unterfordert.
Ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung wird nach einer Ansicht in der Literatur bereits dann erbracht, wenn die Arbeitsleistung des behinderten Menschen für die Werkstatt wirtschaftlich verwertbar ist, wobei ein Minimum an vom behinderten Menschen erbrachter Arbeitsleistung ausreiche und der Umfang des für seine Begleitung erforderlichen Personal- und Sachaufwandes nicht zu berücksichtigen sein soll (vgl. Jacobs in LPK-SGB IX § 136 RNr. 13).
Ausgehend von der aufgezeigten weiteren Aufklärungsbedürftigkeit der tatsächlichen Umstände ist nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ein Erfolg der Klage in der Hauptsache wahrscheinlicher als deren Misserfolg. Dies rechtfertigt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der unter dem Aktenzeichen S 19 AL 95/14 anhängigen Klage bewirkt, dass die angegriffenen Einstellungs- und Aufhebungsbescheide der Antragsgegnerin vom 29. November 2013 und vom 3. Dezember 2013 nicht vollziehbar sind und damit nach wie vor der Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. September 2013 mit der dort geregelten Leistungsgewährung anwendbar bleibt.
Eine Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag des Antragstellers ist aus diesem Grund nicht erforderlich."
Gegen den ihr am 10. März 2014 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 18. März 2014 Beschwerde eingelegt.
Sie trägt vor, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und des Bescheides vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014. Streitgegenständlich sei die Frage, ob der Beschwerdegegner werkstattfähig sei. In diesem Zusammenhang sei vornehmlich die Möglichkeit der Erbringung eines Mindestmaßes an wirtschaftlich vertretbarer Arbeitsleistung mitzubeurteilen. Entgegen früheren Einschätzungen sehe der Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014 überraschenderweise keine zusätzliche Betreuung vor, so dass der unzutreffende Eindruck entstanden sei, der Beschwerdegegner sei werkstattfähig. Dies sei jedoch nicht der Fall. Vielmehr bedürfe er nach wie vor einer täglichen vierstündigen zusätzlichen Assistenz, weil er andernfalls im Berufsbildungsbereich überfordert sei. Das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege erlaube somit die Teilnahme des Beschwerdegegners im Berufsbildungsbereich dauerhaft nicht.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 7. März 2014 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 und den Bescheid vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 abzulehnen,
"hilfsweise die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aus dem Beschluss vom 7. März 2014 auszusetzen".
Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beschwerdeführerin (zwei Bände) und der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Auslegung des eigentlichen Begehrens des Beschwerdegegners hat das SG zutreffend entsprechend § 123 SGG vorgenommen.
Im Ergebnis zu Recht hat das SG mit Beschluss vom 7. März 2014 auch die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2014 sowie gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2014 angeordnet.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
Ausgangspunkt der Prüfung ist § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht die genannte Bestimmung nicht vor (siehe nur Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 29. Dezember 2008 – L 7 SO 62/08 B ER – juris Rn. 9). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung unter anderem in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen.
Zum Teil wird vertreten, dass auch in diesen Fällen die Kriterien des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG heranzuziehen sind (siehe z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Oktober 2010 – L 13 AL 3445/03 ER-B – juris Rn. 5, und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Oktober 2010 – L 27 P 48/10 B ER – juris Rn. 2). Diese Auffassung ist jedoch - entgegen der Meinung des SG - abzulehnen, weil § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG nur für die ausdrücklich in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG genannten Bescheide gilt, nicht aber für Bescheide im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 29. Dezember 2008 – L 7 SO 62/08 B ER – juris Rn. 10, und Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 12c).
Prüfungsmaßstab in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG ist vielmehr eine vom Gericht anzustellende Interessenabwägung, die sich an den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens orientiert. Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, desto geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse (siehe hierzu und zum Folgenden Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 12e und f). Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre.
Aufgrund der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage und der anzustellenden Interessenabwägung ist die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis zu bestätigen.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hängen davon ab, ob der Beschwerdegegner nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich dazu in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwehrte Arbeitsleistung zu erbringen oder ob ihm die Werkstattfähigkeit abzusprechen ist. Diese Frage ist aufgrund der derzeit vorhandenen Unterlagen zu bejahen.
Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX erhalten behinderte Menschen Leistungen im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, wenn die Leistungen erforderlich sind, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit des behinderten Menschen so weit wie möglich zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen und erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach Teilnahme an diesen Leistungen in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 136 SGB IX zu erbringen.
Nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist der Zugang zu einer Werkstatt für behinderte Menschen eröffnet, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden. Dies ist nicht der Fall bei behinderten Menschen, bei denen trotz einer der Behinderung angemessenen Betreuung eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist oder das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft nicht zulassen.
Das Protokoll des Fachausschusses der DRK Werkstätten M vom 28. November 2013 formuliert zwar das Erfordernis einer täglichen vierstündigen Assistenz für den Beschwerdegegner. Dies scheint in der Tat dafür zu sprechen, dass - wie die Beschwerdeführerin meint - im Fall des Beschwerdegegners nicht mehr von einem Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung ausgegangen werden kann.
Dagegen spricht allerdings die Einschätzung von Diplom-Psychologin S vom 18. April 2013. Sie hat ausdrücklich eingeschätzt, beim Beschwerdegegner sei ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeit zu erwarten. Betreuung sei nur im Rahmen der Unterstützung bei Toilettengängen und bei der Nahrungsaufnahme erforderlich.
Ebenso hat Dr. P in ihrem ärztlichen Zeugnis vom 12. Dezember 2013 in Verbindung mit dem Nachtrag hierzu vom 31. Januar 2014 nur einen begrenzten pflegerischen Aufwand im Rahmen der Toilettengänge und der Nahrungsaufnahme beschrieben. Die Pflege stehe nicht im Vordergrund.
All dies deckt sich mit dem Beobachtungs- und Entwicklungsbericht der DRK Werkstätten M vom 5. März 2014. Auch dort werden umfassende Hilfestellungen nur in Bezug auf Körperpflege, Toilettengänge und Nahrungsaufnahme beschrieben. Ausdrücklich wird in diesem Bericht darauf hingewiesen, dass die Aktivitäten im Förder- und Betreuungsbereich den Beschwerdegegner unterfordern, weshalb eine berufliche Bildungsmaßnahme empfohlen wird.
Auch die Beschreibung der tatsächlichen Umstände in der Werkstatt für behinderte Menschen durch die Mutter des Beschwerdegegners macht nach Auffassung des Senats deutlich, dass - jedenfalls nach derzeitigem Stand - keine permanente vierstündige Assistenz für die Betreuung des Beschwerdegegners erforderlich ist.
Anhaltspunkte für eine Selbst- oder Fremdgefährdung des Beschwerdegegners sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig schließen bei dieser Sachlage das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich oder sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Arbeitsbereich dauerhaft aus.
Allenfalls nach Durchführung weiterer umfangreicher Ermittlungen wäre theoretisch eine andere Entscheidung denkbar. An der Durchführung solcher Ermittlungen fehlt es bislang allerdings. Das vorliegende Eilverfahren ist nicht der geeignete Ort zur Durchführung umfangreicher tatsächlicher Ermittlungen, da andernfalls keine schnelle Entscheidung möglich wäre. Unter Anlegung dieser Maßstäbe fällt die Abwägung des Senats vorliegend zu Gunsten der Eilbedürftigkeit aus (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - L 5 B 2/07 R ER - juris Rn. 3; Sächsisches LSG, Beschluss vom 12. November 2012 - L 1 KR 200/12 B ER - amtlicher Umdruck S. 7, Beschluss vom 30. August 2013 - L 1 KR 129/13 B ER - amtlicher Umdruck S. 10 f., Beschluss vom 13. Februar 2014 - L 1 KR 9/14 B ER - amtlicher Umdruck S. 7, und Beschluss vom 1. April 2014 - L 1 KR 7/14 B ER - amtlicher Umdruck S. 14 f.).
Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen sind die Erfolgsaussichten des Beschwerdegegners in der Hauptsache deutlich größer als das Risiko zu unterliegen. Für die Weiterentwicklung des Beschwerdegegners erscheint es aus jetziger Sicht notwendig, ihm eine Förderung im Berufsbildungsbereich zuteil werden zu lassen.
Soweit die Beschwerdeführerin hilfsweise die Aussetzung der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aus dem Beschluss vom 7. März 2014 beantragt hat, geht dieser Antrag ins Leere. Denn eine einstweilige Anordnung ist nicht streitgegenständlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Klotzbücher Schanzenbach Dr. Wietek
Rechtskraft
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