L 5 R 194/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3627/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 194/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.11.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Festsetzung des Streitwerts im Urteil des Sozialgerichts wird geändert. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Kraftfahrer für die Klägerin in der Zeit vom 01.11.1996 bis 31.05.1999 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) betriebenes Fuhrunternehmen, das im streitgegenständlichen Zeitraum Transportaufträge für andere Firmen (darunter auch Speditionen) ausführte. Der 1937 im ehemaligen Jugoslawien geborene Beigeladene war nach eigenen Angaben zunächst als selbständiger Fuhrunternehmer mit eigenen LKW‘s und angestellten Fahrern tätig. Mit Bescheid der L. S. vom 31.08.1994 wurde ihm wegen Steuer- und Beitragsrückständen die Erlaubnis zur Durchführung des Güternahverkehrs entzogen und der Sofortvollzug angeordnet. Über den dagegen vom Beigeladenen zu 1) erhobenen Widerspruch wurde nach dessen Angaben nicht entschieden.

Am 08.11.1996 hatten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) mit Wirkung vom 01.11.1996 einen "Beschäftigungsvertrag" mit folgendem Inhalt geschlossen:

1. Die Fa. M. S. wird als Nahverkehrsunternehmer beschäftigt. Inhalt des Vertrages ist die Zustellung und Abholung von Speditionsgütern. Die Fa. M. S. stellt ein Fahrzeug mit 5,0 Tonnen Nutzlast = 15 Palettenplätze. Die Tagestour beginnt morgens um 6:00 Uhr und endet am Abend um 18.00 Uhr. Bei Ausfall des Fahrzeuges wird von der Fa. M. S. spätestens am 3-ten Tag ein Ersatzfahrzeug gestellt.

2. Als Vergütung wird ein Tagespauschalsatz von max. DM 400,-pro Fahrzeug vereinbart, jedoch nicht mehr als 95 % des Erlöses von Fa. K. & S. GmbH. Diese Vereinbarung bezieht sich auf den in Punkt 1 genannten Fahrzeugtyp. Die Abrechnung erfolgt im Laufe des Folgemonats.

3. Es wurde weiterhin vereinbart, dass das Fahrzeug auf die Farben, welche Fa. K. & S. GmbH wünscht, umgerüstet wird. Die Umlackierung geht zu Lasten der Fa. M. S ... Die Kosten der Beschriftung der Plane wird von der Fa. K. S. GmbH übernommen.

4. Sollte der Vertrag innerhalb von einem Jahr seitens der Fa. M. S. oder von der Fa. K. & S. GmbH aus wichtigem Grund, der von der Fa. M. S. zu vertreten ist, gekündigt werden, hat die Fa. K. & S. GmbH das Recht, die von ihr eingebrachten Kosten zurückzufordern. Der Vertrag kann mit einer Frist von 1 Monat zum Monatsende von beiden Seiten gekündigt werden. Unberührt davon sind wichtige Gründe, die eine fristlose Kündigung dieser Vereinbarung rechtfertigen. Hierzu zählen insbesondere:

Nachlässigkeit bei der Belieferung, Abholung unserer Kunden Verstöße gegen die getroffenen Frachtvereinbarungen, Hausverbot bei Auftraggeber oder Kunden, wiederholte fahrlässige Beschädigungen und Verluste der Güter.

5. Bezüglich des Einsatzes während der Sommerferien sowie der Weihnachtszeit kann dahingehend eine Vereinbarung getroffen werden, dass die Fa. K. & S. GmbH den LKW für bis zu 3 Wochen wegen schwacher Auftragslage nicht beschäftigt.

6. Die Fa. K. & S. GmbH geht davon aus, dass die Fa. M. S. im Besitz einer gültigen Nahverkehrserlaubnis ist. Gleichzeitig versichert die Fa. M. S., dass sie eine gültige AGMB-Versicherung abgeschlossen hat, hiervon ist eine Kopie beizufügen.

7. Ausrüstung des Fahrzeuges mit GGVS-Führerschein. Das Fahrzeug muss mit einer Gefahrgutausrüstung gemäß GGVS neuester Fassung ausgestattet sein. Der Fahrer muss nach den gesetzlichen Vorschriften der GGVS zur gesetzlichen Frist einen Gefahrgutführerschein gemäß GGVS besitzen, da Gefahrguttransporte auf dieser Tour anstehen. Sollte das Fahrzeug oder der Fahrer nicht mit einer GGVS-Ausrüstung bzw. GGVS Führerschein ausgestattet sein, wird von der Vergütung 10% abgezogen.

8. Weiterhin wird vereinbart, dass die Fa. M. S. den LKW mit einem Funktelefon ausstattet. Dieses Telefon geht zu Lasten der Fa. M. S ...

9. Der Unternehmer bemüht sich auch um anderweitige Transportaufträge.

10. Soweit einzelne Punkte unwirksam sein sollten, wird hiervon die Wirksamkeit des Vertrages nicht berührt. In einem solchen Fall ist die ungültige Bestimmung des Vertrages einvernehmlich umzudeuten oder zu ergänzen, so dass der mit der ungültigen Bestimmung beabsichtigte wirtschaftliche Zweck erreicht wird."

Diese Vereinbarung wurde mit einer weiteren Vereinbarung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) vom 03.04.1999 "aufgrund der neuesten gesetzlichen Veränderungen zum 01.04.1999" mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Zugleich vereinbarten die Vertragsparteien "im gegenseitigen Einvernehmen und aufgrund eines extremen Härtefalles bei sofortiger Auflösung des Vertragsverhältnisses", die Zusammenarbeit bis zum 31.05.1999 fortzusetzen. Weiter heißt es:

" Herr S. erhebt keinerlei Ansprüche aus der Zusammenarbeit in der Vergangenheit. Auch eine Anstellung kommt für die Parteien nicht in Betracht. Ein evtl. hieraus resultierender Anspruch wird von Herrn S. nicht erhoben."

Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) schlossen eine weitere Vereinbarung (ohne Datum) über das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X., das über die Klägerin versichert werden, aber im Eigentum des Beigeladenen zu 1) verbleiben sollte, der sämtliche Unterhaltskosten sowie die Kosten für Bußgelder, Reparaturen und das Risiko des Totalausfalls zu tragen hatte.

Als Halterin dieses LKWs war im Fahrzeugbrief und im Fahrzeugschein zunächst eine Firma H., für die der Beigeladenen zu 1) zuvor tätig gewesen war, und ab Dezember 1996 bis April 1999 die Klägerin eingetragen. Ab Dezember 1996 war der Fahrzeugbrief im Besitz der Firma T., von der der Beigeladene zu 1) den Lkw gekauft hatte. Die Klägerin übernahm die vom Beigeladenen zu 1) geschuldeten Raten und verrechnete die gezahlten Beträge, ebenso wie die von ihr verauslagten Versicherungsraten mit der Vergütung des Beigeladenen zu 1). Nach Zahlung der letzten Rate übersandte die Firma T. den Fahrzeugbrief im April 1999 an die Klägerin.

Während des streitgegenständlichen Zeitraums vom 01.11.1996 bis zum 31.05.1999 meldete sich der Beigeladene zu 1) an jedem Arbeitstag im Büro der F. E. und bekam von dort die Aufträge für den ganzen Tag zugeteilt. Die Tagespauschale von 400 DM erhielt er von der Klägerin. Während der gesamten Zeit beschäftigte der Beigeladene zu 1) keinen Dritten als Fahrer.

Am 21.09.2000 stellte der Beigeladene zu 1) unter Vorlage des zwischen ihm und der Klägerin geschlossenen Beschäftigungsvertrages bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er wies darauf hin, dass sich das Arbeitsamt aufgrund seiner angeblichen Selbständigkeit weigere, ihm Arbeitslosengeld zu zahlen. Mit Bescheiden vom 22.08.2002 stellte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin fest, dass der Beigeladene zu 1) die Tätigkeit als Frachtführer bei der Klägerin in der Zeit vom 01.11.1996 bis 31.05.1999 im Rahmen eines abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16.09.2002 Widerspruch ein, den die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2003 zurückwies.

Am 25.04.2003 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart, das den Rechtstreit mit Beschluss vom 23.05.2003 an das örtlich zuständige Sozialgericht Reutlingen verwies. Dieses hob mit Urteil vom 25.07.2005 (S 4 R 1502/03) den Bescheid vom 22.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2003 auf und stellte fest, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin in der Zeit vom 01.11.1996 bis 31.05.1999 nicht abhängig beschäftigt war. Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin spreche, dass das Arbeitsmittel - der LKW - im Eigentum des Beigeladenen zu 1) gewesen sei. Er habe den LKW im Jahr 1992 von der Firma Teschke unter Vereinbarung einer Ratenzahlung gekauft. Mit Tilgung der Kaufpreisforderung habe er den Kfz-Brief ausgehändigt erhalten. Insoweit ergäben sich keine Zweifel an seiner eigentumsrechtlichen Stellung. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kfz-Brief, welcher zunächst auf den Beigeladenen zu 1) ausgestellt gewesen sei, in der Folgezeit zunächst auf die Firma H. und dann auf die Klägerin umgeschrieben worden sei. Denn der Kfz-Brief benenne nur den Halter, der mit dem Eigentümer nicht identisch sein müsse. Im Übrigen sei Hintergrund der Umschreibung allein die Tatsache gewesen, dass der Beigeladene zu 1) nicht mehr im Besitz einer gültigen Güterkraftverkehrserlaubnis gewesen sei. Änderungen an den eigentumsrechtlichen Verhältnissen seien mit der Umschreibung nicht verknüpft gewesen. Auch der Entzug der Güterkraftverkehrserlaubnis habe die selbständige Tätigkeit nicht zu einer abhängigen Beschäftigung gemacht. Hierfür seien allein die vertraglichen und die tatsächlichen Verhältnisse zwischen den Beteiligten maßgeblich. Der Beigeladene zu 1) sei auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Er habe seinen eigenen Angaben zufolge Weisungen ausschließlich von der Firma E. in W. erhalten. Diese Firma habe er jeden Arbeitstag angefahren und dort von dem Disponenten die Tourenliste erhalten, habe das Frachtgut auf seinen LKW geladen und die jeweiligen Auftragnehmer angefahren. Von der Firma E. habe der Beigeladene zu 1) auch während einer laufenden Tour weitere Anweisungen erhalten. Der einzige Kontakt mit der Klägerin habe sich in der Abrechnung der Vergütung erschöpft. Eine Einbindung in die Organisation der Klägerin könne unter diesen Umständen nicht angenommen werden. Auch Anhaltspunkte für eine Arbeitnehmerüberlassung seien nicht zu erkennen.

Gegen dieses Urteil legten die Beklagte am 16.09.2005 und der Beigeladene zu 1) am 20.09.2005 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) ein.

Mit Urteil vom 24.03.2009 (L 11 R 3849/05) hob das LSG das Urteil des Sozialgerichts vom 25.07.2005 auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führte das LSG zunächst aus, dass der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 22.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2003 nicht entgegen stehe, dass der Beigeladene zu 1) den Antrag nach § 7a SGB IV erst am 27.09.2000, also mehr als ein Jahr nach Beendigung der Vertragsbeziehung mit der Klägerin gestellt habe. Es bestehe für den Beschäftigten erst nach Beendigung seiner Tätigkeit ein Interesse an der Durchführung des Anfrageverfahrens. Eine derart weitgehende Einschränkung dahingehend, dass das Anfrageverfahren nach Beendigung der Vertragsbeziehung nicht mehr statthaft sei, womit auch eine Begrenzung des Amtsermittlungsgrundsatzes der Rentenversicherung verbunden sei, hätte im Gesetz zum Ausdruck kommen müssen, was aber in § 7a Abs. 1 SGB IV nicht der Fall sei. Eine zeitliche Grenze für die Antragstellung ergebe sich daher nur unter den Voraussetzungen der Verwirkung. Der Beigeladene zu 1) sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht selbständig tätig, sondern bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Dabei brauche nicht entschieden zu werden, ob die einen Frachtführer i.S. des § 425 HGB (seit dem 01.07.1998: § 407 HGB) treffenden gesetzlichen Verpflichtungen, sich Weisungen des Spediteurs, des Absenders und des Empfängers zu unterwerfen und entsprechende Kontrollen des Spediteurs zu dulden, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (allein) nicht begründen könnten, es zu dessen Annahme vielmehr einer weitergehenden Einengung des Gestaltungsfreiraums des Transportfahrers bedürfe. Das Sozialversicherungsrecht knüpfe nach der Rechtsprechung des BSG (U.v. 29.01.1981 12 RK 63/79) an den Begriff der Selbständigkeit im Handelsrecht nur dann an, wenn er, wie etwa bei Handelsvertreters, den gleichen Inhalt habe. Ob vergleichbares auch für den Frachtführer gelte, könne aber offenbleiben. Denn die Klägerin und der Beigeladene zu 1) hätten sich jedenfalls nicht auf die jeden Frachtführer treffenden Bindungen beschränkt, sondern eine Vereinbarung getroffen und praktiziert, die den Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Gestaltung seiner Tätigkeit engeren Vorgaben unterworfen habe. So sei in Nr. 1 des Beschäftigungsvertrages vom 08.11.1996 vereinbart worden, dass die Tagestour des Beigeladenen zu 1) morgens um 6:00 Uhr beginne und am Abend um 18:00 Uhr ende. Damit sei die dem Beigeladenen zu 1) vertraglich eingeräumte Möglichkeit, Transporte auch für eigene Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen, nur eine theoretische gewesen, weil dies vorausgesetzt hätte, dass dem Beigeladenen zu 1) während seiner Tour oder danach genügend Zeit für solche Transporte verblieben wäre. Die Durchführung von Transporten nach 18:00 Uhr (bei einem Arbeitsbeginn um 6:00 Uhr) wäre nur unter Verstoß gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Lenkzeiten möglich gewesen. Hinzu komme, dass der Beigeladene zu 1) Transporte für eigene Kunden aus Rechtsgründen gar nicht hätte durchführen können. Denn er sei nicht im Besitz einer hierfür erforderlichen Erlaubnis für den allgemeinen Güternahverkehr gewesen. Aufgrund der fehlenden Güternahverkehrserlaubnis hätte der Beigeladene zu 1) auch keinen Dritten als Fahrer einsetzen dürfen. Die Eigentumsfrage am LKW könne offenbleiben, da die Klägerin jedenfalls als Halterin und Versicherungsnehmerin des LKW die tatsächliche Verfügungsbefugnis über das Fahrzeug gehabt habe. Der Beigeladenen zu 1) habe nur für die Kosten aufkommen müssen. Daraus ergäben sich aber keine Rechte. Dass der Beigeladene zu 1) eine Vergütung lediglich in Höhe eines festen Tagessatzes erhalten habe, zugleich aber auch für die Unterhaltungs- und Transportkosten des LKW habe aufkommen müssen, könne zwar für ein unternehmertypisches Risiko sprechen. Für ihn habe durch die Pauschalvergütung keine Möglichkeit bestanden, durch höheren Arbeitseinsatz auch höhere Verdienste zu erzielen, vielmehr sei umgekehrt sein Verdienst aufgrund seiner Kostenpflicht geringer gewesen, je mehr er gefahren sei. Dennoch stelle die hier vereinbarte Vergütung kein Kriterium gegen die Abhängigkeit der Beschäftigung dar. Für eine unternehmerische Tätigkeit fehle es an der vom BSG geforderten größeren Unabhängigkeit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes, der hier durch feste Arbeitszeiten vorgegeben gewesen sei. Zudem sei dem Beigeladenen zu 1) eine unternehmerische Tätigkeit aus Rechtsgründen versagt gewesen. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) die konkreten Fahraufträge nicht von der Klägerin, sondern von einer anderen Firma erhalten habe, mache ihn nicht zum Arbeitnehmer dieser Firma. Die Einschaltung der Firma E. ändere nichts daran, dass die vertraglichen Beziehungen des Beigeladenen zu 1) nur zur Klägerin bestanden hätten. Da er verpflichtet gewesen sei, sich während der im Vertrag geregelten Zeiten für Fahrleistungen der Firma E. zur Verfügung zu halten, habe diese gegenüber dem Beigeladenen zu 1) nur ein von der Klägerin abgeleitetes Weisungsrecht ausgeübt, das auf dem von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Beschäftigungsvertrag beruht habe. Für die Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei es unerheblich, ob die Klägerin selbst oder in ihrem Auftrag ein Dritter das Weisungsrecht gegenüber dem Beigeladenen zu 1) ausgeübt habe.

Im Rahmen des Revisionsverfahrens vor dem BSG (B 12 R 8/09 R) stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) mit Bescheiden vom 15.10.2009 fest, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin als Frachtführer vom 01.11.1996 bis zum 31.05.1999 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Im Bescheid gegenüber der Klägerin ist ausgeführt, dieser ersetze den Bescheid vom 22.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2003. Die Beklagte legte die Bescheide vom 15.10.2009 mit Schreiben vom 21.10.2009 dem Sozialgericht Reutlingen vor mit dem Hinweis, dass der Bescheid gegenüber der Klägerin nach § 171 Abs. 2 SGG als mit der Klage angefochten gelte. Das Revisionsverfahren wurde von den Beteiligten für erledigt erklärt.

Das Sozialgericht führte das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 10 R 3627/09 fort.

Die Klägerin machte geltend, der Beigeladene zu 1) habe nicht ihrer, sondern der Weisungsbefugnis der Firma E. unterlegen, die auch die Rollkarten ausgestellt habe. Diese seien in speditionsrechtlicher Hinsicht als Transportpapiere von Bedeutung und Grundlage für die Vergütung des Transports. Eine Vertragsbeziehung zur Klägerin sei aus diesen Rollkarten nicht hervorgegangen. Sie sei auch davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1) im Besitz einer Güterkraftverkehrs-Erlaubnis gewesen sei und habe erstmals im sozialgerichtlichen Verfahren Kenntnis vom Entzug der Erlaubnis erhalten. Der Beigeladene zu 1) habe dagegen Widerspruch erhoben; der Fortgang des Widerspruchsverfahrens sei unaufgeklärt geblieben. Die Eigentumsverhältnisse am LKW sprächen ebenfalls für eine selbständige Tätigkeit. Der Beigeladene zu 1) habe aufgrund der Finanzierung des Kaufpreises zunächst ein Anwartschaftsrecht besessen, das nach Bezahlung der Darlehnsraten zum Vollrecht erstarkt sei. Deshalb habe der Beigeladene zu 1) auch den KFZ-Brief erhalten. Der Bescheid der Beklagten könne auch deshalb keinen Bestand haben, weil für die Zeiträume vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1998 und vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2002 Betriebsprüfungen bei der Klägerin durchgeführt worden seien, die keine Beanstandungen hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 1) ergeben hätten. Die Statusprüfung sei unzulässig, wenn bereits eine bestandskräftige Betriebsprüfung durchgeführt worden sei. Grundsatz der Statusfeststellung sei es, zu Beginn einer Beschäftigung Rechtssicherheit zu schaffen. Eine Statusfeststellung nach dem Ende der Beschäftigung sei auch unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Rückwirkung von Gesetzen nicht zulässig. Die Vorschrift des § 7a SGB IV sei erst ab 01.01.1999 in Kraft getreten, die Entscheidung der Beklagten beziehe sich auf einen davor liegenden Zeitraum.

Die Beklagte hielt dem entgegen, dass den Betriebsprüfungsbescheiden an keiner Stelle entnommen werden könne, dass das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 1) Gegenstand der Betriebsprüfungen gewesen sei. Zudem ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 04.06.2009 (B 12 KR 31/07 R), dass eine Statusanfrage ausdrücklich auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als zulässig anzusehen sei. Die Entscheidungen des BSG beträfen jedoch nur Sachverhalte, die Zeiträume vor dem 01.01.1999 beträfen.

Mit Urteil vom 16.11.2011 wies das Sozialgericht Reutlingen die Klage ab. Die Klage sei zulässig. Der im Rahmen des Revisionsverfahrens vor dem BSG (B 12 R 8/09 R) gegenüber der Klägerin erlassene Bescheid vom 15.10.2009 gelte nach Beendigung des Revisionsverfahrens gem. § 171 Abs. 2 SGG als mit der Klage bei dem für die in Tübingen ansässige Klägerin zuständigen Sozialgericht Reutlingen angefochten.

Der Bescheid der Beklagten vom 15.10.2009 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin habe vom 01.11.1996 bis zum 31.05.1999 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestanden, das der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Die Beklagte sei weder verfassungsrechtlich noch einfachgesetzlich gehindert gewesen, das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV aufgrund des Antrags des Beigeladenen zu 1) durchzuführen und letztlich mit Bescheid vom 15.10.2009 abzuschließen. Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot der echten Rückwirkung liege nicht vor. Eine echte Rückwirkung liege vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreife oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt sei, der vor dem Zeitpunkt liege, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent (gültig) geworden sei (BVerfGE 126, 369, 391 m.w.N.). Eine unechte Rückwirkung liege dagegen dann vor, wenn eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirke, indem sie Rechtspositionen nachträglich entwerte (vgl. BVerfGE 101 239 263 m.w.N.; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 4 RdNr. 10, m.w.N.; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, RdNr. 46). Durch die Einführung des optionalen Anfrageverfahrens werde lediglich eine weitere Möglichkeit der Überprüfung von Beschäftigungsverhältnissen geschaffen, nicht aber in den Tatbestand des "Beschäftigungsverhältnisses" eingegriffen. Im Übrigen könne sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen, solange die einschlägige Verjährungsvorschrift (§ 25 SGB IV) in Bezug auf etwaige Beitragsnachforderungen für das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der Betriebsprüfungsbescheid der LVA Württemberg vom 21.10.1999 für den Prüfzeitraum 01.01.1995 bis 31.12.1998 stehe dem Bescheid der Beklagten vom 15.10.2009 nicht entgegen. Zwar würden Verfahren nach den §§ 28h Abs. 2, 28p Abs. 1 SGB IV die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV ausschließen ("Sperrwirkung"). Durch diese Regelung werde eine zeitgleiche Mehrfachprüfung ausgeschlossen und darüber hinaus sichergestellt, dass divergierende Entscheidungen zwischen der DRV Bund und anderen Trägern der Sozialversicherung vermieden würden. Jedoch sei im Rahmen der Betriebsprüfung keine Statusüberprüfung des Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1) mit der Klägerin erfolgt. Dessen Vertragsverhältnis sei nicht Gegenstand der Betriebsprüfung gewesen. Somit entfalte der Betriebsprüfungsbescheid der LVA Württemberg vom 21.10.1999 gegenüber dem Bescheid der Beklagten vom 15.10.2009 keine Sperrwirkung. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV sei Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Die Tätigkeit als LKW-Fahrer könne zwar sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnissen als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Nach Auffassung des BSG sei in dem Fall, in dem eine Person die Merkmale eines Frachtführers im Sinne des Handelsgesetzbuchs (HGB) aufweise, durch eine Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände zu ermitteln, ob er nicht dennoch zu seinem Auftraggeber in einem Arbeits- bzw. abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe (BSG, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Vorliegend würden die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung gegenüber denjenigen einer selbstständigen Tätigkeit überwiegen. Der Aufgabenbereich des Beigeladenen zu 1) habe sich nicht von dem eines abhängig beschäftigten Kraftfahrers unterschieden. So sei der Beigeladene zu 1) verpflichtet gewesen, seinen LKW für eine Tagestour von morgens 6:00 Uhr bis abends 18:00 Uhr zur Verfügung zu stellen. Zwar spreche der "Beschäftigungsvertrag" lediglich von der Gestellung eines Fahrzeugs nebst Fahrer des Beigeladenen zu 1). Der Klägerin sei jedoch bekannt gewesen, dass der Beigeladene lediglich über einen LKW verfügt habe und selbst der einzige Fahrer gewesen sei. Der Beigeladene zu 1) habe insbesondere keinen Einfluss darauf gehabt, welche Fahraufträge auszuführen gewesen waren, und somit keinen Einfluss auf den Arbeitsort und die Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit. Durch das vertraglich festgelegte Zeitfenster von 6:00 Uhr morgens bis 18:00 Uhr abends sei die ihm vertraglich eingeräumte Möglichkeit, Transporte auch für weitere eigene Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen, nur theoretischer Natur gewesen. Die Durchführung von Transporten nach 18:00 Uhr (bei einem Arbeitsbeginn um 6:00 Uhr) wäre zudem nur unter Verstoß gegen die gesetzliche vorgeschriebenen Lenkzeiten möglich gewesen. Transporte für eigene Kunden habe er aus Rechtsgründen gar nicht durchführen können. Denn er sei im maßgeblichen Zeitraum nicht im Besitz einer hierfür erforderlichen Erlaubnis für den allgemeinen Güternahverkehr gewesen und deshalb auch keinen Dritten als Fahrer einsetzen dürfen. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) die konkreten Fahraufträge nicht von der Klägerin, sondern von einer anderen Firma erhalten habe, mache ihn nicht zum Arbeitnehmer dieser Firma. Die Einschaltung der Firma Eurologistik ändere nichts daran, dass die vertraglichen Beziehungen des Beigeladenen zu 1) nur zur Klägerin bestanden hätten. Da der Beigeladene zu 1) verpflichtet gewesen sei, sich während der im Vertrag geregelten Zeiten für Fahrleistungen der Firma E. zur Verfügung zu halten, habe diese ihm gegenüber nur ein von der Klägerin abgeleitetes Weisungsrecht ausgeübt, das auf dem von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Beschäftigungsvertrag beruht habe. Für die Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei es unerheblich, ob die Klägerin selbst oder in ihrem Auftrag ein Dritter das Weisungsrecht gegenüber dem Beigeladenen ausgeübt habe. Es könne dahinstehen, wer letztlich Eigentümer des LKW gewesen sei. Der Beigeladene zu 1) habe zumindest ein Anwartschaftsrecht an dem LKW gehabt. Dadurch ändere sich die Beurteilung seiner Beschäftigung bei der Klägerin nicht grundlegend. Zwar spreche in diesem Fall für eine selbstständige Tätigkeit die Verwendung des "eigenen" LKWs als eigenes Betriebsmittel zur Durchführung der Tätigkeiten. Trotz des Einsatzes eines eigenen LKWs könne aber ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.11.2008 - L 4 KR 4098/06 - m.w.N.). Denn der Einsatz von eigenen Kraftfahrzeugen sei auch bei Arbeitnehmern nicht unüblich. Selbst wenn dieser Umstand als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet werde, sei zu beachten, dass sich die Klägerin auch insoweit Gestaltungsrechte bzgl. des äußeren Erscheinungsbilds des Fahrzeugs vorbehalten habe. So habe der LKW auf die von der Klägerin gewünschte Farbe nebst Beschriftung umgerüstet werden müssen. Damit habe sich die Klägerin die Möglichkeit geschaffen, die ihr formal nicht gehörenden Fahrzeuge gleichwohl für die Zwecke ihres Unternehmens nutzbar zu machen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1).

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 12.01.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.01.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung lässt sie vortragen, die Eigentumsverhältnisse an dem LKW seien ein wichtiges Abgrenzungskriterium für die Beurteilung der Tätigkeit als selbständig oder als abhängige Beschäftigung. Der LKW sei vom Beigeladenen zu 1) bereits im Jahr 1992 gekauft worden, bevor er überhaupt die Tätigkeit bei der Klägerin aufgenommen habe. Der Verbleib des Kfz-Briefs beim Verkäufer, der Firma T., sei daher zu Sicherungszwecken im Sinne eines Zurückbehaltungsrechts vereinbart worden. Der Kaufpreis sei jedenfalls zu einem Zeitpunkt während der Tätigkeit für die Klägerin vollständig bezahlt worden, so dass der Beigeladene zu 1) spätestens zu dieser Zeit Eigentümer geworden sei. Zudem habe er sich stets als Eigentümer geriert, insbesondere habe er im Jahr 2002 in einem Verfahren vor dem Landgericht T. Schadensersatzansprüche aufgrund einer Beschädigung des LKW geltend gemacht und sich dabei auf seine Rechtsstellung als Eigentümer bezogen. Das Sozialgericht gehe immerhin davon aus, dass zumindest ein Anwartschaftsrecht des Beigeladenen zu 1) bestanden habe, bewerte dies aber unzutreffend. Es stelle darauf ab, dass das Fahrzeug habe umgerüstet werden müssen, indem die Plane nach den Farbvorstellungen der Klägerin habe geändert werden müssen. Hierzu sei der Beigeladene zu 1) aber nicht verpflichtet gewesen. Vielmehr habe dieser die Klägerin gebeten, die Kosten für eine neue Plane zu übernehmen, nachdem er diese Investitionskosten nicht habe tragen wollen. Er sei aber jederzeit frei gewesen, die von ihm, von der Beklagten oder von sonst jemandem gewünschten Farben aufzutragen. An dem Eigentum am LKW ändere dies nichts. Erneut verweist die Klägerin darauf, sie sei davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1) über eine Güterkraftverkehrserlaubnis verfügt habe. In Anbetracht der Spekulationen über den ungeklärten Verlauf des Entzugsverfahrens sei es jedenfalls denkbar, dass er zumindest weiterhin im Besitz der entsprechenden Urkunde gewesen sei. Möglich sei deshalb auch, dass der Beigeladene zu 1) ungeachtet der Anordnung des Sofortvollzugs der Entziehungsverfügung mit der Erlaubnisurkunde seine Geschäfte weitergeführt habe. Maßgebliches Kriterium bei der Beurteilung sei daher der Gesichtspunkt der Weisungsbefugnis, also die Frage ob die Klägerin über Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) verfügt habe. Der Beigeladene zu 1) habe aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Reutlingen vom 22.07.2005 angegeben, er habe insoweit mit der Klägerin nichts zu tun gehabt und sei nur für die Firma E. tätig gewesen, die ihn während der laufenden Touren angerufen und ihm neue Aufträge mitgeteilt habe. Dies spreche jedenfalls gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin. Die Klägerin vertritt ferner erneut die Auffassung, die erfolgten Betriebsprüfungen stünden der Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses entgegen. Zudem macht sie nochmals geltend, die nachträgliche Feststellungsentscheidung auf der Grundlage des zum 01.01.1999 in Kraft getretenen § 7a SGB IV für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 01.11.1996 bis zum 31.05.1999 verstoße gegen das Verbot der Rückwirkung, da im Wesentlichen Zeiträume betroffen seien, in denen das Gesetz noch gar nicht in Kraft gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 15.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) die bei ihr in der Zeit vom 01.11.1996 bis zum 31.05.1999 ausgeübte Tätigkeit als Frachtführer nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und deswegen nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf die Gründe dieser Entscheidung. Ergänzend führt sie noch aus, der Vortrag der Klägerin zur Umrüstung des Fahrzeugs sei nicht schlüssig. Einerseits werde behauptet, der Beigeladene zu 1) sei nicht verpflichtet gewesen umzurüsten, andererseits werde dargelegt, er habe die entsprechenden Investitionskosten nicht tragen wollen und deshalb die Klägerin um Übernahme der Kosten gebeten. Letzteres spreche gerade für eine Verpflichtung zur Umrüstung. Abgesehen davon sei es für einen selbständigen Fahrer unüblich, die Kosten für eine etwaige Umrüstung des Wagens den Auftraggeber übernehmen zu lassen, erst recht, wenn die Umrüstung zu dessen Bedingungen erfolge.

Der Beigeladene zu 1) hat sich dem Vortrag der Beklagten angeschlossen und darauf hingewiesen, es sei auch nicht zutreffend, dass er die Investitionskosten nicht habe tragen wollen. Er habe sie nicht tragen können, da er über keine entsprechenden Mittel verfügt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts zu den Verfahren S 4 R 1502/03, S 4 R 2755/04 und S 10 R 3627/09 sowie auf die Berufungsakte des Senats und auf die beigezogenen Akten des Verfahrens L 11 R 3849/05 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 15.10.2009 zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Frachtführer für die Klägerin der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.

1.) Die Beklagte war zu seinem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig. Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Beigeladene zu 1) hat mit seinem Antrag vom 21.09.2000 das Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV gewählt.

Der Zulässigkeit dieses Statusverfahrens steht entgegen der Auffassung der Klägerin auch weder entgegen, dass es nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eingeleitet wurde (a.), noch dass zuvor eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV durchgeführt und mit Bescheid der L. W. vom 21.10.1999 beschieden worden war (b.).

a.) Die bereits vom 11. Senat in dem zum vorliegenden Sachverhalt ergangenen Urteil vom 24.03.2009 (L 11 R 3849/05) vertretene Auffassung, dass die Statusanfrage auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zulässig ist, da das Interesse des Beschäftigten insbesondere im Hinblick auf die Verbindlichkeit der Statusfeststellungsentscheidung gerade auch - erst - nach dem Ende der Beschäftigung bestehen kann, hat das BSG in einer kurz darauf ergangenen Entscheidung bestätigt (Urteil vom 04.06.2009 - B 12 KR 31/01 R - in Juris). Darin hat das BSG insbesondere auch auf die Parallelität zu den bereits vor Inkrafttreten des § 7a SGB IV zulässigen Einzugs- und Prüfstellenverfahren abgestellt. Die Auffassung der Klägerin, dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht nur zu Beginn einer Beschäftigung und nicht mehr danach möglich ist, greift deshalb nicht durch. Das BSG hat in der genannten Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass eine Entscheidung, ob eine bestimmte Tätigkeit als Beschäftigung zur Versicherungspflicht führt, sinnvoll auch noch später getroffen werden kann, und insoweit auf seine zu Verfahren der Einzugs- und Prüfstellen ergangenen Entscheidungen verwiesen, in denen es stets ohne Weiteres angenommen hat, dass Verwaltungsakte über das (Nicht-)Bestehen von Versicherungspflicht unabhängig davon ergehen können, ob die in Frage stehende Tätigkeit noch ausgeübt wird oder das sie begründende Rechtsverhältnis im Zeitpunkt der Entscheidung noch besteht (mit exemplarischem Hinweis auf die den Urteilen vom 10.08.2000, B 12 KR 21/98, BSGE 87, 53 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 15 und vom 14.07.2004, B 12 KR 1/04 R, BSGE 93, 119 ff = SozR 4-2400 § 22 Nr. 2 zu Grunde liegenden Sachverhalte). Weiter hat es betont, dass Entscheidungen über das Vorliegen von Versicherungspflicht nach § 7a SGB IV in der Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung inhaltsgleich und gleichwertig neben den entsprechenden Verwaltungsakten der Einzugs- und Prüfstellen stehen. Für das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV könne schon deshalb nichts anderes gelten (BSG a.a.O. RdNr. 32). Die Feststellung der Sozialversicherungspflicht für einen auch vor dem 01.01.1999 liegenden Beschäftigungszeitraum ist daher nicht zu beanstanden. Auch die von der Klägerin erneut aufgeworfene Frage eines Verstoßes gegen das Verbot der Rückwirkung stellt sich damit nicht.

b.) Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war hier nicht eingeleitet worden. Insbesondere stand auch die zum Zeitpunkt des Statusantrags bereits durchgeführte und verbeschiedene Betriebsprüfung bei der Klägerin - entgegen der von ihr vertretenen Auffassung - der Durchführung des Statusverfahrens nicht entgegen. Zwar kann bereits die Ankündigung oder Durchführung einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Feststellung einer Beschäftigung begründen (Seewald in Kassler Kommentar, Stand September 2013, § 7a RdNr. 8 mit Hinweis auf BT-Drucks. 14/1855 S. 7; a.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.2011, L 11 R 1075/11 ER-B). Eine Betriebsprüfung kann aber nur dann einer Statusfeststellung entgegen stehen, wenn das konkrete Rechtsverhältnis Gegenstand der Prüfung ist (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 7a SGB IV, RdNr 5, Stand September 2013). Aus dem im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Betriebsprüfungsbescheid der LVA Württemberg vom 21.10.1999 ergibt sich nicht, dass die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) Gegenstand der damaligen Betriebsprüfung war. Vielmehr enthält der Bescheid Feststellungen hinsichtlich der Versicherungspflicht/ Versicherungsfreiheit nur zu geringfügig beschäftigten Mitarbeitern, nicht aber zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Eine positive Feststellung einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ist damit im Rahmen der Betriebsprüfung nicht erfolgt. Der Statusanfrage des Beigeladenen zu 1) kann damit die bereits durchgeführte Betriebsprüfung nicht entgegen gehalten werden. Der Betriebsprüfungsbescheid vom 24.02.2004 für den Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2002 war ohnehin erst nach der Statusanfrage vom 21.09.2000 erlassen worden. 2.) Der Bescheid vom 15.10.2009 ist auch hinreichend bestimmt und beschränkt sich nicht - anders als der von ihm ersetzte Bescheid vom 22.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2003 - auf die unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.

Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -).

Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat mit dem im Revisionsverfahren erlassenen Bescheid vom 15.10.2009 auf die Rechtsprechung des BSG zur unzulässigen Elementenfeststellung reagiert und die insoweit unzureichende Feststellung in dem ursprünglichen Bescheid vom 22.08.2002 korrigiert. In dem nunmehr streitgegenständlichen, den vorangegangenen Bescheid vom 22.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2003 ersetzenden Bescheid vom 15.10.2009 hat sie die vom Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Frachtführer hinreichend bestimmt bezeichnet. Die Beklagte hat sich auch nicht mehr auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, sondern vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass für die während der Zeit vom 01.11.1996 bis zum 31.05.1999 ausgeübte Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Frachtführer Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestand.

II.

Der angefochtene Bescheid vom 15.10.2009 ist auch materiell rechtmäßig. Der Beigeladene zu 1) hat bei der Klägerin während der Zeit vom 01.11.1996 bis zum 31.05.1999 eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat nicht vorgelegen.

1.) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R ). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R-).

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urt. v. 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -). Diese Abwägung ist gerichtlich voll nachprüfbar.

2. ) Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene zu 1) während der streitigen Zeit bei der Klägerin als LKW-Fahrer ausgeübt hat, als eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen.

Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) im Unternehmen der Klägerin. Eine Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) unter Heranziehung der Abgrenzungskriterien zwischen einer selbständigen Tätigkeit und einer abhängigen Beschäftigung hat bereits der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 24.03.2009 (L 11 R 2849/05) vorgenommen. Die dieser Entscheidung zugrunde gelegten Bewertungskriterien haben sich im Hinblick auf die Überprüfung der erneuten Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 15.10.2009, die allein auf die Rechtsprechung des BSG zur Elementenfeststellung reagiert hat, nicht geändert. Auch in dem erneuten Rechtsmittelverfahren, welches aufgrund der Prozessregelung des § 171 Abs. 2 SGG zu einer Anhängigkeit in der ersten Instanz geführt hat, sind keine anderen Maßstäbe zur Überprüfung der Frage, ob eine selbständige Tätigkeit verrichtet oder eine abhängige Beschäftigung ausgeübt wurde, anzusetzen. Der Senat schließt sich deshalb der Würdigung durch den 11. Senat in dessen Urteil vom 24.03.2009 an. Ferner teilt er die Rechtsauffassung des Sozialgerichts in dessen Urteil vom 16.11.2011 und nimmt auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine davon abweichende Entscheidung. Hierzu ist lediglich noch das Folgende auszuführen:

a.) Soweit die Klägerin erneut geltend macht, der LKW, mit dem der Beigeladene zu 1) seine Fahrdienste erbracht habe, habe in dessen Eigentum gestanden, woraus auf seine Selbständigkeit zu schließen sei, kann sie damit nicht durchdringen. Zwar kann der Einsatz eines LKW als Betriebsmittel ein Kriterium für eine selbständige Tätigkeit sein. Dies gilt aber nicht für den vorliegenden Fall, da der Beigeladene zu 1) - selbst wenn der LKW in seinem Eigentum gestanden hat - nicht wie ein Eigentümer uneingeschränkt über das Fahrzeug hat verfügen können. Neben der Eintragung der Klägerin in den Kfz-Brief und der Versicherung des Fahrzeugs über den Gruppentarif der Klägerin schränkt auch die vertragliche Reglung in Nr. 3 des Beschäftigungsvertrages die Verfügungsbefugnis des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Gestaltung des Fahrzeugs ein. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war der Beigeladene zu 1) keinesfalls frei in der Entscheidung, wie das Fahrzeug auszusehen habe. Die vertragliche Regelung gibt insoweit eindeutig vor, dass das Fahrzeug auf die von der Klägerin gewünschten Farben umzurüsten war. Der Beigeladene zu 1) war verpflichtet, diesem Wunsch Rechnung zu tragen und hatte auch die Kosten der Lackierung zu übernehmen. Der Beigeladene zu 1) war aber auch insoweit in seiner Verfügungsbefugnis über den LKW eingeschränkt, als er nach Nr. 1 des Beschäftigungsvertrages in Verbindung mit der ergänzenden Vereinbarung zu dem LKW mit dem Kennzeichen X. verpflichtet war, genau dieses Fahrzeug für seine Fahrdienste bei der Klägerin einzusetzen. Es stand ihm daher nicht etwa frei, den LKW mit dem Kennzeichen Y. jemand anderem zu überlassen und selbst ein anderes Fahrzeug zu nutzen. Die hier zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin vertraglich vereinbarte Bindung des Beigeladenen zu 1) an die Nutzung dieses konkreten Fahrzeugs schränkt seine Verfügungsbefugnis daher in einem Maße ein, dass das rechtliche Eigentum an dem Fahrzeug nicht als Kriterium für eine selbständige Tätigkeit maßgebend sein kann. Wie bereits im Urteil des 11. Senats und in dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts kann daher die Frage, ob und wann der Beigeladene zu 1) Eigentümer des Fahrzeugs war bzw. geworden ist, letztlich offenbleiben.

b.) Auch aus der von der Klägerin erneut aufgeworfenen Frage, ob der Beigeladene zu 1) während des streitgegenständlichen Zeitraums im Besitz einer Güterkraftverkehrserlaubnis war, lassen sich keine Rückschlüsse auf die Einstufung seiner Tätigkeit als eine selbständige unternehmerische Tätigkeit ziehen. Zwar ist in Nr. 6 des Beschäftigungsvertrages vom 08.11.1996 festgehalten, dass die Klägerin davon ausgehe, dass die Fa. M. S. im Besitz einer gültigen Nahverkehrserlaubnis sei. Allerdings entsprach diese vertraglich fixierte Annahme nicht den zum Zeitpunkt des Abschlusses des Beschäftigungsvertrages geltenden rechtlichen Umständen. Denn dem Beigeladenen zu 1) war bereits zuvor mit Bescheid der L. S. vom 31.08.1994 die Erlaubnis für den Güternahverkehr entzogen worden, und zwar unter Anordnung des Sofortvollzugs, so dass es nicht darauf ankommt, ob über den vom Beigeladenen zu 1) dagegen erhobenen Widerspruch bereits entschieden worden war oder nicht. Weiterer Sachverhaltsaufklärung über den Fortgang des Widerspruchsverfahrens gegen die Entziehungsverfügung bedarf es daher nicht. Wenn die Klägerin nunmehr ausführt, der Beigeladene zu 1) sei möglicherweise ungeachtet des Entzugs im Besitz der Erlaubnisurkunde geblieben und habe seine Tätigkeit gegebenenfalls unerlaubt ausgeübt, so bewegt sie sich selbst im Bereich der bloßen Spekulation. Es ist im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägungsentscheidung vielmehr davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1) jedenfalls aufgrund der Sofortvollzugsanordnung nicht über die Rechtsposition des Inhabers einer Güterkraftverkehrserlaubnis verfügt hat. Dass dies der Klägerin nicht bekannt war, wie sie im jetzigen Berufungsverfahren vorgibt, ist schon deshalb wenig nachvollziehbar, weil der Beigeladene zu 1) seine Fahrdienste der Klägerin auf der Grundlage des Vertrages vom 08.11.1996 gerade deshalb zur Verfügung gestellt hat, weil er mangels Güterkraftverkehrserlaubnis zur Fortführung seines zuvor ausgeübten selbständigen Transportunternehmens gerade nicht mehr berechtigt war. Zudem hat der Geschäftsführer der Klägerin im Erörterungstermin vom 19.07.2007 vor dem LSG im Verfahren L 11 R 3849/05 angegeben, ihnen sei damals bekannt gewesen, dass mit der Güterkraftverkehrserlaubnis etwas nicht gestimmt habe, sie seien aber davon ausgegangen, dass dafür nur finanzielle Gründe ursächlich gewesen seien und der Beigeladene zu 1) die Erlaubnis wiedererlangen werde. Letztlich kommt es aber nicht darauf an, ob die Klägerin Kenntnis vom Verlust der Erlaubnis hatte oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, denn maßgeblich für die Beurteilung der Tätigkeit sind die tatsächlichen Vertragsverhältnisse in dem Rahmen, in dem sie rechtlich zulässig sind. Wenn die Klägerin mithin in Nr. 6 des Vertrages eine unzutreffende Annahme festgeschrieben hat, kann diese nicht zur maßgebenden Grundlage der Abwägungsentscheidung gemacht werden. Zu Recht hat das Sozialgericht deshalb - wie schon zuvor der 11. Senat im Urteil vom 24.03.2009 - ausgeführt, dass der Beigeladene zu 1) ohne die erforderliche Güterkraftverkehrserlaubnis nicht zur Durchführung eigener Transporte oder zur Beschäftigung Dritter und damit nicht zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit als Transportunternehmer berechtigt gewesen ist.

c.) Die Klägerin kann der Einstufung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er ihrer Weisungsbefugnis nicht unterlegen habe. Die Klägerin führt selbst aus, dass Gegenstand der Weisungsbefugnis die Bestimmung von Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der Tätigkeit ist. Genau diese Bestimmung hat die Klägerin aber getroffen. Zeit und Dauer der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) waren in Nr. 1 des Beschäftigungsvertrages festgelegt, der Ort der Tätigkeit wurde durch ergänzende Weisung der Klägerin bestimmt. Denn sie konnte den Beigeladenen zu 1) aufgrund des Beschäftigungsvertrages anweisen, bei der Firma E. zur Entgegennahme konkreter Fahraufträge anzutreten. Dass dem Beigeladenen zu 1) vom Disponenten der Firma E. konkrete Weisungen erteilt wurden, begründet auch nicht die Annahme einer abhängigen Beschäftigung bei der Firma E ... Dem steht schon der mit der Klägerin geschlossene Beschäftigungsvertrag vom 08.11.1996 entgegen. Anders als das Sozialgericht Reutlingen im Urteil vom 25.07.2005 (S 4 R 1502/03) angenommen hatte, sieht der erkennenden Senat durchaus Anhaltspunkte für eine - unerlaubte - Arbeitsnehmerüberlassung, da die Klägerin die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) der Firma E. in Rechnung gestellt hat, wie der Senat den protokollierten Angaben des im Erörterungstermin vom 19.07.2007 vor dem LSG im Verfahren L 11 R 3849/09 angehörten Beigeladenen zu 1) entnimmt. Dieser hatte ausgeführt, die Firma E. habe an die Klägerin für seine Tätigkeit 510 DM bezahlt und zusätzlich sei Kilometergeld bezahlt worden. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte in diesem Erörterungstermin angegeben, mit der Firma E. sei am Anfang mündlich der Einsatz des Beigeladenen zu 1) vereinbart worden. Man habe vereinbart, dass ein LKW mit Fahrer gestellt werde. Wer diesen LKW fahre, sei nicht festgelegt worden. Über konkrete Einzelheiten der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei sie in der Folgezeit nicht mehr informiert worden, es habe sich alles nur noch zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Firma E. abgespielt. Aus dem Umstand, dass die Abrechnung und Auszahlung der Vergütung des Beigeladenen zu 1) durch die Klägerin erfolgt ist, ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt und der Fa. E. zur Arbeitsleistung überlassen worden war. Offenbar hat die Klägerin an dieser Entleihe nicht unerheblich verdient, indem sie der Firma E. deutlich höhere Beträge (510 DM) in Rechnung gestellt hat, als sie dem Beigeladenen zu 1) gezahlt hat (440 DM). Die zusätzliche Abrechnung von Kilometergeld durch die Klägerin führte zudem dazu, dass sie vom Arbeitsumfang des Beigeladenen zu 1) profitierte, während sich für diesen selbst der Ertrag seiner Tätigkeit umso mehr verringerte, je mehr Transportaufträge er auszuführen hatte, da er die Benzinkosten zu tragen hatte. Der Ertragszuwachs aus einer Steigerung bzw. Verbesserung seiner Tätigkeit kam daher allein der Klägerin, nicht aber dem Beigeladenen zu 1) zugute. Das für eine selbständige unternehmerische Tätigkeit prägende Gewinnpotential lag daher nicht bei ihm, sondern bei der Klägerin, so dass von einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) auch unter diesem Gesichtspunkt nicht die Rede sein kann.

Es ergibt sich auch für den erkennenden Senat das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung, so dass die Berufung der Klägerin ohne Erfolg bleiben musste.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Im Anschluss an die inzwischen ständige Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -; Beschl. v. 05.03.2010 - B 12 8/09 R -) setzt der Senat den Auffangwert von 5.000 EUR und nicht den Betrag der ggf. nachzuzahlenden Beiträge an. Auf die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Bedeutung des Rechtsstreits für die Klägerin als Beitragsschuldnerin aufgrund des lange zurück liegenden Beschäftigungszeitraums (so im Urteil des 11. Senats vom 24.03.2009 und daran anschließend im Urteil des Sozialgericht vom 16.11.2011) war daher nicht mehr abzustellen. Die Streitwertfestsetzung im Urteil des Sozialgerichts war insoweit abzuändern.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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