L 9 AS 1399/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 454/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1399/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. März 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.

Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss vom 11.03.2013 den zugrundeliegenden Sachverhalt ausführlich und zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt hierauf Bezug und sieht deswegen zur Vermeidung von Wiederholungen von einer erneuten Darstellung weitgehend ab (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG). Ergänzend ist lediglich anzufügen, dass der Antragsteller den Umzug nunmehr nach eigenen Angaben in der Zeit vom 1. bis 3. April 2014 hat durchführen lassen, wofür für Umzugshelfer 130 EUR, deren Verpflegung 10 EUR, für das Transportfahrzeug 354,01 EUR und für Fahrtkosten des Antragstellers und der Hilfskräfte 84,74 EUR angefallen seien (insges. 578,75 EUR). Der Kläger hat in dem an das SG gerichteten und von diesem vorgelegten Schreiben vom 14.04.2014 u.a. um Erstattung der angefallenen Kosten gebeten und darauf hingewiesen, dass er kein Geld für Essen mehr habe. Im Fax vom 13.05.2014 an den Antragsgegner, welches dieser mit Schreiben vom 13.05.2014 vorgelegt hat, hat der Antragsteller die geltend gemachten Kosten um einen Anteil des R. L. in Höhe von 100 EUR reduziert. Zuvor - mit Schreiben vom 02.05.2014 - hat der Antragsteller gegenüber dem Senat höhere Kosten für den durchgeführten Umzug geltend gemacht (insges. 614 EUR). Der Antragsteller hat zudem ein Kopie des Schreibens des Rechtsanwalts Bechtel vom 08.04.2014 vorgelegt, wonach u.a. rückständige Mieten für den Zeitraum November 2013 bis März 2014 (insges. 2120 EUR) geltend gemacht wurden und auf die Verrechnung von zu beseitigenden Schäden in der Wohnung mit den Kautionsansprüchen sowie auf eine noch nicht erfolgte Räumung des Speichers und des Kellers hingewiesen wurde. Darüber hinaus hat er eine Mahnung der E. S. vom 22.04.2014 über ausstehende Beträge in Höhe von 164 EUR vorgelegt. Er hat angegeben, derzeit 400 EUR von Bekannten geliehen bekommen zu haben. Für den restlichen Umzug (sechs Kartons im Keller sowie eine Waschmaschine) beabsichtige er einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens einzureichen.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt auch nach dem mittlerweile erfolgten Umzug/der Räumung der Wohnung in L. nicht in Betracht. Zwar ist der Beschwerdeantrag jetzt dahingehend auszulegen, dass unmittelbar die Übernahme der angefallenen Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten begehrt wird. Denn wenn der Umzug bereits erfolgt ist, wäre eine Zusicherung bzw. ein Antrag auf Erteilung einer Zusicherung ein überflüssiger Zwischenschritt. Die Ablehnung einer beantragten Zusicherung ist eine Festlegung der Behörde, dass sie den gewünschten Verwaltungsakt später nicht erlassen wird. Die Ablehnung der Zusicherung enthält damit zugleich eine Ablehnung der Leistungsgewährung (Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 21.07.2010, L 7 AS 233/10 B ER in Juris). Gleichwohl muss die Zusicherung zuvor gemäß § 22 Abs. 6 SGB II rechtzeitig beantragt worden sein. Denn eine vorherige Zusicherung ist (grundsätzlich) Anspruchsvoraussetzung für die Anerkennung von Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten als Bedarf und damit für einen Anspruch auf Erstattung der durch einen Umzug entstehenden Kosten (Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn. 160 m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt indes vor, nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 02.01.2014 die Übernahme von Umzugskosten und Miete bis zum Auszug, mit Schreiben vom 07.01.2014 die Übernahme von Maklerkosten und mit Schreiben vom 08.01.2014 Kosten der Auszugsrenovierung beantragt hatte. Mit Bescheid vom 13.01.2014 entschied der Antragsgegner, die Zusicherung zur Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten nicht zu erteilen, weil die vom Antragsteller angegebenen Gründe den Umzug nicht notwendig machen würden. Diese Entscheidung ist unter Berücksichtigung der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu beanstanden.

Nach § 22 Abs. 6 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) können Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten von der bis zum Umzug zuständigen Behörde übernommen werden, wenn eine vorherige Zusicherung vorliegt. Schon dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich entnehmen, dass diese Zusicherung im Ermessen der zuständigen Behörde steht (vgl. Berlit a.a.O.). Ein Anspruch auf die Leistungen besteht daher nur, wenn das Ermessen zugunsten des Antragstellers auf Null reduziert wäre. Das ist hier jedoch nicht der Fall, so dass sich hieraus kein Anordnungsanspruch ergibt (sondern allenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung).

Nach Satz 2 dieser Vorschrift soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch die Behörde veranlasst wurde oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Insoweit handelt es sich um ein gebundenes Ermessen der Behörde. Eine Zusicherung soll demnach erfolgen, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Dies ist also dann der Fall, wenn der Umzug vom kommunalen Träger veranlasst worden ist, was hier nicht zutreffend ist, weil der Antragsteller aus eigenem Antrieb den Wohnort wechseln wollte, oder wenn der Umzug aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Ein Umzug ist notwendig oder erforderlich, wenn für ihn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsberechtigter leiten lassen würde (vgl. BSG Urt. v. 24.11.2011, B 14 AS 107/10 R, in Juris). Ein solcher ist nicht erkennbar, denn auch ein Nichtleistungsberechtigter hätte wegen einer auf einen Monat befristeten geringfügigen Beschäftigung und nur vager Aussicht auf eine Anschlussbeschäftigung die Kosten der Wohnungssuche und Umzuges sowie der doppelten Mietzahlungen nicht auf sich genommen. Das SG führt insoweit zu Recht aus, dass vor Abschluss des Mietvertrages kein hinreichender Anlass bestanden hat, die mit einem Umzug regelmäßig einhergehenden erheblichen Kosten in Kauf zu nehmen. Entscheidend ist insoweit, dass der Antragsteller nach den Angaben des Herrn R. im Vorfeld der Unterzeichnung des Mietvertrages weder von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis noch von einem auf Dauer angelegten geringfügigen Beschäftigungsverhältnis ausgehen konnte und durfte. Der von ihm unterzeichnete Arbeitsvertrag mit der Firma F. GmbH war nur für den Monat Dezember 2013 abgeschlossen worden. Er war damit gerade nicht zunächst unbefristet mit der Vereinbarung einer Probezeit abgeschlossen worden - was zu erwarten gewesen wäre, wenn die Beteiligten von einem längerfristigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen wären -, und er enthielt zudem in § 7 ausdrücklich den Vermerk, dass eine Beschäftigungszusage über den Monat Dezember 2013 hinaus nicht gegeben werde. Unabhängig von den klaren vertraglichen Regelungen mit eindeutiger Befristung im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung wies das SG zutreffend darauf hin, dass weitergehende - mündliche - Absprachen, nämlich die Ausweitung der Tätigkeit auf weitere Monate und die Fortführung als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach den Angaben des Herrn R. in dessen Schreiben vom 25.02.2014 erst im Dezember 2013 stattfanden; zu einem Zeitpunkt also, als der Mietvertrag bereits unterschrieben war, der Umzug dadurch bereits feststand und der Antragsteller dort arbeitete. Die Einlassungen des Herrn R. in dem vom Antragsteller vorgelegten Fax vom 20.03.2014 belegen keine andere Ausgangslage und widersprechen der tatsächlichen Vereinbarung in dem am 30.11.2013 geschlossenen Arbeitsvertrag. Darüber hinaus lässt sich auch rückblickend nicht erkennen, dass der Umzug - etwa durch die zeitnahe Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung - als notwendig angesehen werden könnte. Andere Gründe, die den Ortswechsel notwendig gemacht haben könnten, liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Insoweit scheiden die geltend gemachten gesundheitlichen Gründe, für die es für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses zumindest für den Zeitpunkt der Anmietung der Wohnung in S. an einer ärztlichen Bestätigung fehlt und die angeblich besseren Arbeitsplatzchancen aus. Auch der gegenüber dem Jobcenter erwähnte Grund, in der Nähe seines Freundes zu wohnen, der aber nicht sein Lebenspartner sein soll, mit dem er aber schon in Lörrach zusammen in einer WG gelebt hat und der sich aus gesundheitlichen Gründen längere Zeit in S. aufhält, rechtfertigt es nicht, unter Berücksichtigung des oben genannten Maßstabes, die Erforderlichkeit des Umzuges anzuerkennen.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller eine Zusicherung zur Übernahme der Kosten der in S. angemieteten Wohnung nicht beantragt hatte. Für die Notwendigkeit des Umzugs nach Satz 2 genügt nicht allein, dass der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig ist, es ist auch auf die konkrete künftige Wohnsituation und der hierdurch verursachten Kosten abzustellen. Denn der Umzug in eine unangemessene Wohnung kann regelmäßig nicht notwendig angesehen werden, weil die dauerhafte Finanzierung der neuen Wohnung nicht sichergestellt wäre (Bayerisches LSG, Beschluss v. 23.12.2010, L 7 AS 923/10 B ER, in Juris). Deshalb muss sich eine Zusicherung nach Satz 2 auf eine konkrete, in Aussicht stehende Wohnung beziehen. Umzugskosten sind daher nur dann notwendig im Sinne des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II, wenn auch die anzumietende oder angemietete Wohnung angemessen ist (vgl. § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Nach den Feststellungen des Jobcenter S. (Bl. 28 der SG-Akten) hat der Antragsteller den Mietvertrag vom 04.11.2013 in Stuttgart ohne vorherige Zustimmung des Jobcenter L. unterschrieben. Laut Mietvertrag ist er alleinige Mietervertragspartei, Untervermietung und Gebrauchsüberlassung an Dritte ist ihm nur nach vorheriger Zustimmung des Vermieters erlaubt. Für die 50 qm große Wohnung liegt die Kaltmiete nach den Feststellungen des Jobcenters der Stadt S. mit 249,50 EUR oberhalb der Mietobergrenze für eine Person, weshalb von einer Angemessenheit der angemieteten Wohnung ebenfalls nicht ausgegangen werden kann. Soweit der Antragsteller vorträgt, Herr L. wolle sich an der Miete in Höhe von 200 bis 265 EUR beteiligen, ergibt sich hieraus nichts anderes, da dieser nicht Mietvertragspartei ist und sich für längere Zeit in einer Rehabilitationseinrichtung aufhält.

Damit ist ein Anordnungsanspruch aufgrund der fehlenden gesetzlichen Anspruchsgrundlage für die Übernahme der geltend gemachten Wohnungsbeschaffungskosten nicht ersichtlich, weshalb schon deswegen die Beschwerde gegen den Beschluss des SG zurückzuweisen war.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch eine Eilbedürftigkeit nicht (mehr) vorliegt, nachdem der Umzug bereits zumindest zu einem großen Teil durchgeführt worden ist. Im Übrigen kämen im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes auch nur vorläufig zu gewährende Leistungen in Betracht. Soweit der Antragsteller geltend macht, wegen der Zahlungen für den Umzug keine ausreichenden Mittel mehr zu haben, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, ist hierfür nicht das Jobcenter Lörrach zuständig, weil dieses nur Leistungen im Zusammenhang mit dem Umzug zu erbringen hätte. Da auf einen Kostenersatz wegen des Umzuges aber kein Anspruch besteht, kann sich der Antragsteller wegen einer eventuell bestehenden Notlage nur an das Jobcenter S. wenden. Insoweit dürfte zu prüfen sein, ob dem der Antragsteller wegen fehlender bereiter Mittel gemäß § 24 SGB II ein Darlehen zur Deckung seines Lebensunterhaltes zu gewähren ist. Dies ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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