Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AS 2238/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der vom Jobcenter wegen des Wegfalls der Lohnzahlung bei Krankengeldbezug geforderten Erstattung
eines Beschäftigungszuschusses nach § 16 e Abs. 2 SGB II in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung kann
der Arbeitgeber nicht entgegen halten, er habe wegen des Ausfalls des Arbeitnehmers Folgekosten gehabt
und später im Wege des arbeitsgerichtlichen Vergleichs noch eine Urlaubsabgeltung zahlen müssen.
eines Beschäftigungszuschusses nach § 16 e Abs. 2 SGB II in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung kann
der Arbeitgeber nicht entgegen halten, er habe wegen des Ausfalls des Arbeitnehmers Folgekosten gehabt
und später im Wege des arbeitsgerichtlichen Vergleichs noch eine Urlaubsabgeltung zahlen müssen.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die von ihr in Höhe von 3.193,10 EUR geforderte Erstattung eines Beschäftigungszuschusses, den sie für die Einstellung eines Langzeitarbeitslosen erhalten hatte.
Unter Verwendung eines entsprechenden Antragsvordrucks beantragte die Klägerin, die die Herstellung von Freizeitgeräten (z.B. Edelstahlrutschen) betreibt, am 31.5.2010 die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für die Einstellung des zu diesem Zeitpunkt arbeitslosen. Dieser bezog Arbeitslosengeld II. Die Klägerin schloss mit T. einen für die Zeit vom 1.6.2010 bis 31.5.2012 befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Metallbauer zu einem Bruttolohn von 1.800,00 EUR ab.
Mit Leistungsbescheid vom 20.7.2010 bewilligte der Beklagte bzw. dessen Rechtsvorgänger für den Zeitraum vom 1.6.2010 bis längstens 31.5.2011 einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 900,00 EUR monatlich, was einem Zuschuss in Höhe von 50 % des Bruttoarbeitsentgeltes ein-schließlich des pauschalierten Anteils zur Sozialversicherung entsprach. Der Bewilligungsbescheid war mit diversen Nebenbestimmungen und Hinweisen versehen, auf die wegen der näheren Einzelheiten zum Sachverhalt Bezug genommen wird.
Der Beklagte zahlte in der Folge insgesamt für 11 Monate Zuschüsse von jeweils 900,00 EUR (Gesamt: 9.900,00 EUR).
Im Zuge der Abrechnung des Eingliederungszuschusses im September 2011 stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer bereits im September und November 2010 vorübergehend und ab dem 3.1.2011 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt war. Bis zum 13.2.2011 übernahm die Klägerin die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, ab dem 14.2.2011 bezog der Arbeitnehmer bis zum Ende des Förderungszeitraums von seiner Krankenkasse Krankengeld.
Am 26.12.2011 reichte die Klägerin Kopien ihrer Anträge an die Krankenkasse auf Erstattung nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz für Arbeitgeberaufwendungen bei Arbeitsunfähigkeit – U1 – ein. Danach wurden wegen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Erstattungen in einer Gesamthöhe von 1.796,23 EUR beantragt und auch gewährt. Davon entfielen auf die Monate
September 2010: 224,99 EUR
November 2010: 374,99 EUR
Januar 2011: 825,00 EUR
Februar 2011: 371,25 EUR.
Diese Erstattungen rechnete der Beklagte auf die Lohnzahlungen der Klägerin an und berechnete aus den verbleibenden Lohnzahlungen seinen Anteil von 50 % an den Lohnkosten sowie 20 % des pauschalierten Arbeitgeberanteils an der Sozialversicherung. Der Beklagte errechnete so einen Förderanspruch der Klägerin in Höhe von insgesamt 6.706,90 EUR.
Mit Abschlussbescheid vom 15.3.2012 hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 20.7.2010 ab dem 14.2.2011 auf. Darüber hinaus widerrief sie ihn hinsichtlich eines Höchstförderungsbetrags in Höhe von 883,10 EUR. In Höhe von 3.193,10 EUR forderte er den Eingliederungszuschuss zurück. Aufgrund des Krankengeldbezugs sei der Anspruch auf Lohn-kostenzuschuss ab dem 14.2.2011 weggefallen. Der Gesamtanspruch der Klägerin belaufe sich unter Verrechnung der Erstattungen der Krankenkasse für Lohnfortzahlungen der Klägerin auf 6.706,90 EUR. Da bereits Zuschüsse für elf Monate in Höhe von 9.900,00 EUR gezahlt worden seien, habe die Klägerin insgesamt 3.193,10 EUR an den Beklagten zu erstatten. Rechtsgrundlagen seien § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X, § 47 Abs. 2 Nr. 1 SGB X und § 50 SGB X.
Den von der Klägerin mit Schreiben vom 10.4.2012 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.4.2012 zurück.
Mit der am 21.5.2012 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wendet sich insbesondere gegen die Verrechnung des Eingliederungszuschusses mit dem Erstattungsbetrag der Krankenkasse für Lohnfortzahlungen in Höhe von 1.796,23 EUR. Darüber hinaus seien der Klägerin in der Zeit des Krankengeldbezugs Mehrkosten für den Erhalt des Arbeits-platzes des Klägers entstanden. Tatsächlich habe auch noch in Form von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2011 nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Lohn gezahlt werden müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Klagebegründungsschreiben nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 15.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.4.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Bescheid als rechtmäßig. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf dessen schriftliche Klageerwiderungen Bezug genommen.
Am 20.3.2014 hat die mündliche Verhandlung vor der 26. Kammer des Sozialgerichts Chemnitz stattgefunden. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird wegen der näheren Einzelheiten Be-zug genommen. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, zu den in der mündlichen Verhand-lung teilweise neu aufgeworfenen Fragen sowie zu einer Einigung auf Basis der Reduzierung der Erstattung der Förderung um 943,18 EUR Stellung zu nehmen. Für den Fall, dass eine Einigung nicht zustande kommt, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Mit Schreiben vom 9.4.2014 hat der Beklagte seine Bereitschaft erklärt, die Erstattung ent-sprechend der gerichtlichen Anregung um 943,18 EUR zu kürzen.
Im Übrigen wird wegen der näheren Einzelheiten zum Sachverhalt auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Nachdem eine Einigung auf eine Reduzierung der Erstattung um 943,18 EUR nicht zustande kam, war über die gesamte im Abschlussbescheid vom 15.3.2012 angeordnete Erstattung in Höhe von 3.193,10 EUR zu entscheiden. Der Abschlussbescheid ist auch im Umfang dieser Erstattung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 1 und 2 SGG).
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten sind §§ 48, 50 SGB X, § 40 SGB II i.V.m. § 330 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III. Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage liegen vor.
Für die Zeit ab dem 14.2.2011 folgt die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung aus dem Wegfall der Arbeitsentgeltzahlung aufgrund der hier einsetzenden Krankengeldzahlung, nachdem der Arbeitnehmer weiterhin krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Da es sich um Zuschüsse zum Arbeitsentgelt handelte, entfällt der Anspruch auf die Zuschusszahlung, wenn kein Lohn mehr gezahlt wird (vgl. § 16 e Abs. 2 SGB II in der nach § 66 SGB II bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung). Der Beklagte durfte die Bewilligung auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurück nehmen. Die Klägerin ist ihrer bereits im Bewilligungsbescheid vom 20.7.2010 angeordneten Pflicht zur sofortigen Mitteilung jeder Änderung, die sich auf die Zahlung des Eingliederungszuschusses auswirken kann, mindestens grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Spätere Urlaubsabgeltungen für das gesamte Jahr 2011 können daran nichts ändern. Diese Abgeltungen können bereits nicht als förderfähiges Arbeitsentgelt i.S. von § 16 e Abs. 2 SGB II a.F. bewertet werden. Es handelt sich um zunächst nicht fällige Sekundärleistungsansprüche, die für den Fall zu leisten sind, dass der Primärleistungsanspruch bezahlten Urlaub, nicht in Anspruch genommen wird. Unabhängig davon war der Anspruch des Arbeitnehmers bis zur Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin nicht fällig geworden und konnte auch unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr berücksichtigt werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der hier vorliegenden Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – hier mithin der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 19.4.2012. Für die Beurteilung, ob die Bewilligungsvoraussetzungen im Förderungszeitraum vorlagen, kommt es somit abschließend auf diesen Zeitpunkt an. Spätere Veränderungen berühren nicht mehr die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung, sie sind nicht mehr zu berücksichtigen. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestand nicht im Förderzeitraum, sondern wurde erst mit Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleichs am 13.11.2012 fällig. Das Förderverhältnis ist insgesamt darauf angelegt, dass die wechselseitigen Ansprüche im Abschlussbescheid – wie der Name schon sagt – abschließend geregelt werden und allenfalls bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Korrekturen vorgenommen werden können. Danach eintretende Veränderungen berühren das Verfahren auch im Interesse einer bürokratischen Handhabbarkeit dieses Förderungsinstruments nicht mehr.
Es ist auch nicht mehr angemessen, Veränderungen oder bestimmte Folgekosten – wie sie die Klägerin zwar vorträgt, aber in keiner Weise näher beziffert hat – zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber kann anhand der Bewilligungsbeträge eine Risikoabwägung vornehmen, ob sich die Einstellung auch dann lohnt, wenn sich bestimmte Lebensrisiken auf Seiten des Arbeitnehmers realisieren, d.h., ob der Lohnzuschuss für ihn auch im Falle eines "Worst-Case-Szenarios" noch lukrativ ist. Eine solche Abwägung entspricht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns und Arbeitgebers. Die Förderbedingungen sind von Beginn an klar umrissen. Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt entfällt, wenn kein konkreter Lohnanspruch etwa aufgrund von längerer Krankheit mehr besteht. Es ist darüber hinaus weder nach dem Inhalt der Förderbedingungen vorgesehen noch Zweck der Förderung, dass der Beklagte nach dem Fehlschlagen des Förderinstruments in Form von Krankheit des Arbeitnehmers mit Gegen- wie etwa Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers konfrontiert wird. Dass Arbeitnehmer krank werden können und ggf. dadurch später noch Urlaubsabgeltung gezahlt werden müssen, betrifft geförderte wie nicht geförderte Arbeitnehmer und fällt hier wie dort – in Bezug auf die Arbeitsorganisation und die gesetzliche Lohnfortzahlung bzw. ggf. Urlaubsabgeltung – in die Risikosphäre des Arbeitgebers. Die Klägerin wird hier als Kleinbetrieb durch das Umlagesystem U1 der Krankenkasse sogar zu einem großen Teil von den Lohnfortzahlungskosten entlastet. Folgte man dem Vortrag der Klägerin, würde dies bedeuten, dass der Beitrags- und Steuerzahler bei Störungen im Arbeitsverhältnis auch für die Risiken haftet, die ansonsten in die Sphäre des Arbeitgebers fallen. Darüber hinaus ist die Zahlung einer Urlaubsabgeltung nicht zwangsläufig. Eine solche Zahlung könnte dadurch verhindert werden, dass der Arbeitnehmer von der Arbeit unter Anrechnung seines Urlaubsanspruchs freigestellt wird. Es liegt daher auch im Geschick des Arbeitsgebers, eine solche finanzielle Belastung zu verhindern. Den von der Klägerin vorgetragenen Interessen und Belangen des Arbeitgebers ist überdies damit Rechnung getragen, dass nach der Nr. 4 der Nebenbestimmungen zum Bescheid die Rückzahlung auf die Hälfte des Förderungsbetrages begrenzt ist, sofern die unter Nr. 4 genannten – aber hier nicht vorliegenden – Rückzahlungsvoraus¬setzungen erfüllt werden. Für den Fall, dass tatsächlich kein Lohn gezahlt wird, ist dies aber nicht gerechtfertigt. Der Anreiz des Beschäftigungszuschusses und die damit für den Arbeitgeber einhergehenden Vorteile decken die hier geltend gemachten Risiken ab.
Für die Zeit bis zum 13.2.2012 folgt die Rechtmäßigkeit der Aufhebung aus § 16 e Abs. 2 Satz 3 SGB II. Danach ist für den Zeitraum, für den dem Arbeitgeber aufgrund eines Ausgleichssystems Arbeitsentgelt erstattet wird, der Beschäftigungszuschuss entsprechend zu mindern. Die Klägerin hat eine solche Erstattung erhalten. Soweit sie wegen der Krankheit des Arbeitnehmers Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall leisten musste, erhielt sie hierfür Ausgleichszahlungen U 1 der Krankenkasse. Dass der Beklagte den Bewilligungsbescheid insoweit unter Berufung auf § 47 Abs. 2 Nr. 1 SGB X widerrufen hat, ist dabei unschädlich. Für das Instrument des Widerrufs spricht, dass der Zweck der Förderung nicht erreicht wird, wenn das gezahlte Arbeitsentgelt von dritter Seite erstattet wird. Denn der Beschäftigungszuschuss bezweckt die Entlastung des Arbeitgebers von der Lohnzahlung. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, soweit die Lohnzahlung durch die Übernahme der Lohnfortzahlung in Form der Erstattung durch die Krankenkasse wegfällt. Daran ändert auch nichts, dass der Arbeitgeber hierfür im Umlageverfahren Versicherungsbeiträge an die Krankenkasse erbringt. Die Umlagepflicht U1 knüpft an allgemeine Merkmale an (Betriebe mit einer Beschäftigtenzahl bis zu 30 Arbeitnehmer) und besteht unabhängig von der Einstellung eines durch den Beschäftigungszuschuss geförderten Arbeitnehmers.
Aber selbst wenn man hier wegen § 16 e Abs. 2 Satz 3 SGB X a.F. eine Aufhebung nach § 48 SGB X verlangen würde, lägen die Voraussetzungen für diese Aufhebung vor. Der Widerruf könnte damit zulässig in eine Aufhebung umgedeutet werden (vgl. § 43 SGB X). Auch diesbezüglich liegen die Aufhebungsvoraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vor, wonach die Klägerin in Person des für sie handelnden Geschäftsführers (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 SGB X) ihrer Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung dieser Erstattungszahlungen der Krankenkasse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Es liegt zudem aufgrund einfachster Überlegungen auf der Hand, dass ein aus öffentlichen Mitteln gezahlter Zuschuss zum Arbeitsentgelt entfällt, soweit Arbeitsentgelt letztlich von der Krankenkasse aus Gründen der Entlastung von Unternehmen mit geringer Mitarbeiterzahl übernommen wird. Ansonsten würde der Arbeitgeber im Falle der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aufgrund dieser Risikovorsorge nicht nur von seinen Lohnkosten entlastet, sondern könnte mit öffentlichen Mitteln einen wettbewerbswidrigen Überschuss erzielen. Das ist aber nicht der Sinn des Beschäftigungszuschusses. Anderenfalls würde hier auch ein Anreiz zum Missbrauch bei der Lohnfortzahlung gesetzt.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin trägt als unterlegene Streitpartei die Kosten des Verfahrens (§ 193 Abs. 1 SGG).
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die von ihr in Höhe von 3.193,10 EUR geforderte Erstattung eines Beschäftigungszuschusses, den sie für die Einstellung eines Langzeitarbeitslosen erhalten hatte.
Unter Verwendung eines entsprechenden Antragsvordrucks beantragte die Klägerin, die die Herstellung von Freizeitgeräten (z.B. Edelstahlrutschen) betreibt, am 31.5.2010 die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für die Einstellung des zu diesem Zeitpunkt arbeitslosen. Dieser bezog Arbeitslosengeld II. Die Klägerin schloss mit T. einen für die Zeit vom 1.6.2010 bis 31.5.2012 befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Metallbauer zu einem Bruttolohn von 1.800,00 EUR ab.
Mit Leistungsbescheid vom 20.7.2010 bewilligte der Beklagte bzw. dessen Rechtsvorgänger für den Zeitraum vom 1.6.2010 bis längstens 31.5.2011 einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 900,00 EUR monatlich, was einem Zuschuss in Höhe von 50 % des Bruttoarbeitsentgeltes ein-schließlich des pauschalierten Anteils zur Sozialversicherung entsprach. Der Bewilligungsbescheid war mit diversen Nebenbestimmungen und Hinweisen versehen, auf die wegen der näheren Einzelheiten zum Sachverhalt Bezug genommen wird.
Der Beklagte zahlte in der Folge insgesamt für 11 Monate Zuschüsse von jeweils 900,00 EUR (Gesamt: 9.900,00 EUR).
Im Zuge der Abrechnung des Eingliederungszuschusses im September 2011 stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer bereits im September und November 2010 vorübergehend und ab dem 3.1.2011 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt war. Bis zum 13.2.2011 übernahm die Klägerin die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, ab dem 14.2.2011 bezog der Arbeitnehmer bis zum Ende des Förderungszeitraums von seiner Krankenkasse Krankengeld.
Am 26.12.2011 reichte die Klägerin Kopien ihrer Anträge an die Krankenkasse auf Erstattung nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz für Arbeitgeberaufwendungen bei Arbeitsunfähigkeit – U1 – ein. Danach wurden wegen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Erstattungen in einer Gesamthöhe von 1.796,23 EUR beantragt und auch gewährt. Davon entfielen auf die Monate
September 2010: 224,99 EUR
November 2010: 374,99 EUR
Januar 2011: 825,00 EUR
Februar 2011: 371,25 EUR.
Diese Erstattungen rechnete der Beklagte auf die Lohnzahlungen der Klägerin an und berechnete aus den verbleibenden Lohnzahlungen seinen Anteil von 50 % an den Lohnkosten sowie 20 % des pauschalierten Arbeitgeberanteils an der Sozialversicherung. Der Beklagte errechnete so einen Förderanspruch der Klägerin in Höhe von insgesamt 6.706,90 EUR.
Mit Abschlussbescheid vom 15.3.2012 hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 20.7.2010 ab dem 14.2.2011 auf. Darüber hinaus widerrief sie ihn hinsichtlich eines Höchstförderungsbetrags in Höhe von 883,10 EUR. In Höhe von 3.193,10 EUR forderte er den Eingliederungszuschuss zurück. Aufgrund des Krankengeldbezugs sei der Anspruch auf Lohn-kostenzuschuss ab dem 14.2.2011 weggefallen. Der Gesamtanspruch der Klägerin belaufe sich unter Verrechnung der Erstattungen der Krankenkasse für Lohnfortzahlungen der Klägerin auf 6.706,90 EUR. Da bereits Zuschüsse für elf Monate in Höhe von 9.900,00 EUR gezahlt worden seien, habe die Klägerin insgesamt 3.193,10 EUR an den Beklagten zu erstatten. Rechtsgrundlagen seien § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X, § 47 Abs. 2 Nr. 1 SGB X und § 50 SGB X.
Den von der Klägerin mit Schreiben vom 10.4.2012 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.4.2012 zurück.
Mit der am 21.5.2012 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wendet sich insbesondere gegen die Verrechnung des Eingliederungszuschusses mit dem Erstattungsbetrag der Krankenkasse für Lohnfortzahlungen in Höhe von 1.796,23 EUR. Darüber hinaus seien der Klägerin in der Zeit des Krankengeldbezugs Mehrkosten für den Erhalt des Arbeits-platzes des Klägers entstanden. Tatsächlich habe auch noch in Form von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2011 nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Lohn gezahlt werden müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Klagebegründungsschreiben nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 15.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.4.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Bescheid als rechtmäßig. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf dessen schriftliche Klageerwiderungen Bezug genommen.
Am 20.3.2014 hat die mündliche Verhandlung vor der 26. Kammer des Sozialgerichts Chemnitz stattgefunden. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird wegen der näheren Einzelheiten Be-zug genommen. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, zu den in der mündlichen Verhand-lung teilweise neu aufgeworfenen Fragen sowie zu einer Einigung auf Basis der Reduzierung der Erstattung der Förderung um 943,18 EUR Stellung zu nehmen. Für den Fall, dass eine Einigung nicht zustande kommt, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Mit Schreiben vom 9.4.2014 hat der Beklagte seine Bereitschaft erklärt, die Erstattung ent-sprechend der gerichtlichen Anregung um 943,18 EUR zu kürzen.
Im Übrigen wird wegen der näheren Einzelheiten zum Sachverhalt auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Nachdem eine Einigung auf eine Reduzierung der Erstattung um 943,18 EUR nicht zustande kam, war über die gesamte im Abschlussbescheid vom 15.3.2012 angeordnete Erstattung in Höhe von 3.193,10 EUR zu entscheiden. Der Abschlussbescheid ist auch im Umfang dieser Erstattung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 1 und 2 SGG).
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten sind §§ 48, 50 SGB X, § 40 SGB II i.V.m. § 330 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III. Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage liegen vor.
Für die Zeit ab dem 14.2.2011 folgt die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung aus dem Wegfall der Arbeitsentgeltzahlung aufgrund der hier einsetzenden Krankengeldzahlung, nachdem der Arbeitnehmer weiterhin krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Da es sich um Zuschüsse zum Arbeitsentgelt handelte, entfällt der Anspruch auf die Zuschusszahlung, wenn kein Lohn mehr gezahlt wird (vgl. § 16 e Abs. 2 SGB II in der nach § 66 SGB II bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung). Der Beklagte durfte die Bewilligung auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurück nehmen. Die Klägerin ist ihrer bereits im Bewilligungsbescheid vom 20.7.2010 angeordneten Pflicht zur sofortigen Mitteilung jeder Änderung, die sich auf die Zahlung des Eingliederungszuschusses auswirken kann, mindestens grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Spätere Urlaubsabgeltungen für das gesamte Jahr 2011 können daran nichts ändern. Diese Abgeltungen können bereits nicht als förderfähiges Arbeitsentgelt i.S. von § 16 e Abs. 2 SGB II a.F. bewertet werden. Es handelt sich um zunächst nicht fällige Sekundärleistungsansprüche, die für den Fall zu leisten sind, dass der Primärleistungsanspruch bezahlten Urlaub, nicht in Anspruch genommen wird. Unabhängig davon war der Anspruch des Arbeitnehmers bis zur Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin nicht fällig geworden und konnte auch unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr berücksichtigt werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der hier vorliegenden Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – hier mithin der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 19.4.2012. Für die Beurteilung, ob die Bewilligungsvoraussetzungen im Förderungszeitraum vorlagen, kommt es somit abschließend auf diesen Zeitpunkt an. Spätere Veränderungen berühren nicht mehr die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung, sie sind nicht mehr zu berücksichtigen. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestand nicht im Förderzeitraum, sondern wurde erst mit Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleichs am 13.11.2012 fällig. Das Förderverhältnis ist insgesamt darauf angelegt, dass die wechselseitigen Ansprüche im Abschlussbescheid – wie der Name schon sagt – abschließend geregelt werden und allenfalls bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Korrekturen vorgenommen werden können. Danach eintretende Veränderungen berühren das Verfahren auch im Interesse einer bürokratischen Handhabbarkeit dieses Förderungsinstruments nicht mehr.
Es ist auch nicht mehr angemessen, Veränderungen oder bestimmte Folgekosten – wie sie die Klägerin zwar vorträgt, aber in keiner Weise näher beziffert hat – zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber kann anhand der Bewilligungsbeträge eine Risikoabwägung vornehmen, ob sich die Einstellung auch dann lohnt, wenn sich bestimmte Lebensrisiken auf Seiten des Arbeitnehmers realisieren, d.h., ob der Lohnzuschuss für ihn auch im Falle eines "Worst-Case-Szenarios" noch lukrativ ist. Eine solche Abwägung entspricht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns und Arbeitgebers. Die Förderbedingungen sind von Beginn an klar umrissen. Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt entfällt, wenn kein konkreter Lohnanspruch etwa aufgrund von längerer Krankheit mehr besteht. Es ist darüber hinaus weder nach dem Inhalt der Förderbedingungen vorgesehen noch Zweck der Förderung, dass der Beklagte nach dem Fehlschlagen des Förderinstruments in Form von Krankheit des Arbeitnehmers mit Gegen- wie etwa Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers konfrontiert wird. Dass Arbeitnehmer krank werden können und ggf. dadurch später noch Urlaubsabgeltung gezahlt werden müssen, betrifft geförderte wie nicht geförderte Arbeitnehmer und fällt hier wie dort – in Bezug auf die Arbeitsorganisation und die gesetzliche Lohnfortzahlung bzw. ggf. Urlaubsabgeltung – in die Risikosphäre des Arbeitgebers. Die Klägerin wird hier als Kleinbetrieb durch das Umlagesystem U1 der Krankenkasse sogar zu einem großen Teil von den Lohnfortzahlungskosten entlastet. Folgte man dem Vortrag der Klägerin, würde dies bedeuten, dass der Beitrags- und Steuerzahler bei Störungen im Arbeitsverhältnis auch für die Risiken haftet, die ansonsten in die Sphäre des Arbeitgebers fallen. Darüber hinaus ist die Zahlung einer Urlaubsabgeltung nicht zwangsläufig. Eine solche Zahlung könnte dadurch verhindert werden, dass der Arbeitnehmer von der Arbeit unter Anrechnung seines Urlaubsanspruchs freigestellt wird. Es liegt daher auch im Geschick des Arbeitsgebers, eine solche finanzielle Belastung zu verhindern. Den von der Klägerin vorgetragenen Interessen und Belangen des Arbeitgebers ist überdies damit Rechnung getragen, dass nach der Nr. 4 der Nebenbestimmungen zum Bescheid die Rückzahlung auf die Hälfte des Förderungsbetrages begrenzt ist, sofern die unter Nr. 4 genannten – aber hier nicht vorliegenden – Rückzahlungsvoraus¬setzungen erfüllt werden. Für den Fall, dass tatsächlich kein Lohn gezahlt wird, ist dies aber nicht gerechtfertigt. Der Anreiz des Beschäftigungszuschusses und die damit für den Arbeitgeber einhergehenden Vorteile decken die hier geltend gemachten Risiken ab.
Für die Zeit bis zum 13.2.2012 folgt die Rechtmäßigkeit der Aufhebung aus § 16 e Abs. 2 Satz 3 SGB II. Danach ist für den Zeitraum, für den dem Arbeitgeber aufgrund eines Ausgleichssystems Arbeitsentgelt erstattet wird, der Beschäftigungszuschuss entsprechend zu mindern. Die Klägerin hat eine solche Erstattung erhalten. Soweit sie wegen der Krankheit des Arbeitnehmers Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall leisten musste, erhielt sie hierfür Ausgleichszahlungen U 1 der Krankenkasse. Dass der Beklagte den Bewilligungsbescheid insoweit unter Berufung auf § 47 Abs. 2 Nr. 1 SGB X widerrufen hat, ist dabei unschädlich. Für das Instrument des Widerrufs spricht, dass der Zweck der Förderung nicht erreicht wird, wenn das gezahlte Arbeitsentgelt von dritter Seite erstattet wird. Denn der Beschäftigungszuschuss bezweckt die Entlastung des Arbeitgebers von der Lohnzahlung. Dieser Zweck kann nicht mehr erreicht werden, soweit die Lohnzahlung durch die Übernahme der Lohnfortzahlung in Form der Erstattung durch die Krankenkasse wegfällt. Daran ändert auch nichts, dass der Arbeitgeber hierfür im Umlageverfahren Versicherungsbeiträge an die Krankenkasse erbringt. Die Umlagepflicht U1 knüpft an allgemeine Merkmale an (Betriebe mit einer Beschäftigtenzahl bis zu 30 Arbeitnehmer) und besteht unabhängig von der Einstellung eines durch den Beschäftigungszuschuss geförderten Arbeitnehmers.
Aber selbst wenn man hier wegen § 16 e Abs. 2 Satz 3 SGB X a.F. eine Aufhebung nach § 48 SGB X verlangen würde, lägen die Voraussetzungen für diese Aufhebung vor. Der Widerruf könnte damit zulässig in eine Aufhebung umgedeutet werden (vgl. § 43 SGB X). Auch diesbezüglich liegen die Aufhebungsvoraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vor, wonach die Klägerin in Person des für sie handelnden Geschäftsführers (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 SGB X) ihrer Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung dieser Erstattungszahlungen der Krankenkasse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Es liegt zudem aufgrund einfachster Überlegungen auf der Hand, dass ein aus öffentlichen Mitteln gezahlter Zuschuss zum Arbeitsentgelt entfällt, soweit Arbeitsentgelt letztlich von der Krankenkasse aus Gründen der Entlastung von Unternehmen mit geringer Mitarbeiterzahl übernommen wird. Ansonsten würde der Arbeitgeber im Falle der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aufgrund dieser Risikovorsorge nicht nur von seinen Lohnkosten entlastet, sondern könnte mit öffentlichen Mitteln einen wettbewerbswidrigen Überschuss erzielen. Das ist aber nicht der Sinn des Beschäftigungszuschusses. Anderenfalls würde hier auch ein Anreiz zum Missbrauch bei der Lohnfortzahlung gesetzt.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin trägt als unterlegene Streitpartei die Kosten des Verfahrens (§ 193 Abs. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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