Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 447/14 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zur Gänze (Hauptantrag und Hilfsantrag) abgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Antragsteller, der als Facharzt für Augenheilkunde zugelassen und außerdem im Klinikum A-Stadt belegärztlich tätig ist, begehrt mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 13.03.2014 eine völlige beziehungsweise teilweise Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst.
Ein Antrag auf Befreiung wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13.06.2013 und später nach Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, zur vertragsärztlichen Versorgung gehöre auch der Bereitschaftsdienst. Zwar würden das Heilberufe-Kammergesetz und die Bereitschaftsdienstordnung (§ 14 BDO-KVB) eine Befrei-ung aus einem schwerwiegenden Grund vorsehen. Es handle sich um eine Ermessensentscheidung. Beim Antragsteller lägen jedoch die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vor. Denn dieser sei trotz der nachgewiesenen Erkrankung in der Lage, die erforderlichen vertragsärztlichen Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen. Darüber hinaus sei die Befreiung grundsätzlich unzulässig, wenn der Arzt unvermindert oder über dem Durchschnitt der Fachgruppe vertragsärztlich tätig sei. Beim Antragsteller sei zwar die Fallzahl unterdurchschnittlich und schwankend, er sei aber unvermindert vertragsärztlich tätig. Im Übrigen könne sich der Antragsteller vertreten lassen. Ein weiterer Befreiungstatbestand, auch aus familiären Gründen liege nicht vor.
Gegen die Ablehnung seines Antrags (Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 11.12.2013) legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13.01.2014 Klage zum Sozialgericht München ein. Die Klage wird unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14 geführt. Dem folgte mit Schreiben vom 12.03.2014 der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Der Antragsteller, dem im Hinblick auf seine belegärztliche Tätigkeit vor circa 10 Jahren eine Assistentin genehmigt wurde, machte geltend, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, neben seiner Praxistätigkeit und seiner belegärztlichen Tätigkeit am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Er leide seit 2011 an einem Erschöpfungssyndrom, mit dem Depressionen und Schlafstörungen einhergingen. Die Einteilungen zum Bereitschaftsdienst führten zwangsläufig zu einer Gefährdung der Patienten. Er sei nicht in der Lage, den Bereitschaftsdienst zu übernehmen. In seinem Eilantrag bezog er sich auf ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemein-medizin Dr. S. Darin wird wie folgt ausgeführt:
"Herr A, geb ist bei mir seit Januar 2013 wegen altersbedingt zunehmenden Durchschlafstörungen in Behandlung.
Wenn er mehrmals nachts aus dem Schlaf geweckt wird, gelingt es ihm zunehmend schlechter danach wieder einzuschlafen. Herr A ... wurde von der KVB ver-pflichtet, mehrfach im Jahr einen augenärztlichen Notdienst von einer ganzen Woche ununterbrochen ohne Pause abzuleisten. Während des augenärztlichen Notdienstes nach mehreren Nächten ohne mehrstündigen Schlaf tritt über die Dauer des Notdienstes ein zunehmendes Erschöpfungssyndrom bei Herrn A ... auf.
In Anbetracht seiner Tätigkeit als Belegarzt am Klinikum A-Stadt neben seiner Praxistätigkeit ist Herr A. nicht in der Lage einen ununterbrochenen Notdienst von einer ganzen Woche am Stück zu leisten. Eine Befreiung vom augenärztlichen Notdienst ist somit aus allgemeinärztlicher Sicht geboten."
Im Rahmen des Erörterungstermins bzw. des nachfolgenden Schriftwechsels führte der Antragsteller ergänzend aus, trotz der bei ihm angestellten Ärztin sei seine Praxistätigkeit signifikant zurückgegangen. In diesem Zusammenhang verwies er zur Fallzahlentwicklung und Entwicklung des Honorars auf zwei grafische Darstellungen. Daraus sei zu entnehmen, dass sich sowohl die Fallzahlen als auch das Honorar signifikant verringert hätten. Die Behauptung der Antragsgegnerin, er sei unvermindert vertragsärztlich tätig, sei somit nachweislich unrichtig.
Unzutreffend sei auch die Darstellung der Antragsgegnerin zur belegärztlichen Tätigkeit am Klinikum A-Stadt. Während nach der Darstellung der Antragsgegnerin im zweiten Quartal 2013 keine belegärztliche Tätigkeit stattgefunden haben soll, habe er allein im Monat April 2013, dem ersten Monat des fraglichen Quartals 15.242 EUR an das Klinikum A-Stadt gezahlt. Der Rückgang der belegärztlichen Tätigkeit sei ferner anhand der durchgeführten Cataract-Operationen abzulesen (Jahr 2011: 419; Jahr 2012: 358; Jahr 2013: 343; erstes Quartal 2014: 82). Dies bedeute einen Rückgang von über 20 % in nur zwei Jahren.
Außerdem seien mittlerweile alle belegärztlichen Augenärzte am Klinikum A-Stadt vom "Notdienst" befreit (drei Augenärzte komplett befreit; ein Augenarzt von Dr. S. vertreten). Der Antragsteller berief sich auf den Gleichheitsgrundsatz. Ein sachlich einleuchtender Differenzierungsgrund sei deshalb nicht gegeben, weil er mittlerweile der einzige belegärztliche im Dienstbereich sei, der am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilnehmen müsse.
Die von der Antragsgegnerin aufgezeigte Möglichkeit der Vertretung beziehungsweise Abgabe des Dienstes innerhalb der Dienstgruppe sei lediglich theoretischer Art. Er habe sich wiederholt bemüht, nach diesen Möglichkeiten zu suchen, was sich immer wieder als sehr schwierig und unrealistisch erwiesen habe. Auch die bei ihm angestellte Assistentin, die am Montag von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr sowie am Donnerstag und Freitag in der Praxis tätig sei, sei nicht bereit, Bereitschaftsdienste zu übernehmen. Ebenfalls sei der Hinweis der Antragsgegnerin auf die Möglichkeit der Vertretung durch Augenärzte aus benachbarten Dienstbereichen unzutreffend. Auch die Aufteilung des einwöchigen Bereitschaftsdienstes auf zwei Dienstgruppenmitglieder führe in der Summe nicht zu einer Entlastung, sondern vielmehr zu einer häufigeren Belastung. In diesem Zusammenhang dürfe nicht unerwähnt bleiben, dass Hausärzte, die belegärztlich tätig seien, allein aus diesem Grund Anspruch auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst hätten.
Soweit die Antragsgegnerin auf die Frequenz abstelle, seien die hierzu getroffenen Aussagen unzutreffend. Denn in Wirklichkeit betrage diese mehr als vier Dienstwochen pro Kalenderjahr. So sei er bereits im ersten Halbjahr 2014 dreimal zum Bereitschaftsdienst eingeteilt worden. Ebenfalls spiegle die Auflistung der Behandlungsanforderungen nicht die Realität wider. So kämen die Behandlungsanforderungen nicht nur von der Vermittlungszentrale, sondern auch vom Klinikum A-Stadt. Darüber hinaus gebe es auch eine Vielzahl von Berufsunfällen, wie dies beim letzten Vertretungsdienst der Fall gewesen sei.
Auf Nachfrage des Gerichts zum bei Gericht eingereichten ärztlichen Attest gab der Antragsteller zu verstehen, er suche den Kollegen relativ selten auf, sei mit diesem aber wegen der Erkrankung in Telefonkontakt. Selbstverständlich sei er als Arzt in der Lage, sich selbst zu behandeln.
Im Rahmen des Gerichtsverfahrens trug die Antragsgegnerin vor, der Antragsteller sei nicht zum augenärztlichen Notdienst in einem Umfang von 168 Stunden ohne Ruhezeit verpflichtet, sondern lediglich in einem Umfang von 128 Stunden. Die Dienstfrequenz beschränke sich auf 3-4 Dienstwochen im gesamten Kalenderjahr mit wöchentlicher Einteilung. Was die Frequenz der Einteilung betreffe, so ergebe sich lediglich an vier Donnerstagen im Jahr eine Kollision mit der belegärztlichen Tätigkeit des Antragstellers. Die Inanspruchnahme des Antragstellers im Januar 2014 sei gering gewesen. Lediglich am Wochenende gebe es eine höhere Frequenz.
In Absprache mit der Bereitschaftsdienstgruppe, auch mit deren Obmann sei eine Einschränkung der Bereitschaftsdienstzeiten möglich. Die bisherige wochenweise Einteilung des Antragstellers zum augenärztlichen Bereitschaftsdienst sei nicht zwingend. Vielmehr bestehe auf Wunsch zum Beispiel die Möglichkeit, eine Dienstwoche auch auf zwei Dienstgruppenmitglieder aufzuteilen. Vom Antragsteller sei der Wunsch auf Veränderung der Diensteinteilung bisher nicht an den Obmann der Bereitschaftsdienstgruppe herangetragen worden.
Auch eine Vertretung, die dem Antragsteller finanziell zumutbar sei, sei möglich. Dabei räumte die Antragsgegnerin ein, die von ihr zunächst genannten "Vertreterärzte", Herren Dr. D ... und Dr. E. seien nach Rücksprache mit diesen nicht bereit, für den Antragsteller eine Vertretung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu übernehmen. Möglich sei jedoch ein Diensttausch beziehungsweise eine Dienstabgabe innerhalb der Bereitschaftsdienstgruppe. Darüber hinaus könnten auch andere Augenärzte außerhalb der Bereitschaftsdienstgruppe des Antragstellers den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu übernehmen.
Was das Nebeneinander von ärztlichem Bereitschaftsdienst und belegärztlicher Tätigkeit betreffe, sei darauf aufmerksam zu machen, dass der Bereitschaftsdienst der belegärztlichen Tätigkeit vorgehe. Denn die Tätigkeit im Bereitschaftsdienst sei immanenter Bestandteil der vertragsärztlichen Zulassung. Für den Umstand, dass belegärztlich tätige Hausärzte vom Bereitschaftsdienst befreit sind, gebe es einen sachlich einleuchtenden Differenzierungsgrund. Fachärzte seien nämlich zu einem Großteil auch belegärztlich tätig, so dass eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst allein aus diesem Grund letztendlich zu einer Gefährdung des fachärztlichen Bereitschaftsdienstes führe.
Soweit der Antragsteller ausführe, seine belegärztliche Tätigkeit sei krankheitsbedingt zurückgegangen, sei dies unzutreffend. Der Antragsteller sei keineswegs jede Woche belegärztlich tätig. Der Antragsteller habe seit dem Quartal 1/2011 maximal 1 bis 3 Patienten pro Quartal behandelt, wobei der Umfang der belegärztlichen Tätigkeit in den Quartalen 4/2013 beziehungsweise 1/2014 mit zwei beziehungsweise drei Patienten gegenüber anderen Quartalen erhöht war. Angesichts dieser Zahlen sei nicht ersichtlich, wie seine belegärztliche Tätigkeit mit der Tätigkeit im Bereitschaftsdienst kollidieren sollte.
Wie vom Gericht gefordert, wurde auch durch die Antragsgegnerin die Honora-rentwicklung (Quartale 1/2011-4/2013) aufgezeigt. Daraus ergibt sich ein Honorar im Jahr 2011 von circa 440.000 EUR, im Jahr 2012 von circa 367.000 EUR und im Jahr 2013 in Höhe von circa 360.000 EUR. Die Honorare im jeweils vierten Quartal betrugen 98.910,58 EUR (2011), 94.645,67 EUR (2012) und 104.566,15 EUR (2013). Der vom Antragsteller angeführte drastische Honorarrückgang sei nicht nachvollziehbar. Die Honorarschwankungen seien auch zum Teil auf die Änderung der Abrechnungsmodalitäten zurückzuführen.
Auch eine teilweise Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst nach § 14 Abs. 3 BDO-KVB sei nicht möglich, da der Antragsteller unvermindert vertragsärztlich tätig sei. Im Übrigen könne auch hier der Argumentation des Antragstellers, seine belegärztliche Tätigkeit würde mit der Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst kollidieren, nicht gefolgt werden.
Insgesamt sei es nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller zur Durchführung des Bereitschaftsdienstes nicht in der Lage sei. Abschließend machte die Antragsgegnerin darauf aufmerksam, der Antragsteller sei erst wieder zum Bereitschaftsdienst vom 27.06.2014 bis 04.07.2014 eingeteilt.
Die Anträge des Antragstellers ergeben sich aus seinen Schriftsätzen vom 12.03.2014 und 06.05.2014. Danach wird beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14 vom augenärztlichen Notfalldienst "wegen nachgewiesener Erkrankung bei unterdurchschnittlicher Fallzahl und zusätzlichem Rückgang der ärztlichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der belegärztlichen Tätigkeit vollständig zu befreien. Hilfsweise wird beantragt, den Antragsteller für drei Tage pro Dienstwoche vom augenärztlichen Notfalldienst zu befreien.
Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Beigezogen war die Beklagtenakte und die Klageakte des Hauptsacheverfahrens unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 09.04.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das zum Sozialgericht München eingelegte Antragsverfahren ist zulässig, erweist sich jedoch als nicht begründet.
Der einstweilige Rechtsschutz ist in § 86b SGG geregelt. Nachdem ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht gegeben ist, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 SGG erfüllt sind. Letztere Vorschrift unterscheidet zwischen der soge-nannten Sicherungsanordnung und der Regelungsanordnung. Hier handelt es sich um eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG. Der Antragsteller begehrt die Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst. Zuständig ist das Gericht der Hauptsache nach § 86b Absatz 1, 4 SGG.
Zu den allgemeinen Prozessvoraussetzungen gehört auch das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Dieses fehlt, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, Rn 16a vor § 51). Die Antragstellerseite hat bereits ein Klageverfahren zum Sozialgericht München unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14 angestrengt, das noch anhängig ist. Sowohl das Eilverfahren, als auch das Klageverfahren haben in etwa die gleiche Zielrichtung. Dies ist jedoch im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis für das Antragsverfahren unbehelflich, zumal der Antragsteller möglichst schnell Klarheit darüber gewinnen will, ob er weiterhin bis zur Entscheidung in der Hauptsache am Bereitschaftsdienst teilnehmen muss. Der nächste Dienst steht unmittelbar bevor (27.06.2014 bis 04.07.2014). Es handelt sich nicht um eine Vorwegnahme der Hauptsache im Wege des Antragsverfahrens, die grundsätzlich unzulässig wäre (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, Rn 31, 33 zu § 86b).
Die Voraussetzungen für eine einstweiligen Anordnung ergeben sich aus § 86b Abs. 2 S. 2 SGG. Danach sind ein Anordnungsgrund, sowie ein Anordnungsanspruch erforderlich. Beide Voraussetzungen sind nicht separat zu betrachten, sondern stehen zueinander in Wechselwirkung. Dies bedeutet für den Fall, dass eine Hauptsacheklage offensichtlich unzulässig und unbegründet wäre, der Antrag auch dann abzulehnen wäre, wenn ein Anordnungsgrund vorhanden wäre. Falls die Hauptsacheklage als offensichtlich zulässig und offensichtlich begründet anzusehen wäre, ist gleichwohl zu prüfen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. An den Anordnungsgrund sind jedoch dann weniger strenge Anforderungen zu stellen. Bei offenem Ausgang eines Hauptsacheverfahrens ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Ein Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt in diesem Fall nur dann in Betracht, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung aller Interessen der Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, Rn 29 zu § 86b).
Nach Auffassung des Gerichts ist bei summarischer Prüfung - eine genaue Prüfung ist im Hauptsacheverfahren vorbehalten - ein Anordnungsanspruch nicht gegeben, zumindest ist ein solcher nicht offensichtlich.
Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, die den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aufgetragen ist, umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (§§ 73 Abs. 2, 75 S. 1 S. 1 und 2 SGB V). Auf dieser Rechtsgrundlage wurde die Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (BDO-KVB) erlassen, die hier in der Fassung vom 23.11.2012, in Kraft getreten am 20.04.2013 zur Anwendung kommt. In deren § 2 sind diejenigen Ärzte, medizinische Versorgungszentren aufgeführt, die zur Teilnahme an dem ärztlichen Bereitschaftsdienst verpflichtet sind. Nachdem der Antragsteller als Augenarzt mit vollem Versorgungsauftrag zugelassen ist, besteht für ihn eine entsprechende Verpflichtung (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1). Die Regelung in § 14 BDO-KVB enthält einen Befreiungstatbestand. Danach kann ein Vertragsarzt aus schwerwiegenden Gründen ganz, teilweise oder vorübergehend und zusätzlich auch befristet (§ 14 Abs. 6) vom ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit werden. Schwerwiegende Gründe liegen insbesondere in folgenden Fällen vor:
a. Der Arzt ist wegen nachgewiesener Erkrankung oder körperlicher Behinderung zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht in der Lage.
b. Die Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst ist aufgrund nachgewiesener besonderer belastender familiärer Pflichten dem Arzt nicht zuzumuten.
c ...
d ...
e. Der Arzt ist als Belegarzt tätig und an diesem Belegkrankenhaus sind weniger als sechs Belegärzte des Fachgebiets tätig. Dieser Befreiungstatbestand gilt nicht, soweit der Arzt zugleich am Fachärztlichen Bereitschaftsdienst teilnimmt.
In § 14 Abs. 2 ist bestimmt, dass ein schwerwiegender Grund nach Abs. 1 durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen ist. Des Weiteren sieht § 14 Abs. 3 vor, dass eine Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht zulässig ist, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 S. 2 a. und b. erfüllt, jedoch unvermindert oder über dem Durchschnitt der Fachgruppe vertragsärztlich tätig ist
Bei summarischer Prüfung ist zunächst rechtlich nicht zu beanstanden, dass hausärztlich tätige Vertragsärzte, die zugleich Belegärzte sind, anders als fach-ärztlich tätige Vertragsärzte grundsätzlich vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ausgenommen sind (vgl. § 14 Abs. 1 Buchst. e.). Denn bei der Festlegung von Befreiungstatbeständen ist dem Satzungsgeber ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, der von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2006, Az B 6 KA 43/05 R). Eine Ausnahme stellt das Willkürverbot des Art. 3 Grundgesetz dar. Nach Auffassung des Gerichts liegt jedoch ein sachlich einleuchtender Differenzierungsgrund vor. Wie die Antragsgegnerin zu-treffend ausführt, sind Fachärzte zu einem Großteil auch belegärztlich tätig, so dass eine Befreiung von Bereitschaftsdienst allein aus diesem Grund letztendlich zu einer Gefährdung des fachärztlichen Bereitschaftsdienstes führen würde. Davon abgesehen ist es nicht zwingend, der belegärztlichen Tätigkeit gegenüber dem Bereitschaftsdienst den Vorrang einzuräumen. Vielmehr ist der Bereitschaftsdienst immanenter Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung, während die belegärztliche Tätigkeit der stationären Versorgung zuzurechnen ist. Letztendlich ist zu berücksichtigen, dass sich der Belegarzt auch freiwillig für die Zusatztätigkeit entschieden und damit akzeptiert hat, die damit verbundenen Belastungen auf sich zu nehmen, ohne die originäre vertragsärztliche Tätigkeit zu vernachlässigen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.09.2009, Az L 5 KA 20/08).
Im Rahmen des Eilverfahrens ist ferner die Umsetzung dieser Rechtsgrundlagen in den angefochtenen Bescheiden rechtlich nicht zu beanstanden. So hat sich die Antragsgegnerin damit auseinandergesetzt, ob Befreiungstatbestände des § 14 BDO-KVB vorliegen. Wie sich aus der Formulierung "kann" in § 14 BDO-KVB ergibt, steht die Befreiung vom Bereitschaftsdienst im Ermessen der Antragsgegnerin. Ein Ermessensfehler oder gar ein Ermessensnichtgebrauch ist den Entscheidungen der Antragsgegnerin nicht zu entnehmen.
Diese geht zwar von einer nachgewiesenen Erkrankung aus, vertritt aber die Auffassung, der Antragsteller sei trotzdem noch in der Lage, die zur Versorgung erforderlichen vertragsärztlichen Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen. Damit verneint die Antragsgegnerin zumindest indirekt das Vorliegen des in § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstabe a BDO-KVB beispielhaft ("insbesondere") genannten schwerwiegenden Grundes. Nach Auffassung des Gerichts ist bereits zweifelhaft, ob eine nachgewiesene Erkrankung vorliegt. Denn das vorgelegte ärztliche Attest spricht lediglich von "altersbedingt zunehmenden Durchschlafstörungen". "Altersbedingten Beschwerden" wurde aber bereits durch Einführung der Altersgrenze (§ 2 Abs. 5 BDO-KVB) – keine Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst mit Vollendung des 62. Lebensjahres – angemessen Rechnung getragen. Insgesamt ist deshalb die Aussagekraft des ärztlichen Attestes kaum für den erforderlichen Nachweis (§ 14 Abs. 2 BDO-KVB) geeignet, der Antragsteller sei vor dieser Altersgrenze-nicht mehr in der Lage, am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass der Antragsteller nach seinen Ausführungen den Kollegen relativ selten aufsucht, mit diesem hauptsächlich in Telefonkontakt steht und sich offenbar nicht regelmäßig und gehäuft in Behandlung befindet. Selbst unter Würdigung, dass der Antragsteller selbst Arzt ist, er-scheint dies gegen den erforderlichen Schwergrad der Erkrankung zu sprechen ...
Soweit die belegärztliche Tätigkeit als Grund für die Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst angeführt wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 14 Abs. 1 BDO-KVB für fachärztlich tätige Vertragsärzte einen solchen Befreiungstatbestand nicht enthält. § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstabe e BDO-KVB bezieht sich lediglich auf hausärztlich tätige Vertragsärzte. Zwar sind die Befreiungstatbestände beispielhaft und nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung "insbesondere" ergibt. Dadurch, dass der Satzungsgeber im Rahmen seines ihm zustehenden Gestaltungsspielraums in § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstabe e zum Ausdruck bringt, dass die belegärztliche Tätigkeit bei Fachärzten nicht zu berücksichtigen ist, stellt die belegärztliche Tätigkeit trotz der beispielhaften Aufzählung keinen schwerwiegenden Grund für eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 BDO-KVB dar. Darüber hinaus ist, wie bereits betont, ein Vorrang der belegärztlichen Tätigkeit gegenüber dem Bereitschaftsdienst nicht gegeben. Abgesehen davon nimmt - legt man die Zahlen der Antragsgegnerin zu Grunde, wonach die Anzahl der Patienten zwischen null und drei pro Quartal beträgt - die belegärztliche Tätigkeit keinen solchen Umfang ein, dass es zu einer Unvereinbarkeit mit den vertragsärztlichen Pflichten, insbesondere mit dem augenärztlichen Bereitschaftsdienst kommen könnte. Dem steht allerdings der Vortrag des Antragstellers entgegen. Dort ist von wenn auch rückläufigen Cataract-Operationen (Jahr 2011: 419; Jahr 2012: 358; Jahr 2013: 343; erstes Quartal 2014:82) die Rede. Außerdem verweist der Antragsteller auf seine Zahlungen an das Klinikum A-Stadt. Im Rahmen des Antragsverfahrens - eines summarischen Verfahrens - ist es aber nicht Aufgabe des Gerichts, diese Angaben zu verifizieren. Dies kann auch dahinstehen, da der Antragsteller durch die eigens im Hinblick auf seine belegärztliche Tätigkeit genehmigte Assistentin mit einem nicht unerheblichen Tätigkeitsumfang eine deutliche Entlastung erfahren dürfte.
Unerheblich ist auch, dass nach den Angaben des Antragstellers offenbar fast ausschließlich alle Augenärzte im Bereitschaftsdienstbereich, die ebenfalls belegärztlich tätig sind, mittlerweile vom Bereitschaftsdienst befreit wurden und der Antragsteller der einzige ist, dem eine solche Befreiung bislang verweigert wurde. Eine Ungleichbehandlung und ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz ist aber nicht ersichtlich. Der Antragsteller unterstellt hier, seine Kollegen seien wegen ihrer belegärztlichen Tätigkeit vom Bereitschaftsdienst befreit worden. Wäre dies der Fall, dann wäre in der Tat zu prüfen, ob ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz vorliegt und daraus ein Anspruch auf Befreiung abzuleiten ist. Dafür, dass bei den Kollegen die belegärztliche Tätigkeit für eine Befreiung ausschlaggebend war, ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass andere schwerwiegende Gründe und anderweitige Sachverhalte vorlagen, die bei den Kollegen des Antragstellers eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst nach § 14 BDO-KVB rechtfertigten.
Ebenfalls sind andere schwerwiegende Gründe im Sinne von § 14 Abs. 1 BDO-KVB nicht ersichtlich.
Somit kommt es nicht darauf an, ob sich eine Teilnahmepflicht am Bereitschaftsdienst aus der Regelung des § 14 Abs. 3 BDO-KVB ergibt. Danach ist eine Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht zulässig , wenn der Antragsteller die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 S. 2 a. und b. erfüllt, jedoch unvermindert oder über dem Durchschnitt der Fachgruppe vertragsärztlich tätig ist Es handelt sich hierbei um eine Ausnahme von der Ausnahme der Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Auch wenn ein schwer-wiegender Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstaben a und b gegeben ist, kann dieser nicht berücksichtigt werden und führt nicht zur Befreiung vom Bereitschaftsdienst. Nachdem die Praxis des Antragstellers seit dem Quartal 1/2011 trotz der Beschäftigung einer Assistentin eine unterdurchschnittliche Fallzahl aufweist, wäre zu hinterfragen, ob wegen unverminderter vertragsärztlicher Tätigkeit eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst aus diesem Grund überhaupt nicht möglich wäre. Es trifft zu, dass die Fallzahl im Jahr 2011 zurückgegangen ist. Ein Vergleich zwischen den Jahren 2012 und 2013 zeigt einen weiteren Rückgang (2012: 219 Fälle; 2013: 5073 Fälle) in Höhe von 2,8 %. Dieser Rückgang liegt nach Auffassung des Gerichts innerhalb der normalen Schwankungsbreite, zumindest ist er nicht so erheblich. Damit ist annähernd von einer unverminderten vertragsärztlichen Tätigkeit auszugehen. Selbst, falls ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstaben a und b BDO-KVB zu bejahen wäre, wäre somit wegen unverminderter vertragsärztlicher Tätigkeit eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht möglich. Soweit der Antragsteller auf die Entwicklung seiner Honorareinkünfte hinweist, stellen diese nach Auffassung des Gerichts keinen Indikator für einen Tätigkeitsumfang dar. Denn die Einnahmen hängen von verschiedenen Faktoren ab, so auch von solchen, die von einem Arzt nicht zu beeinflussen sind, wie zum Beispiel Änderungen in der Bewertung ärztlicher Leistungen. Beispielhaft sind beim Antragsteller trotz niedrigerer Fallzahlen im Quartal 4/13 (1292 Fälle) die Honorareinkünfte mit 104.566.- EUR um circa 4000.- EUR höher als im Quartal 4/12 (1331 Fälle).
Auch hat der Antragsteller bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf eine teilweise Befreiung (Hilfsantrag) nach § 14 Abs. 1 BDO-KVB. Dass die Antragsgegnerin im Rahmen des Antragsverfahrens auch diese Möglichkeit ausschloss, erscheint nicht ermessensfehlerhaft. Denn auch hierfür müssen die Voraussetzungen der § 14 BDO-KVB vorliegen. Insofern wird auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der völligen Befreiung vom Bereitschaftsdienst Bezug genommen. Außerdem ist – soweit ersichtlich - ein entsprechender Antrag vom Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren nicht erfolgt. Auch die teilweise Befreiung vom Bereitschaftsdienst steht unter der Voraussetzung, dass diese beantragt wird.
Nach Auffassung des Gerichts spricht bei summarischer Prüfung viel dafür, dass das Hauptsacheverfahren nicht erfolgreich sein wird. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit beziehungsweise offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist allerdings nicht erkennbar.
Bei der deshalb vorzunehmenden Interessenabwägung ist das Interesse des Antragstellers an der Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst dem Interesse der Antragsgegnerin an der Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes, sowie dem Interesse der Allgemeinheit ebenfalls an der Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes gegenüberzustellen. Allein die Wertung des Gesetzgebers, dass der Bereitschaftsdienst immanenter Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist, macht deutlich, dass an das Interesse des Antragstellers hohe Anforderungen zu stellen sind. Nach Auffassung des Gerichts ist allein die Frequenz der Teilnahme nicht so hoch, dass eine persönliche Teilnahme dem Antragsteller unzumutbar wäre. Eine Kollision mit der belegärztlichen Tätigkeit besteht nur an vier Donnerstagen im Jahr. Darüber hinaus ist ein sogenannter Diensttausch und eine Vertretung nach § 11 BDO-KVB möglich. Auch die bisherige wochenweise Einteilung des Antragstellers zum augenärztlichen Bereitschaftsdienst ist nach den Ausführungen der Antragsgegnerin nicht zwingend. Vielmehr besteht auf Wunsch zum Beispiel die Möglichkeit, eine Dienstwoche auch auf zwei Dienstgruppenmitglieder aufzuteilen. Ein überragendes Interesse des Antragstellers ist damit nicht feststellbar.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war daher sowohl im Hauptantrag, als auf den Hilfsantrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Antragsteller, der als Facharzt für Augenheilkunde zugelassen und außerdem im Klinikum A-Stadt belegärztlich tätig ist, begehrt mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 13.03.2014 eine völlige beziehungsweise teilweise Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst.
Ein Antrag auf Befreiung wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13.06.2013 und später nach Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, zur vertragsärztlichen Versorgung gehöre auch der Bereitschaftsdienst. Zwar würden das Heilberufe-Kammergesetz und die Bereitschaftsdienstordnung (§ 14 BDO-KVB) eine Befrei-ung aus einem schwerwiegenden Grund vorsehen. Es handle sich um eine Ermessensentscheidung. Beim Antragsteller lägen jedoch die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vor. Denn dieser sei trotz der nachgewiesenen Erkrankung in der Lage, die erforderlichen vertragsärztlichen Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen. Darüber hinaus sei die Befreiung grundsätzlich unzulässig, wenn der Arzt unvermindert oder über dem Durchschnitt der Fachgruppe vertragsärztlich tätig sei. Beim Antragsteller sei zwar die Fallzahl unterdurchschnittlich und schwankend, er sei aber unvermindert vertragsärztlich tätig. Im Übrigen könne sich der Antragsteller vertreten lassen. Ein weiterer Befreiungstatbestand, auch aus familiären Gründen liege nicht vor.
Gegen die Ablehnung seines Antrags (Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 11.12.2013) legte der Antragsteller mit Schreiben vom 13.01.2014 Klage zum Sozialgericht München ein. Die Klage wird unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14 geführt. Dem folgte mit Schreiben vom 12.03.2014 der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Der Antragsteller, dem im Hinblick auf seine belegärztliche Tätigkeit vor circa 10 Jahren eine Assistentin genehmigt wurde, machte geltend, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, neben seiner Praxistätigkeit und seiner belegärztlichen Tätigkeit am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Er leide seit 2011 an einem Erschöpfungssyndrom, mit dem Depressionen und Schlafstörungen einhergingen. Die Einteilungen zum Bereitschaftsdienst führten zwangsläufig zu einer Gefährdung der Patienten. Er sei nicht in der Lage, den Bereitschaftsdienst zu übernehmen. In seinem Eilantrag bezog er sich auf ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemein-medizin Dr. S. Darin wird wie folgt ausgeführt:
"Herr A, geb ist bei mir seit Januar 2013 wegen altersbedingt zunehmenden Durchschlafstörungen in Behandlung.
Wenn er mehrmals nachts aus dem Schlaf geweckt wird, gelingt es ihm zunehmend schlechter danach wieder einzuschlafen. Herr A ... wurde von der KVB ver-pflichtet, mehrfach im Jahr einen augenärztlichen Notdienst von einer ganzen Woche ununterbrochen ohne Pause abzuleisten. Während des augenärztlichen Notdienstes nach mehreren Nächten ohne mehrstündigen Schlaf tritt über die Dauer des Notdienstes ein zunehmendes Erschöpfungssyndrom bei Herrn A ... auf.
In Anbetracht seiner Tätigkeit als Belegarzt am Klinikum A-Stadt neben seiner Praxistätigkeit ist Herr A. nicht in der Lage einen ununterbrochenen Notdienst von einer ganzen Woche am Stück zu leisten. Eine Befreiung vom augenärztlichen Notdienst ist somit aus allgemeinärztlicher Sicht geboten."
Im Rahmen des Erörterungstermins bzw. des nachfolgenden Schriftwechsels führte der Antragsteller ergänzend aus, trotz der bei ihm angestellten Ärztin sei seine Praxistätigkeit signifikant zurückgegangen. In diesem Zusammenhang verwies er zur Fallzahlentwicklung und Entwicklung des Honorars auf zwei grafische Darstellungen. Daraus sei zu entnehmen, dass sich sowohl die Fallzahlen als auch das Honorar signifikant verringert hätten. Die Behauptung der Antragsgegnerin, er sei unvermindert vertragsärztlich tätig, sei somit nachweislich unrichtig.
Unzutreffend sei auch die Darstellung der Antragsgegnerin zur belegärztlichen Tätigkeit am Klinikum A-Stadt. Während nach der Darstellung der Antragsgegnerin im zweiten Quartal 2013 keine belegärztliche Tätigkeit stattgefunden haben soll, habe er allein im Monat April 2013, dem ersten Monat des fraglichen Quartals 15.242 EUR an das Klinikum A-Stadt gezahlt. Der Rückgang der belegärztlichen Tätigkeit sei ferner anhand der durchgeführten Cataract-Operationen abzulesen (Jahr 2011: 419; Jahr 2012: 358; Jahr 2013: 343; erstes Quartal 2014: 82). Dies bedeute einen Rückgang von über 20 % in nur zwei Jahren.
Außerdem seien mittlerweile alle belegärztlichen Augenärzte am Klinikum A-Stadt vom "Notdienst" befreit (drei Augenärzte komplett befreit; ein Augenarzt von Dr. S. vertreten). Der Antragsteller berief sich auf den Gleichheitsgrundsatz. Ein sachlich einleuchtender Differenzierungsgrund sei deshalb nicht gegeben, weil er mittlerweile der einzige belegärztliche im Dienstbereich sei, der am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilnehmen müsse.
Die von der Antragsgegnerin aufgezeigte Möglichkeit der Vertretung beziehungsweise Abgabe des Dienstes innerhalb der Dienstgruppe sei lediglich theoretischer Art. Er habe sich wiederholt bemüht, nach diesen Möglichkeiten zu suchen, was sich immer wieder als sehr schwierig und unrealistisch erwiesen habe. Auch die bei ihm angestellte Assistentin, die am Montag von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr sowie am Donnerstag und Freitag in der Praxis tätig sei, sei nicht bereit, Bereitschaftsdienste zu übernehmen. Ebenfalls sei der Hinweis der Antragsgegnerin auf die Möglichkeit der Vertretung durch Augenärzte aus benachbarten Dienstbereichen unzutreffend. Auch die Aufteilung des einwöchigen Bereitschaftsdienstes auf zwei Dienstgruppenmitglieder führe in der Summe nicht zu einer Entlastung, sondern vielmehr zu einer häufigeren Belastung. In diesem Zusammenhang dürfe nicht unerwähnt bleiben, dass Hausärzte, die belegärztlich tätig seien, allein aus diesem Grund Anspruch auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst hätten.
Soweit die Antragsgegnerin auf die Frequenz abstelle, seien die hierzu getroffenen Aussagen unzutreffend. Denn in Wirklichkeit betrage diese mehr als vier Dienstwochen pro Kalenderjahr. So sei er bereits im ersten Halbjahr 2014 dreimal zum Bereitschaftsdienst eingeteilt worden. Ebenfalls spiegle die Auflistung der Behandlungsanforderungen nicht die Realität wider. So kämen die Behandlungsanforderungen nicht nur von der Vermittlungszentrale, sondern auch vom Klinikum A-Stadt. Darüber hinaus gebe es auch eine Vielzahl von Berufsunfällen, wie dies beim letzten Vertretungsdienst der Fall gewesen sei.
Auf Nachfrage des Gerichts zum bei Gericht eingereichten ärztlichen Attest gab der Antragsteller zu verstehen, er suche den Kollegen relativ selten auf, sei mit diesem aber wegen der Erkrankung in Telefonkontakt. Selbstverständlich sei er als Arzt in der Lage, sich selbst zu behandeln.
Im Rahmen des Gerichtsverfahrens trug die Antragsgegnerin vor, der Antragsteller sei nicht zum augenärztlichen Notdienst in einem Umfang von 168 Stunden ohne Ruhezeit verpflichtet, sondern lediglich in einem Umfang von 128 Stunden. Die Dienstfrequenz beschränke sich auf 3-4 Dienstwochen im gesamten Kalenderjahr mit wöchentlicher Einteilung. Was die Frequenz der Einteilung betreffe, so ergebe sich lediglich an vier Donnerstagen im Jahr eine Kollision mit der belegärztlichen Tätigkeit des Antragstellers. Die Inanspruchnahme des Antragstellers im Januar 2014 sei gering gewesen. Lediglich am Wochenende gebe es eine höhere Frequenz.
In Absprache mit der Bereitschaftsdienstgruppe, auch mit deren Obmann sei eine Einschränkung der Bereitschaftsdienstzeiten möglich. Die bisherige wochenweise Einteilung des Antragstellers zum augenärztlichen Bereitschaftsdienst sei nicht zwingend. Vielmehr bestehe auf Wunsch zum Beispiel die Möglichkeit, eine Dienstwoche auch auf zwei Dienstgruppenmitglieder aufzuteilen. Vom Antragsteller sei der Wunsch auf Veränderung der Diensteinteilung bisher nicht an den Obmann der Bereitschaftsdienstgruppe herangetragen worden.
Auch eine Vertretung, die dem Antragsteller finanziell zumutbar sei, sei möglich. Dabei räumte die Antragsgegnerin ein, die von ihr zunächst genannten "Vertreterärzte", Herren Dr. D ... und Dr. E. seien nach Rücksprache mit diesen nicht bereit, für den Antragsteller eine Vertretung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu übernehmen. Möglich sei jedoch ein Diensttausch beziehungsweise eine Dienstabgabe innerhalb der Bereitschaftsdienstgruppe. Darüber hinaus könnten auch andere Augenärzte außerhalb der Bereitschaftsdienstgruppe des Antragstellers den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu übernehmen.
Was das Nebeneinander von ärztlichem Bereitschaftsdienst und belegärztlicher Tätigkeit betreffe, sei darauf aufmerksam zu machen, dass der Bereitschaftsdienst der belegärztlichen Tätigkeit vorgehe. Denn die Tätigkeit im Bereitschaftsdienst sei immanenter Bestandteil der vertragsärztlichen Zulassung. Für den Umstand, dass belegärztlich tätige Hausärzte vom Bereitschaftsdienst befreit sind, gebe es einen sachlich einleuchtenden Differenzierungsgrund. Fachärzte seien nämlich zu einem Großteil auch belegärztlich tätig, so dass eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst allein aus diesem Grund letztendlich zu einer Gefährdung des fachärztlichen Bereitschaftsdienstes führe.
Soweit der Antragsteller ausführe, seine belegärztliche Tätigkeit sei krankheitsbedingt zurückgegangen, sei dies unzutreffend. Der Antragsteller sei keineswegs jede Woche belegärztlich tätig. Der Antragsteller habe seit dem Quartal 1/2011 maximal 1 bis 3 Patienten pro Quartal behandelt, wobei der Umfang der belegärztlichen Tätigkeit in den Quartalen 4/2013 beziehungsweise 1/2014 mit zwei beziehungsweise drei Patienten gegenüber anderen Quartalen erhöht war. Angesichts dieser Zahlen sei nicht ersichtlich, wie seine belegärztliche Tätigkeit mit der Tätigkeit im Bereitschaftsdienst kollidieren sollte.
Wie vom Gericht gefordert, wurde auch durch die Antragsgegnerin die Honora-rentwicklung (Quartale 1/2011-4/2013) aufgezeigt. Daraus ergibt sich ein Honorar im Jahr 2011 von circa 440.000 EUR, im Jahr 2012 von circa 367.000 EUR und im Jahr 2013 in Höhe von circa 360.000 EUR. Die Honorare im jeweils vierten Quartal betrugen 98.910,58 EUR (2011), 94.645,67 EUR (2012) und 104.566,15 EUR (2013). Der vom Antragsteller angeführte drastische Honorarrückgang sei nicht nachvollziehbar. Die Honorarschwankungen seien auch zum Teil auf die Änderung der Abrechnungsmodalitäten zurückzuführen.
Auch eine teilweise Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst nach § 14 Abs. 3 BDO-KVB sei nicht möglich, da der Antragsteller unvermindert vertragsärztlich tätig sei. Im Übrigen könne auch hier der Argumentation des Antragstellers, seine belegärztliche Tätigkeit würde mit der Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst kollidieren, nicht gefolgt werden.
Insgesamt sei es nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller zur Durchführung des Bereitschaftsdienstes nicht in der Lage sei. Abschließend machte die Antragsgegnerin darauf aufmerksam, der Antragsteller sei erst wieder zum Bereitschaftsdienst vom 27.06.2014 bis 04.07.2014 eingeteilt.
Die Anträge des Antragstellers ergeben sich aus seinen Schriftsätzen vom 12.03.2014 und 06.05.2014. Danach wird beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14 vom augenärztlichen Notfalldienst "wegen nachgewiesener Erkrankung bei unterdurchschnittlicher Fallzahl und zusätzlichem Rückgang der ärztlichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der belegärztlichen Tätigkeit vollständig zu befreien. Hilfsweise wird beantragt, den Antragsteller für drei Tage pro Dienstwoche vom augenärztlichen Notfalldienst zu befreien.
Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Beigezogen war die Beklagtenakte und die Klageakte des Hauptsacheverfahrens unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 09.04.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das zum Sozialgericht München eingelegte Antragsverfahren ist zulässig, erweist sich jedoch als nicht begründet.
Der einstweilige Rechtsschutz ist in § 86b SGG geregelt. Nachdem ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht gegeben ist, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 SGG erfüllt sind. Letztere Vorschrift unterscheidet zwischen der soge-nannten Sicherungsanordnung und der Regelungsanordnung. Hier handelt es sich um eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG. Der Antragsteller begehrt die Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst. Zuständig ist das Gericht der Hauptsache nach § 86b Absatz 1, 4 SGG.
Zu den allgemeinen Prozessvoraussetzungen gehört auch das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Dieses fehlt, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, Rn 16a vor § 51). Die Antragstellerseite hat bereits ein Klageverfahren zum Sozialgericht München unter dem Aktenzeichen S 38 KA 40/14 angestrengt, das noch anhängig ist. Sowohl das Eilverfahren, als auch das Klageverfahren haben in etwa die gleiche Zielrichtung. Dies ist jedoch im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis für das Antragsverfahren unbehelflich, zumal der Antragsteller möglichst schnell Klarheit darüber gewinnen will, ob er weiterhin bis zur Entscheidung in der Hauptsache am Bereitschaftsdienst teilnehmen muss. Der nächste Dienst steht unmittelbar bevor (27.06.2014 bis 04.07.2014). Es handelt sich nicht um eine Vorwegnahme der Hauptsache im Wege des Antragsverfahrens, die grundsätzlich unzulässig wäre (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, Rn 31, 33 zu § 86b).
Die Voraussetzungen für eine einstweiligen Anordnung ergeben sich aus § 86b Abs. 2 S. 2 SGG. Danach sind ein Anordnungsgrund, sowie ein Anordnungsanspruch erforderlich. Beide Voraussetzungen sind nicht separat zu betrachten, sondern stehen zueinander in Wechselwirkung. Dies bedeutet für den Fall, dass eine Hauptsacheklage offensichtlich unzulässig und unbegründet wäre, der Antrag auch dann abzulehnen wäre, wenn ein Anordnungsgrund vorhanden wäre. Falls die Hauptsacheklage als offensichtlich zulässig und offensichtlich begründet anzusehen wäre, ist gleichwohl zu prüfen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. An den Anordnungsgrund sind jedoch dann weniger strenge Anforderungen zu stellen. Bei offenem Ausgang eines Hauptsacheverfahrens ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Ein Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt in diesem Fall nur dann in Betracht, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung aller Interessen der Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, Rn 29 zu § 86b).
Nach Auffassung des Gerichts ist bei summarischer Prüfung - eine genaue Prüfung ist im Hauptsacheverfahren vorbehalten - ein Anordnungsanspruch nicht gegeben, zumindest ist ein solcher nicht offensichtlich.
Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, die den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aufgetragen ist, umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (§§ 73 Abs. 2, 75 S. 1 S. 1 und 2 SGB V). Auf dieser Rechtsgrundlage wurde die Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (BDO-KVB) erlassen, die hier in der Fassung vom 23.11.2012, in Kraft getreten am 20.04.2013 zur Anwendung kommt. In deren § 2 sind diejenigen Ärzte, medizinische Versorgungszentren aufgeführt, die zur Teilnahme an dem ärztlichen Bereitschaftsdienst verpflichtet sind. Nachdem der Antragsteller als Augenarzt mit vollem Versorgungsauftrag zugelassen ist, besteht für ihn eine entsprechende Verpflichtung (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1). Die Regelung in § 14 BDO-KVB enthält einen Befreiungstatbestand. Danach kann ein Vertragsarzt aus schwerwiegenden Gründen ganz, teilweise oder vorübergehend und zusätzlich auch befristet (§ 14 Abs. 6) vom ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit werden. Schwerwiegende Gründe liegen insbesondere in folgenden Fällen vor:
a. Der Arzt ist wegen nachgewiesener Erkrankung oder körperlicher Behinderung zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht in der Lage.
b. Die Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst ist aufgrund nachgewiesener besonderer belastender familiärer Pflichten dem Arzt nicht zuzumuten.
c ...
d ...
e. Der Arzt ist als Belegarzt tätig und an diesem Belegkrankenhaus sind weniger als sechs Belegärzte des Fachgebiets tätig. Dieser Befreiungstatbestand gilt nicht, soweit der Arzt zugleich am Fachärztlichen Bereitschaftsdienst teilnimmt.
In § 14 Abs. 2 ist bestimmt, dass ein schwerwiegender Grund nach Abs. 1 durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen ist. Des Weiteren sieht § 14 Abs. 3 vor, dass eine Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht zulässig ist, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 S. 2 a. und b. erfüllt, jedoch unvermindert oder über dem Durchschnitt der Fachgruppe vertragsärztlich tätig ist
Bei summarischer Prüfung ist zunächst rechtlich nicht zu beanstanden, dass hausärztlich tätige Vertragsärzte, die zugleich Belegärzte sind, anders als fach-ärztlich tätige Vertragsärzte grundsätzlich vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ausgenommen sind (vgl. § 14 Abs. 1 Buchst. e.). Denn bei der Festlegung von Befreiungstatbeständen ist dem Satzungsgeber ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, der von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2006, Az B 6 KA 43/05 R). Eine Ausnahme stellt das Willkürverbot des Art. 3 Grundgesetz dar. Nach Auffassung des Gerichts liegt jedoch ein sachlich einleuchtender Differenzierungsgrund vor. Wie die Antragsgegnerin zu-treffend ausführt, sind Fachärzte zu einem Großteil auch belegärztlich tätig, so dass eine Befreiung von Bereitschaftsdienst allein aus diesem Grund letztendlich zu einer Gefährdung des fachärztlichen Bereitschaftsdienstes führen würde. Davon abgesehen ist es nicht zwingend, der belegärztlichen Tätigkeit gegenüber dem Bereitschaftsdienst den Vorrang einzuräumen. Vielmehr ist der Bereitschaftsdienst immanenter Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung, während die belegärztliche Tätigkeit der stationären Versorgung zuzurechnen ist. Letztendlich ist zu berücksichtigen, dass sich der Belegarzt auch freiwillig für die Zusatztätigkeit entschieden und damit akzeptiert hat, die damit verbundenen Belastungen auf sich zu nehmen, ohne die originäre vertragsärztliche Tätigkeit zu vernachlässigen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.09.2009, Az L 5 KA 20/08).
Im Rahmen des Eilverfahrens ist ferner die Umsetzung dieser Rechtsgrundlagen in den angefochtenen Bescheiden rechtlich nicht zu beanstanden. So hat sich die Antragsgegnerin damit auseinandergesetzt, ob Befreiungstatbestände des § 14 BDO-KVB vorliegen. Wie sich aus der Formulierung "kann" in § 14 BDO-KVB ergibt, steht die Befreiung vom Bereitschaftsdienst im Ermessen der Antragsgegnerin. Ein Ermessensfehler oder gar ein Ermessensnichtgebrauch ist den Entscheidungen der Antragsgegnerin nicht zu entnehmen.
Diese geht zwar von einer nachgewiesenen Erkrankung aus, vertritt aber die Auffassung, der Antragsteller sei trotzdem noch in der Lage, die zur Versorgung erforderlichen vertragsärztlichen Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen. Damit verneint die Antragsgegnerin zumindest indirekt das Vorliegen des in § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstabe a BDO-KVB beispielhaft ("insbesondere") genannten schwerwiegenden Grundes. Nach Auffassung des Gerichts ist bereits zweifelhaft, ob eine nachgewiesene Erkrankung vorliegt. Denn das vorgelegte ärztliche Attest spricht lediglich von "altersbedingt zunehmenden Durchschlafstörungen". "Altersbedingten Beschwerden" wurde aber bereits durch Einführung der Altersgrenze (§ 2 Abs. 5 BDO-KVB) – keine Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst mit Vollendung des 62. Lebensjahres – angemessen Rechnung getragen. Insgesamt ist deshalb die Aussagekraft des ärztlichen Attestes kaum für den erforderlichen Nachweis (§ 14 Abs. 2 BDO-KVB) geeignet, der Antragsteller sei vor dieser Altersgrenze-nicht mehr in der Lage, am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass der Antragsteller nach seinen Ausführungen den Kollegen relativ selten aufsucht, mit diesem hauptsächlich in Telefonkontakt steht und sich offenbar nicht regelmäßig und gehäuft in Behandlung befindet. Selbst unter Würdigung, dass der Antragsteller selbst Arzt ist, er-scheint dies gegen den erforderlichen Schwergrad der Erkrankung zu sprechen ...
Soweit die belegärztliche Tätigkeit als Grund für die Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst angeführt wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 14 Abs. 1 BDO-KVB für fachärztlich tätige Vertragsärzte einen solchen Befreiungstatbestand nicht enthält. § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstabe e BDO-KVB bezieht sich lediglich auf hausärztlich tätige Vertragsärzte. Zwar sind die Befreiungstatbestände beispielhaft und nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung "insbesondere" ergibt. Dadurch, dass der Satzungsgeber im Rahmen seines ihm zustehenden Gestaltungsspielraums in § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstabe e zum Ausdruck bringt, dass die belegärztliche Tätigkeit bei Fachärzten nicht zu berücksichtigen ist, stellt die belegärztliche Tätigkeit trotz der beispielhaften Aufzählung keinen schwerwiegenden Grund für eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 BDO-KVB dar. Darüber hinaus ist, wie bereits betont, ein Vorrang der belegärztlichen Tätigkeit gegenüber dem Bereitschaftsdienst nicht gegeben. Abgesehen davon nimmt - legt man die Zahlen der Antragsgegnerin zu Grunde, wonach die Anzahl der Patienten zwischen null und drei pro Quartal beträgt - die belegärztliche Tätigkeit keinen solchen Umfang ein, dass es zu einer Unvereinbarkeit mit den vertragsärztlichen Pflichten, insbesondere mit dem augenärztlichen Bereitschaftsdienst kommen könnte. Dem steht allerdings der Vortrag des Antragstellers entgegen. Dort ist von wenn auch rückläufigen Cataract-Operationen (Jahr 2011: 419; Jahr 2012: 358; Jahr 2013: 343; erstes Quartal 2014:82) die Rede. Außerdem verweist der Antragsteller auf seine Zahlungen an das Klinikum A-Stadt. Im Rahmen des Antragsverfahrens - eines summarischen Verfahrens - ist es aber nicht Aufgabe des Gerichts, diese Angaben zu verifizieren. Dies kann auch dahinstehen, da der Antragsteller durch die eigens im Hinblick auf seine belegärztliche Tätigkeit genehmigte Assistentin mit einem nicht unerheblichen Tätigkeitsumfang eine deutliche Entlastung erfahren dürfte.
Unerheblich ist auch, dass nach den Angaben des Antragstellers offenbar fast ausschließlich alle Augenärzte im Bereitschaftsdienstbereich, die ebenfalls belegärztlich tätig sind, mittlerweile vom Bereitschaftsdienst befreit wurden und der Antragsteller der einzige ist, dem eine solche Befreiung bislang verweigert wurde. Eine Ungleichbehandlung und ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz ist aber nicht ersichtlich. Der Antragsteller unterstellt hier, seine Kollegen seien wegen ihrer belegärztlichen Tätigkeit vom Bereitschaftsdienst befreit worden. Wäre dies der Fall, dann wäre in der Tat zu prüfen, ob ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz vorliegt und daraus ein Anspruch auf Befreiung abzuleiten ist. Dafür, dass bei den Kollegen die belegärztliche Tätigkeit für eine Befreiung ausschlaggebend war, ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass andere schwerwiegende Gründe und anderweitige Sachverhalte vorlagen, die bei den Kollegen des Antragstellers eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst nach § 14 BDO-KVB rechtfertigten.
Ebenfalls sind andere schwerwiegende Gründe im Sinne von § 14 Abs. 1 BDO-KVB nicht ersichtlich.
Somit kommt es nicht darauf an, ob sich eine Teilnahmepflicht am Bereitschaftsdienst aus der Regelung des § 14 Abs. 3 BDO-KVB ergibt. Danach ist eine Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht zulässig , wenn der Antragsteller die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 S. 2 a. und b. erfüllt, jedoch unvermindert oder über dem Durchschnitt der Fachgruppe vertragsärztlich tätig ist Es handelt sich hierbei um eine Ausnahme von der Ausnahme der Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Auch wenn ein schwer-wiegender Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstaben a und b gegeben ist, kann dieser nicht berücksichtigt werden und führt nicht zur Befreiung vom Bereitschaftsdienst. Nachdem die Praxis des Antragstellers seit dem Quartal 1/2011 trotz der Beschäftigung einer Assistentin eine unterdurchschnittliche Fallzahl aufweist, wäre zu hinterfragen, ob wegen unverminderter vertragsärztlicher Tätigkeit eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst aus diesem Grund überhaupt nicht möglich wäre. Es trifft zu, dass die Fallzahl im Jahr 2011 zurückgegangen ist. Ein Vergleich zwischen den Jahren 2012 und 2013 zeigt einen weiteren Rückgang (2012: 219 Fälle; 2013: 5073 Fälle) in Höhe von 2,8 %. Dieser Rückgang liegt nach Auffassung des Gerichts innerhalb der normalen Schwankungsbreite, zumindest ist er nicht so erheblich. Damit ist annähernd von einer unverminderten vertragsärztlichen Tätigkeit auszugehen. Selbst, falls ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 Buchstaben a und b BDO-KVB zu bejahen wäre, wäre somit wegen unverminderter vertragsärztlicher Tätigkeit eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht möglich. Soweit der Antragsteller auf die Entwicklung seiner Honorareinkünfte hinweist, stellen diese nach Auffassung des Gerichts keinen Indikator für einen Tätigkeitsumfang dar. Denn die Einnahmen hängen von verschiedenen Faktoren ab, so auch von solchen, die von einem Arzt nicht zu beeinflussen sind, wie zum Beispiel Änderungen in der Bewertung ärztlicher Leistungen. Beispielhaft sind beim Antragsteller trotz niedrigerer Fallzahlen im Quartal 4/13 (1292 Fälle) die Honorareinkünfte mit 104.566.- EUR um circa 4000.- EUR höher als im Quartal 4/12 (1331 Fälle).
Auch hat der Antragsteller bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf eine teilweise Befreiung (Hilfsantrag) nach § 14 Abs. 1 BDO-KVB. Dass die Antragsgegnerin im Rahmen des Antragsverfahrens auch diese Möglichkeit ausschloss, erscheint nicht ermessensfehlerhaft. Denn auch hierfür müssen die Voraussetzungen der § 14 BDO-KVB vorliegen. Insofern wird auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der völligen Befreiung vom Bereitschaftsdienst Bezug genommen. Außerdem ist – soweit ersichtlich - ein entsprechender Antrag vom Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren nicht erfolgt. Auch die teilweise Befreiung vom Bereitschaftsdienst steht unter der Voraussetzung, dass diese beantragt wird.
Nach Auffassung des Gerichts spricht bei summarischer Prüfung viel dafür, dass das Hauptsacheverfahren nicht erfolgreich sein wird. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit beziehungsweise offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist allerdings nicht erkennbar.
Bei der deshalb vorzunehmenden Interessenabwägung ist das Interesse des Antragstellers an der Befreiung vom augenärztlichen Bereitschaftsdienst dem Interesse der Antragsgegnerin an der Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes, sowie dem Interesse der Allgemeinheit ebenfalls an der Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes gegenüberzustellen. Allein die Wertung des Gesetzgebers, dass der Bereitschaftsdienst immanenter Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist, macht deutlich, dass an das Interesse des Antragstellers hohe Anforderungen zu stellen sind. Nach Auffassung des Gerichts ist allein die Frequenz der Teilnahme nicht so hoch, dass eine persönliche Teilnahme dem Antragsteller unzumutbar wäre. Eine Kollision mit der belegärztlichen Tätigkeit besteht nur an vier Donnerstagen im Jahr. Darüber hinaus ist ein sogenannter Diensttausch und eine Vertretung nach § 11 BDO-KVB möglich. Auch die bisherige wochenweise Einteilung des Antragstellers zum augenärztlichen Bereitschaftsdienst ist nach den Ausführungen der Antragsgegnerin nicht zwingend. Vielmehr besteht auf Wunsch zum Beispiel die Möglichkeit, eine Dienstwoche auch auf zwei Dienstgruppenmitglieder aufzuteilen. Ein überragendes Interesse des Antragstellers ist damit nicht feststellbar.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war daher sowohl im Hauptantrag, als auf den Hilfsantrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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