L 5 RS 35/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 10 RS 1676/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 35/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Beim VEB Polygraph Kontakta Leipzig - Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum - handelte es sich weder um einen Massenproduktionsbetrieb, noch um einen gleichgestellten Betrieb, insbesondere nicht um ein Forschungsinstitut oder um ein wissenschaftliches Institut.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 3. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines zweiten Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 14. Februar 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen.

Der 1942 geborene Kläger ist nach einem Fachschulstudium in der Richtung "Sozialistische Betriebswirtschaft" mit der Fachstudienrichtung "Ökonomie des Maschinenbaus" an der Fachschule für Ökonomie P /V seit 13. Februar 1976 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen. Er war vom 1. Juni 1971 bis 30. April 1981 als wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter, Hauptabteilungsleiter sowie Abteilungsleiter Produktionsvorbereitung im volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat ORSTA-Hydraulik, vom 1. Mai 1981 bis 12. März 1982 als Bearbeiter für Grundsatzfragen im VEB Braunkohlenkombinat Bitterfeld, vom 15. März 1982 bis 24. März 1982 als Mitarbeiter für Transport und Verkehr im VEB Elguwa Leipzig, vom 25. März 1982 bis 4. Februar 1983 als Abteilungsleiter Nachfolgebereiche im VEB Gießerei- und Maschinenbau Leipzig, vom 7. Februar 1983 bis 31. Dezember 1983 als Direktor für Produktion im VEB Isofol Leipzig, vom 1. Januar 1984 bis 31. März 1990 als stellvertretender Direktor für Materialwirtschaft, Hauptdispatcher und Abteilungsleiter im VEB Polygraph Stammbetrieb Buchbindereimaschinenwerk Leipzig sowie vom 1. April 1990 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Abteilungsleiter und Beauftragter für Qualität im VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – beschäftigt. Er war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Seinen Antrag vom 31. März 2000 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach dem AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. August 2000 mit der Begründung ab, er erfülle die persönliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft nicht, weil er nicht den Titel eines Ingenieurs, sondern den eines Ingenieurökonom erlangt habe.

Seinen (ersten) Überprüfungsantrag vom 12. Januar 2001 lehnte die Beklagten mit Bescheid vom 3. September 2002 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2003 mit der Begründung ab, er sei am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen. Die hiergegen am 11. August 2003 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig nach Beiziehung von Betriebsunterlagen mit Urteil vom 30. Januar 2006 (im Verfahren S 10 RA 1060/03 ZV) abgewiesen. Die hiergegen am 14. März 2006 erhobene Berufung hat das Sächsische Landessozialgericht mit Urteil vom 19. Juni 2007 (im Verfahren L 4 R 210/06) zurückgewiesen. Die hiergegen am 1. August 2007 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 26. Februar 2008 (im Verfahren B 4 RS 87/07 B) als unzulässig verworfen.

Seinen (zweiten) Überprüfungsantrag vom 28. Dezember 2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Mai 2010 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 18. November 2010 mit der Begründung ab, die betriebliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft sei nicht erfüllt, da der Kläger am 30. Juni 1990 weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb noch in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei.

Die hiergegen am 20. Dezember 2010 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig, nach Beiziehung von Betriebsunterlagen, mit Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – sei weder ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch ein diesen Betrieben gleichgestellter Betrieb gewesen. Gegenstand des Unternehmens seien technische Leistungen für den Maschinenbau, Ausrüstungen und Leistungen der Entsorgungswirtschaft, Werbeleistungen, der Vertrieb von Verbrauchsmaterialien für die polygraphische Industrie, Serviceleistungen für Auslandsreisen und infrastrukturelle Leistungen für die Wirtschaftsförderung gewesen. Aus den Betriebsunterlagen ergebe sich, dass der Betrieb am 30. Juni 1990 nicht durch die industrielle Herstellung von Sachgütern geprägt gewesen sei und es sich bei der Vielzahl der Angebotspalette auch nicht um ein gleichgestelltes wissenschaftliches Institut oder ein Forschungsinstitut der Industrie gehandelt habe. Den Darstellungen des früheren Betriebsdirektors sei zu entnehmen, dass es sich bei dem Betrieb um eine Mischform zwischen Forschungs- und Dienstleistungsunternehmen gehandelt habe. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger, der seinen Grundwehrdienst vom 4. April 1960 bis 24. September 1961 bei der Nationalen Volksarmee im Beitrittsgebiet zurückgelegt habe, nicht der Sonderversorgungsordnung der NVA angehört habe.

Gegen den am 20. Dezember 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14. Januar 2013 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er erfülle sowohl die persönliche als auch die sachliche Voraussetzung für eine fiktive verfassungskonforme Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz. Auch die betriebliche Voraussetzung für die Beschäftigungszeiten vom 13. Februar 1976 bis 30. Juni 1990 sei erfüllt. Der Betrieb sei am 30. Juni 1990 keine leere Hülle gewesen. Der Betrieb sei ausweislich der Wirtschaftsgruppeneinstufung 62215 ein den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestelltes Institut der Industrie gewesen. Die Wirtschaftsgruppeneinstufung ergebe sich aus den eingereichten Unterlagen. Mit der Einordnung des Betriebes habe es sich um einen Verwaltungsakt der DDR gehandelt, der beweise, dass die wirtschaftsleitenden Organe der DDR diesen Betrieb als Forschungsinstitut anerkannt hätten. Die Folgerung des Sozialgerichts, dass es sich um einen Mischbetrieb mit Forschung und Entwicklung und Produktion gehandelt habe, sei falsch. Die Forschungsaufgaben des Betriebes seien unkonkret und gerichtsseitig fehlinterpretiert worden. Der Betrieb habe Forschungs- und Entwicklungsprojekte von übergeordnetem staatlichem Interesse verfolgt. Im Übrigen habe der Betrieb vertragliche Verpflichtungen mit Universitäten über die Abarbeitung von Teilforschungseinrichtungen gehabt. Im Bereich Forschung seien 89 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Dem stünden 55 Mitarbeiter in anderen Abteilungen gegenüber. Aus diesen Angaben sei zu folgern, dass die Forschung dem Betrieb das Gepräge gegeben habe. Es bestehe Übereinstimmung zwischen der Wirtschaftsgruppeneinstufung und der Geschäftstätigkeit, die dem Betrieb das Gepräge gegeben habe.

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 3. Dezember 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2010 zu verurteilen, den Bescheid vom 3. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2003 sowie den Bescheid vom 1. August 2000 zurückzunehmen und die Beschäftigungszeiten vom 14. Februar 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Mit Schriftsätzen vom 12. März 2014 und 3. April 2014 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Sozialgericht Leipzig die Klage im Ergebnis und mit zutreffender Begründung zu Recht abgewiesen hat. Der Überprüfungsablehnungsbescheid der Beklagten vom 17. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2010 ist rechtmäßig, weil mit den Ablehnungsbescheiden vom 1. August 2000 und vom 3. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2003 weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Die Ablehnungsbescheide vom 1. August 2000 und vom 3. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2003 sind vielmehr rechtmäßig, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 14. Februar 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der fiktiven Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) und auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte hat.

Hinsichtlich der Rechtsgrundlage und der Herleitung des Anspruchs auf Feststellung fingierter Zusatzversorgungsanwartschaften wird zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Leipzig im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 3. Dezember 2012 in Verbindung mit den bereits im vorangegangenen Klage- und Berufungsverfahren ergangenen Entscheidungen (Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. Juni 2007 im Verfahren L 4 R 210/06, Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 31. Januar 2006 im Verfahren S 10 RA 1060/03 ZV) Bezug und von einer weiteren Begründung Abstand genommen (§ 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Im Übrigen sind lediglich folgende Ergänzungen veranlasst:

Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum vom 14. Februar 1976 bis 30. Juni 1990 nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31), weil er am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. In diesem Zeitpunkt war er nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Die betriebliche Voraussetzung eines fingierten Anspruchs im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (DDR-GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (DDR-GBl. I Nr. 62 S. 487) ist nicht erfüllt.

Beschäftigungsbetrieb des Klägers am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990), und damit Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn – worauf es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein ankommt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 6, S. 13; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32) – war der VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum –, dessen Rechtsfähigkeit ausweislich des VEB-Registerauszugs (Nr. 110-13-2117) erst mit Wirkung vom 15. Juli 1990 erloschen war.

1. Bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Hauptzweck des Betriebes war nämlich nicht die serienmäßige Produktion von Sachgütern in den Bereichen der Industrie oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen.

Entgegen der Ansicht des Klägers unterfallen dem Geltungsbereich der VO-AVItech und der 2. DB nur die Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, deren Hauptzweck (bzw. Schwerpunkt) auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. exemplarisch: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist neben den Merkmalen "Betrieb" und "volkseigen" maßgeblich durch das weitere Merkmal "Produktion (Industrie/Bauwesen)" gekennzeichnet. Zwar sprechen die Überschrift der Versorgungsordnung, ihr Vorspann ("Präambel") und ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 1 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des Wortlauts wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiteten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nicht in jedem volkseigenen Betrieb galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem "Produktionsbetrieb" gleichgestellt wurden, wird klar, dass die Versorgungsordnung und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe erfasste. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (DDR-GBl. I Nr. 111 S. 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6, S. 43 f.). Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie u.a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 VO-AVItech und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die DDR spätestens ab den 60er-Jahren und jedenfalls am 30. Juni 1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat. Hierauf weisen § 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 (DDR-GBl. I Nr. 15 S. 129) sowie § 41 Abs. 1 1. Spiegelstrich in Verbindung mit § 41 Abs. 2 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (DDR-GBl. I Nr. 38 S. 355) hin, welche die Kombinate, Kombinatsbetriebe und die übrigen volkseigenen Betriebe in der Industrie und im Bauwesen denen aus anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. im Handel, auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft) gegenüberstellen.

Ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie liegt nur vor, wenn der von ihm verfolgte Hauptzweck auf die industrielle, massenhafte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet war (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Es muss sich also um einen "Produktionsdurchführungsbetrieb" gehandelt haben, der sein maßgebliches Gepräge durch die unmittelbare Massenproduktion von Sachgütern erhalten hat (vgl. dazu explizit aus der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24). Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens liegt nur vor, wenn ihm die Bauproduktion, mithin die unmittelbare Ausführung von Bautätigkeiten das Gepräge gegeben hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16). Industrie und Bauwesen waren in der DDR die "führenden" Produktionsbereiche (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 40). Erforderlich zur Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung ist daher, dass die unmittelbare Eigenproduktion dem Betrieb das Gepräge verliehen hat (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18 f.), wobei es sich um Massenproduktion im Sinne von massenhaftem Ausstoß standardisierter Produkte, die hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten, gehandelt haben muss (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46; BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Nach der VO-AVItech sollte nur die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen "schnelleren, planmäßigen Aufbau" der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO-AVItech). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Denn der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 35, S. 46 f.; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Betriebe hingegen, die schwerpunktmäßig Dienstleistungen für die Produktion anderer Betriebe und damit unabdingbare Vorbereitungs- oder Begleitarbeiten für den Produktionsprozess erbrachten, erhalten dadurch nicht den Charakter eines Produktionsbetriebes und erfüllen – entgegen der Meinung des Klägers – nicht die betriebliche Voraussetzung (so explizit für Rationalisierungsbetriebe: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22; so explizit für Dienstleistungsbetriebe allgemein: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5, S. 29, S. 35; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und Hilfstätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18).

Zwar handelte es sich beim VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum –, um einen Betrieb im Wirtschaftsbereich der Industrie, nicht hingegen um einen solchen, dem die industrielle Fertigung von Sachgütern in Massenproduktion nach dem fordistischen Produktionsmodell das maßgebliche Gepräge verliehen hat. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts sowohl aus den bereits im vorangegangenen Klage- und Berufungsverfahren beigezogenen Betriebsunterlagen sowie aus den beigezogenen Auskünften des ehemaligen Betriebsdirektors Dr. B , die im Verfahren des Sächsischen Landessozialgerichts L 5 RA 522/04 am 11. März 2005, 27. März 2006 und 10. April 2006 eingeholt worden sind:

Der VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – wurde mit Wirkung zum 1. Februar 1990 auf Grund der Gründungsanweisung des Generaldirektors des VEB Kombinat Polygraph "Werner Lamberz" Leipzig vom 30. Januar 1990 (Bl. 152 der Verwaltungsakte) als juristisch selbständiger Kombinatsbetrieb gegründet. Mit Eintragungsantrag des Betriebsdirektors Dr. B vom 26. Februar 1990 wurde der VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – mit Wirkung zum 1. Februar 1990 in das Register der volkseigenen Wirtschaft mit der Betriebsnummer 06980366 unter der Registernummer 110-13-2117 am 6. März 1990 eingetragen und dem Ministerium für Maschinenbau als zuständigem Staatsorgan unterstellt (Bl. 153 der Verwaltungsakte). Die Rechtsfähigkeit des VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – erlosch mit Wirkung vom 15. Juli 1990 durch Löschung von Amts wegen am 16. Juli 1990. Rechtsnachfolger des Betriebes wurde die Polygraph contacta GmbH, die mit GmbH-Vertrag vom 11. Juni 1990 gegründet (Bl. 61-64 der Gerichtsakten) und am 16. Juli 1990 im Handelsregister unter der Registernummer HRB 193 eingetragen wurde (Bl. 154 der Verwaltungsakte).

Ausweislich des Gründungsberichts der Polygraph contacta GmbH vom 21. Mai 1990 (Bl. 196-197 der Verwaltungsakte und Bl. 53-56 der Gerichtsakte) wurde der VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – durch Entflechtung von Kapazitäten des VEB Brehmer Leipzig und des VEB Steuerungs- und Anlagenbau Leipzig geschaffen, war als Forschungs- und Dienstleistungsbetrieb charakterisiert und (bereits) an das Modell marktwirtschaftlicher Profitcenter angelehnt. Die Angebotspalette des VEB wurde im Gründungsbericht wie folgt charakterisiert: 1. Herstellung und Vertrieb von Anlagen zur Aufbereitung von Industrieabfällen, wie Altöl und Bohremulsion; 2. eigenständige Durchführung von Entsorgungsleistungen der Betriebe in Leipzig und näherer Umgebung auf dem Gebiet der Altöl- und Bohremulsionsentsorgung; 3. Grundlagenforschung auf dem Gebiet des polygraphischen Maschinenbaus im Geschäftsbereich Forschung mit dem Ziel, hocheffektive Maschinensysteme mit marktbestimmenden, wesentlich verbesserten Wirkprinzipien absatzwirksam zu machen; 4. zentraler Vertrieb für Druckereibedarf und Papier im Geschäftsbereich Vertrieb; 5. Herstellung von Werbefilmen mit einem komplexen Werbeleistungsangebot als Dienstleistungsangebot im Geschäftsbereich Werbung unter Nutzung vorhandener Technik, einschließlich des Mobiliars des Messefundus und vorhandener Videotechnik; 6. organisatorische Vorbereitung von Geschäftsreisen für Betriebe des Kombinates und für andere Betriebe, insbesondere sich neu gründende Unternehmen des Territoriums, als Dienstleistungen im Geschäftsbereich Reisestelle.

Dieses Betriebsprofil geht ebenfalls aus dem Prüfbericht zur DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 der Wirtschaftsprüfergesellschaft Ernst & Young GmbH vom 25. September 1990 (Bl. 65-70 der Gerichtsakten) hervor: Danach waren Gegenstand des Unternehmens technische Leistungen für den Maschinenbau, Ausrüstungen und Leistungen der Entsorgungswirtschaft, Werbeleistungen und Vertrieb von Verbrauchsmaterialien für die polygraphische Industrie, Serviceleistungen für Auslandsreisen und infrastrukturelle Leistungen für die Wirtschaftsförderung. Dazu war das Unternehmen in fünf Geschäftsbereiche mit völlig unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen gegliedert: 1. So wickelte der Bereich Forschung/Technik, der am 1. Juli 1990 noch 89 Mitarbeiter beschäftigte, die begonnenen staatlichen Forschungsaufträge ab. Er beschäftigte sich mit Forschungs- und Entwicklungsprojekten von übergeordnetem staatlichem Interesse, die in der Vergangenheit staatlich gefördert und finanziert worden waren. Zudem hatte das Unternehmen gegenüber verschiedenen Universitäten vertraglich vereinbarte Verpflichtungen aus der Vergabe von Teilforschungsaufträgen abzuarbeiten. 2. Der Bereich Umwelttechnik (Ausrüstungen und Leistungen der Entsorgungswirtschaft) war völlig neu konzipiert, beschäftigte am 1. Juli 1990 noch 35 Mitarbeiter und musste sich erst noch einen entsprechenden Markt erschließen. 3. Auch der Geschäftsbereich Vertrieb von Verbrauchsmaterialien für die polygraphische Industrie, ausgestattet mit sechs Mitarbeitern, musste erst ein Vertriebsnetz aufbauen und sich am Markt behaupten. Vertragsverhandlungen waren geführt und konkrete Vertragsabschlüsse wurden für die Herbstmesse 1990 erwartet. 4. Der Geschäftsbereich Werbung konzentrierte sich auf die Vermarktung von eigengefertigten Videofilmen und die Gestaltung von Messen. Er umfasste 14 Mitarbeiter. 5. Und schließlich bot der Bereich Reisestelle die organisatorische Vorbereitung von Geschäftsreisen an. Er war von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung.

Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 in keiner Weise durch die industrielle Herstellung von Sachgütern oder die unmittelbare massenweise Produktionsdurchführung geprägt war. Vielmehr handelte es sich um einen (kombinierten) Forschungs- und Dienstleistungsbetrieb, der eine vielfältige Angebotspalette vorhielt und – neben Produkten, wie sie beispielsweise in verschiedenen Produktinformationsblättern des Betriebes zum "Druckplattenmessgerät dpm" oder "Schmitzring-Anpresskraft-Messgerät conpress" (Bl. 212-216 der Verwaltungsakte) beschrieben sind – vielfältige ingenieurtechnische Dienstleistungen erbrachte. Als solche wurden konkret in den Produktinformationsblättern des VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – benannt: - mess- und verfahrenstechnische Untersuchungen zur Qualitätssicherung, - Computerberechnungen an Maschinenelementen und Baugruppen zur Bauteildimensionierung und Bauteiloptimierung, - schwingungstechnische Untersuchungen zur vorbeugenden Instandhaltung, - Geräuschuntersuchungen zur Klassifizierung und zur Erarbeitung von Lärmminderungsmaßnahmen für Maschinen, Arbeitsplätze und Räume sowie - Informationsleistungen vom Informationscenter graphisches Gewerbe.

Das sich aus den Betriebsunterlagen ergebende Leistungsprofil des Betriebes wird unterlegt durch die schriftlichen Auskünfte des ehemaligen Betriebsdirektors des Betriebes, Dr. B , vom 11. März 2005 (Bl. 251 mit Rückseite der Verwaltungsakte), 27. März 2006 (Bl. 252 mit Rückseite der Verwaltungsakte) und 10. April 2006 (Bl. 253 mit Rückseite der Verwaltungsakte), die im Verfahren des Sächsischen Landessozialgerichts L 5 RA 522/04 eingeholt worden sind. Dr. B gab an, dass der Betrieb dem Bereich des polygraphischen Maschinenbaus zugehörig war, dem Ministerium für Werkzeug- und Verarbeitungsmaschinenbau untergeordnet war und das Ziel verfolgte, mit den aus der Kombinatsleitung ausgegliederten Mitarbeitern als selbstständiger Betrieb marktfähige Teilbereiche entsprechend den Fachkenntnissen der ausgegliederten und in der Kombinatsleitung nicht mehr benötigten Mitarbeiter zu erschließen. Inhalte der Betriebstätigkeit waren dabei: 1. die Entwicklung und der Bau polygraphischer Maschinen (entspricht dem aus den Betriebsunterlagen hervorgehendem Geschäftsbereich Forschung/Technik), 2. die Planung und Entwicklung umweltgerechter Entsorgungssysteme (entspricht dem aus den Betriebsunterlagen hervorgehenden Geschäftsbereich Umwelttechnik), 3. der Werbebau und die Gestaltung von Messen (entspricht dem aus den Betriebsunterlagen hervorgehenden Geschäftsbereich Werbung), 4. das Reisebüro (entspricht dem aus den Betriebsunterlagen hervorgehenden Geschäftsbereich Reisestelle) und 5. die Beratungsgruppen (entspricht vermutlich dem aus den Betriebsunterlagen hervorgehenden Geschäftsbereich Vertrieb von Verbrauchsmaterialien). Als Hauptzwecke des Betriebes beschrieb Dr. B die Entwicklung und Erprobung mit etwa 45 Prozent der Betriebstätigkeit sowie die Herstellung (ebenfalls mit 45 Prozent der Betriebstätigkeit) und den Verkauf (mit etwa vier bis sechs Prozent der Betriebstätigkeit) von Maschinen, insbesondere von Maschinen für die polygraphische Industrie, für Druckereien und für die Druckereivorbereitung, ferner von Maschinen und Geräten für die Abfallentsorgung im festen und flüssigen Zustand. Die "unorthodoxe Kombination" der Erzeugnisse bzw. Betätigungsfelder folgte dabei aus dem Umstand, dass der Betrieb aus Mitarbeitern zusammengesetzt war, die unterschiedliche Fachkenntnisse hatten und aus der Kombinatsleitung ausgegliedert wurden.

Insgesamt wird damit deutlich, dass der Betrieb zwar auch Produkte hergestellt hat, ihm diese Herstellung aber nicht das maßgebliche Gepräge verliehen hat. Vielmehr handelte es sich um einen (kombinierten) Forschungs- und Dienstleistungsbetrieb mit einer Vielfalt an Leistungen im Bereich Forschung, Technik, Umwelttechnik, Vertrieb und Werbung.

Soweit in der rentenberatenden Literatur zum Teil ausgeführt wird, der Sprachgebrauch der DDR habe am 30. Juni 1990 unter den Begriff der Produktion sämtliche Tätigkeiten im Rahmen des Produktionsprozesses subsumiert, so dass es nur auf den Begriff der Produktion an sich ankomme, wozu auch die Erbringung von produktiven/materiellen Leistungen zähle (vgl. dazu explizit: Lindner, "Das Märchen von der Massenproduktion", RV [= Die Rentenversicherung] 2012, 107-115; im Ergebnis ebenso: Schmidt, "Technische Intelligenz: Die widersprüchliche Rechtsprechung des BSG zum Produktionsbegriff bei der betrieblichen Voraussetzung für die Rechtsanwendung des AAÜG", RV 2011, 141, 144), trifft dies zum einen ausweislich der vorherigen Erörterungen nicht zu. Und zum anderen würde dies im vorliegenden Zusammenhang, träfen die Ausführungen zu, zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen. Denn selbst wenn der ökonomische Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 den Produktionsbegriff in einem weiten oder erweiterten Sinn verstanden haben sollte, kann dieser nicht zu Grunde gelegt werden, weil er von der Versorgungsordnung nicht inkorporiert worden ist. Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb ergibt sich nach Auffassung des BSG aus einem Umkehrschluss zu § 1 Abs. 1 der 2. DB, weil anderenfalls die Gleichstellung nicht produzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre. Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb musste auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Das BSG setzt industriell und serienmäßig wiederkehrend ausdrücklich gleich (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das BSG unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40, S. 46 f.). Daher ist für die Zuordnung zu den Produktionsbetrieben weder auf die tatsächliche Handhabung durch die Organe und Betriebe der DDR, noch auf ein weites ökonomisches Verständnis in ökonomischen Kompendien der DDR, sondern auf den staatlichen Sprachgebrauch abzustellen, wie er sich aus den einschlägigen Verordnungen der DDR zum Bereich der volkseigenen Betriebe erschließt; diesbezüglich wird nochmals auf die oben eingangs ausführlich dargelegten leitenden Grundlinien zur Interpretation des Begriffs "Produktionsbetrieb" verwiesen. Deshalb waren volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie nur solche, die – neben etwaigen anderen Aufgaben – durch eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen im Sinne des fordistischen Produktionsmodells bzw. im Sinne der standardisierten und automatisierten industriellen Massenproduktion (Produktionsdurchführungsbetrieb) ihr Gepräge erhalten haben. Somit kann nicht einem Produktionsbegriff in einem weit verstandenen Sinne gefolgt werden. Diese Wertung, dass unter Produktion die Erbringung von produktiven/materiellen Leistungen verstanden worden sei, mag zwar dem in der DDR vielfach üblichen und aus den Bekundungen des Klägers erkennbar hervorgehenden, offen praktizierten Sprachgebrauch entsprochen haben, wird jedoch dem nach der – bereits angeführten – höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgeblichen Auslegungskriterium, nämlich dem aus den Verordnungen ersichtlichen staatlichen Sprachgebrauch, nicht gerecht. Dass das danach erforderliche fordistische Produktionsmodell bzw. die standardisierte und automatisierte industriellen Massenproduktion später nicht mehr tragend gewesen sei, da es im Verlauf der DDR-Geschichte immer wieder veränderte Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik gegeben habe, wie der Kläger-Prozessbevollmächtigte sinngemäß ausführt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn, dass die nach der Rechtsprechung für die Auslegung maßgeblichen Regelungen der zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der AVItech, die sich aus den Texten der VO-AVItech und der 2. DB ergeben, bzw. die für ihr Verständnis maßgeblichen DDR-Verordnungen zum Bereich der volkseigenen Betriebe den immer wieder veränderten Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik angeglichen worden seien, ist nicht ersichtlich, insbesondere im Hinblick auf die seit ihrem Erlass unverändert gebliebene VO-AVItech und die 2. DB (BSG, Beschluss vom 22. Juni 2010 - B 5 RS 94/09 B - JURIS-Dokument RdNr. 12). Von Belang sind allein die Entwicklungen des versorgungsrechtlichen Sprachgebrauchs (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21).

2. Beim Beschäftigungsbetrieb des Klägers handelte es sich auch nicht um einen, den volkseigenen Produktionsbetrieben in den Bereichen Industrie oder Bauwesen, gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde nicht in der Regierungsverordnung getroffen, sondern der Durchführungsbestimmung überantwortet (vgl. § 5 VO-AVItech). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den volkeigenen Betrieben gleichgestellt: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

Der VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden, da Wissenschafts- und Dienstleistungszentren der polygraphischen Industrie nicht aufgeführt sind. Eine Einbeziehung dieser Betriebe hätte nur erfolgen können, wenn die nach § 5 VO-AVItech ermächtigten Ministerien die Regelung in § 1 Abs. 2 der 2. DB dahingehend ergänzt hätten. Das ist nicht der Fall.

Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es bei seinem ehemaligen Beschäftigungsbetrieb nicht um ein Forschungsinstitut oder ein wissenschaftliches Institut:

Ausgangspunkt zur Bestimmung des inhaltlichen Anwendungsbereichs der gleichgestellten Betriebe "Forschungsinstitut" und "wissenschaftliches Institut" ist zunächst, dass in der DDR zwischen thematisch "freier" Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an den, dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen unterstellten Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen einerseits (vgl. dazu: Verordnung über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter vom 25. Februar 1970 [DDR-GBl. II Nr. 26 S. 189]; Verordnung über die Leitung, Planung und Finanzierung der Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an den Universitäten und Hochschulen - Forschungs-VO - vom 23. August 1972 [DDR-GBl. II Nr. 53 S. 589]) und zweck- beziehungsweise betriebsbezogener Forschung an staatlichen Einrichtungen und an den Wirtschaftseinheiten andererseits unterschieden wurde. Organisatorisch wurde damit zwischen der Lösung von Forschungsaufgaben auf der Ebene der Betriebe, Kombinate, Industriezweige und Ministerien einerseits und auf der Ebene der Akademien und Hochschulen andererseits unterschieden (vgl. Ökonomisches Lexikon A-G, 3. Auflage 1977, zum Stichwort "Forschungsorganisation, sozialistische" auf S. 676). Damit können unter den Begriff des Forschungsinstituts im Rahmen der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nur diejenigen Einrichtungen gefasst werden, deren Aufgabenschwerpunkt und Hauptzweck in der zweck- und betriebsbezogenen (wissenschaftlichen) Forschung (und Entwicklung) lag (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Beschluss vom 5. Mai 2009 - B 13 RS 1/09 B - JURIS-Dokument, RdNr. 9; ähnlich zur Abgrenzung des Begriffs des Forschungsinstituts zu dem im Rahmen der Zusatzversorgung der wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Intelligenz verwandten: BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 40/04 R - SozR 4-8570 § 5 AAÜG Nr. 5, S. 21, S. 25 f. - JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 62/01 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 56/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 4, S. 24, S. 28 = JURIS-Dokument, RdNr. 16). Eine vergleichbare organisatorische Unterscheidung der unterschiedlichen Forschungseinrichtungen findet sich bereits in der – in engem zeitlichem Zusammenhang mit der VO-AVItech erlassenen – Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz vom 16. März 1950 (DDR-GBl. I Nr. 28 S. 185). In Abschnitt I § 1 Abs. 4 dieser Verordnung wird eine Unterscheidung zwischen der Deutschen Akademie der Wissenschaften und den Universitäten einerseits und neuen Forschungsinstituten als für die Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes erforderlichen wissenschaftlichen Einrichtungen andererseits vorgenommen. Ausdrücklich aufgeführt werden in diesem Zusammenhang die Forschungsinstitute für Eisen und Metall, für Nichteisenmetalle, für magnetische Werkstoffe, für Baustoffe, für Wärmetechnik und für Schweißtechnik, die Institute für angewandte Silikatforschung, für Katalyseforschung und für Strahlungsquellen sowie das Zentrallaboratorium für Fernmeldetechnik. In der Folgezeit ergingen, in Durchführung des Abschnitts I § 1 Abs. 4 der Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz vom 16. März 1950, unter anderem Anordnungen über die Errichtung - des Forschungsinstituts für Baustoffe vom 3. Oktober 1951 (DDR-MBl. Nr. 30 S. 117), - des Instituts für angewandte Silikatforschung vom 3. Oktober 1951 (DDR-MBl. Nr. 30 S. 117), - des Zentralinstituts für Schweißtechnik (ZIS) vom 29. November 1951 (DDR-MBl. Nr. 37 S. 133) und - des Forschungsinstituts für Nichteisenmetalle (NE-Metalle) vom 31. Dezember 1951 (DDR-MBl. 1952 Nr. 6 S. 15) sowie ferner (exemplarisch) Anordnungen über die Errichtung - des Forschungsinstituts für Textiltechnologie vom 4. Januar 1952 (DDR-MBl. Nr. 7 S. 17), - des Instituts für Holztechnologie und Faserbaustoffe vom 22. Januar 1952 (DDR-MBl. Nr. 7 S. 17), - des Forschungsinstituts für bildsame Formung der Metalle vom 30. Dezember 1952 (DDR-ZBl. Nr. 1 S. 2), - des Forschungsinstituts für Aufbereitung vom 30. Juni 1954 (DDR-ZBl. Nr. 27 S. 294) und - des Forschungsinstituts für die Kühl- und Gefrierwirtschaft vom 8. Januar 1957 (DDR-GBl. II Nr. 5 S. 39).

Den genannten Forschungsinstituten (und wissenschaftlichen Instituten), die betriebs- und zweckbezogene Forschung betrieben, war ausweislich der jeweiligen Anordnungen und Statuten in organisatorischer Hinsicht gemein, dass die Leitung durch einen Direktor erfolgte, der Wissenschaftler sein musste, und dass zu dessen Unterstützung und Beratung jeweils ein Kuratorium oder Forschungsbeirat gebildet wurde, dem regelmäßig unter anderem Vertreter mehrerer Fachministerien angehörten. Dies lässt darauf schließen, dass es sich nach dem Sprachgebrauch der DDR bei dem Begriff des Instituts (und damit auch des Forschungsinstituts) – ähnlich dem des volkseigenen Betriebes – um eine formal-juristische Bezeichnung für eine spezifische organisatorische Einheit handelte. Es wurde hinsichtlich der Lösung von Forschungsaufgaben unter anderem unterschieden zwischen Forschungsinstituten einerseits und den produzierenden Bereichen (Kombinaten) andererseits (vgl. Wörterbuch der Ökonomie Sozialismus, Berlin 1989, zum Stichwort "Forschungspotential" auf S. 296).

Ein Institut und damit ein Forschungsinstitut in dem beschriebenen Sinne war der VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – nicht. Es ist weder ersichtlich, dass der Betriebsdirektor zwingend ein Wissenschaftler sein musste, noch, dass den Betrieb ein Kuratorium oder Forschungsbeirat, dem Vertreter verschiedener Fachministerien angehörten, unterstützt und beraten hat.

Darüber hinaus ergibt sich aus den Betriebsunterlagen sowie den schriftlichen Auskünften des ehemaligen Betriebsdirektors Dr. B , dass es sich beim VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – wegen der – bereits zuvor dargelegten – Vielfalt der Angebots- und Produktpalette sowie der verschiedenen Dienstleistungen nicht um eine selbständige Einrichtung der Wirtschaft gehandelt hat, deren Hauptzweck auf die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung und Entwicklung ausgerichtet war.

Soweit der Kläger darauf abstellt, aus den Betriebsunterlagen sei ersichtlich, dass der Betrieb mit der überwiegenden Anzahl der Mitarbeiter, nämlich 89, im Bereich der Forschung tätig gewesen sei, während dessen lediglich 55 Mitarbeiter in den anderen Bereichen des Betriebes tätig gewesen seien, trifft dies zwar quantitativ zu. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht das quantitative Mitarbeiterverhältnis entscheidend, sondern der qualitative Schwerpunkt der jeweiligen Betriebstätigkeit. Denn von der bloßen Kopfzahl der Beschäftigten kann weder stets noch automatisch auf ein entsprechendes Arbeitsvolumen und einen entsprechenden Anteil an der Wirtschöpfung geschlossen werden (so deutlich und aktuell: BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26). Der ehemalige Betriebsdirektor des Betriebes Dr. B hatte in seiner schriftlichen Auskunft vom 10. April 2006 (Bl. 253 Rückseite der Verwaltungsakte) ausgeführt, dass lediglich etwa 45 Prozent der Gesamttätigkeit des Betriebes auf die Bereiche Entwicklung und Erprobung entfielen, während dessen gleichrangig weitere etwa 45 Prozent der Gesamttätigkeit des Betriebes im Bereich Herstellung lagen. Eine hauptsächlich, also dem Schwerpunkt nach verrichtete, Forschungs- und Entwicklungstätigkeit lässt sich auch den übrigen Betriebsunterlagen nicht entnehmen. Dagegen spricht – wie bereits dargelegt –, dass Gegenstand des VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – technische Leistungen für den Maschinenbau, Ausrüstungen und Leistungen der Entsorgungswirtschaft, Werbeleistungen, der Vertrieb von Verbrauchsmaterialien für die polygraphische Industrie, Serviceleistungen für Auslandsreisen und infrastrukturelle Leistungen für die Wirtschaftsförderung waren. Dazu war das Unternehmen in fünf Geschäftsbereiche mit völlig unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen gegliedert, woraus der besondere Charakter des Betriebes in der Variante der Mischform zwischen Forschungs- und Dienstleistungsunternehmen folgte.

Bestätigt wird der Mischcharakter des Betriebes durch die unentschlossene Einordnung, quasi der vom ehemaligen Betriebsdirektor so bezeichneten "unorthodoxen Kombination" des Betriebsprofils folgend (= schriftliche Auskunft vom 27. März 2006, Bl. 252 Rückseite der Verwaltungsakte), des VEB Polygraph Kontakta Leipzig – Wissenschafts- und Dienstleistungszentrum – in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR: Während das Bundesarchiv in den beigezogenen schriftlichen Auskünften vom 23. Februar 2005 (Bl. 48 der Gerichtsakte) und vom 4. Oktober 2005 (Bl. 218 der Verwaltungsakte) jeweils mitteilte, der konkrete unter der Betriebsnummer 06980366 registrierte Betrieb wurde in der Wirtschaftsgruppe 62215 (Institute der Industrie) geführt, identifizierte sich der – ebenfalls unter der konkreten Betriebsnummer 06980366 registrierte – Betrieb im Wirtschafts- und Statistikleben der DDR, ausweislich der vorliegenden Bilanz zum 31. Mai 1990 (Formblatt 069, Bl. 50 Rückseite der Gerichtsakte sowie Bl. 250 der Verwaltungsakte) selbst mit der Wirtschaftsgruppe 15448 (Polygraphiemaschinenbau – Bau von sonstigen polygraphischen Maschinen). Daraus wird deutlich, dass im vorliegenden Fall die Einordnung des Beschäftigungsbetriebes nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR ambivalent erfolgte und damit kein zusätzliches Indiz zur Bewertung der Haupttätigkeit des Beschäftigungsbetriebes darstellt.

Um das Analogieverbot, das aus den Neueinbeziehungsverboten in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 Einigungsvertrag) und dem Einigungsvertrag (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Satz 1 Halbsatz 2 zum Einigungsvertrag) folgt, nicht zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts "strikt am Wortlaut zu orientieren" (so zuletzt nachdrücklich: BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 13 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, RdNr. 14; ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R- JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R- JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R- JURIS-Dokument, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R- JURIS-Dokument, RdNr. 32; im Übrigen zuvor so bereits: BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Für die Antwort darauf, ob das Versorgungsrecht – aus welchen Gründen auch immer – bestimmte Betriebsgruppen einbezogen oder nicht einbezogen hat, kann nur auf die sprachlich abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihrer Durchführungsbestimmungen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 42/01 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27).

Eine Erweiterung des Kreises der gleichgestellten Betriebe ist daher nicht möglich. Zum einen ist nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 der 2. DB die Aufzählung der dort genannten Betriebe abschließend. Zum anderen ist eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 geltenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR, auch soweit sie willkürlich gewesen sein sollten, durch die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt nicht zulässig, worauf das BSG wiederholt hingewiesen hat (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 S. 68). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die in nunmehr ständiger Rechtsprechung des BSG aufgestellten Grundsätze im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht beanstandet (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 - NVwZ 2006, 449 und vom 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - NVwZ 2005, 81). Nach Auffassung des BVerfG ist es zulässig, dass sich das BSG am Wortlaut der Versorgungsordnung orientiert und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der DDR anknüpft.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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