L 5 KR 304/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 4386/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 304/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt Krankengeld über den 08.12.2013 hinaus.

Der 1953 geborene Antragsteller arbeitete in den vergangenen Jahren auf der Grundlage von Saisonarbeitsverhältnissen in der Schweiz als Tischler und pendelte zwischen der Schweiz und Portugal, wo seine Familie lebt. Im Jahr 2012 besuchte er Freunde auf einem Campingplatz und beantragte - nachdem ihm das Geld ausgegangen war - im Mai 2013 Arbeitslosengeld I, was ihm mit Bescheid der Agentur für Arbeit K.-R. vom 08.07.2013 ab 06.05.2013 bis 17.08.2013 in Höhe von täglich 41,32 EUR bewilligt wurde. Auch zuvor hatte der Antragsteller (im Juli, August 2012) Arbeitslosengeld I bezogen.

Der Allgemeinarzt Dr. T. bescheinigte dem Antragsteller erstmals Arbeitsunfähigkeit ab 10.07.2013. Weitere (in den Verwaltungsakten vorliegende) Auszahlungsscheine für Krankengeld stellte Dr. T. unter dem 16.09.2013, 30.09.2013, 14.10.2013, 11.11.2013, 02.12.2013, 16.12.2013, 07.01.2014, 03.02.2014, 17.02.2014, 10.03.2014 und 24.03.2014 aus; als Diagnose ist "wie bisher" bzw. "bekannt" angegeben.

Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller (der - so Aktenvermerk der Antragsgegnerin vom 15.08.2013 - "lieber Krankengeld statt Hartz IV" haben wolle) nach Beendigung der Leistungsfortzahlung durch die Arbeitsverwaltung (zunächst - bis 08.12.2013) Krankengeld (täglich 41,18 EUR).

Die Antragsgegnerin befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK).

Im (nach Untersuchung des Antragstellers angefertigten) MDK-Gutachten vom 06.09.2013 führte Dr. P. aus, der Antragsteller leide an einer obstruktiven Bronchitis, COPD. Es lägen nachvollziehbar Fähigkeitsstörungen vor, die Arbeitsunfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt aktuell begründen würden (Dyspnoe bei geringer Belastung, ausgeprägter produktiver Husten); die Zweifel der Antragsgegnerin an der Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers seien nicht begründet. Unter der eingeleiteten Facharztbehandlung sei bereits eine Besserung eingetreten. Grundsätzlich sei die Erwerbsprognose als positiv einzuschätzen. Derzeit bestehe weiter Arbeitsunfähigkeit. Es werde Wiedervorlage mit aktuellem lungenfachärztlichem Befundbericht, Facharztanfrage ca. in der 38./39. Kalenderwoche empfohlen.

Im MDK-Gutachten vom 17.09.2013 führte Dr. W. aus, der Antragsteller leide an rezidivierenden Hustenanfällen bei COPD, Eosinophilie, V. a. hyperreagibles Bronchialsystem. Er sei offenbar seit 06.05.2013 arbeitslos. Mit dem behandelnden Facharzt Dr. K. (Pulmologe) sei ein ausführliches Telefonat geführt worden. Anhand der vorliegenden Unterlagen sei weitere Arbeitsunfähigkeit medizinisch nachvollziehbar begründet. Die eingeleitete ambulante Facharztbehandlung sei noch nicht abgeschlossen und müsse abgewartet werden. Ein valides Leistungsbild auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege derzeit noch nicht vor. Die Erwerbsfähigkeit sei derzeit nicht erheblich gefährdet.

Dr. T. gab unter dem 20.10.2013 auf Nachfrage der Antragsgegnerin an, beim Antragsteller liege eine COPD vor; deswegen finde eine weitere medikamentöse Therapie statt. Der Antragsteller werde von (dem Pulmologen) Dr. K. (mit-)behandelt. Es bestehe bzw. drohe eine Erwerbsminderung. Aktuelle Facharztberichte lägen ihm nicht vor.

Nachdem der MDK (Dr. d. R.) auf Nachfrage der Antragsgegnerin vom 18.11.2013 weiteren Ermittlungsbedarf angenommen hatte, suchte ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin Dr. K. am 20.11.2013 auf und händigte diesem die Befundanfrage von Dr. d. R. aus. Befundunterlagen des Dr. K. sind daraufhin aber weder der Antragsgegnerin noch dem MDK vorgelegt worden.

Mit Bescheid vom 03.12.2013 stellte die Antragsgegnerin die Zahlung von Krankengeld zum 08.12.2013 ein. Aus den vorliegenden Unterlagen ergäben sich keine nachvollziehbaren Gründe für eine weitere Arbeitsunfähigkeit. Krankengeld sei eine Lohnersatzleistung und diene nicht der Verlängerung von Sozialleistungen der Arbeitsverwaltung. Falls weiterhin Arbeitsunfähigkeit vorliegen sollte, möge sich der Antragsteller mit ihr in Verbindung setzen. Man könne nur einer begründeten Arbeitsunfähigkeit zustimmen; eine ausführliche ärztliche Begründung wäre daher sinnvoll.

Am 09.12.2013 hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt; sein Hausarzt habe das weitere Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit telefonisch bestätigt.

Am 17.12.2013 suchte der Antragsteller beim Sozialgericht Karlsruhe um vorläufigen Rechtsschutz nach. Er sei auf die Fortzahlung von Krankengeld über den 08.12.2013 hinaus zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen.

Die Antragsgegnerin trug vor, sie habe den MDK befragt, da zu den vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen keinerlei ärztliche Befunde vorgelegen hätten. Nachdem auch auf Nachfrage bei behandelnden Ärzten (auch durch den MDK) Befundunterlagen nicht vorgelegt worden seien, habe sie die Krankengeldzahlung zum 08.12.2013 eingestellt. Nach wie vor seien - ungeachtet des entsprechenden Hinweises im Bescheid vom 03.12.2013 und ihrer hierauf gerichteten Bemühungen bzw. Anfragen - ärztliche Stellungnahmen oder Befunde zur Erkrankung des Antragstellers weder ihr noch dem MDK vorgelegt worden. Das weitere Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit könne daher nicht festgestellt werden. An die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bzw. Auszahlungsscheine für Krankengeld des Dr. T. (zuletzt) vom 16.12.2013 sei sie nicht gebunden; diesen komme (nur) die Eigenschaft einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -). Die Auszahlungsscheine (ab September 2013) seien auch nicht vom behandelnden Facharzt (Dr. K.), sondern vom Hausarzt des Antragstellers (Dr. T.) ausgestellt worden; diesem lägen nach eigenen Angaben aber ebenfalls keine Facharztberichte vor. Ohne entsprechende (Facharzt-)Berichte bzw. konkrete Befunde sei eine sozialmedizinische Prüfung (durch den MDK) nicht möglich. Hätte der Antragsteller dem MDK über seine behandelnden Ärzte, was ihm zumutbar sei, Befundunterlagen zukommen lassen, hätte man kurzfristig eine Überprüfung veranlassen bzw. über die Weiterzahlung von Krankengeld entscheiden können. Da der Antragsteller insoweit offenbar nichts unternommen habe, fehle es auch am Anordnungsgrund. Der MDK habe im Übrigen bereits im September 2013 eine Besserung durch die aufgenommene Facharztbehandlung festgestellt. Schließlich könnten Leistungen für die Zeit vor Rechtshängigkeit des vorläufigen Rechtsschutzantrags nicht zugesprochen werden.

Mit Beschluss vom 30.12.2013 lehnte das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Zur Begründung führte es aus, nach Maßgabe der verfügbaren Beweismittel sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller über den 08.12.2013 hinaus arbeitsunfähig sei. Die Beweislast für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit trage der Versicherte. Die Ausstellung einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirke keine Beweiserleichterung oder Beweislastumkehr. Auf den Auszahlungsscheinen für Krankengeld des Dr. T. vom 02.12.2013 und 16.12.2013 sei als Diagnose "bekannt" bzw. "wie bisher" angegeben. Das könne darauf hindeuten, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers nach Auffassung des Dr. T. nicht wesentlich gebessert habe. Allerdings erscheine es fraglich, ob Dr. T. dies hinreichend sicher beurteilen könne, nachdem er der Antragsgegnerin unter dem 20.10.2013 mitgeteilt habe, die Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers beruhe auf einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, jedoch lägen ihm aktuelle Facharztberichte (des Dr. K.) nicht vor. Daher habe der MDK nachvollziehbar weiteren Ermittlungsbedarf gesehen. Trotz weiterer Anfragen vom 14.10.2013 und 20.11.2013 habe Dr. K. Arztunterlagen nicht vorgelegt. Für die Zeit ab Mitte November 2013 gebe es keinerlei Arztunterlagen, die einen Rückschluss auf den Gesundheitszustand des Antragstellers (für die streitige Zeit ab 08.12.2013) zuließen. Auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren habe der Antragsteller Arztunterlagen nicht beigebracht.

Auf den ihm am 07.01.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 17.01.2014 Beschwerde eingelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2014 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 03.12.2013 zurück. Am 25.03.2014 hat der Antragsteller Klage beim Sozialgericht erhoben (Verfahren S 2 KR 1058/14), über die noch nicht entschieden ist.

Vor Erlass des Widerspruchsbescheids wurde erneut der MDK befragt. In einer (der Vorberatung dienenden) MDK-Stellungnahme vom 13.01.2014 führte Dr. P. aus, Arbeitsunfähigkeit liege nicht vor. Der Antragsteller könne leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr (unter qualitativen Einschränkungen) verrichten. Dr. P. lag ein an Dr. T. gerichteter Arztbrief des Lungenarztes Dr. K. vom 12.12.2013 (im MDK-Gutachten offenbar irrtümlich mit dem Datum des 20.12.2013 bezeichnet) vor. Darin ist (u.a.) die Diagnose COPD mit starkem Lungenemphysem, rezidivierende Infektexacerbationen mit Pertussis-Infekt im September 2013 festgehalten.

Im MDK-Gutachten vom 22.01.2014 führte Dr. P. aus, beim Antragsteller seien ein COPD mit Lungenemphysem und extrinsic asthma sowie normale Sauerstoffsättigung zu diagnostizieren. Bereits am 13.01.2014 sei ein Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, zeitweise gehend und stehend, ohne Einschränkung bezüglich Arbeitsorganisation (unter Ausschluss von Nässe, Zugluft, extrem schwankenden Temperaturen, inhalativen Belastungen, Allergenen, überwiegende Tätigkeit im Freien) über 6 Stunden täglich und mehr festgestellt worden. Anhand der vorliegenden Befunde (des Dr. K.) werde das vorstehend dargestellte Leistungsbild bestätigt. Die bis zum Eintritt von Arbeitslosigkeit ausgeübte Tätigkeit als Schreiner auf Baustellen sei indessen nicht leidensgerecht.

Der Antragsteller hat geltend gemacht, entgegen der Auffassung des MDK könne er wegen seiner COPD-Erkrankung und Allergien und darauf beruhender Erstickungsanfälle einer geregelten Arbeit nicht nachgehen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.12.2013 aufzuheben und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Krankengeld ab dem 17.12.2013 weiter zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

Der Antragsteller hat abschließend ein Attest des Dr. T. vom 23.02.2014 vorgelegt. Darin ist u.a. ausgeführt, bei anamnestisch starkem Husten und erheblicher Atemnot (laborchemisch keine Auffälligkeiten) bei geringsten körperlichen Belastungen sei eine fachärztliche pulmologische Mitbehandlung empfohlen worden. Diese habe die Diagnose einer chronischen Emphysembronchitis und eines Asthma bronchiale ergeben. Unter der derzeitigen Therapie könne der Antragsteller seinen Alltag zufriedenstellend bewältigen, körperliche Anstrengungen führten jedoch sofort zu erheblichen Atemnotzuständen. Der Antragsteller sei auf Grund der bestehenden Lungenerkrankung auf Dauer arbeitsunfähig; eine vorzeitige Berentung sei zu erwägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 172 ff. SGG statthaft, insbesondere nicht gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

1.) Vorläufiger Rechtsschutz ist vorliegend gem. § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers (vorläufig) gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie (vorläufig) erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.

Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzen könnte. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde. Schließlich kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine vorläufige Regelung getroffen und dem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, gewährt werden, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Auch in solchen Fällen ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung freilich möglich, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist (zu alledem etwa Puttler, in NK-VwGO § 123 Rdnr. 94 ff.; Kopp/Schenke, VwGO § 123 Rdnr.12 ff. m.N. zur Rechtsprechung).

Hinsichtlich des Umfangs der Ermittlungen sind - unbeschadet der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - der Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und das Risiko einer etwaigen Abweichung von der künftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Prüfungsdichte des Gerichts. Regelmäßig genügt danach eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Grundlage unstreitiger oder glaubhaft gemachter Tatsachen bzw. auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten oder in angemessener Zeit erreichbaren Beweismittel. Drohen besonders schwerwiegende Eingriffe in grundrechtlich geschützte Güter, die nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können, ist eine besonders eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, wenn möglich eine Vollprüfung, geboten. Geht es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung ist eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ausgeschlossen und eine abschließende Prüfung notwendig. Kommt das in solchen Fällen aus Zeitgründen im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfahrens nicht in Betracht, ist eine Folgenbetrachtung unter umfassender Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Güter des Antragstellers und der diesen drohenden Beeinträchtigungen ausschlaggebend. Das Gericht muss sich dabei schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.2.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 9.8.2011, - L 5 KR 2470/11 -).

2.) Grundlage eines Anordnungsanspruchs i. S. d. § 86b Abs. 2 SGG ist § 44 SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden.

Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs, außerhalb von Krankenhausbehandlungen oder von Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung also der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; vgl. auch BSG, Urt. v. 10.5.2012, - B 1 KR 19/11 R - und - B 1 KR 20/11 R -).

Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V sind Personen versicherungspflichtig zur Krankenversicherung der Arbeitslosen, die Arbeitslosengeld I beziehen, die also erst nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses und nach der Arbeitslosmeldung ohne den Bezug von Krankengeld arbeitsunfähig werden. Sie sind arbeitsunfähig i. S. d. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann, wenn sie auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage sind, Arbeiten zu verrichten, für die sie sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung in Arbeit zur Verfügung gestellt haben. Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sind damit die gem. § 121 Abs. 1 und 3 SGB III zumutbaren Beschäftigungen, wozu alle leichten Arbeiten des Arbeitsmarktes gehören (vgl. auch § 2 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen v. 1.12.2003, BAnz. 2004 Nr. 61 S. 605). Der Arbeitslose kann demgegenüber nicht beanspruchen, nur auf zuvor ausgeübte Beschäftigungen oder gleichartige Tätigkeiten verwiesen zu werden. Einen Berufsschutz dieser Art sieht das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (und der Arbeitslosenversicherung) nicht vor (vgl. zu alledem etwa BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 21/05 R - m.w.N.; KassKomm-Höfler, SGB V § 44 Rdnr. 44 ff.).

Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 8.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).

3.) Davon ausgehend kann die begehrte einstweilige Anordnung nicht erlassen werden, da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist.

Der Antragsteller begehrt (im Wege vorläufigen Rechtsschutzes) die (Weiter-)Zahlung von Krankengeld über den 08.12.2013 hinaus. Das (Fort-)Bestehen der erstmals ab 10.07.2013 durch Dr. T. festgestellten Arbeitsunfähigkeit des (jedenfalls) seit Mai 2013 arbeitslosen Antragstellers nach dem für die Krankenversicherung der Arbeitslosen geltenden Maßstab ist für die streitige Zeit indessen nicht glaubhaft gemacht. Der Senat entnimmt dies den schlüssigen Gutachten des MDK, insbesondere der Internistin Dr. P ... Diese Ärztin hat in den aktuellen und zeitnahen MDK-Gutachten vom 13.01.2024 und 22.01.2014 die von dem Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. erhobenen Befunde und Diagnosen (Arztbrief vom 12.12.2013), insbesondere das beim Antragsteller vorliegende COPD mit Lungenemphysem und das Extrinsicasthma, berücksichtigt und in sozialmedizinischer Hinsicht gewürdigt und ein positives Leistungsbild (mit qualitativen Einschränkungen) für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts festgestellt. Dies spricht gegen Arbeitsunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 SGB V. Dr. P. stützt sich wesentlich auf die Erkenntnisse von Dr. K. in dessen Arztbrief vom 12.12.2013, weshalb sich ihre Einschätzung gerade auf die streitige Zeit ab 08.12.2013 bezieht.

Die Tätigkeit als Tischler, die der Antragsteller vor Eintritt von Arbeitslosigkeit in Saisonarbeitsverhältnissen ausgeübt hatte, ist für die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 SGB V nicht maßgeblich, da der Antragsteller während der streitigen Zeit nicht in der Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), sondern in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) versichert ist.

Dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Attest von Hausarzt Dr. T. vom 23.02.2014 vermag der Senat keine neuen medizinischen Erkenntnisse zu entnehmen. Dr. T. wiederholt einerseits nur die von Dr. K. bereits mitgeteilten Diagnosen, die Dr. P. schon in ihrem MDK-Gutachten gewürdigt hat. Im Übrigen stützt sich das Attest im Kern auf subjektive Beschwerdeschilderungen des Antragstellers, was angesichts der objektiven, von Dr. K. im Arztbrief vom 12.12.2013 mitgeteilten Befunde und der vorliegenden MDK-Gutachten nicht die Überzeugung des Senats vom weiteren Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit zu begründen vermag.

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved