L 4 KR 1819/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 1554/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1819/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 14. April 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt, ihm vorläufig Krankengeld (Krg) über den 24. März 2014 hinaus zu zahlen.

Der 1955 geborene Antragsteller (Ast), der versicherungspflichtiges Mitglied der Antragsgegnerin (Agg) ist und in der Vergangenheit Krg wegen einer arteriellen Verschlusskrankheit und Kreuzschmerzen erhielt, wurde am 18. September 2013 erneut wegen Kreuzschmerzen krankgeschrieben und bezog im Anschluss an die Leistungsfortzahlung der Bundesagentur für Arbeit ab 30. Oktober 2013 Krg i. H. v. EUR 64,05 kalendertäglich (Bescheid vom 20. Dezember 2013). Gestützt auf ein von Dr. S.-R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erstattetes Gutachten vom 20. März 2014 stellte die Agg die Krg-gewährung mit dem 24. März 2014 ein. Hiergegen erhob der Ast, dessen Ehefrau über einen monatlichen Nettoverdienst i.H.v. EUR 821,77 verfügt und der für die Zeit vom 3. April bis 4. Juni 2014 Arbeitslosengeld mit einen täglichen Leistungsbetrag i.H.v. EUR 64,05 bezieht (Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 2. April 2014) Widerspruch. Die Agg hat den MDK mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens beauftragt. Das Gutachten liegt noch nicht vor.

Der Ast beantragte am 1. April 2014 beim Sozialgericht Freiburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er beantragte, die Agg zu verpflichten, ihm ab 25. März 2014 bis auf Weiteres Krg zu zahlen. Er trug vor, er sei weiter arbeitsunfähig. Der Anordnungsgrund resultiere für sich selbst alleine herausgenommen aus der Funktion des Krg als Entgeltersatzleistung.

Die Agg trat dem Antrag entgegen. Der Ast habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Das SG lehnte mit Beschluss vom 14. April 2014 den Antrag ab. Für den Zeitraum vom 25. März 2014 bis zur Einlegung des Antrags auf einstweilige Anordnung am 1. April 2014 könne bereits eine Dringlichkeit nicht mehr angenommen werden. Aber auch hinsichtlich des Zeitraums nach Einlegung des einstweiligen Rechtsschutzes fehle es an einer hinreichenden Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Ast habe die Ausführungen des MDK im Gutachten vom 20. März 2014, auf die sich die Agg stütze, nicht hinreichend widerlegen können. Auch ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Nachdem der Ast zumindest nach dem plausiblen Vortrag der Agg ab dem 3. April 2014 wieder in Bezug von Arbeitslosengeld I stehe, erscheine ein aktueller finanzieller Nachteil des Ast fernliegend. Einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts in einem Hauptsacheverfahren bleibe die Frage vorbehalten, ob der Ast überhaupt über eine lückenlose Kette von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verfüge.

Hiergegen hat der Ast am 15. April 2014 Beschwerde eingelegt und die Gewährung von Krg ab 25. März 2014 bis auf Weiteres begehrt. Er teile die Rechtsauffassung der Rechtsprechung mit Blick darauf, dass rückwirkend Krg nicht verlangt werden könne, nicht. Seine Arbeitsunfähigkeit sei durch den Arzt attestiert. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen lägen lückenlos vor. Der Arbeitslosengeldanspruch bestehe nur für 62 Kalendertage, eine Verweisung auf Sozialhilfe sei unzulässig.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 14. April 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm vorläufig Krankengeld ab 25. März 2014 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Beschluss des SG und ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren.

Zur weiteren Darstellung auch des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Agg vorgelegte Verwaltungsakte und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Ast ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Zahlung von Krg zu Recht abgelehnt.

Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Ast ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Bei einem kalendertäglich zu zahlendem Nettobetrag des Krg von EUR 64,05 ergibt sich für den ab 25. März 2014 aber auch für den ab 1. April 2014 vergangenen Zeitraum ein Betrag von deutlich mehr als EUR 750,00.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Ast zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, sodass dem Ast schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein.

Nach diesen Maßstäben ist ein Anordnungsgrund vorliegend nicht gegeben. Soweit der Ast auch im Beschwerdeverfahren Ansprüche für die Zeit vom 25. bis 31. März 2014, also für die Zeit vor Beantragung der einstweiligen Anordnung beim SG, geltend macht, fehlt ein Anordnungsgrund deshalb, weil in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen für die Vergangenheit grundsätzlich nicht begehrt werden können. Abzustellen ist hierbei auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit des Antrags bei Gericht. Die Regelungsanordnung dient zur Abwendung wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. z.B. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B - , in juris). Anhaltspunkte dafür, dass in der Zeit vom 25. bis 31. März 2014, also für die Vergangenheit, eine existenzielle Notlage bestanden hat, die bis in die Zeit nach Antragstellung hineinwirkt, sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller bezog bis 24. März 2014 ein kalendertägliches Krg i.H.v. EUR 64,05, seine Ehefrau verfügt über Arbeitseinkünfte i.H.v. EUR 821,77 monatlich. Der Lebensunterhalt war damit für diese sechs Tage sichergestellt.

Auch für den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Krg ab dem 3. April 2014 fehlt es an einem Anordnungsgrund, denn der Ast erhält seit dem 3. April 2014 Arbeitslosengeld i.H.v. EUR 64,05 täglich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Anspruch des Ast auf Arbeitslosengeld nur bis 4. Juni 2014 besteht. Die Zeit ab 5. Juni 2014 betrifft einen in der Zukunft liegenden Zeitraum, der nicht vorbeugend im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Berücksichtigung finden kann. Von Belang ist insoweit auch, dass die Agg den MDK mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens beauftragt hat, sodass nicht auszuschließen ist, dass der Antragsteller zukünftig wieder Krg erhält.

Ein Anordnungsgrund ist auch nicht deshalb gegeben, weil der Ast in der Zeit ab Antragstellung beim SG am 1. April 2014 bis zum Bezug des Arbeitslosengeldes ab 3. April 2014 ohne Einkommen war. Dass der Ast für diese zwei Tage auf die Zahlung von Krg existentiell angewiesen war, ist mit Blick auf das zuvor bezogene Krg und das sich anschließende Arbeitslosengeld und die Arbeitseinkünfte der Ehefrau nicht ersichtlich.

Da ein Anordnungsgrund nicht gegeben ist, kann offen bleiben, ob ein Anordnungsanspruch besteht. Die Klärung der Frage, ob die Arbeitsunfähigkeit durchgehend bescheinigt wurde und ob der Ast ab 25. März 2014 wieder arbeitsfähig ist, ist Gegenstand des nunmehrigen Widerspruchsverfahrens und eines etwaigen Hauptsacheverfahrens. Die Entscheidung über die vom Ast für erforderlich gehaltene Sachverhaltsermittlung im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand des Ast bleibt daher ebenfalls einem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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