Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 1958/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 695/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 04.02.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die am1959 geborene Klägerin, griechische Staatsangehörige, erlernte keinen Beruf. Von 1978 bis 1988 war sie in Schweden erwerbstätig, kehrte dann nach Griechenland zurück und siedelte Anfang 1993 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie ab April 1993 als Küchenhilfe beschäftigt war, zunächst in einer Gaststätte und hiernach in Metzgereien. Seit Oktober 2008 ist die Klägerin arbeitsunfähig.
Vom 30.09. bis 28.10.2009 wurde die Klägerin im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik A. S. M. in B. S. unter den Diagnosen rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig mittelgradige Episode), Schwindelsymptomatik, Adipositas und Hyperkolesterinämie behandelt. Ausweislich des Entlassungsberichtes erachteten die behandelnden Ärzte die Klägerin für fähig, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe ebenso wie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben. Zu vermeiden seien ständiges Stehen, Gehen oder Sitzen, schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, häufiges Bücken, ständige oder wiederholte Arbeiten in HWS-Inklination oder Reklination, Zwangshaltungen sowie Nässe, Kälte, Zugluft oder Lärm. Weiter ist ausgeführt, dass die Klägerin auf Grund ihrer Einschränkungen und bei der geringen psychischen Belastbarkeit in den nächsten zwölf Wochen keine Arbeitsfähigkeit erreichen könne, allerdings sei die langfristige Prognose bei begleitender psychotherapeutischer Behandlung als günstig einzuschätzen.
Am 12.11.2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte, die die Leistungsbeurteilung in dem erwähnten Entlassungsbericht nicht für überzeugend erachtete, veranlasste das Gutachten des Nervenarztes Dr. W., der auf Grund seiner im April 2010 erfolgten Untersuchung unter medikamentöser Behandlung keine stärkeren depressiven Störungen fand; auch beschrieb er einen allgemein-internistisch und neurologisch regelrechten Befund. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe in einer Metzgerei erachtete er vollschichtig für zumutbar, ebenso leichte Tätigkeiten unter Beachtung der im Entlassungsbericht aufgeführten qualitativen Einschränkungen.
Mit Bescheid vom 09.06.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin daraufhin mit der Begründung ab, sie könne nach medizinischer Beurteilung noch zumindest sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein und sei daher nicht erwerbsgemindert. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09.03.2011).
Am 31.03.2011 hat die Klägerin dagegen bei Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, ihr Restleistungsvolumen liege dauerhaft deutlich unter drei Stunden täglich. Von orthopädischer Seite leide sie u.a. an einer schweren Wirbelsäulenerkrankung sowie chronischen Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat, von nervenärztlicher Seite u.a. an mittelschweren Depressionen, Kopfschmerzen und Schwindelanfällen bei deutlicher Leistungsreduzierung im Alltag und von internistischer Seite lägen u.a. ein Diabetes mellitus sowie chronische Magen- und Darmschmerzen vor. Auf Grund Ihrer Erkrankungen gehe es ihr gesundheitlich zunehmend schlechter.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Facharzt für Orthopädie Dr. We. hat von drei Vorstellungen der Klägerin zwischen Oktober 2010 und Juni 2011 berichtet, wesentliche Einschränkungen von orthopädischer Seite verneint und sich der Leistungsbeurteilung des Dr. W. angeschlossen. Bei der zuletzt erfolgten Vorstellung habe er bei Schmerzangaben im Unterbauch rechts, der Hüfte, des Knies und des Beins rechts einen klinisch unauffälligen Befund erhoben. Er hat vermutet, dass ein Rentenbegehren eine wichtige Rolle spielte. Die Allgemeinmedizinerin H. hat über zahlreiche Vorstellungen seit November 2009 berichtet, wobei sie wegen der beklagten Beschwerden jeweils fachärztliche Untersuchungen (Neurologie, Gastroenterologie, HNO, Orthopädie, Gynäkologie) veranlasst hatte, die ausweislich der beigefügten Arztbriefe im Wesentlichen keine krankhaften Befunde erbracht hatten. Wegen der im Vordergrund stehenden behandlungsbedürftigen psychischen Störungen hat sie die Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. hat von einer Kontaktaufnahme im März 2009 wegen einer schweren Depression und seither erfolgenden regelmäßigen Behandlungen berichtet, wobei mittlerweile eine chronifizierte Depression vorliege, wodurch Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, eine erschwerte Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie ein drastisch eingeschränktes Durchhaltevermögen bestünden, was ein kontinuierliches Arbeiten von mehr als zwei Stunden nicht zulasse. Das SG hat sodann das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. eingeholt, der eine somatoforme Schmerzstörung, Somatisierungsstörungen sowie depressive Anpassungsstörungen diagnostiziert und die Klägerin für Tätigkeiten als Küchenhilfe sowie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig einsetzbar erachtet hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2013 hat das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Dr. P. abgewiesen. Dieser habe bei der Klägerin keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen gefunden und eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens daher schlüssig und nachvollziehbar verneint. Insbesondere habe er nicht die von Dr. L. beschriebenen und nach dessen Angaben von der Klägerin als besonders schlimm empfundenen erheblichen sozialen Rückzugstendenzen feststellen können. Hierauf weise weder die Alltagsgestaltung mit regelmäßigen Kontakten zu Freunden und Verwandten hin noch die erst kürzlich erfolgte Heirat des neuen Partners. Zudem sei auch die Schwingungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Konzentration sowie Ein- und Umstellungsfähigkeit im Rahmen der Fragestellungen erhalten gewesen. Auch die niederfrequente nervenärztliche Behandlung durch Dr. L. mit Vorstellungen in zweimonatlichen Abständen weise nicht auf eine schwerwiegende depressive Symptomatik hin.
Am 18.02.2013 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und diese mit ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren begründet. Sie hat vorgetragen, in nächster Zeit zahlreiche Arzttermine zu haben und schließlich den Arztbericht des Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. Y. vom 10.12.2013 sowie Befundberichte der Radiologen Dres. Sö. und Sö. über Magnetresonanztomographien (MRT) der Kniegelenke vom 10.06. und 23.07.2013 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 04.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2011 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen Regelungen nicht voll erwerbsgemindert. Ihr steht daher auch keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im Einzelnen dargelegt (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen leichte berufliche Tätigkeiten zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten kann und mit diesem Leistungsvermögen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelung keine Erwerbsminderung vorliegt. Zutreffend hat das SG insbesondere auch dargelegt, dass und aus welchen Gründen der Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. L. nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Nachdem die Klägerin die eingelegte Berufung nahezu unverändert mit ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren begründet hat, weist der Senat ergänzend zu den Ausführungen des SG darauf hin, dass die vom SG durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigt haben, dass die Klägerin an den von ihr aufgeführten schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet. Insbesondere hat Dr. We. von orthopädischer Seite nicht die angegebene schwere Wirbelsäulenerkrankung mit erheblicher Funktionseinschränkung bestätigt. Vielmehr hat dieser anlässlich seiner zuletzt erfolgten klinischen Untersuchung der Klägerin im Wesentlichen unauffällige Befunde erhoben und im Rahmen seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge mitgeteilt, dass keine wesentlichen Einschränkungen vorliegen. Auch der Auskunft der Allgemeinärztin H. sind keine schwerwiegenden Erkrankungen mit Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen zu entnehmen. Soweit sie angesichts des Beschwerdevorbringens der Klägerin jeweils fachärztliche Vorstellungen veranlasst hat, haben die sodann durchgeführten Untersuchungen im Wesentlichen unauffällige Befunde erbracht. Soweit sie die Auffassung vertreten hat, dass das berufliche Leistungsvermögen von psychologisch-psychiatrischer Seite zu beurteilen ist, hat das SG das entsprechende Fachgutachten des Dr. P. eingeholt, der wesentliche Auswirkungen der diagnostizierten Erkrankungen auf das berufliche Leistungsvermögen gerade verneint hat.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die bevorstehenden Arzttermine mitgeteilt hat, vermag der Senat aus diesen Arztbesuchen keine für sie günstigere Entscheidung herzuleiten. Denn das Aufsuchen eines Arztes weist für sich betrachtet weder auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung hin noch auf eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens. Weitere Ermittlungen zum medizinischen Sachverhalt sind durch den Umstand, dass die Klägerin verschiedene Ärzte hat aufsuchen wollen bzw. zwischenzeitlich aufgesucht hat, daher nicht veranlasst. Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den nach Mitteilung der Beklagten im März 2014 gestellten neuen Rentenantrag der Klägerin, den sie mit Gesundheitsstörungen begründet hat, derentwegen sie sich seit Rentenantragstellung für erwerbsgemindert erachtet. Diese Gesundheitsstörungen sind bereits Gegenstand der Überprüfung.
Schließlich stützen auch die von der Klägerin im Berufungsverfahren zuletzt vorgelegten medizinischen Unterlagen den geltend gemachten Anspruch nicht. So sind insbesondere dem Bericht des Orthopäden Dr. Y. vom 10.12.2013 keine Befunde zu entnehmen, die auf eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin hindeuten könnten. Soweit Dr. Y. über eine im September 2013 erfolgte Untersuchung berichtet, hat er eine Verspannung der paravertebralen Muskulatur der LWS mit tastbarem Muskelhartspann sowie ein positives Lasègue-Zeichen bei 60 Grad beschrieben, jedoch ohne neurologische Ausfälle an den unteren Extremitäten; die erfolgte Röntgenuntersuchung hat geringe Spondylarthrosen im Bereich der LWS gezeigt. Soweit er ausgehend hiervon eine Lumboischialgie diagnostiziert hat, ist nicht erkennbar, warum diese der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit entgegenstehen soll, vor allem, wenn die im Entlassungsbericht der Klinik Am Schönen Moos aufgeführten qualitativen Einschränkungen beachtet werden. Im Hinblick auf die im Übrigen beklagten Kniebeschwerden hat er ein retropatellares Reiben, einen Druckschmerz der Patella sowie eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit beschrieben; diagnostisch ist er von einer Retropatellararthrose sowie einer Meniskusdegeneration am Innenmeniskushinterhorn beidseits ausgegangen. Entsprechenden Beeinträchtigungen im Bereich der Knie kann mit qualitativen Einschränkungen insoweit Rechnung getragen werden, als Tätigkeiten mit besonderen Belastungen für die Knie ausgeschlossen werden. Eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens bedingen diese jedenfalls nicht. Wegen der Wirbelsäulen- und Kniebeschwerden hat Dr. Y. eine physikalische und medikamentöse Therapie eingeleitet. Dies macht deutlich, dass die geklagten Beschwerden einer Behandlung zugänglich sind. Eine dauerhafte rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens geht hiervon nicht aus. Schließlich ergibt sich auch aus den von der Klägerin weiter vorgelegten radiologischen Befunden nichts anderes. Denn diese bestätigen trotz eingeschränkter Beurteilbarkeit der Aufnahmen wegen einer Bewegungsunschärfe im Wesentlichen die von Dr. Y. gestellten Diagnosen.
Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die am1959 geborene Klägerin, griechische Staatsangehörige, erlernte keinen Beruf. Von 1978 bis 1988 war sie in Schweden erwerbstätig, kehrte dann nach Griechenland zurück und siedelte Anfang 1993 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie ab April 1993 als Küchenhilfe beschäftigt war, zunächst in einer Gaststätte und hiernach in Metzgereien. Seit Oktober 2008 ist die Klägerin arbeitsunfähig.
Vom 30.09. bis 28.10.2009 wurde die Klägerin im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik A. S. M. in B. S. unter den Diagnosen rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig mittelgradige Episode), Schwindelsymptomatik, Adipositas und Hyperkolesterinämie behandelt. Ausweislich des Entlassungsberichtes erachteten die behandelnden Ärzte die Klägerin für fähig, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe ebenso wie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben. Zu vermeiden seien ständiges Stehen, Gehen oder Sitzen, schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, häufiges Bücken, ständige oder wiederholte Arbeiten in HWS-Inklination oder Reklination, Zwangshaltungen sowie Nässe, Kälte, Zugluft oder Lärm. Weiter ist ausgeführt, dass die Klägerin auf Grund ihrer Einschränkungen und bei der geringen psychischen Belastbarkeit in den nächsten zwölf Wochen keine Arbeitsfähigkeit erreichen könne, allerdings sei die langfristige Prognose bei begleitender psychotherapeutischer Behandlung als günstig einzuschätzen.
Am 12.11.2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte, die die Leistungsbeurteilung in dem erwähnten Entlassungsbericht nicht für überzeugend erachtete, veranlasste das Gutachten des Nervenarztes Dr. W., der auf Grund seiner im April 2010 erfolgten Untersuchung unter medikamentöser Behandlung keine stärkeren depressiven Störungen fand; auch beschrieb er einen allgemein-internistisch und neurologisch regelrechten Befund. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe in einer Metzgerei erachtete er vollschichtig für zumutbar, ebenso leichte Tätigkeiten unter Beachtung der im Entlassungsbericht aufgeführten qualitativen Einschränkungen.
Mit Bescheid vom 09.06.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin daraufhin mit der Begründung ab, sie könne nach medizinischer Beurteilung noch zumindest sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein und sei daher nicht erwerbsgemindert. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09.03.2011).
Am 31.03.2011 hat die Klägerin dagegen bei Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, ihr Restleistungsvolumen liege dauerhaft deutlich unter drei Stunden täglich. Von orthopädischer Seite leide sie u.a. an einer schweren Wirbelsäulenerkrankung sowie chronischen Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat, von nervenärztlicher Seite u.a. an mittelschweren Depressionen, Kopfschmerzen und Schwindelanfällen bei deutlicher Leistungsreduzierung im Alltag und von internistischer Seite lägen u.a. ein Diabetes mellitus sowie chronische Magen- und Darmschmerzen vor. Auf Grund Ihrer Erkrankungen gehe es ihr gesundheitlich zunehmend schlechter.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Facharzt für Orthopädie Dr. We. hat von drei Vorstellungen der Klägerin zwischen Oktober 2010 und Juni 2011 berichtet, wesentliche Einschränkungen von orthopädischer Seite verneint und sich der Leistungsbeurteilung des Dr. W. angeschlossen. Bei der zuletzt erfolgten Vorstellung habe er bei Schmerzangaben im Unterbauch rechts, der Hüfte, des Knies und des Beins rechts einen klinisch unauffälligen Befund erhoben. Er hat vermutet, dass ein Rentenbegehren eine wichtige Rolle spielte. Die Allgemeinmedizinerin H. hat über zahlreiche Vorstellungen seit November 2009 berichtet, wobei sie wegen der beklagten Beschwerden jeweils fachärztliche Untersuchungen (Neurologie, Gastroenterologie, HNO, Orthopädie, Gynäkologie) veranlasst hatte, die ausweislich der beigefügten Arztbriefe im Wesentlichen keine krankhaften Befunde erbracht hatten. Wegen der im Vordergrund stehenden behandlungsbedürftigen psychischen Störungen hat sie die Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. hat von einer Kontaktaufnahme im März 2009 wegen einer schweren Depression und seither erfolgenden regelmäßigen Behandlungen berichtet, wobei mittlerweile eine chronifizierte Depression vorliege, wodurch Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, eine erschwerte Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie ein drastisch eingeschränktes Durchhaltevermögen bestünden, was ein kontinuierliches Arbeiten von mehr als zwei Stunden nicht zulasse. Das SG hat sodann das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. eingeholt, der eine somatoforme Schmerzstörung, Somatisierungsstörungen sowie depressive Anpassungsstörungen diagnostiziert und die Klägerin für Tätigkeiten als Küchenhilfe sowie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig einsetzbar erachtet hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2013 hat das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Dr. P. abgewiesen. Dieser habe bei der Klägerin keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen gefunden und eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens daher schlüssig und nachvollziehbar verneint. Insbesondere habe er nicht die von Dr. L. beschriebenen und nach dessen Angaben von der Klägerin als besonders schlimm empfundenen erheblichen sozialen Rückzugstendenzen feststellen können. Hierauf weise weder die Alltagsgestaltung mit regelmäßigen Kontakten zu Freunden und Verwandten hin noch die erst kürzlich erfolgte Heirat des neuen Partners. Zudem sei auch die Schwingungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Konzentration sowie Ein- und Umstellungsfähigkeit im Rahmen der Fragestellungen erhalten gewesen. Auch die niederfrequente nervenärztliche Behandlung durch Dr. L. mit Vorstellungen in zweimonatlichen Abständen weise nicht auf eine schwerwiegende depressive Symptomatik hin.
Am 18.02.2013 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und diese mit ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren begründet. Sie hat vorgetragen, in nächster Zeit zahlreiche Arzttermine zu haben und schließlich den Arztbericht des Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. Y. vom 10.12.2013 sowie Befundberichte der Radiologen Dres. Sö. und Sö. über Magnetresonanztomographien (MRT) der Kniegelenke vom 10.06. und 23.07.2013 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 04.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2011 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen Regelungen nicht voll erwerbsgemindert. Ihr steht daher auch keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im Einzelnen dargelegt (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen leichte berufliche Tätigkeiten zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten kann und mit diesem Leistungsvermögen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelung keine Erwerbsminderung vorliegt. Zutreffend hat das SG insbesondere auch dargelegt, dass und aus welchen Gründen der Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. L. nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Nachdem die Klägerin die eingelegte Berufung nahezu unverändert mit ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren begründet hat, weist der Senat ergänzend zu den Ausführungen des SG darauf hin, dass die vom SG durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigt haben, dass die Klägerin an den von ihr aufgeführten schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet. Insbesondere hat Dr. We. von orthopädischer Seite nicht die angegebene schwere Wirbelsäulenerkrankung mit erheblicher Funktionseinschränkung bestätigt. Vielmehr hat dieser anlässlich seiner zuletzt erfolgten klinischen Untersuchung der Klägerin im Wesentlichen unauffällige Befunde erhoben und im Rahmen seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge mitgeteilt, dass keine wesentlichen Einschränkungen vorliegen. Auch der Auskunft der Allgemeinärztin H. sind keine schwerwiegenden Erkrankungen mit Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen zu entnehmen. Soweit sie angesichts des Beschwerdevorbringens der Klägerin jeweils fachärztliche Vorstellungen veranlasst hat, haben die sodann durchgeführten Untersuchungen im Wesentlichen unauffällige Befunde erbracht. Soweit sie die Auffassung vertreten hat, dass das berufliche Leistungsvermögen von psychologisch-psychiatrischer Seite zu beurteilen ist, hat das SG das entsprechende Fachgutachten des Dr. P. eingeholt, der wesentliche Auswirkungen der diagnostizierten Erkrankungen auf das berufliche Leistungsvermögen gerade verneint hat.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die bevorstehenden Arzttermine mitgeteilt hat, vermag der Senat aus diesen Arztbesuchen keine für sie günstigere Entscheidung herzuleiten. Denn das Aufsuchen eines Arztes weist für sich betrachtet weder auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung hin noch auf eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens. Weitere Ermittlungen zum medizinischen Sachverhalt sind durch den Umstand, dass die Klägerin verschiedene Ärzte hat aufsuchen wollen bzw. zwischenzeitlich aufgesucht hat, daher nicht veranlasst. Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den nach Mitteilung der Beklagten im März 2014 gestellten neuen Rentenantrag der Klägerin, den sie mit Gesundheitsstörungen begründet hat, derentwegen sie sich seit Rentenantragstellung für erwerbsgemindert erachtet. Diese Gesundheitsstörungen sind bereits Gegenstand der Überprüfung.
Schließlich stützen auch die von der Klägerin im Berufungsverfahren zuletzt vorgelegten medizinischen Unterlagen den geltend gemachten Anspruch nicht. So sind insbesondere dem Bericht des Orthopäden Dr. Y. vom 10.12.2013 keine Befunde zu entnehmen, die auf eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin hindeuten könnten. Soweit Dr. Y. über eine im September 2013 erfolgte Untersuchung berichtet, hat er eine Verspannung der paravertebralen Muskulatur der LWS mit tastbarem Muskelhartspann sowie ein positives Lasègue-Zeichen bei 60 Grad beschrieben, jedoch ohne neurologische Ausfälle an den unteren Extremitäten; die erfolgte Röntgenuntersuchung hat geringe Spondylarthrosen im Bereich der LWS gezeigt. Soweit er ausgehend hiervon eine Lumboischialgie diagnostiziert hat, ist nicht erkennbar, warum diese der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit entgegenstehen soll, vor allem, wenn die im Entlassungsbericht der Klinik Am Schönen Moos aufgeführten qualitativen Einschränkungen beachtet werden. Im Hinblick auf die im Übrigen beklagten Kniebeschwerden hat er ein retropatellares Reiben, einen Druckschmerz der Patella sowie eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit beschrieben; diagnostisch ist er von einer Retropatellararthrose sowie einer Meniskusdegeneration am Innenmeniskushinterhorn beidseits ausgegangen. Entsprechenden Beeinträchtigungen im Bereich der Knie kann mit qualitativen Einschränkungen insoweit Rechnung getragen werden, als Tätigkeiten mit besonderen Belastungen für die Knie ausgeschlossen werden. Eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens bedingen diese jedenfalls nicht. Wegen der Wirbelsäulen- und Kniebeschwerden hat Dr. Y. eine physikalische und medikamentöse Therapie eingeleitet. Dies macht deutlich, dass die geklagten Beschwerden einer Behandlung zugänglich sind. Eine dauerhafte rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens geht hiervon nicht aus. Schließlich ergibt sich auch aus den von der Klägerin weiter vorgelegten radiologischen Befunden nichts anderes. Denn diese bestätigen trotz eingeschränkter Beurteilbarkeit der Aufnahmen wegen einer Bewegungsunschärfe im Wesentlichen die von Dr. Y. gestellten Diagnosen.
Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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