Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 392/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1580/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.03.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" zusteht.
Dem 1948 geborenen Kläger, deutscher Staatsangehöriger, hatte das Landratsamt B. (LRA) mit Bescheid vom 09.01.2008 (Blatt 155/156 der Beklagtenakte) in Ausführung des in dem vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) S 2 SB 62/06 bzw. vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg -L 3 SB 59/08 - geführten Rechtsstreits abgegebenen Teilanerkenntnisses einen Grad der Behinderung von 100 zuerkannt (zugrundeliegende Funktionsbeeinträchtigungen: seelische Krankheit, funktionelle Organbeschwerden: Teil-GdB 80; chronische Bronchitis, Lungenblähung, Schlafapnoesyndrom: Teil-GdB 30; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Beinverkürzung links: Teil-GdB 20; Zwölffingerdarm-geschwürsleiden: Teil-GdB 10; Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks: Teil-GdB 10; Ohrgeräusche (Tinnitus): Teil-GdB 10); das Merkzeichen "G" wurde rechtskräftig verneint (Rücknahme der Berufung am 28.10.2008 vgl. Blatt 69/70 der Akte L 3 SB 59/08).
Am 14.07.2009 beantragte der Kläger beim LRA erneut die Zuerkennung des Merkzeichens "G" (Blatt 162/163 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag gab der Kläger an, seine Bewegungsfähigkeit sei sehr stark eingeschränkt infolge sehr starker Schmerzen an den Fußsohlen und Beinen, sowohl beim Gehen als auch in Ruhe.
Das LRA zog beim Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. Befundberichte bei (dazu vgl. Blatt 166/175 der Beklagtenakte). In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.08.2009 führte Dr. H. aus, die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr sei nicht erheblich beeinträchtigt, woraufhin das LRA mit Bescheid vom 16.09.2009 (Blatt 179/180 der Beklagtenakte) die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ablehnte.
Auf den Widerspruch des Klägers vom 21.09.2009 (Blatt 181 der Beklagtenakte) zog das LRA vom Facharzt für Orthopädie M. Befundberichte bei (dazu vgl. Blatt 184/188 der Beklagtenakte). Auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M.-T. vom 15.10.2009 (Blatt 190/191 der Beklagtenakte) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers durch das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - zurück (Widerspruchsbescheid vom 15.01.2010, Blatt 193/195 der Beklagtenakte).
Mit seiner Klage vom 19.01.2009 hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er habe Polyneuropathie in den Füßen und den Händen. Seine Ärzte hätten bereits Auskünfte erteilt, aber diese Auskünfte seien nicht berücksichtigt worden.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 16/19, 20/23, 24/43 sowie 62/63 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren Dr. S. hat in seiner Auskunft vom 22.02.2010 ausgeführt, eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit allein aufgrund der HNO-ärztlichen Befunde bestehe nicht. Der Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie Dr. M. hat dem SG am 08.03.2010 geschrieben, üblicherweise wirke sich ein enger Spinalkanal im Bereich der LWS auf die Gehfähigkeit aus. Allerdings habe der Kläger bislang nicht über die typischen Beschwerden eines engen Spinalkanals mit eingeschränkter Gehstrecke geklagt. Beim Kläger wirkten sich die Veränderungen eher mit temporärer Schmerzausstrahlung in beide Beine aus. Eine dauernde Gangstörung bzw. Einschränkung der Gehfähigkeit sei bislang nicht festzustellen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. hat ausgeführt (Auskunft vom 14.03.2010), die Gehstrecke sei durch Schmerzen erheblich vermindert. Der Kläger könne die übliche Wegstrecke im Ortsverkehr zu Fuß nicht zurücklegen. Innere Leiden, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit verursachten, lägen nicht vor. Dr. G., Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, hat in seiner Auskunft vom 06.09.2011 angegeben, bezüglich der bestehenden hypertensiven Herzerkrankung seien die Wegstrecken möglich.
Das SG hat darüber hinaus Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Gutachtens bei Dr. S. sowie eines orthopädischen Zusatzgutachtens bei Dr. K ... Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 197/159 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. S. ist in seinem Gutachten vom 05.04.2012 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (auf internistischem Fachgebiet: chronische Bronchitis, Lungenblähung, Herzrhythmusstörungen, Schlafapnoesyndrom; auf orthopädischem Fachgebiet: wiederholt auftretendes Halswirbelsäulensyndrom mit geringer Bewegungseinschränkung, Reizzustand der linken Schulter, vorwiegend funktionelle Schmerzen im Bereich der Brustwirbel, Beinlängendifferenz von 5 mm, Senkspreizfußbildung) noch ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren für sich und andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr (2 km in 30 Minuten) zu Fuß zurücklegen könne. Dr. K. hat auf orthopädischem Fachgebiet angegeben, keinen Befund erhoben zu haben, der eine massive Einschränkung der Gehfähigkeit begründe.
Der Kläger hat dem SG Berichte des R.-B.-Krankenhauses (Kardiologie/Pulmologie) von Prof. Dr. S. vom 20.09.2011 und 04.01.2012 (Blatt 67/69 = 76/78 bzw. 93/94 der SG-Akte) sowie weitere ärztliche Unterlagen (Blatt 79, 162, 173 der SG-Akte) und einen neuen Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" vom 04.01.2013 (Blatt 168/172 der SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.03.2013 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" lägen beim Kläger nicht vor. Das Gericht folge den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. K. und Dr. S ...
Gegen den ihm am 27.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.03.2013 beim SG (Eingang beim LSG am 10.04.2013) Berufung eingelegt. Er werde jetzt von anderen Ärzten behandelt. Diese könnten bestätigen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorlägen. Der Kläger legte ärztliche Unterlagen sowie Unterlagen der AOK vor (dazu vgl. Blatt 5, 68, 72, 73, 74, 76/77 bzw. 86/87, 88 der Senatsakte).
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.03.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsmats B. vom 16.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 15.01.2010 zu verurteilen, bei ihm das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er verweist auf die vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. vom 17.09.2013 und von Dr. G. vom 21.02.2014.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20/54 sowie 55/59 der Senatsakte Bezug genommen. Der Internist und Kardiologe Dr. M. hat in seiner Stellungnahme vom 07.06.2013 angegeben, beim Kläger liege eine Belastungsdyspnoe vor. Im Hinblick auf die Dyspnoe-Symptomatik könne die Bewältigung einer 2 km-Strecke gegebenenfalls länger dauern als 30 Minuten. Dr. W., Facharzt für Neurologie, hat eine mäßiggradige Einschränkung der Gehfähigkeit angegeben. Eine schwere belastungsbedingte Geh- oder Stehunfähigkeit lasse sich nach mehrfach erhobenem neurologischen Befund nicht nachvollziehen. Aufgrund von Beschwerden sei eine Bewältigung einer Wegstrecke von 2 km in der entsprechenden Zeit vermutlich nicht durchgehend möglich (Aussage vom Juni 2013).
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem Termin am 06.12.2013 erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 70/71 der Senatsakte) Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger einen Bericht von Prof. Dr. H. vom 09.05.2014 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des LRA vom 16.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 15.01.2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G". Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung vom 25.03.2013 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei lediglich auf Folgendes hingewiesen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, der das SG gefolgt ist, ist Rechtsgrundlage für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" § 145 Abs. 1 SGB IX. Die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV), die zwar Vorgaben zur Zuerkennung des Merkzeichens "G" enthält, ist mangels Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche im BVG oder dem SGB IX insoweit rechtswidrig (ständige Rechtsprechung des Senats seit Senatsurteil 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08, juris bzw. unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Zutreffend hat das SG daher die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" den §§ 145 und 146 SGB IX entnommen und das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke mit der Rechtsprechung des BSG (grundlegend BSG 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -, SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG 13.08.1997 - 9 RVS 1/96 -, SozR 3 - 3870 § 60 Nr. 2) auf Wegstrecken von 2 km in ca. einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten definiert.
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger keine erhebliche Beeinträchtigung seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr i.S.d. § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorliegt. Der Kläger ist durch die bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, Wegstrecken im Ortsverkehr - ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall - von maximal 2 km bei einer Gehdauer von etwa 30 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im SG- als auch im Berufungsverfahren eingeholten Auskünfte der behandelnden Ärzte und der vorliegenden Gutachten.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Erkrankungen, zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen. Insoweit konnte weder der zunächst behandelnde Orthopäde Dr. M. eine solche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit angeben (Blatt 21 der SG-Akte) noch der Gutachter Dr. K. eine solche feststellen. Dr. M. hat zwar angegeben, die Spinalkanalenge führe beim Kläger zu temporären Schmerzausstrahlungen in beide Beine, was für den Senat nachvollziehbar ist. Doch ist bei temporären - mithin vorübergehenden - Schmerzen eine dauerhafte Beeinträchtigung der Gehfähigkeit nicht anzunehmen. Dr. K. konnte auch im Hinblick auf die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden keinen Befund erheben, der eine Begrenzung der Wegstrecke begründen könnte. So waren im Bereich der Füße, Kniegelenke und der Hüfte keine auffälligen Bewegungseinschränkungen messbar gewesen (Blatt 148 der SG-Akte = Seite 27 des Gutachtens; zu den Messdaten vgl. Blatt 121/13 der SG-Akte = Seite 13/15 des Gutachtens). Lediglich die Spinalkanalenge, also die Behinderungen der Wirbelsäule, konnte Dr. K. als orthopädische Ursache einer Gehfähigkeitseinschränkung diskutieren. Jedoch konnte er - wie auch Dr. W. - unter Auswertung der neurologischen Befunde keine erheblichen Auswirkungen der Spinalkanalenge auf die Gehfähigkeit feststellen. Damit konnte sich der Senat davon überzeugen, dass orthopädisch zu beurteilende Funktionsbeeinträchtigungen die Gehfähigkeit des Klägers nicht im dargelegten Umfang reduzieren.
Auch hinsichtlich Herz und Lunge ergeben sich keine Erkrankungen, die eine Einschränkung der Wegstrecke auf unter 2 km in ca. 30 Minuten begründen könnten. Der Internist und Kardiologe Dr. M. hat eine Belastungsdyspnoe angegeben, die den Kläger aber nicht gehindert hat, im Belastungs-EKG 75 Watt (entspricht nach B 9.1.1 VG einer Belastung durch forsches Gehen mit 5-6 km/h) zu leisten (bei der Untersuchung am 16.07.2012, Blatt 35/36 der Senatsakte, konnte der Kläger noch 125 Watt leisten, am 02.02.2012, Blatt 39/40 der Senatsakte, ebenfalls 75 Watt); der Abbruch erfolgte auch nicht wegen Beschwerden sondern wegen subjektiver Erschöpfung (Blatt 20 und 21/22 der Senatsakte). Auch unter Belastung wurde eine normale Blutdruckregulation festgestellt, die Ausbelastungsfrequenz wurde nicht erreicht. Unter Belastung waren weder Zeichen einer Angina pectoris noch signifikante Endstreckenveränderungen oder Rhythmusstörungen ersichtlich. Echokardiografisch hatte sich ein normal großer linker Ventrikel mit guter systolischer Pumpfunktion ohne linksventrikuläre Hypertrophie und ohne Rechtsherzbelastung gezeigt. Es besteht unter Medikamenteneinnahme ein stabiler Sinusrhythmus. Auch eine lungenfachärztliche Untersuchung war unauffällig (Bericht Dr. M. vom 08.05.2013, Blatt 22 der Senatsakte). Auch schon im Bericht vom 25.02.2013 hatte der Pneumologe und Internist Dr. E. festgestellt, dass Herz und Lunge unauffällig seien (Blatt 26/27 der Senatsakte). In der Bodyplethysmographie waren eine unauffällige Lungenfunktion, keine Obstruktion, keine Restriktion und bei einem unspezifischen Provokationstest keine Reaktion bei einer Sauerstoff-Blutgassättigung von 98 % festgestellt worden; unter Belastung war eine Sauerstoffsättigung von 92 % (vgl. Blatt 50) festgestellt worden. Soweit Dr. M. daher angibt, dass die Bewältigung der Wegstrecke von 2 km gegebenenfalls länger als 30 Minuten dauern könne, lässt sich diese Einschätzung aus den auch von ihm dargestellten Befunden nicht nachvollziehen. Insoweit konnte Dr. S. vielmehr zur Überzeugung des Senats darstellen, dass der Kläger bei der Belastung auf dem Fahrradergometer bis 75 Watt leistungsfähig war und sich anschließend selbst in eine Erregung hineingesteigert habe (Blatt 107 RS der SG-Akte = Seite 22 des Gutachtens). Im EKG-Verlauf hatten sich keine Auffälligkeiten gezeigt, der Blutdruck war adäquat, Rhythmusstörungen wurden nicht festgestellt. Auch konnte Dr. S. feststellen, dass die Schlafapnoe mit einer cPAP-Beatmung therapiert ist und die Gehfähigkeit nicht beeinträchtigt. Herz- und Blutdruckerkrankungen sind medikamentös gut eingestellt (Blatt 157 RS der SG-Akte = Seite 26 des Gutachtens). Dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bericht von Prof. Dr. H. vom 09.05.2014 ist zu entnehmen, dass der Kläger bis 65/75 Watt auf dem Fahrrad leistungsfähig war; der Abbruch erfolgte wegen Erschöpfung und Dyspnoe. Dennoch konnte Prof. Dr. H. ausdrücklich feststellen, dass der Kläger kardial und metabolisch nicht ausbelastet war. Er ist auch ventilatorisch nicht limitiert. Auch ergab sich bis zu einer Belastungsstufe von 75 Watt kein Hinweis auf eine Gasaustauschstörung; das anamnestisch angegebene Asthma bronchiale zeigte bei Prof. Dr. H. keine Obstruktion. Vor diesem Hintergrund konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die beim Kläger bestehenden Erkrankungen der Lunge, des Herzens oder sonstige internistische Erkrankungen seine Bewegungsfähigkeit auf weniger als 2 km in ca. 30 Minuten limitierten. Dem entspricht auch die Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. G. (Blatt 62 der SG-Akte).
Auf neurologischem Fachgebiet konnte Dr. W. trotz Bandscheibendegeneration ausdrücklich keine objektivierbaren Hinweise auf persistierende neurologische Funktionsstörungen angeben können. Zwar bestünden Missempfindungen in den Beinen - in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger diese als Brennen, Stechen, Jucken und Ameisenlaufen bezeichnet -, jedoch keine für die Funktion des Gehens relevanten Defizite. Insoweit ist seine Aussage, es bestünde keine schwere belastungsbedingte Geh- oder Stehunfähigkeit, schlüssig. Nicht schlüssig ist dagegen seine Bewertung, die Bewältigung der Wegstrecke von 2 km in 30 Minuten sei dem Kläger "vermutlich" nicht durchgehend möglich. Diesbezüglich verweist Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2013 überzeugend darauf, dass die im März 2013 diagnostizierten Sensibilitätsstörungen in ihren Auswirkungen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht erfüllen. Soweit Dr. W. damit zum Ausdruck bringen will, dass der Kläger zwar grds. in der Lage ist, entsprechende Wegstrecken in ca. 30 Minuten zurückzulegen und lediglich ausnahmsweise die Zurücklegung der Wegstrecke auch länger dauern könne, begründet dies gerade nicht das tatbestandliche Erfordernis, dass die Bewegungsfähigkeit i.S.d. § 145 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 146 Abs. 1 SGB IX bereits dauerhaft erheblich eingeschränkt ist.
Auch auf psychiatrischem Fachgebiet liegt keine Störung vor, die eine Einschränkung der relevanten Gehfähigkeit bedingen würde. Eine die Gehfähigkeit beeinträchtigende psychiatrisch zu beurteilende Erkrankung ist zur Überzeugung des Senats bereits nicht nachgewiesen. Soweit das SG unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. S. ausführt, der Kläger sei auf seine subjektive empfundene Gehunfähigkeit fixiert, so mag dies zwar zutreffen, doch ergibt sich daraus objektiv keine Einschränkung der maßgeblichen Bewegungsfähigkeit. Denn das subjektive Empfinden des Klägers ist für die Beurteilung einer Behinderung kein Maßstab. Das subjektive Schmerzempfinden ist auch keiner tatsächlichen psychischen Erkrankung zuzuordnen, die es dem Kläger unmöglich machte, die maßgebliche Wegstrecke von 2 km in ca. 30 Minuten zu Fuß zu bewältigen. Eine von Dr. S. fachfremd angenommene Somatisierungsstörung ist von dem Neurologen und Psychiater Dr. S. nicht diagnostiziert worden. Dieser führte die körperlich geklagten Schmerzen an den Beinen auf die beschriebene Neuropathie unklarer Genese zurück, ohne eine krankheitswertige Fehlverarbeitung zu diagnostizierten (Befundbericht vom 01.04.2009). Eine Verdachtsdiagnose eines neuropathischen Schmerzsyndroms wurde zuvor nur noch vom Neurologen Dr. M. geäußert (Befundbericht vom 09.01.2008), was Dr. S. insoweit bestätigen konnte. Die auf einer einmaligen Untersuchung beruhende Diagnose einer Fibromyalgie wird vom Rheumatologen Dr. R. in seinem Befundbericht vom 19.10.2012 (Bl. 72 der LSG Akte) auf einen Ganzkörperschmerz bezogen, der dem gleichen Status wie 2004, nur intensiver, entspreche, was bereits im angefochtenen Bescheid mit dem zuerkannten Teil-GdB von 80 für u.a. funktionelle Organbeschwerden erfasst ist. Besondere Auswirkungen auf die Beine bzw. die Gehfähigkeit ergeben sich daraus nicht. Der von Dr. R. angeregten neuropsychiatrischen Ausschlussdiagnose einer somatoformen Schmerzstörung bedurfte es im Hinblick auf die beschriebenen Vorbefunde von Dr. S. und Dr. M., die Dr. R. offensichtlich nicht bekannt waren, nicht. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger außer den Mißempfindungen an den Beinen auch auf Nachfrage keine Schmerzen oder sonstige Beschwerden beim Gehen geschildert. Darüber hinaus wäre selbst dann, wenn eine Somatisierungsstörung zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, der Senat nicht davon überzeugt, dass die hierauf beruhenden funktionellen Auswirkungen mit einer das Merkzeichen "G" rechtfertigenden Einschränkung der Gehfähigkeit verbunden sind. Das vom Kläger im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 06.12.2013 vor dem Berichterstatter und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderte Ausmaß der ihn beim Gehen beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen ist durch Medikation zu beeinflussen, wie der Kläger dargelegt hat. In Übereinstimmung zu der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. und Dr. K. ist dem Kläger daher das Zurücklegen ortsüblicher Wegstrecken auch unter dem Gesichtspunkt einer unterstellten Somatisierungsstörungen noch möglich. Einer Entscheidung des Senats darüber, ob eine psychische Störung grundsätzlich nicht zur Anerkennung des Merkzeichens "G" führen kann, bedurfte es nicht.
Auch dass der Kläger im Erörterungstermin noch angegeben hatte, solche Wegstrecken nur unter Einnahme von Medikamenten, unter Schmerzen und unter Abhaltung von Pausen zurücklegen zu können, führt nicht dazu, eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit anzunehmen. Nach den medizinischen Befunden ist der Kläger noch in der Lage, die geforderten 2 km in ca. 30 Minuten zurückzulegen. Dies kann er nach Überzeugung des Gerichts auch ohne erhebliche Schwierigkeiten tun. Denn die Einnahme von Medikamenten, vorhandener Schmerz, der wie beim Kläger nicht ungewöhnlich stark ist, oder die Notwendigkeit von Pausen, stellen keine erheblichen Schwierigkeiten bei der Zurücklegung des Weges dar. Auch ist der Kläger weder für sich noch für andere während der Zurücklegung der Wegstrecke eine Gefahr.
Damit ist der Kläger nicht erheblich in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtig, weshalb er keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" hat. Damit war die Berufung war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" zusteht.
Dem 1948 geborenen Kläger, deutscher Staatsangehöriger, hatte das Landratsamt B. (LRA) mit Bescheid vom 09.01.2008 (Blatt 155/156 der Beklagtenakte) in Ausführung des in dem vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) S 2 SB 62/06 bzw. vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg -L 3 SB 59/08 - geführten Rechtsstreits abgegebenen Teilanerkenntnisses einen Grad der Behinderung von 100 zuerkannt (zugrundeliegende Funktionsbeeinträchtigungen: seelische Krankheit, funktionelle Organbeschwerden: Teil-GdB 80; chronische Bronchitis, Lungenblähung, Schlafapnoesyndrom: Teil-GdB 30; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Beinverkürzung links: Teil-GdB 20; Zwölffingerdarm-geschwürsleiden: Teil-GdB 10; Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks: Teil-GdB 10; Ohrgeräusche (Tinnitus): Teil-GdB 10); das Merkzeichen "G" wurde rechtskräftig verneint (Rücknahme der Berufung am 28.10.2008 vgl. Blatt 69/70 der Akte L 3 SB 59/08).
Am 14.07.2009 beantragte der Kläger beim LRA erneut die Zuerkennung des Merkzeichens "G" (Blatt 162/163 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag gab der Kläger an, seine Bewegungsfähigkeit sei sehr stark eingeschränkt infolge sehr starker Schmerzen an den Fußsohlen und Beinen, sowohl beim Gehen als auch in Ruhe.
Das LRA zog beim Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. Befundberichte bei (dazu vgl. Blatt 166/175 der Beklagtenakte). In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.08.2009 führte Dr. H. aus, die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr sei nicht erheblich beeinträchtigt, woraufhin das LRA mit Bescheid vom 16.09.2009 (Blatt 179/180 der Beklagtenakte) die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ablehnte.
Auf den Widerspruch des Klägers vom 21.09.2009 (Blatt 181 der Beklagtenakte) zog das LRA vom Facharzt für Orthopädie M. Befundberichte bei (dazu vgl. Blatt 184/188 der Beklagtenakte). Auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M.-T. vom 15.10.2009 (Blatt 190/191 der Beklagtenakte) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers durch das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - zurück (Widerspruchsbescheid vom 15.01.2010, Blatt 193/195 der Beklagtenakte).
Mit seiner Klage vom 19.01.2009 hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er habe Polyneuropathie in den Füßen und den Händen. Seine Ärzte hätten bereits Auskünfte erteilt, aber diese Auskünfte seien nicht berücksichtigt worden.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 16/19, 20/23, 24/43 sowie 62/63 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren Dr. S. hat in seiner Auskunft vom 22.02.2010 ausgeführt, eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit allein aufgrund der HNO-ärztlichen Befunde bestehe nicht. Der Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie Dr. M. hat dem SG am 08.03.2010 geschrieben, üblicherweise wirke sich ein enger Spinalkanal im Bereich der LWS auf die Gehfähigkeit aus. Allerdings habe der Kläger bislang nicht über die typischen Beschwerden eines engen Spinalkanals mit eingeschränkter Gehstrecke geklagt. Beim Kläger wirkten sich die Veränderungen eher mit temporärer Schmerzausstrahlung in beide Beine aus. Eine dauernde Gangstörung bzw. Einschränkung der Gehfähigkeit sei bislang nicht festzustellen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. hat ausgeführt (Auskunft vom 14.03.2010), die Gehstrecke sei durch Schmerzen erheblich vermindert. Der Kläger könne die übliche Wegstrecke im Ortsverkehr zu Fuß nicht zurücklegen. Innere Leiden, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit verursachten, lägen nicht vor. Dr. G., Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, hat in seiner Auskunft vom 06.09.2011 angegeben, bezüglich der bestehenden hypertensiven Herzerkrankung seien die Wegstrecken möglich.
Das SG hat darüber hinaus Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Gutachtens bei Dr. S. sowie eines orthopädischen Zusatzgutachtens bei Dr. K ... Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 197/159 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. S. ist in seinem Gutachten vom 05.04.2012 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (auf internistischem Fachgebiet: chronische Bronchitis, Lungenblähung, Herzrhythmusstörungen, Schlafapnoesyndrom; auf orthopädischem Fachgebiet: wiederholt auftretendes Halswirbelsäulensyndrom mit geringer Bewegungseinschränkung, Reizzustand der linken Schulter, vorwiegend funktionelle Schmerzen im Bereich der Brustwirbel, Beinlängendifferenz von 5 mm, Senkspreizfußbildung) noch ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren für sich und andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr (2 km in 30 Minuten) zu Fuß zurücklegen könne. Dr. K. hat auf orthopädischem Fachgebiet angegeben, keinen Befund erhoben zu haben, der eine massive Einschränkung der Gehfähigkeit begründe.
Der Kläger hat dem SG Berichte des R.-B.-Krankenhauses (Kardiologie/Pulmologie) von Prof. Dr. S. vom 20.09.2011 und 04.01.2012 (Blatt 67/69 = 76/78 bzw. 93/94 der SG-Akte) sowie weitere ärztliche Unterlagen (Blatt 79, 162, 173 der SG-Akte) und einen neuen Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" vom 04.01.2013 (Blatt 168/172 der SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.03.2013 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" lägen beim Kläger nicht vor. Das Gericht folge den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. K. und Dr. S ...
Gegen den ihm am 27.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.03.2013 beim SG (Eingang beim LSG am 10.04.2013) Berufung eingelegt. Er werde jetzt von anderen Ärzten behandelt. Diese könnten bestätigen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorlägen. Der Kläger legte ärztliche Unterlagen sowie Unterlagen der AOK vor (dazu vgl. Blatt 5, 68, 72, 73, 74, 76/77 bzw. 86/87, 88 der Senatsakte).
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.03.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsmats B. vom 16.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 15.01.2010 zu verurteilen, bei ihm das Merkzeichen "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er verweist auf die vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. vom 17.09.2013 und von Dr. G. vom 21.02.2014.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20/54 sowie 55/59 der Senatsakte Bezug genommen. Der Internist und Kardiologe Dr. M. hat in seiner Stellungnahme vom 07.06.2013 angegeben, beim Kläger liege eine Belastungsdyspnoe vor. Im Hinblick auf die Dyspnoe-Symptomatik könne die Bewältigung einer 2 km-Strecke gegebenenfalls länger dauern als 30 Minuten. Dr. W., Facharzt für Neurologie, hat eine mäßiggradige Einschränkung der Gehfähigkeit angegeben. Eine schwere belastungsbedingte Geh- oder Stehunfähigkeit lasse sich nach mehrfach erhobenem neurologischen Befund nicht nachvollziehen. Aufgrund von Beschwerden sei eine Bewältigung einer Wegstrecke von 2 km in der entsprechenden Zeit vermutlich nicht durchgehend möglich (Aussage vom Juni 2013).
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem Termin am 06.12.2013 erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 70/71 der Senatsakte) Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger einen Bericht von Prof. Dr. H. vom 09.05.2014 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des LRA vom 16.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 15.01.2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G". Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung vom 25.03.2013 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei lediglich auf Folgendes hingewiesen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, der das SG gefolgt ist, ist Rechtsgrundlage für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" § 145 Abs. 1 SGB IX. Die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV), die zwar Vorgaben zur Zuerkennung des Merkzeichens "G" enthält, ist mangels Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche im BVG oder dem SGB IX insoweit rechtswidrig (ständige Rechtsprechung des Senats seit Senatsurteil 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08, juris bzw. unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Zutreffend hat das SG daher die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" den §§ 145 und 146 SGB IX entnommen und das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke mit der Rechtsprechung des BSG (grundlegend BSG 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -, SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG 13.08.1997 - 9 RVS 1/96 -, SozR 3 - 3870 § 60 Nr. 2) auf Wegstrecken von 2 km in ca. einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten definiert.
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger keine erhebliche Beeinträchtigung seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr i.S.d. § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorliegt. Der Kläger ist durch die bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, Wegstrecken im Ortsverkehr - ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall - von maximal 2 km bei einer Gehdauer von etwa 30 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im SG- als auch im Berufungsverfahren eingeholten Auskünfte der behandelnden Ärzte und der vorliegenden Gutachten.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Erkrankungen, zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen. Insoweit konnte weder der zunächst behandelnde Orthopäde Dr. M. eine solche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit angeben (Blatt 21 der SG-Akte) noch der Gutachter Dr. K. eine solche feststellen. Dr. M. hat zwar angegeben, die Spinalkanalenge führe beim Kläger zu temporären Schmerzausstrahlungen in beide Beine, was für den Senat nachvollziehbar ist. Doch ist bei temporären - mithin vorübergehenden - Schmerzen eine dauerhafte Beeinträchtigung der Gehfähigkeit nicht anzunehmen. Dr. K. konnte auch im Hinblick auf die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden keinen Befund erheben, der eine Begrenzung der Wegstrecke begründen könnte. So waren im Bereich der Füße, Kniegelenke und der Hüfte keine auffälligen Bewegungseinschränkungen messbar gewesen (Blatt 148 der SG-Akte = Seite 27 des Gutachtens; zu den Messdaten vgl. Blatt 121/13 der SG-Akte = Seite 13/15 des Gutachtens). Lediglich die Spinalkanalenge, also die Behinderungen der Wirbelsäule, konnte Dr. K. als orthopädische Ursache einer Gehfähigkeitseinschränkung diskutieren. Jedoch konnte er - wie auch Dr. W. - unter Auswertung der neurologischen Befunde keine erheblichen Auswirkungen der Spinalkanalenge auf die Gehfähigkeit feststellen. Damit konnte sich der Senat davon überzeugen, dass orthopädisch zu beurteilende Funktionsbeeinträchtigungen die Gehfähigkeit des Klägers nicht im dargelegten Umfang reduzieren.
Auch hinsichtlich Herz und Lunge ergeben sich keine Erkrankungen, die eine Einschränkung der Wegstrecke auf unter 2 km in ca. 30 Minuten begründen könnten. Der Internist und Kardiologe Dr. M. hat eine Belastungsdyspnoe angegeben, die den Kläger aber nicht gehindert hat, im Belastungs-EKG 75 Watt (entspricht nach B 9.1.1 VG einer Belastung durch forsches Gehen mit 5-6 km/h) zu leisten (bei der Untersuchung am 16.07.2012, Blatt 35/36 der Senatsakte, konnte der Kläger noch 125 Watt leisten, am 02.02.2012, Blatt 39/40 der Senatsakte, ebenfalls 75 Watt); der Abbruch erfolgte auch nicht wegen Beschwerden sondern wegen subjektiver Erschöpfung (Blatt 20 und 21/22 der Senatsakte). Auch unter Belastung wurde eine normale Blutdruckregulation festgestellt, die Ausbelastungsfrequenz wurde nicht erreicht. Unter Belastung waren weder Zeichen einer Angina pectoris noch signifikante Endstreckenveränderungen oder Rhythmusstörungen ersichtlich. Echokardiografisch hatte sich ein normal großer linker Ventrikel mit guter systolischer Pumpfunktion ohne linksventrikuläre Hypertrophie und ohne Rechtsherzbelastung gezeigt. Es besteht unter Medikamenteneinnahme ein stabiler Sinusrhythmus. Auch eine lungenfachärztliche Untersuchung war unauffällig (Bericht Dr. M. vom 08.05.2013, Blatt 22 der Senatsakte). Auch schon im Bericht vom 25.02.2013 hatte der Pneumologe und Internist Dr. E. festgestellt, dass Herz und Lunge unauffällig seien (Blatt 26/27 der Senatsakte). In der Bodyplethysmographie waren eine unauffällige Lungenfunktion, keine Obstruktion, keine Restriktion und bei einem unspezifischen Provokationstest keine Reaktion bei einer Sauerstoff-Blutgassättigung von 98 % festgestellt worden; unter Belastung war eine Sauerstoffsättigung von 92 % (vgl. Blatt 50) festgestellt worden. Soweit Dr. M. daher angibt, dass die Bewältigung der Wegstrecke von 2 km gegebenenfalls länger als 30 Minuten dauern könne, lässt sich diese Einschätzung aus den auch von ihm dargestellten Befunden nicht nachvollziehen. Insoweit konnte Dr. S. vielmehr zur Überzeugung des Senats darstellen, dass der Kläger bei der Belastung auf dem Fahrradergometer bis 75 Watt leistungsfähig war und sich anschließend selbst in eine Erregung hineingesteigert habe (Blatt 107 RS der SG-Akte = Seite 22 des Gutachtens). Im EKG-Verlauf hatten sich keine Auffälligkeiten gezeigt, der Blutdruck war adäquat, Rhythmusstörungen wurden nicht festgestellt. Auch konnte Dr. S. feststellen, dass die Schlafapnoe mit einer cPAP-Beatmung therapiert ist und die Gehfähigkeit nicht beeinträchtigt. Herz- und Blutdruckerkrankungen sind medikamentös gut eingestellt (Blatt 157 RS der SG-Akte = Seite 26 des Gutachtens). Dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bericht von Prof. Dr. H. vom 09.05.2014 ist zu entnehmen, dass der Kläger bis 65/75 Watt auf dem Fahrrad leistungsfähig war; der Abbruch erfolgte wegen Erschöpfung und Dyspnoe. Dennoch konnte Prof. Dr. H. ausdrücklich feststellen, dass der Kläger kardial und metabolisch nicht ausbelastet war. Er ist auch ventilatorisch nicht limitiert. Auch ergab sich bis zu einer Belastungsstufe von 75 Watt kein Hinweis auf eine Gasaustauschstörung; das anamnestisch angegebene Asthma bronchiale zeigte bei Prof. Dr. H. keine Obstruktion. Vor diesem Hintergrund konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die beim Kläger bestehenden Erkrankungen der Lunge, des Herzens oder sonstige internistische Erkrankungen seine Bewegungsfähigkeit auf weniger als 2 km in ca. 30 Minuten limitierten. Dem entspricht auch die Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. G. (Blatt 62 der SG-Akte).
Auf neurologischem Fachgebiet konnte Dr. W. trotz Bandscheibendegeneration ausdrücklich keine objektivierbaren Hinweise auf persistierende neurologische Funktionsstörungen angeben können. Zwar bestünden Missempfindungen in den Beinen - in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger diese als Brennen, Stechen, Jucken und Ameisenlaufen bezeichnet -, jedoch keine für die Funktion des Gehens relevanten Defizite. Insoweit ist seine Aussage, es bestünde keine schwere belastungsbedingte Geh- oder Stehunfähigkeit, schlüssig. Nicht schlüssig ist dagegen seine Bewertung, die Bewältigung der Wegstrecke von 2 km in 30 Minuten sei dem Kläger "vermutlich" nicht durchgehend möglich. Diesbezüglich verweist Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2013 überzeugend darauf, dass die im März 2013 diagnostizierten Sensibilitätsstörungen in ihren Auswirkungen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht erfüllen. Soweit Dr. W. damit zum Ausdruck bringen will, dass der Kläger zwar grds. in der Lage ist, entsprechende Wegstrecken in ca. 30 Minuten zurückzulegen und lediglich ausnahmsweise die Zurücklegung der Wegstrecke auch länger dauern könne, begründet dies gerade nicht das tatbestandliche Erfordernis, dass die Bewegungsfähigkeit i.S.d. § 145 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 146 Abs. 1 SGB IX bereits dauerhaft erheblich eingeschränkt ist.
Auch auf psychiatrischem Fachgebiet liegt keine Störung vor, die eine Einschränkung der relevanten Gehfähigkeit bedingen würde. Eine die Gehfähigkeit beeinträchtigende psychiatrisch zu beurteilende Erkrankung ist zur Überzeugung des Senats bereits nicht nachgewiesen. Soweit das SG unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. S. ausführt, der Kläger sei auf seine subjektive empfundene Gehunfähigkeit fixiert, so mag dies zwar zutreffen, doch ergibt sich daraus objektiv keine Einschränkung der maßgeblichen Bewegungsfähigkeit. Denn das subjektive Empfinden des Klägers ist für die Beurteilung einer Behinderung kein Maßstab. Das subjektive Schmerzempfinden ist auch keiner tatsächlichen psychischen Erkrankung zuzuordnen, die es dem Kläger unmöglich machte, die maßgebliche Wegstrecke von 2 km in ca. 30 Minuten zu Fuß zu bewältigen. Eine von Dr. S. fachfremd angenommene Somatisierungsstörung ist von dem Neurologen und Psychiater Dr. S. nicht diagnostiziert worden. Dieser führte die körperlich geklagten Schmerzen an den Beinen auf die beschriebene Neuropathie unklarer Genese zurück, ohne eine krankheitswertige Fehlverarbeitung zu diagnostizierten (Befundbericht vom 01.04.2009). Eine Verdachtsdiagnose eines neuropathischen Schmerzsyndroms wurde zuvor nur noch vom Neurologen Dr. M. geäußert (Befundbericht vom 09.01.2008), was Dr. S. insoweit bestätigen konnte. Die auf einer einmaligen Untersuchung beruhende Diagnose einer Fibromyalgie wird vom Rheumatologen Dr. R. in seinem Befundbericht vom 19.10.2012 (Bl. 72 der LSG Akte) auf einen Ganzkörperschmerz bezogen, der dem gleichen Status wie 2004, nur intensiver, entspreche, was bereits im angefochtenen Bescheid mit dem zuerkannten Teil-GdB von 80 für u.a. funktionelle Organbeschwerden erfasst ist. Besondere Auswirkungen auf die Beine bzw. die Gehfähigkeit ergeben sich daraus nicht. Der von Dr. R. angeregten neuropsychiatrischen Ausschlussdiagnose einer somatoformen Schmerzstörung bedurfte es im Hinblick auf die beschriebenen Vorbefunde von Dr. S. und Dr. M., die Dr. R. offensichtlich nicht bekannt waren, nicht. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger außer den Mißempfindungen an den Beinen auch auf Nachfrage keine Schmerzen oder sonstige Beschwerden beim Gehen geschildert. Darüber hinaus wäre selbst dann, wenn eine Somatisierungsstörung zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, der Senat nicht davon überzeugt, dass die hierauf beruhenden funktionellen Auswirkungen mit einer das Merkzeichen "G" rechtfertigenden Einschränkung der Gehfähigkeit verbunden sind. Das vom Kläger im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 06.12.2013 vor dem Berichterstatter und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderte Ausmaß der ihn beim Gehen beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen ist durch Medikation zu beeinflussen, wie der Kläger dargelegt hat. In Übereinstimmung zu der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. und Dr. K. ist dem Kläger daher das Zurücklegen ortsüblicher Wegstrecken auch unter dem Gesichtspunkt einer unterstellten Somatisierungsstörungen noch möglich. Einer Entscheidung des Senats darüber, ob eine psychische Störung grundsätzlich nicht zur Anerkennung des Merkzeichens "G" führen kann, bedurfte es nicht.
Auch dass der Kläger im Erörterungstermin noch angegeben hatte, solche Wegstrecken nur unter Einnahme von Medikamenten, unter Schmerzen und unter Abhaltung von Pausen zurücklegen zu können, führt nicht dazu, eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit anzunehmen. Nach den medizinischen Befunden ist der Kläger noch in der Lage, die geforderten 2 km in ca. 30 Minuten zurückzulegen. Dies kann er nach Überzeugung des Gerichts auch ohne erhebliche Schwierigkeiten tun. Denn die Einnahme von Medikamenten, vorhandener Schmerz, der wie beim Kläger nicht ungewöhnlich stark ist, oder die Notwendigkeit von Pausen, stellen keine erheblichen Schwierigkeiten bei der Zurücklegung des Weges dar. Auch ist der Kläger weder für sich noch für andere während der Zurücklegung der Wegstrecke eine Gefahr.
Damit ist der Kläger nicht erheblich in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtig, weshalb er keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" hat. Damit war die Berufung war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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