Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 2456/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 424/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.12.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente geltend.
Der am 29.06.1969 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und war zuletzt als Berufskraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 2007 übt er nur noch eine geringfügig versicherungsfreie Beschäftigung aus.
Am 24.03.2009 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Begutachtung durch den Arzt für Innere Medizin Dr. R ... Dieser führt in seinem Gutachten vom 28.04.2009 folgende Diagnosen auf: Somatisierungsstörung, koronare Herzerkrankung, Bandscheibenschaden der LWS, akzentuierte Persönlichkeitszüge. Die cardiovaskuläre Leistungsbreite sei nicht wesentlich vermindert. Auch die myokardiale Funktion sei nicht wesentlich eingeschränkt. Hinweise auf Rhythmusstörungen ergäben sich nicht. Die statische und dynamische Belastbarkeit der Wirbelsäule sei herabgesetzt. Die psychische Belastbarkeit sei reduziert. Es bestünden jedoch keine wesentlichen Beeinträchtigungen neurokognitiver Fähigkeiten. Die Tätigkeit als Lkw-Fahrer sei weiterhin möglich. Der Kläger könne auch vollschichtig mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, insbesondere nicht in Verbindung mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten, ausüben.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde darüber hinaus ein Gutachten von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. erstellt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 02.09.2009 folgende Diagnosen: koronare Zwei-Gefäßerkrankung, Herzinfarkt 07/2008, PTCA und Stent-Implantation, chronisches Lumbalsyndrom und Funktionseinschränkung der LWS und Wurzelläsion L5 links mit sensomotorischem Defizit, undifferenzierte Somatisierungsstörung, alimentäre Adipositas. Bei dem Kläger stünden die koronare Herzerkrankung und die degenerative Wirbelsäulenerkrankung im Vordergrund. Hinsichtlich der kardialen Situation bestünden erhebliche Gefäßrisikofaktoren, vor allem das extreme Übergewicht, der bis zum Herzinfarkt extreme Nikotinabusus, der langjährig bestehende Bluthochdruck und offenbar eine familiäre Disposition mit Herztod der Mutter und häufigen Herzerkrankungen innerhalb der Familie. Dementsprechend seien beim Kläger nachvollziehbare Ängste vorhanden. Die extreme Adipositas wirke sich naturgemäß auch auf die Wirbelsäule ungünstig aus. Die Beurteilung der kardialen Situation müsse internistisch erfolgen. Aus neurologischer Sicht bestehe hinsichtlich der LWS neben eindeutigen funktionellen Leistungseinschränkungen letztlich auch eine gewisse zeitliche Leistungsminderung. Die Symptomatik sei eindeutig, die geschilderten Schmerzen würden durchaus konsistent geschildert und Hinweise auf eine Aggravationstendenz oder Verdeutlichung hätten sich auch testpsychologisch nicht bestätigen lassen. Man könne daher davon ausgehen, dass leichte Tätigkeiten unter entsprechenden Einschränkungen nur drei bis unter sechs Stunden täglich zumutbar seien. Körperliche Schwerarbeiten sowie ständig mittelschwere Arbeiten seien unzumutbar. Unzumutbar seien Arbeiten überwiegend im Stehen und Gehen, aber auch nicht ausschließlich im Sitzen, Zwangshaltungen, häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ständiges Bücken, Treppen- und Leiternsteigen, auch Tätigkeit überwiegend unter Einwirkung von Kälte, Zugluft und Nässe. Als positives Leistungsbild seien leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen anzusehen. Dringend anzuraten sei dem Kläger die Durchführung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, die sowohl die kardiale als auch die lumbale Symptomatik berücksichtige. Eine drastische Gewichtsabnahme sei wünschenswert. Möglicherweise könne dann eine berufliche Wiedereingliederung erreicht werden.
Mit Schreiben vom 09.04.2010 führte der Facharzt für Innere Medizin Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten aus, dass dem Gutachten des Dr. H. nicht gefolgt werden könne. Aus diesem gehe nicht nachvollziehbar und schlüssig hervor, weshalb ein drei bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen werde.
Mit Bescheid vom 15.04.2010 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab, da die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Den hiergegen mit Schreiben vom 26.04.2010, eingegangen bei der Beklagten am 14.06.2010, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2010 als unbegründet zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten sei nicht ersichtlich, dass das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich eingeschränkt sei. Ihm seien mittelschwere Tätigkeiten ohne Tätigkeiten mit häufigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern und Steigen und ohne besondere Belastung durch Kälte, Zugluft und Nässe mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.
Hiergegen richtet sich die am 30.09.2010 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Zu deren Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass er aufgrund seiner Erkrankungen keiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne.
Das Gericht hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. gab in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 17.10.2011 an, dass er den Kläger lediglich ein Mal am 13.07.2010 neurologisch untersucht habe. Er könne daher zu der beruflichen Leistungsfähigkeit keine Aussagen machen. Der Allgemeinmediziner und Internist Dr. F. erklärte unter dem 22.10.2011, dass er den Kläger seit August 2009 behandle. Die Hauptproblematik liege auf orthopädischem und neurologischem Gebiet. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die ohne Zeitdruck, Schichtarbeit, Zwangshaltungen und schweres Heben und Tragen einhergehen, könnten täglich mindestens für drei bis sechs Stunden geleistet werden. Eine intensive Reha mit gleichzeitiger Suchtbehandlung (Nikotinabhangigkeit) könne das Leistungspotenzial des Klägers bessern. Der Radiologe Dr. S. gab in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 31.10.2011 an, dass je nach neurologischer Symptomatik infolge Bandscheibenprolaps eine normale berufliche Tätigkeit nicht ausgeführt werden könne. Eine medizinische Leistung zur Reha könne die volle Erwerbsfähigkeit wieder herstellen.
Anschließend hat das SG den Nervenarzt Prof. Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser teilte mit Schreiben vom 29.12.2011 mit, dass die Hauptbeschwerden nach Einschätzung der Ärzte auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet lägen. Er bezweifle insoweit, dass eine Begutachtung durch ihn als Psychiater erfolgen sollte.
Das SG beauftragte daraufhin Dr. B., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Dieser teilte in seinem Gutachten vom 10.04.2012 folgende Diagnosen mit: Zustand nach Operation eines Bandscheibenvorfalls LWS 5/SWK 1 06/2009, koronare Herzerkrankung, Zustand nach posterolateralem Myocardinfarkt 07/2009, Sulcus ulnaris-Syndrom links (sensibel), arterielle Hypertonie (medikamentös behandelt), Adipositas per magna (alimentär) und Nikotinabusus. In der Gesamtbetrachtung komme er zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne. Das Heben und Tragen sowie das Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg sei bei einem Zustand nach Bandscheiben-OP und den Beschwerden von Seiten des Achsenorgans nicht leidensgerecht und sollte daher vermieden werden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei aufgrund der Sensibilitätsstörung des Klein- und Ringfingers geringfügig eingeschränkt. Zwangshaltungen sowie das ständige Bücken, Steigen auf Leitern etc sollten ebenfalls aufgrund der körperlichen Konstitution mit massiver Adipositas vermieden werden. Eine Reduktion der Risikofaktoren in Form von einem nicht unerheblichen Nikotinabusus sowie eine Gewichtsreduktion würden das Leistungsvermögen des Klägers zusätzlich deutlich verbessern. Die leichte sensible Schädigung des Nervus ulnaris bedinge keine quantitative, allenfalls in geringem Ausmaß qualitative Leistungseinschränkung. Nach seiner Einschätzung könne der Kläger vier Mal täglich 500 m in maximal 20 Minuten zu Fuß zurücklegen. Es bestünde zwar ein leicht hinkendes Gangbild mit Schonung des linken Beines, der Kläger laufe jedoch ohne jegliche Gehhilfe und habe den Weg vom Parkplatz zum Sprechzimmer ohne fremde Hilfe zu Fuß problemlos zurücklegen können. Zusätzliche Arbeitspausen seien ebenfalls nicht erforderlich.
Mit Urteil vom 11.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Gestützt auf die Gutachten des Dr. R. und des im Gerichtsverfahren erstatteten Gutachtens von Dr. B. hat es die Auffassung vertreten, dass der Kläger noch leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung gewisser Einschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar leisten könne. Nicht gefolgt werden könne der anderslautenden Einschätzung der den Kläger behandelnden Ärzte. Darüber hinaus dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass sowohl die behandelnden Ärzte als auch alle gehörten Gutachter dem Kläger zur Durchführung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme geraten hätten. Solange der Kläger eine solche zumutbare Behandlungsmöglichkeit ablehne und ein erfolgsversprechendes Behandlungspotenzial bestehe, könne eine dauerhafte qualitative Leistungsminderung bereits deshalb nicht auf diese Erkrankungen gestützt werden. Das Urteil ist dem Kläger am 29.12.2012 zugestellt worden.
Am 28.01.2013 hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung weist er darauf hin, dass seine Erkrankungen von Dr. H. genauestens beschrieben und dargelegt worden seien. Dieser Leistungseinschätzung sei zu folgen. Demgegenüber könne der Einschätzung von Dr. B. nicht gefolgt werden. Im Übrigen habe er nach seinen Herzinfarkten und der Bandscheibenoperation keine Chance mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Eine Rehabilitation würde keinen Sinn ergeben, da sein Körper in keinster Form mehr belastbar sei. Auch die Regelung zur Berufsunfähigkeit sei für ihn nicht nachvollziehbar. Auch wenn er nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei, stehe ihm eine Berufsunfähigkeitsrente zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.12.2012 sowie den Bescheid vom 15.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01.03.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat Dr. N. als behandelnden Orthopäden als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser teilte in seinem Schreiben vom 18.03.2013 mit, dass er der Ansicht sei, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne.
Darüber hinaus hat das Gericht Dr. S. als sachverständige Zeugin befragt, nachdem der Kläger ein Attest über ein vorhandenes Schlaf-Apnoe-Syndrom vorgelegt hat. Diese teilte in ihrem Schreiben vom 10.09.2013 mit, dass aufgrund der Tagesmüdigkeit bei nicht erholsamem Nachtschlaf eine sechsstündige Tätigkeit pro Tag die Gesundheit des Patienten verschlechtern würde. In erster Linie sollte der Patient im Schlaflabor untersucht werden, um die Diagnostik abzuschließen. Insoweit sollte eine CPAP-Therapie begonnen und im Schlaflabor überwacht werden. Anschließend sei eine Rehabilitation zu empfehlen, da Gewichtsabnahme, Rauchentwöhnung, Neueinstellung von Hypertonus und Hyperlipidämie sowie der Beginn einer moderaten Bewegungstherapie das Befinden des Patienten langfristig bessern würde und eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben wahrscheinlicher erscheinen lasse.
Mit Schreiben vom 09.09.2013 hat der Klägervertreter mitgeteilt, dass der Kläger einen Herzinfarkt erlitten habe. Das Gericht hat daraufhin den Chefarzt der Medizinischen Klinik II des Klinikums F. als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser teilte mit, dass der Kläger am 28.08.2013 mit dem klinischen Bild des akuten Coronarsyndroms mit Markererhöhung stationär aufgenommen wurde. Coronarangiografisch habe sich eine kritische RCX-Stenose im proximalen Segment dargestellt. Dieses erkrankte Segment sei interventionell behandelt worden, wobei ein DE-Stent zum Einsatz kam. Aus kardiologischer Sicht sei nach zuletzt erfolgter interventioneller Coronarrevaskularisation unter den Bedingung guter Blutdruckeinstellung bei echokardiografisch nachgewiesener geringfügiger Funktionsbeeinträchtigung des linken Ventrikels leichte körperliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden am Tag zumutbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten, die Akten des SG und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 15.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 31.08.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit habe (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gehindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünftagewoche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. R., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten kann. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert.
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit aufgrund der coronaren Herzerkrankung ist nach dem im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten des Dr. R. nicht gegeben. So hat dieser nachvollziehbar und schlüssig mitgeteilt, dass aufgrund der beim Kläger vorliegenden coronaren Herzerkrankung die cardiovaskuläre Leistungsbreite nicht wesentlich vermindert und die myokardiale Funktion nicht wesentlich eingeschränkt sei. Auch fänden sich keine Hinweise für Rhythmusstörungen. Dies entspricht auch der Beurteilung des Kardiologen Dr. S. in dem Befundbericht vom 08.09.2009, der eine stabile coronare Herzerkrankung ohne Hinweis auf eine Belastungscoronarinsuffizienz diagnostizierte und bei welchem das Belastungs-EKG bei 125 Watt allein aufgrund der peripheren muskulären Ermüdung beendet wurde. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund des akuten Coronarsyndroms mit Markererhöhung im August 2013. Zwar wurde coronarangiografisch eine kritische RCX-Stenose im proximalen Segment festgestellt. Dieses erkrankte Segment wurde jedoch interventionell behandelt, wobei ein DE-Stent zum Einsatz kam. Insoweit teilte PD Dr. J. in seiner sachverständigen Zeugenaussache vom Februar 2014 mit, dass bei echokardiographisch nachgewiesener geringer Funktionsbeeinträchtigung des linken Ventrikels leichte körperliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden am Tag zumutbar seien.
Hinsichtlich der Erkrankungen auf neurologischem Fachgebiet folgt der Senat der Leistungseinschätzung im vom SG eingeholten Gutachten des PD Dr. B ... Diese Beurteilung ist auch unter Berücksichtigung der sonstigen vorgelegten ärztlichen Unterlagen schlüssig und nachvollziehbar. Danach wurde der Kläger im Juli des Jahres 2009 mikrochirurgisch wegen eines Bandscheibenvorfalls LWK 5/SWK1 operiert. Der Kläger hatte sich jedoch von der Wirbelsäulenoperation gut erholt. Insoweit habe auch die allgemeine körperliche Untersuchung durch den Gutachter einen massiv adipösen Kläger ohne relevante äußere Auffälligkeiten gezeigt. Neurologisch sei eine Hypästhesie/Hypalgesie sämtlicher Finger der linken Hand angegeben worden, wobei die Finger D IV und V ausgeprägter betroffen schienen. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich und lebhaft auslösbar gewesen. Hinweise auf das Vorliegen relevanter Paresen hätten sich weder im Bereich der linken Hand, noch der Fuß- und Zehenhebung ergeben, so dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein vormals bestehendes sensomotorisches Wurzelkompressionssyndrom L5 links nicht mehr nachweisbar war. Psychisch sei weitgehend ein Normalbefund erhoben worden. Zusammenfassend bestünde ein Zustand nach Bandscheibenoperation LWK5/SWK1, von der sich der Kläger, zumindest entsprechend des klinisch-neurologischen Befundes, wieder sehr gut erholt habe. Die bildmorphologischen Befunde (MRT der Lendenwirbelsäule) mit degenerativen Veränderungen und einer beginnenden Spondylarthrose in den unteren Lendenwirbelsegmenten entspreche der Altersnorm.
In der Gesamtbetrachtung kommt der Gutachter damit zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten kann. Lediglich das Heben und Tragen sowie das Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg sei bei einem Zustand nach Bandscheiben-OP und den Beschwerden von Seiten des Achsorgans nicht leidensgerecht und sollten daher vermieden werden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei aufgrund der Sensibilitätsstörungen des Klein- und Ringfingers geringfügig eingeschränkt. Zwangshaltungen sowie das ständige Bücken, Steigen auf Leitern etc sollten ebenfalls aufgrund der körperlichen Konstitution mit massiver Adipositas vermieden werden. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich zu verrichten.
Diese Leistungseinschätzung leitet der Gutachter nachvollziehbar und schlüssig aus den erhobenen Befunden ab. Sie wird darüber hinaus auch durch die Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. N. gestützt, der ebenfalls von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeht.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Senat keine Bedenken, das Gutachten von PD Dr. B. zu verwerten. Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger vorgetragen, dass eine objektive, sachliche und unparteiische Begutachtung nicht stattgefunden habe. Einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht ausdrücklich gestellt. Darüber hinaus hat er auch keine Befangenheitsgründe mitgeteilt sondern lediglich pauschal angegeben, dass er erfahren habe, "dass Herr Dr. B. und Herr Dr. R. und Dr. L. sehr gut befreundet sind. Hier liegt es sehr nahe, dass sich diese auch untereinander austauschen über Patienten". Im Übrigen hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass dieser Vortrag unzutreffend sei.
Durch die vom SG und vom Senat durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte Dr. S. und Dr. F. wiederlegt. Der Allgemeinmediziner und Internist Dr. F. hat seine Einschätzung nicht mit objektiven Befunden und Diagnosen belegt. Vielmehr hat er mitgeteilt, dass die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit bei 125 Watt liegt und die Wirbelsäulen-OP ohne bleibende Lähmungen abgeschlossen wurde. Seine Leistungseinschätzung ist daher für den Senat weder nachvollziehbar noch schlüssig. Der Radiologe Dr. S. hat lediglich mitgeteilt, dass eine normale berufliche Tätigkeit abhängig vom Ausmaß der Beschwerdesymptomatik nicht mehr ausgeführt werden könne. Eine Differenzierung zwischen qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen sowie eine dauerhafte und nicht nur akute Einschränkung lässt sich der Stellungnahme jedoch nicht entnehmen. Auch kann der Stellungnahme nicht entnommen werden, auf welche Befunde und Diagnosen Dr. S. sich insoweit stützt.
Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen.
Widerlegt ist darüber hinaus aber auch die Einschätzung von Dr. H. in seinem Gutachten vom 02.09.2009. Zutreffend hat Dr. L. darauf hingewiesen, dass die sozialmedizinische Beurteilung nicht nachvollziehbar und schlüssig ist. So verneint Dr. H. eine schwerwiegende seelische Störung bei diagnostizierter Somatisierungsstörung. Hinsichtlich der kardialen Situation wird auf eine internistische Begutachtung verwiesen. Da hiernach die kardiale Leistungsbreite nicht wesentlich eingeschränkt ist, verbleibt eine orthopädisch-neurochirurgische Problematik bei Zustand nach Operation eines großen Bandscheibenvorfalles. Von diesem hat sich der Kläger jedoch nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen wieder sehr gut erholt. Warum die Leistungsfähigkeit des Klägers über qualitative Einschränkungen hinaus auch quantitative Leistungseinschränkungen aufweist, geht daher aus dem Gutachten nicht schlüssig hervor.
Schließlich ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem beim Kläger vorliegenden Schlafapnoe-Syndrom keine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. So hat Dr. S. mitgeteilt, dass derzeit eine Akuterkrankung vorliegt. Insoweit ist in Übereinstimmung mit ihr davon auszugehen, dass durch eine entsprechende Behandlung sich das Leistungsvermögen innerhalb eines Zeitraums von unter 6 Monaten deutlich verbessert, worauf auch der beratungsärztliche Dienst der Beklagten zutreffend hingewiesen hat.
Der Sachverhalt ist damit aufgeklärt. Soweit der Kläger die ergänzende Befragung von Dr. J. im Schriftsatz vom 20.05.2014 beantragt hat, wurde dieser Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt. Im Übrigen hat Dr. J. zwar mitgeteilt, dass er eher die Wirbelsäulenproblematik als limitierend ansehe. In Übereinstimmung mit den vorliegenden Befunden nennt er jedoch ebenfalls nur qualitative Einschränkungen. Da Dr. J. den Kläger auch hinsichtlich der Wirbelsäulenproblematik nicht behandelt hat, sah sich der Senat nicht zu einer weiteren Beweisermittlung gedrängt. Weitere Ermittlungen waren auch hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Arztbriefes vom 12.05.2014 nicht veranlasst. So wird dort zwar ein knotiger Tastbefund tief präpektoral links, schmerzhaft beschrieben, Anhaltspunkte für eine quantitative Leistungseinschränkung ergeben sich hieraus aktuell nicht und wurden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Schließlich fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre. Qualitative Leistungseinschränkungen bestehen hinsichtlich des Hebens und Tragens sowie des Bewegens von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg und dem Ausschluss von Zwangshaltungen sowie des ständigen Bückens, Steigen auf Leitern etc. Darüber hinaus liegt eine geringfügige Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand vor. Diesen Einschränkungen wird bereits durch den Umstand Rechnung getragen, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind. Auch der Ausschluss von Arbeiten in Kälte, Zugluft und Nässe begründet weder eine ungewöhnliche noch eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5 aRKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass der Kläger vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Diese Voraussetzung ergibt sich unmittelbar aus § 240 Abs 1 Nr 1 SGB VI und ist damit Tatbestandsvoraussetzung. Da der Kläger nach diesem Stichtag geboren ist, kommt daher bereits aus diesem Grund die Zuerkennung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente geltend.
Der am 29.06.1969 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und war zuletzt als Berufskraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 2007 übt er nur noch eine geringfügig versicherungsfreie Beschäftigung aus.
Am 24.03.2009 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Begutachtung durch den Arzt für Innere Medizin Dr. R ... Dieser führt in seinem Gutachten vom 28.04.2009 folgende Diagnosen auf: Somatisierungsstörung, koronare Herzerkrankung, Bandscheibenschaden der LWS, akzentuierte Persönlichkeitszüge. Die cardiovaskuläre Leistungsbreite sei nicht wesentlich vermindert. Auch die myokardiale Funktion sei nicht wesentlich eingeschränkt. Hinweise auf Rhythmusstörungen ergäben sich nicht. Die statische und dynamische Belastbarkeit der Wirbelsäule sei herabgesetzt. Die psychische Belastbarkeit sei reduziert. Es bestünden jedoch keine wesentlichen Beeinträchtigungen neurokognitiver Fähigkeiten. Die Tätigkeit als Lkw-Fahrer sei weiterhin möglich. Der Kläger könne auch vollschichtig mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, insbesondere nicht in Verbindung mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten, ausüben.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde darüber hinaus ein Gutachten von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. erstellt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 02.09.2009 folgende Diagnosen: koronare Zwei-Gefäßerkrankung, Herzinfarkt 07/2008, PTCA und Stent-Implantation, chronisches Lumbalsyndrom und Funktionseinschränkung der LWS und Wurzelläsion L5 links mit sensomotorischem Defizit, undifferenzierte Somatisierungsstörung, alimentäre Adipositas. Bei dem Kläger stünden die koronare Herzerkrankung und die degenerative Wirbelsäulenerkrankung im Vordergrund. Hinsichtlich der kardialen Situation bestünden erhebliche Gefäßrisikofaktoren, vor allem das extreme Übergewicht, der bis zum Herzinfarkt extreme Nikotinabusus, der langjährig bestehende Bluthochdruck und offenbar eine familiäre Disposition mit Herztod der Mutter und häufigen Herzerkrankungen innerhalb der Familie. Dementsprechend seien beim Kläger nachvollziehbare Ängste vorhanden. Die extreme Adipositas wirke sich naturgemäß auch auf die Wirbelsäule ungünstig aus. Die Beurteilung der kardialen Situation müsse internistisch erfolgen. Aus neurologischer Sicht bestehe hinsichtlich der LWS neben eindeutigen funktionellen Leistungseinschränkungen letztlich auch eine gewisse zeitliche Leistungsminderung. Die Symptomatik sei eindeutig, die geschilderten Schmerzen würden durchaus konsistent geschildert und Hinweise auf eine Aggravationstendenz oder Verdeutlichung hätten sich auch testpsychologisch nicht bestätigen lassen. Man könne daher davon ausgehen, dass leichte Tätigkeiten unter entsprechenden Einschränkungen nur drei bis unter sechs Stunden täglich zumutbar seien. Körperliche Schwerarbeiten sowie ständig mittelschwere Arbeiten seien unzumutbar. Unzumutbar seien Arbeiten überwiegend im Stehen und Gehen, aber auch nicht ausschließlich im Sitzen, Zwangshaltungen, häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ständiges Bücken, Treppen- und Leiternsteigen, auch Tätigkeit überwiegend unter Einwirkung von Kälte, Zugluft und Nässe. Als positives Leistungsbild seien leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen anzusehen. Dringend anzuraten sei dem Kläger die Durchführung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, die sowohl die kardiale als auch die lumbale Symptomatik berücksichtige. Eine drastische Gewichtsabnahme sei wünschenswert. Möglicherweise könne dann eine berufliche Wiedereingliederung erreicht werden.
Mit Schreiben vom 09.04.2010 führte der Facharzt für Innere Medizin Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten aus, dass dem Gutachten des Dr. H. nicht gefolgt werden könne. Aus diesem gehe nicht nachvollziehbar und schlüssig hervor, weshalb ein drei bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen werde.
Mit Bescheid vom 15.04.2010 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab, da die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Den hiergegen mit Schreiben vom 26.04.2010, eingegangen bei der Beklagten am 14.06.2010, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2010 als unbegründet zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten sei nicht ersichtlich, dass das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich eingeschränkt sei. Ihm seien mittelschwere Tätigkeiten ohne Tätigkeiten mit häufigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern und Steigen und ohne besondere Belastung durch Kälte, Zugluft und Nässe mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.
Hiergegen richtet sich die am 30.09.2010 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Zu deren Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass er aufgrund seiner Erkrankungen keiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne.
Das Gericht hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. gab in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 17.10.2011 an, dass er den Kläger lediglich ein Mal am 13.07.2010 neurologisch untersucht habe. Er könne daher zu der beruflichen Leistungsfähigkeit keine Aussagen machen. Der Allgemeinmediziner und Internist Dr. F. erklärte unter dem 22.10.2011, dass er den Kläger seit August 2009 behandle. Die Hauptproblematik liege auf orthopädischem und neurologischem Gebiet. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die ohne Zeitdruck, Schichtarbeit, Zwangshaltungen und schweres Heben und Tragen einhergehen, könnten täglich mindestens für drei bis sechs Stunden geleistet werden. Eine intensive Reha mit gleichzeitiger Suchtbehandlung (Nikotinabhangigkeit) könne das Leistungspotenzial des Klägers bessern. Der Radiologe Dr. S. gab in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 31.10.2011 an, dass je nach neurologischer Symptomatik infolge Bandscheibenprolaps eine normale berufliche Tätigkeit nicht ausgeführt werden könne. Eine medizinische Leistung zur Reha könne die volle Erwerbsfähigkeit wieder herstellen.
Anschließend hat das SG den Nervenarzt Prof. Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser teilte mit Schreiben vom 29.12.2011 mit, dass die Hauptbeschwerden nach Einschätzung der Ärzte auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet lägen. Er bezweifle insoweit, dass eine Begutachtung durch ihn als Psychiater erfolgen sollte.
Das SG beauftragte daraufhin Dr. B., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Dieser teilte in seinem Gutachten vom 10.04.2012 folgende Diagnosen mit: Zustand nach Operation eines Bandscheibenvorfalls LWS 5/SWK 1 06/2009, koronare Herzerkrankung, Zustand nach posterolateralem Myocardinfarkt 07/2009, Sulcus ulnaris-Syndrom links (sensibel), arterielle Hypertonie (medikamentös behandelt), Adipositas per magna (alimentär) und Nikotinabusus. In der Gesamtbetrachtung komme er zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne. Das Heben und Tragen sowie das Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg sei bei einem Zustand nach Bandscheiben-OP und den Beschwerden von Seiten des Achsenorgans nicht leidensgerecht und sollte daher vermieden werden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei aufgrund der Sensibilitätsstörung des Klein- und Ringfingers geringfügig eingeschränkt. Zwangshaltungen sowie das ständige Bücken, Steigen auf Leitern etc sollten ebenfalls aufgrund der körperlichen Konstitution mit massiver Adipositas vermieden werden. Eine Reduktion der Risikofaktoren in Form von einem nicht unerheblichen Nikotinabusus sowie eine Gewichtsreduktion würden das Leistungsvermögen des Klägers zusätzlich deutlich verbessern. Die leichte sensible Schädigung des Nervus ulnaris bedinge keine quantitative, allenfalls in geringem Ausmaß qualitative Leistungseinschränkung. Nach seiner Einschätzung könne der Kläger vier Mal täglich 500 m in maximal 20 Minuten zu Fuß zurücklegen. Es bestünde zwar ein leicht hinkendes Gangbild mit Schonung des linken Beines, der Kläger laufe jedoch ohne jegliche Gehhilfe und habe den Weg vom Parkplatz zum Sprechzimmer ohne fremde Hilfe zu Fuß problemlos zurücklegen können. Zusätzliche Arbeitspausen seien ebenfalls nicht erforderlich.
Mit Urteil vom 11.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Gestützt auf die Gutachten des Dr. R. und des im Gerichtsverfahren erstatteten Gutachtens von Dr. B. hat es die Auffassung vertreten, dass der Kläger noch leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung gewisser Einschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar leisten könne. Nicht gefolgt werden könne der anderslautenden Einschätzung der den Kläger behandelnden Ärzte. Darüber hinaus dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass sowohl die behandelnden Ärzte als auch alle gehörten Gutachter dem Kläger zur Durchführung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme geraten hätten. Solange der Kläger eine solche zumutbare Behandlungsmöglichkeit ablehne und ein erfolgsversprechendes Behandlungspotenzial bestehe, könne eine dauerhafte qualitative Leistungsminderung bereits deshalb nicht auf diese Erkrankungen gestützt werden. Das Urteil ist dem Kläger am 29.12.2012 zugestellt worden.
Am 28.01.2013 hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung weist er darauf hin, dass seine Erkrankungen von Dr. H. genauestens beschrieben und dargelegt worden seien. Dieser Leistungseinschätzung sei zu folgen. Demgegenüber könne der Einschätzung von Dr. B. nicht gefolgt werden. Im Übrigen habe er nach seinen Herzinfarkten und der Bandscheibenoperation keine Chance mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Eine Rehabilitation würde keinen Sinn ergeben, da sein Körper in keinster Form mehr belastbar sei. Auch die Regelung zur Berufsunfähigkeit sei für ihn nicht nachvollziehbar. Auch wenn er nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei, stehe ihm eine Berufsunfähigkeitsrente zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.12.2012 sowie den Bescheid vom 15.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01.03.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat Dr. N. als behandelnden Orthopäden als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser teilte in seinem Schreiben vom 18.03.2013 mit, dass er der Ansicht sei, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne.
Darüber hinaus hat das Gericht Dr. S. als sachverständige Zeugin befragt, nachdem der Kläger ein Attest über ein vorhandenes Schlaf-Apnoe-Syndrom vorgelegt hat. Diese teilte in ihrem Schreiben vom 10.09.2013 mit, dass aufgrund der Tagesmüdigkeit bei nicht erholsamem Nachtschlaf eine sechsstündige Tätigkeit pro Tag die Gesundheit des Patienten verschlechtern würde. In erster Linie sollte der Patient im Schlaflabor untersucht werden, um die Diagnostik abzuschließen. Insoweit sollte eine CPAP-Therapie begonnen und im Schlaflabor überwacht werden. Anschließend sei eine Rehabilitation zu empfehlen, da Gewichtsabnahme, Rauchentwöhnung, Neueinstellung von Hypertonus und Hyperlipidämie sowie der Beginn einer moderaten Bewegungstherapie das Befinden des Patienten langfristig bessern würde und eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben wahrscheinlicher erscheinen lasse.
Mit Schreiben vom 09.09.2013 hat der Klägervertreter mitgeteilt, dass der Kläger einen Herzinfarkt erlitten habe. Das Gericht hat daraufhin den Chefarzt der Medizinischen Klinik II des Klinikums F. als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser teilte mit, dass der Kläger am 28.08.2013 mit dem klinischen Bild des akuten Coronarsyndroms mit Markererhöhung stationär aufgenommen wurde. Coronarangiografisch habe sich eine kritische RCX-Stenose im proximalen Segment dargestellt. Dieses erkrankte Segment sei interventionell behandelt worden, wobei ein DE-Stent zum Einsatz kam. Aus kardiologischer Sicht sei nach zuletzt erfolgter interventioneller Coronarrevaskularisation unter den Bedingung guter Blutdruckeinstellung bei echokardiografisch nachgewiesener geringfügiger Funktionsbeeinträchtigung des linken Ventrikels leichte körperliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden am Tag zumutbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten, die Akten des SG und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 15.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 31.08.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit habe (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gehindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünftagewoche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. R., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten kann. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert.
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit aufgrund der coronaren Herzerkrankung ist nach dem im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten des Dr. R. nicht gegeben. So hat dieser nachvollziehbar und schlüssig mitgeteilt, dass aufgrund der beim Kläger vorliegenden coronaren Herzerkrankung die cardiovaskuläre Leistungsbreite nicht wesentlich vermindert und die myokardiale Funktion nicht wesentlich eingeschränkt sei. Auch fänden sich keine Hinweise für Rhythmusstörungen. Dies entspricht auch der Beurteilung des Kardiologen Dr. S. in dem Befundbericht vom 08.09.2009, der eine stabile coronare Herzerkrankung ohne Hinweis auf eine Belastungscoronarinsuffizienz diagnostizierte und bei welchem das Belastungs-EKG bei 125 Watt allein aufgrund der peripheren muskulären Ermüdung beendet wurde. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund des akuten Coronarsyndroms mit Markererhöhung im August 2013. Zwar wurde coronarangiografisch eine kritische RCX-Stenose im proximalen Segment festgestellt. Dieses erkrankte Segment wurde jedoch interventionell behandelt, wobei ein DE-Stent zum Einsatz kam. Insoweit teilte PD Dr. J. in seiner sachverständigen Zeugenaussache vom Februar 2014 mit, dass bei echokardiographisch nachgewiesener geringer Funktionsbeeinträchtigung des linken Ventrikels leichte körperliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden am Tag zumutbar seien.
Hinsichtlich der Erkrankungen auf neurologischem Fachgebiet folgt der Senat der Leistungseinschätzung im vom SG eingeholten Gutachten des PD Dr. B ... Diese Beurteilung ist auch unter Berücksichtigung der sonstigen vorgelegten ärztlichen Unterlagen schlüssig und nachvollziehbar. Danach wurde der Kläger im Juli des Jahres 2009 mikrochirurgisch wegen eines Bandscheibenvorfalls LWK 5/SWK1 operiert. Der Kläger hatte sich jedoch von der Wirbelsäulenoperation gut erholt. Insoweit habe auch die allgemeine körperliche Untersuchung durch den Gutachter einen massiv adipösen Kläger ohne relevante äußere Auffälligkeiten gezeigt. Neurologisch sei eine Hypästhesie/Hypalgesie sämtlicher Finger der linken Hand angegeben worden, wobei die Finger D IV und V ausgeprägter betroffen schienen. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich und lebhaft auslösbar gewesen. Hinweise auf das Vorliegen relevanter Paresen hätten sich weder im Bereich der linken Hand, noch der Fuß- und Zehenhebung ergeben, so dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein vormals bestehendes sensomotorisches Wurzelkompressionssyndrom L5 links nicht mehr nachweisbar war. Psychisch sei weitgehend ein Normalbefund erhoben worden. Zusammenfassend bestünde ein Zustand nach Bandscheibenoperation LWK5/SWK1, von der sich der Kläger, zumindest entsprechend des klinisch-neurologischen Befundes, wieder sehr gut erholt habe. Die bildmorphologischen Befunde (MRT der Lendenwirbelsäule) mit degenerativen Veränderungen und einer beginnenden Spondylarthrose in den unteren Lendenwirbelsegmenten entspreche der Altersnorm.
In der Gesamtbetrachtung kommt der Gutachter damit zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten kann. Lediglich das Heben und Tragen sowie das Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg sei bei einem Zustand nach Bandscheiben-OP und den Beschwerden von Seiten des Achsorgans nicht leidensgerecht und sollten daher vermieden werden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei aufgrund der Sensibilitätsstörungen des Klein- und Ringfingers geringfügig eingeschränkt. Zwangshaltungen sowie das ständige Bücken, Steigen auf Leitern etc sollten ebenfalls aufgrund der körperlichen Konstitution mit massiver Adipositas vermieden werden. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich zu verrichten.
Diese Leistungseinschätzung leitet der Gutachter nachvollziehbar und schlüssig aus den erhobenen Befunden ab. Sie wird darüber hinaus auch durch die Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. N. gestützt, der ebenfalls von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeht.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Senat keine Bedenken, das Gutachten von PD Dr. B. zu verwerten. Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger vorgetragen, dass eine objektive, sachliche und unparteiische Begutachtung nicht stattgefunden habe. Einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht ausdrücklich gestellt. Darüber hinaus hat er auch keine Befangenheitsgründe mitgeteilt sondern lediglich pauschal angegeben, dass er erfahren habe, "dass Herr Dr. B. und Herr Dr. R. und Dr. L. sehr gut befreundet sind. Hier liegt es sehr nahe, dass sich diese auch untereinander austauschen über Patienten". Im Übrigen hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass dieser Vortrag unzutreffend sei.
Durch die vom SG und vom Senat durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte Dr. S. und Dr. F. wiederlegt. Der Allgemeinmediziner und Internist Dr. F. hat seine Einschätzung nicht mit objektiven Befunden und Diagnosen belegt. Vielmehr hat er mitgeteilt, dass die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit bei 125 Watt liegt und die Wirbelsäulen-OP ohne bleibende Lähmungen abgeschlossen wurde. Seine Leistungseinschätzung ist daher für den Senat weder nachvollziehbar noch schlüssig. Der Radiologe Dr. S. hat lediglich mitgeteilt, dass eine normale berufliche Tätigkeit abhängig vom Ausmaß der Beschwerdesymptomatik nicht mehr ausgeführt werden könne. Eine Differenzierung zwischen qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen sowie eine dauerhafte und nicht nur akute Einschränkung lässt sich der Stellungnahme jedoch nicht entnehmen. Auch kann der Stellungnahme nicht entnommen werden, auf welche Befunde und Diagnosen Dr. S. sich insoweit stützt.
Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen.
Widerlegt ist darüber hinaus aber auch die Einschätzung von Dr. H. in seinem Gutachten vom 02.09.2009. Zutreffend hat Dr. L. darauf hingewiesen, dass die sozialmedizinische Beurteilung nicht nachvollziehbar und schlüssig ist. So verneint Dr. H. eine schwerwiegende seelische Störung bei diagnostizierter Somatisierungsstörung. Hinsichtlich der kardialen Situation wird auf eine internistische Begutachtung verwiesen. Da hiernach die kardiale Leistungsbreite nicht wesentlich eingeschränkt ist, verbleibt eine orthopädisch-neurochirurgische Problematik bei Zustand nach Operation eines großen Bandscheibenvorfalles. Von diesem hat sich der Kläger jedoch nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen wieder sehr gut erholt. Warum die Leistungsfähigkeit des Klägers über qualitative Einschränkungen hinaus auch quantitative Leistungseinschränkungen aufweist, geht daher aus dem Gutachten nicht schlüssig hervor.
Schließlich ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem beim Kläger vorliegenden Schlafapnoe-Syndrom keine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. So hat Dr. S. mitgeteilt, dass derzeit eine Akuterkrankung vorliegt. Insoweit ist in Übereinstimmung mit ihr davon auszugehen, dass durch eine entsprechende Behandlung sich das Leistungsvermögen innerhalb eines Zeitraums von unter 6 Monaten deutlich verbessert, worauf auch der beratungsärztliche Dienst der Beklagten zutreffend hingewiesen hat.
Der Sachverhalt ist damit aufgeklärt. Soweit der Kläger die ergänzende Befragung von Dr. J. im Schriftsatz vom 20.05.2014 beantragt hat, wurde dieser Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt. Im Übrigen hat Dr. J. zwar mitgeteilt, dass er eher die Wirbelsäulenproblematik als limitierend ansehe. In Übereinstimmung mit den vorliegenden Befunden nennt er jedoch ebenfalls nur qualitative Einschränkungen. Da Dr. J. den Kläger auch hinsichtlich der Wirbelsäulenproblematik nicht behandelt hat, sah sich der Senat nicht zu einer weiteren Beweisermittlung gedrängt. Weitere Ermittlungen waren auch hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Arztbriefes vom 12.05.2014 nicht veranlasst. So wird dort zwar ein knotiger Tastbefund tief präpektoral links, schmerzhaft beschrieben, Anhaltspunkte für eine quantitative Leistungseinschränkung ergeben sich hieraus aktuell nicht und wurden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Schließlich fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre. Qualitative Leistungseinschränkungen bestehen hinsichtlich des Hebens und Tragens sowie des Bewegens von Lasten ohne Hilfsmittel über 10 kg und dem Ausschluss von Zwangshaltungen sowie des ständigen Bückens, Steigen auf Leitern etc. Darüber hinaus liegt eine geringfügige Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand vor. Diesen Einschränkungen wird bereits durch den Umstand Rechnung getragen, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind. Auch der Ausschluss von Arbeiten in Kälte, Zugluft und Nässe begründet weder eine ungewöhnliche noch eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5 aRKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass der Kläger vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Diese Voraussetzung ergibt sich unmittelbar aus § 240 Abs 1 Nr 1 SGB VI und ist damit Tatbestandsvoraussetzung. Da der Kläger nach diesem Stichtag geboren ist, kommt daher bereits aus diesem Grund die Zuerkennung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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