L 11 R 757/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 4599/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 757/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21.12.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten.

Die am 29.02.1948 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben von 1965 bis 1966 in Serbien die Sekretärinnenschule absolviert. 1969 reiste die Klägerin in die Schweiz ein. Im Jahr 1972 siedelte sie sodann in die Bundesrepublik Deutschland über. In der Folge übte sie verschiedene Aushilfstätigkeiten in diversen Restaurants aus. Von 1978 bis 1988 betrieb sie einen Gastronomiebetrieb in H. mit ihrem Ehemann. Hieran schloss sich von 1988 bis 1992 der Betrieb einer Diskothek und ein weiteres Restaurant an. Zuletzt betrieb die Klägerin im Zeitraum von 1992 bis 1998 ein italienisches Restaurant (S. S.). Nach ihren Angaben hat sie diese Tätigkeit wegen diverser Beschwerden aufgeben müssen. Insoweit bezieht die Klägerin eine Rente von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten.

Die Klägerin stellte am 24.07.2006 erstmals einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Begutachtung der Klägerin. Dr. D. stellte in seinem Gutachten vom 06.11.2006 folgende Diagnosen: leichte Hauterscheinungen im Bereich der Hände bei vorbenannten allergischen Kontaktekzemen der Hände (als BK anerkannt seit 1998), chronisch rezidivierendes belastungsabhängiges degeneratives Wirbelsäulensyndrom (insbesondere LWS-Syndrom), Übergewicht mit erfolgter Bauchdeckenplastik 1998, labile arterielle Hypertonie, vorbenannte Daumensattelgelenksarthrose und leichte Fingerpolyarthrose beidseits ohne Beschwerdeangaben. Die Klägerin sei noch in der Lage, sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter qualitativen Leistungseinschränkungen tätig zu sein. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 21.11.2006).

Am 26.04.2010 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Dieser wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 21.06.2010 abgelehnt, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rentenleistung nicht vorlägen. Die Klägerin sei seit dem 07.08.2007 voll erwerbsgemindert, insoweit müsse das Versicherungskonto für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 06.08.2007 eine Mindestanzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen enthalten, was jedoch nicht der Fall sei. Die Beklagte stützte sich insoweit auf das freie Gutachten des Dr. W. vom 07.08.2007. In diesem erhob er folgende Diagnosen:

1. Chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei ausgeprägter Facettengelenksarthrose mit Einengung des Wirbelkanals, ohne Nervenwurzelreizerscheinungen in Ruhe, mit angegebenen Kribbelmissempfindungen beim längerem Gehen und Stehen, sowie mit deutlicher Bewegungseinschränkung 2. Chronisches Halswirbelsäulensyndrom mit Bewegungseinschränkung, rezidivierenden pseudoradikulären Ausstrahlungen in beide Arme bei dem Alter mäßig vorauseilenden Abnutzungserscheinungen 3. Chronisch myalgiformes Schmerzsyndrom im Sinne Fibromyalgie 4. Beginnende Fingerpolyarthrose 5. Spreizfußdeformität mit Krallenzehn und statischen Vorfußbeschwerden 6. Kniefunktionsstörung beidseits bei Innenmeniskusreizsymptomatik und patellofemoralem Schmerzsyndrom (ohne Bewegungseinschränkung) und mit geringgradigen äußeren Reizerscheinungen 7. Adipositas 8. ausgeprägte Multiallergien.

Unter Berücksichtigung dieser Diagnosen sei die Klägerin aufgrund der chronischen Schmerzen leistungsgemindert. Sie könne selbst leichte körperliche Tätigkeiten nur noch für drei Stunden täglich ausüben.

Der gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten am 15.07.2014 eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, die Erwerbsminderung sei erst im April 2010 eingetreten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei davon auszugehen, dass der Leistungsfall bereits am 01.08.2007 eingetreten sei. Zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt.

Am 23.12.2010 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, dass weitere Beitragszeiten zu berücksichtigen seien. Die Klägerin habe bereits folgende Beitragszeiten nachgewiesen:

- 01.01.2002 - 31.03.2006 - 01.07.2006 - 31.12.2006 - 01.07.2007 - 28.02.2007 - 04.06.2007 - 31.07.2007

Danach habe die Klägerin mehr als 25 Monate Pflichtbeiträge nachweisen können. Es sei auch die Mindestanzahl von 36 Monaten an Pflichtbeiträgen für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 06.08.2007 erreicht.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. S. mit psychologischer Evaluation bei Diplom-Psychologin F ... Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 16.05.2012 folgende Diagnosen mitgeteilt: Osteochondrose der Halswirbelsäule, Osteochondrose lumbo-sakral mit Lumbalgie, Adipositas, allergisches Kontaktekzem der Hände, Tinnitus beidseits und chronische Schmerzstörung. Die festgestellten Gesundheitsstörungen würden die Leistungsfähigkeit in qualitativer Hinsicht leicht einschränken. Die Klägerin könne jedoch noch ihre Tätigkeit als Aushilfe im Restaurant weiterhin vollschichtig ausüben und sei zudem in der Lage, mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben. Auch die Gehfähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt.

Das Gericht hat darüber hinaus zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts sachverständige Zeugenauskünfte bei den Ärzten Dr. W., Dr. K., Dr. H. und Dr. K. eingeholt. Der behandelnde Arzt Dr. W. teilte mit, eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit August 2007 sei nicht erkennbar. Es bestehe eine Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten ohne besondere Beanspruchung der Wirbelsäule. Die Allergologin Dr. K. berichtete davon, dass die Klägerin an multiplen Kontaktallergien sowie einem chronischen Handekzem leide. Die Klägerin könne daher nicht mehr als Gastronomin arbeiten, da sie keine Tätigkeiten im Nassen oder Feuchten ausführen könne. Tätigkeiten im Trockenen und bei geregeltem Raumklima und mechanisch nicht stark belastende Tätigkeiten könnten jedoch aus rein hautärztlicher Sicht mindestens sechs Stunden täglich ausgeführt werden. Der Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. K. teilte mit, dass aus HNO-ärztlicher Sicht keine wesentliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit bestünde. Die Klägerin könne freilich nur noch zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. ging davon aus, dass die Klägerin aus ihrer allgemeinärztlichen Sicht höchstens sechs Stunden täglich je Arbeitstag arbeiten könne.

Mit Urteil vom 21.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. S. sowie den sachverständigen Zeugenauskünften der Ärzte Dr. K., Dr. H. und Dr. K ... In Übereinstimmung mit dem Sachverständigengutachten des Dr. S. sei davon auszugehen, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr nachzugehen. Ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) würde ebenfalls ausscheiden. Denn nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland habe die Klägerin lediglich Aushilfstätigkeiten bzw einfache Tätigkeiten der Gastronomie wahrgenommen. Sie genieße daher keinen Berufsschutz und sei auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 09.01.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 11.02.2013 beim SG Berufung eingelegt, welche am 21.02.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingegangen ist. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass sie tatsächlich erst im April 2010 erwerbsgemindert gewesen sei, da es hier zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Insoweit sei dem Gutachten des Dr. S. zu widersprechen. Dieser habe behauptet, dass sie schmerzfrei wäre. Dies entspreche jedoch nicht der Wahrheit. Sie müsse jeden Tag Voltaren Tabletten nehmen. Da sie diese aber nicht vertrage, müsse sie immer wieder einige Tage aussetzen und starke Schmerzen ertragen. Auch der Aussage der Diplom-Psychologin F. sei zu widersprechen. Insbesondere betreue sie die Enkelkinder nicht. Die Enkelkinder würden vielmehr durch die Tochter und den Schwiegersohn bzw den Sohn und die Schwiegertochter betreut. Sie verbringe lediglich gern Zeit mit ihnen und schöpfe hieraus ein wenig Kraft. Entgegen der Aussage der Diplom-Psychologin F. bewältige sie auch den Haushalt nicht. Dieser werde durch den Mann erledigt. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass sie in ihrem Leben keineswegs nur aushilfsweise gearbeitet habe. Von 1980 bis 1985 sei sie selbständige Gastronomin und Hotelier gewesen. Auch vom 29.02.1992 bis 21.01.1998 sei sie selbständige Gastronomin gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21.12.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 21.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und auf die Ausführungen des SG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).

Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.

Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Die Klägerin kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Der Senat teilt die Auffassung des SG und schöpft seine Überzeugung aus dem nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. S ... Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung des Sachverständigen. Dr. S. hat nach klinischer Untersuchung der Klägerin und unter Berücksichtigung der Befragung der Klägerin durch Diplom-Psychologin F. folgende Gesundheitsstörungen beschrieben:

1. Osteochondrose der Halswirbelsäule 2. Osteochondrose lumbo-sakral mit Lumbalgie 3. Adipositas 4. allergisches Kontaktekzem der Hände 5. Tinnitus beidseits 6. chronische Schmerzstörung.

Der Sachverständige hat für den Senat nachvollziehbar und schlüssig ausgeführt, dass die Klägerin durch die festgestellten Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet in qualitativer Hinsicht eingeschränkt ist. Das Heben und Tragen schwerer Lasten über 10 kg und das Arbeiten in Zwangshaltungen wie beispielsweise in dauerhaft gebückter Stellung sind zu vermeiden. Die festgestellten Gesundheitsstörungen auf psychosomatischem Fachgebiet (chronische Schmerzstörung) schränkt die Leistungsfähigkeit hinsichtlich Arbeiten unter Zeitdruck sowie erhöhter Verantwortung ein. Bezüglich der auf dermatologischem Fachgebiet vorhandenen Beschwerden sind Arbeiten im Nassbereich und mit Allergenbelastung zu vermeiden. Unter Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen kann die Klägerin mindestens sechs Stunden arbeitstäglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Dies wird auch durch die sachverständige Zeugenauskunft des behandelnden Orthopäden, Unfallchirurgen und Sportmediziners gestützt. Dr. W. ging in seiner Auskunft vom 16.07.2012 von einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne besondere Beanspruchung der Wirbelsäule aus. Auch Dr. K. als behandelnde Hautärztin-Allergologin gab überstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen an.

Soweit Dr. H. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft von einer Höchstdauer von sechs Stunden ausgeht, lässt sich die Abweichung zum Gutachten von Prof. Dr. Schiltenwolf nicht nachvollziehbar aus den Befunden ableiten. So hat die Hausärztin und Allgemeinmedizinerin mitgeteilt, dass sie die Klägerin lediglich wegen eines Diabetes mellitus, Hypertonie und Hypercholesterinämie behandelt und diese Gesundheitsstörungen sich nicht auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin auswirken. Im Übrigen schließt aber auch das von Dr. H. angenommene Restleistungsvermögen von sechs Stunden für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes das Begehren auf Erwerbsminderungsrente aus.

Zwar hat der behandelnde Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. K. mitgeteilt, dass er lediglich noch von einer Leistungsfähigkeit zwischen drei und unter sechs Stunden ausgeht. Dies Leistungseinschätzung lässt sich allerdings nicht aus den mitgeteilten Befunden ableiten. So geht der behandelnde HNO-Arzt davon aus, dass Arbeiten im Lärm vermieden werden sollen. Inwieweit aber bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkung darüber hinausgehende quantitative Leistungseinschränkungen zu beachten sind, bleibt offen. Aus HNO-ärztlicher Sicht sieht Dr. K. ausdrücklich keine wesentliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit.

Auch das freie Gutachten des behandelnden Orthopäden Dr. W. vom 07.08.2007 vermag nicht zu überzeugen. Für den Senat ist insoweit schon nicht nachvollziehbar wie Dr. W. zu seiner Bewertung gelangt. Es fehlt nicht nur eine ausführliche Anamneseerhebung, sondern auch eine Medikamentenanamnese sowie eine ausführliche Anamnese zu den von der Klägerin bereits ergriffenen Therapiemaßnahmen. Auch der Tagesablauf der Klägerin findet sich in dem Gutachten nicht. Gerade bei Schmerzpatienten müssen die Angaben des Patienten jedoch kritisch hinterfragt werden. Hierzu ist eine ausführliche Anamneseerhebung notwendig. Dies wäre in vorliegendem Fall umso bedeutender gewesen, als der Gutachter die von ihm attestierte Leistungsminderung insbesondere auf die von der Klägerin geklagten chronischen Schmerzen stützt.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, besteht nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5 aRKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1948 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihn unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderung in ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI).

Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit im Sinne des § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN).

Als bisheriger Beruf kommen dabei nur versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigungen oder Tätigkeiten in Betracht. Nur der pflichtversicherte ausgeübte Beruf bestimmt das versicherte Risiko (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 66 mwN).

Als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat die Klägerin nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland lediglich Aushilfstätigkeiten bzw einfache Tätigkeiten in der Gastronomie wahrgenommen und somit keine höherwertigen Tätigkeiten verrichtet, so dass sie unter Berücksichtigung des vom Bundessozialgerichts entwickelten Mehrstufenschemas allenfalls als angelernte des unteren Bereichs anzusehen ist. Zur Konsequenz hat dies, dass sie keinen Berufsschutz genießt und auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Grüne für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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