Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 35 SO 5/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 84/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 17.01.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers vom 20.02.2014 (eingegangen am gleichen Tag) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 17.01.2014, dem Kläger zugestellt am 21.01.2014, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger für die Durchführung des Klageverfahrens gegen den die Übernahme des Eigenanteils in Höhe von 2.131,57 EUR zu den Kosten für die Versorgung mit Zahnersatz ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 31.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 Prozesskostenhilfe zu gewähren.
1.) Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung - (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn - bei summarischer Prüfung - eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache - auch im Sinne eines Teilerfolges - besteht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn. 7 ff. m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze kann der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zugebilligt werden, weil sich der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 31.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 als rechtmäßig erweist und den Kläger somit nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Dem Kläger, der gemäß § 19 Abs. 2 und 3 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem Vierten bis Neunten Kapitel des SGB XII ist, steht aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme des Eigenanteils aus der zahnärztlichen Behandlung zu.
Der Senat schließt sich zunächst entsprechend § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) den zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid an. Auch das Beschwerdevorbringen des Klägers vermag - bei allem Verständnis für seine als Folge des unverschuldeten Unfalls erlittenen gesundheitlichen und finanziellen Belastungen - keine ihm günstigere Entscheidung herbeizuführen.
Ergänzend weist der Senat auf das Folgende hin:
Ein Anspruch des Klägers nach § 48 Satz 1 SGB XII scheidet schon deswegen aus, weil er als versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung (hier: AOK Rheinland/Hamburg) gegenüber dieser einen unmittelbaren Leistungsanspruch hat (§ 55 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). In diesem Fall kommt die nur subsidiäre Regelung des § 48 Satz 1 SGB XII nicht zur Anwendung (vgl. Senat, Urt. v. 21.02.2013 - L 9 SO 455/11 -, juris Rn. 42). Im Übrigen entsprechen die Hilfen nach §§ 47 bis 51 SGB XII nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, so dass die im SGB V vorgesehenen Eigenleistungen bzw. Eigenanteile auch bei den Leistungen nach § 48 Satz 1 SGB XII zur Anwendung kommen (vgl. auch BSG, Urt. v. 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R -, juris Rn. 12). Besteht gegen die gesetzliche Krankenkasse mithin kein Anspruch auf Übernahme des Eigenanteils, scheidet ein entsprechender Anspruch gegen den Sozialhilfeträger ebenfalls aus.
So liegt der Fall hier. Für Zahnersatz sieht das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung u.a. für Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw. der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem SGB XII in § 55 SGB V eine "Vollversorgung" vor. Hiernach haben Versicherte einen Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfassen die Festzuschüsse 50 vom Hundert der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 6 und 7 SGB V festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung nach § 56 SGB V. Dieser Zuschuss erhöht sich - vorbehaltlich einer Begrenzung in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten - um weitere 50 vom Hundert und damit auf insgesamt 100 vom Hundert, wenn der Versicherte ansonsten unzumutbar belastet würde, was beim Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw. der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem SGB XII der Fall ist (§ 55 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB V). Nur wenn der Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz wählt, hat er nach § 55 Abs. 4 SGB V die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 SGB V aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen. Damit werden die Kosten der (Regel-)Versorgung für medizinisch notwendigen Zahnersatz u.a. bei Beziehern von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, die - wie der Kläger - in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, von der gesetzlichen Krankenkasse in vollem Umfang übernommen (s. zum insoweit parallelen Recht des SGB II LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.06.2011 - L 12 AS 1077/11 -, juris Rn. 32; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 13.02.2007 - L 10 B 102/07 AS PKH -, juris Rn. 3; SG Würzburg, Beschl. v. 18.11.2011 - S 15 AS 772/11 ER -, juris Rn. 24). Insoweit wird das menschenwürdige Existenzminimum durch die kostenfreie Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.09.2007 - L 28 B 1552/07 AS ER -, juris Rn. 2). Hier hat sich die für den Kläger zuständige gesetzliche Krankenkasse, die AOK Rheinland/Hamburg, an den Kosten für dessen Zahnersatz mit einem doppelten Festzuschuss nach § 55 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB V in Höhe von insgesamt 1.897,34 EUR beteiligt (Bescheid vom 15.01.2013), so dass nach den o.a. Grundsätzen eine (weitere) Übernahme der Differenz zwischen dem Festzuschuss und dem Eigenanteil bzw. den Mehrkosten (§ 55 Abs. 4 SGB V) durch den beklagten Sozialhilfeträger auch im Fall einer Anwendung von § 48 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht kommt.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Übernahme des Eigenanteils folgt auch nicht aus einer Erhöhung des Regelsatzes nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII (i.V.m. § 42 Nr. 1 SGB XII). Danach setzt eine solche Erhöhung voraus, dass der individuelle Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Ungeachtet der Problematik, dass § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII hier schon deswegen keine Anwendung findet, weil es sich bei dem Eigenanteil des Klägers um einen einmaligen Bedarf handelt, eine Erhöhung des Regelsatzes jedoch nur bei dauerhaft wiederkehrenden Bedarfen in Betracht kommt (vgl. nur Becker, in: jurisPK-SGB XII, § 37 Rn. 12 m.w.N.), fehlt es im vorliegenden Fall jedenfalls an einem "unabweisbaren" Bedarf. Denn dieser Bedarf wird durch den Leistungskatalog des SGB V hinreichend abgedeckt (vgl. BSG, Urt. v. 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R -, juris Rn. 22 f.). Gewährleistet die gesetzliche Krankenversicherung - so wie hier - eine hinreichende Versorgung mit Zahnersatz (hier sogar eine "Vollversorgung", s.o.), haben auch gesetzlich krankenversicherte Empfänger von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen und Eigenanteile/Mehrkosten (hier: § 55 Abs. 4 SGB V) ausnahmslos zu leisten und damit aus dem Regelbedarf zu erbringen (s. BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R -, juris Rn. 22 zum Eigenanteil für eine kieferorthopädische Behandlung nach § 29 Abs. 2 SGB V; vgl. zu Zuzahlungen BSG, Urt. v. 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R -, juris Rn. 13 ff.). Soweit der Kläger unter Berufung auf medizinische Unterlagen seiner ihn behandelnden Zahnärzte geltend macht, dass Art und Umfang der von ihm vorgenommenen "Zahnsanierung" medizinisch notwendig gewesen seien, folgt hieraus keine andere rechtliche Bewertung. Da es sich hierbei um Mehrleistungen i.S.d. § 55 Abs. 4 SGB V gehandelt hat, die folglich über die notwendige Versorgung hinausgehen, sind sie nach der Grundkonzeption des SGB V vom Versicherten selbst zu tragen und können daher auch nicht durch Leistungen nach dem SGB XII gedeckt werden (s. BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R -, juris Rn. 26).
Aus den soeben genannten Gründen scheidet auch ein Anspruch des Klägers aus § 73 Satz 1 SGB XII aus. Danach können Leistungen auch in besonderen bzw. sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Damit sollen nur sog. atypische Bedarfe gedeckt werden, die nicht bereits durch andere Vorschriften des SGB XII erfasst sind. Wird der geltend gemachte Bedarf allerdings vom Regelbedarf umfasst, ist für eine Anwendung von § 73 Satz 1 SGB XII kein Raum (vgl. BSG, Urt. v. 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R -, juris Rn. 13 a.E.). Mit der gesetzlichen Gewährleistung einer "Vollversorgung" bei Zahnersatz durch die gesetzliche Krankenkasse in Form der Übernahme des doppelten Festzuschusses bei Leistung eines Eigenanteils des Versicherten aufgrund erbrachter Mehrleistungen kann von einer "atypischen" Bedarfslage keine Rede sein. Eine systemwidrige Umgehung der Konzeption des SGB V (s.o.) und des SGB XII selbst (s. § 52 SGB XII) über eine Ausweitung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung auf Mehrleistungen durch einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger kann und darf über die "Öffnungsklausel" des § 73 SGB XII schlechterdings nicht erreicht werden, zumal auch Beschränkungen des Leistungsumfangs nach dem SGB V nicht durch eine Anwendung des § 73 SGB XII umgangen werden können (vgl. Senat, Urt. v. 21.02.2013 - L 9 SO 455/11 -, juris Rn. 47).
Eine Übernahme des Eigenanteils des Klägers kommt ferner nicht unter dem von ihm geltend gemachten Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII) in Betracht, da Fälle der hier vorliegenden (Akut-)Kranken- bzw. Zahnbehandlung nichts mit der Eingliederung eines behinderten Menschen in die Gesellschaft zu tun haben (s. auch Senat, Urt. v. 21.02.2013 - L 9 SO 455/11 -, juris Rn. 43) und Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (einschließlich der Regelungen zu Eigenanteilen und Zuzahlungen) der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe vorgehen (vgl. Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 54 Rn. 4 m.w.N.).
Soweit der Kläger auch die darlehensweise Übernahme des Eigenanteils nach § 37 Abs. 1 SGB XII (i.V.m. § 42 Nr. 5 SGB XII) begehren sollte, was nach Aktenlage allerdings unwahrscheinlich ist, weil ein hierauf gerichteter Antrag nicht ersichtlich ist, hätte auch dies keine Aussicht auf Erfolg. Kann danach im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden, sollen auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden. Bei den Mehrkosten bzw. Eigenanteilen nach § 55 Abs. 4 SGB V handelt es sich jedoch nicht um einen "unabweisbaren" Bedarf; das zu § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII Ausgeführte (s.o.) gilt hier insoweit entsprechend. Deshalb kann auch dahinstehen, ob solche Mehrkosten überhaupt zu den Kosten der Gesundheitspflege als nach §§ 5, 6 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes - (RBEG) regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben gehören oder deshalb nicht "von den Regelbedarfen umfasst" sind, weil nur solche Kosten der Gesundheitspflege erfasst werden, für die die Vorschriften des SGB V keine "Vollversorgung" der gesetzlich krankenversicherten Personen vorsehen (vgl. hierzu Bender, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 24 SGB II Rn. 11). Dies hätte aufgrund der mit § 55 SGB V verbundenen "Vollversorgung" zur Konsequenz, dass die bei einer Versorgung mit höherwertigem Zahnersatz entstehenden Mehrkosten nach § 55 Abs. 4 SGB V mangels Zugehörigkeit zum menschenwürdigen Existenzminimum nicht vom Regelsatz nach § 27a Abs. 1 SGB XII erfasst sind und schon deswegen ein Darlehen nach § 37 SGB XII nicht in Betracht kommt (s. SG Würzburg, Beschl. v. 18.11.2011 - S 15 AS 772/11 ER -, juris Rn. 24).
2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
3.) Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers vom 20.02.2014 (eingegangen am gleichen Tag) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 17.01.2014, dem Kläger zugestellt am 21.01.2014, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger für die Durchführung des Klageverfahrens gegen den die Übernahme des Eigenanteils in Höhe von 2.131,57 EUR zu den Kosten für die Versorgung mit Zahnersatz ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 31.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 Prozesskostenhilfe zu gewähren.
1.) Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung - (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn - bei summarischer Prüfung - eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache - auch im Sinne eines Teilerfolges - besteht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn. 7 ff. m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze kann der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zugebilligt werden, weil sich der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 31.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 als rechtmäßig erweist und den Kläger somit nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Dem Kläger, der gemäß § 19 Abs. 2 und 3 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem Vierten bis Neunten Kapitel des SGB XII ist, steht aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme des Eigenanteils aus der zahnärztlichen Behandlung zu.
Der Senat schließt sich zunächst entsprechend § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) den zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid an. Auch das Beschwerdevorbringen des Klägers vermag - bei allem Verständnis für seine als Folge des unverschuldeten Unfalls erlittenen gesundheitlichen und finanziellen Belastungen - keine ihm günstigere Entscheidung herbeizuführen.
Ergänzend weist der Senat auf das Folgende hin:
Ein Anspruch des Klägers nach § 48 Satz 1 SGB XII scheidet schon deswegen aus, weil er als versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung (hier: AOK Rheinland/Hamburg) gegenüber dieser einen unmittelbaren Leistungsanspruch hat (§ 55 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). In diesem Fall kommt die nur subsidiäre Regelung des § 48 Satz 1 SGB XII nicht zur Anwendung (vgl. Senat, Urt. v. 21.02.2013 - L 9 SO 455/11 -, juris Rn. 42). Im Übrigen entsprechen die Hilfen nach §§ 47 bis 51 SGB XII nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, so dass die im SGB V vorgesehenen Eigenleistungen bzw. Eigenanteile auch bei den Leistungen nach § 48 Satz 1 SGB XII zur Anwendung kommen (vgl. auch BSG, Urt. v. 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R -, juris Rn. 12). Besteht gegen die gesetzliche Krankenkasse mithin kein Anspruch auf Übernahme des Eigenanteils, scheidet ein entsprechender Anspruch gegen den Sozialhilfeträger ebenfalls aus.
So liegt der Fall hier. Für Zahnersatz sieht das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung u.a. für Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw. der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem SGB XII in § 55 SGB V eine "Vollversorgung" vor. Hiernach haben Versicherte einen Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfassen die Festzuschüsse 50 vom Hundert der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 6 und 7 SGB V festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung nach § 56 SGB V. Dieser Zuschuss erhöht sich - vorbehaltlich einer Begrenzung in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten - um weitere 50 vom Hundert und damit auf insgesamt 100 vom Hundert, wenn der Versicherte ansonsten unzumutbar belastet würde, was beim Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw. der bedarfsorientierten Grundsicherung nach dem SGB XII der Fall ist (§ 55 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB V). Nur wenn der Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz wählt, hat er nach § 55 Abs. 4 SGB V die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 SGB V aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen. Damit werden die Kosten der (Regel-)Versorgung für medizinisch notwendigen Zahnersatz u.a. bei Beziehern von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, die - wie der Kläger - in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, von der gesetzlichen Krankenkasse in vollem Umfang übernommen (s. zum insoweit parallelen Recht des SGB II LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.06.2011 - L 12 AS 1077/11 -, juris Rn. 32; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 13.02.2007 - L 10 B 102/07 AS PKH -, juris Rn. 3; SG Würzburg, Beschl. v. 18.11.2011 - S 15 AS 772/11 ER -, juris Rn. 24). Insoweit wird das menschenwürdige Existenzminimum durch die kostenfreie Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.09.2007 - L 28 B 1552/07 AS ER -, juris Rn. 2). Hier hat sich die für den Kläger zuständige gesetzliche Krankenkasse, die AOK Rheinland/Hamburg, an den Kosten für dessen Zahnersatz mit einem doppelten Festzuschuss nach § 55 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB V in Höhe von insgesamt 1.897,34 EUR beteiligt (Bescheid vom 15.01.2013), so dass nach den o.a. Grundsätzen eine (weitere) Übernahme der Differenz zwischen dem Festzuschuss und dem Eigenanteil bzw. den Mehrkosten (§ 55 Abs. 4 SGB V) durch den beklagten Sozialhilfeträger auch im Fall einer Anwendung von § 48 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht kommt.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Übernahme des Eigenanteils folgt auch nicht aus einer Erhöhung des Regelsatzes nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII (i.V.m. § 42 Nr. 1 SGB XII). Danach setzt eine solche Erhöhung voraus, dass der individuelle Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Ungeachtet der Problematik, dass § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII hier schon deswegen keine Anwendung findet, weil es sich bei dem Eigenanteil des Klägers um einen einmaligen Bedarf handelt, eine Erhöhung des Regelsatzes jedoch nur bei dauerhaft wiederkehrenden Bedarfen in Betracht kommt (vgl. nur Becker, in: jurisPK-SGB XII, § 37 Rn. 12 m.w.N.), fehlt es im vorliegenden Fall jedenfalls an einem "unabweisbaren" Bedarf. Denn dieser Bedarf wird durch den Leistungskatalog des SGB V hinreichend abgedeckt (vgl. BSG, Urt. v. 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R -, juris Rn. 22 f.). Gewährleistet die gesetzliche Krankenversicherung - so wie hier - eine hinreichende Versorgung mit Zahnersatz (hier sogar eine "Vollversorgung", s.o.), haben auch gesetzlich krankenversicherte Empfänger von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen und Eigenanteile/Mehrkosten (hier: § 55 Abs. 4 SGB V) ausnahmslos zu leisten und damit aus dem Regelbedarf zu erbringen (s. BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R -, juris Rn. 22 zum Eigenanteil für eine kieferorthopädische Behandlung nach § 29 Abs. 2 SGB V; vgl. zu Zuzahlungen BSG, Urt. v. 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R -, juris Rn. 13 ff.). Soweit der Kläger unter Berufung auf medizinische Unterlagen seiner ihn behandelnden Zahnärzte geltend macht, dass Art und Umfang der von ihm vorgenommenen "Zahnsanierung" medizinisch notwendig gewesen seien, folgt hieraus keine andere rechtliche Bewertung. Da es sich hierbei um Mehrleistungen i.S.d. § 55 Abs. 4 SGB V gehandelt hat, die folglich über die notwendige Versorgung hinausgehen, sind sie nach der Grundkonzeption des SGB V vom Versicherten selbst zu tragen und können daher auch nicht durch Leistungen nach dem SGB XII gedeckt werden (s. BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R -, juris Rn. 26).
Aus den soeben genannten Gründen scheidet auch ein Anspruch des Klägers aus § 73 Satz 1 SGB XII aus. Danach können Leistungen auch in besonderen bzw. sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Damit sollen nur sog. atypische Bedarfe gedeckt werden, die nicht bereits durch andere Vorschriften des SGB XII erfasst sind. Wird der geltend gemachte Bedarf allerdings vom Regelbedarf umfasst, ist für eine Anwendung von § 73 Satz 1 SGB XII kein Raum (vgl. BSG, Urt. v. 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R -, juris Rn. 13 a.E.). Mit der gesetzlichen Gewährleistung einer "Vollversorgung" bei Zahnersatz durch die gesetzliche Krankenkasse in Form der Übernahme des doppelten Festzuschusses bei Leistung eines Eigenanteils des Versicherten aufgrund erbrachter Mehrleistungen kann von einer "atypischen" Bedarfslage keine Rede sein. Eine systemwidrige Umgehung der Konzeption des SGB V (s.o.) und des SGB XII selbst (s. § 52 SGB XII) über eine Ausweitung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung auf Mehrleistungen durch einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger kann und darf über die "Öffnungsklausel" des § 73 SGB XII schlechterdings nicht erreicht werden, zumal auch Beschränkungen des Leistungsumfangs nach dem SGB V nicht durch eine Anwendung des § 73 SGB XII umgangen werden können (vgl. Senat, Urt. v. 21.02.2013 - L 9 SO 455/11 -, juris Rn. 47).
Eine Übernahme des Eigenanteils des Klägers kommt ferner nicht unter dem von ihm geltend gemachten Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII) in Betracht, da Fälle der hier vorliegenden (Akut-)Kranken- bzw. Zahnbehandlung nichts mit der Eingliederung eines behinderten Menschen in die Gesellschaft zu tun haben (s. auch Senat, Urt. v. 21.02.2013 - L 9 SO 455/11 -, juris Rn. 43) und Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (einschließlich der Regelungen zu Eigenanteilen und Zuzahlungen) der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe vorgehen (vgl. Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 54 Rn. 4 m.w.N.).
Soweit der Kläger auch die darlehensweise Übernahme des Eigenanteils nach § 37 Abs. 1 SGB XII (i.V.m. § 42 Nr. 5 SGB XII) begehren sollte, was nach Aktenlage allerdings unwahrscheinlich ist, weil ein hierauf gerichteter Antrag nicht ersichtlich ist, hätte auch dies keine Aussicht auf Erfolg. Kann danach im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden, sollen auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden. Bei den Mehrkosten bzw. Eigenanteilen nach § 55 Abs. 4 SGB V handelt es sich jedoch nicht um einen "unabweisbaren" Bedarf; das zu § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII Ausgeführte (s.o.) gilt hier insoweit entsprechend. Deshalb kann auch dahinstehen, ob solche Mehrkosten überhaupt zu den Kosten der Gesundheitspflege als nach §§ 5, 6 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes - (RBEG) regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben gehören oder deshalb nicht "von den Regelbedarfen umfasst" sind, weil nur solche Kosten der Gesundheitspflege erfasst werden, für die die Vorschriften des SGB V keine "Vollversorgung" der gesetzlich krankenversicherten Personen vorsehen (vgl. hierzu Bender, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 24 SGB II Rn. 11). Dies hätte aufgrund der mit § 55 SGB V verbundenen "Vollversorgung" zur Konsequenz, dass die bei einer Versorgung mit höherwertigem Zahnersatz entstehenden Mehrkosten nach § 55 Abs. 4 SGB V mangels Zugehörigkeit zum menschenwürdigen Existenzminimum nicht vom Regelsatz nach § 27a Abs. 1 SGB XII erfasst sind und schon deswegen ein Darlehen nach § 37 SGB XII nicht in Betracht kommt (s. SG Würzburg, Beschl. v. 18.11.2011 - S 15 AS 772/11 ER -, juris Rn. 24).
2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
3.) Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar, § 177 SGG.
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