S 1 EG 2/09

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 1 EG 2/09
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Summe der positiven Einkünfte i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG besteht allein aus Einkünften, die der
Einkommensteuer unterliegen (§ 2 Abs. 1 EStG). Das Elterngeld kann nur nach den Bestandteilen des
Einkommens, die der Einkommensteuer unterliegen, festgesetzt werden. Steuerfreie Bestandteile, wie z. B.
der steuerfreie Anteil der Zuschläge für den Dienst zu ungünstigen Zeiten (DUZ) bleiben unberücksichtigt.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten ein höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des steuerfreien Teils der Zahlungen für Dienste zu ungünstigen Zeiten.

Die 1976 geborene Klägerin ist Polizeibeamtin. Sie beantragte am 15. April 2008 Elterngeld für ihren am 2008 geborenen Sohn bis zum Ende des 5. Lebensmonats des Kindes. Beigefügt waren die Verdienstbescheinigungen für den Zeitraum von März 2007 bis Februar 2008. Die Gehaltsberechnung setzte sich aus mehreren Komponenten zusammen. Enthalten war stets ein steuerfreier Betrag für den Dienst zu ungünstigen Zeiten (DUZ) in unterschiedlicher Höhe zwischen 23,04 und 182,80 EUR.

Mit Bescheid vom 30. April 2008 setzte die Beklagte dieses Elterngeld auf 1.188,55 Euro für den 4. und 5. Lebensmonat und auf 1.037,52 Euro für den 3. Lebensmonat des Kindes fest. Für den 1. und 2. Lebensmonat wurde kein Elterngeld bewilligt. Bei der Berechnung dieser Leistung legte die Beklagte das in der Abrechnung des Landesbesoldungsamtes Schleswig-Holstein ausgewiesene steuerpflichtige Einkommen zu Grunde.

Dagegen erhob die Klägerin am 19. Mai 2008 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, maßgebend sei das Einkommen, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden habe und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung stehe. Es ergebe sich aus den gesetzlichen Regelungen nicht, dass zur Berechnung des Elterngeldes nur der Teil des Einkommens heranzuziehen sei, der auch steuerpflichtig im Sinne des Einkommenssteuergesetzes ist. Wegen des Weiteren umfassenden Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 3. November 2008 Bezug genommen.

Durch Bescheid vom 2. Februar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, das Elterngeld werde auf der Grundlage des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs ermittelt und steuerfreie Beträge könnten daher nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Auf die Frage, ob sie sonst als Einkommen aus Erwerbstätigkeit anzusehen wären, komme es nicht an. Es könnte deshalb nur das steuerpflichtige Einkommen berücksichtigt werden.

Dagegen richtet sich die am 19. Februar 2009 bei dem Sozialgericht Lübeck erhobene Klage. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf den Widerspruch.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten bei der Berechnung des Elterngeldes für Finn Swiatek, geb. 2008, den steuerfreien Teil der Zahlungen für Dienste zu ungünstigen Zeiten (DUZ) zu berücksichtigen und das Elterngeld neu festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid.

Die Verwaltungs- und Gerichtsakte haben vorgelegen. Darauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden. Sie ist jedoch unbegründet, denn zutreffend hat die Beklagte bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes das vom Arbeitgeber bescheinigte steuerpflichtige Einkommen zu Grunde gelegt. Die steuerfreien Zahlungen für Dienste zu ungünstigen Zeiten können nicht berücksichtigt werden. Der angefochtene Bescheid vom 30. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2009 hält der rechtlichen Überprüfung stand und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 7 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) meinen mit dem Begriff Einkommen aus Erwerbstätigkeit nur das steuerpflichtige Einkommen. Einnahmen im Sinne von § 2 ABs. 7 Satz 1 BEEG sind daher von vornherein nur solche, die der Steuerpflicht unterliegen.

§ 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG definiert Einkommen als die Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 Einkommenssteuergesetz (EStG). Bei der Summe der Einkünfte handelt es sich um einen feststehenden steuerrechtlichen Begriff, der die Gesamtheit der steuerpflichtigen positiven Einkünfte (so wie die unter den Einkünftekatalog des § 2 Abs. 1 EStG subsumierbaren negativen Einkünfte) bezeichnet (vergleiche Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Auflage, § 9 Randziffer 120). Die Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG wird von vornherein nur aus den Einkünften gebildet, die "der Einkommenssteuer unterliegen", wie es in § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG heißt. Auf § 2 Abs. 1 EStG nimmt das BEEG ausdrücklich Bezug und beschränkt so die Summe der (positiven) Einkünfte auch für die Elterngeldberechnung auf solche, die einkommenssteuerpflichtig sind.

Dies folgt zwar nicht zwingend allein aus dem Wortlaut des Gesetzes, die Gesetzgebungsgeschichte des BEEG bestätigt jedoch diese Auslegung. Mit der Formulierung des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BEEG hat der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren den Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen, den Einkommensbegriff des Elterngeldes statt am Einkommensbegriff des Sozialrechts an demjenigen des Steuerrechts zu orientieren (vergleiche die Gesetz gewordene Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27. September 2006, BTDrs. 16/2785, Seite 43 linke Spalte), weil, so die Stellungnahme des Bundesrats zum ursprünglichen Gesetzentwurf, unterschiedliche Einkommensbegriffe im Elterngeld– und Einkommenssteuerrecht für die Berechtigten nicht nachvollziehbar gewesen wären (BR-Drs. 426/06, Seite 1). Folgerichtig ging der Gesetzgeber davon aus, die Anknüpfung an die Summe der positiven Einkünfte bewirke, das steuerfreie Einnahmen bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen seien. Hierzu zählen auch gemäß § 3 b EStG die Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit. Ob die Zuschläge zu dem Einkommen wegen des Dienstes zu ungünstigen Zeiten (DUZ) hinsichtlich ihres steuerfreien Anteiles direkt unter § 3 b EStG oder aber diese Vorschrift analog auf die DUZ anzuwenden ist, kann dahinstehen. Jedenfalls handelt es sich hinsichtlich des steuerfreien Teils um Einkommensanteile, die wegen der Steuerfreiheit nicht berücksichtigungsfähig sind.

Die Rechtsprechung ist insoweit eindeutig und einheitlich (vergleiche Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. September 2008, L 13 EG 27/08; BSG, Urteil vom 25. Juni 2009, B 10 EG 9/08 R; SG Darmstadt, Urteil vom 14. Oktober 2008, S 6 EG 6/08; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. Februar 2010, L 1 EG 6/08; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. März 2010, L 13 EG 44/09; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2009, L 12 EG 51/08; andere, jedoch mittlerweile aufgegebene Rechtsauffassung: SG Aachen, Urteil vom 8. April 2008, S 13 EG 19/07).

Nach allem bleibt festzuhalten, dass das Elterngeld nur nach den Einkommensbestandteilen, die der Einkommenssteuerpflicht unterliegen, festgesetzt werden kann. Steuerfreie Anteile bzw. steuerfreie Leistungen bleiben unberücksichtigt. Mit der im Einzelnen im Widerspruch aufgeführten Gründen brauchte sich die Kammer nicht auseinanderzusetzen, da die Klägervertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung diese Begründung nicht mehr aufrechterhalten hat. Weshalb andererseits keine Bereitschaft bestand, die Klage zurückzunehmen, muss offenbleiben.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, wegen der Unterschreitung des Wertes des Beschwerdegegenstandes von 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) unzulässige Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Sie ist dabei davon ausgegangen, dass bei einer Zahlung von Elterngeld für 3 Monate bei Berücksichtigung der steuerfreien DUZ der Wert des Beschwerdegegenstandes deutlich 750,00 Euro unterschreitet.

Der Vorsitzende der 1. Kammer gez. Direktor des Sozialgerichts
Rechtskraft
Aus
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