Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 2860/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2850/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Die 1964 geborene Klägerin heiratete am 25. August 2000 Wa. W. Aufgrund einer Trennung zog die Klägerin aus dem gemeinsam bewohnten Haus aus und mietete in Wai. M.weg X/X eine ca. 49 Quadratmeter große Wohnung ab November 2010 an. Die Miete beträgt 580,00 EUR inklusive eines Stellplatzes, den die Klägerin für 50,00 EUR untervermietet. Die Klägerin ist des Weiteren Eigentümerin einer nicht selbst bewohnten, vermieteten Eigentumswohnung in Wai, H.berg XXX. Sie hat die Wohnung durch notariellen Kaufvertrag am 26. Oktober 2000 zum Preis von 548.000,00 DM gekauft. Seit 1. Dezember 2006 hat die Klägerin die Wohnung zu einem Mietpreis von 1.100,00 EUR (ohne Nebenkosten) vermietet.
Am 2. Januar 2012 beantragte die Klägerin erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab an, bislang von ihren Ersparnissen gelebt zu haben. Sie legte u.a. Jahreskontoauszüge über für die Eigentumswohnung in Anspruch genommene Darlehen in Höhe von 122.056,92 EUR bzw. 6.213,36 EUR (Stand jeweils 31. Dezember 2011) vor, die sie mit gleichbleibenden Raten in Höhe von 850,00 bzw. 39,00 EUR monatlich zu tilgen hat. Die Darlehen sind mit einer Grundschuld von 116.169,86 EUR gesichert (siehe Bl. 66 der Verwaltungsakten der Beklagten). Mit Bescheid vom 23. Januar 2012 lehnte der Beklagte den Antrag wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab und bot der Klägerin übergangsweise Leistungen nach dem SGB II als Darlehen an. Am 17. Februar 2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Januar 2012. Die Eigentumswohnung sei Teil ihrer Altersversorgung, der zunehmend wichtig geworden sei, weil ihr Ehemann trotz seines sehr hohen Einkommens nicht vorgesorgt habe. Die Eigentumswohnung trage sich selber, sei damit Riester gleichgestellt und müsse nicht veräußert werden. Eine vermietete Eigentumswohnung sei praktisch unverkäuflich. Sollte es doch einen Käufer geben, dann nur mit starken Verlusten. Auf Anforderung legte die Klägerin einen Erhebungsbogen zur Verkehrswertermittlung bei Haus- und Grundbesitz vor, wonach die Wohnung hochwertig ausgestattet und in gutem Zustand sei. Der Beklagte veranlasste damit eine Verkehrswertermittlung der Immobilie beim Gutachterausschuss der Stadt Wai. Dieser hat eine Preisspanne von 1.950,00 bis 2.300,00 EUR pro Quadratmeter ermittelt (Bl. 132 der Verwaltungsakten der Beklagten). Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2012 wies der Beklagte dann den Widerspruch zurück. Die Eigentumswohnung habe im Mittelwert bei einer Wohnfläche von 114 Quadratmeter einen Verkehrswert von 242.250,00 EUR. Von dem Verkehrswert sei die Grundschuld sowie das von ihm mit Bescheid vom 8. März 2012 bewilligte Darlehen in Höhe von insgesamt 3.696,72 EUR für Januar bis Juni 2012 (monatlich 616,12 EUR) in Abzug zu bringen. Es errechne sich somit ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 123.383,42 EUR. Die Freibeträge (Grundfreibetrag und Freibetrag für Anschaffungen) betragen insgesamt 7.800,00 EUR, weshalb das verwertbare Vermögen diesen Freibetrag übersteige. Es bestehe daher kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Ein Vermerk über die Absendung des Widerspruchsbescheides ist nicht vorhanden. Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 15. Mai 2012 darauf hingewiesen, dass der Verkaufswert ihrer Wohnung 290.000 bis 300.000 EUR betrage.
Am 15. August 2012 hat die Klägerin erneut einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gestellt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2012 ab. Am 25. September 2012 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Sie müsse ihre Eigentumswohnung nicht veräußern und sei dazu keinesfalls verpflichtet. Sie habe unbedingt zu berücksichtigen, dass dieses Eigentum über Generationen erarbeitet worden sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2012 zurück.
Am 4. April 2013 beantragte die Klägerin erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 22. April 2013 gewährte der Beklagte von April bis September 2013 ein Darlehen in Höhe von 624,12 EUR monatlich, lehnte den Antrag auf Gewährung eines Zuschusses mit Bescheid vom 21. Oktober 2013 ab. Mit weiterem Schreiben vom 22. April 2013 wies der Beklagte darauf hin, dass die Miete unangemessen hoch sei. Nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten würden nur noch 385,00 EUR Grundmiete als Unterkunftskosten anerkannt. Am 23. Mai 2013 erhob die Klägerin gegen beide Schreiben vom 22. April 2013 Widerspruch. Den Widerspruch wegen der Kostensenkungsaufforderung verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2013 als unzulässig, den Widerspruch wegen des gewährten Darlehens wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2013 als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin eine weitere Klage beim SG (S 2 AS 3739/13) erhoben.
Am 9. September 2013 beantragte die Klägerin erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab hierbei an, dass sich in den Vermögensverhältnissen nichts geändert habe. Die Unterlagen über die Eigentumswohnung lägen bereits vor. Aus den vorgelegten Kontoauszügen geht hervor, dass die Klägerin die Darlehensraten weiterhin bezahlt. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2013 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Zudem nahm sie den Bescheid vom 21. Oktober 2013 nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurück.
Am 18. Mai 2012 hat die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid vom 4. April 2012 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 7. Mai 2013 hat die Klägerin erklärt, sie habe das Erbe ihres Vaters in die Eigentumswohnung investiert. Sie habe eine Top-Immobilie gekauft, das lasse sie sich nicht nehmen. Das sei das Letzte, dass sich an ihrer Wohnung und an ihrer Miete vergriffen werde. Kraft Ehevertrages habe sie Unterhaltsansprüche, die sie aber bisher nicht habe durchsetzen können. Es sei Aufgabe des Beklagten, diese Ansprüche für sie durchzusetzen. Als das SG § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 6 SGB II erörtert, ruft die Klägerin: "Menschenverächter, Sie picken sich hier die Vorschriften raus, die Sie gerade brauchen können, was ich nicht akzeptiere." Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Wohnung sei als nicht selbst bewohnte Immobilie zumutbar zu verwerten und daher als Vermögen zu berücksichtigen. Die Freibeträge würden bei Weitem überschritten, zumal die Klägerin den Wert der Wohnung ohnehin noch höher einschätzt als der Gutachterausschuss. Eine Zustellung des Gerichtsbescheides ist nicht aktenkundig.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11. Juli 2013 Berufung eingelegt. Der Beklagte hätte vorrangig ihre Unterhaltsansprüche aus dem Ehevertrag geltend machen müssen. Sie habe die Wohnung vor allem für die schwerbehinderte Tochter aus erster Ehe angeschafft, um ihr das gewohnte Umfeld zu erhalten. Ihre Tochter sei aber ihr entzogen und nach Norddeutschland verbracht worden. Sie könne schließlich auch nicht zwei Wohnungen bewohnen. Sie habe ihr Erbe hervorragend angelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 2. Januar 2012 bis 14. August 12 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten der beiden Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt; sie ist auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Formvorschriften eingelegt worden ist. Da eine Zustellung des Gerichtsbescheids nicht nachweisbar ist, ist auch die Frist zur Einlegung der Berufung (§ 151 SGG) eingehalten. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der erstinstanzliche Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Antrag der Klägerin vom 2. Januar 2012 ablehnende Bescheid vom 23. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2012. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der nicht mit Widerspruch angefochtene, ein Darlehen gewährender Bescheid vom 8. März 2012. Ebenfalls nicht Streitgegenstand ist der Bescheid vom 24. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2012, der Arbeitslosengeld II ab 15. August 2012 ablehnte, da nach der überzeugenden Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) Bescheide über nachfolgende Zeiträume nicht gemäß § 96 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens werden (BSG, Urteil vom 25. Juni 2008, B 11b AS 35/06 R, Juris). Die Klägerin hat auch nicht die Klage auf diesen Bescheid erweitert (§ 99 SGG); sie hat zwar noch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. August 2012 dem SG zur Kenntnis übersandt, jedoch zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, dass Klage auch gegen den Bescheid vom 24. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2012 gerichtet sein soll, so dass nicht mehr zu klären ist, ob die Voraussetzungen für eine zulässige Klageerweiterung (§ 99 SGG) und die Zulässigkeit der weiteren Klage erfüllt sind. Damit ist hier zulässiger Streitgegenstand des Verfahrens nur der Zeitraum vom 2. Januar 2012 bis zum 14. August 2012. Die Schreiben des Beklagten vom 22. April 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Juni 2013 sind demnach nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, da sie ebenfalls nicht den hier streitigen Zeitraum betreffen. Dies gilt auch für den Bescheid vom 9. Dezember 2013 und den - zurückgenommenen - Bescheid vom 21. Oktober 2013.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden, hier einschlägigen Fassung Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nach den §§ 19 ff. SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Diese Leistungen sind in § 20 (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts), § 21 (Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt) und § 22 SGB II (Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung) näher ausgestaltet. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs. 4 SGB II ist hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; dann sind Leistungen gem. § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II als Darlehen zu erbringen.
Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände als Vermögen zu berücksichtigen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht zu berücksichtigen angemessener Hausrat (Nr. 1), ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person (Nr. 2), von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (Nr. 3), ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (Nr. 4), Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde (Nr. 5), Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (Nr. 6). Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Gemäß § 12 Abs. 4 SGB II ist das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.
Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht marktgängig sind oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet sind (BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 99/11 R, m.w.N., Juris). Zur Abgrenzung der hier streitigen Bewilligung von Leistungen als Zuschuss gegenüber der nur darlehensweisen Gewährung nach § 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II hat das BSG im Anschluss an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung entschieden, dass für eine lediglich darlehensweise Gewährung von Leistungen nicht ausreicht, dass dem Hilfesuchenden Vermögen zusteht, wenn bis auf Weiteres nicht absehbar ist, ob er einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögen wird ziehen können. Vielmehr liegt eine generelle Nichtverwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 46/06 R). Maßgebend für die Prognose, ob ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Für diesen Bewilligungszeitraum muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Eine Festlegung für darüber hinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums ist bei fortlaufendem Leistungsbezug erneut und ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu überprüfen, wie für einen weiteren Bewilligungszeitraum die Verwertungsmöglichkeiten zu beurteilen sind (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt an der von der Klägerin nicht selbst genutzten Wohnung in Wai., H.berg XXX, ein Verwertungshindernis nicht vor. Das Eigentum steht ihr alleine zu, so dass es rechtlich verwertbar ist. Der Senat ist wie das SG auch davon überzeugt, dass die Klägerin innerhalb eines normalen Bewilligungszeitraumes von sechs Monaten bzw. bis zum 14. August 2012 tatsächlich in der Lage gewesen wäre, die Eigentumswohnung zu veräußern. Angesichts der starken Nachfrage nach Immobilien, zeitgleich mit günstigen Kreditzinsen ist der Senat davon überzeugt, dass die von der Klägerin selbst als Topimmobilie bezeichnete Wohnung in Wai, nahe Stuttgart, innerhalb weniger Wochen zu verkaufen ist. Die Immobilie ist auch nicht über den Marktwert belastet (s.u.).
Die Klägerin hat dies nicht in Zweifel ziehen können, denn sie hat sich zur vollen Überzeugung des Senats nicht bemüht, die Eigentumswohnung zu verkaufen, sondern hat vehement das vermeintlich ihr zustehende Erbe ihres Vaters vor einer Verwertbarkeit verteidigt, was insbesondere im Erörterungstermin beim SG zutage getreten ist. Obwohl der Beklagte bereits mit Schreiben vom 8. März 2012 die Klägerin aufgefordert hat, ihre Bemühungen über die Veräußerung der Eigentumswohnung nachzuweisen, hat die Klägerin keine Nachweise vorgelegt, sondern nach wie vor behauptet, sie sei zur Verwertung nicht verpflichtet.
Die Immobilie ist auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 SGB II unberücksichtigt zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, gibt es nicht. Es handelt sich auch nicht um ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (Nr. 4). Angesichts dessen, dass die Klägerin zu dem behinderten Kind aus erster Ehe keinen Kontakt unterhält, dient die Eigentumswohnung auch nicht zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen. Schließlich ist die Verwertung auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich oder bedeutet für den Betroffenen eine besondere Härte. Die Klägerin kann die Eigentumswohnung als Topimmobilie derzeit hochpreisig veräußern, sodass deren Verwertung nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist. Obwohl lediglich ca. 242.000 EUR erzielt werden können, was der Gutachterausschuss der Gemeinde festgestellt hat, was etwas unter dem Einstandspreis liegt, wäre die Verwertung nicht unwirtschaftlich, da eine geringe Differenz unter Berücksichtigung der Schwankungen bei Immobilienpreisen und der Mieteinnahmen hinzunehmen ist (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 99/11 R, Juris). Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass für sie die Veräußerung eine besondere Härte bedeuten würde. Der Verlust einer Immobilie als solches kann niemals eine besondere Härte darstellen, sondern ist für jedermann ein Verlust. Die 1964 geborene Klägerin hat auch noch lange Zeit, ihre Altersvorsorge zu bilden. Auch der Umstand, dass das zur Finanzierung eingesetzte Geld aus einer Erbschaft stammt, bedeutet keine besondere Härte. Im Vergleich zu einem Betroffenen, der sich das Geld selbst vom Einkommen angespart hat, kann keinesfalls eine besondere Härte anerkannt werden. Schließlich kann der Senat hierbei nicht unberücksichtigt lassen, dass die Klägerin einen Unterhaltsanspruch gegen den seit 19. Juni 2012 geschiedenen Ehegatten haben dürfte (siehe nur Bl.182 der Verwaltungsakten der Beklagten). Da die Wohnung in Anbetracht des aufgenommenen Kredites auch keinen Gewinn erwirtschaftet, sondern nur - wie die Klägerin selber einräumt - kostendeckend ist, kann hieraus auch kein Grund für die besondere Härte abgeleitet werden.
Der Wert der Immobilie beträgt im Mittelwert 242.250,00 EUR (114 x 2.115,00 EUR pro Quadratmeter), wovon der Senat nicht nur die bestellte Grundschuld, sondern die höheren, nachgewiesenen Darlehen in Höhe von 122.056,92 EUR und 6.213,36 EUR (Stand jeweils 31. Dezember 2011, wobei die Darlehenssummen im Laufe des streitigen Jahres 2012 durch Ratenzahlungen geringer wurden) sowie das vom Beklagten gewährte Darlehen in Höhe von 3.696,72 EUR abzieht, sodass 110.283,00 EUR verbleiben. Diese übersteigen den Freibetrag in Höhe von 7.800,00 EUR (47 Lebensjahre mal 150 EUR pro vollendetem Lebensjahr gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II sowie 750 EUR Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II) bei Weitem, sodass die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss hat. Dies gilt auch dann, wenn der vom Gutachterausschuss der Gemeinde ermittelte unterste Wert des Quadratmeterpreises in Höhe von 1950,- EUR angesetzt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Die 1964 geborene Klägerin heiratete am 25. August 2000 Wa. W. Aufgrund einer Trennung zog die Klägerin aus dem gemeinsam bewohnten Haus aus und mietete in Wai. M.weg X/X eine ca. 49 Quadratmeter große Wohnung ab November 2010 an. Die Miete beträgt 580,00 EUR inklusive eines Stellplatzes, den die Klägerin für 50,00 EUR untervermietet. Die Klägerin ist des Weiteren Eigentümerin einer nicht selbst bewohnten, vermieteten Eigentumswohnung in Wai, H.berg XXX. Sie hat die Wohnung durch notariellen Kaufvertrag am 26. Oktober 2000 zum Preis von 548.000,00 DM gekauft. Seit 1. Dezember 2006 hat die Klägerin die Wohnung zu einem Mietpreis von 1.100,00 EUR (ohne Nebenkosten) vermietet.
Am 2. Januar 2012 beantragte die Klägerin erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gab an, bislang von ihren Ersparnissen gelebt zu haben. Sie legte u.a. Jahreskontoauszüge über für die Eigentumswohnung in Anspruch genommene Darlehen in Höhe von 122.056,92 EUR bzw. 6.213,36 EUR (Stand jeweils 31. Dezember 2011) vor, die sie mit gleichbleibenden Raten in Höhe von 850,00 bzw. 39,00 EUR monatlich zu tilgen hat. Die Darlehen sind mit einer Grundschuld von 116.169,86 EUR gesichert (siehe Bl. 66 der Verwaltungsakten der Beklagten). Mit Bescheid vom 23. Januar 2012 lehnte der Beklagte den Antrag wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab und bot der Klägerin übergangsweise Leistungen nach dem SGB II als Darlehen an. Am 17. Februar 2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Januar 2012. Die Eigentumswohnung sei Teil ihrer Altersversorgung, der zunehmend wichtig geworden sei, weil ihr Ehemann trotz seines sehr hohen Einkommens nicht vorgesorgt habe. Die Eigentumswohnung trage sich selber, sei damit Riester gleichgestellt und müsse nicht veräußert werden. Eine vermietete Eigentumswohnung sei praktisch unverkäuflich. Sollte es doch einen Käufer geben, dann nur mit starken Verlusten. Auf Anforderung legte die Klägerin einen Erhebungsbogen zur Verkehrswertermittlung bei Haus- und Grundbesitz vor, wonach die Wohnung hochwertig ausgestattet und in gutem Zustand sei. Der Beklagte veranlasste damit eine Verkehrswertermittlung der Immobilie beim Gutachterausschuss der Stadt Wai. Dieser hat eine Preisspanne von 1.950,00 bis 2.300,00 EUR pro Quadratmeter ermittelt (Bl. 132 der Verwaltungsakten der Beklagten). Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2012 wies der Beklagte dann den Widerspruch zurück. Die Eigentumswohnung habe im Mittelwert bei einer Wohnfläche von 114 Quadratmeter einen Verkehrswert von 242.250,00 EUR. Von dem Verkehrswert sei die Grundschuld sowie das von ihm mit Bescheid vom 8. März 2012 bewilligte Darlehen in Höhe von insgesamt 3.696,72 EUR für Januar bis Juni 2012 (monatlich 616,12 EUR) in Abzug zu bringen. Es errechne sich somit ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 123.383,42 EUR. Die Freibeträge (Grundfreibetrag und Freibetrag für Anschaffungen) betragen insgesamt 7.800,00 EUR, weshalb das verwertbare Vermögen diesen Freibetrag übersteige. Es bestehe daher kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Ein Vermerk über die Absendung des Widerspruchsbescheides ist nicht vorhanden. Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 15. Mai 2012 darauf hingewiesen, dass der Verkaufswert ihrer Wohnung 290.000 bis 300.000 EUR betrage.
Am 15. August 2012 hat die Klägerin erneut einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gestellt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2012 ab. Am 25. September 2012 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Sie müsse ihre Eigentumswohnung nicht veräußern und sei dazu keinesfalls verpflichtet. Sie habe unbedingt zu berücksichtigen, dass dieses Eigentum über Generationen erarbeitet worden sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2012 zurück.
Am 4. April 2013 beantragte die Klägerin erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 22. April 2013 gewährte der Beklagte von April bis September 2013 ein Darlehen in Höhe von 624,12 EUR monatlich, lehnte den Antrag auf Gewährung eines Zuschusses mit Bescheid vom 21. Oktober 2013 ab. Mit weiterem Schreiben vom 22. April 2013 wies der Beklagte darauf hin, dass die Miete unangemessen hoch sei. Nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten würden nur noch 385,00 EUR Grundmiete als Unterkunftskosten anerkannt. Am 23. Mai 2013 erhob die Klägerin gegen beide Schreiben vom 22. April 2013 Widerspruch. Den Widerspruch wegen der Kostensenkungsaufforderung verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2013 als unzulässig, den Widerspruch wegen des gewährten Darlehens wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2013 als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin eine weitere Klage beim SG (S 2 AS 3739/13) erhoben.
Am 9. September 2013 beantragte die Klägerin erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab hierbei an, dass sich in den Vermögensverhältnissen nichts geändert habe. Die Unterlagen über die Eigentumswohnung lägen bereits vor. Aus den vorgelegten Kontoauszügen geht hervor, dass die Klägerin die Darlehensraten weiterhin bezahlt. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2013 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Zudem nahm sie den Bescheid vom 21. Oktober 2013 nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurück.
Am 18. Mai 2012 hat die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid vom 4. April 2012 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 7. Mai 2013 hat die Klägerin erklärt, sie habe das Erbe ihres Vaters in die Eigentumswohnung investiert. Sie habe eine Top-Immobilie gekauft, das lasse sie sich nicht nehmen. Das sei das Letzte, dass sich an ihrer Wohnung und an ihrer Miete vergriffen werde. Kraft Ehevertrages habe sie Unterhaltsansprüche, die sie aber bisher nicht habe durchsetzen können. Es sei Aufgabe des Beklagten, diese Ansprüche für sie durchzusetzen. Als das SG § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 6 SGB II erörtert, ruft die Klägerin: "Menschenverächter, Sie picken sich hier die Vorschriften raus, die Sie gerade brauchen können, was ich nicht akzeptiere." Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Wohnung sei als nicht selbst bewohnte Immobilie zumutbar zu verwerten und daher als Vermögen zu berücksichtigen. Die Freibeträge würden bei Weitem überschritten, zumal die Klägerin den Wert der Wohnung ohnehin noch höher einschätzt als der Gutachterausschuss. Eine Zustellung des Gerichtsbescheides ist nicht aktenkundig.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11. Juli 2013 Berufung eingelegt. Der Beklagte hätte vorrangig ihre Unterhaltsansprüche aus dem Ehevertrag geltend machen müssen. Sie habe die Wohnung vor allem für die schwerbehinderte Tochter aus erster Ehe angeschafft, um ihr das gewohnte Umfeld zu erhalten. Ihre Tochter sei aber ihr entzogen und nach Norddeutschland verbracht worden. Sie könne schließlich auch nicht zwei Wohnungen bewohnen. Sie habe ihr Erbe hervorragend angelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 2. Januar 2012 bis 14. August 12 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten der beiden Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt; sie ist auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Formvorschriften eingelegt worden ist. Da eine Zustellung des Gerichtsbescheids nicht nachweisbar ist, ist auch die Frist zur Einlegung der Berufung (§ 151 SGG) eingehalten. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der erstinstanzliche Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Antrag der Klägerin vom 2. Januar 2012 ablehnende Bescheid vom 23. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2012. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der nicht mit Widerspruch angefochtene, ein Darlehen gewährender Bescheid vom 8. März 2012. Ebenfalls nicht Streitgegenstand ist der Bescheid vom 24. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2012, der Arbeitslosengeld II ab 15. August 2012 ablehnte, da nach der überzeugenden Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) Bescheide über nachfolgende Zeiträume nicht gemäß § 96 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens werden (BSG, Urteil vom 25. Juni 2008, B 11b AS 35/06 R, Juris). Die Klägerin hat auch nicht die Klage auf diesen Bescheid erweitert (§ 99 SGG); sie hat zwar noch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. August 2012 dem SG zur Kenntnis übersandt, jedoch zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht, dass Klage auch gegen den Bescheid vom 24. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2012 gerichtet sein soll, so dass nicht mehr zu klären ist, ob die Voraussetzungen für eine zulässige Klageerweiterung (§ 99 SGG) und die Zulässigkeit der weiteren Klage erfüllt sind. Damit ist hier zulässiger Streitgegenstand des Verfahrens nur der Zeitraum vom 2. Januar 2012 bis zum 14. August 2012. Die Schreiben des Beklagten vom 22. April 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Juni 2013 sind demnach nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, da sie ebenfalls nicht den hier streitigen Zeitraum betreffen. Dies gilt auch für den Bescheid vom 9. Dezember 2013 und den - zurückgenommenen - Bescheid vom 21. Oktober 2013.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden, hier einschlägigen Fassung Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nach den §§ 19 ff. SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Diese Leistungen sind in § 20 (Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts), § 21 (Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt) und § 22 SGB II (Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung) näher ausgestaltet. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs. 4 SGB II ist hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; dann sind Leistungen gem. § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II als Darlehen zu erbringen.
Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände als Vermögen zu berücksichtigen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht zu berücksichtigen angemessener Hausrat (Nr. 1), ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person (Nr. 2), von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (Nr. 3), ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (Nr. 4), Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde (Nr. 5), Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (Nr. 6). Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Gemäß § 12 Abs. 4 SGB II ist das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.
Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht marktgängig sind oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet sind (BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 99/11 R, m.w.N., Juris). Zur Abgrenzung der hier streitigen Bewilligung von Leistungen als Zuschuss gegenüber der nur darlehensweisen Gewährung nach § 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II hat das BSG im Anschluss an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung entschieden, dass für eine lediglich darlehensweise Gewährung von Leistungen nicht ausreicht, dass dem Hilfesuchenden Vermögen zusteht, wenn bis auf Weiteres nicht absehbar ist, ob er einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögen wird ziehen können. Vielmehr liegt eine generelle Nichtverwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 46/06 R). Maßgebend für die Prognose, ob ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Für diesen Bewilligungszeitraum muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Eine Festlegung für darüber hinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums ist bei fortlaufendem Leistungsbezug erneut und ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu überprüfen, wie für einen weiteren Bewilligungszeitraum die Verwertungsmöglichkeiten zu beurteilen sind (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt an der von der Klägerin nicht selbst genutzten Wohnung in Wai., H.berg XXX, ein Verwertungshindernis nicht vor. Das Eigentum steht ihr alleine zu, so dass es rechtlich verwertbar ist. Der Senat ist wie das SG auch davon überzeugt, dass die Klägerin innerhalb eines normalen Bewilligungszeitraumes von sechs Monaten bzw. bis zum 14. August 2012 tatsächlich in der Lage gewesen wäre, die Eigentumswohnung zu veräußern. Angesichts der starken Nachfrage nach Immobilien, zeitgleich mit günstigen Kreditzinsen ist der Senat davon überzeugt, dass die von der Klägerin selbst als Topimmobilie bezeichnete Wohnung in Wai, nahe Stuttgart, innerhalb weniger Wochen zu verkaufen ist. Die Immobilie ist auch nicht über den Marktwert belastet (s.u.).
Die Klägerin hat dies nicht in Zweifel ziehen können, denn sie hat sich zur vollen Überzeugung des Senats nicht bemüht, die Eigentumswohnung zu verkaufen, sondern hat vehement das vermeintlich ihr zustehende Erbe ihres Vaters vor einer Verwertbarkeit verteidigt, was insbesondere im Erörterungstermin beim SG zutage getreten ist. Obwohl der Beklagte bereits mit Schreiben vom 8. März 2012 die Klägerin aufgefordert hat, ihre Bemühungen über die Veräußerung der Eigentumswohnung nachzuweisen, hat die Klägerin keine Nachweise vorgelegt, sondern nach wie vor behauptet, sie sei zur Verwertung nicht verpflichtet.
Die Immobilie ist auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 SGB II unberücksichtigt zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, gibt es nicht. Es handelt sich auch nicht um ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (Nr. 4). Angesichts dessen, dass die Klägerin zu dem behinderten Kind aus erster Ehe keinen Kontakt unterhält, dient die Eigentumswohnung auch nicht zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen. Schließlich ist die Verwertung auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich oder bedeutet für den Betroffenen eine besondere Härte. Die Klägerin kann die Eigentumswohnung als Topimmobilie derzeit hochpreisig veräußern, sodass deren Verwertung nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist. Obwohl lediglich ca. 242.000 EUR erzielt werden können, was der Gutachterausschuss der Gemeinde festgestellt hat, was etwas unter dem Einstandspreis liegt, wäre die Verwertung nicht unwirtschaftlich, da eine geringe Differenz unter Berücksichtigung der Schwankungen bei Immobilienpreisen und der Mieteinnahmen hinzunehmen ist (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 99/11 R, Juris). Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass für sie die Veräußerung eine besondere Härte bedeuten würde. Der Verlust einer Immobilie als solches kann niemals eine besondere Härte darstellen, sondern ist für jedermann ein Verlust. Die 1964 geborene Klägerin hat auch noch lange Zeit, ihre Altersvorsorge zu bilden. Auch der Umstand, dass das zur Finanzierung eingesetzte Geld aus einer Erbschaft stammt, bedeutet keine besondere Härte. Im Vergleich zu einem Betroffenen, der sich das Geld selbst vom Einkommen angespart hat, kann keinesfalls eine besondere Härte anerkannt werden. Schließlich kann der Senat hierbei nicht unberücksichtigt lassen, dass die Klägerin einen Unterhaltsanspruch gegen den seit 19. Juni 2012 geschiedenen Ehegatten haben dürfte (siehe nur Bl.182 der Verwaltungsakten der Beklagten). Da die Wohnung in Anbetracht des aufgenommenen Kredites auch keinen Gewinn erwirtschaftet, sondern nur - wie die Klägerin selber einräumt - kostendeckend ist, kann hieraus auch kein Grund für die besondere Härte abgeleitet werden.
Der Wert der Immobilie beträgt im Mittelwert 242.250,00 EUR (114 x 2.115,00 EUR pro Quadratmeter), wovon der Senat nicht nur die bestellte Grundschuld, sondern die höheren, nachgewiesenen Darlehen in Höhe von 122.056,92 EUR und 6.213,36 EUR (Stand jeweils 31. Dezember 2011, wobei die Darlehenssummen im Laufe des streitigen Jahres 2012 durch Ratenzahlungen geringer wurden) sowie das vom Beklagten gewährte Darlehen in Höhe von 3.696,72 EUR abzieht, sodass 110.283,00 EUR verbleiben. Diese übersteigen den Freibetrag in Höhe von 7.800,00 EUR (47 Lebensjahre mal 150 EUR pro vollendetem Lebensjahr gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II sowie 750 EUR Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II) bei Weitem, sodass die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss hat. Dies gilt auch dann, wenn der vom Gutachterausschuss der Gemeinde ermittelte unterste Wert des Quadratmeterpreises in Höhe von 1950,- EUR angesetzt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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