L 6 U 3002/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 1432/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3002/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 16. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines am 19. Oktober 1989 erlittenen Arbeitsunfalls streitig.

Der 1938 geborene Kläger war von Anfang 1979 bis Ende 1989 im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer und Bohrmeister der Firma S. B. und B. GmbH als Arbeitnehmer (Bescheid vom 16. Dezember 1985, Bl. 212 SG-Akte) und in der Folgezeit als Unternehmer (Bescheid vom 15. März 1990, Bl. 218 SG-Akte) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten gesetzlich unfallversichert.

Am 19. Oktober 1989 wurde der Kläger von einem Mitarbeiter darüber informiert, dass aus einem Bohrloch anlässlich einer Untersuchungsbohrung im ölverseuchten Boden des Tanklagers der D. S. AG in F. übler Geruch aufsteige. Daraufhin roch der Kläger nach eigenen Angaben kurz an dem Bohrloch.

Ausweislich der am 8. Januar 1990 erstatteten Unfallanzeige wurde der Kläger durch die Riechprobe arbeitsunfähig, musste die Arbeit sofort einstellen, wurde von einem Mitarbeiter nach Hause gefahren und ist von seiner Wohnung aus mit dem Notarztwagen in das T. in M. eingeliefert worden. Tatsächlich war dies nach dem Durchgangsarztbericht des Chefarztes der Unfallchirurgie, Priv.-Doz. Dr. O., erst am nächsten Tag, dem 20. Oktober 1989 um 14:10 Uhr der Fall. Der Kläger gab dort an, er habe bei der tags zuvor genommenen Geruchsprobe Altöldämpfe eingeatmet und nachfolgend Atemnot verspürt. Bei einer Aufnahmetemperatur des Klägers von 39,3 Grad und einem schlechten Allgemeinbefinden (Laborparameter mit Leukozytose und starker Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit, aber kein Lungenödem und keine primäre Atemwegsobstruktion), wurde der Kläger wegen des Verdachts auf eine Inhalationspneumonie stationär aufgenommen und bis 6. November 1989 behandelt. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 9. November 1989 ergab das Röntgen des Thorax eine flaue infiltrative Verschattung als frisches entzündliches Infiltrat. Unter antibiotischer Behandlung bildete sich die Dyspnoe zurück und radiologisch wurde eine deutliche Befundverbesserung festgestellt. Die vom Institut für Molekularbiologie und Analytik durchgeführten Untersuchungen der entnommenen Bodenproben ergaben unpolare Kohlenwasserstoffe, wobei eine genaue Aussage, ob es sich um flüchtige oder benzolhaltige Kohlenwasserstoffe handele, nicht möglich war. Deswegen ließ sich letztlich nicht klären, ob die Pneumonie im kausalen Zusammenhang mit der vorher entnommenen Geruchsprobe stand. Der Kläger konnte in sehr gutem Allgemeinzustand, beschwerdefrei und ohne weitere Medikation entlassen werden (Bl. 13 V-Akte). Die infiltrative Lungenveränderung war in dem im August 2008 angefertigten CT nicht mehr nachweisbar (Bericht vom 13. Oktober 2008).

Der Kläger wurde zunächst wegen der Beschwerden links basal ambulant vom Internisten Dr. D. behandelt und dann am 18. Januar 1990 an den Lungenarzt und Internisten Dr. T. überwiesen, demgegenüber er von Kurzatmigkeit bei mittelgradiger körperlicher Belastung berichtete, die seit zwei Jahren zugenommen habe (Arztbericht vom 23. Januar 1990, Bl. 7 V-Akte). Das von Dr. T. diagnostizierte mittelgradige Lungenemphysem mit mäßiggradiger Obstruktion bildete sich nach Verordnung eines Broncho-Sprays vollständig zurück (Bericht vom 1. März 1990, Bl. 10 V-Akte).

Die Gewerbeärztin G. führte in ihrer Stellungnahme vom 11. April 1990 aus, nach den aktenkundigen Befunden könne die Pneumonie des Klägers möglicherweise auf die Exposition gegenüber Dämpfen zurückgeführt werden, wahrscheinlich sei dies aber nicht. Nachdem eine Rückfrage bei der Firma ergab, dass der Kläger unbegrenzt Lohnfortzahlung erhalte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Mai 1990 den Antrag auf die Gewährung von Verletztengeld mit der Begründung ab, ein Anspruch bestehe schon deswegen nicht, weil für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit das volle Arbeitsentgelt weitergezahlt werde. Außerdem hätte bislang nicht geklärt werden können, ob die Pneumonie, die die Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bedingt habe, überhaupt in einem ursächlichen Zusammenhang mit der vorher genommenen Geruchsprobe stehe.

1999 machte der Kläger deswegen zunächst eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) geltend (Atemwegserkrankung durch allergisierende Stoffe). Der Allgemeinmediziner D. teilte der Beklagten im September 1999 mit, der Kläger habe ihn wegen einer rezidivierenden spastischen Bronchitis erstmals im Jahre 1994 aufgesucht, die dieser auf den Arbeitsunfall aus dem Jahre 1989 zurückführe. Die Behandlung sei mit Antibiotika, Infusionen und Sauerstoff erfolgt. Der Arbeitsmediziner Dr. F. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme aus, aus arbeitsmedizinischer und toxikologischer Erfahrung sei durch eine Geruchsprobe eine bakterielle Pneumonie nicht zu erwarten; Ölproben aus dem Erdreich seien bei Geruchsproben nicht geeignet, Pneumonien zu erzeugen. Ein Zusammenhang zwischen der Geruchsprobe und der bakteriellen Pneumonie bestehe daher nicht. Die Staatliche Gewerbeärztin Dr. E. führte ergänzend aus, die BK Nr. 4302 werde nicht zur Anerkennung vorgeschlagen, da die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität nicht nachgewiesen werden könne. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 13. April 2000 die Anerkennung der Atemwegsbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2000 zurück.

Am 18. Februar 2009 beantragte der Kläger erneut und hier streitgegenständlich, dass der Vorfall vom 20. Oktober 1989 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm deswegen Verletztenrente zu gewähren sei.

Die Beklagte zog zunächst die bisherigen medizinischen Unterlagen und Bescheide bei und holte erneut Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Internist Dr. F. berichtete über eine schwere COPD IV und legte u.a. den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik St. B. über die Behandlung im November/Dezember 2008 vor (Nikotinabusus bis 1978 - kumulativ 45 packyears). Der Chefarzt der Lungenklinik St. B. Dr. S. berichtete über wiederholte stationäre Behandlungen wegen der COPD im Stadium IV bei schwergradiger respiratorischer Insuffizienz, Sauerstoff-Langzeit-Therapie seit 2006, Hinweisen auf Lungenemphysem und sekundäre Rechtsherzinsuffizenz. Die Dyspnoe-Symptomatik sei progredient im Sinne einer Exarzerbation der COPD.

Mit Bescheid vom 24. August 2009 lehnte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls sowie einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, die Befunde der stationären Aufnahme vom 20. Oktober 1989 wiesen auf eine außerordentlich hohe Blutsenkung und sehr hohe Leukozyten-Werte hin, ferner habe sich das Differentialblutbild einer typischen Konstellation eines bakteriellen Infekts gezeigt. Radiomorphologisch hätten sich eine Unterlappenpneumonie links und ein kleiner basaler Pleuraerguss ergeben. Zusammenfassend sei festzustellen, dass sich aus arbeitsmedizinischer und toxikologischer Erfahrung durch eine Geruchsprobe keine bakterielle Lungenentzündung entwickeln könne, da Ölproben aus dem Erdreich nicht geeignet seien, Lungenentzündungen zu verursachen. Vielmehr sei die Lungenentzündung auf die unfallunabhängig bestehende obstruktive Atemwegserkrankung zurückzuführen, die in keinem ursächlichen Zusammenhang zu dem Ereignis vom 19. Oktober 1989 stehe. Deswegen bestehe auch kein Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger im Wesentlichen geltend, seit der Exposition habe sich seine Lungenfunktion zunehmend verschlechtert. Das liege daran, dass flüchtige Kohlenwasserstoffverbindungen inhaliert werden könnten und eine toxische Lungenschädigung mit Pneumonie und nachfolgender chronischer Lungenfunktionsschädigung verursacht werde. Er habe bei der Geruchsprobe den typischen Geruch von Schwefelwasserstoff wahrgenommen, der ebenfalls dazu geeignet sei, nach Inhalation die Lunge zu schädigen. Subjektiv habe er vor dem Ereignis keine Einschränkung der Lungenfunktion gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2010 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es sei nicht nachvollziehbar, worauf sich die Behauptungen stützten. Die anspruchsbegründenden Tatsachen müssten aber mit Gewissheit bewiesen werden. Insofern müsse davon ausgegangen werden, dass aus in entnommenen Bodenproben nur unpolare Kohlenwasserstoffe hätten festgestellt werden können. Deswegen sei nicht erwiesen, dass der Kläger auch Schwefelwasserstoffe eingeatmet habe. Mangels eines ursächlichen Zusammenhangs seien die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht auf das Ereignis zurückzuführen.

Hiergegen hat der Kläger am 16. April 2010 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, zu deren Begründung er u. a. den Arztbrief des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. G. vorgelegt hat. Dieser hat ausgeführt, aufgrund der Vorgeschichte sei eher nicht anzunehmen, dass die ausgeprägte bronchiale Obstruktion und respiratorische Insuffizienz durch Nikotin-Abusus entstanden seien. Vielmehr sei die Schilderung des Patienten mit beruflichen Ursachen eher glaubhaft. Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs der Erkrankung mit beruflichen Ursachen sei sicherlich im Rahmen eines Gutachtens zu klären.

Die A. R.-N.-O. hat die Mitglieds- und Leistungskarte für die Zeit bis November 1964 vorgelegt. Die D. K. AG sowie Dr. D. haben mitgeteilt, Unterlagen aus der Zeit bis zum Jahr 1990 lägen ihnen nicht mehr vor.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Krankenunterlagen des Klägers beigezogen und ihn anschließend lungenärztlich begutachten lassen.

Der Kläger hat dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. G. berichtet, ihm sei nach kurzem Schnüffeln am Bohrloch übel geworden, im Auto habe er stark geschwitzt, zuhause habe er starkes Fieber bekommen und am nächsten Tag sei er dann ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Sachverständige hat eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung und ein Lungenemphysem mit respiratorischer Insuffizienz auf dem Boden eines genetischen Defektes und nach erheblicher inhalativ-toxischer Belastung der Atemwege durch Inhalationsrauchen beschrieben. Die Atembeschwerden hätten bereits nach Aussage des vorbehandelnden Hausarztes Dr. D. vor dem jetzt als Krankheitsursache reklamierten Unfallereignis begonnen. Das angeschuldigte Ereignis sei in keiner Weise geeignet gewesen, eine solch schwere Erkrankung mit diesem Verlauf auszulösen. Die Behauptung des Klägers, dass aus dem Bohrloch schwefelwasserstoffhaltiges Gas ausgetreten sei, sei überhaupt nicht belegt und damit rein spekulativ. Das kurzzeitige Schnüffeln flüchtiger Öl- oder Benzindämpfe sei nicht geeignet, eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung auszulösen. Selbst die langfristige Exposition gegenüber derartigen Substanzen käme nur unter ganz besonderen ungünstigen Bedingungen als Auslöser einer chronischer Atemwegserkrankung in Frage. Die Einlieferung des Klägers am Folgetag nach dem Ereignis sei nicht unter dem Bild einer durch ein Inhalationstrauma bedingten Atemwegs-Symptomatik, sondern unter dem klassischen Bild einer infektiös verursachten Lungenentzündung erfolgt. Der Kläger habe Fieber bei schlechtem Allgemeinbefinden gezeigt und röntgenologisch sei ein umschriebenes Infiltrat in der Lunge links gefunden worden. Auch die Laborparameter mit Leukozytose und starker BSG-Erhöhung (Erhöhung der Blutkörpersenkungsgeschwindigkeit) ließen keinen Zweifel an der Tatsache, dass es sich hier um eine bakterielle Infektion gehandelt habe. Es habe daher kein generalisiertes toxisches Lungenödem und keine primäre Atemwegs-Symptomatik bestanden. Auch die Vorlage von Sicherheitsdatenblättern stütze nicht die These einer unfallbedingten Atemwegs- oder Lungenerkrankung, denn dafür bedürfe es der direkten Inhalation eines Aerosols z. B. durch Versprühen oder Vernebeln der Flüssigkeit. Eine derartig hochtoxische Exposition sei nicht belegt, das Schnüffeln an dem Bohrloch dürfte toxikologisch kaum wesentlich anders zu bewerten sein als das Betanken eines Dieselfahrzeugs.

Der Kläger ist dem Gutachten mit der Begründung entgegengetreten, er rauche seit dem Jahr 1970 nicht mehr, zudem bestehe eine zeitliche Koinzidenz zwischen der Geruchsprobe und der Verschlechterung der Lungenfunktion. Er hat hierzu eine weitere Stellungnahme von Dr. G. vorgelegt, wonach zwar Passagen im Gutachten angreifbar seien, aber bezweifelt werden müsse, dass ohne eindeutige neue Informationen die Einschätzung entscheidend verändert werden könne. Erforderlich sei dafür nämlich der Nachweis einer bis 1989 guten und rasch nach dem Ereignis schlechten Lungenfunktion. Ferner hat der Kläger die Auskunft der Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt des Regierungspräsidiums Darmstadt betreffend die Boden- und Grundwasseruntersuchungen des Tanklagers F. der D. S. AG auf Mineralölkontaminationen vom 24. April 2013 sowie das Ergebnis der genannten Untersuchungen vorgelegt. Zusammenfassend heißt es im Schreiben des Regierungspräsidiums, den Analyseergebnissen folgend seien die für Tanklager üblichen aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffe in den Bodenproben detektiert worden. Der vom Kläger beschriebene Geruch nach faulen Eiern rühre von sogenannten Mecaptanen bzw. Thiolen her, die sowohl in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln als auch in Mineralölprodukten und in Erdgas vorkämen. Die Geruchsschwelle dieser Stoffe sei extrem niedrig. Der Kläger hat hierzu ergänzend vorgetragen, die Beklagte habe seine Beweisnot verschuldet. Denn sie habe es seinerzeit unterlassen, den Sachverhalt vollständig aufzuklären.

Mit Urteil vom 16. Mai 2013, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 4. Juli 2013, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe zwar am 19. Oktober 1989 im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Geschäftsführer und Bohrmeister an dem Bohrloch aufsteigende, übelriechende Öl- bzw. Benzindämpfe eingeatmet, so dass eine durch die versicherte Verrichtung verursachte zeitlich begrenzte Einwirkung auf den Körper von außen vorliege. Allerdings lasse sich ein durch dieses Unfallereignis rechtlich wesentlich verursachter Primärschaden nicht feststellen. Dies sei dem Entlassungsbericht des T. in M. zu entnehmen, wonach keine Befunde dokumentiert worden seien, die sich mit Wahrscheinlichkeit auf die Geruchsprobe zurückführen ließen. Zwar sei zunächst der Verdacht einer Inhalationspneumonie geäußert worden. Diese habe sich aber während der stationären Behandlung nicht bestätigen lassen. Vielmehr seien die Befunde und Entwicklungen zutreffend von den Ärzten und diesen folgend von dem Arbeitsmediziner Dr. F. und dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. G. als bakterielle Pneumonie gewertet worden. Eine toxische bzw. chemische Pneumonie sei hingegen schlüssig verneint worden. Diese erfordere eine deutlich höhere Exposition gegenüber chemischen Stoffen und führe auch zu einem abweichenden Krankheitsbild. Dr. F. habe darauf hingewiesen, dass bei einer chemischen Pneumonitis abweichende Entzündungsparameter im Blut und ein nicht nur segmentaler Befall des Unterlappens, sondern ein diffuses entzündliches Geschehen vorliegen müsse. Dr. G. habe darüber hinaus darauf hingewiesen, dass ein generalisiertes toxisches Lungenödem beim Kläger eben nicht bestanden und eine primäre Atemwegs-Symptomatik bzw. Atemwegs-Obstruktion nicht im Vordergrund gestanden habe. Deswegen fehle es an einem Gesundheitserstschaden. Nichts anderes ergebe sich mit Blick auf die beim Kläger vorliegende COPD mit Lungenemphysem und respiratorischer Insuffizienz. Denn aus dieser Gesundheitsstörung lasse sich nicht rückwirkend auf einen im Rahmen der Geruchsprobe 1989 erlittenen Gesundheitserstsachaden schließen. Dabei komme es nicht darauf an, ob und ggf. mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit sich die Erkrankung auf einen beim Kläger vorliegenden genetischen Defekt sowie eine signifikante irritativ-toxische Belastung der Atemwege und der Lunge durch langjähriges Inhalationsrauchen zurückführen lasse. Denn der Kläger habe nach eigenen Angaben, was sich aus dem Arztbericht von Dr. T. ergebe, bereits seit zwei Jahren unter einer zunehmenden Kurzatmigkeit bei mittelgradiger körperlicher Belastung gelitten. Deswegen ließe sich die Erkrankung auch nach Einschätzung des nunmehr behandelnden Lungen- und Bronchialarztes Dr. G. nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Geruchsprobe zurückführen. Schließlich würden die Angaben des Klägers, er habe im Anschluss an die Geruchsprobe an Atemnot bzw. Übelkeit und starkem Schwitzen gelitten, die Annahme eines Gesundheitserstschadens ebenfalls nicht stützen. Daraus ergebe sich keine mit Gewissheit feststellbare bestimmte Gesundheitsstörung. Zum anderen sei es zweifelhaft, ob aus der Reaktion wesentlich auf die Geruchsprobe geschlossen werden könne oder diese allein auf die sich bereits anbahnende bakterielle Lungenentzündung zurückzuführen sei. Die angeführten körperlichen Reaktionen überschritten noch nicht die Schwelle eines beachtlichen Gesundheitsschadens, denn minimale Regelwidrigkeiten seien ebenso wie bloße Schmerzen insoweit bedeutungslos. Die Reaktionen seien deswegen nur als kurzzeitige Befindlichkeitsstörungen anzusehen und hätten insbesondere die am Folgetag erfolgte Einlieferung in das Theresienkrankenhaus Mannheim nicht verursacht. Deswegen komme es auf den Inhalt der genommenen Geruchsprobe nicht an und damit lägen auch keine Ermittlungsdefizite auf Seiten der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin vor.

Hiergegen hat der Kläger am 23. Juli 2013 Berufung mit der Begründung eingelegt, dass Unfallereignis sei unbestritten, die Beklagte habe deswegen auch die stationären Behandlungskosten übernommen. Entgegen der damaligen Darstellung im Arztbericht des Dr. T. habe er erst seit dem Unfallereignis an Atembeschwerden gelitten und deswegen auch erst den Lungenfacharzt aufgesucht. Die ausgetretenen Gase am Bohrloch seien, was auch durch das von der S. AG in Auftrag gegebene Gutachten bestätigt werde, geeignet, die sich entwickelnde Lungenfunktionsstörung zu verursachen. Dass er Schwefelwasserstoff, der zur Schädigung der Lunge geeignet wäre, wahrgenommen habe, könne auch der Zeuge V. bezeugen. Im Übrigen führe die unterlassene vollständige Sachverhaltsaufklärung dazu, dass er die Beweislast für die aufgetretenen Folgeschäden nicht zu tragen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 16. Mai 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass er am 19. Oktober 1989 durch Schnuppern an einem Bohrloch einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass das Ereignis vom 29. Oktober 1989 keinesfalls als Arbeitsunfall anerkannt worden sei. Der Kläger möge im Rahmen des D-Arztverfahrens zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung behandelt worden sein. Daraus ergebe sich aber keine Anerkennung als Arbeitsunfall. Die Analyse der Sachverständigen vom 31. Oktober 1989 habe die Boden- und Grundwasserproben und nicht Luftproben bzw. austretende Gase betroffen. Aus der Vielzahl der im kontaminierten Boden nachgewiesenen Substanzen könne aber nicht auf deren Bioverfügbarkeit im Organismus des Klägers geschlossen werden. Was tatsächlich bei der Geruchsprobe am Bohrloch zur Einwirkung gekommen sei, sei unbekannt. Aus der vom Kläger zeitnah dazu durchgemachten Lungenentzündung auf Art, Umfang und Intensität dieser Einwirkung zu schließen, könne nicht tragen, weil den Geruch zuerst wahrnehmende Mitarbeiter offenbar keinen Akutschaden erlitten hätten. Dies wäre aber zu erwarten gewesen, wenn es sich um eine hochwirksame Noxe, die zur Verursachung einer sofortigen Lungenentzündung führe, gehandelt hätte. Die Reaktion des Klägers auf die Geruchsprobe spreche daher entweder eher für einen bereits vorbestehenden klinisch noch stummen Gesundheitszustand, zu dessen Aktivierung eine Geruchsbelästigung ausgereicht habe, oder für ein zufälliges zeitliches Zusammenfallen zweier voneinander unabhängiger Umstände.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten.

Der Kläger erstrebt im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG die Aufhebung der das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ablehnenden Verwaltungsentscheidung sowie die Verurteilung der Beklagten einen solchen festzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - Juris).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass er am 19. Oktober 1989 einen Arbeitsunfall erlitten hat, dafür fehlt es auch zur Überzeugung des Senats an dem erforderlichen Gesundheitserstschaden.

Hierüber konnte der Senat ohne weitere Ermittlungen, insbesondere ohne Einholung weiterer arbeitstechnischer Gutachten entscheiden. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Tatsachengrundlage zur Entscheidung nicht ausreichend ist. Weitere Ermittlungen auf diesem Gebiet wären einer Ausforschung gleichgekommen. Der Senat sah sich daher nicht gedrängt, aufgrund dargetaner Widersprüchlichkeiten oder verbleibender Unklarheiten weitere Ermittlungen anzustellen. Auch die Anhörung des benannten Zeugen ist entbehrlich, der Senat konnte als wahr unterstellen, dass dieser meinte, Schwefelwasserstoff aus dem Bohrloch wahrgenommen zu haben. Dadurch wird aber kein Vollbeweis erbracht, dass auch tatsächlich Schwefelwasserstoff aufgestiegen ist. Dagegen sprechen die zeitnah vom Institut für Molekularbiologie und Analytik durchgeführten Untersuchungen der entnommenen Bodenproben, die nur unpolare Kohlenwasserstoffe ergaben. Dessen ungeachtet fehlt es selbst bei Unterstellung, dass der Kläger am 19. Oktober 1989 durch Schwefelwasserstoff kontaminiert wurde, an dem erforderlichen Gesundheitserstschaden um einen Arbeitsunfall festzustellen.

Der Senat musste auch nicht grundsätzlich von einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Klägers ausgehen. Denn im Falle eines unverschuldeten Beweisnotstands sind die Tatsachengerichte lediglich befugt, nach dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalles an den Beweis weniger hohe Anforderungen zu stellen (st. Rspr. BSG SozR 3-1500 § 128 Nr. 11 m. w. N.). Dieser Grundsatz bezieht sich nur auf die zu würdigenden, festgestellten Tatsachen und führt dazu, dass je nach den Besonderheiten des maßgebenden Einzelfalls schon einzelne Beweisanzeichen, im Extremfall ein Indiz für die Feststellung einer Tatsache oder der daraus abgeleiteten Bejahung der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs ausreichen kann; er schließt aber nicht die Befugnis ein, das Beweismaß zu verringern oder frei darüber zu entscheiden, ob die Gewissheit erforderlich oder die Wahrscheinlichkeit ausreicht oder sogar die Möglichkeit genügt, damit eine Tatsache als festgestellt oder der Kausalzusammenhang als gegeben angesehen werden kann. Noch weniger tritt bei einem Beweisnotstand, auch wenn er auf einer fehlerhaften Beweiserhebung oder sogar auf einer Beweisvereitelung durch denjenigen beruht, dem die Unerweislichkeit der Tatsachen zum prozessualen Vorteil gereicht, eine Umkehr der Beweislast ein (BSGE 24, 25; 41, 297, 300; BSG SozR Nr. 60 zu § 128 SGG; Leitherer in Meyer-Ladewig u. a., 10. Auflage § 103 Rdnr. 18a). Insoweit ist für eine Beweislastumkehr kein Raum. Zum anderen kann eine Beweislastumkehr nur ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn eine planmäßige Unklarheit wie bei einer Beweisvereitelung vorliegt (so Urteil des Senats vom 19. Dezember 2013 - L 6 VS 2299/13). Denn allgemein gültige Grundsätze zur Beweiserleichterung für den Fall des Beweisnotstandes würden dem in § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung widersprechen (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 25/03 R - Juris). Auch wenn die Beklagte die Untersuchung des Bohrlochs nicht veranlasst hat, sieht der Senat hierin allein noch keine Beweisvereitelung. Unabdingbare Voraussetzung für eine Beweisvereitelung ist nämlich, dass das pflichtwidrige Handeln oder Unterlassen den beweisbelasteten Beteiligten in eine Beweisnot, d. h. in eine ausweglose Lage gebracht hat (BSG SozR 3-1750 § 444 Nr. 1). Das ist hier indessen nicht der Fall, denn es wurde gerade anlässlich der stationären Behandlung des Klägers vom Institut für Molekularbiologie und Analytik eine Untersuchung der entnommenen Bodenproben vorgenommen, von der nur noch das berichtete, für den Kläger aber negative Ergebnis vorliegt. Der Kläger hätte sich ohne Weiteres als Geschäftsführer und Bohrmeister der Firma S. B. und B. GmbH und für die Probebohrung zuständig die dem zugrunde liegenden Informationen beschaffen können, bzw. ihre Rechtsvorgängerin für die Beklagte bestand hingegen kein Anlass dazu. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass bei einer hochtoxischen Noxe, die zur Verursachung einer sofortigen Lungenentzündung führt, nämlich zunächst damit zu rechnen gewesen wäre, dass der den Geruch zuerst wahrnehmende Mitarbeiter einen entsprechenden Akutschaden hätte erleiden müssen und dann Anhaltspunkte für eine weitergehende Amtsermittlungspflicht bestanden hätten. Das war indessen nicht der Fall, der Kläger hat vielmehr zeitgleich eine Lungenentzündung erlitten, die aber nach Meinung sämtlicher Ärzte bakterieller Natur war, also auf das Ereignis nicht zurückzuführen war. Anhaltspunkte für eine Beweisvereitelung liegen daher aus Sicht des Senats nicht vor.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Feststellung eines Arbeitsunfalles sind die bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil das als Arbeitsunfall geltend gemachte Ereignis am 19. Oktober 1989 und damit vor dem Inkrafttreten des Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 stattfand (vgl. §§ 212, 214 SGB VII).

Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Unfälle sind nach der ständigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu § 548 Abs. 1 RVO zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Körperschaden oder zum Tod führen. Diese Definition ist ab 1. Januar 1997 als Legaldefinition des Unfallbegriffes gesetzlich in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII normiert worden.

Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Kläger keinen Unfall erlitten, denn es fehlt an einem Gesundheits(erst)schaden sowie an einer kausalen Verknüpfung zwischen Unfall und geltend gemachtem Gesundheitsschaden. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt, weswegen der Senat ergänzend auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, denen er sich nach eigener Würdigung in vollem Umfang anschließt.

Der Begriff des Unfalls ist bei der Prüfung eines Arbeitsunfalls in drei Schritte zu unterteilen. Es ist zu prüfen, ob

1. ein Ereignis, als zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorgelegen hat (äußeres/einwirkendes Ereignis), 2. ein Gesundheitserstschaden (zeitnah) eingetreten ist und 3. dieser Erstschaden durch das einwirkende Ereignis nach der Theorie der wesentlichen Bedingung wesentlich verursacht worden ist (haftungsbegründende Kausalität).

Das einwirkende Ereignis und der Gesundheitserstschaden sind im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Nachweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die entscheidungserheblichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit festgestellt werden, d.h. es wird keine Überzeugung des Gerichts vorausgesetzt, die jede nur denkbare Möglichkeit ausschließt (vgl. bereits BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 287). Vielmehr ist ein der Gewissheit nahekommender Grad der Wahrscheinlichkeit genügend, aber auch notwendig. Das Gericht muss vom Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen überzeugt sein.

Die Beklagte hat bescheidmässig im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch keinen Arbeitsunfall verbindlich im Sinne eines Verwaltungsaktes anerkannt. Selbst wenn der Kläger im Rahmen des D-Arztverfahrens zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung behandelt worden wäre, was aus der Verwaltungsakte nicht klar nachvollziehbar ist, so besagt dies zunächst nur, dass die erste Einschätzung der behandelnden Ärzte für einen Arbeitsunfall sprach. Das hat der Kläger als Empfänger dieser Leistung auch selbst erkannt, sonst wäre sein mehrfaches Bemühen, den Vorfall als Arbeitsunfall oder BK anerkennen zu lassen, auch kaum zu erklären.

Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass der Kläger bei seiner versicherten Tätigkeit als Geschäftsführer und Bohrmeister bei einer dieser Tätigkeit zuzurechnenden Verrichtung (Schnuppern am Bohrloch) eine zeitlich begrenzte Einwirkung auf den Körper von außen durch das Einatmen der Stoffe erlitten hat, es aber an einem rechtlich wesentlich hierauf zurückzuführenden Primärschaden fehlt (vgl. zum Ganzen auch Urteil des Senats vom 16. Januar 2013 - L 6 U 2874/12 - Juris).

Der Kläger hat selber zunächst bei Eintreffen in der Klinik nur über nachfolgende Atemnot berichtet. Später hat er dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. G. gegenüber angegeben, ihm sei nach kurzem Schnüffeln am Bohrloch übel geworden, im Auto habe er stark geschwitzt, zuhause habe er starkes Fieber bekommen. Das SG hat diese Symptome, also die Übelkeit, die Atemnot und das Schwitzen, zutreffend nur als vorrübergehende Befindlichkeitsstörungen eingestuft. Der gerichtliche Sachverständige hat die stationären Erstbefunde (Aufnahmetemperatur von 39,3 Grad, schlechtes Allgemeinbefinden, Laborparameter mit Leukozytose und starker Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit, aber kein Lungenödem und keine primäre Atemwegsobstruktion) deswegen zu Recht als bakterielle Pneumonie, aber nicht als unfallbedingten Gesundheitserstschaden gewertet. Der Kläger wurde auch nicht wegen einer durch ein Inhalationstrauma bedingten Atemwegs-Symptomatik, sondern unter dem klassischen Bild einer infektiös verursachten Lungenentzündung behandelt. Das heißt, dass die Missempfindungen des Klägers nicht zwangsläufig durch das Ereignis ausgelöst sein müssen, sondern nach zutreffender - auch beratungsärztlicher Einschätzung - in engem Zusammenhang mit der Lungenentzündung zu sehen sind.

Der Sachverständige Dr. G. hat auch zu Recht und für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass das kurzzeitige Schnüffeln flüchtiger Öl- oder Benzindämpfe nicht geeignet ist, eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung auszulösen, sondern toxikologisch kaum wesentlich anders zu bewerten ist als das Betanken eines Dieselfahrzeugs. Selbst die langfristige Exposition gegenüber derartigen Substanzen kann nur unter ganz besonderen ungünstigen Bedingungen als Auslöser einer chronischen Atemwegserkrankung in Frage kommen, die aber beim Kläger schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil vorliegend nur eine einmalige Exposition in Form eines kurzzeitigen Schnupperns als Unfallereignis in Frage steht. Aus der Analyse der Sachverständigen vom 31. Oktober 1989 ergibt sich nichts Anderes, denn diese hat nur Boden- und Grundwasserproben, aber nicht die hier allein relevante Luftprobe bzw. austretende Gase betroffen. Zu Recht hat daher die Beklagte darauf verwiesen, dass aus der Vielzahl der im kontaminierten Boden nachgewiesenen Substanzen nicht auf deren Bioverfügbarkeit im Organismus des Klägers geschlossen werden kann.

Für die Richtigkeit dieser Einschätzung spricht aus Sicht des Senats des Weiteren, dass die damalige Erkrankung nicht nur rasch einer Behandlung zugänglich war, sondern auch komplett ausgeheilt war, was insbesondere dem im August 2008 angefertigten CT zu entnehmen ist. Ausweislich des Berichts vom 13. Oktober 2008 war nämlich die infiltrative Lungenveränderung nicht mehr nachweisbar. Auch Lungenfacharzt Dr. T. hat über eine vollständig Zurückbildung des von ihm diagnostizierten mittelgradigen Lungenemphysems mit mäßiggradiger Obstruktion nach Verordnung eines Broncho-Sprays berichten können. Selbst Dr. G. hat dargelegt, dass der - vorliegend fehlende - Nachweis einer bis 1989 guten und rasch nach dem Ereignis schlechten Lungenfunktion nicht erbracht ist.

Gegen die unfallbedingte Verursachung der schweren Lungenerkrankung spricht nicht zuletzt, dass der Kläger gegenüber dem Lungenfacharzt Dr. T. berichtet hat, seit bereits zwei Jahren unter einer zunehmenden Kurzatmigkeit bei mittelgradiger körperlicher Belastung zu leiden. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anamnese von Dr. T. unrichtig sein sollte, wie der Kläger nunmehr, nachdem ihm die rechtlichen Schlussfolgerungen daraus bewusst geworden sind, behauptet. Für die zuletzt von der Beklagten vorgetragene Hypothese, dass die Reaktion des Klägers auf die Geruchsprobe eher für einen bereits vorbestehenden, klinisch noch stummen, Gesundheitszustand spricht, zu dessen Aktivierung eine Geruchsbelästigung ausgereicht hat, besteht daher keinerlei Anhalt, sie wird auch von keinem der gehörten Mediziner gestützt. Vielmehr handelt es sich auch aus Sicht des Senats um ein zufälliges zeitliches Zusammenfallen zweier voneinander unabhängiger Umstände.

Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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