Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 3 KR 582/06
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
./.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin für eine Krankenhausbehandlung weitere Kosten in Höhe von 2.118,78 EUR zu erstatten hat.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Krankenhaus , Zentrum für Pneumologie und Toraxchirurgie. In dieser Klinik war die am 1934 geborene vom 15.06.2004 bis zum 03.07.2004 in stationärer Behandlung. Die Patientin ist bei der Beklagten versichert.
Die Aufnahme der Versicherten zur stationären Behandlung wurde wegen einer Resektion des Lungenoberlappens links durchgeführt. Die Operation fand am 22.06.2004 statt. Ausweislich des Entlassungsberichtes der Klinik vom 05.08.2004 bestand bei der Patientin ein Zustand nach Lungenoberlappenteilresektion links (22.06.2004), ein Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links, ein Zustand nach Hüft-TEP links, eine Raumforderung unbekannter Dignität dorsal der linken Nebenniere, eine obstruktive Atemwegserkrankung bei Nikotingewöhnung, eine arterielle Hypertonie sowie ein älteres bindegewebig abgekapseltes Tuberkulom.
Mit Rechnung vom 07.07.2004 machte die Klägerin für die Behandlung der Versicherten Kosten in Höhe von 8.024,51 EUR geltend. Sie rechnete eine Fallpauschale nach DRG von E 01 A (Große Eingriffe am Thorax mit äußerst schweren CC, d.h. Komplikatoren oder Komorbiditäten) in Höhe von 8.022,78 EUR ab. Dem lag eine Codierung u.a. der Nebendiagnose nach ICD 180.2 (Thrombose, Phlebitis und Thrombo-Phlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremität) zugrunde.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des MDK (29.10.2004) ein. Der MDK kam zu dem Ergebnis, dass die Codierung einer Nebendiagnose nach ICD 180.2 nicht zulässig gewesen sei, da keine frische Thrombose, sondern ein älteres Geschehen nach Hüft-TEP links vorgelegen habe Er empfahl eine Abrechnung nach DRG E01B. Die Beklagte bat daraufhin mit Schreiben vom 09.11.2004 um die Übersendung einer korrigierten Rechnung unter Zugrundelegung einer Fallpauschale nach DRG E01B (Große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC). Mit Schreiben vom 19.11.2004 erhob die Klägerin dagegen Einwände. Zur Begründung führte sie aus, dass am 18.06.2004 eine Phlebosonographie präoperativ durchgeführt worden sei, die eine Abschnittsthrombose dokumentiert habe. Die Beklagte holte daraufhin weitere Stellungnahmen des MDK (14.01.2005, 11.04.2005, 07.06.2005) ein. Mit Schreiben vom 30.06.2005 bat sie erneut um die Übersendung einer korrigierten Rechnung. Nachdem die Beklagte zunächst den von der Klägerin mitgeteilten Rechnungsbetrag von 8.024,51 EUR überwiesen hatte, wurde dieser Betrag storniert. Mit Schreiben vom 27.07.2006 teilte die Beklagte mit, dass sie die Rechnung unter Zugrundelegung der DRG E01B korrigiert und 5.905,75 EUR angewiesen habe.
Mit dem am 12.12.2006 bei dem Sozialgericht Lübeck eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 2.118,78 EUR nebst Zinsen erhoben. Zur Begründung führt sie insbesondere aus: Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Codierung der Nebendiagnose ICD 180.2 zutreffend. Eine Nebendiagnose sei definiert als eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose bestehe oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickle. Für Codierzwecke müssten Nebendiagnosen als Krankheit interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussten, dass entweder therapeutische oder diagnostische Maßnahmen oder ein erhöhter Betreuungs-, Pflege- oder Überwachungsaufwand erforderlich sei. Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusse, werde diese Krankheit als Nebendiagnose codiert. Dieser Tatbestand habe bei der Patientin vorgelegen. Bei ihr habe ein Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links bestanden. Aufgrund dieser Erkrankung sei am 18.06.2004 eine Echokardiographie sowie eine Phlebosonographie des linken Beines, mithin diagnostische Maßnahmen durchgeführt worden. Außerdem habe die Patientin in Abweichung zum Standardvorgehen während des gesamten Aufenthaltes eine Thrombose Phrophylaxe mittels Antithrombosestrümpfen und subkutanen Thrombosespritzen erhalten. Bei ihr habe ein erhöhtes Thromboserisiko bestanden, das zusätzliche Diagnostik und therapeutischen Aufwand erforderlich gemacht habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 2.118,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.07.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, die Nebendiagnose 180.2 zu codieren. Nach dem Ergebnis der Begutachtung des MDK sei kein therapeutischer, diagnostischer oder pflegerischer Mehraufwand aufgrund der bei der Patientin bestehenden älteren Thrombose erforderlich gewesen. Es habe keine Abweichung vom Standardvorgehen für die Thrombose-Phrophylaxe bestanden. Aus diesen Gründen sei ein Fallpauschale nach DRG E01B zutreffend.
Die Kammer hat ein Gutachten von dem Internisten und Sozialmediziner Prof. Dr. O (27.05.2008) eingeholt. In dem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 26.06.2008 hat die Kammer den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens nochmals angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten von Prof. Dr. sowie auf die aus der Sitzungsniederschrift ersichtlichen ergänzenden Ausführungen Bezug genommen.
Beide Beteiligte haben ihre Zustimmung zu einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Der Kammer haben neben der Gerichtsakte die den streitbefangenen Vorgang betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band) sowie die Krankenakten der Klägerin (1 Band) vorgelegen. Diese Akten sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Grundlage der Entscheidung der Kammer geworden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, über die die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig. Sie ist als (echte) Leistungsklage
gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Die Klägerin hat ihr Begehren zu Recht mit einer Leistungsklage geltend gemacht, da die Beteiligten nicht in einem Über- bzw. Unterordnungsverhältnis stehen. Es handelt sich vielmehr um ein Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt der Beklagten gegen die Klägerin nicht zu ergehen hatte (BSG SozR-3 2500 § 39 SGB V Nr. 4). Auch die weiteren Voraussetzungen einer Leistungsklage liegen vor. Insbesondere ist das erforderliche Rechtschutzinteresse gegeben, da sich die Beklagte mit Schreiben vom 27.07.2006 endgültig geweigert hat, die streitbefangenen Kosten zu übernehmen.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bezahlung des streitbefangenen Betrages. Zwar sind die Voraussetzungen eines Anspruches nach § 109 Abs. 4 Satz 2 und 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Vereinbarungen grundsätzlich erfüllt. Nach diesen Vorschriften steht der Klägerin grundsätzlich ein Vergütungsanspruch für die Behandlung der Versicherten in dem Zeitraum vom 15.06.2004 bis zum 03.07.2004 zu. Ein Anspruch in der von ihr geltend gemachten Höhe besteht jedoch nicht.
Gemäß § 17 b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) i.V.m. der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 13.10.2003 (KFPV 2004) hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Fallpauschale gemäß DRG E01A. Gegenstand streitbefangenen Behandlung war zwar ein großer Eingriff am Thorax. Es lagen jedoch keine äußerst schweren Komplikatoren oder Komorbiditäten vor. Eine derartige Falllage bestand auch nicht in Hinblick auf die bei der Patientin festgestellten Thrombose im linken Unterschenkel. Dieser Befund rechtfertigte nicht die Codierung der Nebendiagnose ICD 180.2. Eine Nebendiagnose darf nur dann codiert werden, wenn sie als Begleitkrankheit das Standardvorgehen in Form eines Mehraufwandes beeinflusst. Es müssen zusätzliche therapeutische, diagnostische oder pflegerische Maßnahmen erforderlich sein, die zu einem erhöhten Aufwand der Mittel des Krankenhauses und dem Verbrauch seiner Ressourcen führen. Dieser Tatbestand war bei der Patientin nicht gegeben.
Die Unterschenkelthrombose führte nicht zu einem diagnostischen Mehraufwand in relevantem Ausmaß. Zwar ist bei der Patientin am 18.06.2004 eine echokardiographische und eine phlebosonographische Untersuchung zu diagnostischen Zwecken durchgeführt worden. Diese Untersuchungen bezogen sich nicht auf einen akuten Krankheitszustand der Patientin. Sie dienten als Standardmaßnahmen der Vorbereitung der durchzuführenden Operation. Anlass war eine Schwellneigung des Beines, die schon länger bestand. Wegen der Schwellung des linken Beines war sonographisch eine Untersuchung sowohl des Herzens als auch der venösen Strombahn notwendig. Die bei der phlebosonographischen Untersuchung festgestellte Thrombose war älteren Datums und auf die Totalendoprothesenoperation im April 2004 zurückzuführen.
Die Codierung der Nebendiagnose ICD 180.2 ist auch nicht aufgrund eines therapeutischen Mehraufwandes gerechtfertigt. Die Folgen der Feststellung einer älteren Thrombose bestanden darin, dass die üblichen Thrombosephrophylaxemaßnahmen durchgeführt wurden. Die Thromboseprohylaxe wurde während des gesamten stationären Zeitraumes mit den dafür vorgesehenen Methoden ohne besondere Abweichungen vorgenommen. Die Verabreichung von 0,3 Milliliter Innohep entspricht der üblichen Thrombosephrophylaxe bei derartigen operativen Eingriffen. Dieses Standardverfahren umfasst auch die Verordnung von Antithrombosestrümpfen.
Nach allem ist die Codierung der Nebendiagnose ICG 180.2 und die Abrechnung der DRG E 01 A ausgeschlossen, weil die festgestellte Unterschenkelthrombose nicht zu einem vom Standardverfahren abweichenden diagnostischen oder therapeutischen Mehraufwand geführt hat. Mithin kann die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Otten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin für eine Krankenhausbehandlung weitere Kosten in Höhe von 2.118,78 EUR zu erstatten hat.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Krankenhaus , Zentrum für Pneumologie und Toraxchirurgie. In dieser Klinik war die am 1934 geborene vom 15.06.2004 bis zum 03.07.2004 in stationärer Behandlung. Die Patientin ist bei der Beklagten versichert.
Die Aufnahme der Versicherten zur stationären Behandlung wurde wegen einer Resektion des Lungenoberlappens links durchgeführt. Die Operation fand am 22.06.2004 statt. Ausweislich des Entlassungsberichtes der Klinik vom 05.08.2004 bestand bei der Patientin ein Zustand nach Lungenoberlappenteilresektion links (22.06.2004), ein Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links, ein Zustand nach Hüft-TEP links, eine Raumforderung unbekannter Dignität dorsal der linken Nebenniere, eine obstruktive Atemwegserkrankung bei Nikotingewöhnung, eine arterielle Hypertonie sowie ein älteres bindegewebig abgekapseltes Tuberkulom.
Mit Rechnung vom 07.07.2004 machte die Klägerin für die Behandlung der Versicherten Kosten in Höhe von 8.024,51 EUR geltend. Sie rechnete eine Fallpauschale nach DRG von E 01 A (Große Eingriffe am Thorax mit äußerst schweren CC, d.h. Komplikatoren oder Komorbiditäten) in Höhe von 8.022,78 EUR ab. Dem lag eine Codierung u.a. der Nebendiagnose nach ICD 180.2 (Thrombose, Phlebitis und Thrombo-Phlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremität) zugrunde.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des MDK (29.10.2004) ein. Der MDK kam zu dem Ergebnis, dass die Codierung einer Nebendiagnose nach ICD 180.2 nicht zulässig gewesen sei, da keine frische Thrombose, sondern ein älteres Geschehen nach Hüft-TEP links vorgelegen habe Er empfahl eine Abrechnung nach DRG E01B. Die Beklagte bat daraufhin mit Schreiben vom 09.11.2004 um die Übersendung einer korrigierten Rechnung unter Zugrundelegung einer Fallpauschale nach DRG E01B (Große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC). Mit Schreiben vom 19.11.2004 erhob die Klägerin dagegen Einwände. Zur Begründung führte sie aus, dass am 18.06.2004 eine Phlebosonographie präoperativ durchgeführt worden sei, die eine Abschnittsthrombose dokumentiert habe. Die Beklagte holte daraufhin weitere Stellungnahmen des MDK (14.01.2005, 11.04.2005, 07.06.2005) ein. Mit Schreiben vom 30.06.2005 bat sie erneut um die Übersendung einer korrigierten Rechnung. Nachdem die Beklagte zunächst den von der Klägerin mitgeteilten Rechnungsbetrag von 8.024,51 EUR überwiesen hatte, wurde dieser Betrag storniert. Mit Schreiben vom 27.07.2006 teilte die Beklagte mit, dass sie die Rechnung unter Zugrundelegung der DRG E01B korrigiert und 5.905,75 EUR angewiesen habe.
Mit dem am 12.12.2006 bei dem Sozialgericht Lübeck eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 2.118,78 EUR nebst Zinsen erhoben. Zur Begründung führt sie insbesondere aus: Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Codierung der Nebendiagnose ICD 180.2 zutreffend. Eine Nebendiagnose sei definiert als eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose bestehe oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickle. Für Codierzwecke müssten Nebendiagnosen als Krankheit interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussten, dass entweder therapeutische oder diagnostische Maßnahmen oder ein erhöhter Betreuungs-, Pflege- oder Überwachungsaufwand erforderlich sei. Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusse, werde diese Krankheit als Nebendiagnose codiert. Dieser Tatbestand habe bei der Patientin vorgelegen. Bei ihr habe ein Zustand nach Vena tibialis posterior-Thrombose links bestanden. Aufgrund dieser Erkrankung sei am 18.06.2004 eine Echokardiographie sowie eine Phlebosonographie des linken Beines, mithin diagnostische Maßnahmen durchgeführt worden. Außerdem habe die Patientin in Abweichung zum Standardvorgehen während des gesamten Aufenthaltes eine Thrombose Phrophylaxe mittels Antithrombosestrümpfen und subkutanen Thrombosespritzen erhalten. Bei ihr habe ein erhöhtes Thromboserisiko bestanden, das zusätzliche Diagnostik und therapeutischen Aufwand erforderlich gemacht habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 2.118,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.07.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, die Nebendiagnose 180.2 zu codieren. Nach dem Ergebnis der Begutachtung des MDK sei kein therapeutischer, diagnostischer oder pflegerischer Mehraufwand aufgrund der bei der Patientin bestehenden älteren Thrombose erforderlich gewesen. Es habe keine Abweichung vom Standardvorgehen für die Thrombose-Phrophylaxe bestanden. Aus diesen Gründen sei ein Fallpauschale nach DRG E01B zutreffend.
Die Kammer hat ein Gutachten von dem Internisten und Sozialmediziner Prof. Dr. O (27.05.2008) eingeholt. In dem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 26.06.2008 hat die Kammer den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens nochmals angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten von Prof. Dr. sowie auf die aus der Sitzungsniederschrift ersichtlichen ergänzenden Ausführungen Bezug genommen.
Beide Beteiligte haben ihre Zustimmung zu einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Der Kammer haben neben der Gerichtsakte die den streitbefangenen Vorgang betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band) sowie die Krankenakten der Klägerin (1 Band) vorgelegen. Diese Akten sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Grundlage der Entscheidung der Kammer geworden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, über die die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig. Sie ist als (echte) Leistungsklage
gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Die Klägerin hat ihr Begehren zu Recht mit einer Leistungsklage geltend gemacht, da die Beteiligten nicht in einem Über- bzw. Unterordnungsverhältnis stehen. Es handelt sich vielmehr um ein Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt der Beklagten gegen die Klägerin nicht zu ergehen hatte (BSG SozR-3 2500 § 39 SGB V Nr. 4). Auch die weiteren Voraussetzungen einer Leistungsklage liegen vor. Insbesondere ist das erforderliche Rechtschutzinteresse gegeben, da sich die Beklagte mit Schreiben vom 27.07.2006 endgültig geweigert hat, die streitbefangenen Kosten zu übernehmen.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bezahlung des streitbefangenen Betrages. Zwar sind die Voraussetzungen eines Anspruches nach § 109 Abs. 4 Satz 2 und 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Vereinbarungen grundsätzlich erfüllt. Nach diesen Vorschriften steht der Klägerin grundsätzlich ein Vergütungsanspruch für die Behandlung der Versicherten in dem Zeitraum vom 15.06.2004 bis zum 03.07.2004 zu. Ein Anspruch in der von ihr geltend gemachten Höhe besteht jedoch nicht.
Gemäß § 17 b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) i.V.m. der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 13.10.2003 (KFPV 2004) hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Fallpauschale gemäß DRG E01A. Gegenstand streitbefangenen Behandlung war zwar ein großer Eingriff am Thorax. Es lagen jedoch keine äußerst schweren Komplikatoren oder Komorbiditäten vor. Eine derartige Falllage bestand auch nicht in Hinblick auf die bei der Patientin festgestellten Thrombose im linken Unterschenkel. Dieser Befund rechtfertigte nicht die Codierung der Nebendiagnose ICD 180.2. Eine Nebendiagnose darf nur dann codiert werden, wenn sie als Begleitkrankheit das Standardvorgehen in Form eines Mehraufwandes beeinflusst. Es müssen zusätzliche therapeutische, diagnostische oder pflegerische Maßnahmen erforderlich sein, die zu einem erhöhten Aufwand der Mittel des Krankenhauses und dem Verbrauch seiner Ressourcen führen. Dieser Tatbestand war bei der Patientin nicht gegeben.
Die Unterschenkelthrombose führte nicht zu einem diagnostischen Mehraufwand in relevantem Ausmaß. Zwar ist bei der Patientin am 18.06.2004 eine echokardiographische und eine phlebosonographische Untersuchung zu diagnostischen Zwecken durchgeführt worden. Diese Untersuchungen bezogen sich nicht auf einen akuten Krankheitszustand der Patientin. Sie dienten als Standardmaßnahmen der Vorbereitung der durchzuführenden Operation. Anlass war eine Schwellneigung des Beines, die schon länger bestand. Wegen der Schwellung des linken Beines war sonographisch eine Untersuchung sowohl des Herzens als auch der venösen Strombahn notwendig. Die bei der phlebosonographischen Untersuchung festgestellte Thrombose war älteren Datums und auf die Totalendoprothesenoperation im April 2004 zurückzuführen.
Die Codierung der Nebendiagnose ICD 180.2 ist auch nicht aufgrund eines therapeutischen Mehraufwandes gerechtfertigt. Die Folgen der Feststellung einer älteren Thrombose bestanden darin, dass die üblichen Thrombosephrophylaxemaßnahmen durchgeführt wurden. Die Thromboseprohylaxe wurde während des gesamten stationären Zeitraumes mit den dafür vorgesehenen Methoden ohne besondere Abweichungen vorgenommen. Die Verabreichung von 0,3 Milliliter Innohep entspricht der üblichen Thrombosephrophylaxe bei derartigen operativen Eingriffen. Dieses Standardverfahren umfasst auch die Verordnung von Antithrombosestrümpfen.
Nach allem ist die Codierung der Nebendiagnose ICG 180.2 und die Abrechnung der DRG E 01 A ausgeschlossen, weil die festgestellte Unterschenkelthrombose nicht zu einem vom Standardverfahren abweichenden diagnostischen oder therapeutischen Mehraufwand geführt hat. Mithin kann die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Otten
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