Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 12/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Satzungsbestimmung, nach der eine Freistellung vom Notfallvertretungsdienst voraussetzt, dass zu gesundheitlichen Gründen oder einer körperlichen Behinderung kumulativ eine nachteilige Auswirkung der gesundheitlichen Verhältnisse auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Vertragsarztes hinzukommen muss, ist rechtmäßig (vgl BSG vom 11.6.1986 - 6 RKa 5/85 = MedR 1987, 122). Eine Satzungsbestimmung kann damit vorsehen, dass gesundheitliche Gründe, selbst wenn sie zur Ungeeignetheit der Versehung des Notfallvertretungsdienstes führen, nicht ausreichend sind, einen Befreiungstatbestand zu begründen (entgegen VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 03.11.1998 - 9 S 3399/96 = MedR 1999, 228 und LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 -; s. bereits SG Marburg, Urt. v. 18.01.2006 - S 12 KA 49/05 - juris Rdnr. 30).
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Befreiung von der Verpflichtung der Klägerin zur Teilnahme am organisierten Notdienst der Beklagten.
Die 1952 geb. Klägerin ist als Ärztin mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie gehört seit 1995 zur Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte.
Mit Schreiben vom 16.01.2012 beantragte die Klägerin die Befreiung vom allgemeinen medizinischen Notfalldienst. Sie legte zwei Arztbriefe des Prof. Dr. med. A1, Direktor der Abteilung Kardiologie und Pneumologie des Zentrums Innere Medizin der Universitätskliniken YC. vom 17.02.2012 vor und wies auf ein bei ihr bestehendes ausgeprägtes kardiovaskuläres Risikoprofil sowie einen allgemeinen Erschöpfungszustand hin. Am 27.02.2012 sei ein künstliches Hüftgelenk rechts eingesetzt worden. Im vorläufigen Arztbrief vom 17.02.2012 werde auch aufgrund ihrer Vorerkrankung dringend eine Befreiung vom kassenärztlichen Notdienst empfohlen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10.04.2012 eine Befreiung vom kollegialen Bereitschaftsdienst aus gesundheitlichen Gründen ab. Anhand der Fallzahlentwicklung sei zu erkennen, dass die Erkrankung der Klägerin keinerlei Auswirkung auf die tägliche Praxis zeige. Eine Verminderung der Leistungsfähigkeit könne daher nicht erkannt werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 22.12.2004 Widerspruch ein. Sie trug vor, es gehe um den zusätzlichen Hintergrundbereitschaftsdienst. Sie sei ausschließlich psychotherapeutisch in Form von Gesprächstherapie tätig. Sie sei weder fachlich geeignet noch könne sie für eine geeignete Vertretung für den allgemeinen hausärztlichen Gemeinschaftsdienst sorgen. Eine Heranziehung bedeute auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den niedergelassenen psychologischen Psychotherapeuten. Es lägen jedenfalls die Gründe für eine Befreiung gem. § 3 Abs. 2 der Notdienstordnung vor. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung über die Befreiung sei zu unterscheiden zwischen dem allgemeinen Bereitschaftsdienst und dem zusätzlichen hausärztlichen Bereitschaftsdienst. Eine solche Unterscheidung habe nicht stattgefunden. § 26 der hessischen Berufsordnung lasse es für eine Befreiung ausreichen, wenn der Arzt wegen einer körperlichen Behinderung zum Notfalldienst nicht in der Lage sei. Wesentliche Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit seien hierfür nicht erforderlich. Sie habe ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen unter Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen bereits konkretisiert. Bei ihr bestünden schmerzhafte Funktionsstörungen u.a. in beiden Hüftgelenken, beiden Handgelenken, beiden Kniegelenken, im rechten Fuß und im Bereich der Halswirbelsäule etc. Herr Dr. med. A2, leitender Oberarzt der orthopädischen Abteilung, habe ihr deutliche Einschränkungen bezüglich der körperlichen Leistungsfähigkeit des Hebens und Tragens, des Überkopfarbeitens, der Greiffunktion beider Hände, des Arbeitens in kniender oder gebückter Körpersituation sowie des Arbeitens in sonstigen wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen bescheinigt. Hinzu kämen die dort genannten internistischen Erkrankungen, auf Grund derer Stressbelastungssituationen vermieden werden sollten. Auf Grund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen sei sie faktisch nicht mehr in der Lage, am Notdienst teilzunehmen. Ihre Fallzahlen beruhten ausschließlich auf der geleisteten Gesprächstherapie sowie auf den vom bezahlten Vertreter im Rahmen des allgemeinen Notdienstes geleisteten Behandlungen. Die Therapietätigkeit könne nicht mit der Tätigkeit im Rahmen des Notdienstes verglichen werden. Die Argumentation der Beklagten bedeute, dass sie, solange sie noch ihren Kopf gebrauchen könne, am Notdienst teilnehmen müsse. Hier seien die Grenzen des Ermessens überschritten worden. Es komme hinzu, dass ihre Praxis seit Mitte Februar 2012 durchgängig auf Grund der bestehenden Erkrankung geschlossen sei. Es sei auch faktisch unmöglich, einen Vertreter für Notdienste an den Wochentagen nachts sowie mittwochnachmittags zu finden. Diese Notdienstzeiten seien für einen Vertreter finanziell nicht attraktiv. Sie könne solche Dienste weder selbst noch durch einen Vertreter wahrnehmen. Es sollte ihr wenigstens eine vorübergehende Befreiung eingeräumt werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2012 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Rechtsgrundlagen im Heilberufsgesetz, der Berufsordnung und das Sozialgesetzbuch IV sowie auf ihre Satzung. Weiter führte sie aus, unter dem Begriff des allgemeinen Notdienstes fielen im Rahmen ihrer Satzung sowohl der organisierte allgemeine Notdienst, als auch der Hintergrundbereitschaftsdienst für die Basisversorgung. Nach § 6 Abs. 2 S. 3 der Notdienstordnung sei, bevor eine Entscheidung über eine Freistellung erfolge, zu prüfen, ob dem Vertragsarzt auferlegt werden könne, die Dienste auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen. Eine Befreiung könne nur erfolgen, wenn ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit oder Behinderung) hierzu nicht in der Lage sei und dies wesentliche Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit habe. Der Klägerin sei bescheinigt worden, dass auf Grund der kardiologischen Erkrankung es unzumutbar sei, an dem ärztlichen Notdienst teilzunehmen. Die Erkrankungen hätten aber auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit der Klägerin keine wesentlichen Auswirkungen. Ihre Fallzahlen stellten sich wie folgt dar:
Quartal Ihre Fallzahl
I/11 73
II/11 92
III/11 92
IV/11 88
I/12 60
Eine erhebliche Reduzierung der Fallzahl liege nicht vor. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst sei auch dann rechtmäßig, wenn sie für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringe. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Eine von der Klägerin vorgetragene fehlende fachliche Eignungsübernahme des Notdienstes begründe keinen Anspruch auf Befreiung. Sie weise erneut darauf hin, dass die Klägerin auf eigene Kosten einen Vertreter beauftragen könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.01.2013 die Klage erhoben. Sie ist unter Hinweis auf verschiedene ärztliche Bescheinigungen und Arztbriefe weiterhin der Auffassung, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, am ärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Auch führe sie eine ausschließlich psychotherapeutische Praxis. Auf Grund der Ausstattung ihrer Praxis könne sie keine allgemeinärztlichen Behandlungen durchführen. Auch habe sie sich in den letzten Jahrzehnten lediglich fachspezifisch fortgebildet und sei zur Ausübung einer hausärztlichen Tätigkeit nicht mehr in der Lage. Die Bestellung eines Vertreters gestalte sich zunehmend schwierig, zumal ihr regelmäßiger Vertreter der letzten Jahre, Herr Dr. A3, inzwischen über 67 Jahre alt sei und daher nicht mehr dauerhaft zur Verfügung stehe. Ein neuer Vertreter sei nicht zu finden. Für die Praxisvertretung von Herrn Dr. A3, Facharzt für Allgemeinmedizin, seien im Jahr 2009 6.804,00 Euro, im Jahr 2010 5.565,00 Euro und im Jahr 2011 5.790,00 Euro und im Januar 2012 (Neujahrstag) 800,00 Euro angefallen. Die Therapie sei insoweit erfolgreich, als sie ihren Beruf zwar weiter ausüben könne, jedoch in deutlich eingeschränktem zeitlichen Umfang mit der Folge erheblicher Umsatzrückgänge. Im Quartal II/12 habe die Fallzahl 56, im Quartal III/12 60 Fälle betragen. Dementsprechend seien ihre Quartalserträge ab dem Quartal I/12 um fast 50 % zurückgegangen. Die Quartalserträge stellten sich wie folgt dar:
Quartal Ertrag in Euro
I/11 21.355,22
II/11 20.898,59
III/11 23.236,29
IV/11 20.481.25
I/12 11.136,53
II/12 11.292,85
Es verbleibe ihr ein Bruttoeinkommen in Höhe von weniger als 4.000,00 EUR. Nach Abzug der Kosten für Versicherungen und Steuern sei es wirtschaftlich unzumutbar, hiervon zusätzlich einen Vertreter zu zahlen. Im Quartal II/13 habe sie wieder nur ein Honorar in Höhe von 12.696,81 EUR erzielt. Weiterhin verlange sie eine Gleichstellung mit dem psychologischen Psychotherapeuten, die solche Dienste nicht erbringen müssten. Es könne nicht zu ihrem Nachteil gereichen, dass sie im Interesse der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auf Grund der Patientennachfrage von einer Fallminimierung aus gesundheitlichen Gründen absehe. Sie sei zur Teilnahme an einem psychotherapeutischen Bereitschaftsdienst bereit. Die Beklagte sehe aber davon ab, einen solchen einzurichten, da die ärztlichen Psychotherapeuten dann im allgemeinen Notfallvertretungsdienst wegfallen würden.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 die Beklagte zu verpflichten, sie vom kollegialen Bereitschaftsdienste (Notdienst) zu befreien,
hilfsweise
über ihren Antrag auf Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, nach Neustrukturierung der Bereitschaftsdienstbezirke sei die Kläger Mitglied in dem seit dem 01.04.2013 existierenden ÄBD-Bezirk Werra-Meißner X., der sich aus den ehemaligen kollegialen ÄBD A-Stadt, C-Stadt, D-Stadt zusammensetze. Es sei eine neue ÄBD-Zentrale gebildet worden, sodass in allen drei Bereichen kein kollegialer Vertretungsdienst mehr bestehe. Derzeit habe der ÄBD 63 Ärzte, von welchem neun befreit seien und zwei am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilnähmen, sodass zur Zeit 52 Ärzte dienstbereit seien. Die von der Klägerin vorgetragenen Quartalshonorare seien zum Teil zu korrigieren. Die Klägerin habe folgende Quartalshonorare erzielt:
Quartal II/11 20.279,59 Euro
Quartal III/11 22.177,29 Euro
Quartal IV/11 20.067,25 Euro
Quartal II/12 12.406,60 Euro
Quartal III/12 15.000,84 Euro
Quartal II/13 13.187,81 Euro.
In der Honorarhöhe sei wieder ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Gleiches lasse sich den Fallzahlen entnehmen. In Quartal IV/12 habe die Fallzahl 69 betragen und nähere sich deutlich wieder den Fallzahlen aus dem Jahr 2011 (73-92) an. Im Übrigen geht sie weiterhin von einer Verpflichtung der Klägerin zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst aus und sieht die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht als gegeben an. Gegenwärtig sei die Klägerin im Übrigen nicht zum Dienst eingeteilt worden. Das Honorar der Klägerin habe in den Quartalen I bis IV/11 immer über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Nachdem das Honorar der Klägerin in den Quartalen I und II/12 unterdurchschnittlich gewesen sei, habe es sich in Quartal III/12 bereits wieder dem Durchschnitt angenähert. Ab dem Quartal IV/12 habe das klägerische Honorar wieder über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Die Behandlungsfallzahl der Klägerin übersteige in allen Quartalen von I/11 bis I/13 die Durchschnittsbehandlungszahl der Fachgruppe, zum Teil um das Doppelte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Kammer konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Klage war daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Die Beklagte hat zu Recht eine Befreiung vom allgemeinen organisierten Notdienst abgelehnt.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit das Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch, V. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Zur Erfüllung ihrer Pflichten hat die Beklagte die ab 01.05.2005 gültige Notdienstordnung erlassen, bekannt gegeben durch die Bekanntmachung vom 20.09.2002 (Teil I), geändert durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 24.11.2004, bekannt gegeben als Anlage 1 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 15.12.2004, und durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 13.12.2008, bekannt gegeben durch Rundschreiben vom 29.12.2008 (im Folgenden: Notdienstordnung). Ab 01.10.2013 gilt die Bereitschaftsdienstordnung, beschlossen von der Vertreterversammlung am 25.05.2013, veröffentlicht im Mitgliedermagazin der Beklagten "Auf den Punkt", Nr. 3, Juni 2013, Teil info.service, S. 8 ff. (im Folgenden: ÄBDO) Diese Notdienstordnung hat Satzungsqualität. Nach beiden Fassungen der Notdienstordnung besteht kein Anspruch der Klägerin, so dass dahinstehen kann, ob die Klägerin sich überhaupt noch auf die Notdienstordnung berufen könnte.
Nach der Notdienstordnung nehmen am organisierten allgemeinen Notdienst grundsätzlich alle niedergelassenen Vertragsärzte an einer Notdienstgemeinschaft teil (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Notdienstordnung), nach der ÄBDO grundsätzlich alle Arztsitze im Umfang ihres Versorgungsauftrags (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ÄBDO). Eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Freistellung vom organisierten Notdienst kann nach § 3 Abs. 2 Notdienstordnung auf Antrag eines Vertragsarztes vom Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium u. a. ausgesprochen werden, wenn
a) ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit oder Behinderung) hierzu nicht in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;
b) bei einer Vertragsärztin eine Schwangerschaft besteht (bis zum 12. Monat nach der Entbindung);
c) ein Vertragsarzt das 65. Lebensjahr vollendet hat;
d) ein Vertragsarzt wegen besonders belastender familiärer Pflichten oder wegen politischer, berufspolitischer oder wissenschaftlicher Tätigkeit nicht nur vorübergehend an der Teilnahme am organisierten Notdienst gehindert ist;
e) sonstige von einem Vertragsarzt im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am Notdienst auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann, bestehen.
Ein Antrag auf Befreiung vom organisierten Notdienst gemäß Abs. 2 ist schriftlich mit entsprechender Begründung an die für die Notdienstgemeinschaft zuständige Bezirksstelle zu richten (§ 3 Abs. 3 Notdienstordnung). Der Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium hat auf Antrag eines Vertragsarztes über dessen Freistellung von der Teilnahmeverpflichtung am organisierten Notdienst zu entscheiden. Dabei sind die unter § 3 genannten Sachverhalte zu prüfen. Bevor eine Entscheidung über eine vollständige oder teilweise, ggf. auch zeitlich begrenzte Freistellung erfolgt, ist zu prüfen ob
a) dem betreffenden Vertragsarzt eine ärztliche Tätigkeit anderer Art im Rahmen der organisierten Dienste zugemutet werden kann. Als solche Tätigkeiten kommen insbesondere in Betracht:
aa) Bereitschaft für Notdienstleistungen in den Räumen der eigenen Praxis oder in der Notdienstzentrale bzw. an einer dazu von der zuständigen Bezirksstelle vorgesehenen Stelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium
bb) telefonische ärztliche Beratung in einer Notdienstzentrale oder Notdienstleitstelle
cc) Dienst im Rahmen der Rufbereitschaft/Hintergrundbereitschaft
dd) Bereitschaftsdienst zur konsiliarischen Unterstützung des Notarztes;
b) im Falle der Freistellung aus gesundheitlichen Gründen oder wegen körperlicher Behinderung eine nachteilige Auswirkung der gesundheitlichen Verhältnisse auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Vertragsarztes festzustellen ist;
c) dem Vertragsarzt auferlegt werden kann, die Dienste auf eigene Kosten oder zumindest mit dessen Kostenbeteiligung von einem eigenen Vertreter wahrnehmen zu lassen; in diesem Fall hat die Bezirksstelle auch die Höhe des Kostenersatzes festzulegen (§ 6 Abs. 2 Notdienstordnung).
Nach § 3 Abs. 6 ÄBDO, der sich insofern wenig von der Vorgängerbestimmung unterscheidet, hat sich vorrangig vor einer Befreiung von der Teilnahme am ÄBD ein Arzt eigenständig und zu eigenen Lasten einen geeigneten Vertreter zu suchen. Eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Befreiung von der Teilnahme am ÄBD kann auf schriftlichen Antrag von der KVH ausgesprochen werden. Befreiungsgründe können sein:
a) gesundheitliche Gründen (Krankheit oder Behinderung), so dass der Arzt nicht zur Teilnahme am ÄBD in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;
b) die Vollendung des 65. Lebensjahres,
c) Schwangerschaft bis zum 12. Monat nach der Entbindung
d) sonstige im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am ÄBD auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann.
Grundsätzlich sind alle Vertragsärzte zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst geeignet. Der Anspruch eines Vertragsarztes beschränkt sich darauf, im Rahmen der Gleichbehandlung nicht öfters zum Notfalldienst herangezogen zu werden als die übrigen Ärzte.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat wiederholt betont, dass es sich bei der Sicherstellung eines ausreichenden Not- und Bereitschaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe der Vertragsärzte handelt, die nur erfüllt werden kann, wenn alle zugelassenen Ärzte unabhängig von der Fachgruppenzugehörigkeit und sonstigen individuellen Besonderheiten und ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Personen oder Gruppen gleichmäßig herangezogen werden (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124, juris Rdnr. 15).
Der in der Notfalldienstverpflichtung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit ist auch dann hinzunehmen, wenn er für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringt. Erst beim Vorliegen schwerwiegender Gründe kann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten und eine Befreiung des Betroffenen geboten sein (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124, juris Rdnr. 15). Die Kassenärztliche Vereinigung muss auf Erfüllung der Verpflichtung nicht bestehen, wenn genügend Kassenärzte freiwillig teilnehmen, sie kann allerdings die nicht teilnehmenden Vertragsärzte zur Finanzierung heranziehen (vgl. BSG, Urt. v. 03.09.1987 - 6 RKa 1/87 - SozR 2200 § 368m Nr. 4, juris Rdnr. 17). Der Notdienst ist in gleicher Weise Bestandteil der hausärztlichen als auch der fachärztlichen Versorgung (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 = MedR 2007, 504, juris Rdnr. 11). Auch Fachärzte sind grundsätzlich geeignet zur Teilnahme am Notfalldienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N., juris Rdnr. 12). Beruft sich ein Facharzt auf einen Eignungsverlust, so trägt er hierfür die Feststellungslast (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N. = juris Rdnr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de.). Es besteht auch eine Pflicht zur Fortbildung für eine Tätigkeit im Notdienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N. = juris Rdnr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.07.2003 - L 5 KA 3081/02 - juris Rdnr. 22).
Ausnahmen von der Teilnahmeverpflichtung können als Ermessensvorschrift ausgestaltet werden (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, juris Rdnr. 12). Das BSG hat eine Bestimmung, nach der bei der Entscheidung über eine völlige, teilweise und zeitweilige Freistellung vom Notfallvertretungsdienst u. a. stets zu prüfen ist, ob dem Arzt aufgegeben werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem geeigneten Vertreter wahrnehmen zu lassen, mit höherem Recht als vereinbar angesehen. Aus übergeordnetem Recht ergibt sich nicht, dass auf diese Prüfung zu verzichten ist, wenn der persönlichen Teilnahme am Notfallvertretungsdienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Vielmehr lässt sich mit dem übergeordneten Recht vereinbaren, die Freistellung vom Notfallvertretungsdienst zusätzlich von beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Arztes, insbesondere von seinem Honorarumsatz abhängig zu machen. Das Kassenarztrecht überträgt die ärztliche Versorgung der Versicherten denjenigen freiberuflich tätigen Ärzten, die dazu bereit sind. Mit der auf ihren Antrag hin ausgesprochenen Zulassung übernehmen die Ärzte die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung. Die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung ist nicht auf gewisse Zeiträume (z. B. Sprechstunden, Werktage) beschränkt, sondern muss auch in zeitlicher Hinsicht umfassend sein ("rund um die Uhr"). Die Erfüllung dieser Aufgabe macht es, wenn nicht anderweitig vorgesorgt, erforderlich, für bestimmte Zeiten (insbesondere für die Wochenenden) einen Notfallvertretungsdienst zu organisieren. Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Kassenärzte handelt, sind auch alle Kassenärzte zur Mitwirkung heranzuziehen, und zwar in einer alle gleichmäßig belastenden Weise. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Kassenarzt hat den Notfallvertretungsdienst, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange kassenärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Kassenärzte zu Lasten ihrer Kollegen von kassenärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Kassenarztrechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des Notfallvertretungsdienst nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Kassenarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z.B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt oder dem Kassenarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, juris Rdnr. 13).
An dieser Rechtsprechung hat das BSG festgehalten. Es hat betont, die bundesrechtliche Verpflichtung aller Vertragsärzte zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen infolge des ärztlichen Notfalldienstes besteht auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung kommt unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art 3 Abs. 1 GG) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Hat mithin der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen, so muss unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots dasselbe erst recht gelten, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - wie z. B. wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notdienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen darf. Verfügt die Kassenärztliche Vereinigung den Ausschluss eines Arztes vom Notfalldienst wegen solcher Ungeeignetheit, so enthält dies lediglich das Verbot, den Notfalldienst persönlich zu erbringen. Seine Pflicht zum Mittragen der Belastungen des Notfalldienstes bleibt davon unberührt; deshalb muss er auf eigene Kosten einen geeigneten Vertreter für die Durchführung der ihm obliegenden Notdienste stellen (vgl. BSG v. 06.02.2008 - B 6 KA 13/06 R - juris Rn. - SozR 4-2500 § 75 Nr. 7 = ZMGR 2008, 213 = USK 2008-18 = Breith 2009, 111 = MedR 2009, 428, Rdnr. 14).
Ausgehend hiervon sind die genannten Satzungsbestimmungen der Beklagten, insbesondere § 3 Abs. 2 Buchst. a Notdienstordnung bzw. § 3 Abs. 6 Satz 3 Buchst. a ÄBDO, die allein als Befreiungstatbestände in Betracht kommen, da andere Gründe nicht vorgetragen werden und auch nicht ersichtlich sind, nicht zu beanstanden. Danach sind gesundheitliche Gründe, selbst wenn sie zur Ungeeignetheit der Versehung des Notfallvertretungsdienstes führen sollten, nicht ausreichend, einen Befreiungstatbestand zu begründen. Kumulativ muss hinzukommen, dass die gesundheitliche Minderleistungsfähigkeit Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat. Soweit VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 03.11.1998 – 9 S 3399/96 – MedR 1999, 228, 231 der Auffassung ist, die Bestellung eines Vertreters setze die Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst auch im konkreten Einzelfall voraus, da ansonsten jede Befreiung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Vertreterbestellung verweigert werden könnte, stützt sich die Entscheidung auf hier nicht anzuwendende berufsrechtliche Vorschriften. Daraus folgt aber nicht, dass es der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungshoheit verwehrt wäre, die genannte Regelung zu treffen. Gleiches gilt für die Entscheidung des VG Karlsruhe, wonach ein ausschließlich privatärztlich niedergelassener Arzt (hier: Facharzt für Orthopädie), der aus gesundheitlichen Gründen nicht am Notdienst teilnehmen kann, nicht auf eine Vertreterbestellung verwiesen werden kann, auch nicht in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, wenn diese Einschränkung der Befreiungsmöglichkeit nicht satzungsrechtlich (Berufsordnung) geregelt ist (vgl. VG Karlsruhe v. 08.12.2011 - 9 K 262/11 - juris Rn. 23 ff. - ZMGR 2012, 196). Die Notdienstordnung bzw. ÄBDO der Beklagten sieht gerade eine ausdrückliche Satzungsbestimmung vor. Das an der Auffassung des VGH Baden-Württemberg anknüpfende obiter dictum des LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de, Ausdruck S. 5, wonach ein ungeeigneter Arzt nicht auf die Möglichkeit, einen Vertreter zu bestellen, verwiesen werden könne, setzt sich aufgrund des dortigen Streitgegenstandes folgerichtig - nicht mit der genannten BSG-Rechtsprechung auseinander. Der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen war aber auch aus anderen Gründen nicht zu folgen. Mit der genannten Regelung nimmt die Beklagte den einzelnen Vertragsarzt in die Verantwortung zur Durchführung des Notfallvertretungsdienstes. Die Regelung enthält inzident die Vermutung, dass, soweit Auswirkungen auf die Praxistätigkeit nicht ersichtlich sind, der Vertragsarzt nicht nur in der Lage ist, seiner Praxistätigkeit nachzukommen, sondern auch geeignet ist, den Notfallvertretungsdienst zu versehen. Fühlt er sich subjektiv hierzu nicht in der Lage, so kann er sich – auf eigene Kosten – vertreten lassen. Führt er dennoch den Notdienst durch, so obliegt es ihm wie bei seiner täglichen vertragsärztlichen Tätigkeit, im Einzelfall zu entscheiden, ob er sich selbst in der Lage sieht, die notwendige Behandlung durchzuführen oder den Patienten zu verweisen, ggf. in stationäre Behandlung. Von daher sieht die Kammer auch kein besonderes Haftungsrisiko durch die genannte Regelung. Letztlich kann durch die genannte Regelung jeder Arzt zur Teilnahme am Notfallvertretungsdienst herangezogen werden, wobei es seiner Entscheidung obliegt, ob er dieser Verpflichtung persönlich oder durch Beauftragung eines Vertreters nachkommt (s. bereits SG Marburg, Urt. v. 18.01.2006 - S 12 KA 49/05 - juris Rdnr. 30).
Im Hinblick auf die weitere Voraussetzung, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung keine wesentliche Auswirkung auf die weitere Tätigkeit haben kann, sieht die Kammer auch keine Benachteiligung gesundheitlich beeinträchtigter Vertragsärzte gegenüber nicht gesundheitlich beeinträchtigten Vertragsärzten (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Regelung stellt wesentlich auf den Status als freiberuflich tätiger Vertragsarzt ab, der als Selbständiger auch Verpflichtungen nachzukommen hat. Soweit er dazu nicht selbst in der Lage ist, wird er nicht unzumutbar mit Kosten belastet. Das wirtschaftliche Junktim stellt sicher, dass er selbst dann, wenn der Notfallvertretungsdienst nicht allein durch die darin vom Vertreter erbrachten Leistungen erbracht werden kann, nur dann mit den zusätzlichen Kosten belastet wird, wenn ansonsten die gesundheitliche Beeinträchtigung ohne Auswirkung auf die übrige Praxistätigkeit ist.
Auswirkungen auf die übrige Praxistätigkeit aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung waren nicht festzustellen.
Die Umsatzzahlen der Klägerin zeigen, dass sie im Jahr 2012 auf Grund ihrer Erkrankung und Operation einen Umsatzrückgang erlitten hat, dass aber seit dem Quartal III/12 der Umsatz wieder ansteigt und im Quartal IV/12 18.773,97 Euro betrug. Gleiches gilt für die Fallzahlen, die im Quartal IV/12 mit 69 Fällen annähernd die bereits im Jahr 2011 erreicht. Mit ihren Fallzahlen liegt die Klägerin jedenfalls über denen der Vergleichsgruppe. Die Klägerin hatte im Quartal III/12 eine Fallzahl von 58, die aus 461 Praxen bei 431 Behandlerstellen bestehende Vergleichsgruppe hatte eine Fallzahl im Durchschnitt von 45. Auch unter der Berücksichtigung, dass nicht in allen Praxen eine Zulassung für einen vollen Versorgungsauftrag bestand, lag die Fallzahl der Klägerin über dem Durchschnitt. Entsprechendes gilt für das Quartal IV/12 mit einer Fallzahl der Klägerin von 69 gegenüber 45 der Fachgruppe. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich im Verhältnis des Honorarumsatzes der Klägerin im Vergleich zu dem der Fachgruppe. Nach den von der Beklagten genannten Daten lag das Honorar der Klägerin im Jahr 2011 immer über dem Fachgruppendurchschnitt und war in den Quartalen I und II/12 unterdurchschnittlich und näherte sich im Quartal III/12 bereits dem Durchschnitt an. Ab dem Quartal IV/12 liegt das klägerische Honorar wieder über dem Fachgruppendurchschnitt. Im Quartal I/13 betrug der Umsatz der Praxis 22.323,63 Euro bei 68 Behandlungsfällen. Soweit die Klägerin vorträgt, im Quartal II/13 sei der Umsatz rückläufig, ist nicht erkennbar, dass es sich hierbei um einen gesundheitsbedingten, auf Dauer angelegten Umsatzrückgang handelt.
Ein Anspruch des Vertragsarztes gegen eine KV, bestimmte Arztgruppen generell vom Notdienst zu befreien, besteht bundesrechtlich von vornherein nicht (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 = MedR 2007, 504, juris Rdnr. 20). Auch Fachärzte sind einschließlich der ärztlichen Psychotherapeuten zur Teilnahme am Notfalldienst grundsätzlich geeignet (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 = MedR 2007, 504, juris Rdnr. 20 -; BSG, Urt. v. 15.04.1980 - 6 RKa 8/78 - USK 8055, juris Rdnr. 12 m.w.N.; BSG, Urt. v. 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 - BSGE 44, 252, 257 f. = SozR 2200 § 368n Nr. 12; BSG, Urt. v. 19.10.1971 - 6 RKa 24/70 - BSGE 33, 165, 167 = SozR Nr. 3 zu BMV-Ärzte); nicht herangezogen werden können lediglich die Psychologischen Psychotherapeuten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - juris; LSG Niedersachsen, Urt. v. 25.04.2001 - L 3/5 KA 67/99 - juris). Im Hinblick auf deren unterschiedliche Ausbildung und Approbation und unterschiedliche Behandlungsbefugnis kann darin keine Benachteiligung der Klägerin als ärztliche Psychotherapeutin gesehen werden.
Im Hinblick auf die ärztliche Tätigkeit der Klägerin und ihre frühere Teilnahme am ärztlichen Notdienst und ihre Verpflichtung zur entsprechenden Fortbildung ist nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin aus fachlichen Gründen nicht geeignet sein sollte, am ärztlichen Notdienst teilzunehmen.
Soweit die Klägerin auf die Berufsordnung verweist, handelt es sich um Satzungsrecht der Ärztekammer, das für die Beklagte nicht gilt. Wie bereits ausgeführt kommt aufgrund der genannten Bestimmungen des SGB V der Beklagten eine eigenständige Satzungsbefugnis zur Regelung des Notfallvertretungsdienstes zu.
Die Kammer verkennt nicht, dass die Klägerin gesundheitlich beeinträchtigt ist. Aufgrund der nicht zu beanstandenden Notdienstordnung der Beklagten kam es hierauf für die Kammer aber nicht an.
Die Möglichkeit einer Vertreterbestellung ist angesichts der Häufigkeit der Heranziehung zu den Diensten nicht ausgeschlossen oder unzumutbar. Nach Auskunft der Beklagten muss die Klägerin mit drei bis vier Diensten im Quartal bzw. ca. 14 Diensten im Jahr rechnen. Es bestehe aber auch die Möglichkeit, nur den Sitzdienst zu machen, welcher bis max. 22 Uhr in der ÄBD-Zentrale angeboten werde. Auch würden derzeit vier Nichtvertragsärzte viele ÄBD-Dienste übernehmen, weshalb eine Vertreterregelung möglich sei. Soweit die Klägerin hierzu vorgetragen hat, diese vier Ärzte arbeiteten jeweils in älteren niedergelassenen Praxen, kann dahinstehen, ob diese vier Ärzte für sie tatsächlich keine Dienste übernehmen würden, da unabhängig davon dies die Klägerin nach der ÄBDO selbst regeln muss. Insofern kommt es nach der dargelegten Rechtslage auch nicht darauf an, ob die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, wegen der Einschränkung der Beweglichkeit ihrer Hände aufgrund eines akuten "Schubs" keine Spritze setzen zu können, weshalb sie auch den Sitzdienst nicht verrichten könne. Die Kammer weist ferner auf die Stundenpauschale nach § 7 Abs. 1 Buchst. a ÄBDO hin, die das finanzielle Risiko einer Vertreterbestellung wesentlich minimiert.
Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher im Hauptantrag abzuweisen.
Aus den genannten Gründen besteht aber auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Die Klage war daher im Hilfsantrag gleichfalls abzuweisen.
Nach allem war die Klage daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwertbeschluss erging durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Für die Befreiung vom Bereitschaftsdienst (Notfalldienst) ist der Regelstreitwert festzusetzen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl. 2012 [Stand: Mai 2012], www.sozialgerichtsbarkeit.de, Abschnitt X. Ziff. 12.2) ... Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Die Klägerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Befreiung von der Verpflichtung der Klägerin zur Teilnahme am organisierten Notdienst der Beklagten.
Die 1952 geb. Klägerin ist als Ärztin mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie gehört seit 1995 zur Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte.
Mit Schreiben vom 16.01.2012 beantragte die Klägerin die Befreiung vom allgemeinen medizinischen Notfalldienst. Sie legte zwei Arztbriefe des Prof. Dr. med. A1, Direktor der Abteilung Kardiologie und Pneumologie des Zentrums Innere Medizin der Universitätskliniken YC. vom 17.02.2012 vor und wies auf ein bei ihr bestehendes ausgeprägtes kardiovaskuläres Risikoprofil sowie einen allgemeinen Erschöpfungszustand hin. Am 27.02.2012 sei ein künstliches Hüftgelenk rechts eingesetzt worden. Im vorläufigen Arztbrief vom 17.02.2012 werde auch aufgrund ihrer Vorerkrankung dringend eine Befreiung vom kassenärztlichen Notdienst empfohlen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10.04.2012 eine Befreiung vom kollegialen Bereitschaftsdienst aus gesundheitlichen Gründen ab. Anhand der Fallzahlentwicklung sei zu erkennen, dass die Erkrankung der Klägerin keinerlei Auswirkung auf die tägliche Praxis zeige. Eine Verminderung der Leistungsfähigkeit könne daher nicht erkannt werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 22.12.2004 Widerspruch ein. Sie trug vor, es gehe um den zusätzlichen Hintergrundbereitschaftsdienst. Sie sei ausschließlich psychotherapeutisch in Form von Gesprächstherapie tätig. Sie sei weder fachlich geeignet noch könne sie für eine geeignete Vertretung für den allgemeinen hausärztlichen Gemeinschaftsdienst sorgen. Eine Heranziehung bedeute auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den niedergelassenen psychologischen Psychotherapeuten. Es lägen jedenfalls die Gründe für eine Befreiung gem. § 3 Abs. 2 der Notdienstordnung vor. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung über die Befreiung sei zu unterscheiden zwischen dem allgemeinen Bereitschaftsdienst und dem zusätzlichen hausärztlichen Bereitschaftsdienst. Eine solche Unterscheidung habe nicht stattgefunden. § 26 der hessischen Berufsordnung lasse es für eine Befreiung ausreichen, wenn der Arzt wegen einer körperlichen Behinderung zum Notfalldienst nicht in der Lage sei. Wesentliche Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit seien hierfür nicht erforderlich. Sie habe ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen unter Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen bereits konkretisiert. Bei ihr bestünden schmerzhafte Funktionsstörungen u.a. in beiden Hüftgelenken, beiden Handgelenken, beiden Kniegelenken, im rechten Fuß und im Bereich der Halswirbelsäule etc. Herr Dr. med. A2, leitender Oberarzt der orthopädischen Abteilung, habe ihr deutliche Einschränkungen bezüglich der körperlichen Leistungsfähigkeit des Hebens und Tragens, des Überkopfarbeitens, der Greiffunktion beider Hände, des Arbeitens in kniender oder gebückter Körpersituation sowie des Arbeitens in sonstigen wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen bescheinigt. Hinzu kämen die dort genannten internistischen Erkrankungen, auf Grund derer Stressbelastungssituationen vermieden werden sollten. Auf Grund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen sei sie faktisch nicht mehr in der Lage, am Notdienst teilzunehmen. Ihre Fallzahlen beruhten ausschließlich auf der geleisteten Gesprächstherapie sowie auf den vom bezahlten Vertreter im Rahmen des allgemeinen Notdienstes geleisteten Behandlungen. Die Therapietätigkeit könne nicht mit der Tätigkeit im Rahmen des Notdienstes verglichen werden. Die Argumentation der Beklagten bedeute, dass sie, solange sie noch ihren Kopf gebrauchen könne, am Notdienst teilnehmen müsse. Hier seien die Grenzen des Ermessens überschritten worden. Es komme hinzu, dass ihre Praxis seit Mitte Februar 2012 durchgängig auf Grund der bestehenden Erkrankung geschlossen sei. Es sei auch faktisch unmöglich, einen Vertreter für Notdienste an den Wochentagen nachts sowie mittwochnachmittags zu finden. Diese Notdienstzeiten seien für einen Vertreter finanziell nicht attraktiv. Sie könne solche Dienste weder selbst noch durch einen Vertreter wahrnehmen. Es sollte ihr wenigstens eine vorübergehende Befreiung eingeräumt werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2012 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Rechtsgrundlagen im Heilberufsgesetz, der Berufsordnung und das Sozialgesetzbuch IV sowie auf ihre Satzung. Weiter führte sie aus, unter dem Begriff des allgemeinen Notdienstes fielen im Rahmen ihrer Satzung sowohl der organisierte allgemeine Notdienst, als auch der Hintergrundbereitschaftsdienst für die Basisversorgung. Nach § 6 Abs. 2 S. 3 der Notdienstordnung sei, bevor eine Entscheidung über eine Freistellung erfolge, zu prüfen, ob dem Vertragsarzt auferlegt werden könne, die Dienste auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen. Eine Befreiung könne nur erfolgen, wenn ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit oder Behinderung) hierzu nicht in der Lage sei und dies wesentliche Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit habe. Der Klägerin sei bescheinigt worden, dass auf Grund der kardiologischen Erkrankung es unzumutbar sei, an dem ärztlichen Notdienst teilzunehmen. Die Erkrankungen hätten aber auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit der Klägerin keine wesentlichen Auswirkungen. Ihre Fallzahlen stellten sich wie folgt dar:
Quartal Ihre Fallzahl
I/11 73
II/11 92
III/11 92
IV/11 88
I/12 60
Eine erhebliche Reduzierung der Fallzahl liege nicht vor. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst sei auch dann rechtmäßig, wenn sie für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringe. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Eine von der Klägerin vorgetragene fehlende fachliche Eignungsübernahme des Notdienstes begründe keinen Anspruch auf Befreiung. Sie weise erneut darauf hin, dass die Klägerin auf eigene Kosten einen Vertreter beauftragen könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.01.2013 die Klage erhoben. Sie ist unter Hinweis auf verschiedene ärztliche Bescheinigungen und Arztbriefe weiterhin der Auffassung, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, am ärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Auch führe sie eine ausschließlich psychotherapeutische Praxis. Auf Grund der Ausstattung ihrer Praxis könne sie keine allgemeinärztlichen Behandlungen durchführen. Auch habe sie sich in den letzten Jahrzehnten lediglich fachspezifisch fortgebildet und sei zur Ausübung einer hausärztlichen Tätigkeit nicht mehr in der Lage. Die Bestellung eines Vertreters gestalte sich zunehmend schwierig, zumal ihr regelmäßiger Vertreter der letzten Jahre, Herr Dr. A3, inzwischen über 67 Jahre alt sei und daher nicht mehr dauerhaft zur Verfügung stehe. Ein neuer Vertreter sei nicht zu finden. Für die Praxisvertretung von Herrn Dr. A3, Facharzt für Allgemeinmedizin, seien im Jahr 2009 6.804,00 Euro, im Jahr 2010 5.565,00 Euro und im Jahr 2011 5.790,00 Euro und im Januar 2012 (Neujahrstag) 800,00 Euro angefallen. Die Therapie sei insoweit erfolgreich, als sie ihren Beruf zwar weiter ausüben könne, jedoch in deutlich eingeschränktem zeitlichen Umfang mit der Folge erheblicher Umsatzrückgänge. Im Quartal II/12 habe die Fallzahl 56, im Quartal III/12 60 Fälle betragen. Dementsprechend seien ihre Quartalserträge ab dem Quartal I/12 um fast 50 % zurückgegangen. Die Quartalserträge stellten sich wie folgt dar:
Quartal Ertrag in Euro
I/11 21.355,22
II/11 20.898,59
III/11 23.236,29
IV/11 20.481.25
I/12 11.136,53
II/12 11.292,85
Es verbleibe ihr ein Bruttoeinkommen in Höhe von weniger als 4.000,00 EUR. Nach Abzug der Kosten für Versicherungen und Steuern sei es wirtschaftlich unzumutbar, hiervon zusätzlich einen Vertreter zu zahlen. Im Quartal II/13 habe sie wieder nur ein Honorar in Höhe von 12.696,81 EUR erzielt. Weiterhin verlange sie eine Gleichstellung mit dem psychologischen Psychotherapeuten, die solche Dienste nicht erbringen müssten. Es könne nicht zu ihrem Nachteil gereichen, dass sie im Interesse der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auf Grund der Patientennachfrage von einer Fallminimierung aus gesundheitlichen Gründen absehe. Sie sei zur Teilnahme an einem psychotherapeutischen Bereitschaftsdienst bereit. Die Beklagte sehe aber davon ab, einen solchen einzurichten, da die ärztlichen Psychotherapeuten dann im allgemeinen Notfallvertretungsdienst wegfallen würden.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 die Beklagte zu verpflichten, sie vom kollegialen Bereitschaftsdienste (Notdienst) zu befreien,
hilfsweise
über ihren Antrag auf Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, nach Neustrukturierung der Bereitschaftsdienstbezirke sei die Kläger Mitglied in dem seit dem 01.04.2013 existierenden ÄBD-Bezirk Werra-Meißner X., der sich aus den ehemaligen kollegialen ÄBD A-Stadt, C-Stadt, D-Stadt zusammensetze. Es sei eine neue ÄBD-Zentrale gebildet worden, sodass in allen drei Bereichen kein kollegialer Vertretungsdienst mehr bestehe. Derzeit habe der ÄBD 63 Ärzte, von welchem neun befreit seien und zwei am augenärztlichen Bereitschaftsdienst teilnähmen, sodass zur Zeit 52 Ärzte dienstbereit seien. Die von der Klägerin vorgetragenen Quartalshonorare seien zum Teil zu korrigieren. Die Klägerin habe folgende Quartalshonorare erzielt:
Quartal II/11 20.279,59 Euro
Quartal III/11 22.177,29 Euro
Quartal IV/11 20.067,25 Euro
Quartal II/12 12.406,60 Euro
Quartal III/12 15.000,84 Euro
Quartal II/13 13.187,81 Euro.
In der Honorarhöhe sei wieder ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Gleiches lasse sich den Fallzahlen entnehmen. In Quartal IV/12 habe die Fallzahl 69 betragen und nähere sich deutlich wieder den Fallzahlen aus dem Jahr 2011 (73-92) an. Im Übrigen geht sie weiterhin von einer Verpflichtung der Klägerin zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst aus und sieht die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht als gegeben an. Gegenwärtig sei die Klägerin im Übrigen nicht zum Dienst eingeteilt worden. Das Honorar der Klägerin habe in den Quartalen I bis IV/11 immer über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Nachdem das Honorar der Klägerin in den Quartalen I und II/12 unterdurchschnittlich gewesen sei, habe es sich in Quartal III/12 bereits wieder dem Durchschnitt angenähert. Ab dem Quartal IV/12 habe das klägerische Honorar wieder über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Die Behandlungsfallzahl der Klägerin übersteige in allen Quartalen von I/11 bis I/13 die Durchschnittsbehandlungszahl der Fachgruppe, zum Teil um das Doppelte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Kammer konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 10.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Klage war daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Die Beklagte hat zu Recht eine Befreiung vom allgemeinen organisierten Notdienst abgelehnt.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit das Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch, V. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Zur Erfüllung ihrer Pflichten hat die Beklagte die ab 01.05.2005 gültige Notdienstordnung erlassen, bekannt gegeben durch die Bekanntmachung vom 20.09.2002 (Teil I), geändert durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 24.11.2004, bekannt gegeben als Anlage 1 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 15.12.2004, und durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 13.12.2008, bekannt gegeben durch Rundschreiben vom 29.12.2008 (im Folgenden: Notdienstordnung). Ab 01.10.2013 gilt die Bereitschaftsdienstordnung, beschlossen von der Vertreterversammlung am 25.05.2013, veröffentlicht im Mitgliedermagazin der Beklagten "Auf den Punkt", Nr. 3, Juni 2013, Teil info.service, S. 8 ff. (im Folgenden: ÄBDO) Diese Notdienstordnung hat Satzungsqualität. Nach beiden Fassungen der Notdienstordnung besteht kein Anspruch der Klägerin, so dass dahinstehen kann, ob die Klägerin sich überhaupt noch auf die Notdienstordnung berufen könnte.
Nach der Notdienstordnung nehmen am organisierten allgemeinen Notdienst grundsätzlich alle niedergelassenen Vertragsärzte an einer Notdienstgemeinschaft teil (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Notdienstordnung), nach der ÄBDO grundsätzlich alle Arztsitze im Umfang ihres Versorgungsauftrags (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ÄBDO). Eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Freistellung vom organisierten Notdienst kann nach § 3 Abs. 2 Notdienstordnung auf Antrag eines Vertragsarztes vom Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium u. a. ausgesprochen werden, wenn
a) ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit oder Behinderung) hierzu nicht in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;
b) bei einer Vertragsärztin eine Schwangerschaft besteht (bis zum 12. Monat nach der Entbindung);
c) ein Vertragsarzt das 65. Lebensjahr vollendet hat;
d) ein Vertragsarzt wegen besonders belastender familiärer Pflichten oder wegen politischer, berufspolitischer oder wissenschaftlicher Tätigkeit nicht nur vorübergehend an der Teilnahme am organisierten Notdienst gehindert ist;
e) sonstige von einem Vertragsarzt im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am Notdienst auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann, bestehen.
Ein Antrag auf Befreiung vom organisierten Notdienst gemäß Abs. 2 ist schriftlich mit entsprechender Begründung an die für die Notdienstgemeinschaft zuständige Bezirksstelle zu richten (§ 3 Abs. 3 Notdienstordnung). Der Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium hat auf Antrag eines Vertragsarztes über dessen Freistellung von der Teilnahmeverpflichtung am organisierten Notdienst zu entscheiden. Dabei sind die unter § 3 genannten Sachverhalte zu prüfen. Bevor eine Entscheidung über eine vollständige oder teilweise, ggf. auch zeitlich begrenzte Freistellung erfolgt, ist zu prüfen ob
a) dem betreffenden Vertragsarzt eine ärztliche Tätigkeit anderer Art im Rahmen der organisierten Dienste zugemutet werden kann. Als solche Tätigkeiten kommen insbesondere in Betracht:
aa) Bereitschaft für Notdienstleistungen in den Räumen der eigenen Praxis oder in der Notdienstzentrale bzw. an einer dazu von der zuständigen Bezirksstelle vorgesehenen Stelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium
bb) telefonische ärztliche Beratung in einer Notdienstzentrale oder Notdienstleitstelle
cc) Dienst im Rahmen der Rufbereitschaft/Hintergrundbereitschaft
dd) Bereitschaftsdienst zur konsiliarischen Unterstützung des Notarztes;
b) im Falle der Freistellung aus gesundheitlichen Gründen oder wegen körperlicher Behinderung eine nachteilige Auswirkung der gesundheitlichen Verhältnisse auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Vertragsarztes festzustellen ist;
c) dem Vertragsarzt auferlegt werden kann, die Dienste auf eigene Kosten oder zumindest mit dessen Kostenbeteiligung von einem eigenen Vertreter wahrnehmen zu lassen; in diesem Fall hat die Bezirksstelle auch die Höhe des Kostenersatzes festzulegen (§ 6 Abs. 2 Notdienstordnung).
Nach § 3 Abs. 6 ÄBDO, der sich insofern wenig von der Vorgängerbestimmung unterscheidet, hat sich vorrangig vor einer Befreiung von der Teilnahme am ÄBD ein Arzt eigenständig und zu eigenen Lasten einen geeigneten Vertreter zu suchen. Eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Befreiung von der Teilnahme am ÄBD kann auf schriftlichen Antrag von der KVH ausgesprochen werden. Befreiungsgründe können sein:
a) gesundheitliche Gründen (Krankheit oder Behinderung), so dass der Arzt nicht zur Teilnahme am ÄBD in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;
b) die Vollendung des 65. Lebensjahres,
c) Schwangerschaft bis zum 12. Monat nach der Entbindung
d) sonstige im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am ÄBD auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann.
Grundsätzlich sind alle Vertragsärzte zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst geeignet. Der Anspruch eines Vertragsarztes beschränkt sich darauf, im Rahmen der Gleichbehandlung nicht öfters zum Notfalldienst herangezogen zu werden als die übrigen Ärzte.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat wiederholt betont, dass es sich bei der Sicherstellung eines ausreichenden Not- und Bereitschaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe der Vertragsärzte handelt, die nur erfüllt werden kann, wenn alle zugelassenen Ärzte unabhängig von der Fachgruppenzugehörigkeit und sonstigen individuellen Besonderheiten und ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Personen oder Gruppen gleichmäßig herangezogen werden (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124, juris Rdnr. 15).
Der in der Notfalldienstverpflichtung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit ist auch dann hinzunehmen, wenn er für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringt. Erst beim Vorliegen schwerwiegender Gründe kann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten und eine Befreiung des Betroffenen geboten sein (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124, juris Rdnr. 15). Die Kassenärztliche Vereinigung muss auf Erfüllung der Verpflichtung nicht bestehen, wenn genügend Kassenärzte freiwillig teilnehmen, sie kann allerdings die nicht teilnehmenden Vertragsärzte zur Finanzierung heranziehen (vgl. BSG, Urt. v. 03.09.1987 - 6 RKa 1/87 - SozR 2200 § 368m Nr. 4, juris Rdnr. 17). Der Notdienst ist in gleicher Weise Bestandteil der hausärztlichen als auch der fachärztlichen Versorgung (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 = MedR 2007, 504, juris Rdnr. 11). Auch Fachärzte sind grundsätzlich geeignet zur Teilnahme am Notfalldienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N., juris Rdnr. 12). Beruft sich ein Facharzt auf einen Eignungsverlust, so trägt er hierfür die Feststellungslast (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N. = juris Rdnr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de.). Es besteht auch eine Pflicht zur Fortbildung für eine Tätigkeit im Notdienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N. = juris Rdnr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.07.2003 - L 5 KA 3081/02 - juris Rdnr. 22).
Ausnahmen von der Teilnahmeverpflichtung können als Ermessensvorschrift ausgestaltet werden (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, juris Rdnr. 12). Das BSG hat eine Bestimmung, nach der bei der Entscheidung über eine völlige, teilweise und zeitweilige Freistellung vom Notfallvertretungsdienst u. a. stets zu prüfen ist, ob dem Arzt aufgegeben werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem geeigneten Vertreter wahrnehmen zu lassen, mit höherem Recht als vereinbar angesehen. Aus übergeordnetem Recht ergibt sich nicht, dass auf diese Prüfung zu verzichten ist, wenn der persönlichen Teilnahme am Notfallvertretungsdienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Vielmehr lässt sich mit dem übergeordneten Recht vereinbaren, die Freistellung vom Notfallvertretungsdienst zusätzlich von beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Arztes, insbesondere von seinem Honorarumsatz abhängig zu machen. Das Kassenarztrecht überträgt die ärztliche Versorgung der Versicherten denjenigen freiberuflich tätigen Ärzten, die dazu bereit sind. Mit der auf ihren Antrag hin ausgesprochenen Zulassung übernehmen die Ärzte die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung. Die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung ist nicht auf gewisse Zeiträume (z. B. Sprechstunden, Werktage) beschränkt, sondern muss auch in zeitlicher Hinsicht umfassend sein ("rund um die Uhr"). Die Erfüllung dieser Aufgabe macht es, wenn nicht anderweitig vorgesorgt, erforderlich, für bestimmte Zeiten (insbesondere für die Wochenenden) einen Notfallvertretungsdienst zu organisieren. Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Kassenärzte handelt, sind auch alle Kassenärzte zur Mitwirkung heranzuziehen, und zwar in einer alle gleichmäßig belastenden Weise. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Kassenarzt hat den Notfallvertretungsdienst, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange kassenärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Kassenärzte zu Lasten ihrer Kollegen von kassenärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Kassenarztrechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des Notfallvertretungsdienst nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Kassenarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z.B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt oder dem Kassenarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, juris Rdnr. 13).
An dieser Rechtsprechung hat das BSG festgehalten. Es hat betont, die bundesrechtliche Verpflichtung aller Vertragsärzte zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen infolge des ärztlichen Notfalldienstes besteht auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung kommt unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art 3 Abs. 1 GG) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Hat mithin der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen, so muss unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots dasselbe erst recht gelten, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - wie z. B. wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notdienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen darf. Verfügt die Kassenärztliche Vereinigung den Ausschluss eines Arztes vom Notfalldienst wegen solcher Ungeeignetheit, so enthält dies lediglich das Verbot, den Notfalldienst persönlich zu erbringen. Seine Pflicht zum Mittragen der Belastungen des Notfalldienstes bleibt davon unberührt; deshalb muss er auf eigene Kosten einen geeigneten Vertreter für die Durchführung der ihm obliegenden Notdienste stellen (vgl. BSG v. 06.02.2008 - B 6 KA 13/06 R - juris Rn. - SozR 4-2500 § 75 Nr. 7 = ZMGR 2008, 213 = USK 2008-18 = Breith 2009, 111 = MedR 2009, 428, Rdnr. 14).
Ausgehend hiervon sind die genannten Satzungsbestimmungen der Beklagten, insbesondere § 3 Abs. 2 Buchst. a Notdienstordnung bzw. § 3 Abs. 6 Satz 3 Buchst. a ÄBDO, die allein als Befreiungstatbestände in Betracht kommen, da andere Gründe nicht vorgetragen werden und auch nicht ersichtlich sind, nicht zu beanstanden. Danach sind gesundheitliche Gründe, selbst wenn sie zur Ungeeignetheit der Versehung des Notfallvertretungsdienstes führen sollten, nicht ausreichend, einen Befreiungstatbestand zu begründen. Kumulativ muss hinzukommen, dass die gesundheitliche Minderleistungsfähigkeit Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat. Soweit VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 03.11.1998 – 9 S 3399/96 – MedR 1999, 228, 231 der Auffassung ist, die Bestellung eines Vertreters setze die Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst auch im konkreten Einzelfall voraus, da ansonsten jede Befreiung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Vertreterbestellung verweigert werden könnte, stützt sich die Entscheidung auf hier nicht anzuwendende berufsrechtliche Vorschriften. Daraus folgt aber nicht, dass es der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungshoheit verwehrt wäre, die genannte Regelung zu treffen. Gleiches gilt für die Entscheidung des VG Karlsruhe, wonach ein ausschließlich privatärztlich niedergelassener Arzt (hier: Facharzt für Orthopädie), der aus gesundheitlichen Gründen nicht am Notdienst teilnehmen kann, nicht auf eine Vertreterbestellung verwiesen werden kann, auch nicht in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, wenn diese Einschränkung der Befreiungsmöglichkeit nicht satzungsrechtlich (Berufsordnung) geregelt ist (vgl. VG Karlsruhe v. 08.12.2011 - 9 K 262/11 - juris Rn. 23 ff. - ZMGR 2012, 196). Die Notdienstordnung bzw. ÄBDO der Beklagten sieht gerade eine ausdrückliche Satzungsbestimmung vor. Das an der Auffassung des VGH Baden-Württemberg anknüpfende obiter dictum des LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de, Ausdruck S. 5, wonach ein ungeeigneter Arzt nicht auf die Möglichkeit, einen Vertreter zu bestellen, verwiesen werden könne, setzt sich aufgrund des dortigen Streitgegenstandes folgerichtig - nicht mit der genannten BSG-Rechtsprechung auseinander. Der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen war aber auch aus anderen Gründen nicht zu folgen. Mit der genannten Regelung nimmt die Beklagte den einzelnen Vertragsarzt in die Verantwortung zur Durchführung des Notfallvertretungsdienstes. Die Regelung enthält inzident die Vermutung, dass, soweit Auswirkungen auf die Praxistätigkeit nicht ersichtlich sind, der Vertragsarzt nicht nur in der Lage ist, seiner Praxistätigkeit nachzukommen, sondern auch geeignet ist, den Notfallvertretungsdienst zu versehen. Fühlt er sich subjektiv hierzu nicht in der Lage, so kann er sich – auf eigene Kosten – vertreten lassen. Führt er dennoch den Notdienst durch, so obliegt es ihm wie bei seiner täglichen vertragsärztlichen Tätigkeit, im Einzelfall zu entscheiden, ob er sich selbst in der Lage sieht, die notwendige Behandlung durchzuführen oder den Patienten zu verweisen, ggf. in stationäre Behandlung. Von daher sieht die Kammer auch kein besonderes Haftungsrisiko durch die genannte Regelung. Letztlich kann durch die genannte Regelung jeder Arzt zur Teilnahme am Notfallvertretungsdienst herangezogen werden, wobei es seiner Entscheidung obliegt, ob er dieser Verpflichtung persönlich oder durch Beauftragung eines Vertreters nachkommt (s. bereits SG Marburg, Urt. v. 18.01.2006 - S 12 KA 49/05 - juris Rdnr. 30).
Im Hinblick auf die weitere Voraussetzung, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung keine wesentliche Auswirkung auf die weitere Tätigkeit haben kann, sieht die Kammer auch keine Benachteiligung gesundheitlich beeinträchtigter Vertragsärzte gegenüber nicht gesundheitlich beeinträchtigten Vertragsärzten (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Regelung stellt wesentlich auf den Status als freiberuflich tätiger Vertragsarzt ab, der als Selbständiger auch Verpflichtungen nachzukommen hat. Soweit er dazu nicht selbst in der Lage ist, wird er nicht unzumutbar mit Kosten belastet. Das wirtschaftliche Junktim stellt sicher, dass er selbst dann, wenn der Notfallvertretungsdienst nicht allein durch die darin vom Vertreter erbrachten Leistungen erbracht werden kann, nur dann mit den zusätzlichen Kosten belastet wird, wenn ansonsten die gesundheitliche Beeinträchtigung ohne Auswirkung auf die übrige Praxistätigkeit ist.
Auswirkungen auf die übrige Praxistätigkeit aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung waren nicht festzustellen.
Die Umsatzzahlen der Klägerin zeigen, dass sie im Jahr 2012 auf Grund ihrer Erkrankung und Operation einen Umsatzrückgang erlitten hat, dass aber seit dem Quartal III/12 der Umsatz wieder ansteigt und im Quartal IV/12 18.773,97 Euro betrug. Gleiches gilt für die Fallzahlen, die im Quartal IV/12 mit 69 Fällen annähernd die bereits im Jahr 2011 erreicht. Mit ihren Fallzahlen liegt die Klägerin jedenfalls über denen der Vergleichsgruppe. Die Klägerin hatte im Quartal III/12 eine Fallzahl von 58, die aus 461 Praxen bei 431 Behandlerstellen bestehende Vergleichsgruppe hatte eine Fallzahl im Durchschnitt von 45. Auch unter der Berücksichtigung, dass nicht in allen Praxen eine Zulassung für einen vollen Versorgungsauftrag bestand, lag die Fallzahl der Klägerin über dem Durchschnitt. Entsprechendes gilt für das Quartal IV/12 mit einer Fallzahl der Klägerin von 69 gegenüber 45 der Fachgruppe. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich im Verhältnis des Honorarumsatzes der Klägerin im Vergleich zu dem der Fachgruppe. Nach den von der Beklagten genannten Daten lag das Honorar der Klägerin im Jahr 2011 immer über dem Fachgruppendurchschnitt und war in den Quartalen I und II/12 unterdurchschnittlich und näherte sich im Quartal III/12 bereits dem Durchschnitt an. Ab dem Quartal IV/12 liegt das klägerische Honorar wieder über dem Fachgruppendurchschnitt. Im Quartal I/13 betrug der Umsatz der Praxis 22.323,63 Euro bei 68 Behandlungsfällen. Soweit die Klägerin vorträgt, im Quartal II/13 sei der Umsatz rückläufig, ist nicht erkennbar, dass es sich hierbei um einen gesundheitsbedingten, auf Dauer angelegten Umsatzrückgang handelt.
Ein Anspruch des Vertragsarztes gegen eine KV, bestimmte Arztgruppen generell vom Notdienst zu befreien, besteht bundesrechtlich von vornherein nicht (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 = MedR 2007, 504, juris Rdnr. 20). Auch Fachärzte sind einschließlich der ärztlichen Psychotherapeuten zur Teilnahme am Notfalldienst grundsätzlich geeignet (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 = MedR 2007, 504, juris Rdnr. 20 -; BSG, Urt. v. 15.04.1980 - 6 RKa 8/78 - USK 8055, juris Rdnr. 12 m.w.N.; BSG, Urt. v. 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 - BSGE 44, 252, 257 f. = SozR 2200 § 368n Nr. 12; BSG, Urt. v. 19.10.1971 - 6 RKa 24/70 - BSGE 33, 165, 167 = SozR Nr. 3 zu BMV-Ärzte); nicht herangezogen werden können lediglich die Psychologischen Psychotherapeuten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - juris; LSG Niedersachsen, Urt. v. 25.04.2001 - L 3/5 KA 67/99 - juris). Im Hinblick auf deren unterschiedliche Ausbildung und Approbation und unterschiedliche Behandlungsbefugnis kann darin keine Benachteiligung der Klägerin als ärztliche Psychotherapeutin gesehen werden.
Im Hinblick auf die ärztliche Tätigkeit der Klägerin und ihre frühere Teilnahme am ärztlichen Notdienst und ihre Verpflichtung zur entsprechenden Fortbildung ist nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin aus fachlichen Gründen nicht geeignet sein sollte, am ärztlichen Notdienst teilzunehmen.
Soweit die Klägerin auf die Berufsordnung verweist, handelt es sich um Satzungsrecht der Ärztekammer, das für die Beklagte nicht gilt. Wie bereits ausgeführt kommt aufgrund der genannten Bestimmungen des SGB V der Beklagten eine eigenständige Satzungsbefugnis zur Regelung des Notfallvertretungsdienstes zu.
Die Kammer verkennt nicht, dass die Klägerin gesundheitlich beeinträchtigt ist. Aufgrund der nicht zu beanstandenden Notdienstordnung der Beklagten kam es hierauf für die Kammer aber nicht an.
Die Möglichkeit einer Vertreterbestellung ist angesichts der Häufigkeit der Heranziehung zu den Diensten nicht ausgeschlossen oder unzumutbar. Nach Auskunft der Beklagten muss die Klägerin mit drei bis vier Diensten im Quartal bzw. ca. 14 Diensten im Jahr rechnen. Es bestehe aber auch die Möglichkeit, nur den Sitzdienst zu machen, welcher bis max. 22 Uhr in der ÄBD-Zentrale angeboten werde. Auch würden derzeit vier Nichtvertragsärzte viele ÄBD-Dienste übernehmen, weshalb eine Vertreterregelung möglich sei. Soweit die Klägerin hierzu vorgetragen hat, diese vier Ärzte arbeiteten jeweils in älteren niedergelassenen Praxen, kann dahinstehen, ob diese vier Ärzte für sie tatsächlich keine Dienste übernehmen würden, da unabhängig davon dies die Klägerin nach der ÄBDO selbst regeln muss. Insofern kommt es nach der dargelegten Rechtslage auch nicht darauf an, ob die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, wegen der Einschränkung der Beweglichkeit ihrer Hände aufgrund eines akuten "Schubs" keine Spritze setzen zu können, weshalb sie auch den Sitzdienst nicht verrichten könne. Die Kammer weist ferner auf die Stundenpauschale nach § 7 Abs. 1 Buchst. a ÄBDO hin, die das finanzielle Risiko einer Vertreterbestellung wesentlich minimiert.
Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher im Hauptantrag abzuweisen.
Aus den genannten Gründen besteht aber auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Die Klage war daher im Hilfsantrag gleichfalls abzuweisen.
Nach allem war die Klage daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwertbeschluss erging durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Für die Befreiung vom Bereitschaftsdienst (Notfalldienst) ist der Regelstreitwert festzusetzen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl. 2012 [Stand: Mai 2012], www.sozialgerichtsbarkeit.de, Abschnitt X. Ziff. 12.2) ... Dies ergab den festgesetzten Wert.
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