L 8 R 42/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 23 (13) R 16/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 42/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.1.2009 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.913,36 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Beigeladene zu 3) für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2005 in Höhe von 20.913,36 Euro.

Der Kläger ist seit 1993 Inhaber der Firma Printenbäckerei - Café N, B, deren ursprünglicher Inhaber der Vater des Klägers, G N, war. Die Beigeladene zu 3) ist die Ehefrau des Klägers und im Betrieb seit 1989 tätig. Am 4.4.1989 schloss die Beigeladene zu 3) mit dem Vater des Klägers mit Wirkung zum 1.4.1989 einen Anstellungsvertrag. Danach oblagen ihr bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zuzüglich Überstunden die Erledigung des Schriftverkehrs, die Kassenführung, die Vorbereitung der Belege und der Verkauf. Dabei war sie zunächst in den Bereichen Verkauf und Service tätig. Im Anschluss hieran arbeitete die Mutter des Klägers, der bis zur Betriebsübergabe der kaufmännisch-verwaltende Bereich des Betriebes oblag, sie in die anfallenden Bürotätigkeiten ein. Mit Übernahme des Betriebes durch den Kläger und Ausscheiden der Eltern des Klägers zum Jahr 1993 übernahm die Beigeladene zu 3) die Aufgaben ihrer Schwiegermutter. Eine private Krankenversicherung für die Beigeladene zu 3) besteht seit 1993.

Mit Pachtvertrag vom 1.1.1993 vermietete der Vater des Klägers die sich auf dem Grundstück I-ring 00, B befindliche "Bäckerei und Konditorei N" an den Kläger, wobei der Gewerbebetrieb die Backstube, die Verkaufsfläche und das Café beinhaltete. Der Pachtzins betrug zunächst monatlich 13.200 DM, ab dem 1.1.1995 10.000 DM und ab dem 1.5.1996 monatlich 7.000 DM jeweils zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Unter dem 10.12.1999 vereinbarten der Kläger und die Beigeladene zu 3) eine Änderung zum Anstellungsvertrag vom 4.4.1989 dahingehend, dass ab dem 1.11.2000 der betriebseigene PKW der Beigeladenen zu 3) nicht mehr zur privaten Nutzung zur Verfügung stehe. Alle anderen Vereinbarungen aus dem oben genannten Arbeitsvertrag blieben weiterhin bestehen. Unter dem 21.2.2005 erfolgte mit der Änderung zum Anstellungsvertrag vom 4.4.1989 zum 1.3.2005 die Herabsetzung der Arbeitszeit der Beigeladenen zu 3) auf 50 Stunden pro Monat. Im Übrigen blieben alle anderen aus dem Arbeitsvertrag vom 4.4.1989 bestehenden Vereinbarungen weiterhin bestehen. Mit Wirkung ab dem 17.8.2006 vermietete die Beigeladene zu 3), nunmehr Eigentümerin, mit dem Geschäftsraummietvertrag vom 16.8.2006 das Objekt mit der Anschrift I-ring 00, B, im gewerblichen Teil bestehend aus dem Café im Erdgeschoss (143,41 qm), der Backstube (147,01 qm) im Untergeschoss und dem Anbau (38,21 qm), an den Kläger.

In den Jahren 2001 bis 2005 erhielt die Beigeladene zu 3) folgende Jahresarbeitsentgelte (JAE):

- 2001: 75.540,00 DM
- 2002: 39.804,00 Euro
- 2003: 39.346,00 Euro
- 2004: 37.826,00 Euro
- 2005: 9.786,00 Euro

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung des Klägers beanstandete das Finanzamt B-Außenstadt, dass infolge der privaten Nutzung eines firmeneigenen Kraftfahrzeugs durch die Beigeladene zu 3) geldwerte Vorteile in Höhe von jeweils 3.595,56 Euro für die Jahre 2002 bis 2004 und in Höhe von 898,89 Euro für 2005 nachzuversteuern seien.

Am 21.7.2006 führte die Beklagte im Betrieb des Klägers eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2005 durch. Dabei stellte sie fest, dass im geprüften Zeitraum zwar für die Beigeladene zu 3) Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund entsprechender Meldungen zur Sozialversicherung, nicht aber zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung entrichtet wurden. Mit Bescheid vom 5.9.2006 setzte sie die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung auf 20.913,36 Euro fest. Zur Begründung führte sie aus, die Prüfung habe ergeben, dass die Beigeladene zu 3) als Arbeitnehmerin wegen Unterschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) versicherungspflichtig zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sei. Sie sei mehr als nur geringfügig beschäftigt gewesen. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sei nicht erfolgt. Nach den §§ 14 und 17 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Verbindung mit § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) richte sich die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt grundsätzlich nach dem Steuerrecht. Nach den Feststellungen des zuständigen Betriebsstättenfinanzamtes hätten sich anlässlich der Lohnsteueraußenprüfung Steuernachforderungen ergeben, die auch beitragsrechtliche Konsequenzen auf dem Gebiet der Sozialversicherung nach sich zögen. Der Prüfbericht/der Bescheid des Betriebsstättenfinanzamtes vom 4.5.2005 sei jedoch hinsichtlich der geldwerten Vorteile für private PKW-Nutzung Tz. 3 streitbefangen.

Zur Begründung des hiergegen am 2.10.2006 erhobenen Widerspruches führte der Kläger aus, ihm liege ein Betriebsprüfungsbericht der Deutschen Rentenversicherung Bund, damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), vom 11.9.2002 vor, aus dem hervor gehe, das die vom 1.7.1998 bis 31.7.2002 durchgeführte Prüfung keine Feststellungen ergeben habe. Beide vorliegenden Bescheide widersprächen sich im Hinblick auf den Zeitraum vom 1.1 bis 31.7.2002. Auch sei die Beigeladene zu 3) keine abhängig Beschäftigte. So habe sie zugunsten des Klägers eine Bürgschaft von 500.000,00 DM zur Betriebsgründung abgegeben. Auch sei sie Eigentümerin und Vermieterin der Immobilie, in der sich das Café befinde. Darüber hinaus habe sie auf das Geschäftskonto in Höhe von 11.000,00 Euro eine Privateinlage geleistet. Sie arbeite mit dem Kläger gemeinsam. Sie sei gelernte Einzelhandelskauffrau und wickle den kompletten kaufmännischen und verwaltungstechnischen Bereich des Cafés ab. Sämtliche Investitionen würden von den Eheleuten gemeinsam abgestimmt. Sie unterliege keinen Weisungen. Ihren Urlaub könne sie selbst einteilen und nehme diesen selbstverständlich gemeinsam mit ihrem Ehemann.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.1.2007 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die langjährige und unbeanstandete Beitragszahlung unter Betreuung durch einen Finanzberater (hier Steuerberater S) bestätige - auch unter Berücksichtigung des Vortrages dahingehend, dass die Beigeladene zu 3) zur Betriebsgründung eine Bürgschaft abgegeben, die Zustimmung zu Umbaumaßnahmen erteilt und eine Privateinlage geleistet habe -, dass alle Beteiligten keine Zweifel am Vorliegen einer Beschäftigung gehabt hätten, dies heiße, der gesuchte sozialversicherungsrechtliche Schutz sei allerseits anerkannt worden. Dass das Unternehmen in der Rechtsform einer Einzelfirma geführt werde, spreche für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Bei einem entsprechenden Willen der Beteiligten hätte durch die Gründung einer Personengesellschaft dokumentiert werden können, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Es bestehe weder Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der JAE-Grenze, noch sei die Beigeladene zu 3) von der Versicherungspflicht befreit worden. Auch führe der Hinweis, dass der strittige Sachverhalt im Rahmen der vorherigen Betriebsprüfung nicht beanstandet worden sei, nicht zur Beitragsfreiheit in der Krankenversicherung. Durch die Prüfungspraxis werde kein Vertrauensschutz begründet.

Mit der am 28.2.2007 zum Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Bisher sei noch keine Statusfeststellung für die Beigeladene zu 3) durchgeführt worden. Sie sei seit 1993 privatversichert. Sie habe 1993 gemeinsam mit ihm für die Übernahme des elterlichen Betriebes ein Darlehen über 500.000,00 DM aufgenommen. Mit dem Geld seien unter anderem eine neue Ladeneinrichtung, das komplette Inventar des Cafés, ein neuer Backofen und ein neuer Gärunterbrecher angeschafft worden. Mit weiterem Darlehensvertrag in Höhe von 304.957,79 DM sei eine Umfinanzierung erfolgt. Auch hier habe die Beigeladene zu 3) den Vertrag am 16.1.1998 unterschrieben. Neben dem Darlehen habe die Beigeladene zu 3) am 8.9.2004 eine Privateinlage in Höhe von 8.000,00 Euro auf das Geschäftskonto geleistet. Das Geschäftskonto laute auf die Eheleute. Die gesamte Immobilie habe er, der Kläger, seiner Ehefrau übertragen, mit anschließender Vermietung und Verpachtung an den Betrieb. Seine Ehefrau sei gelernte Einzelhandelskauffrau und für den kompletten kaufmännischen und verwaltungstechnischen Bereich des Cafés zuständig. Ihre Arbeitszeiten ergäben sich aus der gemeinsam vorgegebenen Ordnung des Betriebes. Mit 82 Stunden in der Woche lägen sie weit über den im Arbeitsvertrag ursprünglich vereinbarten 40 Wochenstunden. Auch die Vergütung sei in der Zwischenzeit herabgesetzt worden. Während sie im Februar 2005 noch ein Gehalt von 3.000 Euro erhalten habe, habe sich dies im März 2005 auf 500,00 Euro reduziert. Bei einer Gesamtbetrachtung der vorliegenden Umstände könne man nur zu dem Ergebnis kommen, das eine selbständige und sozialversicherungsfreie Tätigkeit tatsächlich vorliege und so auch von den Eheleuten gewollt sei. Er und die Beigeladene zu 3) hätten mit dem gemeinsam aufgenommenen Darlehen die Übernahme und die Neugestaltung des Cafés finanziert. Bei der Umgestaltung habe die Beigeladene zu 3) ihre eigenen Vorstellungen eingebracht und umgesetzt. Sämtliche Investitionen würden von den Eheleuten gemeinsam abgestimmt. Der kaufmännische und verwaltungstechnische Bereich sei von ihr eigenverantwortlich übernommen worden und sie habe ihre Tätigkeit frei gestalten können. Sie sei dabei ihm gegenüber keinen Weisungen unterworfen gewesen. Er habe sich überwiegend mit der Produktion der Printen beschäftigt. Arbeitsort und Arbeitszeit der Beigeladenen zu 3) hätten sich aus der vorgegebenen Ordnung des Betriebes ergeben. Ein wesentliches Indiz dafür, dass seine Ehefrau nicht als Arbeitnehmerin, sondern familienhaft tätig gewesen sei, sei die Herabsetzung der Vergütung auf 500,00 Euro. Ein Arbeitnehmer, dessen Verhältnis zu seinem Arbeitgeber von den typischen Interessen im Gegensatz zum Arbeitgeber/Arbeitnehmer gekennzeichnet sei, werde ein solches Verhalten nicht hinnehmen. Hierin sei eindeutig eine familiäre Rücksichtnahme zu sehen, die ein wesentliches Indiz gegen die Arbeitnehmereigenschaft seiner Ehefrau darstelle. Entsprechendes gelte für den jährlichen Urlaub, den sich seine Ehefrau selbst habe einteilen können. Dieser belaufe sich jedoch im Durchschnitt auf lediglich fünfzehn Arbeitstage im Jahr. Sowohl die Beigeladene zu 3) als auch er - der Kläger - verfolgten einen über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck dadurch, in dem sie durch Einsatz ihrer Vermögenswerte und Arbeitsleistung gemeinsam ein Vermögen aufbauen und eine gewerbliche Tätigkeit gemeinsam ausübten. Sie arbeiteten gleichrangig und selbständig im Unternehmen. Die Tatsache, dass nur er, der Kläger, nach außen in Erscheinung trete, ändere hieran nichts. 1993 sei der Betrieb von ihm und der Beigeladenen zu 3) übernommen worden. Dies sei unter anderem auch in dem Darlehensvertrag vom 20.1.1993 dokumentiert. Der Darlehensvertrag trage jedenfalls die Unterschrift der Beigeladenen zu 3), sodass für alle Beteiligte von vornerein klar gewesen sei, das im Innenverhältnis eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorliege.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 5.9.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.1.2007 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, dass die Beigeladene zu 3) ein unternehmerisches Risiko getragen habe und trage, welches gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spreche.

Die Beklagte hat vorgetragen, ein Versicherungsverhältnis habe ab dem 1.4.1989 aufgrund der gemeldeten abhängigen Beschäftigung zur Bäckerei G N (Betriebsnummer: 000) und laut den erstatteten Meldungen der Beschäftigung bei dem Kläger seit dem 1.1.1993 bestanden. Die Beigeladene zu 3) stehe auch dann in einem weisungsgebundenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, wenn sie im Unternehmen des Ehemannes aufgrund besonderer Fachkenntnisse eigenverantwortlich gewisse Arbeiten ausführe und ihr Beschäftigungsverhältnis aufgrund familiärer Bedingungen von einer milderen Form des Über- und Unterordnungsverhältnisses gekennzeichnet sei. Dem stehe weder - die von den Banken für mitarbeitende Ehegatten regelmäßig geforderte - Mitunterzeichnung von Darlehen und Übernahme von Bürgschaften noch die unter Ehegatten als normal zu bezeichnende Absprache bei bestimmten unternehmerischen Entscheidungen entgegen. Für eine abhängige Beschäftigung spreche regelmäßig auch, dass steuerrechtlich von einer nichtselbständigen Tätigkeit ausgegangen worden sei, da das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht und vom Arbeitsentgelt Lohnsteuer gezahlt worden seien. Der mit der Beigeladenen zu 3) geschlossene Arbeitsvertrag enthalte Vereinbarungen, die die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nahelegten und den Behauptungen einer weisungsfreien Ausführung der ausgeübten Tätigkeit widersprächen, insbesondere durch eine vorgegebene Arbeitszeit und einen festumrissenen Aufgabenkreis. Dies seien Indizien für eine Eingliederung in den betrieblichen Organisationsprozess und die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses.

In der öffentlichen Sitzung am 13.1.2009 hat das SG Aachen den Kläger und die Beigeladene zu 3) zu der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Mit Urteil vom 13.1.2009 hat das SG Aachen den Bescheid vom 5.9.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.1.2007 aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 25.2.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.3.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, die Beigeladene zu 3) sei am Betrieb nicht beteiligt. Die Tatsache, dass der Betrieb, der am 1.1.1993 vom Vater auf den Sohn übergegangen sei, in der Rechtsform eines Einzelunternehmens geführt werde, spreche für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung der Versicherten und stelle nicht lediglich eine formale Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse dar. Bei einem entsprechendem Willen der Beteiligten hätte z.B. durch die Gründung einer Personengesellschaft gegebenenfalls dokumentiert werden können, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Die Beigeladene zu 3) sei also leitende Angestellte in der Firma ihres Ehemannes, der als Meister eine Konditorei und Bäckerei mit Café betreibe und auch im Briefkopf der Geschäftspost als alleiniger Geschäftsführer ausgewiesen sei. Die Weisungsgebundenheit eines leitenden Angestellten könne sich zwar - wie offenbar vorliegend - zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern, gleichwohl liege aber keine selbständige Tätigkeit vor. Weisungsgebundenheit könne bei Beschäftigungen von Verwandten naturgemäß in sehr abgeschwächter Form auftreten und sei wegen der Undurchsichtigkeit der familiären Beziehungen kaum messbar. Eheleute müssten sich, wenn sie sich bewusst für die Rechtsform des Einzelunternehmens in Verbindung mit einer Anstellung des Versicherten als Arbeitnehmer unter Zahlung eines Festgehaltes entschieden hätten, weil sie sich hiervon steuerrechtlich, haftungsrechtlich, buchhaltungstechnisch und womöglich (seinerzeit) auch sozialversicherungsrechtlich Vorteile versprochen hätten, im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung an dieser - tatsächlich auch praktizierten - rechtlichen Beziehung festhalten lassen. Es unterliege nämlich nicht ihrer Disposition, die Wirkungen des Vertragsverhältnisses nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (Bezugnahme auf BSG, Urteil v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R). Zu den tatsächlichen Verhältnissen eines zu beurteilenden Vertragsverhältnisses gehöre auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht - unabhängig von ihrer Ausübung (Bezugnahme auf BSG, Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R). Da in der bewusst gewählten Unternehmensform des Einzelunternehmens die Haftung und die Geschäftsführung ausschließlich beim Einzelunternehmer - also dem Ehemann - lägen, könne von einer de facto gleichberechtigten Führung des Betriebes durch die Beigeladene zu 3) insbesondere aufgrund der fehlenden Rechtsmacht keine Rede sein. Schon die auf eine Alleingeschäftsführung gegründete umfassende Zuständigkeit eines GmbH-Geschäftsführers hindere nicht die Annahme seiner Eingliederung in den Betrieb der GmbH, was erst recht bei (bloßer) Teilzuständigkeit eines Geschäftsführers auf der Grundlage einer Teilgeschäftsführung gelten müsse. Nichts anderes könne gelten, wenn - wie vorliegend - der Betrieb als Einzelunternehmen geführt werde. Sofern das SG zur Überzeugung gelangt sei, die Beigeladene zu 3) trage ein Unternehmerrisiko, weil sie Darlehensverträge mitgezeichnet und dem Unternehmen Geld in Form einer Privateinlage auf dem Geschäftskonto zur Verfügung gestellt habe, sei nicht nachgewiesen, dass dieser Kapitaleinsatz auch zu größerer Freiheit bei der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft und zur Erhöhung der Verdienstchancen geführt habe. Nach ständiger BSG-Rechtsprechung sei maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko, ob sich der Erfolg eines Einsatzes sächlicher Mittel als ungewiss darstelle. Die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft spreche nur dann für Selbständigkeit, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehe oder sie zu höheren Verdienstchancen führe. Der Umstand, dass ein Angehöriger im Zusammenhang mit Kreditverträgen Bürgschaften übernehme, auf sonstige Weise hafte oder dem Unternehmen Darlehen gewähre, begründe ein gewisses Unternehmerrisiko, weil es so an dem für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Interessengegensatz mangeln könne. Hierin könne jedoch lediglich ein Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gesehen werden. Sprächen - wie vorliegend - keine weiteren entscheidungserheblichen Aspekte für eine Mitunternehmerschaft, werde allein durch die Haftung oder die Darlehensgewährung ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht ausgeschlossen. Weiterhin sei zu berücksichtigen, das Unternehmerehegatten von Geldinstituten häufig als Sicherungsnehmer in Anspruch genommen würden, um einen Vermögensübergang zwischen Ehegatten auszuschließen. Dieser Umstand sei zwar für Arbeitnehmer untypisch, aber bei ihnen auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, und spreche deshalb nicht im überwiegenden Maße für eine Mitunternehmerschaft.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.1.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er trägt vor, grundsätzlich sei bei einem Arbeitsverhältnis unter Ehegatten die Feststellung erforderlich, dass es sich um ein ernsthaft gewolltes und vereinbarungsgemäß durchgeführtes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis handele (Bezugnahme auf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.12.2007, L 9 KR 7/05). Unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden Sachverhalts und der im Rahmen einer informatorischen Befragung erfolgten Einlassungen des Klägers und der Beigeladenen zu 3) könne bei einer Gesamtbetrachtung kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angenommen werden. Der Vortrag der Beklagten, dass aus seiner Entscheidung für die Rechtsform eines Einzelunternehmens das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit der Beigeladenen zu 3) abgeleitet werden könne, sei nicht nachvollziehbar. Der Arbeitsvertrag der Beigeladenen zu 3) sei bereits im Jahr 1989 mit seinem Vater geschlossen worden. Erst 1993 hätten er und die Beigeladene zu 3) den Betrieb übernommen. Aus dem Inhalt des Arbeitsvertrages könne somit keine Indizwirkung dafür abgeleitet werden, dass zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gewollt gewesen sei. Auch die später erfolgten Änderungsvereinbarungen des Arbeitsvertrages könnten eine solche Wirkung nicht herbeiführen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von der vertraglichen Ausgestaltung abwichen. Dies sei hier nachweislich der Fall. Es entspreche nicht dem tatsächlichen Sachverhalt, dass er, der Kläger, bewusst geregelt habe, von dem Gehalt der Beigeladenen zu 3) Lohnsteuer zu entrichten und das Gehalt als Betriebsausgabe zu verbuchen. Vielmehr hätten er und die Beigeladene zu 3) die Buchhaltung ihrem Steuerberater überlassen, welcher bereits für seinen Vater tätig gewesen sei, und darauf vertraut, das dieser in Kenntnis aller Umstände den Bereich korrekt weiterführe. Die tatsächlich gelebten Umstände ließen darauf schließen, dass eine selbständige und sozialversicherungsfreie Tätigkeit der Beigeladenen zu 3) gewollt und auch ausgeübt worden sei. Die Beigeladene zu 3) führe seit dem Betriebsübergang 1993 den kaufmännischen und verwaltungstechnischen Bereich des Betriebes selbständig und eigenverantwortlich. Sie sei seinen, des Klägers, Weisungen in keiner Weise unterworfen gewesen. Die Beigeladene zu 3) habe eigenverantwortlich Kündigungen ausgesprochen oder Einstellungen vorgenommen. Notwendige Investitionen seien gemeinsam entschieden worden. Die Arbeitszeiten und Urlaubstage der Beigeladenen zu 3) richteten sich nicht nach arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, sondern seien von ihr selbständig und unter Berücksichtigung des jeweiligen Bedarfs des Betriebes bestimmt worden. Auch die Bereitschaft der Beigeladenen zu 3), eine erhebliche Reduzierung des Entgelts hinzunehmen, um damit finanzielle Engpässe des Unternehmens zu überbrücken, stelle ein eindeutiges Indiz dafür dar, dass kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Ein Arbeitnehmer, dessen Verhältnis zu seinem Arbeitgeber von dem typischen Interessengegensatz "Arbeitgeber-Arbeitnehmer" gekennzeichnet sei, würde ein solches Verhalten nicht hinnehmen. Dieser Eindruck werde durch die gemeinsam aufgenommenen Darlehen und die zusätzliche Privateinlage der Beigeladenen zu 3) noch verstärkt. Das Darlehen habe allein den umfassenden Renovierungen des Betriebes sowie erforderlicher Investitionen und Anschaffungen gedient. Diese seien von ihm und der Beigeladenen zu 3) gemeinsam geplant und ausgeführt worden. Die selbständige Tätigkeit sei vornehmlich durch das Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet gewesen. Diese Merkmale seien, wie oben ausgeführt, überwiegend erfüllt. Daher bleibe im Ergebnis festzuhalten, dass unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorliege.

Der Senat hat den Kläger und die Beigeladende zu 3) im nichtöffentlichen Termin am 1.2.2012 informatorisch gehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.1.2014 hat der Senat den Zeugen T, Kundenbetreuer bei der B Bank eG, deren Kunden der Kläger und die Beigeladene zu 3) sind, vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) und 2) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 5.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.1.2007 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zu Recht fordert die Beklagte vom Kläger Beiträge in Höhe von 20.913,36 Euro zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Beigeladene zu 3) für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2005. In diesem Zeitraum war die Beigeladene zu 3) sozialversicherungspflichtig bei dem Kläger beschäftigt. Die Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit waren nicht erfüllt.

1. Die Versicherungspflicht ergibt sich in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), da die Beigeladene zu 3) bei dem Kläger gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt gewesen ist.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.12.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen besteht (BSG, Urteil v. 5.4.1956, 3 RK 65/55, SozR Nr. 18 § 164 SGG; BSG, Urteil v. 17.12.2002, B 7 AL 34/02 R, USK 2002-42; BSG, Urteil vom 10.5.2007, B 7a AL 8/06 R, USK 2007-53), wobei es jeweils auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (Senat, Urteil v. 29.2.2012, L 8 R 166/10, juris). Größere Freiheiten des als Arbeitnehmer tätigen Familienangehörigen im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern sind dabei unschädlich (BSG, Urteil v. 31.7.1963, 3 RK 46/59, SozR Nr. 39 zu § 165 RVO; vgl. zu Ehegatten BSG, Urteil v. 10.5.2007, B 7 AL 8/06 R, a.a.O). Entscheidend für die Beurteilung der Eingliederung und der Weisungsgebundenheit ist insbesondere, ob die Arbeitskraft im Dienst des Unternehmers eingesetzt und dabei Aufgaben erfüllt werden, die sich aus der Organisation oder der direkten Anweisung des Arbeitgebers ergeben (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl., 2011, § 7 Rdnr. 146; Senat, Urteil v. 29.2.2012, a.a.O.; jeweils m.w.N.).

Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Beigeladene zu 3) bei dem Kläger im Streitzeitraum abhängig beschäftigt. Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem einer abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine Qualifikation als selbständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind.

aa) Rechtlicher Ausgangspunkt der Prüfung ist der ursprünglich zwischen dem Vater und der Beigeladenen zu 3) geschlossene Anstellungsvertrag vom 4.4.1989, der infolge der Betriebsübernahme durch den Kläger auch mit diesem fortbestand (vgl. § 613a Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) und nach der Betriebsübernahme durch den Kläger aufrechterhalten blieb. In den Änderungsvereinbarungen vom 10.12.1999 und 21.2.2005 wurde das Weiterbestehen der nicht geänderten Vertragsbestandteile zudem ausdrücklich zwischen Kläger und Beigeladener zu 3) vereinbart. Eine Kündigung des Vertrages ist von keiner Seite zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Von seinem Inhalt her ist der Anstellungsvertrag in der Fassung der zwei Änderungen eindeutig auf eine abhängige Beschäftigung gerichtet. Die Beigeladene zu 3) wird darin als Arbeitnehmerin bezeichnet, das Rechtsverhältnis mit ihr als Anstellungsverhältnis (§§ 1, 9). Sie war zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und zu den gesetzlich zulässigen und betrieblich erforderlichen Überstunden und Sonntagsdiensten verpflichtet (§ 3). Als Gegenleistung war die Zahlung eines monatlichen Gehalts (in Höhe von zunächst 3.200 DM) und eines 13. Monatsgehalts (§§ 4, 5) vereinbart. Ab der 11. Überstunde im Monat galten die Zuschlagsregelungen des im Betrieb angewendeten Tarifvertrages (§ 6). Der Jahresurlaub richtete sich nach den gültigen tariflichen Bestimmungen (§ 7). Im Krankheitsfall hatte sie Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts bis zur Dauer von 6 Wochen, wobei ansonsten die gesetzlichen Bestimmungen galten (§ 8). Die Vereinbarungen über die betriebliche Altersversorgung und private Nutzung eines betriebseigenen Pkws waren Bestandteile dieses Vertrages (§ 10).

bb) Die tatsächliche Umsetzung der vorgenannten vertraglichen Grundlagen erfolgte entsprechend einer abhängigen Beschäftigung:

(1) Der Kläger meldete der zuständigen Einzugsstelle ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit bestehender Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und zahlte entsprechende Beiträge.

(2) Die Beigeladene zu 3) hat erfolgsunabhängig ein festes monatliches Gehalt erhalten, das in dem Zeitraum von 1/2002 bis 2/2005 in Höhe von zunächst 2.832,56 Euro (von Januar bis Juni 2002), sodann in Höhe von 3.000,00 Euro (von Juli 2002 bis Februar 2005) und schließlich in Höhe von 500,00 Euro (von März bis Dezember 2005) gewährt wurde. Daneben erhielt sie monatlich von Januar 2002 bis Dezember 2004 einen geldwerten Vorteil in Höhe von jeweils 107,37 Euro für die private Nutzung eines Betriebs-Pkw. Zusätzlich bekam sie ein 13. Monatsgehalt in 2002 in Höhe von 3.000,00 Euro, in 2003 in Höhe von 1.500,00 Euro und in 2005 in Höhe von 1.742,00 Euro (im Zusammenhang mit einer Direktversicherung) sowie Urlaubsgeld in Höhe von 520,00 Euro in 2002 und 2003.

(3) Die der Beigeladenen zu 3) zugewendeten Entgelte wurden der Einkommensteuer unterworfen und vom Kläger als Betriebsausgaben berücksichtigt, was starke Indizien für eine abhängige Beschäftigung sind (vgl. LSG NRW, Urteil vom 18.4.2012, L 11 KR 312/10, juris).

(4) Der Vortrag des Klägers und der Beigeladenen zu 3), die äußere Abwicklung sei von ihnen nicht bewusst so vorgenommen worden, sondern vom damaligen Steuerberater veranlasst worden, auf dessen korrekte Sachbehandlung sie vertraut hätten, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn die jahrelange Handhabung bestätigt vielmehr, dass Kläger und Beigeladene zu 3) keine Zweifel an der Richtigkeit der äußeren Abwicklung gehabt haben.

cc) In der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit war die Beigeladene zu 3) in einen fremden Betrieb, nämlich den des Klägers, ihres Ehemannes, eingegliedert und diesem gegenüber weisungsgebunden:

(1) Alleiniger Unternehmensinhaber bzw. Träger des Unternehmens war der Kläger. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene zu 3) Mitinhaberin des Betriebes geworden ist, d.h. es sich um einen (auch) eigenen Betrieb handelte. Zunächst hat der Vater des Klägers 1993 seinen Betrieb nur an seinen Sohn verpachtet (Pachtvertrag vom 1.1.1993). Mieter des Ladenlokals war ebenfalls nur der Kläger (Mietvertrag vom 1.1.1993).

Im späteren Verlauf haben Kläger und Beigeladene zu 3) keinen ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer sog. Ehegatteninnengesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. §§ 705 ff BGB geschlossen. Für einen konkludenten Vertragsschluss, der grundsätzlich möglich wäre (vgl. BGH, Urteil v. 30.6.1999, XII ZR 230/96, NJW 1999, 2962), fehlt es an darauf gerichteten schlüssigem Verhalten der Eheleute. Vielmehr steht bereits der zwischen Kläger und Beigeladener zu 3) aufrecht erhaltene Arbeitsvertrag einer Ehegatteninnengesellschaft entgegen (vgl. BGH, Urteil v. 26.4.1995, XII ZR 132/93, NJW 1995, 3383). Darüber hinaus ist von den Eheleuten eine Mitunternehmerschaft der Beigeladenen zu 3) in der Form einer Ehegatteninnengesellschaft nie dokumentiert bzw. verlautbart worden, obwohl im Übrigen sämtliche zur Ausgestaltung ihrer Rechtsbeziehungen maßgeblichen Verträge schriftlich fixiert wurden. So vereinbarten sie mit den Änderungen des Anstellungsvertrages vom 10.12.1999 und 21.2.2005 ausdrücklich, dass dieser im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Des Weiteren existiert ein zwischen Beigeladener zu 3) als Vermieterin und Kläger als Mieter geschlossener Geschäftsraummietvertrag vom 16.8.2006.

Die Mitverpflichtung der Beigeladenen zu 3) bei den Darlehensaufnahmen 1993 und 1998 beruht nicht auf ihrer Mitunternehmerschaft, sondern war der üblichen Vergabepraxis der Banken geschuldet (vgl. Bayerisches LSG, Urteil v. 23.4.2009, L 4 KR 80/08, juris), in der Regel von Angehörigen von Unternehmern die Bestellung von Kreditsicherheiten unabhängig davon zu verlangen, ob sie in dem Unternehmen beschäftigt sind oder nicht. Der Zeuge T hat hierzu glaubhaft bekundet, dass dies auch der üblichen Praxis der B Bank eG bzw. der Raiffeisenbank X eG als deren Rechtsvorgängerin entsprach, die dem Kläger und der Beigeladenen zu 3) 1998 ein Darlehen gewährt hatte.

(2) Die Beigeladene zu 3) war vollständig in einen fremden Betrieb, den des Klägers, ihres Ehemannes, eingegliedert und unterlag einem entsprechenden Weisungsrecht. Ort, Zeit, Dauer und Art ihrer Tätigkeit bestimmten sich ausschließlich nach der Ordnung dieses Betriebes. Unerheblich ist, ob der Kläger in seiner Rolle als Betriebsinhaber in der täglichen Arbeitsroutine von seinem Weisungsrecht tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat und ob die Beigeladene zu 3) ihren Bereich alleinverantwortlich und regelmäßig ohne Weisungen ausgeführt hat bzw. die Ausübung des Weisungsrechts aufgrund familiärer Rücksichtnahme abgeschwächt war. Maßgeblich ist, dass der Kläger als Betriebsinhaber insoweit die alleinige Rechtsmacht hatte. Diese entfiel nicht dadurch, dass "in guten Zeiten" Arbeitgeberrechte (u.a. das Weisungsrecht) gegenüber der Beigeladenen zu 3) als Ehefrau faktisch nicht ausgeübt wurden. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung bzw. einem Zerwürfnis kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, konnte auf die vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder zurückgegriffen werden, so etwa auch auf ein Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wurde (Hessisches LSG, Urteil v. 27.10.2011, L 8 KR 338/09, m.w.N., juris). Andernfalls hinge die versicherungsrechtliche Beurteilung wesentlich davon ab, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.3.2010, L 16 (5) KR 190/08, juris). Zurückhaltende Weisungen sind zudem unter Familienangehörigen typisch und stehen als typische Begleiterscheinungen der Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ehepartner nicht entgegen. Ansonsten würde die Entscheidung des Gesetzgebers, Ehegatten-Arbeitsverhältnisse zuzulassen, faktisch unterlaufen. Derartige Umstände bei Ehepartnern und engen Verwandten sind nämlich so gut wie immer anzutreffen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.6.2011, L 1 KR 145/10, m.w.N., juris).

dd) Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, liegen nicht vor.

(1) Zunächst verfügte die Beigeladene zu 3) nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb des Klägers bestehende Betriebsstätte.

(2) Sie trug auch kein für eine selbständige Tätigkeit maßgeblich sprechendes Unternehmerrisiko.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, wobei die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft nur dann für Selbständigkeit spricht, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R; BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R; jeweils juris).

(a) Danach bestand ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 3) nicht in erheblichem Maße. Sie hat Kapital mit der Gefahr des Verlustes allenfalls in geringem Umfang eingesetzt. Allein das Zurverfügungstellen eines Betrages von 8.000,00 Euro am 8.9.2004 kommt insoweit in Betracht. Es ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich, dass diesem Kapitaleinsatz eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft bzw. oder unternehmerischen Chancen z.B. in Form einer Gewinnbeteiligung gegenüber stand. Die Änderung des Anstellungsvertrages vom 21.2.2005, mit der die Monatsarbeitszeit der Beigeladenen zu 3) auf 50 Stunden herabgesetzt wurde, bestätigt vielmehr, dass diese Änderung des Umfangs der Arbeitszeit nicht einseitig von der Beigeladenen zu 3) vorgenommen werden konnte, sondern auf der Grundlage einer vertraglichen Regelung mit dem Kläger erfolgte.

(b) Die Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung als Darlehensnehmerin ist ebenfalls nicht Ausdruck eines von der Beigeladenen zu 3) eingegangenen unternehmerischen Risikos. Sie folgte nicht einer unternehmerischen Betätigung, sondern der bankenüblichen Praxis, bei der Darlehensvergabe in der Regel von Angehörigen von Unternehmern die Bestellung von Kreditsicherheiten unabhängig davon zu verlangen, ob sie in dem Unternehmen beschäftigt sind oder nicht. Sie begründet auch deshalb kein Unternehmerrisiko, sondern ein bloßes Haftungsrisiko, da die Beigeladene zu 3) kein eigenes Kapital eingesetzt hat. Auch ist nicht erkennbar, dass hiermit unternehmerische Freiheiten oder Chancen z.B. in Form einer Gewinnbeteiligung der Beigeladenen zu 3) verbunden gewesen wären.

(c) Aus der Vermietung der ab dem 21.9.2006 in ihrem Eigentum stehenden Immobilie I-ring 00 in B (Amtsgericht B, Grundbuch von X, Blatt 1868) ist im Sinne eines Unternehmerrisikos schon deshalb nichts herzuleiten, da sie nicht in den Streitzeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2005 fällt.

(d) Die Beigeladene zu 3) setzte auch ihre Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg ein. Sie erhielt ein monatliches Festgehalt ohne erfolgsabhängige Bestandteile. Dieses verminderte sich zwar mit Wirkung ab dem 1.3.2005 auf 500,00 Euro monatlich. Allerdings beruhte dies nicht auf einer (mit-)unternehmerischen Entscheidung der Beigeladenen zu 3). Vielmehr stand dem reduzierten Entgelt die mit der Änderung des Anstellungsvertrages vom 21.2.2005 vorgenommene verminderte Arbeitszeit gegenüber.

(e) Über nennenswerte Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Tätigkeit und Bestimmung der Arbeitszeit verfügte die Beigeladene zu 3) nicht. Sie konnte nur in dem ihr zugewiesenen kaufmännischen Aufgabenbereich und in zeitlicher und örtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der Belange eines fremden Betriebes tätig werden, was für den Zeitraum bis Februar 2005 umso mehr gilt, als sie bis dahin eine Vollzeittätigkeit mit einer erheblichen Zahl von Überstunden (ca. 10-20/Woche) verrichtet hat. Die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 1.3.2005 erfolgte sodann nicht auf der Grundlage eines einseitigen Gestaltungsrechts der Beigeladenen zu 3), sondern der vertraglichen Änderung des Anstellungsvertrages vom 21.2.2005.

ee) Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3) ist auch nicht deshalb als nicht dem Grunde nach versicherungspflichtig zu qualifizieren, weil sie lediglich im Rahmen einer familienhaften Mithilfe erfolgt wäre. Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einer familienhaften Mithilfe des Ehegatten hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgebend ist dabei das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung (vgl. BSG, Urteil v. 23.6.1994, 12 RK 50/93, SozR 3-2500 § 5 Nr. 17 m.w.N.). Von einer familienhaften Mithilfe kann hier schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Beigeladene zu 3) eine - die bloße Mithilfe ausschließende - herausgehobene Position bei dem Kläger bekleidet und sich daher im vorliegenden Zusammenhang eher die (hier allerdings zu verneinende) Frage der Mitunternehmerschaft stellt. Zudem erhielt die Beigeladene zu 3) tatsächlich laufende monatliche Bezüge, die über bloße Unterhaltsleistungen hinausgingen und als Betriebsausgaben verbucht wurden. Die Herabsetzung des Entgelts auf 500,00 Euro rechtfertigt keine andere Beurteilung, da mit ihr auch - nach den Erklärungen des Klägers und der Beigeladenen zu 3) im Termin am 1.2.2012 - eine Verringerung der Arbeitszeit entsprechend der Vereinbarung vom 21.2.2005 einherging.

Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich.

c) Aus dem Betriebsprüfungsbericht der BfA vom 11.9.2002, der den Zeitraum vom 1.1.1998 bis 31.7.2002 betrifft, kann der Kläger für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2002 keine für ihn günstigen Rechtsfolgen für das vorliegende Verfahren herleiten. Auch wenn die damalige Betriebsprüfung keine Beanstandungen ergab, erwächst hieraus kein Vertrauensschutz für ihn als geprüften Arbeitgeber. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (vgl. BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, zur Veröffentlichung in SozR 4-2400 § 27 Nr. 5 vorgesehen; Senat, Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; NZS 2012, 948 f.).

d) Es besteht schließlich keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in den im Streitzeitraum geltenden Fassungen. Diese Vorschrift bestimmt, dass diejenigen Arbeiter und Angestellten versicherungsfrei waren, deren regelmäßiges JAE die jeweils geltende JAE-Grenze (ab 2003: nach den Absätzen 6 oder 7) überstieg.

Die der Beigeladenen zu 3) gezahlten JAE (2001: 75.540,00 DM; 2002: 39.804,00 Euro; 2003: 39.346,00 Euro; 2004: 37.826,00 Euro; 2005: 9.786,00 Euro) überschritten nicht die jeweils geltenden JAE-Grenzen (2001: 78.300,00 DM; 2002: 40.500,00 Euro; 2003: 45.900,00 Euro; 2004: 46.350,00 Euro; 2005: 46.800,00 Euro).

Eine Versicherungsfreiheit in der GKV träte selbst dann nicht ein, wenn entsprechend den Feststellungen des Betriebsstättenfinanzamtes ergänzend geldwerte Vorteile zu berücksichtigen wären, wobei hier dahinstehen kann, ob es sich im Hinblick auf die Änderung des Anstellungsvertrages vom 10.12.1999, nach der ab dem 1.1.2000 der betriebseigene PKW der Beigeladenen zu 3) nicht mehr zur Verfügung steht, bei der gebotenen vorausschauenden Betrachtung um Entgelt handelte, das ihr mit hinreichender Sicherheit zufließen würde (vgl. Senat, Urteil vom 20.2.2013, L 8 R 920/10, juris).

Denn gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 SGB V in den 2002 und 2003 geltenden Fassungen trat die Versicherungsfreiheit nicht bereits in dem Jahr des (erstmaligen) Überschreitens der JAE-Grenze (hier: 2002), sondern frühestens mit Beginn des Folgejahres ein, wenn die vom Beginn des Folgejahres an geltende JAE-Grenze wiederum überschritten wurde (§ 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Danach würde erstmals im Jahr 2002 durch die Hinzurechnung der ergänzenden geldwerten Vorteile (39.804,00 Euro + 3.595,56 Euro = 43.399,56 Euro) ein Überschreiten der JAE-Grenze von 40.500,00 Euro eintreten, was jedoch gem. § 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht zur Versicherungsfreiheit führte, da selbst unter Hinzurechnung der ergänzenden geldwerten Vorteile (39.346,00 Euro + 3.595,56 Euro = 42.941,56 Euro) ein Überschreiten der JAE-Grenze für 2003 (45.900,00 Euro, § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V) nicht gegeben ist (vgl. Senat, Urteil v. 30.1.2013, L 8 R 873/12, juris).

Da eine Versicherungsfreiheit nicht bereits 2002 bestand, waren nicht die niedrigeren JAE-Grenzen nach § 6 Abs. 7 SGB V maßgeblich.

Die Beklagte ist daher zutreffend von Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3) in der GKV und der sozialen Pflegeversicherung ausgegangen. Fehler in der Berechnung der Beitragsforderung zum Nachteil des Klägers sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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