Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 34/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 70/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 26/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. d.Beigel. zu 1) wird zurückgewiesen.
Die Beigel. zu 1 und Bekl. tragen Kosten des Revisionverfahrens je zur Hälfte.
Die Beigel. zu 1 und Bekl. tragen Kosten des Revisionverfahrens je zur Hälfte.
Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.07.2013 wird zurückgewiesen. Die Beigeladene trägt die Kosten des zweiten Rechtszugs. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Abrechnungsobergrenzen für sogenannte Jobsharing-Praxen für die Quartale I/2009 bis IV/2009.
Die klagende Gemeinschaftspraxis besteht aus vier Fachärztinnen für Chirurgie, von denen einer die Zulassung nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erteilt worden ist (Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster (Zulassungsausschuss) vom 22.02.2007). Die Abrechnungsobergrenzen i.S.d. § 23k der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL)) setzte der Zulassungsausschuss für die Klägerin mit Beschluss vom 24.06.2008 für das Jahr 2009 zunächst fest mit:
Quartal I/2009: 161.386,50 EUR
Quartal II/2009: 162.741,91 EUR
Quartal III/2009: 165.470,37 EUR
Quartal IV/2009: 148.397,22 EUR.
Unter Hinweis auf die Neuordnung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen zum 01.01.2009 durch arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina (RLV) nach §§ 87b ff. SGB V beantragte die Beigeladene bei den Zulassungsausschüssen mit sogenannten Sammelanträgen zeitversetzt für alle vier Quartale des Jahres 2009 die Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenzen gemäß § 23e BedarfsplRL. Ihre Vorschläge zur Neufestsetzung der Obergrenzen teilte die Beigeladene den betroffenen Jobsharing-Praxen vorab mit.
Der Zulassungsausschuss setzte daraufhin mit Beschlüssen vom 16.12.2008, 28.04.2009, 30.06.2009 und 29.09.2009 die Jobsharing-Obergrenzen für die Klägerin neu fest mit:
Quartal I/2009: 134.879,39 EUR
Quartal II/2009: 102.886,31 EUR
Quartal III/2009: 112.566,36 EUR
Quartal IV/2009: 107.161,46 EUR.
Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss u.a. aus, wegen der grundlegenden Änderung der Vergütungssystematik sei die Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenze notwendig. Mit Wirkung zum 01.01.2009 seien vertragsärztliche Leistungen mit festen Euro-Beträgen nach der regionalen Euro-Gebührenordnung zu vergüten; gleichzeitig habe der Gesetzgeber eine neue Systematik in Form von quartalsbezogenen RLV vorgegeben. Die Berechnung der Jobsharing-Obergrenze erfolge entsprechend den für die seit dem 01.01.2009 in Kraft getretene Honorarsystematik der RLV geltenden Grundsätzen.
Auf die Widersprüche der Klägerin, die im Wesentlichen überproportionale Umsatzeinbußen geltend machte, änderte der Beklagte mit Beschluss vom 29.06.2011 die Beschlüsse des Zulassungsausschusses und setzte die Jobsharing-Obergrenzen unter Zurückweisung der Widersprüche der Klägerin nunmehr fest mit:
Quartal I/2009: 145.498,40 EUR
Quartal II/2009: 112.514,49 EUR
Quartal III/2009: 118.640,32 EUR
Quartal IV/2009: 108.095,43 EUR.
Zur Begründung gab er an, die Obergrenzen seien entsprechend dem Vorschlag der Beigeladenen geringfügig höher anzusetzen, weil die RLV-Fallzahlen antragsgemäß angehoben worden seien. Im Übrigen seien die Widersprüche unbegründet. Nach § 23e Satz 3 BedarfsplRL könnten u.a. die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV´en) eine Neuberechnung der Gesamtpunktzahlvolumina beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkten und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde. Diese Voraussetzungen lägen aufgrund der Neustrukturierung der vertragsärztlichen Vergütung aufgrund von RLV vor. In deren Folge seien die in früheren Jahren aufgrund völlig anderer Honorarberechnungsstrukturen festgestellten Gesamtpunktzahlvolumen für die einzelne Jobsharing-Praxis im Verhältnis zu den übrigen Ärzten der Fachgruppe überholt. Ein Vergleich der Honorarberechnung und Honorarhöhe aus früheren Vergütungsstrukturen sei nicht möglich; ein Bestands- oder Vertrauensschutz auf Beibehaltung der im ursprünglichen Jobsharing-Bescheid für die nächsten Quartale festgesetzten Obergrenzen bestehe nicht. Die Beibehaltung der ursprünglich festgesetzten Obergrenzen wäre nicht nur eine Bevorzugung der Klägerin gegenüber den Ärzten der Fachgruppe, sondern ginge auch ins Leere, weil sie sich nicht auswirken würde. Die Neuberechnung der Obergrenzen orientiere sich an der Berechnung des RLV und sei den Anlagen zu den Bescheiden des Zulassungsausschusses zu entnehmen. Die Orientierung der Jobsharing-Obergrenze am RLV sei zumindest für die Übergangs- und Beobachtungsphase des Jahres 2009 sachgerecht. Einwendungen gegen die konkrete Berechnung der Obergrenzen griffen nicht. Er - der Beklagte - treffe seine Feststellungen auf der Grundlage der ihm durch die Beigeladene übermittelten Angaben. Eigene Überprüfungs- und Entscheidungskompetenz habe er insofern nicht.
Mit ihrer gegen den am 02.08.2011 zugestellten Beschluss des Beklagten erhobenen Klage vom 29.06.2011 hat die Klägerin vorgetragen, die Festsetzung der Jobsharing-Obergrenzen stelle einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der nur unter den Voraussetzungen des § 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, die indes nicht vorlägen, widerrufen werden könne. § 23e Satz 3 BedarfsplRL sei keine Ermächtigungsgrundlage für eine Kürzung bereits festgesetzter Obergrenzen. Soweit Änderungen nach Maßgabe des § 23e Satz 3 BedarfsplRL erfolgen könnten, sei jedoch nicht dargelegt worden, welche arztgruppenspezifischen Auswirkungen durch die Änderungsbeschlüsse ausgeglichen werden sollten. Ein pauschaler Verweis auf die neue Vergütungssystematik genüge nicht. Auf die Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - werde verwiesen. Die Koppelung der Jobsharing-Obergrenzen an das Jobsharing-RLV sei rechtswidrig; sie verstoße gegen die Vorgaben des § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V und des § 23c Satz 1 BedarfsplRL. Die Zuweisungsbescheide seien auch nicht transparent; es sei nicht nachvollziehbar, wie die einzelnen Größen in der Berechnungsgrundlage für das RLV ermittelt worden seien. Ferner seien die Zusatzvolumina zum RLV in den jeweiligen Zuweisungsbescheiden nicht ausgewiesen worden. Darüber hinaus sei die Zuweisung des RLV auch verspätet erfolgt. Die Festsetzung des RLV auf der Grundlage der Fallzahl des Arztes aus dem Vorquartal sei rechtswidrig, weil die individuellen Fallzahlen des Vorjahresquartals kein Maßstab für eine übermäßige Tätigkeitsausweitung seien. Für das Quartal I/2009 fehle es bei der Festsetzung des RLV-Fallwertes an einer ausreichenden Differenzierung der Arztgruppen. Bei der Berechnung des RLV sei zudem das Morbiditätskriterium "Geschlecht" nicht berücksichtigt worden. Unverhältnismäßig sei die Regelung, dass der arztgruppenspezifische Fallwert für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden Fall gemindert werde. Bei der Bestimmung des RLV seien nicht nur die Fallzahlen, sondern auch die Höhe der Punktzahl der jeweiligen Praxis pro Patient zu berücksichtigen. Für die Festsetzung der praxisindividuellen Korridorunter- und -obergrenzen ab dem Quartal II/2009 bestehe keine rechtliche Legitimation. Der Trennungsfaktor zur Aufteilung der Vergütung zwischen Haus- und Fachärzten sei fehlerhaft berechnet. Den Jobsharing-Partnern und den Jobsharing-Assistenten sei kein eigenes RLV zugeteilt worden. Schließlich bestehe auch für die Verknüpfung der Jobsharing-Obergrenze mit dem Honorarkorridor keine Rechtsgrundlage.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 29.06.2011 hinsichtlich der Jobsharing-Obergrenzen für die Quartale I/2009 bis IV/2009 (Verfahren mit den BA-Nummer 146/2008, 373/2009, 593/2009 und 774/2009) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte und die Beigeladene haben schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Voraussetzungen des § 23e BedarfsplRL als erfüllt angesehen. Offensichtlich sei eine deutliche Veränderung der Vergütungssystematik eingetreten, so dass die früheren Jobsharing-Obergrenzen ihre Bedeutung verloren hätten. Die Beigeladene habe bei den Zulassungsausschüssen rechtzeitig Sammelanträge auf Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenzen gestellt. Nach Ziffer 2.3.3. des 2009 im Bereich der Beigeladenen geltenden RLV-Vertrags errechne sich für Praxen, in denen Ärzte unter Jobsharing-Bedingungen tätig seien, die Obergrenze analog den Berechnungsgrundsätzen für das RLV. Bei der Berechnung werde die Tätigkeit des Jobsharing-Arztes nicht zusätzlich berücksichtigt. Hinsichtlich der Ermittlung des RLV werde auf § 23c Satz 8 BedarfsplRL verwiesen, nach dem die Zulassungsgremien ihre Festlegungen auf der Grundlage der ihnen durch die KV übermittelten Angaben zu treffen hätten.
Die Beigeladene hat vorgetragen, die Festsetzung einer geänderten Jobsharing-Obergrenze sei beantragt worden, um den grundlegend neuen, gesetzlich vorgegebenen Honorarvergütungsstrukturen ab dem Quartal I/2009 Rechnung zu tragen. Durch die gesetzliche Neuregelung hätten sich, nach Arztgruppe unterschiedlich, deutliche Abweichungen zur Vergangenheit ergeben. Wegen der Änderungen in den Vergütungsstrukturen seien die ursprünglich festgesetzten Jobsharing-Obergrenzen für eine gerechte und angemessene Honorarverteilung nicht mehr geeignet gewesen. Teilweise hätten Arztgruppen profitiert, teilweise hätten Arztgruppen Nachteile erlitten. Das Urteil des BSG vom 12.12.2012 a.a.O. lasse klar erkennen, dass die Änderungen in der Vergütungsstruktur zum 01.01.2009 ausreichender Anlass für die Zuweisung neuer Jobsharing-Obergrenzen seien. Das Urteil sei ansonsten nicht übertragbar, weil es sich auf die Quartale II/2005 ff. beziehe und ausdrücklich die Fallgestaltung ausnehme, dass gesetzliche Neuregelungen z.B. im Zuge der Einführung der regionalen Gebührenordnung 2009 strukturelle Änderungen der Honorarverteilung vorsähen.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat den Beschluss des Beklagten vom 29.06.2011 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 15.07.2013): Die mit Beschluss vom 29.06.2011 verfügte Absenkung der Jobsharing-Obergrenzen für das Jahr 2009 sei rechtswidrig. § 23c Satz 6 i.V.m. § 23e BedarfsplRL setze für die Änderung von Jobsharing-Obergrenzen einen wirksamen Antrag der beigeladenen KV an den zuständigen Zulassungsausschuss voraus (§ 23e Satz 3 BedarfsplRL). Zudem sei materiell-rechtliche Voraussetzung, dass Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkt hätten und die Beibehaltung der bisherigen Grenzen im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde. Nach der Rechtsprechung des BSG - Urteil vom 12.12.2012 a.a.O. - komme den materiell-rechtlichen Voraussetzungen Bedeutung für den Inhalt der Anträge auf Änderung der Obergrenzen zu. Für Verfahren auf Änderung nach § 23e Satz 3 BedarfsplRL habe die antragstellende KV entsprechend dem Normzweck und der Normgestalt der Regelung den Sachverhalt den zur Entscheidung berufenen sachkundigen Zulassungsgremien so aufzubereiten, dass diesen ersichtlich sei, welcher Änderungstatbestand in Betracht komme. Es würden insoweit vergleichbare Grundsätze wie im Verwaltungsverfahren zur Wirtschaftlichkeitsprüfung gelten. Für eine Neufestsetzung von Obergrenzen seien detaillierte Tatbestandsmerkmale anhand der Veränderungen der Vergütungsbestimmungen der vertragsärztlichen Versorgung zu beurteilen. Die Zulassungsgremien seien für ihre Sachentscheidung, weil sie nicht selbst über die dafür erforderlichen Daten verfügten, darauf angewiesen, ergänzende Informationen von der KV zu erhalten. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Frage spürbarer Auswirkungen auf die einzelne Praxis. Dementsprechend sei die KV im Rahmen eines Antrags nach § 23e Satz 3 BedarfsplRL grundsätzlich gehalten, im Antragsverfahren substantiierte, auf die konkrete Jobsharing-Praxis bezogene Berechnungen mitzuteilen. Diesen Anforderungen entsprächen die von der Beigeladenen gegenüber den Zulassungsausschüssen gestellten Sammelanträge nicht; die Beigeladene habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt für die Zulassungsausschüsse nicht in dem für eine Entscheidungsfindung erforderlichen Umfang aufbereitet. Mit den Sammelanträgen habe die Beigeladene für eine größere Anzahl von Jobsharing-Praxen Änderungsanträge gestellt. Bezogen auf die einzelne Jobsharing-Praxis enthielten die Sammelanträge jedoch keine substantiierten, praxisbezogenen Berechnungen. Dies gelte auch für die Stellungnahme der Beigeladenen gegenüber dem Beklagten in den Widerspruchsverfahren. Da es an einem den Vorgaben des § 23e Satz 3 BedarfsplRL entsprechenden Antrag der Beigeladenen fehle, sei die angefochtene Entscheidung des Beklagten rechtswidrig und demgemäß aufzuheben.
Mit ihrer gegen das ihr am 22.07.2013 zugestellte Urteil eingelegten Berufung vom 09.08.2013 hat die Beigeladene ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere die Auffassung vertreten, dem vom SG herangezogenen Urteil des BSG sei gerade zu entnehmen, dass die grundsätzlich bestehenden Anforderungen an die Substantiierung eines auf Änderung der Jobsharing-Obergrenzen gerichteten Antrags in einem Sonderfall wie der Neuordnung der Vertragsärztlichen Vergütung keine Geltung hätten.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.07.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte schließt sich dem Antrag an.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beigeladene zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die Beigeladene habe nicht substantiiert und konkret dargelegt, aus welchen Gründen die Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im jeweils konkreten Einzelfall eine Änderung der Jobsharing-Obergrenzen erfordert habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Akte des SG Münster - S 2 KA 24/11 - Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beigeladenen ist nicht begründet.
Das SG hat den Beschluss des Beklagten vom 29.06.2011 zu Recht aufgehoben, denn der Beschluss ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und weist ergänzend daraufhin, dass kein rechtlich begründbarer Ansatzpunkt dafür besteht, von den Anforderungen abzuweichen, die an einen auf Änderung der Jobsharing-Obergrenzen gerichteten Antrag zu stellen sind (s. dazu BSG, Urteil vom 12.12.2012 a.a.O.),. Der Beigeladenen mag zugestanden werden, dass ihr pauschaler Hinweis (z.B. Antrag der Beigeladenen vom 23.06.2009), mit Einführung der Neuen Vertragsärztlichen Vergütung zu Beginn des Jahres 2009 hätten sich grundlegende Veränderungen der Berechnungssystematik ergeben, die eine Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenzen erforderten, ausnahmsweise als für die Zulassungsgremien hinreichende Darlegung der "Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren" i.S.d. Satzes 3 des § 23e BedarfsplRL gewertet werden kann. Damit hat die Beigeladene aber nicht einmal ansatzweise die weiteren Voraussetzungen des § 23e BedarfsplRL dargelegt. Völlig offen bleiben die Frage nach der Folge der Änderung der Berechnungsfaktoren, nämlich der dadurch bewirkten spürbaren Veränderung insbesondere bei der einzelnen Praxis, und die Frage, inwiefern ohne Neubestimmung der Jobsharing-Obergrenzen eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung eintreten würde. Auf der Hand liegt, dass insoweit pauschale Allgemeinfloskeln, die allenfalls den Wortlaut des Satzes 3 des § 23e BedarfsplRL umschrieben wiedergeben und ohne jeden Beleg spürbare Veränderungen und Bevorzugung/Benachteiligung behaupten, nicht ausreichen.
Vielmehr haben die zur Entscheidung berufenen Zulassungsgremien die in § 23e Satz 3 BedarfsplRL geregelten Voraussetzungen im Einzelnen, konkret und belegt festzustellen, ehe sie rechtmäßig eine sich an diesen Feststellungen auszurichtende Neubestimmung der Abrechnungsgrenzen vornehmen können. Da ihnen die dafür erforderlichen Daten indes nicht vorliegen, sind die Zulassungsgremien auf entsprechendes substantiiertes Vorbringen der antragstellenden KV angewiesen. Diese kann sich nicht darauf berufen, sie sei dazu in dem so von ihr bezeichneten "Sonderfall" der Einführung der Neuen Vertragsärztlichen Vergütung nicht verpflichtet. Denn dies würde im Ergebnis dazu führen, dass die Zulassungsgremien die in § 23e Satz 3 BedarfsplRL geregelten Voraussetzungen für eine Neubestimmung der Abrechnungsgrenzen nicht feststellen können, so dass eine rechtmäßige Neubestimmung ausgeschlossen ist. Da das danach erforderliche substantiierte Vorbringen der Beigeladenen, dass im Übrigen rechtzeitig, d.h. spätestens im Verfahren vor dem Beklagten, zu erfolgen hat, nicht erfolgt ist, war auch die Neubestimmung der Abrechnungsgrenzen im Beschluss vom 29.06.2011 rechtswidrig.
Der Hinweis der Beigeladenen, dass das BSG in seinem Urteil vom 12.12.2012 an einzelnen Stellen (z.B. Rdn 29 bzw. 31 des juris-Ausdrucks) ausdrücklich die Frage offengelassen hat, ob wegen gravierender Änderungen im Vergütungsrecht ggf. etwas anderes gelten könnte, trifft zwar zu. Indes vermag der Senat nicht der Meinung der Beigeladenen zu folgen, dass sich daraus ihre Berechtigung zu einem lediglich pauschalen Antragsvorbringen ableiten lasse. Diese Interpretation der Beigeladenen widerspricht dem ausdrücklichen Wortlaut (z.B. "offen bleiben") und kann vor allem nicht dazu führen, eine auf der Grundlage eines pauschalen Antragsvorbringens ergehende rechtswidrige Entscheidung der Zulassungsgremien (s.o.) in eine rechtmäßige umzuwandeln. Schließlich führt auch der Hinweis der Beigeladenen auf das Urteil des BSG vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R - nicht weiter. Die Beigeladene übersieht u.v.a. offensichtlich, dass es auch dort heißt "Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF (§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist."
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach fallen demjenigen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Abrechnungsobergrenzen für sogenannte Jobsharing-Praxen für die Quartale I/2009 bis IV/2009.
Die klagende Gemeinschaftspraxis besteht aus vier Fachärztinnen für Chirurgie, von denen einer die Zulassung nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erteilt worden ist (Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster (Zulassungsausschuss) vom 22.02.2007). Die Abrechnungsobergrenzen i.S.d. § 23k der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL)) setzte der Zulassungsausschuss für die Klägerin mit Beschluss vom 24.06.2008 für das Jahr 2009 zunächst fest mit:
Quartal I/2009: 161.386,50 EUR
Quartal II/2009: 162.741,91 EUR
Quartal III/2009: 165.470,37 EUR
Quartal IV/2009: 148.397,22 EUR.
Unter Hinweis auf die Neuordnung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen zum 01.01.2009 durch arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina (RLV) nach §§ 87b ff. SGB V beantragte die Beigeladene bei den Zulassungsausschüssen mit sogenannten Sammelanträgen zeitversetzt für alle vier Quartale des Jahres 2009 die Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenzen gemäß § 23e BedarfsplRL. Ihre Vorschläge zur Neufestsetzung der Obergrenzen teilte die Beigeladene den betroffenen Jobsharing-Praxen vorab mit.
Der Zulassungsausschuss setzte daraufhin mit Beschlüssen vom 16.12.2008, 28.04.2009, 30.06.2009 und 29.09.2009 die Jobsharing-Obergrenzen für die Klägerin neu fest mit:
Quartal I/2009: 134.879,39 EUR
Quartal II/2009: 102.886,31 EUR
Quartal III/2009: 112.566,36 EUR
Quartal IV/2009: 107.161,46 EUR.
Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss u.a. aus, wegen der grundlegenden Änderung der Vergütungssystematik sei die Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenze notwendig. Mit Wirkung zum 01.01.2009 seien vertragsärztliche Leistungen mit festen Euro-Beträgen nach der regionalen Euro-Gebührenordnung zu vergüten; gleichzeitig habe der Gesetzgeber eine neue Systematik in Form von quartalsbezogenen RLV vorgegeben. Die Berechnung der Jobsharing-Obergrenze erfolge entsprechend den für die seit dem 01.01.2009 in Kraft getretene Honorarsystematik der RLV geltenden Grundsätzen.
Auf die Widersprüche der Klägerin, die im Wesentlichen überproportionale Umsatzeinbußen geltend machte, änderte der Beklagte mit Beschluss vom 29.06.2011 die Beschlüsse des Zulassungsausschusses und setzte die Jobsharing-Obergrenzen unter Zurückweisung der Widersprüche der Klägerin nunmehr fest mit:
Quartal I/2009: 145.498,40 EUR
Quartal II/2009: 112.514,49 EUR
Quartal III/2009: 118.640,32 EUR
Quartal IV/2009: 108.095,43 EUR.
Zur Begründung gab er an, die Obergrenzen seien entsprechend dem Vorschlag der Beigeladenen geringfügig höher anzusetzen, weil die RLV-Fallzahlen antragsgemäß angehoben worden seien. Im Übrigen seien die Widersprüche unbegründet. Nach § 23e Satz 3 BedarfsplRL könnten u.a. die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV´en) eine Neuberechnung der Gesamtpunktzahlvolumina beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkten und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde. Diese Voraussetzungen lägen aufgrund der Neustrukturierung der vertragsärztlichen Vergütung aufgrund von RLV vor. In deren Folge seien die in früheren Jahren aufgrund völlig anderer Honorarberechnungsstrukturen festgestellten Gesamtpunktzahlvolumen für die einzelne Jobsharing-Praxis im Verhältnis zu den übrigen Ärzten der Fachgruppe überholt. Ein Vergleich der Honorarberechnung und Honorarhöhe aus früheren Vergütungsstrukturen sei nicht möglich; ein Bestands- oder Vertrauensschutz auf Beibehaltung der im ursprünglichen Jobsharing-Bescheid für die nächsten Quartale festgesetzten Obergrenzen bestehe nicht. Die Beibehaltung der ursprünglich festgesetzten Obergrenzen wäre nicht nur eine Bevorzugung der Klägerin gegenüber den Ärzten der Fachgruppe, sondern ginge auch ins Leere, weil sie sich nicht auswirken würde. Die Neuberechnung der Obergrenzen orientiere sich an der Berechnung des RLV und sei den Anlagen zu den Bescheiden des Zulassungsausschusses zu entnehmen. Die Orientierung der Jobsharing-Obergrenze am RLV sei zumindest für die Übergangs- und Beobachtungsphase des Jahres 2009 sachgerecht. Einwendungen gegen die konkrete Berechnung der Obergrenzen griffen nicht. Er - der Beklagte - treffe seine Feststellungen auf der Grundlage der ihm durch die Beigeladene übermittelten Angaben. Eigene Überprüfungs- und Entscheidungskompetenz habe er insofern nicht.
Mit ihrer gegen den am 02.08.2011 zugestellten Beschluss des Beklagten erhobenen Klage vom 29.06.2011 hat die Klägerin vorgetragen, die Festsetzung der Jobsharing-Obergrenzen stelle einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der nur unter den Voraussetzungen des § 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, die indes nicht vorlägen, widerrufen werden könne. § 23e Satz 3 BedarfsplRL sei keine Ermächtigungsgrundlage für eine Kürzung bereits festgesetzter Obergrenzen. Soweit Änderungen nach Maßgabe des § 23e Satz 3 BedarfsplRL erfolgen könnten, sei jedoch nicht dargelegt worden, welche arztgruppenspezifischen Auswirkungen durch die Änderungsbeschlüsse ausgeglichen werden sollten. Ein pauschaler Verweis auf die neue Vergütungssystematik genüge nicht. Auf die Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - werde verwiesen. Die Koppelung der Jobsharing-Obergrenzen an das Jobsharing-RLV sei rechtswidrig; sie verstoße gegen die Vorgaben des § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V und des § 23c Satz 1 BedarfsplRL. Die Zuweisungsbescheide seien auch nicht transparent; es sei nicht nachvollziehbar, wie die einzelnen Größen in der Berechnungsgrundlage für das RLV ermittelt worden seien. Ferner seien die Zusatzvolumina zum RLV in den jeweiligen Zuweisungsbescheiden nicht ausgewiesen worden. Darüber hinaus sei die Zuweisung des RLV auch verspätet erfolgt. Die Festsetzung des RLV auf der Grundlage der Fallzahl des Arztes aus dem Vorquartal sei rechtswidrig, weil die individuellen Fallzahlen des Vorjahresquartals kein Maßstab für eine übermäßige Tätigkeitsausweitung seien. Für das Quartal I/2009 fehle es bei der Festsetzung des RLV-Fallwertes an einer ausreichenden Differenzierung der Arztgruppen. Bei der Berechnung des RLV sei zudem das Morbiditätskriterium "Geschlecht" nicht berücksichtigt worden. Unverhältnismäßig sei die Regelung, dass der arztgruppenspezifische Fallwert für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden Fall gemindert werde. Bei der Bestimmung des RLV seien nicht nur die Fallzahlen, sondern auch die Höhe der Punktzahl der jeweiligen Praxis pro Patient zu berücksichtigen. Für die Festsetzung der praxisindividuellen Korridorunter- und -obergrenzen ab dem Quartal II/2009 bestehe keine rechtliche Legitimation. Der Trennungsfaktor zur Aufteilung der Vergütung zwischen Haus- und Fachärzten sei fehlerhaft berechnet. Den Jobsharing-Partnern und den Jobsharing-Assistenten sei kein eigenes RLV zugeteilt worden. Schließlich bestehe auch für die Verknüpfung der Jobsharing-Obergrenze mit dem Honorarkorridor keine Rechtsgrundlage.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 29.06.2011 hinsichtlich der Jobsharing-Obergrenzen für die Quartale I/2009 bis IV/2009 (Verfahren mit den BA-Nummer 146/2008, 373/2009, 593/2009 und 774/2009) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte und die Beigeladene haben schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Voraussetzungen des § 23e BedarfsplRL als erfüllt angesehen. Offensichtlich sei eine deutliche Veränderung der Vergütungssystematik eingetreten, so dass die früheren Jobsharing-Obergrenzen ihre Bedeutung verloren hätten. Die Beigeladene habe bei den Zulassungsausschüssen rechtzeitig Sammelanträge auf Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenzen gestellt. Nach Ziffer 2.3.3. des 2009 im Bereich der Beigeladenen geltenden RLV-Vertrags errechne sich für Praxen, in denen Ärzte unter Jobsharing-Bedingungen tätig seien, die Obergrenze analog den Berechnungsgrundsätzen für das RLV. Bei der Berechnung werde die Tätigkeit des Jobsharing-Arztes nicht zusätzlich berücksichtigt. Hinsichtlich der Ermittlung des RLV werde auf § 23c Satz 8 BedarfsplRL verwiesen, nach dem die Zulassungsgremien ihre Festlegungen auf der Grundlage der ihnen durch die KV übermittelten Angaben zu treffen hätten.
Die Beigeladene hat vorgetragen, die Festsetzung einer geänderten Jobsharing-Obergrenze sei beantragt worden, um den grundlegend neuen, gesetzlich vorgegebenen Honorarvergütungsstrukturen ab dem Quartal I/2009 Rechnung zu tragen. Durch die gesetzliche Neuregelung hätten sich, nach Arztgruppe unterschiedlich, deutliche Abweichungen zur Vergangenheit ergeben. Wegen der Änderungen in den Vergütungsstrukturen seien die ursprünglich festgesetzten Jobsharing-Obergrenzen für eine gerechte und angemessene Honorarverteilung nicht mehr geeignet gewesen. Teilweise hätten Arztgruppen profitiert, teilweise hätten Arztgruppen Nachteile erlitten. Das Urteil des BSG vom 12.12.2012 a.a.O. lasse klar erkennen, dass die Änderungen in der Vergütungsstruktur zum 01.01.2009 ausreichender Anlass für die Zuweisung neuer Jobsharing-Obergrenzen seien. Das Urteil sei ansonsten nicht übertragbar, weil es sich auf die Quartale II/2005 ff. beziehe und ausdrücklich die Fallgestaltung ausnehme, dass gesetzliche Neuregelungen z.B. im Zuge der Einführung der regionalen Gebührenordnung 2009 strukturelle Änderungen der Honorarverteilung vorsähen.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat den Beschluss des Beklagten vom 29.06.2011 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 15.07.2013): Die mit Beschluss vom 29.06.2011 verfügte Absenkung der Jobsharing-Obergrenzen für das Jahr 2009 sei rechtswidrig. § 23c Satz 6 i.V.m. § 23e BedarfsplRL setze für die Änderung von Jobsharing-Obergrenzen einen wirksamen Antrag der beigeladenen KV an den zuständigen Zulassungsausschuss voraus (§ 23e Satz 3 BedarfsplRL). Zudem sei materiell-rechtliche Voraussetzung, dass Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkt hätten und die Beibehaltung der bisherigen Grenzen im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde. Nach der Rechtsprechung des BSG - Urteil vom 12.12.2012 a.a.O. - komme den materiell-rechtlichen Voraussetzungen Bedeutung für den Inhalt der Anträge auf Änderung der Obergrenzen zu. Für Verfahren auf Änderung nach § 23e Satz 3 BedarfsplRL habe die antragstellende KV entsprechend dem Normzweck und der Normgestalt der Regelung den Sachverhalt den zur Entscheidung berufenen sachkundigen Zulassungsgremien so aufzubereiten, dass diesen ersichtlich sei, welcher Änderungstatbestand in Betracht komme. Es würden insoweit vergleichbare Grundsätze wie im Verwaltungsverfahren zur Wirtschaftlichkeitsprüfung gelten. Für eine Neufestsetzung von Obergrenzen seien detaillierte Tatbestandsmerkmale anhand der Veränderungen der Vergütungsbestimmungen der vertragsärztlichen Versorgung zu beurteilen. Die Zulassungsgremien seien für ihre Sachentscheidung, weil sie nicht selbst über die dafür erforderlichen Daten verfügten, darauf angewiesen, ergänzende Informationen von der KV zu erhalten. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Frage spürbarer Auswirkungen auf die einzelne Praxis. Dementsprechend sei die KV im Rahmen eines Antrags nach § 23e Satz 3 BedarfsplRL grundsätzlich gehalten, im Antragsverfahren substantiierte, auf die konkrete Jobsharing-Praxis bezogene Berechnungen mitzuteilen. Diesen Anforderungen entsprächen die von der Beigeladenen gegenüber den Zulassungsausschüssen gestellten Sammelanträge nicht; die Beigeladene habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt für die Zulassungsausschüsse nicht in dem für eine Entscheidungsfindung erforderlichen Umfang aufbereitet. Mit den Sammelanträgen habe die Beigeladene für eine größere Anzahl von Jobsharing-Praxen Änderungsanträge gestellt. Bezogen auf die einzelne Jobsharing-Praxis enthielten die Sammelanträge jedoch keine substantiierten, praxisbezogenen Berechnungen. Dies gelte auch für die Stellungnahme der Beigeladenen gegenüber dem Beklagten in den Widerspruchsverfahren. Da es an einem den Vorgaben des § 23e Satz 3 BedarfsplRL entsprechenden Antrag der Beigeladenen fehle, sei die angefochtene Entscheidung des Beklagten rechtswidrig und demgemäß aufzuheben.
Mit ihrer gegen das ihr am 22.07.2013 zugestellte Urteil eingelegten Berufung vom 09.08.2013 hat die Beigeladene ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere die Auffassung vertreten, dem vom SG herangezogenen Urteil des BSG sei gerade zu entnehmen, dass die grundsätzlich bestehenden Anforderungen an die Substantiierung eines auf Änderung der Jobsharing-Obergrenzen gerichteten Antrags in einem Sonderfall wie der Neuordnung der Vertragsärztlichen Vergütung keine Geltung hätten.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.07.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte schließt sich dem Antrag an.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beigeladene zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die Beigeladene habe nicht substantiiert und konkret dargelegt, aus welchen Gründen die Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im jeweils konkreten Einzelfall eine Änderung der Jobsharing-Obergrenzen erfordert habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Akte des SG Münster - S 2 KA 24/11 - Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beigeladenen ist nicht begründet.
Das SG hat den Beschluss des Beklagten vom 29.06.2011 zu Recht aufgehoben, denn der Beschluss ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und weist ergänzend daraufhin, dass kein rechtlich begründbarer Ansatzpunkt dafür besteht, von den Anforderungen abzuweichen, die an einen auf Änderung der Jobsharing-Obergrenzen gerichteten Antrag zu stellen sind (s. dazu BSG, Urteil vom 12.12.2012 a.a.O.),. Der Beigeladenen mag zugestanden werden, dass ihr pauschaler Hinweis (z.B. Antrag der Beigeladenen vom 23.06.2009), mit Einführung der Neuen Vertragsärztlichen Vergütung zu Beginn des Jahres 2009 hätten sich grundlegende Veränderungen der Berechnungssystematik ergeben, die eine Neuberechnung der Jobsharing-Obergrenzen erforderten, ausnahmsweise als für die Zulassungsgremien hinreichende Darlegung der "Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren" i.S.d. Satzes 3 des § 23e BedarfsplRL gewertet werden kann. Damit hat die Beigeladene aber nicht einmal ansatzweise die weiteren Voraussetzungen des § 23e BedarfsplRL dargelegt. Völlig offen bleiben die Frage nach der Folge der Änderung der Berechnungsfaktoren, nämlich der dadurch bewirkten spürbaren Veränderung insbesondere bei der einzelnen Praxis, und die Frage, inwiefern ohne Neubestimmung der Jobsharing-Obergrenzen eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung eintreten würde. Auf der Hand liegt, dass insoweit pauschale Allgemeinfloskeln, die allenfalls den Wortlaut des Satzes 3 des § 23e BedarfsplRL umschrieben wiedergeben und ohne jeden Beleg spürbare Veränderungen und Bevorzugung/Benachteiligung behaupten, nicht ausreichen.
Vielmehr haben die zur Entscheidung berufenen Zulassungsgremien die in § 23e Satz 3 BedarfsplRL geregelten Voraussetzungen im Einzelnen, konkret und belegt festzustellen, ehe sie rechtmäßig eine sich an diesen Feststellungen auszurichtende Neubestimmung der Abrechnungsgrenzen vornehmen können. Da ihnen die dafür erforderlichen Daten indes nicht vorliegen, sind die Zulassungsgremien auf entsprechendes substantiiertes Vorbringen der antragstellenden KV angewiesen. Diese kann sich nicht darauf berufen, sie sei dazu in dem so von ihr bezeichneten "Sonderfall" der Einführung der Neuen Vertragsärztlichen Vergütung nicht verpflichtet. Denn dies würde im Ergebnis dazu führen, dass die Zulassungsgremien die in § 23e Satz 3 BedarfsplRL geregelten Voraussetzungen für eine Neubestimmung der Abrechnungsgrenzen nicht feststellen können, so dass eine rechtmäßige Neubestimmung ausgeschlossen ist. Da das danach erforderliche substantiierte Vorbringen der Beigeladenen, dass im Übrigen rechtzeitig, d.h. spätestens im Verfahren vor dem Beklagten, zu erfolgen hat, nicht erfolgt ist, war auch die Neubestimmung der Abrechnungsgrenzen im Beschluss vom 29.06.2011 rechtswidrig.
Der Hinweis der Beigeladenen, dass das BSG in seinem Urteil vom 12.12.2012 an einzelnen Stellen (z.B. Rdn 29 bzw. 31 des juris-Ausdrucks) ausdrücklich die Frage offengelassen hat, ob wegen gravierender Änderungen im Vergütungsrecht ggf. etwas anderes gelten könnte, trifft zwar zu. Indes vermag der Senat nicht der Meinung der Beigeladenen zu folgen, dass sich daraus ihre Berechtigung zu einem lediglich pauschalen Antragsvorbringen ableiten lasse. Diese Interpretation der Beigeladenen widerspricht dem ausdrücklichen Wortlaut (z.B. "offen bleiben") und kann vor allem nicht dazu führen, eine auf der Grundlage eines pauschalen Antragsvorbringens ergehende rechtswidrige Entscheidung der Zulassungsgremien (s.o.) in eine rechtmäßige umzuwandeln. Schließlich führt auch der Hinweis der Beigeladenen auf das Urteil des BSG vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R - nicht weiter. Die Beigeladene übersieht u.v.a. offensichtlich, dass es auch dort heißt "Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF (§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist."
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach fallen demjenigen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.
Rechtskraft
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