L 15 VK 1/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 VK 5/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VK 1/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 3/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Einen fiktiven Berufschadensausgleich für Zeiten vor dem Inkrafttreten der Regelungen zum Berufsschadensausgleich zum 01.06.1960 gibt es nicht.
2. Das in § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG enthaltene Erfordernis eines mindestens fünfjährigen An spruchs auf Berufsschadensausgleich ist ein bindendes Mindesterfordernis.
3. Zur Beurteilung des Anspruchs auf Witwenbeihilfe bei nicht exakt ermittelbaren Daten zum Vergleichseinkommen in der Vergangenheit: Berechnung, wie hoch das fiktive Ein kommen des Beschädigten in den schädigungsbedingt beeinflussten Zeiträumen sein hätte müssen, um einen Anspruch auf Witwenversorgung zu begründen, und Vergleich mit dem nur annäherungsweise bekannten Vergleichseinkommen.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 3. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Witwenbeihilfe nach § 48 Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Die ursprüngliche Klägerin, die am 06.09.2012 verstorben ist und deren Rechtsnachfolger der Berufungskläger ist, war die Witwe des 1913 geborenen und am 23.02.1977 verstorbenen A. W. (im Folgenden: Beschädigter). Der Berufungskläger hat die Witwe seit 1977 als Bevollmächtigter vertreten.

Vor dem Krieg durchlief der Beschädigte von 1927 bis 1930 eine Metzgerlehre. Bis 1933 war er in einer Fleischerei tätig, anschließend von 1933 bis 1934 als Chauffeur, von 1934 bis 1937 wiederum als Metzger, im Jahr 1937 in einer Farbenhandlung und anschließend von 1938 bis 1940 als Kraftfahrer, bevor er zum Wehrdienst eingezogen wurde.

Während seines Kriegsdienstes in Russland wurde der Beschädigte durch Granatsplitter verwundet. Er befand sich bis zum 15.11.1949 in russischer Kriegsgefangenschaft.

Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft war der Beschädigte, der sich zunächst in einem deutlich reduzierten Gesundheitszustand befand, bis Anfang 1953 arbeitslos, unterbrochen durch eine Kur und einen fremdverschuldeten schweren Motorradunfall am 01.10.1950 (doppelter Oberschenkelbruch mit daraus resultierender Beinverkürzung links), nach dem er längere Zeit im Krankenhaus behandelt wurde. Ab März 1953 war er als Bauhilfsarbeiter und ab August 1953 als Arbeiter in einer F. beschäftigt. Ab dem 17.07.1973 konnte der Beschädigte mit Unterbrechung in der Zeit vom 01.08.1973 bis 28.08.1973 einer beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen.

Bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung am 28.09.1950 wurde der Beschädigte als in gutem Allgemeinzustand befindlich, mit kräftiger Muskulatur und - mit Ausnahme eines tastbaren Granatsplitters im linken Unterschenkel - ohne wesentliche Auffälligkeiten bei den unteren Extremitäten beschrieben. Mit Bescheid des Versorgungsamts Augsburg vom 16.01.1951 wurde ihm für die Zeit vom 01.11.1949 bis zum 31.10.1950 Rente nach dem Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte gewährt. Ab dem 01.11.1950 wurde von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von nur noch 15 v.H. ausgegangen. Als Versorgungsleiden wurden anerkannt: verheilte Splitterverletzungen an der rechten Halsseite, an beiden Unterarmen und am linken Bein sowie eine abklingende Dystrophie.

Am 13.12.1972 beantragte der Beschädigte eine Grundrente nach dem BVG, da sich sein Kriegsleiden wesentlich verschlimmert habe. Mit Bescheid vom 08.05.1974 wurde ihm eine Grundrente nach einer MdE von 50 v.H. ab dem 01.12.1972 gewährt. Dem lag zugrunde, dass als Spätfolge der Dystrophie eine chronische Leberentzündung entstanden war.

Seit dem 01.01.1974 bezog der Beschädigten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung. Hauptursache dafür war, wie sich aus einem Rentengutachten ergibt, die Leberschädigung.

Am 20.06.1974 beantragte der Beschädigte die Gewährung von Berufsschadensausgleich. Ohne die Schädigung - so der Beschädigte - wäre er Metzgermeister geworden. Da aber ein ständiges Stehen infolge der Granatsplitterverletzungen und der laufenden Leberentzündung nicht möglich gewesen sei, habe er seinen Beruf als Metzger nicht mehr ausüben können. Mit Bescheid vom 04.12.1974 gewährte der Beklagte dem Beschädigten Berufsschadensausgleich ab dem 01.06.1974. Zu Grunde gelegt wurde dabei, dass der Beschädigte ohne die Schädigung wahrscheinlich der Leistungsgruppe 2 als angelernter Arbeiter aller in der Industrie tätigen Arbeiter angehört hätte. Am 05.04.1975 beantragte der Beschädigte, bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs davon auszugehen, dass er ohne Kriegsbeschädigung heute selbständiger Metzgermeister wäre. Er habe seinerzeit beabsichtigt, eine eigene Metzgerei zu eröffnen. Mit Bescheid vom 23.04.1975 wurde dieser Antrag abgelehnt. Die Vergleichsgrundlage sei wegen der eigenen Angaben des Beschädigten zu seinem persönlichen Werdegang gewählt worden.

Am 23.02.1977 verstarb der Beschädigte, wobei die Todesursache nicht in den Schädigungsfolgen zu finden ist (Gutachten des Pathologen Prof. Dr. H. vom 12.04.1977).

Die Witwe des Beschädigten beantragte Hinterbliebenenleistungen.

Dem zwischenzeitlich erlassenen Witwenrentenbescheid der Landesversicherungsanstalt Schwaben vom 25.04.1977 ist zu entnehmen, dass der Witwenrente insgesamt 4.655,29 Werteinheiten (WE) (4.458,11 WE aus der Rentenversicherung der Arbeiter, 197,18 WE aus der knappschaftlichen Rentenversicherung) des Beschädigten zugrunde lagen.

Die Gewährung von Hinterbliebenenrente lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22.06.1977 ab, da der Beschädigte nicht an einer Schädigungsfolge verstorben sei.

Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Bevollmächtigte der Witwe des Beschädigten, der jetzige Berufungskläger, mit Schreiben vom 24.09.1977 mit, dass der Beschädigte von 1949 bis 1953 zunächst arbeitsunfähig und danach arbeitslos gewesen sei. Weder in dem von ihm erlernten Beruf als Metzger noch in einem anderen Berufszweig habe es zu dieser Zeit Arbeit gegeben. Erst im Februar 1953 habe er in einem Baugeschäft eine Aushilfsstelle als Hilfsarbeiter bekommen, die er jedoch aus gesundheitlichen Gründen nur bis September 1953 habe ausüben können. Im September 1953 sei der Beschädigte in eine F. eingetreten und habe dort bis zu seiner vorzeitigen Invalidisierung im Jahr 1973 gearbeitet.

Die F. teilte mit Schreiben vom 13.10.1977 mit, dass der Beschädigte als angelernter Färbereiarbeiter beschäftigt gewesen sei.

Unter Zugrundelegung der Annahme, dass schädigungsbedingt eine berufliche Beeinträchtigung des Beschädigten mit der Folge einer Einkommensminderung in der Zeit von November 1949 bis September 1950 und dann wieder von Dezember 1972 bis zum Tod im Februar 1977 vorgelegen habe, errechnete der Beklagte eine Beeinträchtigung der Hinterbliebenenversorgung von 11 v.H. Dabei ging er davon aus, dass im Übrigen der Berufsweg des Beschädigten auch ohne die Schädigungsfolgen nach dem Krieg nicht anders verlaufen wäre. Die Schädigungsfolgen hätten den Beschädigten nicht daran gehindert, wieder als Metzger tätig zu werden. Da der Beschädigte als ungelernter Arbeiter in die Industrie gegangen sei, könne davon ausgegangen werden, dass er als angelernter Arbeiter im Bereich der gesamten Industrie tätig geblieben wäre, wenn er nicht vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wäre.

Mit Bescheid vom 06.03.1978 lehnte der Beklagte die Gewährung von Witwenbeihilfe ab, da die tatsächliche Hinterbliebenenversorgung ca. 89 v.H. der Hinterbliebenenversorgung erreiche, die der Beschädigte ohne Schädigungsfolgen wahrscheinlich geschafft hätte.

Dagegen erhob der Berufungskläger als damaliger Bevollmächtigter der Witwe Widerspruch. Den Widerspruch begründete er damit, dass der Beschädigte seinen erlernten Beruf als Metzger auf Grund des stark reduzierten Gesundheitszustands infolge der Schädigungsfolgen nicht mehr habe ausüben können. Er hätte daher bereits unmittelbar nach dem Krieg einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich gehabt, so dass er insgesamt mindestens fünf Jahre einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich gehabt hätte. Vermutlich aus Unwissenheit sei der damals bestehende Berufsschadensausgleich nicht realisiert worden.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens führte der Beklagte erneut die Berechnung für die Ermittlung der Witwenbeihilfe durch. Dabei ging er - anders als bei der zuvor durchgeführten Berechnung - davon aus, dass eine Zeit der Betroffenheit nur in Höhe von 52 Monaten und nicht von fünf Jahren und zwei Monaten vorliege. Dem lag zu Grunde, dass die Zeit der ungünstigen Auswirkung der Schädigungsfolgen auf die beruflich-wirtschaftliche Situation des Beschädigten nur bis zum 30.04.1976, nämlich bis zur Erreichung der Altersgrenze für die Altersrente, gedauert habe. Damit ergebe sich nur noch eine Minderung der Hinterbliebenenversorgung um 6 v.H.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.1978 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 18.10.1978 wurde nach Prüfung von Amts wegen dem Beschädigten rückwirkend Berufsschadensausgleich ab Dezember 1972 gewährt.

Mit Schreiben vom 25.01.2009 beantragte die Witwe des Beschädigten erneut die Gewährung von Witwenbeihilfe gemäß § 48 BVG.

Aus den von der Witwe vorgelegten Unterlagen (Mitteilung über die Anpassung der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, gültig ab dem 01.07.2008) ergibt sich, dass ihr zum Antragszeitpunkt eine Altersrente in Höhe von 641,18 EUR und eine Witwenrente in Höhe von 753,02 EUR zustand und dass sie eine Betriebsrente der F. in Höhe von 21,00 EUR monatlich bezog.

Am 15.02.2009 gab die Witwe weiter an, dass der Beschädigte den erlernten Beruf als Metzger nicht mehr habe ausüben können, weil er dazu kräftemäßig nicht mehr in der Lage gewesen sei. Er habe auch die zuletzt vor der Einberufung ausgeübte Tätigkeit als LKW-Fahrer nicht mehr ausüben können, weil er wegen seiner Behinderung am Bein nicht mehr in LKW einsteigen habe können. Also habe er nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft erst als Hilfsarbeiter auf dem Bau und danach in der Textilindustrie bis zu seiner Frühpensionierung gearbeitet.

Mit Bescheid vom 16.03.2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Witwenbeihilfe ab. Ein Anspruch auf Witwenbeihilfe - so der Beklagte - bestehe nicht, da der Beschädigte weder Versorgungsbezüge nach einer MdE um 100 v.H. noch eine Pflegezulage noch fünf Jahre Berufsschadensausgleich bezogen habe. Auch die zwischenzeitlichen rechtlichen Veränderungen des § 48 BVG (jetzt gestaffelte Beeinträchtigung der Hinterbliebenenversorgung) würden eine Gewährung von Witwenbeihilfe nicht zulassen, da weiterhin eine Beeinträchtigung in Höhe von 15 v.H. erforderlich sei. Die vorliegende Berechnung weise nur eine Beeinträchtigung in Höhe von 6 v.H. der Hinterbliebenenversorgung aus. Es bestehe daher weiterhin kein Anspruch auf Witwenbeihilfe.

Dagegen erhob die Witwe am 24.03.2009 Widerspruch. Nach Zusendung der in der Vergangenheit durchgeführten Berechnung äußerte sich der Berufungskläger als ihr Bevollmächtigter wie folgt: Der Beschädigte habe bereits nachweislich ab 24.03.1953 (Beginn der beruflichen Tätigkeit) einen Einkommensverlust erlitten, der sich auf die Höhe der Witwenrente negativ auswirke. Das Versorgungsamt habe bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs ab 01.12.1972 zu Recht das Vergleichseinkommen der Leistungsgruppe 2 der gesamten Industrie zu Grunde gelegt. Es habe jedoch den tatsächlichen Einkommensverlust vom 24.03.1953 bis zum 30.11.1972 außer Acht gelassen. Dieser Einkommensverlust habe in der Folge zu der Minderung der Witwenrente in erheblichem Maß geführt. Der Ablehnungsbescheid sei daher aufzuheben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zu den Einwänden der Witwe wies der Beklagte auf Folgendes hin: Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit des Beschädigten habe die MdE (nur noch) 15 v.H. betragen. Eine berufliche Beeinträchtigung durch die damals anerkannten Schädigungsfolgen sei weder für den Beginn der Erwerbstätigkeit noch für die Folgejahre erkennbar. Erst mit der Anerkennung einer chronischen Leberentzündung ab Dezember 1972 als Schädigungsfolge und der damit verbundenen Erhöhung der MdE auf 50 v.H. sei eine berufliche Beeinträchtigung wahrscheinlich. Medizinische Hinweise darauf, dass der Beschädigte in weiter zurückliegenden Zeiträumen eine berufliche Beeinträchtigung gehabt hätte, die einen schädigungsbedingten Minderverdienst zur Folge gehabt hätte, gebe es nicht. Dagegen spreche auch die Tatsache, dass der Beschädigte erst im Dezember 1972 den Verschlimmerungsantrag gestellt habe. Es müsse weiterhin von einer schädigungsbedingten Minderung der Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 6 v.H. ausgegangen werden.

Am 26.05.2009 hat der Berufungskläger als Bevollmächtigter der Witwe Klage erhoben. Er hat beanstandet, dass der Beklagte bei der Berechnung der Witwenbeihilfe stets lediglich den Zeitraum vom 01.12.1972 bis zum Tod des Beschädigten 1977 zu Grunde gelegt habe. Der Beschädigte habe aber nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft schädigungsbedingt nicht mehr in dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf als Kraftfahrer arbeiten können, sondern sei gezwungen gewesen, als Hilfsarbeiter tätig zu werden. Somit sei das Arbeitseinkommen bis zu seinem Tod deutlich geringer gewesen und damit die Versorgung deutlich beeinträchtigt.

Mit Schreiben vom 27.07.2009 hat das Sozialgericht den Bevollmächtigten darauf hingewiesen, dass seine Klagebegründung im Widerspruch zu seinen Ausführungen aus dem Jahr 1977 stehe. Damals habe er dem Beklagten mitgeteilt, dass es im erlernten Beruf als Metzger und in anderen Berufszweigen arbeitsmarktbedingt keine Arbeit für den Beschädigten gegeben habe. Weiter hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass der Beschädigte am 28.09.1950 internistisch begutachtet worden sei und sich zu diesem Zeitpunkt in einem guten Allgemeinzustand mit kräftiger Muskulatur und ohne Dystrophiezeichen befunden habe. Es sei daher nicht erkennbar, weshalb der Beschädigte einen schädigungsbedingten Einkommensverlust erlitten haben sollte.

Dazu hat sich der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 04.08.2009 dahingehend geäußert, dass heute nicht mehr exakt feststellbar sein dürfte, ob die Ursachen für die Nichtaufnahme eines Arbeitsverhältnisses im Falle des Beschädigten allein arbeitsmarktbedingt oder auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen bedingt zu sehen seien. Er weise darauf hin, dass der Beklagte in seinem Bescheid vom 16.01.1951 eine abklingende Dystrophie als Versorgungsleiden anerkannt habe. Die 1950 festgestellte Dystrophie könne als Beginn der späteren Leberzirrhose angesehen werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 03.12.2009 ist die Klage abgewiesen worden.

Am 05.01.2010 hat der Berufungskläger als Bevollmächtigter der Witwe Berufung eingelegt.

Er stützt die Berufung auf folgende Gesichtspunkte:
* Der gesamte Zeitraum von November 1949 bis März 1953 müsse als Zeit der ungünstigen Auswirkungen der Schädigungsfolgen auf die beruflich-wirtschaftliche Situation bei der Berechnung der Witwenbeihilfe berücksichtigt werden. Die Genesung nach dem schweren Unfall mit doppeltem Oberschenkelbruch habe nur deshalb so lange gedauert, weil eine Dystrophie vorgelegen habe. Sofern der Beklagte bei seiner Berechnung davon ausgehe, dass der Beschädigte bereits ab November 1950 wieder in der Lage gewesen sei, einer Berufstätigkeit nachzugehen, sei dem daher zu widersprechen. Der unverschuldete Motorradunfall vom 01.10.1950 sei als Nachschaden zu bewerten und müsse daher in die Berechnung zur Witwenversorgung einfließen.
* Der Beklagte habe den Zeitraum vom 15.11.1949 bis zum 30.11.1972 keiner Bewertung unterzogen. In diesem Zeitraum habe der Beschädigte aber einen Einkommensverlust erlitten. Der tatsächlich gezahlte Tariflohn der Textilindustrie sei deutlich geringer als der Vergleichslohn der Leistungsgruppe 2, so dass der Beschädigte zwangsläufig einen schädigungsbedingten Einkommensverlust erlitten habe. Im Zeitraum von 1953 bis 1973 seien Schädigungsfolgen latent vorhanden gewesen und hätten schädigungsbedingte Einkommensverluste durch eine geringerwertige Berufstätigkeit nach sich gezogen.
* Die Tätigkeit in der Textilfabrik habe bei weitem nicht der vergleichbaren Tätigkeit entsprochen, die der Beschädigte ohne die Schädigung ausüben hätte können. Die unterschwellig vorhandene Lebererkrankung sei der Grund dafür, dass der Beschädigte nur eine leichte Tätigkeit aufnehmen habe können.
* Der Beschädigte sei seit 1953 wegen Schädigungsfolgen gehindert gewesen, eine entsprechend besser bezahlte Tätigkeit auszuüben. Der Beschädigte habe auch seit dem 01.12.1972 Berufsschadensausgleich erhalten.
* Es treffe nicht zu, dass der Beschädigte bereits vor dem Krieg und danach seinen erlernten Beruf als Metzger nicht mehr ausgeübt habe. Er habe sich nicht aus freien Stücken von diesem Beruf gelöst, sondern weil sein damaliger Arbeitgeber den Betrieb infolge Zahlungsunfähigkeit aufgegeben habe. Es könne zwar durchaus zutreffen, dass sich der Beschädigte auf Grund des erlittenen Unfalls mit Beinverkürzung endgültig von seinem erlernten Beruf lösen habe müssen, jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Unfalls sei der Beschädigte aber immer wieder aushilfsweise bei einer Metzgerei und Gaststätte beschäftigt gewesen. Dies lasse die Vermutung zu, dass der Beschädigte zumindest bis zu dem folgenschweren Unfall die Hoffnung nicht aufgegeben habe, als Metzger arbeiten zu können.
* Ohne die Schädigung hätte der Beschädigte als Metzger und Selcher der Leistungsgruppe 1 - gesamte Industrie - zugeordnet werden müssen und damit ein höheres Vergleichseinkommen erzielt. Im Übrigen hätte er ohne Schädigungsfolgen länger arbeiten können.
* Der Beschädigte habe jahrelang bei sogenannten Hausschlachtungen mitgewirkt. Dies deute darauf hin, dass sich der Beschädigte nicht von seinem erlernten Beruf gelöst habe, sondern immer wieder den Versuch unternommen habe, hier tätig zu sein.
* Der Beklagte habe übersehen, dass das gesetzliche Rentenalter seinerzeit das 65. Lebensjahr gewesen sei, der Beschädigte aber bereits im 60. Lebensjahr wegen Schädigungsfolgen seine Berufstätigkeit aufgeben habe müssen. Aus einem von ihm, dem Berufungskläger, angeforderten Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 17.02.2012 ergebe sich, dass das damalige Recht die jetzt existierende Altersrente für schwerbehinderte Menschen nicht vorgesehen habe (Anmerkung des Senats: Die Deutsche Rentenversicherung hat diese eklatante Falschauskunft auf einen Hinweis des Gerichts mit dem Ausdruck des Bedauerns korrigiert). Der Beschädigte hätte ohne Schädigungsfolgen bis zum 65. Lebensjahr weiter arbeiten können und damit ein höheres Altersruhegeld erwerben können.
* Einen Zeitraum von fünf Jahren Anspruch auf Berufsschadensausgleich habe der Beschädigte nicht erreicht, da er schon nach 50 Monaten verstorben sei. Es stelle sich aber die Frage, ob der Gesetzgeber eine so stringente Auslegung gewollt habe; der fünfjährige Bezugszeitraum sei nach Wissen des Berufungsklägers nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung festgelegt worden.
* Tatsächlich betrage die finanzielle Einbuße des Beschädigten wegen der Schädigungsfolgen etwa 20.000,- EUR, wie er selbst, der Berufungskläger, errechnet habe. Dies entspreche einer Einkommensminderung von über 20 v.H.

Am 29.09.2011 hat das Statistische Bundesamt dem Senat auf dessen Anfrage hin Vergleichszahlen für die Bruttomonatsverdienste im Jahr 1975 übermittelt.

Der Beklagte hat sich mit Schreiben vom 10.05.2013, der Kläger mit Schreiben vom 24.07.2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Berufungskläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 03.12.2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 16.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.05.2009 zu verurteilen, ihm als Rechtsnachfolger der verstorbenen ehemaligen Klägerin für diese Witwenbeihilfe nach § 48 BVG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des Sozialgerichts beigezogen; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß
§§ 153 Abs. 1 SGG, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Witwenbeihilfe sind nicht erfüllt.

Witwenbeihilfe ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG der Witwe eines rentenberechtigten Beschädigten zu zahlen, der nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben, und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung insgesamt mindestens um 10 bis 15 v.H. gemindert ist. Welcher Vomhundertsatz (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BVG - rechte Spalte) maßgeblich ist, richtet sich danach, in welchem Verhältnis die abgeleitete Witwenversorgung zu dem in § 33 Abs. 1 Buchst a) BVG genannten Bemessungsbetrag steht (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BVG - linke Spalte).

Die Regelung des § 48 BVG baut zunächst auf zwei Vermutungstatbeständen auf. Lediglich dann, wenn keine der Vermutungen greift, ist ein Vergleich mit derjenigen Witwenversorgung herzustellen, die der Beschädigte trotz seiner Beschädigung zumutbar hätte aufbauen können. Die Differenz zwischen erreichter und ohne Schädigungsfolgen erreichbarer Hinterbliebenenversorgung sieht der Gesetzgeber erst ab einem bestimmten Mindestbetrag als versorgungsrechtlich beachtliche Lücke an, wobei die Beachtlichkeit durch eine prozentuale Abhängigkeit von der Höhe der hergeleiteten Witwenversorgung bestimmt wird.

1. Erster Vermutungstatbestand - § 48 Abs. 1 Satz 5 BVG

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 5 BVG sind nicht erfüllt.

Als erfüllt gelten gemäß § 48 Abs. 1 Satz 5 BVG die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Grundrente eines Beschädigten mit einem Grad der Schädigungsfolgen (bis 20.12.2007: MdE) von 100 oder wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage hatte.

Diese gesetzliche Vermutung greift vorliegend nicht ein, da der Beschädigte bis zu seinem Tod eine Grundrente nach einer MdE in Höhe von lediglich 50 v.H. bezogen hat. Auch einen Anspruch auf eine Pflegezulage hat er nicht gehabt.

2. Zweiter Vermutungstatbestand - § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG

Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG sind nicht erfüllt.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG gelten gemäß § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG dann als erfüllt, wenn der Beschädigte mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadenausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 BVG oder auf Berufsschadenausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG gehabt hat.

Ein solcher Anspruch auf Berufsschadenausgleich ist ohne eine Gewährung dieser Leistung auch dann als gegeben anzusehen, wenn beim Beschädigten die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Berufsschadenausgleich nach dem Inhalt der über ihn geführten Versorgungsakten auf den ersten Blick für jeden Kundigen klar erkennbar während wenigstens fünf Jahren vorgelegen haben und wenn sich dies der Verwaltung aufdrängen hat müssen (vgl. Bundessozialgericht - BSG - , Urteile vom 15.7.1992, Az.: 9a RV 40/91, und vom 15.12.1999, Az.: B 9 V 11/99 R).

Im vorliegenden Fall hat ein Anspruch auf Berufsschadenausgleich nicht für die erforderliche Mindestzeit von fünf Jahren vorgelegen, sondern nur für einen Zeitraum von knapp viereinhalb Jahren (Zeitraum ab dem 01.12.1972 - Bescheid vom 18.10.1978 - bis zum Tod des Beschädigten am 23.02.1977).

Davon, dass für einen Zeitraum vor Beginn des Berufsschadenausgleichs am 01.12.1972 nach dem Inhalt der Versorgungsakten auf den ersten Blick für jeden Kundigen klar erkennbar die Voraussetzungen für einen Berufsschadensausgleich vorgelegen hätten, kann nicht ausgegangen werden. Jedenfalls vor dem Antrag des Beschädigten auf Grundrente am 13.12.1972 enthalten die Akten nichts, was einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich auf den ersten Blick erkennbar sein lassen würde und sich dies der Verwaltung aufdrängen hätte müssen. Anderes lässt sich auch nicht aus dem rentenversicherungsrechtlichen Versicherungsverlauf des Beschädigten erkennen; erst im Jahr 1973 ist eine Einkommensminderung erkennbar, für die die Schädigungsfolgen der Grund sein dürften. Die für den Vermutungstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG erforderlichen fünf Jahre sind somit nicht erreicht.

Wenn von Klägerseite aus sinngemäß vorgetragen worden ist, dass die Zeit der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit von rund einem Jahr in 1949/1950 berücksichtigt werden müsste, da zumindest in dieser Zeit die Voraussetzungen für einen Berufsschadensausgleich auf der Hand gelegen hätten, geht dieser Vortrag ins Leere. Denn zu dieser Zeit gab es noch keine gesetzliche Regelung zum Berufsschadensausgleich - der Berufsschadensausgleich wurde erst zum 01.06.1960 eingeführt -, sodass ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich nicht bestanden haben kann. Es kann für Zeiträume vor dem 01.06.1960 für § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG auch nicht ein Berufsschadenausgleich fingiert werden, selbst wenn ein solcher Anspruch nach den ab dem 01.06.1960 geltenden Vorschriften bestanden hätte. Einen solchen fiktiven Berufsschadensausgleich (in der folgenden Entscheidung des BSG mit "BSA" abgekürzt) für Zeiträume vor Einführung des Berufsschadensausgleichs hat das BSG ausdrücklich im Urteil vom 11.12.2008, Az.: B 9 V 3/07 R, wie folgt abgelehnt:

"Die Bejahung eines Anspruchs auf BSA für Zeiträume vor Einführung des BSA durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (Erstes Neuordnungsgesetz - 1. NOG - vom 27.6.1960 ) zum 1.6.1960 kommt auch im Rahmen des § 48 Abs 1 Satz 6 BVG nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.9.1970 - 10 RV 627/68 - BSGE 32, 1, 2 = SozR Nr 9 zu § 40a BVG Ca 12) soll mit dieser Versorgungsleistung kein Schaden, der einmal in der Vergangenheit vorgelegen hat, sondern nur ein Schaden ausgeglichen werden, der in der Zeit ihrer Gewährung besteht. Ansprüche auf BSA können daher erst ab 1.6.1960 bestanden haben. Da § 48 Abs 1 Satz 6 BVG eine Beweisvermutung, aber keine Anspruchsfiktion enthält, reicht es für das Vorliegen dieses Tatbestandes zwar aus, dass der Anspruch bestanden hat, nicht aber, dass er bloß bestanden hätte.

Der Vermutungstatbestand des § 48 Abs 1 Satz 6 BVG ist auch nicht über eine entsprechende Anwendung von § 48 Abs 6 BVG zugunsten der Klägerin deshalb zu fingieren, weil der Beschädigte aufgrund der erst zum 1.6.1960 erfolgten Einführung des BSA gehindert war, einen Anspruch auf diese Leistung für Zeiträume davor geltend zu machen. Nach § 48 Abs 6 BVG gelten die Absätze 1 bis 5 des § 48 BVG dann entsprechend, wenn der Beschädigte die Ansprüche nur deshalb nicht geltend machen konnte, weil er vor dem 1.1.1991 seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Art 3 Einigungsvertrag genannten Gebiet hatte. Mit der Einführung der Vorschrift durch das Gesetz über die zwanzigste Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-?Anpassungsgesetz 1991 vom 21.6.1991 ) wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-?Drucks 12/335 S 9) die Witwen von Beschädigten, die vor dem Inkrafttreten des BVG im Beitrittsgebiet am 1.1.1991 gestorben sind, den Witwen in der bisherigen Bundesrepublik gleichstellen. Die Gleichstellung erfolgte jedoch nur insoweit als der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt der Beschädigten im Beitrittsgebiet kausal dafür war, dass der Beschädigte seine Ansprüche nicht geltend machen konnte.

Eine derartige Fallkonstellation liegt hier ersichtlich nicht vor. Denn der Beschädigte war nicht wegen eines Wohnsitzes/gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet gehindert, seine Ansprüche geltend zu machen, sondern allein wegen des Umstands, dass Ansprüche auf BSA vor dem 1.6.1960 gesetzlich nicht vorgesehen waren. Darüber hinaus sahen weder das 1. NOG noch Art 2 Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes vom 18.12.1975 (BGBl I 3113) zur Einführung der Beweiserleichterung des § 48 Abs 1 Satz 5 und 6 BVG eine Rückwirkung auf Zeiträume vor dem Inkrafttreten der jeweiligen Regelungen, also auch nicht auf Zeiträume vor dem 1.6.1960 vor.

Die Begünstigung des durch § 48 Abs 6 BVG erfassten Personenkreises führt im Verhältnis zur Klägerin nicht zu einer Ungleichbehandlung, die gegen Art 3 Abs 1 GG (s dazu Jarass in: Jarass/Pieroth, GG Komm, 9. Aufl 2007, Art 3 RdNr 14 ff mwN) verstoßen würde. Die Einbeziehung von in den neuen Bundesländern wohnenden Witwen Kriegsbeschädigter rechtfertigt sich aus den Besonderheiten der deutschen Einigung. Im Übrigen wird dieser Personenkreis mit der Klägerin insoweit gleich behandelt, als sich § 48 Abs 1 Satz 6 BVG nur auf BSA-?Ansprüche für Zeiträume ab Inkrafttreten des 1. NOG beziehen kann."

Es kann daher für den Beschädigten, der seit der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft in der Bundesrepublik Deutschland gelebt hat, für die Jahre 1949/1950 kein fiktiver Berufsschadensausgleich angenommen werden.

Ebenso kann die Klägerseite nicht mit dem Einwand durchdringen, dass es der Gesetzgeber mit dem erforderlichen Mindestzeitraum von fünf Jahren "nicht so genau nehmen hätte wollen" und die 5-Jahres-Regelung nur der Verwaltungsvereinfachung diene mit der Konsequenz, dass eine stringente Auslegung mit der exakten Orientierung am Wortlaut nicht geboten sei. Einer derartigen, ohnehin mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbarenden Auslegung hat das BSG in einem vergleichbaren Fall, in dem von den erforderlichen 60 Monaten sogar möglicherweise 59 erreicht waren, mit Urteil vom 19.09.1979, Az.: 9 RV 66/78, eine klare Absage erteilt (erklärender Hinweis des Senats: Die damals einschlägige Regelung des § 48 Abs 1 Satz 2 BVG ist identisch mit § 48 Abs 1 Satz 6 BVG heute):

"Es kann auf sich beruhen, ob der verstorbene Ehemann der Klägerin 50, 58 oder gar 59 Monate lang Anspruch auf Berufsschadensausgleich hatte. Selbst wenn man die Monate mitzählt, in denen der Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen der Berücksichtigung des Mehrbetrages der Grundrente für das besondere berufliche Betroffensein nach § 30 Abs 7 BVG geruht hat, ergibt sich lediglich eine Bezugszeit von 59 Monaten (April 1967 bis September 1972, in den Jahren jeweils ohne die Novembermonate und ohne die Monate Februar und A. 1972). Deshalb ist der Anspruch auf Witwenbeihilfe zu Recht abgelehnt worden (§ 48 Abs 1 Satz 2, dritte Alternative BVG in der Fassung des HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975 - BGBl I, 3113). Fehlt es aber an dem Mindesterfordernis, daß der Anspruch auf Berufsschadensausgleich wenigstens 5 Jahre (= 60 Monate) bestand, dann entfällt auch die Rechtsvermutung, daß der Schwerbeschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert gewesen war, für die Versorgung seiner Hinterbliebenen hinreichend vorzusorgen.

Die Vermutung, welche an das 5jährige Bestehen des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich geknüpft wird, stellt bereits ein Entgegenkommen des Gesetzgebers dar. Mit ihm hat der Gesetzgeber die Anordnung getroffen, die er zur Erleichterung des Nachweises der anspruchsbegründenden Tatsachen und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung für angebracht hielt. Auf diese Weise wollte er die umständliche, schwierige und zeitraubende Prüfung entbehrlich machen, ob die Versorgung mindestens um etwa 15 vH (BSG SozR 3100 § 48 Nr 4; BMA, Rundschreiben vom 8. März 1976, BVBl 1976, 60) geringer ist, als sie ohne die Kriegsbeschädigung wäre. Der Gesetzgeber nahm mit dieser Regelung in Kauf, daß im Einzelfall trotz des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich für 5 Jahre nicht immer die konkrete erforderliche Versorgungsminderung eingetreten ist (vgl BMA, Rundschreiben vom 8. Juli 1976, BVBl 1976, 98, 99). Eine Rechtsvermutung dieser Art, die ersatzweise anstelle des an sich Gewollten eingeführt worden ist, kann und darf von der Verwaltung nicht nach ihrem Gutdünken modifiziert und erweitert werden. Greift die gesetzliche Vermutung im Einzelfall nicht ein, dann hat das in erster Linie Angeordnete zu gelten. Aus dieser Erwägung heraus ist es unerheblich, daß lediglich 1 Monat an den 5 Jahren des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich fehlt. Hielte man das Zeiterfordernis nicht strikt ein, so handelte man der Entscheidung des Gesetzgebers zuwider. Die Beweiserleichterung, die in dem 5jährigen Bezug des Berufsschadensausgleich gesehen wird, entspricht der Absicht, die der Gesetzgeber mit der hier maßgeblichen, am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Neufassung des § 48 Abs 1 BVG verfolgt hat. Mit dieser Neuregelung sollte der entschädigungsrechtliche Charakter des BVG unterstrichen werden. Es wurde an den in § 1 Abs 1 BVG verankerten Grundsatz erinnert, daß die Versorgung wegen der wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung zu gewähren ist (Rundschreiben des BMA vom 8. März 1976, BVBl 1976, 60). Wegen dieses Beweggrundes erschien eine Versorgung der Hinterbliebenen von Beschädigten, die nicht an den Folgen ihrer Schädigung gestorben sind, nur gerechtfertigt, wenn die erlittene Schädigung die Versorgung gemindert hat (so die Bundesregierung in der Begründung zur Änderung des § 48 Abs 1 BVG durch das HStruktG: BT-Drs 7/4127, II, Besonderer Teil - Art 22 zu § 1 Nr 4, S. 55; Stellungnahme des Bundesrats und Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs 7/4193, S. 18; vgl auch Begründung zum 10. AnpG-KOV vom 10. A. 1978, BT-Drs 8/1735, S. 19)."

3. Keine versorgungsrechtlich beachtliche Lücke zwischen erreichter und ohne Schädigungsfolgen erreichbarer Hinterbliebenenversorgung

Da die Vermutungstatbestände der § 48 Abs. 1 Sätze 5 und 6 BVG vorliegend nicht erfüllt sind, ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 bis 4 BVG maßgeblich, ob die Gesamtversorgung der Witwe schädigungsbedingt um den erforderlichen Vomhundertsatz gemindert ist. Hierzu ist die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung festzustellen. Die Höhe dieser Versorgung - anzusetzen ist, wie sich aus
§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ("Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen.") ergibt, die Bruttorente, nicht der Rentenzahlbetrag - wird anschließend mit dem in § 33 Abs. 1 Buchst. a) BVG genannten Bemessungsbetrag ins Verhältnis gesetzt. Abhängig von der Höhe der hergeleiteten Witwenversorgung im Vergleich zu dem in § 33 Abs. 1 Buchst. a) BVG genannten Bemessungsbetrag ergibt sich, wie hoch die Minderung der tatsächlich bezogenen Witwenversorgung gegenüber der ohne die Schädigung zumutbar erzielbaren Witwenversorgung (hypothetische Witwenversorgung) sein muss, um einen Anspruch auf Witwenbeihilfe zu begründen. Je nach Höhe der hergeleiteten Witwenversorgung ist eine Minderung von 10 bis 15 v.H.
- erläuternder Hinweis des Senats zum besseren Verständnis für den Berufungskläger: Nach der im Jahr der erstmaligen Beantragung von Witwenbeihilfe (1977) maßgeblichen Rechtsgrundlage war Voraussetzung für die Witwenbeihilfe, dass "die Versorgung seiner Hinterbliebenen nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist". Das Erfordernis der "nicht unerheblichen" Beeinträchtigung hat der Gesetzgeber später durch eine exakte in Prozenten (je nach Höhe der hergeleiteten Witwenversorgung 10 bis 15 v.H.) beschriebene Minderung ersetzt und präzisiert -
erforderlich, um einen Anspruch auf Witwenbeihilfe zu begründen. Die Höhe der Minderung ist durch einen Vergleich der hergeleiteten mit der hypothetischen Witwenversorgung zu ermitteln.

Bei der Ermittlung der schädigungsbedingten Minderung der Witwenversorgung sind die Rechtsgrundsätze maßgebend, die für die Ermittlung eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes gelten (vgl. BSG, Urteil vom 16.5.1995, Az.: 9 RV 13/93). Entscheidend für einen schädigungsbedingten Minderverdienst ist dabei nicht die Gegenüberstellung des Vergleichseinkommens mit dem tatsächlichen Einkommen, sondern mit dem Einkommen, das der Beschädigte trotz seiner Beschädigung noch zumutbar erzielen hätte können. Übertragen auf die Witwenbeihilfe ist danach nicht eine Gegenüberstellung der hypothetischen Witwenversorgung (ohne schädigungsbedingte Minderung) mit der tatsächlichen Witwenversorgung vorzunehmen, sondern mit der Witwenversorgung, die der Beschädigte trotz seiner Beschädigung zumutbar aufbauen hätte können. Denn durch die Witwenbeihilfe ausgeglichen werden soll lediglich die schädigungsbedingt geminderte Witwenversorgung, nicht eine aus anderen, nicht schädigungsbedingten Gründen reduzierte Witwenversorgung. Soweit schädigungsunabhängige Ursachen zu einem fehlenden Aufbau der Versorgung geführt haben, hat die sich daraus ergebende Minderung unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2008, Az.: B 9 V 3/07 R).

3.1. Höhe der hergeleiteten Witwenversorgung, erforderliche Minderung

Zum Antragszeitpunkt (Januar 2009) betrug die Höhe der hergeleiteten Witwenversorgung ("Witwenrente"), wie sie sich aus der von der Witwe vorgelegten Mitteilung über die Anpassungen der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Deutschen Rentenversicherung Schwaben zum 01.07.2008 ergibt, 753,02 EUR. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass es dem Beschädigten zumutbar gewesen wäre, eine höhere Versorgung aufzubauen, und daher zu Lasten der Witwe einen höheren Betrag als die vorgenannte Witwenversorgung anzunehmen, gibt es nicht. Ob die tatsächlich geleistete Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des Beschädigten zutreffend oder zu hoch berechnet war, ist im Rahmen der Prüfung von Witwenbeihilfe ohne Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2008, Az.: B 9 V 3/07 R).

Zum selben Zeitpunkt betrug der in § 33 Abs. 1 Buchst. a) BVG genannte Bemessungsbetrag 26.339,- EUR.

Ein Zwölftel des Bemessungsbetrags beträgt 2.194,92 EUR. Im Verhältnis dazu beträgt die hergeleitete Witwenversorgung (753,02 EUR) gerundet 34,3 v.H.

Dies hat gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG zur Konsequenz, dass eine Minderung der hergeleiteten Witwenversorgung um mindestens 14 v.H. vorliegen müsste, damit ein Anspruch auf Witwenbeihilfe bestehen würde.

Sofern die Witwe des Beschädigten im Antrag vom 15.02.2009 noch eine "Betriebsrente Fa. F." in Höhe von monatlich 21,- EUR angegeben hat, kann dies bei der Berechnung wegen fehlender Entscheidungsrelevanz außer Betracht bleiben. Es spricht zwar Vieles dafür, dass es sich dabei um eine vom Beschädigten hergeleitete Betriebsrente handelt, sodass der Betrag - zu Lasten des Berufungsklägers - zu der Witwenrente der Deutschen Rentenversicherung zu addieren wäre (vgl. Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 48 BVG, Rdnr. 4). Ohne weitere Ermittlungen anzustellen, kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um eine eigene, nicht hergeleitete Betriebsrente der Witwe gehandelt hat. Eine weitere Aufklärung ist aber nicht erforderlich. Denn auch bei Berücksichtigung der Betriebsrente (zu Lasten der Witwe) als hergeleitete Betriebsrente hätte dies im Ergebnis keine Auswirkung auf die Höhe der sich ergebenden erforderlichen Minderung der hergeleiteten Witwenversorgung, da die hergeleitete Witwenversorgung dann insgesamt (höhere) 35,3 v.H. eines Zwölftels des Bemessungsbetrags betragen würde, was den für die Witwenbeihilfe erforderlichen Betrag für die Minderung (mindestens 14 v.H.) nicht verändern würde.

3.2. Zeiträume schädigungsbedingter Einkommensminderung

Als Zeiten schädigungsbedingter Einkommensminderung lassen sich insgesamt 63 Monate, nämlich folgende Zeiträume feststellen:11/1949 bis 10/1950 (12 Monate), 12/1972 bis 02/1977 (51 Monate). In anderen Zeiträumen ist ein schädigungsbedingter Einkommensverlust nicht feststellbar.

3.2.1. Zeitraum 11/1949 bis 10/1950

Es liegen 12 Monate mit einer schädigungsbedingten Einkommensminderung vor.

In diesem Zeitraum lag zweifellos eine schädigungsbedingte Einkommensminderung des Beschädigten vor. Er bezog Rente nach dem Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. und war aufgrund von Kriegsfolgen und insbesondere der gefangenschaftsbedingten Dystrophie (noch) nicht in der Lage, einer Beschäftigung nachzugehen.

Ob der Monat 10/1950 deshalb nicht mehr zu berücksichtigen ist, weil der Beschädigte bei der Begutachtung am 28.09.1950 als weitgehend gesund beurteilt worden ist und am ersten Tag dieses Monats den schweren Motorradunfall mit der Folge von Arbeitsunfähigkeit erlitten hat, oder doch noch als schädigungsbedingte Zeit einzubeziehen ist, weil er hier noch eine Rente nach dem Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. bezogen hat, kann letztlich dahingestellt bleiben. Zugunsten des Berufungsklägers geht der Senat in der Folge davon aus, dass auch im Monat 10/1950 noch eine schädigungsbedingte Einkommensminderung vorgelegen hat.

3.2.2. Zeitraum 11/1950 bis 02/1953

Von einer schädigungsbedingten Einkommensminderung kann in diesem Zeitraum nicht ausgegangen werden.

Am 01.10.1950 erlitt der Beschädigte bei einem Unfall mit einem Motorrad eine schwere Beinverletzung (zweifacher Oberschenkelbruch mit daraus resultierender Beinverkürzung), die eine lange Krankenhausbehandlung nach sich zog. Jedenfalls ab 11/1950 kann von einer schädigungsbedingten Einkommensminderung nicht mehr ausgegangen werden, da die MdE nur noch 15 v.H. betragen hat und die gesundheitsbedingte Unmöglichkeit zu arbeiten auf den schädigungsfremden Motorradunfall zurückzuführen ist; die Schädigungsfolgen waren weitgehend abgeklungen. Sofern der Beschädigte nach Genesung von der unfallbedingten Verletzung bis Ende 02/1953 keine berufliche Tätigkeit aufnehmen hat können, kann dies allenfalls mit Folgen des Motorradunfalls und arbeitsmarktbedingten Gründen erklärt werden, nicht aber mit Schädigungsfolgen. Denn der Beschädigte ist bei der Begutachtung unmittelbar vor dem Unfall, nämlich am 28.09.1950, als in gutem Allgemeinzustand befindlich und mit kräftiger Muskulatur beschrieben worden, was auch Grund für die Beendigung der Rente nach dem Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte war. Dass die Genesung infolge der Beinverletzung wegen Schädigungsfolgen, insbesondere einer Dystrophie, länger gedauert hätte als normal, ist eine bloße Spekulation der Klägerseite, die keinerlei Stütze in den vorliegenden Tatsachen findet. Denn bei der Begutachtung kurz vor dem Unfall waren Dystrophiezeichen so gut wie nicht mehr festgestellt und der Allgemeinzustand als gut mit guter Bemuskelung beschrieben worden, sodass keine Schädigungsfolgen mehr vorlagen, die die Heilung maßgeblich verzögern hätten können. Arbeitsmarktbedingte Schwierigkeiten bei der Berufsaufnahme schließlich sind ein allgemeines Risiko, das zur damaligen Zeit jedermann getroffen hat; ein relevanter Einfluss ohnehin bereits weitgehend abgeklungener Schädigungsfolgen auf die Berufsaufnahme lag daher nicht vor.

3.2.3. Zeitraum 03/1953 bis 11/1972

Eine schädigungsbedingte Einkommensminderung ist in diesem Zeitraum nicht nachgewiesen.

Wenn von Klägerseite aus vorgetragen wird, dass der Beschädigte ohne die Kriegsfolgen einen anderen Berufsweg eingeschlagen hätte und Metzgermeister mit einem höheren Einkommen, als es der Beschädigte als Arbeiter in einer F. bezogen hat, geworden wäre, ist diese Annahme nicht nur nicht nachgewiesen, sondern als widerlegt zu betrachten. Zwar hat der Beschädigte ab 1927 eine Lehre als Metzger absolviert. Er hat sich aber vom Metzgerberuf bereits vor dem Krieg gelöst. So war er letztmals 1937 als Metzger tätig, anschließend aber im Jahr 1937 in einer Farbenhandlung und von 1938 bis 1940 als Kraftfahrer. Irgendwelche aussagekräftigen Hinweise darauf, dass der Beschädigte wieder dem Beruf als Metzger nachgehen hätte wollen, dies aber schädigungsbedingt nicht tun hätte können, gibt es nicht.

Sofern von Klägerseite dazu vorgetragen wird, der Beschädigte habe den Metzgerberuf nicht mehr aufgenommen, da er nicht mehr so lange stehen habe können, wie dies in diesem Beruf erforderlich sei, ist dieser Vortrag mit den vorliegenden Schädigungsfolgen nicht in Einklang zu bringen. Denn der gesundheitliche Zustand des Beschädigten, wie er bei der Begutachtung kurz vor dem Unfall vom 01.10.1950 festgestellt worden war, wäre einer Tätigkeit als Metzger nicht entgegen gestanden. Sofern der Beschädigte tatsächlich nicht mehr als Metzger tätig werden hätte können, weil er nicht mehr ausreichend lange stehen hätte können, wäre dies jedenfalls nicht auf Schädigungsfolgen, sondern auf den Unfall vom 01.10.1950 mit schwerer Beinverletzung und daraus resultierenden Dauerschädigung (Beinlängenverkürzung) zurückzuführen. Es gibt auch nicht die geringsten Hinweise darauf, dass der Beschädigte damals wegen einer schädigungsbedingten Einschränkung seiner körperlichen Kräfte oder - wie dies die Klägerseite in den Raum gestellt hat - wegen Frühzeichen einer chronischen Leberentzündung nicht mehr als Metzger tätig geworden wäre. Derartige Frühzeichen sind durch nichts belegt und bei der Begutachtung am 28.09.1950 nicht festgestellt worden. Ein Zusammenhang mit Schädigungsfolgen besteht daher nicht.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beschädigte, so jedenfalls der Vortrag der Klägerseite, später immer wieder metzgerisch bei Hausschlachtungen tätig geworden sei und dass daraus erkennbar sei, dass er den Beruf als Metzger wieder aufnehmen hätte wollen. Denn Schädigungsfolgen können nicht der Grund dafür gewesen sein, dass der Beschädigte nicht als Metzger, sondern als Bauhilfs- und anschließend als Fabrikarbeiter tätig geworden ist. Dies hat der Berufungskläger im Übrigen selbst - damals noch als Bevollmächtigter der Witwe - im Schreiben vom 24.09.1977 bestätigt, als er auf die in der Nachkriegszeit herrschenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt hingewiesen hat; er hat damals ausdrücklich ausgeführt, dass es weder im Beruf eines Metzgers noch in anderen Berufszweigen ausreichend Arbeit gegeben habe. Dass der Beschädigte möglicherweise zu einem viel späteren Zeitpunkt als 1953 in seinem Berufsleben wegen Schädigungsfolgen gehindert gewesen wäre, als Metzger tätig zu sein, ist rechtlich unbeachtlich, da er sich vom Beruf eines Metzgers schon vor dem Krieg gelöst hat und diesem Beruf später nie mehr nachgegangen ist.

Aus den gleichen, also nicht schädigungsbedingten Gründen hat der Beschädigte möglicherweise auch eine Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr aufnehmen können. Sollten hier tatsächlich auch gesundheitliche Gründe eine Rolle gespielt haben - die Klägerseite hat dazu am 15.02.2009 angegeben, der Beschädigte habe wegen seiner Behinderung am Bein beim Einsteigen in ein Kfz den Beruf als Kraftfahrer nicht mehr ausüben können -, stünden diese gesundheitlichen Gründe nicht mit Schädigungsfolgen, d.h. der Kriegsverletzung, sondern ausschließlich mit dem im Jahr 1950 erlitten Motorradunfall in Verbindung, beim dem sich der Kläger einen doppelten Oberschenkelbruch mit daraus resultierender Beinverkürzung zugezogen hat.

Wenn der Berufungskläger versucht, den fremdverschuldeten Motorradunfall des Beschädigten von 1950 als schädigungsbedingten "Nachschaden" zu klassifizieren, entbehrt diese Argumentation jeder nachvollziehbaren Begründung und kann nur aus dem Wunsch nach Versorgung resultierend beschrieben werden. Denn weder ist der Motorradunfall auf die zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend abgeklungenen Schädigungsfolgen zurückzuführen noch können die Schädigungsfolgen auf den Heilungsprozess einen merkbaren Einfluss gehabt haben.

Dass der Beschädigte im Zeitraum ab 1953 einer aus Klägersicht eher gering entlohnten Tätigkeit im Bereich der Textilindustrie, die nach Meinung des Berufungsklägers geringere Löhne gezahlt hat als die gesamte Industrie im Durchschnitt, nachgegangen ist, ist rechtlich ohne Bedeutung, da die Berufswahl und die Entscheidung für die Textilindustrie nicht schädigungsbedingt beeinflusst, sondern der Arbeitsmarksituation geschuldet war. Auf Schädigungsfolgen kann daher ein im Vergleich zu anderen Berufen möglicherweise geringeres Einkommen nicht zurückgeführt werden.

3.2.4. Zeitraum 12/1972 bis 02/1977

In diesem Zeitraum liegen 51 Monate einer schädigungsbedingten Einkommensminderung vor.

Da der Beschädigte ab dem Monat 12/1972 bis zu seinem Tod eine Grundrente nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. bezogen hat und auch dem Versicherungsverlauf der Rentenversicherung - zumindest ab 01/1973 - geringere Einkünfte als in den Vorjahren zu entnehmen sind, kann für diesen Zeitraum eine schädigungsbedingte Einkommensminderung zugrunde gelegt werden, wie dies auch beim Berufsschadensausgleich angenommen worden ist.

Sofern das BSG im Urteil vom 11.12.2008, Az.: B 9 V 3/07 R, formuliert hat, dass
"entsprechend den Grundsätzen des BSA ... auch für den Bereich der Witwenbeihilfe nach § 48 BVG eine fiktive Zurechnung bis zum tatsächlichen Ausscheiden des Beschädigten aus dem Erwerbsleben (Beginn der Regelaltersrente) durchzuführen"
sei, kann dies im vorliegenden Fall nicht zu Lasten der Klägerseite dahingehend verstanden werden, dass nur die Zeit bis zum Eintritt des Beschädigten in das Rentenalter (mit Rentenbezug ohne Abschläge: 01.01.1974) zu berücksichtigen wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beschädigte, wenn er die Schädigungsfolgen nicht erlitten hätte, bis zu seinem nicht schädigungsbedingten Tod, der noch vor dem 65. Lebensjahr eingetreten ist, weiter gearbeitet und in dieser Zeit weitere rentenversicherungsrechtliche Werteinheiten mit der Folge eines höheren Rentenanspruchs erworben hätte (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1990, Az.: 9a/9 RV 20/89). Aus diesem Grund ist auch dem Beklagten nicht zu folgen, wenn er in den von ihm angestellten Berechnungen teilweise (Berechnung vom 08.06.1978 und 3. Vergleichsberechnung vom 08.11.2011) eine schädigungsbedingte Einkommensminderung ab dem Zeitpunkt nicht mehr angenommen hat, ab dem der Beschädigte ohne Abschläge in Rente gegangen ist. Denn der Beklagte verkennt dabei, dass ohne Schädigungsfolgen der Beschädigte bis zu seinem (vor dem 65. Geburtstag eingetretenen) Tod arbeiten und damit weitere Rentenzeiten erwerben hätte können. Aber auch dies führt letztlich - Näheres dazu siehe die Berechnung weiter unten - nicht zu einem Anspruch auf Witwenbeihilfe.

3.3. Hypothetische Witwenversorgung

Die mit der hergeleiteten Witwenversorgung nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 BVG zu vergleichende hypothetische Witwenversorgung ist die Witwenversorgung, wie sie ohne die Schädigungsfolgen zumutbar erzielbar gewesen wäre. Dabei ist das ohne die Schädigung wahrscheinlich erzielte Hinterbliebeneneinkommen nicht nach individuellen Einkommensverhältnissen zu berechnen. Vielmehr ist das Rentenmindereinkommen entsprechend den von der Rechtsprechung für den Berufsschadensausgleich entwickelten Rechtsgrundsätzen pauschalierend und generalisierend nach einem durchschnittlichen Bezug festzusetzen (vgl. BSG, Urteile vom 05.03.1980, Az.: 9 RV 81/78, und vom 19.03.1986, Az.: 9a RV 6/84). Eine solche Handhabung ist infolge der Wechselbeziehungen zwischen dem zu Lebzeiten des Beschädigten eingetretenen Berufsschaden und den entsprechenden Auswirkungen auf die Hinterbliebenenversorgung geboten. Witwenbeihilfe wird nämlich gerade deswegen zugestanden, weil der Beschädigte infolge der Schädigungsfolgen nicht imstande war, ausreichend für seine Hinterbliebenen zu sorgen. Eine solche unmittelbare Beziehung zwischen Berufsschadenausgleich und Hinterbliebenenversorgung ist darüber hinaus - wie § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG zeigt - in § 48 BVG selbst enthalten. Eine derartige pauschale Ermittlung der Renteneinbuße entspricht im Übrigen auch der Konzeption des Gesetzgebers und soll eine möglichst einfache verwaltungsmäßige Behandlung von Ansprüchen auf Hinterbliebenenbeihilfe und eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleisten (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2008, Az.: B 9 V 3/07 R), auch wenn die Regelung des
§ 48 BVG in der Literatur als mit umfangreichen Ermittlungen und komplizierten Berechnungen verbunden und teilweise "schwer verständlich" (vgl. Dau, a.a.O.,
§ 48 BVG, Rdnr. 5) oder "in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereitend"
(vgl. Förster, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 48 BVG, Rdnr. 6) beschrieben wird, Hinweise, die nicht weiterhelfen.

Wie bei der Ermittlung der fiktiven (Vergleichs-)Hinterbliebenenversorgung vorzugehen ist, hat das BSG in ähnlicher Weise bereits zum Berufsschadenausgleich entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1977, Az.: 10 RV 51/76): Zunächst ist festzustellen, welche berufliche Tätigkeit der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen während seines aktiven Berufslebens wahrscheinlich ausgeübt hätte. Diese wahrscheinlich ausgeübte Berufstätigkeit ist sodann auf der Grundlage der in § 30 Abs. 5 BVG erschöpfend aufgezählten Vergleichskriterien (Durchschnittseinkommen aufgrund der amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs-?, Vergütungs- oder Lohngruppen des Bundes) nach Maßgabe der Berufsschadensausgleichverordnung einer bestimmten Berufs- oder Wirtschaftsgruppe zuzuordnen. Daraus ist dann im Rahmen des § 48 BVG eine hypothetische Witwenversorgung abzuleiten (vgl. auch BSG, Urteil vom 11.12.2008, Az.: B 9 V 3/07 R).

Nach dem vorliegenden beruflichen Werdegang und den eigenen Angaben des Beschädigten ist davon auszugehen, dass der Beschädigte (auch) ohne Schädigungsfolgen den Beruf eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Bereich der gesamten Industrie ergriffen hätte. Vom Beruf als Metzger hatte er sich bereits vor dem Krieg gelöst (vgl. oben Ziff. 3.2.3.). Der Ermittlung des fiktiven Vergleichseinkommens ist deshalb das Einkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Bereich der gesamten Industrie zugrunde zu legen.

3.4. Berechnung im vorliegenden Fall

Der Senat hat in der Folge errechnet, wie hoch das fiktive Einkommen des Beschädigten in den schädigungsbedingt beeinflussten Zeiträumen sein müsste, um einen Anspruch auf Witwenversorgung zu begründen (vgl. unten Ziff. 3.4.2.). Dieses Einkommen liegt so weit über dem zugrunde zu legenden "ungefähren" Vergleichseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Bereich der gesamten Industrie, dass ein Anspruch auf Witwenbeihilfe mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (vgl. unten Ziff. 3.4.3.).

3.4.1. Allgemeine Erläuterung des Ansatzes des Senats

Aufgrund der diversen Schwierigkeiten einer betragsmäßig exakten Berechnung der fiktiven Witwenversorgung (nicht genau gleiche Beträge für das Vergleichseinkommen vom Statistischen Bundesamt, wobei dieses mit undatiertem Schreiben, bei Gericht eingegangen am 29.09.2011, zudem auf nicht ausreichend exakte Daten zu den einmaligen und unregelmäßigen Zahlungen hingewiesen hat, und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wie diese dem Beklagten mitgeteilt worden sind, wobei letztere Beträge höher als erstere sind), hat sich der Senat dazu entschlossen, nicht dem üblichen, hier aber nicht praktikablen Berechnungsmodus zu folgen, sondern sozusagen rückwärts auszurechnen, wie hoch das fiktive Einkommen des Beschädigten in den schädigungsbedingt negativ beeinflussten Zeiträumen sein hätte müssen, um einen Anspruch auf Witwenbeihilfe zu begründen.

Der Gedanken- und Rechengang des Senats ist - allgemein ausgedrückt - folgender:
- In einem ersten Schritt sind von den Werteinheiten, wie sie der tatsächlich geleisteten Hinterbliebenenversorgung zugrunde liegen, die Werteinheiten abzuziehen, die in Zeiten fallen, in denen von einer schädigungsbedingten Einkommensminderung auszugehen ist.
- In einem zweiten Schritt ist dann zu ermitteln, wie viele Werteinheiten in den Zeiten, in denen von einer schädigungsbedingten Einkommensminderung auszugehen ist, erforderlich wären, um eine versorgungsrechtlich relevante Lücke im Sinn des § 48 Abs. 1 BVG zu erreichen.
- In einem abschließenden Schritt ist dann die Zahl der im zweiten Schritt ermittelten Werteinheiten auf die Zeiten, in denen von einer schädigungsbedingten Einkommensminderung auszugehen ist, umzulegen. Dies entspricht dem fiktiven Vergleichseinkommen, das zum Anspruch auf Witwenbeihilfe führen würde. Ergibt sich dabei ein Wert, der weit davon entfernt ist, wie er sich bei Zugrundelegung eines realistischen Werts anhand des der Vergleichsberechnung zugrunde legenden Berufs errechnen würde, kann auch ohne hundertprozentig genaue Berechnung ein Anspruch auf Witwenbeihilfe zweifelsfrei verneint werden.

3.4.2. Konkrete Berechnung

Als bekannt sind der Berechnung folgende Daten zugrunde zu legen:
- Der Witwenrente von der Rentenversicherung zugrunde gelegte Werteinheiten (WE), also WE, wie sie der Beschädigte erworben hat: 4655,29 WE.
- Zeiträume mit schädigungsbedingter Einkommensminderung: 11/1949 bis 10/1950 (12 Monate) und 12/1972 bis 02/1977 (51 Monate), also insgesamt 63 Monate.
- WE in den Zeiträumen mit schädigungsbedingter Einkommensminderung (lt. Rentenbescheid der Landesversicherung Schwaben vom 25.04.1977 an die Witwe des Beschädigten): insgesamt 160 WE (105,84 WE in 11/1949 bis 10/1950 und 54,16 WE in 12/1972 bis 02/1977)
- Der Witwenrente zugrunde gelegte WE abzüglich der WE für Zeiträume mit schädigungsbedingter Einkommensminderung: 4655,29 WE abzüglich 160 WE, ist gleich 4495,29 WE

Daraus errechnet sich:
- Für die für die Gewährung von Witwenbeihilfe erforderliche fiktive Hinterbliebenenversorgung anzusetzende fiktive WE: 5413,13 WE (Berechnung: 4655,29 WE [Witwenrente, von der Rentenversicherung zugrunde gelegte WE] geteilt durch 86 multipliziert mit 100 [entspricht 14%iger Minderung]).
- Differenz zwischen 5413,13 WE (für die Gewährung von Witwenbeihilfe erforderliche fiktive Hinterbliebenenversorgung) und 4495,29 WE (von der Rentenversicherung der Witwenrente zugrunde gelegte WE abzüglich der WE für Zeiträume mit schädigungsbedingter Einkommensminderung), ist gleich 917,84 WE.
- 917,84 WE (für die Gewährung von Witwenbeihilfe erforderlichen zusätzlichen Werteinheiten) geteilt durch 63 (Zahl der Monate mit schädigungsbedingter Einkommensminderung), ergibt 14,57 WE pro Monat, also 174,84 WE pro Jahr.

Der Beschädigte hätte bei einem fiktiven Berufsleben ohne schädigungsbedingte Einkommensminderung in 63 Monaten jeweils 14,57 WE monatlich, entspricht 174,84 WE jährlich, erwerben müssen, damit ein Anspruch auf Witwenbeihilfe gegeben wäre.

3.4.3. Bewertung des Berechnungsergebnisses

Dass eine schädigungsbedingte Minderung der Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 14 v.H. oder mehr nicht vorliegt, ist offenkundig.

Um einen Anspruch auf Witwenbeihilfe zu begründen, hätte der Beschädigte in den Zeiten der schädigungsbedingten Einkommensminderung unter Zugrundelegung der Fiktion des Nichtvorliegens einer Schädigung monatlich 14,57 WE bzw. jährlich 174,84 WE erwerben müssen, also ein Einkommen beziehen müssen, das das durchschnittliche Brutto-Jahresentgelt aller versicherungspflichtig Beschäftigten, dem 100 WE entsprechen, um rund 75 v.H. übersteigen hätte müssen. Oder in Geldbeträgen für das beispielhaft herausgegriffene Jahr 1975 ausgedrückt: Das durchschnittliche Brutto-Jahresentgelt aller versicherungspflichtig Beschäftigten, dem 100 WE entsprechen, betrug im Jahr 1975 exakt 21.808 DM (vgl. Anlage 1 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch). Der Beschädigte hätte daher im Jahr 1975 ein Jahreseinkommen in Höhe von 38.129 DM beziehen müssen. Ein derart weit überdurchschnittlich hohes Einkommen und ein entsprechender Erwerb von WE sind aber mit dem Vergleichseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich der gesamten Industrie nicht im Entferntesten vereinbar. Das Vergleichseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 der gesamten Industrie hat nämlich im beispielhaft angeführten Jahr 1975 sowohl bei Zugrundelegung der Angaben des Statistischen Bundesamts in dem bei Gericht am 29.09.2011 eingegangen Schreiben als auch der vom Beklagten angeführten Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung keinesfalls, auch bei Einbeziehung aller nur möglichen einmaligen oder unregelmäßigen Zahlungen, mehr als 24.000 DM betragen. Dass auch in den anderen Zeiträumen mit einer schädigungsbedingten Einkommensminderung das Vergleichseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 der gesamten Industrie nicht rund 75 v.H. höher gewesen ist als das durchschnittliche Brutto-Jahresentgelt aller versicherungspflichtig Beschäftigten, bedarf angesichts der eklatanten Diskrepanz im Beispielsjahr 1975 keiner weiteren Erläuterung.

Es steht damit ohne den geringsten Zweifel fest, dass das für einen Anspruch auf Witwenbeihilfe erforderliche fiktive Vergleichseinkommen mit dem Einkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Bereich der gesamten Industrie nicht in Einklang gebracht werden kann.

3.4.4. Hinweis des Berufungsklägers auf ein von ihm errechnetes Mindereinkommen des Beschädigten in Höhe von etwa 20.000 EUR

Wenn der Berufungskläger meint, mit einem von ihm errechneten Mindereinkommen im gesamten Berufsleben des Beschädigten in Höhe von etwa 20.000 EUR, was einer Einkommensminderung von über 20 v.H. entspreche, einen Anspruch auf Witwenbeihilfe begründen zu können, irrt er. Denn eine solche Einkommensminderung korrespondiert vorliegend nicht mit einer entsprechenden Minderung der hergeleiteten Witwenversorgung, also der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ganz abgesehen davon, dass für den Senat diese Berechnung nicht im Einzelnen nachvollziehbar ist und zudem der Berufungskläger bei dieser Berechnung unzulässigerweise auch für die Zeit ohne schädigungsbedingte Einkommensminderung das fiktive Vergleichseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Bereich der gesamten Industrie zugrunde zu legen scheint, ist eine prozentual errechnete Einkommensminderung zu Lebzeiten schon nach dem Wortlaut des Gesetzes kein Kriterium beim Anspruch auf Witwenbeihilfe; dies ist vielmehr ausschließlich die Minderung der hergeleiteten Witwenversorgung.

Zudem - und dies dürfte der wesentliche Irrtum des Berufungsklägers sein - ist eine prozentuale Einkommenseinbuße zu Lebzeiten des Beschädigten nicht gleichzusetzen mit einer Minderung der Hinterbliebenenversorgung in gleicher oder ähnlicher prozentualer Höhe. Dies wird auch aus dem Versicherungsverlauf des Beschädigten deutlich, wie er dem Bescheid auf Witwenrente vom 25.04.1977 zugrunde liegt. Für Kriegszeiten und den sich anschließenden Zeitraum bis zum 31.12.1956 sind dem Beschädigten von der Rentenversicherung pauschale Ausfall- bzw. Ersatzzeiten mit monatsdurchschnittlichen WE von 8,56 WE, jährlich also 102,72 WE gutgeschrieben worden. Es gibt also einen durchaus langen Zeitraum, nämlich bis zum Beginn der Erwerbstätigkeit im März 1953 (und sogar noch darüber hinaus), in dem der Beschädigte kein Einkommen bezogen hat, gleichwohl aber Rentenansprüche erworben hat - und dies in durchaus nicht unbeträchtlicher Höhe. Denn 102,72 WE jährlich entsprechen einem Einkommen, das um 2,72 v.H. höher ist als das durchschnittliche Brutto-Jahresentgelt aller versicherungspflichtig Beschäftigten. Oder anders ausgedrückt: Der Beschädigte ist nach dem Krieg, obwohl er keinerlei Erwerbseinkommen bezogen hat, rentenversicherungsrechtlich so gestellt worden, wie wenn er gearbeitet hätte und dabei ein um 2,72 v.H. höheres Einkommen als der durchschnittliche Arbeitnehmer erzielt hätte. Es ist daher - obwohl es auf den ersten laienhaften Blick vielleicht naheliegend erscheint - falsch, alle Zeiten ohne Einkommen auch als Zeiten ohne Erwerb von Rentenansprüchen und damit als die Hinterbliebenenversorgung mindernd zu betrachten.

Bei Berücksichtigung dieser Erläuterungen liegt es auf der Hand, warum eine potentielle Einkommensminderung eines Kriegsteilnehmers und Kriegsbeschädigten in bestimmter Höhe noch längst nicht zu einer prozentual gleichen oder auch nur annähernd ähnlichen Minderung der Hinterbliebenenversorgung führen muss.

Ein Anspruch auf Witwenbeihilfe besteht daher nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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