Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 8/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 303/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die für die Zeit von November 2010 bis Juni 2014 erbrachten Aufwendungen für die Vollzeitpflege des Kindes T.N.C. in einer Pflegefamilie in Höhe von 53.577,00 EUR zu erstatten. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Der Streitwert wird auf 53.577,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin als Jugendhilfeträger begehrt von der Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe Erstattung der Kosten, die seit 01.11.2010 für die Unterbringung eines geistig und körperlich behinderten Kindes in einer Pflegefamilie angefallen sind, konkret bis Juni 2014: 53.577,00 EUR.
Die am 00.00.0000 geborene T.N.C. (im Folgenden: Hilfeempfängerin/HE) ist körperlich und geistig behindert, erheblich pflegebedürftig mit entsprechenden Leistungen der Pflegekasse nach Pflegestufe I und als Schwerbehinderte anerkannt nach einem Grad der Behinderung von 100 (Merkzeichen G, B, H). Sie leidet u.a. an einer beidseitigen Schwerhörigkeit, die durch Hörgeräte nur unvollständig ausgeglichen ist, einem Sehfehler, einem Dyspraxiesyndrom und einer starken kognitiven Entwicklungsverzögerung. Im Januar 2010 wurde bei ihr ein Intelligenzquotient (IQ) von 47 festgestellt.
Im Januar 2008 wurde den leiblichen Eltern der HE wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen und auf das Jugendamt der Beigeladenen als Vormund übertragen (Beschlüsse des Amtsgerichts Aachen vom 27.01.2008 und 03.04.2009 – 220 F 40/08 EASO). Der Grund hierfür waren eine festgestellte Erziehungsunfähigkeit des – wegen Kindesmisshandlung bereits vorbestraften – Vaters und zahlreiche Defizite der Erziehungskompetenz der Mutter.
Seit dem 29.01.2008 ist die HE in einer Pflegefamilie untergebracht. Sie wird über Tag und Nacht im Haushalt ihrer Pflegeeltern versorgt; die Pflegemutter ist ausgebildete Erzieherin. Die Pflegeeltern haben keine Erlaubnis nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII); sie bedürfen einer solchen Erlaubnis nicht, weil sie Kinder im Rahmen von Hilfe zur Erziehung/Eingliederungshilfe aufgrund einer Vermittlung durch das Jugendamt über Tag und Nacht aufgenommen haben (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII). Der Verbleib in der Pflegefamilie ist auf Dauer angelegt. Von den Jugendhilfeträgern wurde und wird Hilfe zur Erziehung durch Unterbringung in einer Erziehungsstelle in Vollzeitpflege gem. §§ 27, 33 SGB VIII erbracht. Seit 29.01.2008 von der Beigeladenen, seit 29.01.2010 aufgrund Zuständigkeitswechsels nach § 86 Abs. 6 SGB VIII von der Klägerin. Nach dem Kindergarten besucht die HE inzwischen die Schule für geistig Behinderte in I ...
Mit Schreiben vom 18.10.2012 beantragte die Klägerin sowohl gegenüber dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) als auch gegenüber der Beklagten u.a. die Erstattung ihrer seit 01.11.2010 angefallenen Kosten für die Betreuung der HE in einer Pflegefamilie.
Am 03.11.2010 lehnte der LVR den Antrag mangels Zuständigkeit ab. Er verwies darauf, die Betreuung in Pflegefamilien gem. § 54 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei keine vollstationäre, sondern eine ambulante Leistung, für die der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig sei.
Mit Schreiben vom 24.06.2011 und 31.10.2012 lehnte auch die Beklagte den Kostenerstattungsantrag ab. Sie nahm auf einen Erlass des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 12.07.2010 und ein Rundschreiben des Landkreistages NRW vom 14.10.2010 Bezug; in diesen sei klar gestellt worden, dass der neue Tatbestand des § 54 Abs. 3 SGB XII keine Auswirkungen auf das geltende Recht der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII habe. Soweit Hilfe zur Erziehung notwendig sei, sei diese für alle Kinder und Jugendlichen – unabhängig davon, ob sie behindert seien und welche Art der Behinderung vorliegen – nach dem SGB VIII zu gewähren.
Am 11.06.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie verweist auf die Konkurrenzregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Danach gingen Leistungen der Eingliederungshilfe für körperlich oder geistig behinderte junge Menschen nach dem SGB XII solchen nach dem SGB VIII vor; der Schwerpunkt des Hilfebedarfs und –zwecks sei unerheblich; es komme allein auf den durch die Leistung zu deckenden Bedarf an. Die HE erhalte in der Pflegefamilie sowohl typische Leistungen nach Jugendhilferecht als auch nach Sozialhilferecht. Die permanenten, eine übliche Kinderbetreuung deutlich übersteigenden Hilfeleistungen gingen nicht allein auf die Erziehungsungeeignetheit der leiblichen Eltern zurück, sondern gründeten auch auf der merklichen körperlichen und geistigen Behinderung. Die HE sei schwer beeinträchtigt ("hilflos", Merkzeichen "H"), könne noch mit neun Jahren niemals alleine gelassen werden, benötige für alltägliche Verrichtungen Hilfestellungen, verfüge nur über einen geringen Wortschatz, könne nur von engsten Familienmitgliedern verstanden werden, sei nach wie vor nachts nicht trocken und besuche eine Schule für geistig Behinderte. Angesichts der Schwere der Behinderung stellten die Leistungen der Betreuung in der Pflegefamilie zumindest auch solche der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII dar; es genüge, dass zumindest nicht ausgeschlossen sei, dass die körperliche und/oder geistige Behinderung für die konkrete Maßnahme irgendwie bedeutsam sei. Die Klägerin hat eine Aufstellung der Pflegemutter vom 08.11.2013 über den Bedarf der HE und die Maßnahmen in der Pflegefamilie vorgelegt, desweiteren eine Stellungnahme der für die Pflegeeltern zuständigen Erziehungsstellenberaterin vom 08.04.2014. Sie hat ihre Aufwendungen, die sie von November 2010 bis Juni 2014 für den notwendigen Unterhalt der HE (Sachaufwand, Pflege und Erziehung), für einmalige Beihilfen (Weihnachts- und Ferienbeihilfen) sowie für Beratung und Unterstützung der Pflegeeltern erbracht hat, unter Abzug eines Kindergeldanteils mit 53.577,00 EUR beziffert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr die für die Zeit von November 2010 bis Juni 2014 erbrachten Aufwendungen für die Vollzeitpflege des Kindes T.N.C. in einer Pflegefamilie in Höhe von 53.577,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erkennt an, dass die HE zum Personenkreis der geistig und körperlich behinderten Menschen, die grundsätzlich Anspruch auf Eingliederungshilfe haben, gehört, dass ein behinderungsbedingter Eingliederungshilfebedarf nach dem SGB XII besteht und dass dieser auch von der Pflegefamilie gedeckt wird. Sie meint jedoch, dass die weitere Voraussetzung des § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht erfüllt sei: es sei weder festgestellt noch nachgewiesen, dass die Betreuung in der Pflegefamilie ursächlich für die Vermeidung eines Aufenthalts in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe (gewesen) sei und in einer solchen Einrichtung befriedigt werden könne. Wenn in der Herkunftsfamilie nicht erheblich erzieherische Defizite vorgeherrscht hätten, wäre ein Verbleib in der Herkunftsfamilie durchaus üblich und angebracht gewesen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass im Fall einer Eingliederungshilfeleistung nach Sozialhilferecht das Kindergeld vorrangig auf den materiellen Aufwand anzurechnen sei. Diese Aufwendungen für den Lebensunterhalt, ebenso die einmaligen Beihilfen und die Aufwendungen für Beratung und Unterstützung (Supervisionen) der Pflegepersonen seien jedoch keine Leistungen der Eingliederungshilfe. Dementsprechend sei der Kostenerstattungsanspruch, falls er dem Grunde nach bestehe, zu mindern. Die Beklagte errechnet einen allenfalls in Betracht kommenden Erstattungsbetrag für die Zeit von November 2010 bis Juni 2014 in Höhe von 18.000,00 EUR.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag; sie schließt sich der Rechtsauffassung der Klägerin an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die HE betreffenden Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Es handelt sich um eine statthafte (echte) Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin und die Beklagte stehen zueinander in einem Gleichordnungsverhältnis; ein Vorverfahren ist nicht notwendig und auch nicht durchgeführt worden.
Die Klage ist auch begründet.
1. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung ihrer seit dem 01.11.2010 nach dem SGB VIII erbrachten Leistungen der Jugendhilfe für die HE ergibt sich nicht aus § 102 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), da die Klägerin die Leistungen nicht vorläufig erbracht hat. Nach dem insoweit allein als Grundlage einer gesetzlichen Vorleistungspflicht in Betracht kommenden § 43 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) kann, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen; er hat vorläufige Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt. Die Vorschrift setzt einen negativen Kompetenzkonflikt voraus, der nicht besteht, wenn beide Leistungsträger gegenüber dem Hilfeempfänger gleichermaßen nicht nur vorläufig zur Leistung verpflichtet sind (BVerwG, Urteil vom 02.03.2006 – 5 C 15/05; Urteil vom 09.02.2012 – 5 C 3/11). Bei konkurrierenden Leistungsansprüchen aus den Gebieten der Jugendhilfe und der Sozialhilfe sind deren Träger dem Berechtigten gleichermaßen nicht nur vorläufig zu Leistungen verpflichtet (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 – 5 C 26/98; Urteil vom 02.03.2006 – 5 C 15/05; Urteil vom 09.02.2012 – 5 C 3/11). Derartige miteinander konkurrierende Leistungsansprüche der HE waren (und sind) hier gegeben. Die HE hat im Rahmen der Betreuung in der Pflegefamilie jedenfalls seit 01.11.2010 einerseits einen Anspruch gegenüber der Klägerin auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gem. §§ 27, 33, 39 SGB VIII (a), andererseits ein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 Abs. 3 SGB XII (b).
a) Nach § 27 Abs. 1 SGB VIII besteht bei der Erziehung eines Kindes Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII erbracht. Art und Umfang richten sich nach dem erzieherischen Bedarf des Kindes; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes einbezogen werden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VIII). § 33 SGB VIII eröffnet die Möglichkeit der Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie.
Da der leibliche Vater der HE erziehungsunfähig ist, die leibliche Mutter der HE zahlreiche Defizite der Erziehungskompetenz aufweist und die elterliche Sorge den leiblichen Eltern wegen Gefährdung des Kindeswohls entzogen und auf das Jugendamt übertragen worden ist, war die angemessene Versorgung und Erziehung in der Herkunftsfamilie nicht gewährleistet. Drei ältere Geschwister der HE waren bereits von den leiblichen Eltern getrennt untergebracht, der älteste (schwer geistig behinderte) Bruder in einer vollstationären Behinderteneinrichtung, die beiden anderen Brüder in Pflegefamilien. Die Unterbringung der HE in einer Pflegefamilie war daher eine zur Sicherstellung der dem Kindeswohl entsprechenden Erziehung geeignete und zweckmäßige jugendhilferechtliche Maßnahme. Dies wird auch von der Beklagten nicht bestritten.
b) Der Anspruch der HE auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen findet seine Grundlage in §§ 53, 54 Abs. 3 SGB XII. Die HE ist aufgrund ihrer körperlichen und geistigen Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt; sie gehört deshalb zum Kreis der Personen, die Anspruch auf Eingliederungshilfe haben. Sie erhält gem. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalles insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört u.a. insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 SGB XII). Neben den Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26, 33, 41 und 55 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und nach § 54 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 SGB XII ist gem. § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB XII die "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" eine eigenständige Leistung der Eingliederungshilfe, soweit eine geeignete Pflegeperson Kinder und Jugendliche über Tag und Nacht in ihrem Haushalt versorgt und dadurch der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden oder beendet werden kann. Mit diesem neuen mit Wirkung ab 05.08.2009 durch Art. 1 des "Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus" vom 30.07.2009 (BGBl. I S. 2495) eingeführten und aufgrund Art. 2 des Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetzes vom 29.08.2013 (BGBl. I S. 3464) vorläufig bis 31.12.2018 geltenden neuen Leistungstatbestand "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" wird nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sichergestellt, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch für die Betreuung körperlich und geistig behinderten Kinder und Jugendlichen in einer Pflegefamilie als – bevorzugte – Alternative zur Betreuung in vollstationären Einrichtungen gewährt werden (BT-Drucksache 16/13417, S. 6).
Die Teilhabeleistung der Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie lässt erwarten, dass gerade im Fall der HE nach Art und Schwere ihrer körperlichen und geistigen Behinderungen Aussicht bestand (und besteht), deren Folgen zu mildern und ihr so die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die HE ist nicht nur geistig (IQ von 47), sondern auch körperlich (Hör- und Sehminderung) behindert. Aufgrund der schriftlichen Darstellung der Pflegemutter vom 08.11.2013 und der Aussagen der Pflegeeltern als Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend belegt, dass die Unterbringung der HE eine geeignete und notwendige Maßnahme der Eingliederungshilfe war. Neben Hilfen bei den Verrichtungen der Grundpflege, für die sie Pflegegeld der Pflegestufe I nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) erhält, wird die HE in der Zeit, in der sie zuhause ist, permanent betreut. Montags bis donnerstags ist sie von 08.00 Uhr bis 16.00 Uhr, freitags von 08.00 Uhr bis 12.45 Uhr in der Schule für geistig Behinderte. In der übrigen Zeit ist sie im Pflegefamilienverband. Sie bedarf und erhält intensive Betreuung und Aufsicht. Sie kann nie allein gelassen werden. Sie hatte und hat erhebliche Defizite in den Bereichen Sprache, Verständigung, Kommunikation, Sozialverhalten, Selbstständigkeit, Feinmotorik und anderen mehr. Sie erhält in diesen Bereichen vielfältige und zeitintensive Betreuung, besonders durch die aufgrund ihrer Ausbildung als Erzieherin dazu fachlich besonders qualifizierte Pflegemutter. Ausweislich der Stellungnahme der Erziehungsstellenberaterin vom 08.04.2014 unterstützen die Pflegeeltern z.B. die Teilhabe der HE an einer Kindergruppe in einem Jugendheim; sie besuchen mit ihr kindgerechte kulturelle Angebote und gehen regelmäßig einmal pro Woche mit ihr schwimmen. Darüber hinaus haben die Pflegeeltern zur Verständigung mit der HE den Umgang mit einem so genannten "Talker" erlernt; mit Hilfe dieses Gerätes, auf das Sätze, Fragen, Wünsche aufgesprochen und durch die HE abgerufen werden können, kann sich diese sowohl in der Schule als auch zuhause ausdrücken. Die Kommunikation erfolge durch ein Gemisch der Lautsprache, des Talkers und Gebärden. Aufgrund des Dyspraxiesyndroms fällt der HE die Koordination ihrer Bewegungen sehr schwer; sie erhielt deshalb bereits Krankengymnastik. Da die Erkrankung nicht geheilt werden kann, sind auch hier tägliche Übungen im Alltag notwendig. Die Pflegeeltern sorgen für viel Bewegung und bauen alltägliche Übungen wie z.B. Schleife binden, immer wieder ein. Die Behinderung der HE stellt erhöhte Anforderungen insbesondere an die Pflegeeltern, die durch ihre Betreuung einen weit höheren Aufwand haben als mit einem nicht behinderten Kind. Gerade das Leben in der Familiengemeinschaft ermöglicht der HE, auch in anderen sozialen Bezügen zurecht zu kommen und sich so nach und nach in die Gesellschaft einzugliedern.
Auch die weiteren Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs nach § 54 Abs. 3 SGB XII waren (und sind) jedenfalls seit 01.11.2010 erfüllt.
Durch die Betreuung in der Pflegefamilie wurde und wird der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden. Wegen der Erziehungsunfähigkeit bzw. den Erziehungsdefiziten war und ist eine Rückkehr zu den Eltern nicht möglich. Von der Beklagten wird lediglich behauptet, ist aber durch nichts untermauert und auch nicht ersichtlich, dass die HE außerhalb der Pflegefamilie nicht vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe unterzubringen wäre. Im Gegenteil: Auf ausdrückliches Befragen hat die Pflegemutter in der mündlichen Verhandlung überzeugend erklärt, dass die vollstationäre Unterbringung der HE in einem Heim die einzige Alternative wäre, wenn sie nicht in der Pflegefamilie untergebracht wäre. Die Pflegemutter hat auch begründet, dass die alternative Unterbringung nur in einem Heim für Behinderte denkbar wäre. Die HE habe mit gleichaltrigen gesunden Kindern wenig gemein; sie käme mit ihnen in einem Heim für gesunde Kinder nicht zurecht; dies liege in ihrer erheblichen geistigen und körperlichen Behinderung begründet. Wenn die HE nicht in der Pflegefamilie wäre, müsste sie – so die Pflegemutter – in einem Heim für geistig Behinderte untergebracht werden. Das Gesetz verlangt in § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in dieser Hinsicht lediglich, dass der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden (oder beendet) werden kann. Es genügt also, dass aufgrund einer Prognose die Möglichkeit besteht, dass durch die Pflege in der Familie der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung "abstrakt" verhindert oder vermieden wird (vgl. hierzu auch: VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 09.04.2014 – B 3 K 13.766). Daran, dass diese Vermeidungsmöglichkeit im Fall der HE bestanden hat und besteht, gibt es für die Kammer aufgrund der ihr bekannt gewordenen Umstände über die erheblichen Behinderungen der HE keine ernsthaften Zweifel.
Auch das Erfordernis einer Pflegeerlaubnis nach § 44 SGB VIII (vgl. § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) ist erfüllt. Zwar sind die Pflegeeltern, speziell die hauptsächlich die HE betreuende Pflegemutter nicht im Besitz einer (förmlichen) Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Der Grund dafür ist jedoch, dass sie einer solchen Erlaubnis nicht bedürfen, weil sie die HE im Rahmen der Hilfe zur Erziehung bzw. von Eingliederungshilfe aufgrund einer Vermittlung des Jugendamtes über Tag und Nacht aufgenommen haben (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII). Dadurch haben sie die für eine (förmliche) Erlaubnis notwendige Qualifikation nachgewiesen. Im Übrigen haben sie die Ausbildung für Erziehungsstellen und diverse Fortbildungen erhalten. Damit ist dem Erfordernis des § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB XII genügt.
Sachlich zuständig für die Leistung der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 3 SGB XII zugunsten der minderjährigen HE ist die Beklagte als örtlicher Träger der Sozialhilfe. Bei der Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie handelt es sich weder um eine stationäre noch eine teilstationäre Leistung in einer Einrichtung (vgl. § 97 SGB XII i.V.m. dem Nordrhein-Westfälischen Landesausführungsgesetz zum SGB XII und § 2 Nr. 1 der Ausführungsverordnung-NRW zum SGB XII).
2. Bestanden (und bestehen) somit Leistungspflichten (mindestens) zweier Leistungsträger nebeneinander, hier: der Klägerin nach dem SGB VIII und der Beklagten nach dem SGB XII, so ergibt sich der Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten aus § 104 Abs. 1 SGB X. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger soziale Leistungen erbracht hat, grundsätzlich der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte. Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist ein Leistungsträger nachrangig verpflichtet, soweit er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet wäre. Die Leistungspflichten nach dem SGB VIII und nach dem SGB XII stehen in einem Konkurrenzverhältnis dergestalt, dass die Leistungen nach dem Jugendhilferecht des SGB VIII den Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII nachrangig sind. Dies folgt aus § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Dieser kehrt die Regel des § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, dass die Leistungen nach dem SGB VIII den Leistungen nach dem SGB XII vorgehen, um und bestimmt, dass Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für junge Menschen, die – wie die HE – körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach dem SGB VIII vorgehen.
a) Die Konkurrenzregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII setzt – ungeschrieben – voraus, dass die Leistungen der Jugendhilfe und der Sozialhilfe gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 – 5 C 26/98, Urteil vom 02.03.2006 – 5 C 15/05, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12; LSG NRW, Urteil vom 28.01.2013 – L 20 SO 170/11, Urteil vom 14.02.2011 – L 20 SO 110/08). Das Vorrang-Nachrang-Verhältnis des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ist nicht nach dem Schwerpunkt der Leistung, sondern allein nach der Art mit einer Jugendhilfeleistung konkurrierenden Sozialhilfeleistung abzugrenzen. Der Leistungsvorrang des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist daher auf die Eingliederungshilfe für körperlich oder geistig behinderte junge Menschen beschränkt (BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12 m.w.N.). Er setzt nicht voraus, dass der Anspruch auf Eingliederungshilfe gerade wegen der körperlichen und/oder geistigen Behinderung besteht. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Schwerpunkt des Hilfebedarfs bzw. –zwecks im Bereich einer dieser Behinderungen liegt oder eine von ihnen für die konkrete Maßnahme ursächlich ist (BVerwG, Urteil vom 09.02.2012 – 5 C 3/11; LSG NRW, Urteil vom 10.10.2012 – L 12 SO 621/10 m.w.N.).
Die Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nach dem SGB VIII und die Eingliederungshilfe in Form der Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie nach dem SGB XII sind nach ihrem Zweck gleichartig. Gleichartigkeit liegt vor, wenn die Gewährung der Sozialleistung durch den nachrangig verpflichteten Träger zugleich die Leistungspflicht des vorrangig verpflichteten Trägers erfüllt hat. Dies ist hier der Fall. Die Unterbringung und Betreuung der HE in der Pflegefamilie war im streitbefangenen Zeitraum auf die Deckung des gesamten, sich aus den verschiedenen Behinderungen und Defiziten des Kindes ergebenden Bedarfs gerichtet. Die Pflegeeltern haben nicht nur den erzieherischen Bedarf gedeckt, sondern sind – wie oben ausgeführt – auch auf die geistigen und körperlichen Behinderungen der HE eingegangen.
b) Der Gleichartigkeit der Leistungen widerspricht nicht, dass im Sozialhilferecht – anders als im Jugendhilferecht in § 39 (oder auch § 37) SGB VIII – der Umfang der eingliederungsrechtlichen Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie nicht normiert ist. Diese Regelungslücke stellt sich als planwidrig dar. Dem Regelungszweck der Eingliederungshilfe, speziell der Hilfe für die Betreuung in Pflegefamilien gem. § 54 Abs. 3 SGB XII, entspricht es, die Regelungslücke durch eine analoge Anwendung der jugendhilferechtlichen Regelung des § 39 SGB VIII zu schließen. Ein solcher Analogieschluss ist mit Blick auf den Zweck der Hilfegewährung und die Interessenlage angezeigt. Der entsprechenden Anwendung des § 39 SGB VIII auf die sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe gem. § 54 Abs. 3 SGB XII steht nicht entgegen, dass es sich bei Jugendhilfe und Sozialhilfe um zwei sozialrechtliche Hilfesysteme mit unterschiedlichen Aufgaben und Rechtsfolgen handelt. Denn diesen Strukturunterschieden kommt bei der Betreuung behinderter Kinder im Rahmen der Familienpflege keine entscheidende Bedeutung zu (BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12).
c) Die planwidrige durch analoge Anwendung des § 39 SGB VIII zu schließende Lücke gilt nicht nur in Bezug auf die fehlende Regelung der Pflege und Erziehung (BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12), sondern auch hinsichtlich der – vom BVerwG (a.a.O.) nicht entschiedenen – Aufwendungen für den Lebensunterhalt, das ist der Sachaufwand bzw. materielle Aufwand (VG Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014 – 13 A 4895/12). Den insoweit differenzierenden Urteilen des BVerwG vom 02.03.2006 (5 C 15/05) und des OVG NRW vom 03.09.2012 (12 A 1514/10) lag eine Rechtslage zugrunde, die es heute nicht mehr gibt. Erst seit 05.08.2009 sieht der neue § 54 Abs. 3 SGB XII vor, dass Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie auch Eingliederungshilfe ist. Diese Vorschrift gilt nicht nur für Neufälle, in denen die Hilfe erst nach dem 04.08.2009 einsetzt, sondern auch für schon vor dem 05.08.2009 begonnene und weiter laufende Hilfefälle, allerdings erst mit Wirkung ab dem 05.08.2009 (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.12.2012 – L 8 SO 20/09). § 54 Abs. 3 SGB XII ist eine weitgefasste Anspruchsnorm, aufgrund deren der Träger der Sozialhilfe zu allen Leistungen verpflichtet ist, deren das behinderte Kind bzw. der Jugendliche im Rahmen der Betreuung in einer Pflegefamilie bedarf (VG Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014 – 13 A 4895/12; ebenso: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.12.2012 – L 8 SO 20/09; SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 29.08.2013 – S 30 SO 179/12). Eine Aufspaltung der verschiedenen Kostenpositionen auf mehrere verschiedene Leistungsträger entspräche nicht der Interessenlage.
aa) § 39 SGB VIII bestimmt in Abs. 1, dass bei u.a. Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) und Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII) auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen sicherzustellen ist; dieser umfasst die Kosten für den Sachaufwand (materielle Aufwendungen) sowie die Kosten für die Pflege und Erziehung des Kindes. § 39 Abs. 3 SGB VIII ermöglicht die Gewährung einmaliger Beihilfe oder Zuschüsse (wie z.B. Weihnachts- und Ferienbeihilfen); in den Abs. 4 und 5 findet sich die Rechtsgrundlage für die landes- bzw. kommunalrechtlich festzusetzenden Pauschalbeträge; Abs. 6 bestimmt, in welchem Umfang der bei der Pflegeperson berücksichtigte Familienleistungsausgleich nach § 31 Einkommensteuergesetz (Kindergeld) anzurechnen ist. Eine entsprechende Anwendung des § 39 SGB VIII auf den Anspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII nur hinsichtlich der Kosten für die Pflege und Erziehung des Kindes und nicht auch bezüglich der anderen Kostenpostionen würde dazu führen, dass sich die Personensorgeberechtigten/Pflegeeltern bei der Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie grundsätzlich mit zwei Leistungsträgern, möglicherweise – bei einer Delegation von Leistungspflichten des örtlichen Trägers der Sozialhilfe auf die untergeordneten Kommunen – sogar drei Leistungsträgern auseinandersetzen müssten. Wären die Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" gem. § 54 Abs. 3 SGB XII niedriger als die (gleichartigen) Leistungen nach dem SGB VIII, läge es nahe, dass die Hilfesuchenden zuerst und ausschließlich Leistungen nach dem SGB VIII bei dem – ggf. nachrangig verpflichteten – Jugendhilfeträger beantragen. Denn solange die beantragte Hilfe aussteht, können die Hilfesuchenden frei entscheiden, welche Leistungen und welchen Leistungsträger sie in Anspruch nehmen (VG Oldenburg, Urteil vom 27.05.2014 – 13 A 476/13 m.w.N.). Eine solche – verständliche – Vorgehensweise widerspräche aber dem Zweck des Gesetzes.
bb) Die Regelungslücke hinsichtlich des Umfangs der Eingliederungshilfeleistungen gem. § 54 Abs. 3 SGB XII ist daher insgesamt durch eine analoge Anwendung der jugendhilferechtlichen Regelungen des § 39 SGB VIII zu schließen (ebenso: VG Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014 – 13 A 4895/12). Da die finanzielle Sicherstellung des Lebensunterhalts des Kindes außerhalb des Elternhauses keine selbstständige Aufgabe der Jugendhilfe, sondern eine Annexleistung im Rahmen der Hilfe zur Erziehung bei Vollzeitpflege ist (BVerwG, Beschluss vom 24.09.2007 – 5 B 154/07), teilt der Unterhaltsanspruch das Schicksal des Hauptanspruchs. Da der Gesetzgeber bei der Einführung des § 54 Abs. 3 SGB XII nicht geregelt hat, welche Haupt- oder Nebenleistungen Bestandteil der neuen Eingliederungshilfeleistung sind, führt der analoge Rückgriff auf § 39 SGB VIII dazu, dass der Anspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII auch die Kosten für den Lebensunterhalt und die einmaligen Beihilfen erfasst (so auch: SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 29.08.2013 – S 30 SO 179/12). Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichstellung der Hilfen für die Betreuung von seelisch und geistig/körperlich behinderten Kindern in Pflegefamilien (vgl. BT-Drucksache 16/13417, S. 6) wird nur erreicht, wenn auch die Eingliederungshilfe mit allen erforderlichen Leistungen "aus einer Hand" gewährt wird.
cc) Darüber hinaus gehört zu den Leistungen der Eingliederungshilfe des § 54 Abs. 3 SGB XII in analoger Anwendung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auch die Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen (z.B. Supervision). Denn wenn ein Anspruch auf Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie als Eingliederungshilfe besteht, umfasst dieser als vollumfänglicher Leistungsanspruch naheliegenderweise auch die notwendige Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen (vgl. insoweit das Gutachten G 2/13 des "Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V." vom 18.12.2013 unter Ziffer 5).
dd) Diese Auslegung im Sinne einer analogen Anwendung der nach Jugendhilferecht zu gewährenden Leistungen auf den Eingliederungshilfeanspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII wird auch der Regelung des § 104 Abs. 3 SGB X gerecht. Nach dieser Vorschrift richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften, hier also nach den für die Beklagte geltenden Sozialhilferegelungen. Da solche aber – wie dargelegt – für die neue Eingliederungshilfeleistung "Hilfe für die Betreuung in Pflegefamilien" nach § 54 Abs. 3 SGB XII fehlen und die Regelungslücke durch analoge Anwendung der Jugendhilfevorschriften zu schließen ist, entspricht der Umfang des Erstattungsanspruchs der Klägerin dem Umfang der von ihr erbrachten Aufwendungen. Dementsprechend richtet sich auch die Anrechnung von Kindergeld (vgl. § 39 Abs. 6 SGB VIII) und Pflegegeld (nach dem SGB XI) nach den Bestimmungen und Maßstäben des SGB VIII.
d) Der Bezug von monatlichem Pflegegeld gem. § 37 SGB XI nach der Pflegestufe I in Höhe von 225,00 EUR bis Dezember 2011, 235,00 EUR von Januar bis Dezember 2012 und 305,00 EUR ab Januar 2013 mindert die Leistungen zur Pflege und Erziehung nach § 39 Abs. 1 und 4 SGB VIII im Fall der HE nicht. Der Pflegebegriff des SGB XI ist ein anderer als der des SGB VIII. Das Pflegegeld nach dem SGB XI deckt einen anderen Bedarf als den Pflege- und Erziehungsbedarf nach dem SGB VIII (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.05.2013 – 6 B 31/12; VGH München, Beschluss vom 30.10.2013 – 12 ZB 11.782). Die Leistungen der Pflegeversicherung haben keinen abschließenden Charakter. Mit ihnen wird keine Vollversorgung des Pflegebedürftigen erreicht, da die soziale Pflegeversicherung (nur) eine soziale Grundsicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen in den Bereichen Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) und hauswirtschaftlicher Versorgung darstellt (VGH München, Beschluss vom 30.10.2013 – 12 ZB 11.782). Bei der HE bestand ausweislich des Pflegegutachtens vom 22.08.2007 damals ein Grundpflegebedarf von 66 Minuten pro Tag; dadurch waren Leistungen nach Pflegestufe I begründet. Nach den nachvollziehbaren schriftlichen Darlegungen der Pflegeeltern und ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung tritt dieser Pflegeaufwand nach dem SGB XI hinter dem erzieherischen Pflegeaufwand nach dem SGB VIII weit zurück. Die bei der HE bestehenden geistigen und körperlichen Entwicklungsstörungen begründen einen über den Normalfall hinausgehenden Sonderbedarf nach dem SGB VIII insbesondere deshalb, weil auf Seiten der Pflegeeltern ein erheblicher erzieherischer und eingliederungshelfender Mehraufwand sowohl in zeitlicher als auch in emotionaler Hinsicht besteht. Dem wird (allein) durch das erhöhte Pflegegeld nach § 39 Abs. 4 Satz 3 SGB VIII Rechnung getragen, während das Pflegegeld nach dem SGB XI den darüber hinaus gehenden Pflegebedarf – kaum angemessen – deckt.
Gem. §§ 37 Abs. 2, 39 SGB VIII und dem aufgrund von § 39 Abs. 5 SGB VIII für Nordrhein-Westfalen erlassenen Runderlass des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 10.10.2000 (SMBl. NRW 2160), geändert für die Zeit ab 01.01.2009 durch Runderlass vom 06.02.2009, ab 01.05.2012 durch Runderlass vom 11.04.2012, ab 01.09.2013 durch Runderlass vom 13.08.2013 und ab 01.01.2014 durch Runderlass vom 28.11.2013, in Verbindung mit der Anlage 2 der "Richtlinien über die finanzielle Ausgestaltung von Leistungen und anderen Aufgaben der Jugendhilfe" der Klägerin hat diese im streitbefangenen Zeitraum für die Betreuung der HE in der Pflegefamilie rechtmäßig Aufwendungen (1) für den notwendigen Unterhalt (§ 39 Abs. 1 SGB VIII) - für den Sachaufwand (materielle Aufwendungen) für die (Vollzeit-)Pflege und Erziehung in Höhe des 3-fachen des durch ministeriellen Runderlass festgesetzten Pauschalbetrages abzüglich des anteiligen Betrages (Kindergeld) gem. § 39 Abs. 6 SGB VIII (2) für einmalige Beihilfen (§ 39 Abs. 3 SGB VIII) (3) für Betreuung und Beratung (§ 37 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII) erbracht.
Im streitigen Zeitraum von November 2010 bis Juni 2012 betrugen die entsprechenden Kosten (1) für den notwendigen Unterhalt 50.117,00 EUR - Sachaufwand (Materielle Aufwendungen) von 11/2010 bis 11/2011 monatlich 458,00 EUR (x 13) 5.954,00 EUR von 12/2011 bis 04/2012 monatlich 525,00 EUR (x 5) 2.625 00 EUR von 05/2012 bis 08/2013 monatlich 535,00 EUR (x 16) 8.560,00 EUR von 09/2013 bis 12/2013 monatlich 547,00 EUR (x 4) 2.188,00 EUR von 01/2014 bis 06/2014 monatlich 559,00 EUR (x 6) 3.354,00 EUR - Pflege und Erziehung (3-facher Satz) von 11/2010 bis 04/2012 monatlich 657,00 EUR (x 18) 11.826,00 EUR von 05/2012 bis 04/2013 monatlich 669,00 EUR (x 16) 10.704,00 EUR von 09/2013 bis 12/2013 monatlich 684,00 EUR (x 4) 2.736,00 EUR von 01/2014 bis 06/2014 monatlich 699,00 EUR (x 6) 4.194,00 EUR abzüglich anteiligem Kindergeld (1/4) monatlich 46,00 EUR (x 44) - 2.024,00 EUR 50.117,00 EUR
(2) für einmalige Bedarfe 528,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2010 33,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2011 35,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2012 35,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2013 35,00 EUR - Ferienbeihilfe 2011 130,00 EUR - Ferienbeihilfe 2012 130,00 EUR - Ferienbeihilfe 2013 130,00 EUR 528,00 EUR
(3) für Beratung und Unterstützung 2.932,00 EUR - in 2011 650,00 EUR - in 2012 520,00 EUR - in 2013 1.330,00 EUR - in 2014 432,00 EUR 2.932,00 EUR
Summe (1) bis (3) 53.577,00 EUR
Diese Kosten hat die Beklagte der Klägerin zu erstatten.
3. Abschließend weist die Kammer auf Folgendes hin: Die Einführung des § 54 Abs. 3 SGB XII ist keineswegs mit der Intention erfolgt, alle Fälle von Kindern mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung, die in Pflegefamilien betreut werden, in die Zuständigkeit der Sozialhilfeträger zu überführen. Diese Auffassung unterstellt die Beklagte allerdings ihren regionsangehörigen Jugendhilfeträgern (vgl. Schreiben der Beklagten an den Landkreistag vom 28.12.2011). Nur dann, wenn – wie im vorliegenden Fall der HE – ein sozialhilferechtlicher Eingliederungshilfebedarf eines geistig und/oder körperlich behinderten Kindes gem. § 54 Abs. 3 SSGB XII tatsächlich besteht und die weiteren Leistungsvoraussetzungen dieses neuen Leistungstatbestandes erfüllt sind, begründet die Konkurrenzregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII eine vorrangige Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers zur "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" als Eingliederungshilfe. Dass dieser sozialhilferechtliche Eingliederungshilfebedarf sehr häufig vorkommen kann und bei geistig und/oder körperlich behinderten Kindern der vorrangige Anspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII eher die Regel als die Ausnahme ist, liegt allerdings auf der Hand und entspricht dann aber auch durchaus der Absicht des Gesetzgebers. Denn in der Gesetzesbegründung zu § 54 Abs. 3 SGB XII heißt es (BT-Drucksache 16/13417, S. 6):"Der neue Leistungstatbestand "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" stellt sicher, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch für die Betreuung körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher in einer Pflegefamilie gewährt werden. Damit wird erreicht, dass auch diese Möglichkeit als Alternative zur vollstationären Betreuung in Anspruch genommen wird, wenn dies dem Wohle des Kindes dient. Außerdem wird eine Gleichbehandlung mit seelisch behinderten Kindern und Jugendlichen erreicht." Der Gesetzgeber hat erkannt, dass das SGB XII – anders als das SGB VIII – keine Regelung über die Vollzeitpflege in Pflegefamilien enthalten hatte. Dies führte in der Praxis dazu, "dass seelisch behinderte Kinder oftmals in Pflegefamilien aufgenommen werden, während körperlich und geistig behinderte Kinder in der Regel in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe betreut werden." (BT-Drucksache 16/13417, S. 6). Diesen Missstand wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des neuen Leistungstatbestandes der Eingliederungshilfe in Form der "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" zugunsten der geistig und/oder körperlich behinderten Kinder beseitigen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
5. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Tatbestand:
Die Klägerin als Jugendhilfeträger begehrt von der Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe Erstattung der Kosten, die seit 01.11.2010 für die Unterbringung eines geistig und körperlich behinderten Kindes in einer Pflegefamilie angefallen sind, konkret bis Juni 2014: 53.577,00 EUR.
Die am 00.00.0000 geborene T.N.C. (im Folgenden: Hilfeempfängerin/HE) ist körperlich und geistig behindert, erheblich pflegebedürftig mit entsprechenden Leistungen der Pflegekasse nach Pflegestufe I und als Schwerbehinderte anerkannt nach einem Grad der Behinderung von 100 (Merkzeichen G, B, H). Sie leidet u.a. an einer beidseitigen Schwerhörigkeit, die durch Hörgeräte nur unvollständig ausgeglichen ist, einem Sehfehler, einem Dyspraxiesyndrom und einer starken kognitiven Entwicklungsverzögerung. Im Januar 2010 wurde bei ihr ein Intelligenzquotient (IQ) von 47 festgestellt.
Im Januar 2008 wurde den leiblichen Eltern der HE wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen und auf das Jugendamt der Beigeladenen als Vormund übertragen (Beschlüsse des Amtsgerichts Aachen vom 27.01.2008 und 03.04.2009 – 220 F 40/08 EASO). Der Grund hierfür waren eine festgestellte Erziehungsunfähigkeit des – wegen Kindesmisshandlung bereits vorbestraften – Vaters und zahlreiche Defizite der Erziehungskompetenz der Mutter.
Seit dem 29.01.2008 ist die HE in einer Pflegefamilie untergebracht. Sie wird über Tag und Nacht im Haushalt ihrer Pflegeeltern versorgt; die Pflegemutter ist ausgebildete Erzieherin. Die Pflegeeltern haben keine Erlaubnis nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII); sie bedürfen einer solchen Erlaubnis nicht, weil sie Kinder im Rahmen von Hilfe zur Erziehung/Eingliederungshilfe aufgrund einer Vermittlung durch das Jugendamt über Tag und Nacht aufgenommen haben (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII). Der Verbleib in der Pflegefamilie ist auf Dauer angelegt. Von den Jugendhilfeträgern wurde und wird Hilfe zur Erziehung durch Unterbringung in einer Erziehungsstelle in Vollzeitpflege gem. §§ 27, 33 SGB VIII erbracht. Seit 29.01.2008 von der Beigeladenen, seit 29.01.2010 aufgrund Zuständigkeitswechsels nach § 86 Abs. 6 SGB VIII von der Klägerin. Nach dem Kindergarten besucht die HE inzwischen die Schule für geistig Behinderte in I ...
Mit Schreiben vom 18.10.2012 beantragte die Klägerin sowohl gegenüber dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) als auch gegenüber der Beklagten u.a. die Erstattung ihrer seit 01.11.2010 angefallenen Kosten für die Betreuung der HE in einer Pflegefamilie.
Am 03.11.2010 lehnte der LVR den Antrag mangels Zuständigkeit ab. Er verwies darauf, die Betreuung in Pflegefamilien gem. § 54 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei keine vollstationäre, sondern eine ambulante Leistung, für die der örtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig sei.
Mit Schreiben vom 24.06.2011 und 31.10.2012 lehnte auch die Beklagte den Kostenerstattungsantrag ab. Sie nahm auf einen Erlass des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 12.07.2010 und ein Rundschreiben des Landkreistages NRW vom 14.10.2010 Bezug; in diesen sei klar gestellt worden, dass der neue Tatbestand des § 54 Abs. 3 SGB XII keine Auswirkungen auf das geltende Recht der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII habe. Soweit Hilfe zur Erziehung notwendig sei, sei diese für alle Kinder und Jugendlichen – unabhängig davon, ob sie behindert seien und welche Art der Behinderung vorliegen – nach dem SGB VIII zu gewähren.
Am 11.06.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie verweist auf die Konkurrenzregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Danach gingen Leistungen der Eingliederungshilfe für körperlich oder geistig behinderte junge Menschen nach dem SGB XII solchen nach dem SGB VIII vor; der Schwerpunkt des Hilfebedarfs und –zwecks sei unerheblich; es komme allein auf den durch die Leistung zu deckenden Bedarf an. Die HE erhalte in der Pflegefamilie sowohl typische Leistungen nach Jugendhilferecht als auch nach Sozialhilferecht. Die permanenten, eine übliche Kinderbetreuung deutlich übersteigenden Hilfeleistungen gingen nicht allein auf die Erziehungsungeeignetheit der leiblichen Eltern zurück, sondern gründeten auch auf der merklichen körperlichen und geistigen Behinderung. Die HE sei schwer beeinträchtigt ("hilflos", Merkzeichen "H"), könne noch mit neun Jahren niemals alleine gelassen werden, benötige für alltägliche Verrichtungen Hilfestellungen, verfüge nur über einen geringen Wortschatz, könne nur von engsten Familienmitgliedern verstanden werden, sei nach wie vor nachts nicht trocken und besuche eine Schule für geistig Behinderte. Angesichts der Schwere der Behinderung stellten die Leistungen der Betreuung in der Pflegefamilie zumindest auch solche der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII dar; es genüge, dass zumindest nicht ausgeschlossen sei, dass die körperliche und/oder geistige Behinderung für die konkrete Maßnahme irgendwie bedeutsam sei. Die Klägerin hat eine Aufstellung der Pflegemutter vom 08.11.2013 über den Bedarf der HE und die Maßnahmen in der Pflegefamilie vorgelegt, desweiteren eine Stellungnahme der für die Pflegeeltern zuständigen Erziehungsstellenberaterin vom 08.04.2014. Sie hat ihre Aufwendungen, die sie von November 2010 bis Juni 2014 für den notwendigen Unterhalt der HE (Sachaufwand, Pflege und Erziehung), für einmalige Beihilfen (Weihnachts- und Ferienbeihilfen) sowie für Beratung und Unterstützung der Pflegeeltern erbracht hat, unter Abzug eines Kindergeldanteils mit 53.577,00 EUR beziffert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr die für die Zeit von November 2010 bis Juni 2014 erbrachten Aufwendungen für die Vollzeitpflege des Kindes T.N.C. in einer Pflegefamilie in Höhe von 53.577,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erkennt an, dass die HE zum Personenkreis der geistig und körperlich behinderten Menschen, die grundsätzlich Anspruch auf Eingliederungshilfe haben, gehört, dass ein behinderungsbedingter Eingliederungshilfebedarf nach dem SGB XII besteht und dass dieser auch von der Pflegefamilie gedeckt wird. Sie meint jedoch, dass die weitere Voraussetzung des § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht erfüllt sei: es sei weder festgestellt noch nachgewiesen, dass die Betreuung in der Pflegefamilie ursächlich für die Vermeidung eines Aufenthalts in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe (gewesen) sei und in einer solchen Einrichtung befriedigt werden könne. Wenn in der Herkunftsfamilie nicht erheblich erzieherische Defizite vorgeherrscht hätten, wäre ein Verbleib in der Herkunftsfamilie durchaus üblich und angebracht gewesen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass im Fall einer Eingliederungshilfeleistung nach Sozialhilferecht das Kindergeld vorrangig auf den materiellen Aufwand anzurechnen sei. Diese Aufwendungen für den Lebensunterhalt, ebenso die einmaligen Beihilfen und die Aufwendungen für Beratung und Unterstützung (Supervisionen) der Pflegepersonen seien jedoch keine Leistungen der Eingliederungshilfe. Dementsprechend sei der Kostenerstattungsanspruch, falls er dem Grunde nach bestehe, zu mindern. Die Beklagte errechnet einen allenfalls in Betracht kommenden Erstattungsbetrag für die Zeit von November 2010 bis Juni 2014 in Höhe von 18.000,00 EUR.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag; sie schließt sich der Rechtsauffassung der Klägerin an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die HE betreffenden Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Es handelt sich um eine statthafte (echte) Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin und die Beklagte stehen zueinander in einem Gleichordnungsverhältnis; ein Vorverfahren ist nicht notwendig und auch nicht durchgeführt worden.
Die Klage ist auch begründet.
1. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung ihrer seit dem 01.11.2010 nach dem SGB VIII erbrachten Leistungen der Jugendhilfe für die HE ergibt sich nicht aus § 102 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), da die Klägerin die Leistungen nicht vorläufig erbracht hat. Nach dem insoweit allein als Grundlage einer gesetzlichen Vorleistungspflicht in Betracht kommenden § 43 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) kann, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen; er hat vorläufige Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt. Die Vorschrift setzt einen negativen Kompetenzkonflikt voraus, der nicht besteht, wenn beide Leistungsträger gegenüber dem Hilfeempfänger gleichermaßen nicht nur vorläufig zur Leistung verpflichtet sind (BVerwG, Urteil vom 02.03.2006 – 5 C 15/05; Urteil vom 09.02.2012 – 5 C 3/11). Bei konkurrierenden Leistungsansprüchen aus den Gebieten der Jugendhilfe und der Sozialhilfe sind deren Träger dem Berechtigten gleichermaßen nicht nur vorläufig zu Leistungen verpflichtet (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 – 5 C 26/98; Urteil vom 02.03.2006 – 5 C 15/05; Urteil vom 09.02.2012 – 5 C 3/11). Derartige miteinander konkurrierende Leistungsansprüche der HE waren (und sind) hier gegeben. Die HE hat im Rahmen der Betreuung in der Pflegefamilie jedenfalls seit 01.11.2010 einerseits einen Anspruch gegenüber der Klägerin auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gem. §§ 27, 33, 39 SGB VIII (a), andererseits ein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 Abs. 3 SGB XII (b).
a) Nach § 27 Abs. 1 SGB VIII besteht bei der Erziehung eines Kindes Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII erbracht. Art und Umfang richten sich nach dem erzieherischen Bedarf des Kindes; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes einbezogen werden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VIII). § 33 SGB VIII eröffnet die Möglichkeit der Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie.
Da der leibliche Vater der HE erziehungsunfähig ist, die leibliche Mutter der HE zahlreiche Defizite der Erziehungskompetenz aufweist und die elterliche Sorge den leiblichen Eltern wegen Gefährdung des Kindeswohls entzogen und auf das Jugendamt übertragen worden ist, war die angemessene Versorgung und Erziehung in der Herkunftsfamilie nicht gewährleistet. Drei ältere Geschwister der HE waren bereits von den leiblichen Eltern getrennt untergebracht, der älteste (schwer geistig behinderte) Bruder in einer vollstationären Behinderteneinrichtung, die beiden anderen Brüder in Pflegefamilien. Die Unterbringung der HE in einer Pflegefamilie war daher eine zur Sicherstellung der dem Kindeswohl entsprechenden Erziehung geeignete und zweckmäßige jugendhilferechtliche Maßnahme. Dies wird auch von der Beklagten nicht bestritten.
b) Der Anspruch der HE auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen findet seine Grundlage in §§ 53, 54 Abs. 3 SGB XII. Die HE ist aufgrund ihrer körperlichen und geistigen Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt; sie gehört deshalb zum Kreis der Personen, die Anspruch auf Eingliederungshilfe haben. Sie erhält gem. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalles insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört u.a. insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 SGB XII). Neben den Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26, 33, 41 und 55 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und nach § 54 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 SGB XII ist gem. § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB XII die "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" eine eigenständige Leistung der Eingliederungshilfe, soweit eine geeignete Pflegeperson Kinder und Jugendliche über Tag und Nacht in ihrem Haushalt versorgt und dadurch der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden oder beendet werden kann. Mit diesem neuen mit Wirkung ab 05.08.2009 durch Art. 1 des "Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus" vom 30.07.2009 (BGBl. I S. 2495) eingeführten und aufgrund Art. 2 des Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetzes vom 29.08.2013 (BGBl. I S. 3464) vorläufig bis 31.12.2018 geltenden neuen Leistungstatbestand "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" wird nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sichergestellt, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch für die Betreuung körperlich und geistig behinderten Kinder und Jugendlichen in einer Pflegefamilie als – bevorzugte – Alternative zur Betreuung in vollstationären Einrichtungen gewährt werden (BT-Drucksache 16/13417, S. 6).
Die Teilhabeleistung der Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie lässt erwarten, dass gerade im Fall der HE nach Art und Schwere ihrer körperlichen und geistigen Behinderungen Aussicht bestand (und besteht), deren Folgen zu mildern und ihr so die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die HE ist nicht nur geistig (IQ von 47), sondern auch körperlich (Hör- und Sehminderung) behindert. Aufgrund der schriftlichen Darstellung der Pflegemutter vom 08.11.2013 und der Aussagen der Pflegeeltern als Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend belegt, dass die Unterbringung der HE eine geeignete und notwendige Maßnahme der Eingliederungshilfe war. Neben Hilfen bei den Verrichtungen der Grundpflege, für die sie Pflegegeld der Pflegestufe I nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) erhält, wird die HE in der Zeit, in der sie zuhause ist, permanent betreut. Montags bis donnerstags ist sie von 08.00 Uhr bis 16.00 Uhr, freitags von 08.00 Uhr bis 12.45 Uhr in der Schule für geistig Behinderte. In der übrigen Zeit ist sie im Pflegefamilienverband. Sie bedarf und erhält intensive Betreuung und Aufsicht. Sie kann nie allein gelassen werden. Sie hatte und hat erhebliche Defizite in den Bereichen Sprache, Verständigung, Kommunikation, Sozialverhalten, Selbstständigkeit, Feinmotorik und anderen mehr. Sie erhält in diesen Bereichen vielfältige und zeitintensive Betreuung, besonders durch die aufgrund ihrer Ausbildung als Erzieherin dazu fachlich besonders qualifizierte Pflegemutter. Ausweislich der Stellungnahme der Erziehungsstellenberaterin vom 08.04.2014 unterstützen die Pflegeeltern z.B. die Teilhabe der HE an einer Kindergruppe in einem Jugendheim; sie besuchen mit ihr kindgerechte kulturelle Angebote und gehen regelmäßig einmal pro Woche mit ihr schwimmen. Darüber hinaus haben die Pflegeeltern zur Verständigung mit der HE den Umgang mit einem so genannten "Talker" erlernt; mit Hilfe dieses Gerätes, auf das Sätze, Fragen, Wünsche aufgesprochen und durch die HE abgerufen werden können, kann sich diese sowohl in der Schule als auch zuhause ausdrücken. Die Kommunikation erfolge durch ein Gemisch der Lautsprache, des Talkers und Gebärden. Aufgrund des Dyspraxiesyndroms fällt der HE die Koordination ihrer Bewegungen sehr schwer; sie erhielt deshalb bereits Krankengymnastik. Da die Erkrankung nicht geheilt werden kann, sind auch hier tägliche Übungen im Alltag notwendig. Die Pflegeeltern sorgen für viel Bewegung und bauen alltägliche Übungen wie z.B. Schleife binden, immer wieder ein. Die Behinderung der HE stellt erhöhte Anforderungen insbesondere an die Pflegeeltern, die durch ihre Betreuung einen weit höheren Aufwand haben als mit einem nicht behinderten Kind. Gerade das Leben in der Familiengemeinschaft ermöglicht der HE, auch in anderen sozialen Bezügen zurecht zu kommen und sich so nach und nach in die Gesellschaft einzugliedern.
Auch die weiteren Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs nach § 54 Abs. 3 SGB XII waren (und sind) jedenfalls seit 01.11.2010 erfüllt.
Durch die Betreuung in der Pflegefamilie wurde und wird der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden. Wegen der Erziehungsunfähigkeit bzw. den Erziehungsdefiziten war und ist eine Rückkehr zu den Eltern nicht möglich. Von der Beklagten wird lediglich behauptet, ist aber durch nichts untermauert und auch nicht ersichtlich, dass die HE außerhalb der Pflegefamilie nicht vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe unterzubringen wäre. Im Gegenteil: Auf ausdrückliches Befragen hat die Pflegemutter in der mündlichen Verhandlung überzeugend erklärt, dass die vollstationäre Unterbringung der HE in einem Heim die einzige Alternative wäre, wenn sie nicht in der Pflegefamilie untergebracht wäre. Die Pflegemutter hat auch begründet, dass die alternative Unterbringung nur in einem Heim für Behinderte denkbar wäre. Die HE habe mit gleichaltrigen gesunden Kindern wenig gemein; sie käme mit ihnen in einem Heim für gesunde Kinder nicht zurecht; dies liege in ihrer erheblichen geistigen und körperlichen Behinderung begründet. Wenn die HE nicht in der Pflegefamilie wäre, müsste sie – so die Pflegemutter – in einem Heim für geistig Behinderte untergebracht werden. Das Gesetz verlangt in § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in dieser Hinsicht lediglich, dass der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden (oder beendet) werden kann. Es genügt also, dass aufgrund einer Prognose die Möglichkeit besteht, dass durch die Pflege in der Familie der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung "abstrakt" verhindert oder vermieden wird (vgl. hierzu auch: VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 09.04.2014 – B 3 K 13.766). Daran, dass diese Vermeidungsmöglichkeit im Fall der HE bestanden hat und besteht, gibt es für die Kammer aufgrund der ihr bekannt gewordenen Umstände über die erheblichen Behinderungen der HE keine ernsthaften Zweifel.
Auch das Erfordernis einer Pflegeerlaubnis nach § 44 SGB VIII (vgl. § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) ist erfüllt. Zwar sind die Pflegeeltern, speziell die hauptsächlich die HE betreuende Pflegemutter nicht im Besitz einer (förmlichen) Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Der Grund dafür ist jedoch, dass sie einer solchen Erlaubnis nicht bedürfen, weil sie die HE im Rahmen der Hilfe zur Erziehung bzw. von Eingliederungshilfe aufgrund einer Vermittlung des Jugendamtes über Tag und Nacht aufgenommen haben (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII). Dadurch haben sie die für eine (förmliche) Erlaubnis notwendige Qualifikation nachgewiesen. Im Übrigen haben sie die Ausbildung für Erziehungsstellen und diverse Fortbildungen erhalten. Damit ist dem Erfordernis des § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB XII genügt.
Sachlich zuständig für die Leistung der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 3 SGB XII zugunsten der minderjährigen HE ist die Beklagte als örtlicher Träger der Sozialhilfe. Bei der Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie handelt es sich weder um eine stationäre noch eine teilstationäre Leistung in einer Einrichtung (vgl. § 97 SGB XII i.V.m. dem Nordrhein-Westfälischen Landesausführungsgesetz zum SGB XII und § 2 Nr. 1 der Ausführungsverordnung-NRW zum SGB XII).
2. Bestanden (und bestehen) somit Leistungspflichten (mindestens) zweier Leistungsträger nebeneinander, hier: der Klägerin nach dem SGB VIII und der Beklagten nach dem SGB XII, so ergibt sich der Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten aus § 104 Abs. 1 SGB X. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger soziale Leistungen erbracht hat, grundsätzlich der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte. Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist ein Leistungsträger nachrangig verpflichtet, soweit er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet wäre. Die Leistungspflichten nach dem SGB VIII und nach dem SGB XII stehen in einem Konkurrenzverhältnis dergestalt, dass die Leistungen nach dem Jugendhilferecht des SGB VIII den Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII nachrangig sind. Dies folgt aus § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Dieser kehrt die Regel des § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, dass die Leistungen nach dem SGB VIII den Leistungen nach dem SGB XII vorgehen, um und bestimmt, dass Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für junge Menschen, die – wie die HE – körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach dem SGB VIII vorgehen.
a) Die Konkurrenzregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII setzt – ungeschrieben – voraus, dass die Leistungen der Jugendhilfe und der Sozialhilfe gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 – 5 C 26/98, Urteil vom 02.03.2006 – 5 C 15/05, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12; LSG NRW, Urteil vom 28.01.2013 – L 20 SO 170/11, Urteil vom 14.02.2011 – L 20 SO 110/08). Das Vorrang-Nachrang-Verhältnis des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ist nicht nach dem Schwerpunkt der Leistung, sondern allein nach der Art mit einer Jugendhilfeleistung konkurrierenden Sozialhilfeleistung abzugrenzen. Der Leistungsvorrang des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist daher auf die Eingliederungshilfe für körperlich oder geistig behinderte junge Menschen beschränkt (BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12 m.w.N.). Er setzt nicht voraus, dass der Anspruch auf Eingliederungshilfe gerade wegen der körperlichen und/oder geistigen Behinderung besteht. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Schwerpunkt des Hilfebedarfs bzw. –zwecks im Bereich einer dieser Behinderungen liegt oder eine von ihnen für die konkrete Maßnahme ursächlich ist (BVerwG, Urteil vom 09.02.2012 – 5 C 3/11; LSG NRW, Urteil vom 10.10.2012 – L 12 SO 621/10 m.w.N.).
Die Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nach dem SGB VIII und die Eingliederungshilfe in Form der Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie nach dem SGB XII sind nach ihrem Zweck gleichartig. Gleichartigkeit liegt vor, wenn die Gewährung der Sozialleistung durch den nachrangig verpflichteten Träger zugleich die Leistungspflicht des vorrangig verpflichteten Trägers erfüllt hat. Dies ist hier der Fall. Die Unterbringung und Betreuung der HE in der Pflegefamilie war im streitbefangenen Zeitraum auf die Deckung des gesamten, sich aus den verschiedenen Behinderungen und Defiziten des Kindes ergebenden Bedarfs gerichtet. Die Pflegeeltern haben nicht nur den erzieherischen Bedarf gedeckt, sondern sind – wie oben ausgeführt – auch auf die geistigen und körperlichen Behinderungen der HE eingegangen.
b) Der Gleichartigkeit der Leistungen widerspricht nicht, dass im Sozialhilferecht – anders als im Jugendhilferecht in § 39 (oder auch § 37) SGB VIII – der Umfang der eingliederungsrechtlichen Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie nicht normiert ist. Diese Regelungslücke stellt sich als planwidrig dar. Dem Regelungszweck der Eingliederungshilfe, speziell der Hilfe für die Betreuung in Pflegefamilien gem. § 54 Abs. 3 SGB XII, entspricht es, die Regelungslücke durch eine analoge Anwendung der jugendhilferechtlichen Regelung des § 39 SGB VIII zu schließen. Ein solcher Analogieschluss ist mit Blick auf den Zweck der Hilfegewährung und die Interessenlage angezeigt. Der entsprechenden Anwendung des § 39 SGB VIII auf die sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe gem. § 54 Abs. 3 SGB XII steht nicht entgegen, dass es sich bei Jugendhilfe und Sozialhilfe um zwei sozialrechtliche Hilfesysteme mit unterschiedlichen Aufgaben und Rechtsfolgen handelt. Denn diesen Strukturunterschieden kommt bei der Betreuung behinderter Kinder im Rahmen der Familienpflege keine entscheidende Bedeutung zu (BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12).
c) Die planwidrige durch analoge Anwendung des § 39 SGB VIII zu schließende Lücke gilt nicht nur in Bezug auf die fehlende Regelung der Pflege und Erziehung (BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 – 5 C 30/12), sondern auch hinsichtlich der – vom BVerwG (a.a.O.) nicht entschiedenen – Aufwendungen für den Lebensunterhalt, das ist der Sachaufwand bzw. materielle Aufwand (VG Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014 – 13 A 4895/12). Den insoweit differenzierenden Urteilen des BVerwG vom 02.03.2006 (5 C 15/05) und des OVG NRW vom 03.09.2012 (12 A 1514/10) lag eine Rechtslage zugrunde, die es heute nicht mehr gibt. Erst seit 05.08.2009 sieht der neue § 54 Abs. 3 SGB XII vor, dass Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie auch Eingliederungshilfe ist. Diese Vorschrift gilt nicht nur für Neufälle, in denen die Hilfe erst nach dem 04.08.2009 einsetzt, sondern auch für schon vor dem 05.08.2009 begonnene und weiter laufende Hilfefälle, allerdings erst mit Wirkung ab dem 05.08.2009 (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.12.2012 – L 8 SO 20/09). § 54 Abs. 3 SGB XII ist eine weitgefasste Anspruchsnorm, aufgrund deren der Träger der Sozialhilfe zu allen Leistungen verpflichtet ist, deren das behinderte Kind bzw. der Jugendliche im Rahmen der Betreuung in einer Pflegefamilie bedarf (VG Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014 – 13 A 4895/12; ebenso: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.12.2012 – L 8 SO 20/09; SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 29.08.2013 – S 30 SO 179/12). Eine Aufspaltung der verschiedenen Kostenpositionen auf mehrere verschiedene Leistungsträger entspräche nicht der Interessenlage.
aa) § 39 SGB VIII bestimmt in Abs. 1, dass bei u.a. Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) und Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII) auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen sicherzustellen ist; dieser umfasst die Kosten für den Sachaufwand (materielle Aufwendungen) sowie die Kosten für die Pflege und Erziehung des Kindes. § 39 Abs. 3 SGB VIII ermöglicht die Gewährung einmaliger Beihilfe oder Zuschüsse (wie z.B. Weihnachts- und Ferienbeihilfen); in den Abs. 4 und 5 findet sich die Rechtsgrundlage für die landes- bzw. kommunalrechtlich festzusetzenden Pauschalbeträge; Abs. 6 bestimmt, in welchem Umfang der bei der Pflegeperson berücksichtigte Familienleistungsausgleich nach § 31 Einkommensteuergesetz (Kindergeld) anzurechnen ist. Eine entsprechende Anwendung des § 39 SGB VIII auf den Anspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII nur hinsichtlich der Kosten für die Pflege und Erziehung des Kindes und nicht auch bezüglich der anderen Kostenpostionen würde dazu führen, dass sich die Personensorgeberechtigten/Pflegeeltern bei der Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie grundsätzlich mit zwei Leistungsträgern, möglicherweise – bei einer Delegation von Leistungspflichten des örtlichen Trägers der Sozialhilfe auf die untergeordneten Kommunen – sogar drei Leistungsträgern auseinandersetzen müssten. Wären die Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" gem. § 54 Abs. 3 SGB XII niedriger als die (gleichartigen) Leistungen nach dem SGB VIII, läge es nahe, dass die Hilfesuchenden zuerst und ausschließlich Leistungen nach dem SGB VIII bei dem – ggf. nachrangig verpflichteten – Jugendhilfeträger beantragen. Denn solange die beantragte Hilfe aussteht, können die Hilfesuchenden frei entscheiden, welche Leistungen und welchen Leistungsträger sie in Anspruch nehmen (VG Oldenburg, Urteil vom 27.05.2014 – 13 A 476/13 m.w.N.). Eine solche – verständliche – Vorgehensweise widerspräche aber dem Zweck des Gesetzes.
bb) Die Regelungslücke hinsichtlich des Umfangs der Eingliederungshilfeleistungen gem. § 54 Abs. 3 SGB XII ist daher insgesamt durch eine analoge Anwendung der jugendhilferechtlichen Regelungen des § 39 SGB VIII zu schließen (ebenso: VG Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014 – 13 A 4895/12). Da die finanzielle Sicherstellung des Lebensunterhalts des Kindes außerhalb des Elternhauses keine selbstständige Aufgabe der Jugendhilfe, sondern eine Annexleistung im Rahmen der Hilfe zur Erziehung bei Vollzeitpflege ist (BVerwG, Beschluss vom 24.09.2007 – 5 B 154/07), teilt der Unterhaltsanspruch das Schicksal des Hauptanspruchs. Da der Gesetzgeber bei der Einführung des § 54 Abs. 3 SGB XII nicht geregelt hat, welche Haupt- oder Nebenleistungen Bestandteil der neuen Eingliederungshilfeleistung sind, führt der analoge Rückgriff auf § 39 SGB VIII dazu, dass der Anspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII auch die Kosten für den Lebensunterhalt und die einmaligen Beihilfen erfasst (so auch: SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 29.08.2013 – S 30 SO 179/12). Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichstellung der Hilfen für die Betreuung von seelisch und geistig/körperlich behinderten Kindern in Pflegefamilien (vgl. BT-Drucksache 16/13417, S. 6) wird nur erreicht, wenn auch die Eingliederungshilfe mit allen erforderlichen Leistungen "aus einer Hand" gewährt wird.
cc) Darüber hinaus gehört zu den Leistungen der Eingliederungshilfe des § 54 Abs. 3 SGB XII in analoger Anwendung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auch die Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen (z.B. Supervision). Denn wenn ein Anspruch auf Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie als Eingliederungshilfe besteht, umfasst dieser als vollumfänglicher Leistungsanspruch naheliegenderweise auch die notwendige Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen (vgl. insoweit das Gutachten G 2/13 des "Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V." vom 18.12.2013 unter Ziffer 5).
dd) Diese Auslegung im Sinne einer analogen Anwendung der nach Jugendhilferecht zu gewährenden Leistungen auf den Eingliederungshilfeanspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII wird auch der Regelung des § 104 Abs. 3 SGB X gerecht. Nach dieser Vorschrift richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften, hier also nach den für die Beklagte geltenden Sozialhilferegelungen. Da solche aber – wie dargelegt – für die neue Eingliederungshilfeleistung "Hilfe für die Betreuung in Pflegefamilien" nach § 54 Abs. 3 SGB XII fehlen und die Regelungslücke durch analoge Anwendung der Jugendhilfevorschriften zu schließen ist, entspricht der Umfang des Erstattungsanspruchs der Klägerin dem Umfang der von ihr erbrachten Aufwendungen. Dementsprechend richtet sich auch die Anrechnung von Kindergeld (vgl. § 39 Abs. 6 SGB VIII) und Pflegegeld (nach dem SGB XI) nach den Bestimmungen und Maßstäben des SGB VIII.
d) Der Bezug von monatlichem Pflegegeld gem. § 37 SGB XI nach der Pflegestufe I in Höhe von 225,00 EUR bis Dezember 2011, 235,00 EUR von Januar bis Dezember 2012 und 305,00 EUR ab Januar 2013 mindert die Leistungen zur Pflege und Erziehung nach § 39 Abs. 1 und 4 SGB VIII im Fall der HE nicht. Der Pflegebegriff des SGB XI ist ein anderer als der des SGB VIII. Das Pflegegeld nach dem SGB XI deckt einen anderen Bedarf als den Pflege- und Erziehungsbedarf nach dem SGB VIII (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.05.2013 – 6 B 31/12; VGH München, Beschluss vom 30.10.2013 – 12 ZB 11.782). Die Leistungen der Pflegeversicherung haben keinen abschließenden Charakter. Mit ihnen wird keine Vollversorgung des Pflegebedürftigen erreicht, da die soziale Pflegeversicherung (nur) eine soziale Grundsicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen in den Bereichen Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) und hauswirtschaftlicher Versorgung darstellt (VGH München, Beschluss vom 30.10.2013 – 12 ZB 11.782). Bei der HE bestand ausweislich des Pflegegutachtens vom 22.08.2007 damals ein Grundpflegebedarf von 66 Minuten pro Tag; dadurch waren Leistungen nach Pflegestufe I begründet. Nach den nachvollziehbaren schriftlichen Darlegungen der Pflegeeltern und ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung tritt dieser Pflegeaufwand nach dem SGB XI hinter dem erzieherischen Pflegeaufwand nach dem SGB VIII weit zurück. Die bei der HE bestehenden geistigen und körperlichen Entwicklungsstörungen begründen einen über den Normalfall hinausgehenden Sonderbedarf nach dem SGB VIII insbesondere deshalb, weil auf Seiten der Pflegeeltern ein erheblicher erzieherischer und eingliederungshelfender Mehraufwand sowohl in zeitlicher als auch in emotionaler Hinsicht besteht. Dem wird (allein) durch das erhöhte Pflegegeld nach § 39 Abs. 4 Satz 3 SGB VIII Rechnung getragen, während das Pflegegeld nach dem SGB XI den darüber hinaus gehenden Pflegebedarf – kaum angemessen – deckt.
Gem. §§ 37 Abs. 2, 39 SGB VIII und dem aufgrund von § 39 Abs. 5 SGB VIII für Nordrhein-Westfalen erlassenen Runderlass des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 10.10.2000 (SMBl. NRW 2160), geändert für die Zeit ab 01.01.2009 durch Runderlass vom 06.02.2009, ab 01.05.2012 durch Runderlass vom 11.04.2012, ab 01.09.2013 durch Runderlass vom 13.08.2013 und ab 01.01.2014 durch Runderlass vom 28.11.2013, in Verbindung mit der Anlage 2 der "Richtlinien über die finanzielle Ausgestaltung von Leistungen und anderen Aufgaben der Jugendhilfe" der Klägerin hat diese im streitbefangenen Zeitraum für die Betreuung der HE in der Pflegefamilie rechtmäßig Aufwendungen (1) für den notwendigen Unterhalt (§ 39 Abs. 1 SGB VIII) - für den Sachaufwand (materielle Aufwendungen) für die (Vollzeit-)Pflege und Erziehung in Höhe des 3-fachen des durch ministeriellen Runderlass festgesetzten Pauschalbetrages abzüglich des anteiligen Betrages (Kindergeld) gem. § 39 Abs. 6 SGB VIII (2) für einmalige Beihilfen (§ 39 Abs. 3 SGB VIII) (3) für Betreuung und Beratung (§ 37 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII) erbracht.
Im streitigen Zeitraum von November 2010 bis Juni 2012 betrugen die entsprechenden Kosten (1) für den notwendigen Unterhalt 50.117,00 EUR - Sachaufwand (Materielle Aufwendungen) von 11/2010 bis 11/2011 monatlich 458,00 EUR (x 13) 5.954,00 EUR von 12/2011 bis 04/2012 monatlich 525,00 EUR (x 5) 2.625 00 EUR von 05/2012 bis 08/2013 monatlich 535,00 EUR (x 16) 8.560,00 EUR von 09/2013 bis 12/2013 monatlich 547,00 EUR (x 4) 2.188,00 EUR von 01/2014 bis 06/2014 monatlich 559,00 EUR (x 6) 3.354,00 EUR - Pflege und Erziehung (3-facher Satz) von 11/2010 bis 04/2012 monatlich 657,00 EUR (x 18) 11.826,00 EUR von 05/2012 bis 04/2013 monatlich 669,00 EUR (x 16) 10.704,00 EUR von 09/2013 bis 12/2013 monatlich 684,00 EUR (x 4) 2.736,00 EUR von 01/2014 bis 06/2014 monatlich 699,00 EUR (x 6) 4.194,00 EUR abzüglich anteiligem Kindergeld (1/4) monatlich 46,00 EUR (x 44) - 2.024,00 EUR 50.117,00 EUR
(2) für einmalige Bedarfe 528,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2010 33,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2011 35,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2012 35,00 EUR - Weihnachtsbeihilfe 2013 35,00 EUR - Ferienbeihilfe 2011 130,00 EUR - Ferienbeihilfe 2012 130,00 EUR - Ferienbeihilfe 2013 130,00 EUR 528,00 EUR
(3) für Beratung und Unterstützung 2.932,00 EUR - in 2011 650,00 EUR - in 2012 520,00 EUR - in 2013 1.330,00 EUR - in 2014 432,00 EUR 2.932,00 EUR
Summe (1) bis (3) 53.577,00 EUR
Diese Kosten hat die Beklagte der Klägerin zu erstatten.
3. Abschließend weist die Kammer auf Folgendes hin: Die Einführung des § 54 Abs. 3 SGB XII ist keineswegs mit der Intention erfolgt, alle Fälle von Kindern mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung, die in Pflegefamilien betreut werden, in die Zuständigkeit der Sozialhilfeträger zu überführen. Diese Auffassung unterstellt die Beklagte allerdings ihren regionsangehörigen Jugendhilfeträgern (vgl. Schreiben der Beklagten an den Landkreistag vom 28.12.2011). Nur dann, wenn – wie im vorliegenden Fall der HE – ein sozialhilferechtlicher Eingliederungshilfebedarf eines geistig und/oder körperlich behinderten Kindes gem. § 54 Abs. 3 SSGB XII tatsächlich besteht und die weiteren Leistungsvoraussetzungen dieses neuen Leistungstatbestandes erfüllt sind, begründet die Konkurrenzregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII eine vorrangige Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers zur "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" als Eingliederungshilfe. Dass dieser sozialhilferechtliche Eingliederungshilfebedarf sehr häufig vorkommen kann und bei geistig und/oder körperlich behinderten Kindern der vorrangige Anspruch nach § 54 Abs. 3 SGB XII eher die Regel als die Ausnahme ist, liegt allerdings auf der Hand und entspricht dann aber auch durchaus der Absicht des Gesetzgebers. Denn in der Gesetzesbegründung zu § 54 Abs. 3 SGB XII heißt es (BT-Drucksache 16/13417, S. 6):"Der neue Leistungstatbestand "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" stellt sicher, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch für die Betreuung körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher in einer Pflegefamilie gewährt werden. Damit wird erreicht, dass auch diese Möglichkeit als Alternative zur vollstationären Betreuung in Anspruch genommen wird, wenn dies dem Wohle des Kindes dient. Außerdem wird eine Gleichbehandlung mit seelisch behinderten Kindern und Jugendlichen erreicht." Der Gesetzgeber hat erkannt, dass das SGB XII – anders als das SGB VIII – keine Regelung über die Vollzeitpflege in Pflegefamilien enthalten hatte. Dies führte in der Praxis dazu, "dass seelisch behinderte Kinder oftmals in Pflegefamilien aufgenommen werden, während körperlich und geistig behinderte Kinder in der Regel in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe betreut werden." (BT-Drucksache 16/13417, S. 6). Diesen Missstand wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des neuen Leistungstatbestandes der Eingliederungshilfe in Form der "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" zugunsten der geistig und/oder körperlich behinderten Kinder beseitigen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
5. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
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