L 6 AS 257/13 B PKH

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 39 AS 79/13 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 257/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein SGB-II-Leistungsträger genügt einer einstweiligen Anordnung im Regelfall auch dann durch Zahlung, wenn das Gericht ihn zur "Gewährung" von Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung bestimmter Leistungsparameter verpflichtet hat.

2. Eine Verpflichtung zum Erlass eines Ausführungsbescheids besteht ausnahmsweise nur dann, wenn dies aus dem Beschluss unmissverständlich und zweifelsfrei hervorgeht.
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss vom 28. Mai 2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die von den Antragstellern beantragte und vom Sozialgericht Kiel mit Beschluss vom 28. Mai 2013 abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den am 2. Mai 2013 gestellten Vollstreckungsantrag zum Eilbeschluss im Verfahren S 39 AS 39/13 ER, mit dem die Antragsteller den Erlass eines Umsetzungsbescheids durch den Antragsgegner haben durchsetzen wollen.

Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit folgender Begründung abgelehnt: Hinreichende Erfolgsaussichten seien nicht gegeben, weil kein Anspruch auf Erlass eines Ausführungsbescheids bestehe; der Beschluss sehe lediglich die Gewährung von Leistungen vor und enthalte keine weitergehende Verpflichtung zum Erlass eines entsprechenden Bescheids. Ziel des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sei lediglich die kurzfristige Zahlung von Leistungen; deren endgültige Bewilligung sei Gegenstand des Hauptsacheverfahrens. Ein Ausführungsbescheid sei auch zur Durchsetzung des Zahlungsanspruchs nicht erforderlich.

Mit der Beschwerde machen die Antragsteller geltend, dass die Durchsetzung der einstweiligen Anordnung aus sich heraus und ohne Ausführungsbescheid nicht möglich sei.

II.

Der Senat lässt offen, ob die fristgerecht erhobene Beschwerde (vgl. § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) auch im Übrigen zulässig, insbesondere im Hinblick auf § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft ist. Sie ist jedenfalls unbegründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragsteller, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P zu gewähren, zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg der Klage nicht gegeben ist. Nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Das weitere Vorbringen der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vermag daran nichts zu ändern. Auch wenn der Beschluss des Sozialgerichts vom 15. April 2013 den Antragsgegner im Sinne einer Grundentscheidung dazu verpflichtet, den Antragstellern Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in bestimmter Höhe "zu gewähren", ist damit bei verständiger Würdigung dieser eher untechnischen Bezeichnung nicht die Bewilligung von Leistungen durch Verwaltungsakt, sondern lediglich die Zahlung von Grundsicherungsleistungen in entsprechender Höhe gemeint. Die Bescheidung des Leistungsanspruchs ist bei Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen des Gegners in aller Regel nicht erforderlich, dem Interesse der nachsuchenden Person nach vorläufiger Deckung eines grundsicherungsrechtlichen Bedarfs angemessen Rechnung zu tragen. Deshalb kann von einer Verpflichtung des Gegners zum Erlass eines "Ausführungsbescheids" regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn aus dem Beschluss des Gerichts unmissverständlich und zweifelsfrei hervorgeht, dass ausnahmsweise ein solcher Bescheid zur einstweiligen Regelung eines vorläufigen Zustands für notwendig erachtet wird. Dies ist hier nicht der Fall.

Hinreichende Erfolgsaussichten können die Antragsteller insoweit auch nicht aus der Entscheidung des SG Berlin vom 23. Oktober 2012 – S 37 AS 23126/12 ER –herleiten. In dieser Entscheidung wird zwar infolge der in einem Eilverfahren tenorierten Verpflichtung zur "Gewährung" von Leistungen ein Anspruch auf Bekanntgabe eines entsprechenden Bewilligungsbescheids begründet. Die Entscheidung enthält aber keine Darstellung des zugrundeliegenden Sachverhalts und hat deshalb – auch angesichts der vom Senat aufgezeigten Maßstäbe zur Auslegung eines solchen Tenors – nur bedingt Aussagekraft. Ohnehin ist Erfolgsaussicht nicht schon immer dann anzunehmen, wenn eine Kammer eines Sozialgerichts eine Rechtsfrage im Sinne der um Rechtsschutz nachsuchenden Person beantwortet.

Die Antragsteller können schließlich auch nicht damit gehört werden, dass die stattgebende gerichtliche Entscheidung stets zwingend einer bescheidmäßigen Umsetzung durch die Verwaltung bedürfe. Es trifft insbesondere nicht zu, dass eine Prüfung der ordnungsgemäßen Umsetzung des Beschlusses in Ermangelung eines Ausführungsbescheids schlechthin ausgeschlossen sei. Vielmehr ist es möglich, durch Abgleich der – im ordentlichen Verwaltungsverfahren – verbeschiedenen Leistungen mit den tatsächlich erfolgten Zahlungen – die dann entsprechend höher ausfallen müssten – festzustellen, ob eine gerichtliche Grundentscheidung entsprechend §130 Abs. 1 SGG ordnungsgemäß umgesetzt wird oder nicht. Deshalb gehen auch die Ausführungen der Antragsteller zur vermeintlich fehlenden Vollstreckbarkeit einer ohne Ausführungsbescheid verbleibenden gerichtlichen Eilentscheidung ins Leere.

Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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