L 3 AL 85/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 24 AL 668/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 85/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Voraussetzung für den Vergütungsanspruch des Vermittlers ist die Arbeitslosigkeit des zu vermittelnden Arbeitnehmers.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 22. März 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zahlung der Vergütung aus einem Vermittlungsgutschein in Höhe von 1.000,00 EUR. Hierbei steht zwischen den Beteiligten im Streit, ob der Kläger die Beigeladene in ein Beschäftigungsverhältnis von einer Dauer von wenigstens drei Monaten vermittelt hat.

Der Kläger, der eine gewerbliche Arbeitsvermittlung betrieb, schloss mit der Beigeladenen am 9. März 2006 einen schriftlichen Vermittlungsvertrag ab mit dem Ziel, sie in ein Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln. Zuvor hatte die Beklagte der Beigeladenen am 13. Februar 2006 einen Vermittlungsgutschein in Höhe von 2.000,00 EUR, gültig vom 13. Februar 2006 bis zum 12. Mai 2006, ausgestellt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen war dieser Betrag an einen von der Beigeladenen eingeschalteten privaten Vermittler, hier den Kläger, zu zahlen, sofern dieser die Beigeladene erfolgreich in ein mindestens drei Monate andauerndes Beschäftigungsverhältnis mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt wurde. Nach einer sechswöchigen Beschäftigungsdauer war ein Betrag von 1.000 EUR auszuzahlen. Die Auszahlung des Restbetrags sollte erfolgen, wenn das Beschäftigungsverhältnis mindestens sechs Monate gedauert hatte.

Am 23. Juni 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage des Vermittlungsgutscheins, des Vermittlungsvertrags, der Gewerbeanmeldung und einer auf den 26. Juni 2006 datierten Beschäftigungsbestätigung der R Deutschland GmbH & Co KG, der Arbeitgeberin der Beigeladenen, die Auszahlung von 1.000,00 EUR. Ausweislich der Beschäftigungsbestätigung sei die Beigeladene nach telefonischer Kontaktaufnahme durch den Kläger am 11. Mai 2006 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Mit ihr sei am 12. Mai 2006 ein vom 12. Mai 2006 bis zum 15. August 2006 dauerndes, befristetes Arbeitsverhältnis geschlossen worden. Die Beigeladene hatte noch am 12. Mai 2006 im Rahmen einer Spätschicht bei dem ihr von der Arbeitgeberin zugeteilten Unternehmen ihre Beschäftigung aufgenommen.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2006 teilte die Arbeitgeberin der Beklagten mit, dass sie das Geschäftsgebaren des Klägers für unseriös, insbesondere gegenüber den Bewerbern und Arbeitssuchenden, halte, und dass man die künftige Zusammenarbeit mit dem Kläger beendet habe. Mit Schreiben vom 5. Juli 2006 reichte der Kläger eine formularmäßige Vermittlungsbestätigung der Arbeitgeberin vom 23. Juni 2006 ein, worin diese bestätigte, dass ein Arbeitsvertrag mit der Beigeladenen am 12. Mai 2006 für die Zeit vom 12. Mai 2006 bis zum 15. August 2006 geschlossen worden sei, die Beigeladene bisher nicht bei ihr versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und das Beschäftigungsverhältnis am 12. Mai 2006 begonnen habe.

Am 7. Juli 2006 und 12. Juli 2006 nahm die Beklagte bei der Arbeitgeberin telefonisch Rücksprache. Nach dem gefertigten Telefonvermerk sei zunächst ein kürzerer Arbeitsvertrag geschlossen worden. Nach erneuter Vorsprache der Beigeladenen sei der Arbeitsvertrag auf drei Monate verlängert worden. Der Kläger habe Druck auf die Beigeladene ausgeübt und ihr angedroht, dass sie andernfalls die vollen Kosten der Arbeitsvermittlung zu tragen habe. Daraufhin habe die Arbeitgeberin den Vertrag bis zum 15. August 2006 verlängert, um der Beigeladenen zu helfen.

In der Folge bat die Beklagte die Beigeladene um Auskunft zum Arbeitsvertrag. Mit Schreiben vom 25. Juli 2006 teilte diese mit, dass sie am 12. Mai 2006 einen Arbeitsvertrag mit der Arbeitgeberin unterschrieben habe, der vom 12. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2006 befristet gewesen sei. Dies habe sie noch am Vormittag des 12. Mai 2006 dem Kläger mitgeteilt, woraufhin dieser gesagt habe, dass sie keinesfalls die Arbeit antreten solle. Sie solle nochmals bei der Arbeitgeberin um die Verlängerung des Arbeitsvertrags auf mindestens drei Monate bitten. Sie habe umgehend telefonisch mit der zuständigen Mitarbeiterin der Arbeitgeberin, Frau H , gesprochen, die ihr daraufhin einen bis zum 15. August 2006 befristeten Arbeitsvertrag ausgestellt habe.

Mit Bescheid vom 9. August 2006 lehnte die Beklagte die Auszahlung einer Vergütung von 1.000,00 EUR aus dem Vermittlungsgutschein ab. Zur Begründung führte sie aus, dass das Beschäftigungsverhältnis von vorneherein nicht für eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monate, sondern lediglich für die Zeit vom 12. Mai 2006 bis 30. Juni 2006 geschlossen worden sei. Die Verlängerung sei von der Beigeladenen veranlasst worden, die sich auf Grund der sonst zu tragenden Vermittlungsvergütung um die Vertragsverlängerung bemüht habe.

Hiergegen legte der Kläger am 22. August 2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2006 zurückwies.

Der Kläger hat am 16. Januar 2007 Klage erhoben, die bis zur Unterbrechung wegen der Insolvenz des Klägers unter dem Az. S 24 AL 48/07 geführt worden ist. Nach der Fortsetzung ist sie unter dem Az. S 24 AL 668/10 geführt worden. Der Kläger hat darauf verwiesen, dass die Beschäftigung der Beigeladenen vom 12. Mai 2006 bis zum 1. August 2006 befristet und damit drei Monate und drei Tage gedauert habe. Die notwendige Frist sei zunächst von den Arbeitsvertragsparteien nicht beachtet und erst auf seinen telefonischen Hinweis an den Arbeitgeber verlängert worden.

Mit Urteil vom 22. Mai 2012 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger aus dem Vermittlungsgutschein 1.000,00 EUR zu zahlen. Die Voraussetzungen zur Auszahlung der Vergütung an den Vermittler lägen vor. Der Kläger habe nachgewiesen, dass die Beigeladenen auf seine Veranlassung in ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Dauer von mehr als drei Monaten vermittelt worden sei. Nachdem die Beigeladene auf Veranlassung des Arbeitgebers zunächst einen Vertrag für die Zeit vom 12. Mai bis zum 30. Juni 2006 geschlossen habe, sei der neue Arbeitsvertrag mit einer Vertragsdauer von mehr als drei Monaten auf Veranlassung des Klägers zustande gekommen. Hierbei sei unerheblich, dass die Arbeitsvertragsparteien am gleichen Tag zunächst einen Arbeitsvertrag mit kürzerer Laufzeit vereinbart hätten, da sie sich offensichtlich über die Bedingungen des Vermittlungsgutscheins nicht informiert hätten. Es sei davon auszugehen, dass sie in Kenntnis der einzelnen Bedingungen für die Auszahlung des Vermittlungsgutscheins bereits im Zuge der ersten Vertragsverhandlung eine längere Laufzeit vereinbart hätten. Anders lasse sich die am gleichen Tag erfolgte Abänderung nicht erklären. Da auch diese vom Kläger veranlasst worden sei, sei auch nicht ersichtlich, dass der Beklagten durch die Zahlung aus dem Vermittlungsgutschein bei der hier praktizierten Vorgehensweise ein Schaden entstanden sei, nachdem sie den Vermittlungsgutschein der Beigeladenen ausgehändigt und sich damit zur Zahlung verpflichtet habe.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 21. Juni 2012 zugestellte Urteil am 16. Juli 2012 Berufung eingelegt. Sie rügt, dass das Sozialgericht die zuständige Vertriebsdisponentin der Arbeitgeberin nicht als Zeugin zum Zustandekommen der Arbeitsverträge befragt, sondern sich ausschließlich auf die Angaben der Beigeladenen gestützt habe. Bereits der Vermittlungsvertrag vom 9. März 2006 habe den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Vermittlung widersprochen, da die Beigeladene für den Fall des Wechsels der Beschäftigung mit Schadensersatz bedroht worden sei und vehement Druck zur Erlangung einer Vermittlungsbestätigung ausgeübt worden sei. Die Beigeladene habe sich eigeninitiativ um die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bemüht. Der Kläger habe sich selbst nicht nachhaltig am 12. Mai 2006 mit der Arbeitgeberin in Verbindung gesetzt und seinerseits die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses erreicht. Daher sei die sachgerechte Vermittlung bereits mit dem Abschluss des ersten Arbeitsvertrages tatsächlich beendet gewesen. Die Ausübung von Druck gegenüber der Beigeladenen, mit dem Ziel den Arbeitgeber wegen der Vergütungsansprüche des Klägers zum Abschluss eines länger befristeten Arbeitsvertrags zu bewegen, sei kein Bestandteil einer sachgerechten Arbeitsvermittlung. Im Übrigen sei bei Abschluss des zweiten Arbeitsvertrages, der am Montag, den 15. Mai 2006, erfolgt sei, die Vermittlung bereits erfolgreich abgeschlossen gewesen, und der Vermittlungsgutschein habe seine Gültigkeit verloren gehabt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 22. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hat sich auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts bezogen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Befragung der Beigeladenen und die Vernehmung der Zeugin H H , Vertriebsdisponentin bei der Arbeitgeberin, zum Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die bezogene Verwaltungsakte der Beklagte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Bescheid vom 9. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2006 rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung aus dem der Beigeladenen erteilten Vermittlungsgutschein.

Die Anspruchsgrundlage für die Vergütungsforderung findet sich in § 421g des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der vom 1. Januar 2005 bis zum 7. November 2006 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 17 des Gesetzes vom 19. November 2004 [BGBl. I S. 2902]).

Nach § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III hatten die dort benannten Arbeitnehmer Anspruch auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheines. Mit diesem Vermittlungsgutschein verpflichtete sich die Agentur für Arbeit, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der diesen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hatte, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen (vgl. § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III). Der Vermittlungsgutschein wurde nach einer Arbeitslosigkeit von sechs bis zu neun Monaten in Höhe von 2.000,00 EUR ausgestellt (vgl. § 421g Abs. 2 Satz 1 SGB III). Die Vergütung wurde in Höhe von 1.000,00 EUR bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt (vgl. § 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III). Die Leistung wurde unmittelbar an den Vermittler gezahlt (vgl. § 421g Abs. 2 Satz 4 SGB III).

Ausgehend hiervon steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Vermittlungsvergütung nicht zu.

Zwar hatte die Beklagte an die Beigeladene einen wirksamen Vermittlungsgutschein mit einer Gültigkeit vom 13. Februar 2006 bis zum 12. Mai 2006 ausgestellt. Auch war zwischen dem Kläger und der Beigeladenen der für den Zahlungsanspruch erforderliche schriftliche Vermittlungsvertrag geschlossen worden (vgl. § 296 SGB III i. V. m. § 297 SGB III). Ob dieser, was von der Beklagten unter anderem im Hinblick auf die Schadensersatzklausel bestritten wird, wirksam war, kann dahingestellt bleiben. Denn dem Zahlungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten steht entgegen, dass der erste zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin abgeschlossene Arbeitsvertrag eine zu kurze Geltungsdauer hatte, und dass die Klägerin beim Abschluss des zweiten Arbeitsvertrag nicht mehr arbeitslos war.

Nach § 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III war die Zahlung der Vergütung ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt war. Dies war beim ersten Arbeitsvertrag der Fall. Dieser war für die Zeit vom 12. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2006 geschlossen. Die Vertragslaufzeit war somit von vorneherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt.

Auch der Abschluss des zweiten Arbeitsvertrags mit der Vertragsdauer vom 12. Mai 2006 bis zum 15. August 2006, der nach den übereinstimmenden Angaben der Beigeladenen und der Zeugin H noch am 12. Mai 2006 und damit noch innerhalb der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheines erfolgte, vermag für den Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung aus dem Vermittlungsgutschein zu begründen. In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob es sich bei diesem Arbeitsvertrag arbeitsrechtlich um einen zweiten, den ersten Vertrag ersetzenden Arbeitsvertrag handelt oder lediglich um die Verlängerung der Geltungsdauer des bestehenden Arbeitsvertrages, bei der aus Praktikabilitätsgründen die eine neue Fassung des Vertragstextes erstellt wurde. Denn die Beigeladene war, als sie den zweiten Arbeitsvertrag schloss, nicht mehr arbeitslos. Die Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis aus der Arbeitslosigkeit heraus ist aber Voraussetzung für den Vergütungsanspruch eines Vermittlers.

Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein hatten nach § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III Arbeitnehmer, die entweder - Anspruch auf Arbeitslosengeld hatten und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt waren, oder - eine Beschäftigung ausübten oder zuletzt ausgeübt hatten, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder als Strukturanpassungsmaßnahme nach dem Sechsten Abschnitt des Sechsten Kapitels des SGB III gefördert wurde oder worden war. Vorliegend ist allein die erste Variante maßgebend, weil die Beigeladene keine Beschäftigung im Sinne von § 421g Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB III ausübte oder zuletzt ausgeübt hatte.

Aus der Tatbestandsvoraussetzung "nach einer Arbeitslosigkeit" folgt, dass Voraussetzung für den Vergütungsanspruch des Vermittlers die Arbeitslosigkeit des zu vermittelnden Arbeitnehmers ist. Insoweit unterschied sich diese Regelung von der zu dem von der Agentur für Arbeit zu unterbreitenden Vermittlungsangebot in § 35 SGB III. Von der zuletzt genannten Regelung werden nach dem Gesetzeswortlaut auch Arbeitsuchende erfasst. Arbeitsuchende sind nach § 15 Satz 2 SGB III Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer suchen. Nach § 15 Satz 3 SGB III gilt dies auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ausüben. Dies bedeutet, dass ein Arbeitsuchender nicht nur derjenige ist, der bereits oder noch arbeitslos ist, sondern auch derjenige, der (noch) in einem Beschäftigungsverhältnis steht (vgl. Brand, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 35 Rdnr. 7).

Dass die Regelung in § 421g Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB III, die durch Artikel 3 Nr. 24 des Gesetzes vom 23. März 2002 (BGBl. I S. 1130) mit Wirkung zum 27. März 2002 eingeführt worden ist, nicht alle Arbeitsuchenden erfassen sollte, sondern nur Arbeitslose, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 14/8546, S. 10 [Zu Nummer 34, Zu Absatz 1]). Durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443) seien die Möglichkeiten, Dritte mit der Vermittlung von Arbeitslosen zu beauftragen, erweitert worden. Damit sei es für das Arbeitsamt möglich, die im Einzelfall angemessene und geeignete Form der Vermittlung zu wählen. Einem Teil der Arbeitslosen sei allerdings auch daran gelegen, im Rahmen ihrer Eigenbemühungen selbst die Dienste privater Anbieter in Anspruch zu nehmen. Für arbeitslose Leistungsbezieher werde die Möglichkeit eröffnet, auf Kosten des Arbeitsamtes einen Vermittler zu beauftragen. Um Missbrauch und Mitnahmeeffekte zu begrenzen, bestehe ein Anspruch nur für arbeitslose Leistungsbezieher, die mindestens drei Monate arbeitslos gewesen seien. Danach hatte der Gesetzgeber nur Arbeitslose im Blick.

Ob die Beschränkung auf arbeitslose Arbeitnehmer auch noch für § 45 SGB III gilt, der durch Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1. April 2012 neu gefasst worden ist und in dem unter anderem die bisherigen Regelungen aus § 421g SGB III aufgegangen ist, bedarf vorliegend keiner Erörterung. Denn diese neue Regelung ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Festzustellen ist lediglich, dass § 45 SGB III nach Wortlaut, Gesetzeszweck und Regelungstext umfassender ist als der zu 31. März 2012 außer Kraft getretene § 421g SGB III.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt, als der zweite Arbeitsvertrag geschlossen wurde, nicht mehr arbeitslos. Arbeitslosigkeit setzte unter anderem nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der hier maßgebenden, vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 62 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) voraus, dass der Arbeitnehmer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand (Beschäftigungslosigkeit). Als die Beigeladene den Arbeitsvertrag mit der Vertragsdauer vom 12. Mai 2006 bis zum 15. August 2006 schloss, war sie nicht mehr beschäftigungslos und damit nicht mehr arbeitslos. Denn sie stand auf Grund des Arbeitsvertrags mit der Vertragsdauer vom 12. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2006 in einem Beschäftigungsverhältnis. Sie war auch bereits am 12. Mai 2006 von ihrer Arbeitgeberin im Rahmen von deren Weisungsbefugnis zu einer Spätsicht bei einem Einsatzunternehmen eingeteilt worden.

Anhaltspunkte dafür, dass der zuvor geschlossene Arbeitsvertrag nicht rechtswirksam zustande gekommen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Ebenfalls ließ sich nicht feststellen, dass es sich bei der Datumsangabe "30. Juni 2006" als Endzeitpunkt der Befristung um einen Schreibfehler oder eine offenbare Unrichtigkeit gehandelt hätte, was durch die Änderung der Datumsangabe auf "15. August 2006" korrigiert worden wäre. Vielmehr steht auf Grund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die ursprünglich vereinbarte Vertragsdauer vom 12. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2006 die Vertragsverhandlungen zwischen der Beigeladenen und ihrer späteren Arbeitgeberin korrekt wiedergab. Nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugin H war es bei der Arbeitgeberin in den Jahren 2005 und 2006 nicht ungewöhnlich, dass Mitarbeiter nur für kürzere Zeit eingestellt worden sind. Denn die Arbeitgeberin habe damals überwiegend mit Automobilzulieferern zusammengearbeitet, wo es oftmals kurzzeitige Arbeitsspitzen gegeben habe. Die Befragung der Beigeladenen ergab nicht, dass sie nach den Gesprächen mit ihrer späteren Arbeitgeberin von einer anderen, längeren Vertragsdauer ausgegangen war. Sie gab an, dass im Vorstellungsgespräch nicht über die Dauer des Arbeitsvertrages gesprochen worden war. Sie habe den Arbeitsvertrag zunächst bei der Agentur für Arbeit gemeldet und dann beim Kläger. Darauf hin ist "das Theater" losgegangen. Der Kläger habe gesagt, dass das mit sechs Wochen nicht gehen würde. Sie selbst habe nicht nur eine Arbeit für ein Vierteljahr gesucht, sondern habe eigentlich eine längere Arbeit haben wollen.

Auf Grund der Angaben der Beigeladenen und der Zeugin H hält es das Gericht für möglich, dass die Vertragschließenden die Bedeutung der Vertragsdauer vom 12. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2006 für den Vergütungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten aus dem Vermittlungsgutschein entweder nicht im Blick hatten oder fälschlich davon ausgingen, dass mit dieser Vertragsdauer die Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch erfüllt seien. In letzterem Fall läge weder ein Erklärungsirrtum (vgl. § 119 Abs. 1 Alt. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) noch ein Inhaltirrtum (vgl. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB) vor, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum (zur Abgrenzung der Irrtumsarten: Sächs. LSG, Urteil vom 20. Juni 2013 – L 3 AL 90/12 – JURIS-Dokument Rdnr. 50 f.).

Soweit das Sozialgericht darüber spekuliert, dass die Beigeladene und ihre Arbeitgeberin bereits von Beginn an eine längere Vertragsdauer vereinbart hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass gemäß § 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III die Zahlung der Vergütung ausgeschlossen war, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt war, kommt es hierauf nicht an. Denn maßgebend sind allein die tatsächlichen Geschehensabläufe, nicht aber hypothetische. Im Übrigen hätte sich das Sozialgericht bei seinen Erwägungen nicht allein auf die Befragung der Beigeladenen stützen dürfen. Denn wenn die Frage, welche Überlegungen die Vertragschließenden bei Verhandlungen und beim Vertragsabschluss hatten, entscheidungserheblich ist, sind beide Seiten hierzu zu hören. Dies unterließ aber das Sozialgericht.

Da der Kläger in Bezug auf den zweiten Arbeitsvertrag wegen der inzwischen entfallenen Arbeitslosigkeit der Beigeladenen keinen Vergütungsanspruch aus dem Vermittlungsgutschein hat, kann offenbleiben, ob der Kläger in Bezug auf diesen Arbeitsvertrag eine Vermittlungstätigkeit entfaltete, was von der Beklagten in Abrede gestellt wurde, und ob einem etwaigen Vergütungsanspruch die Art und Weise, wie der Kläger auf die Beigeladene nach dem Abschluss des ersten Arbeitsvertrages einwirkte, entgegengehalten werden könnte.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger ist kein Beteiligter im Sinne des § 183 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7 AL 56/05 R – BSGE 96, 190 ff. [Rdnr. 21] = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1 Rdnr. 21 = JURIS-Dokument Rdnr. 21; Sächs. LSG, Urteil vom 26. April 2012 – L 3 AL 255/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 28).

Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit nicht das Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO), entspricht es auch nicht der Billigkeit (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO), ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger als unterlegenem Beteiligten oder der Staatskasse aufzuerlegen.

III. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

IV. Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Dr. Scheer Atanassov Krewer
Rechtskraft
Aus
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