L 10 R 3040/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 6048/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3040/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.06.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer höheren Witwenrente und einer höheren Witwenrentenabfindung und in diesem Zusammenhang konkret über die Höhe des anzurechnenden Einkommens der Klägerin.

Die 1973 geborene Klägerin bezog seit 01.09.2002 aus der Versicherung ihres am 02.08.2002 verstorbenen Ehemannes A. M. eine große Witwenrente (ab 01.09.2002 Brutto-Rente und Zahlbetrag 995,86 EUR, ab 01.12.2002 Brutto-Rente 626,02 EUR und Zahlbetrag 472,95 EUR; ab 01.01.2003 Zahlbetrag 514,09 EUR; ab 01.07.2003 Brutto-Rente 632,55 EUR und Zahlbetrag 524,68 EUR, vgl. Rentenbescheid vom 26.08.2003, Bl. 268 VA); dabei war das Einkommen der Klägerin aus dem selbständigen Betrieb eines Schuhgeschäftes (ab 01.05.2001, Bl. 47 VA) - zunächst im Wege einer Schätzung (für 2002 24.960,00 EUR, Bl. 229, 268 VA) - ab 01.12.2002 angerechnet worden. Nach Vorlage der Einkommenssteuerbescheide aus den Jahren 2002 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb 36.965,00 EUR; Bl. 297 VA), 2003 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb 32.535,00 EUR; Bl. 301 VA) und 2004 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb 22.052,00 EUR; Bl. 325 VA) rechnete die Beklagte diese Beträge auf die Witwenrente an und forderte mit Bescheid vom 16.01.2006 für die Zeit vom 01.07.2003 bis 28.02.2006 eine Überzahlung in Höhe von 4.168,80 EUR zurück (Bl. 387 VA). Dieser Bescheid vom 16.01.2006 wurde mit Urteil des Sozialgerichts (SG) Freiburg vom 27.11.2008 wieder aufgehoben, weil die Beklagte entgegen des als Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides vom 26.08.2003 allein in Betracht kommenden § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) kein Ermessen ausübte (S 11 R 472/07).

Im August 2007 heiratete die Klägerin erneut und beantragte im Januar 2009 die Abfindung ihrer Hinterbliebenenrente (Bl. 655 VA).

Mit Bescheid vom 02.03.2009 änderte die Beklagte den bisherigen Bescheid hinsichtlich des Zahlbetrages der Rente für die Zeit vom 01.07.2003 bis 31.08.2007 auf der Grundlage des § 48 SGB X und nahm eine erneute Einkommensanrechnung vor. Dabei beließ sie es für die Zeit vom 01.07.2003 bis 30.06.2005 bei der bisherigen Anrechnung und errechnete für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.08.2007 sogar eine Nachzahlung in Höhe von 18,74 EUR (Bl. 737 ff., 749 VA). Insoweit legte sie die tatsächlichen Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb zu Grunde, wie sie in den von der Klägerin vorgelegten Einkommenssteuerbescheiden der Jahre 2004 bis 2006 festgestellt worden waren (2004: 22.052,00 EUR; 2005: 27.614,00 EUR; 2006: 35.575,00 EUR). Für die Berechnung der Brutto-Rente und die Berechnung der Anrechnungsgrundlagen wird ausdrücklich auf die Feststellungen im Bescheid vom 02.03.2009 Bezug genommen.

Dann hob die Beklagte die Rentenbewilligung mit dem hier ebenfalls streitgegenständlichen Bescheid vom 11.03.2009 und auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 SGB X unter Hinweis auf die erneute Heirat der Klägerin und damit wegen Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen der Witwenrente (§ 46 Abs. 2 in Verbindung mit § 100 Abs. 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI)) mit Wirkung vom 01.09.2007 wieder auf. Gleichzeitig entsprach sie dem Antrag der Klägerin auf Gewährung der Witwenrentenabfindung nach § 107 SGB VI, errechnete die Abfindung in Höhe von 10.697,28 EUR und rechnete die Überzahlung der Witwenrente für den Zeitraum vom 01.09.2007 bis 30.11.2007 in Höhe von 685,11 EUR mit der Abfindung auf (Bl. 793 VA). Auch bei der Berechnung der Witwenrentenabfindung sah sich die Beklagte mit Blick auf das Arbeitseinkommen der Klägerin an die Daten des Steuerbescheides gebunden. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auch in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Ausführungen im Bescheid Bezug genommen.

Gegen die Bescheide vom 02.03.2009 und 11.03.2009 erhob die Klägerin unter Hinweis darauf Widerspruch, dass ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Berechnung der Witwenrente um die dauernde Last in Höhe von monatlich 1.500,00 EUR zu vermindern seien, die sie für ihr Schuhgeschäft anstelle von Pachtzinsen an ihre Eltern zahle (Bl. 805, 809 VA). Die Klägerin hatte bis März 2004 das Schuhgeschäft von ihren Eltern gepachtet und hierfür Pachtzinsen gezahlt. Durch notariellen Übergabe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom 16.03.2004 wurde der Klägerin dann in teilweiser Vorwegnahme der Erbfolge der Grundbesitz und das Schuheinzelhandelsgeschäft zum Alleineigentum übertragen (Bl. 16 ff. SG-Akte). Als Gegenleistung behielten die Eltern der Klägerin ein Wohnrecht im übereigneten Haus, außerdem verpflichtete sich die Klägerin, an ihre Eltern ab April 2004 einen monatlichen Betrag in Höhe von 1.500,00 EUR als dauernde Last zu zahlen (Bl. 18 Rs. SG-Akte). Die Beklagte wies die Widersprüche der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009 zurück und begründete dies damit, dass sich die Beurteilung, welche Einkünfte der Klägerin als Arbeitseinkommen anzusehen seien, allein nach der Begriffsdefinition in § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) richte (Bl. 829 VA).

Das SG Freiburg hat die am 30.11.2009 eingegangene Klage mit Urteil vom 06.06.2011 unter Hinweis darauf abgewiesen, dass die Beklagte bei ihren Berechnungen der Witwenrente von einem zutreffenden Einkommen der Klägerin ausgegangen sei und zu Recht die in den Einkommenssteuerbescheiden der Jahre 2004 bis 2006 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu Grunde gelegt habe. Schließlich bestehe - so das SG Freiburg - zwischen dem steuerrechtlichen Gewinn und dem sozialversicherungsrechtlichen Arbeitseinkommen volle Identität. Angesichts dessen sei die dauernde Last in Höhe von monatlich 1.500,00 EUR beim Einkommen der Klägerin nicht in Abzug zu bringen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 20.06.2011 zugestellte Urteil am 19.07.2011 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat erneut drauf verwiesen, dass die monatlichen Zahlungen in Höhe von 1.500,00 EUR in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb ihres Erwerbsgeschäftes stünden und ihren Gewinn entsprechend schmälerten. Obwohl diese Zahlungen steuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben, sondern nur als Sonderausgaben zu berücksichtigen seien, müssten sie sich doch sozialversicherungsrechtlich als einkommensmindernd auswirken. Es stelle einen Gleichheitsverstoß dar, wenn zwar die - von ihr früher bis 2004 gezahlten - Pachtzinsen ihr Einkommen minderten, nicht jedoch auch die Aufwendungen aus der dauernden Last. Schließlich beruhten beide Zahlungen an ihre Eltern auf einem gleichen Sachverhalt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.06.2011 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 02.03.2009 und 11.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, höhere Witwenrente und höhere Witwenrentenabfindung zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Streitgegenstand der - zulässigerweise im Wege der objektiven Klagehäufung nach § 56 SGG erhobenen - kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage sind die Bescheide der Beklagten vom 02.03.2009 und 11.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2009. Unstreitig zwischen den Beteiligten und von der Klägerin nicht angegriffen ist in diesem Zusammenhang die Berechnung der Brutto-Rente für den Zeitraum vom 01.07.2003 bis 31.08.2007. Allein streitig ist die Höhe des Zahlbetrags der Witwenrente, wie er sich ab April 2004 nach Anrechnung des Einkommens der Klägerin aus ihrer selbständigen Tätigkeit als Inhaberin des Schuhgeschäftes ergibt. Dabei streiten die Beteiligten, ob Zahlungen der Klägerin aus der dauernden Last in Höhe von monatlich 1.500,00 EUR als einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.

Der Bescheid vom 02.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn die Klägerin hatte im Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.08.2007 keinen Anspruch auf Zahlung höherer Witwenrente. Die Beklagte durfte - unter Beachtung der Rechtskraftwirkung des Urteils des SG Freiburg vom 27.11.2008 - vorliegend erneut eine Entscheidung über den Zeitraum des (rechtskräftig aufgehobenen) Bescheides vom 16.01.2006 treffen, da sich der Zahlbetrag für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 30.06.2005 unter Beibehaltung der bisherigen Einkommensschätzung nicht - und somit auch nicht zum Nachteil der Klägerin - änderte sowie für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.08.2007 lediglich eine Änderung zu Gunsten der Klägerin erfolgte. Insoweit kann vorliegend auch dahinstehen, ob sich der Bescheid der Beklagten auf § 44 SGB X oder § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X stützt. Nach den zutreffenden - und im Übrigen auch von der Klägerin nicht angegriffenen - Be-rechnungen der Beklagten im Bescheid vom 02.03.2009 beläuft sich der monatliche Brutto-Betrag der der Klägerin zustehenden großen Witwenrente ab 01.04.2004 auf 632,55 EUR und ab 01.07.2007 auf 635,94 EUR (Bl. 747 VA). Ausgehend hiervon stehen der Klägerin nach Anrech-nung von Einkommen aus ihrer selbständigen Tätigkeit keine höheren Zahlbeträge als 524,68 EUR ab 01.04.2004, 583,03 EUR ab 01.07.2005, 471,43 EUR ab 01.07.2006 und 317,17 EUR ab 01.07.2007 zu. Denn bei der Ermittlung der Höhe des anzurechnenden Einkommens hat die Beklagte zu Recht die von der Klägerin geltend gemachte Last von monatlich 1.500,00 EUR unbe¬rücksichtigt gelassen, mithin von den Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht in Abzug ge¬bracht.

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten insoweit, dass auf den Witwenrentenanspruch der Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Einkommen anzurechnen ist. Denn ausge-schlossen ist dies nach Satz 2 der Regelung bei Witwenrenten nur dann, wenn der Rentenart-faktor mindestens 1,0 beträgt, was bei der großen Witwenrente nach dem Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, hier also ab dem 01.12.2002, nicht der Fall ist (§ 67 Nr. 5 SGB VI). Auch die Richtigkeit der Berechnung der Höhe des anzurechnenden Einkommens als solcher steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

§ 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI verweist hinsichtlich des bei der Hinterbliebenenrente anzurechnenden Einkommens auf die §§ 18a bis 18e SGB IV. Nach § 18a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist bei einer Rente wegen Todes Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, das in § 18a Abs. 2 Satz 1 SGB IV näher als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen definiert wird. Arbeitsentgelt wird aus einer abhängigen Beschäftigung erzielt (§ 14 SGB IV), wogegen das - vorliegend bei der Klägerin relevante - Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV "der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit" ist (Urteil des erkennenden Senats vom 23.03.2006, L 10 R 5066/02, juris Rdnr. 21).

Der Begriff der "selbständigen Tätigkeit" in § 15 SGB IV umfasst u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Einkommensteuergesetz (EStG - hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 25.02.2004, B 5 RJ 56/02 R, juris Rdnr. 17; im Anschluss daran auch Urteil des Senats, a.a.O., juris Rdnr. 22). Mit Wirkung ab 01.01.1995 - also auch für den hier maßgeblichen Zeitraum - erfolgte eine Neufassung des § 15 SGB IV durch Art. 3 Nr. 2 Agrarsozialreformgesetz 1995 (ASRG). § 15 Satz 1 SGB IV a.F. blieb unverändert und wurde zu § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. § 15 Satz 2 SGB IV a.F. ("Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen.") wurde gestrichen und durch § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV n.F. ersetzt ("Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist."). Die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks 12/5700 S. 92 zu Art. 3 Nr. 2) führt dazu an, dass die Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. aus Gründen der Praktikabilität erfolge. Mit der Einfügung des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV solle nunmehr bei unterschiedlichen Wertungen, sei es nur zwischen den Trägern der Sozialversicherung, sei es zwischen den Trägern der Sozialversicherung und der Finanzverwaltung, allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit "eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird." Dies gilt - soweit Arbeitseinkommen anzurechnen ist - generell für das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung.

Für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbständiger Tätigkeit" neben dem steuerrechtlichen Begriff des Gewinns aus selbstständiger Tätigkeit bleibt - entgegen der Ansicht der Klägerin - somit kein Raum. Ungeachtet dessen, dass das Einkommensteuerrecht den Begriff des Arbeitseinkommens nicht kennt, soll damit nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung für die Frage, ob (und in welcher Höhe) Einkommen aus selbständiger Arbeit erzielt wird, das in der Terminologie des SGB als Arbeitseinkommen bezeichnet wird, allein das Steuerrecht maßgebend sein, um den Sozialleistungsträgern eine eigenständige und mitunter schwierige Prüfung der Zuordnung und Ermittlung der Höhe von Arbeitseinkommen zu ersparen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 13/04 R, juris Rdnr. 27 m.w.N.; im Anschluss daran auch Urteil des erkennenden Senats, a.a.O., juris Rdnr. 24).

Auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 27.01.1999 (B 4 RA 17/98 R; vom Kläger im Berufungsschriftsatz irrtümlich als Urteil vom 27.01.2003 bezeichnet, Bl. 3 LSG-Akte), kann sich die Klägerin nicht berufen. Diesem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass der 4. Senat entgegen dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung anderer Senate des BSG die grundsätzliche Anlehnung des Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit" an die Systematik und Bewertung durch das Steuerrecht aufgegeben hätte (siehe zum Ganzen BSG, Urteil des 5. Senats vom 25.02.2004, a.a.O., juris Rdnr. 20 m.w.N., und BSG, Urteil des 13. Senats vom 07.10.2004, a.a.O., juris Rdnr. 43 m.w.N.). Liegen - so auch der 4. Senat - Einnahmen aus eigener selbständiger Tätigkeit vor, sind dem Träger der Sozialversicherung eigene Wertungen über die Höhe des Gewinns nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht erlaubt.

Im Ergebnis sind daher die finanzamtlichen Feststellungen in den Einkommensteuerbescheiden zu übernehmen (so schon BSG, Urteil vom 30.09.1997, 4 RA 122/95 in SozR 3-2400 § 15 Nr. 4 und Urteil vom 22.09.1999, B 5 RJ 54/98 R in SozR 3-2600 § 34 Nr. 2 jeweils § 15 SGB IV a.F.). Anderes gilt nur, wenn gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder die steuerrechtliche Bewertung des Finanzamtes schlüssige und erheblichen Einwendungen vorgebracht werden (BSG, Urteil vom 30.09.1997, a.a.O.) oder Fehler in der Beurteilung durch die Steuerverwaltung ohne weiteres erkennbar sind (Urteil des erkennenden Senats, a.a.O., juris Rdnr. 26). Für die Annahme einer solchen Ausnahme bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.

Für die Witwenrentenberechnung ab 01.07.2005 sind daher die in den Steuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2004 i. H. v. 22.052,00 EUR, für das Jahr 2005 von 27.614,00 EUR und für das Jahr 2006 von 35.575,00 EUR zu Grunde zu legen; die Höhe dieser Einkünfte wird von der Klägerin auch ausdrücklich zugestanden und nicht in Frage gestellt (Bl. 3 LSG-Akte). Übertragen auf den vorliegenden Fall heißt dies jedoch auch, dass die in den Steuerbescheiden festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Berechnung der Witwenrente nicht insoweit zu korrigieren sind, als für die dauernde Last monatlich jeweils 1.500,00 EUR einkommensmindernd in Abzug zu bringen sind.

Entgegen dem Vortrag der Klägerin liegt in einer solchen Behandlung ihres Arbeitseinkommens im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung (Bl. 4 LSG-Akte) im Vergleich zur Situation der Klägerin vor Durchführung der vorweggenommenen Erbfolge. Schließlich hat die Klägerin mit Durchführung der vorweggenommenen Erbfolge Alleineigentum an dem übertragenen Grundbesitz und dem Gewerbebetrieb erworben, während sie vorher nur Pächterin eines Teils der Räume war und für das Nutzungsrecht Pachtzinsen zu entrichten hatte. Von einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte kann hier offensichtlich nicht gesprochen werden.

Angesichts dessen ist auch der Bescheid vom 11.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2009 rechtmäßig; denn die Klägerin hatte keinen Anspruch auf höhere Witwenrente in den Jahren 2006 und 2007, so dass auch die Höhe der Rentenabfindung nicht zu beanstanden ist. Nach § 107 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden Witwenrenten bei der ersten Wiederheirat der Berechtigten mit dem 24fachen Monatsbetrag abgefunden. Monatsbetrag in diesem Sinne ist nach § 107 Abs. 2 Satz 1 SGB VI der Durchschnitt der für die letzten zwölf Kalendermonate geleiteten Witwenrente.

Der Abfindungsbetrag nach § 107 Abs. 1 Satz 1 SGB VI beträgt vorliegend 10.697,28 EUR. Ausgehend von der - vorstehend dargestellten - zutreffenden Berechnung der großen Witwenrente hat die Beklagte auch den durchschnittlichen monatlichen Rentenbetrag im maßgeblichen Zeitraum vom 01.09.2006 bis 31.08.2007 in Höhe von 445,72 EUR zutreffend berechnet. Sie hat dabei zu Recht die Rentenhöhe vom 01.09.2006 bis 30.06.2007 mit monatlich 471,43 EUR und vom 01.07.2007 bis 31.08.2007 mit monatlich 317,17 EUR zu Grunde gelegt (vgl. Bl. 795 VA).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, denn der Senat hält sich mit dieser Entscheidung im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung des BSG.
Rechtskraft
Aus
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