Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Cottbus (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 19 AL 161/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 24.04.2009 in der Fassung der Bescheide vom 14.05.2009 und vom 30.05.2009, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld ab 15.03.2009 nach einem Bemessungsentgelt von 74,44 EUR/Tag zu gewähren. II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. III. Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 15.03. bis 30.04.2009.
Der 1962 geborene Kläger war bis zum 31.08.2007 als Instandhalter bei der Firma Elektro S C Deutschland GmbH, T, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete infolge Aufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung von 26.443,00 EUR. Das Monatsgehalt im letzten Beschäftigungsjahr rangierte zwischen 2.024,05 EUR und 3.537,15 EUR (Brutto). Zum 01.09.2007 bis letztlich dem 03.08.2008 wechselte der Kläger in die P GmbH, B, aufgrund 3-seitiger Vereinbarung vom 14.08.2007 mit Kurzarbeit 0; er erhielt Transferkurzarbeitergeld in Höhe von 2.018,69 EUR/Monat. Vom 04.08.2008 bis zum 05.09.2008 war der Kläger als Energieanlagenelektroniker bei der Firma B A GmbH, B, beschäftigt; unter Berücksichtigung der Unterbrechung vom 18.08. bis 31.08.2008 erhielt er ein Arbeitsentgelt von 1.461,10 EUR brutto. Vom 08.09.2008 bis zum 14.03.2009 war der Kläger als Techniker bei der Firma C SM GmbH & Co.KG, F gegen ein Arbeitsentgelt von insgesamt 14.193,38 EUR brutto beschäftigt. In 2008 war auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse 3 eingetragen; außerdem 2 Kinderfreibeträge (Geburtsdaten 23.06.88 und 24.05.93).
Am 27.02.2009 meldete sich der Kläger persönlich arbeitssuchend, am 09.03.2009 meldete er sich persönlich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 15.03.2009.
Mit Bescheid vom 24.04.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 15.03.2009 nach einem Bemessungsentgelt von 71,19 EUR/Tag, der Lohnsteuerklasse 4 und dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von 30,86 EUR/Tag. Die Beklagte ging dabei u. a. davon aus, dass der Kläger im Bemessungsrahmen vom 01.03.2008 bis zum 14.03.2009 ein Arbeitsentgelt von insgesamt 25.841,10 EUR erzielt habe, das nach Division durch 363 Tage ein Bemessungsentgelt von 71,19 EUR/Tag ergäbe.
Dagegen ging der Kläger am 22.05.2009 in Widerspruch, insbesondere mit dem Ziel, Leistungen auf der Grundlage seiner maßgeblichen Steuerklasse 3 sowie unter Berücksichtigung des vorhergehenden (vollen) Samsung-Gehalts, statt des (geringeren) Transferkurzarbeitergeldes während des Arbeitsverhältnisses mit der Personaltransfer GmbH zu erhalten.
Mit Bescheid vom 14.05.2009 hatte die Beklagte dem Kläger bereits Arbeitslosengeld ab 15.03.2009 nach der Lohnsteuerklasse 3 in Höhe von 36,36 EUR/Tag bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 30.05.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland und der damit verbundenen Änderung des Einkommenssteuergesetzes nach dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von 36,49 EUR/Tag. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen als unbegründet zurück. Zugleich erklärte sie sich bereit, die Aufwendungen des Klägers in Höhe von 10 v. H. zu erstatten. Die Beklagte führte zur Begründung im Wesentlichen aus, bei der Feststellung des während des Bezugs von Transferkurzarbeitergelds ausgefallen Arbeitsentgelts seien die im Vergleich zum Arbeitsverhältnis beim vorherigen Arbeitgeber veränderten Vertragsbedingungen bei der Transfergesellschaft zu berücksichtigen, und zwar mit der Folge, dass als ausgefallenes Arbeitsentgelt nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 SGB III das während des Bezug von Transferkurzarbeitgeld aktuell ausfallende Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei.
Mit seiner am 13.07.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Er beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.04.2009 in der Fassung der Bescheide vom 14.05. und 30.05.2009, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab 15.03.2009 bis zum 30.04.2009 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 74,44 EUR/Tag zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid.
Zum 01.05.2009 hat sich der Kläger in Arbeit abgemeldet.
Für die weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und dem Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 24.04.2009 in der Fassung der Bescheide vom 14.05.2009 und 30.05.2009, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn ihm steht ein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab 15.03.2009 nach einem Bemessungsentgelt von 74,44 EUR/Tag zu.
Dies folgt aus § 131 Abs. 3 Nr. 1 SGB III.
Zwar ist nach dem Wortlaut des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III für die Bemessung des Arbeitslosengelds des Klägers dasjenige Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das der Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte, nicht dasjenige, das der Arbeitslose erzielt hätte, wäre er nicht in eine Transfergesellschaft gewechselt, sondern das Arbeitsverhältnis mit dem vormaligen Beschäftigungsbetrieb fortgeführt worden.
Diese Wortlautauslegung wird dem Zweck des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III sowie den Besonderheiten des Transferkurzarbeitergeldes indes nicht gerecht.
§ 131 Abs.3 Nr.1 SGB III bezweckt für den Fall des (endgültigen) Eintritts der Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Absenkung des Arbeitsentgelts wegen (vorübergehenden) Arbeitsausfalls, den Betroffenen, der zur Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses eine Absenkung seines Arbeitsentgelts in Kauf nimmt, davor zu schützen, über die Absenkung des Arbeitsentgelts hinaus auch noch eine ("weitere") Absenkung des Arbeitslosengeldes infolge Anknüpfung an das abgesenkte Arbeitsentgelt hinnehmen zu müssen und so zur Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses unter Inkaufnahme abgesenkten Arbeitsentgelts zu motivieren.
Beim Transferkurzarbeitergeld liegen die Umstände nun aber so, dass der Arbeitsausfall endgültig ist und streng genommen auch kein Beschäftigungsverhältnis fortgeführt wird, sondern der Betroffene in eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit wechselt, d.h. das Beschäftigungsverhältnis mit dem abgebenden Betrieb beendet und ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit u.a. zum Zwecke der Qualifizierung des Betroffenen ("neu") begründet wird (§ 216b Abs.3 Nr.2, Abs.4 Nr.2a SGB III).
In dieser Konstellation macht die Bemessung nach dem Wortlaut des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III ersichtlich keinen Sinn. Es würde geradezu zirkulär letztlich "statt" ans Transferkurzarbeitergeld ans Transferkurzarbeitergeld angeknüpft, wobei es keinen erheblichen Unterschied macht, ob das Transferkurzarbeitergeld – wie vorliegend – noch um einen bestimmten Betrag aufgestockt wird, der dann aber – nach bisheriger Auffassung der Beklagten – gleichermaßen auf die Bemessung des Arbeitslosengelds 1:1 durchschlagen soll. Der Zweck des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III, den Betroffenen davor zu schützen, über die Absenkung des Arbeitsentgelts hinaus auch noch eine (weitere) Absenkung des Arbeitslosengeldes infolge Anknüpfung an das abgesenkte Arbeitsentgelt hinnehmen zu müssen und so zur Fortführung (bzw. Neubegründung) des Beschäftigungsverhältnisses (mit der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit) unter Inkaufnahme abgesenkten Arbeitsentgelts zu motivieren, würde so oder so verfehlt.
Bei innerhalb des Bemessungsrahmens bzw. –zeitraums gewährtem Transferkurzarbeitergeld ist § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III nach Überzeugung der Kammer dahin zu verstehen, dass für die Bemessung des Arbeitslosengelds dasjenige Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, das der Arbeitslose ohne den endgültigen Arbeitsausfall und ohne den Wechsel in die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit bei dem abgebenden Betrieb erzielt hätte.
Nur auf diese Weise wird sowohl dem Zweck des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III als auch den Besonderheiten des Transferkurzarbeitergeldes Rechnung getragen.
Dagegen ließe sich auch nicht einwenden, Transferkurzarbeitergeld sei, wie sein Standort außerhalb des Fünften Unterabschnitts belege, kein Kurzarbeitergeld iSv. § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III. Abgesehen davon, dass auch die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid implizit davon ausgeht, dass auch das Transferkurzarbeitergeld Kurzarbeitergeld iSv. § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III darstellt, ist das Transferkurzarbeitergeld nur deshalb außerhalb des Fünften Unterabschnitts verortet, weil seine Anspruchsvoraussetzungen sich von denen des Kurzarbeitergeldes unterscheiden, insbesondere der Arbeitsausfall endgültig sein muss. Für die Berechnung und Auszahlung/Verfügung verweist § 216b Abs.10 SGB III indes uneingeschränkt auf den Fünften Unterabschnitt. Daraus kann nur zu folgern sein, dass Transferkurzarbeitergeld auch in übrigen Normwirkmechanismen des SGB III die Funktion des Kurzarbeitergelds einnimmt. Im Übrigen ging auch der Gesetzgeber davon aus, dass es sich beim Transferkurzarbeitergeld um eine Sonderform des Kurzarbeitergelds wie auch das unstreitig erfasste Saison-Kurzarbeitergeld handelt (vgl. BT-Drucks. 15/1515 S. 92).
Nach Überzeugung der Kammer ist daher innerhalb des von der Beklagten bereits festgestellten Bemessungsrahmens bzw. -zeitraums für die Zeit vom 1. – eigentlich: 15. – 03.2008 bis zum 03.08.2008 anstelle des von der Pe GmbH bescheinigten (geringeren) Arbeitsentgelts auf dasjenige (höhere) Arbeitsentgelt abzuheben, das der Kläger bei der S C Deutschland GmbH in dieser Zeit erzielt hätte, wäre das Arbeitsverhältnis mit ihr nicht aufgrund dreiseitiger Vereinbarung vom 14. 8. 2007 mit Wirkung zum Ablauf des 31. 8. 2007 aufgehoben, sondern fortgesetzt worden, und insofern indirekt bzw. hilfsweise das für die Vergleichsmonate März 2007 bis (anteilig) August 2007 bescheinigte Arbeitsentgelt heranzuziehen.
Es ergibt sich daher folgende Berechnung:
März 2007 2.123,69 EUR: 31 x 17 = 1.164,60 EUR April 2007 2.248,96 EUR Mai 2007 2.464,93 EUR Juni 2007 2.024,05 EUR Juli 2007 2.118,99 EUR bis 03.08.2007 3.129,63 EUR: 31 x 3 = 302,87 EUR Zwischensumme 10.324,40 EUR 04.08.-05.09.2008 1.461,10 EUR 08.09.2008-14.03.2009 14.193,38 EUR Ergebnis 26.178,88 EUR
Nach Division durch 348 Tage (15.03.08-14.03.09) ergibt sich daher zwanglos ein Bemessungsentgelt von 74,44 EUR/Tag.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt sowohl die Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren als auch das Resultat der Rechtsverfolgung.
III. Die Berufung und Sprungrevision hat die Kammer zugelassen, da – soweit ersichtlich – die Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Wechsel in Transfergesellschaften unter Gewährung von Transferkurzarbeitergeld höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 15.03. bis 30.04.2009.
Der 1962 geborene Kläger war bis zum 31.08.2007 als Instandhalter bei der Firma Elektro S C Deutschland GmbH, T, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete infolge Aufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung von 26.443,00 EUR. Das Monatsgehalt im letzten Beschäftigungsjahr rangierte zwischen 2.024,05 EUR und 3.537,15 EUR (Brutto). Zum 01.09.2007 bis letztlich dem 03.08.2008 wechselte der Kläger in die P GmbH, B, aufgrund 3-seitiger Vereinbarung vom 14.08.2007 mit Kurzarbeit 0; er erhielt Transferkurzarbeitergeld in Höhe von 2.018,69 EUR/Monat. Vom 04.08.2008 bis zum 05.09.2008 war der Kläger als Energieanlagenelektroniker bei der Firma B A GmbH, B, beschäftigt; unter Berücksichtigung der Unterbrechung vom 18.08. bis 31.08.2008 erhielt er ein Arbeitsentgelt von 1.461,10 EUR brutto. Vom 08.09.2008 bis zum 14.03.2009 war der Kläger als Techniker bei der Firma C SM GmbH & Co.KG, F gegen ein Arbeitsentgelt von insgesamt 14.193,38 EUR brutto beschäftigt. In 2008 war auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse 3 eingetragen; außerdem 2 Kinderfreibeträge (Geburtsdaten 23.06.88 und 24.05.93).
Am 27.02.2009 meldete sich der Kläger persönlich arbeitssuchend, am 09.03.2009 meldete er sich persönlich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 15.03.2009.
Mit Bescheid vom 24.04.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 15.03.2009 nach einem Bemessungsentgelt von 71,19 EUR/Tag, der Lohnsteuerklasse 4 und dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von 30,86 EUR/Tag. Die Beklagte ging dabei u. a. davon aus, dass der Kläger im Bemessungsrahmen vom 01.03.2008 bis zum 14.03.2009 ein Arbeitsentgelt von insgesamt 25.841,10 EUR erzielt habe, das nach Division durch 363 Tage ein Bemessungsentgelt von 71,19 EUR/Tag ergäbe.
Dagegen ging der Kläger am 22.05.2009 in Widerspruch, insbesondere mit dem Ziel, Leistungen auf der Grundlage seiner maßgeblichen Steuerklasse 3 sowie unter Berücksichtigung des vorhergehenden (vollen) Samsung-Gehalts, statt des (geringeren) Transferkurzarbeitergeldes während des Arbeitsverhältnisses mit der Personaltransfer GmbH zu erhalten.
Mit Bescheid vom 14.05.2009 hatte die Beklagte dem Kläger bereits Arbeitslosengeld ab 15.03.2009 nach der Lohnsteuerklasse 3 in Höhe von 36,36 EUR/Tag bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 30.05.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland und der damit verbundenen Änderung des Einkommenssteuergesetzes nach dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von 36,49 EUR/Tag. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen als unbegründet zurück. Zugleich erklärte sie sich bereit, die Aufwendungen des Klägers in Höhe von 10 v. H. zu erstatten. Die Beklagte führte zur Begründung im Wesentlichen aus, bei der Feststellung des während des Bezugs von Transferkurzarbeitergelds ausgefallen Arbeitsentgelts seien die im Vergleich zum Arbeitsverhältnis beim vorherigen Arbeitgeber veränderten Vertragsbedingungen bei der Transfergesellschaft zu berücksichtigen, und zwar mit der Folge, dass als ausgefallenes Arbeitsentgelt nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 SGB III das während des Bezug von Transferkurzarbeitgeld aktuell ausfallende Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei.
Mit seiner am 13.07.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Er beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.04.2009 in der Fassung der Bescheide vom 14.05. und 30.05.2009, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab 15.03.2009 bis zum 30.04.2009 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 74,44 EUR/Tag zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid.
Zum 01.05.2009 hat sich der Kläger in Arbeit abgemeldet.
Für die weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und dem Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 24.04.2009 in der Fassung der Bescheide vom 14.05.2009 und 30.05.2009, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn ihm steht ein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab 15.03.2009 nach einem Bemessungsentgelt von 74,44 EUR/Tag zu.
Dies folgt aus § 131 Abs. 3 Nr. 1 SGB III.
Zwar ist nach dem Wortlaut des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III für die Bemessung des Arbeitslosengelds des Klägers dasjenige Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das der Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte, nicht dasjenige, das der Arbeitslose erzielt hätte, wäre er nicht in eine Transfergesellschaft gewechselt, sondern das Arbeitsverhältnis mit dem vormaligen Beschäftigungsbetrieb fortgeführt worden.
Diese Wortlautauslegung wird dem Zweck des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III sowie den Besonderheiten des Transferkurzarbeitergeldes indes nicht gerecht.
§ 131 Abs.3 Nr.1 SGB III bezweckt für den Fall des (endgültigen) Eintritts der Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Absenkung des Arbeitsentgelts wegen (vorübergehenden) Arbeitsausfalls, den Betroffenen, der zur Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses eine Absenkung seines Arbeitsentgelts in Kauf nimmt, davor zu schützen, über die Absenkung des Arbeitsentgelts hinaus auch noch eine ("weitere") Absenkung des Arbeitslosengeldes infolge Anknüpfung an das abgesenkte Arbeitsentgelt hinnehmen zu müssen und so zur Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses unter Inkaufnahme abgesenkten Arbeitsentgelts zu motivieren.
Beim Transferkurzarbeitergeld liegen die Umstände nun aber so, dass der Arbeitsausfall endgültig ist und streng genommen auch kein Beschäftigungsverhältnis fortgeführt wird, sondern der Betroffene in eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit wechselt, d.h. das Beschäftigungsverhältnis mit dem abgebenden Betrieb beendet und ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit u.a. zum Zwecke der Qualifizierung des Betroffenen ("neu") begründet wird (§ 216b Abs.3 Nr.2, Abs.4 Nr.2a SGB III).
In dieser Konstellation macht die Bemessung nach dem Wortlaut des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III ersichtlich keinen Sinn. Es würde geradezu zirkulär letztlich "statt" ans Transferkurzarbeitergeld ans Transferkurzarbeitergeld angeknüpft, wobei es keinen erheblichen Unterschied macht, ob das Transferkurzarbeitergeld – wie vorliegend – noch um einen bestimmten Betrag aufgestockt wird, der dann aber – nach bisheriger Auffassung der Beklagten – gleichermaßen auf die Bemessung des Arbeitslosengelds 1:1 durchschlagen soll. Der Zweck des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III, den Betroffenen davor zu schützen, über die Absenkung des Arbeitsentgelts hinaus auch noch eine (weitere) Absenkung des Arbeitslosengeldes infolge Anknüpfung an das abgesenkte Arbeitsentgelt hinnehmen zu müssen und so zur Fortführung (bzw. Neubegründung) des Beschäftigungsverhältnisses (mit der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit) unter Inkaufnahme abgesenkten Arbeitsentgelts zu motivieren, würde so oder so verfehlt.
Bei innerhalb des Bemessungsrahmens bzw. –zeitraums gewährtem Transferkurzarbeitergeld ist § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III nach Überzeugung der Kammer dahin zu verstehen, dass für die Bemessung des Arbeitslosengelds dasjenige Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, das der Arbeitslose ohne den endgültigen Arbeitsausfall und ohne den Wechsel in die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit bei dem abgebenden Betrieb erzielt hätte.
Nur auf diese Weise wird sowohl dem Zweck des § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III als auch den Besonderheiten des Transferkurzarbeitergeldes Rechnung getragen.
Dagegen ließe sich auch nicht einwenden, Transferkurzarbeitergeld sei, wie sein Standort außerhalb des Fünften Unterabschnitts belege, kein Kurzarbeitergeld iSv. § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III. Abgesehen davon, dass auch die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid implizit davon ausgeht, dass auch das Transferkurzarbeitergeld Kurzarbeitergeld iSv. § 131 Abs.3 Nr.1 SGB III darstellt, ist das Transferkurzarbeitergeld nur deshalb außerhalb des Fünften Unterabschnitts verortet, weil seine Anspruchsvoraussetzungen sich von denen des Kurzarbeitergeldes unterscheiden, insbesondere der Arbeitsausfall endgültig sein muss. Für die Berechnung und Auszahlung/Verfügung verweist § 216b Abs.10 SGB III indes uneingeschränkt auf den Fünften Unterabschnitt. Daraus kann nur zu folgern sein, dass Transferkurzarbeitergeld auch in übrigen Normwirkmechanismen des SGB III die Funktion des Kurzarbeitergelds einnimmt. Im Übrigen ging auch der Gesetzgeber davon aus, dass es sich beim Transferkurzarbeitergeld um eine Sonderform des Kurzarbeitergelds wie auch das unstreitig erfasste Saison-Kurzarbeitergeld handelt (vgl. BT-Drucks. 15/1515 S. 92).
Nach Überzeugung der Kammer ist daher innerhalb des von der Beklagten bereits festgestellten Bemessungsrahmens bzw. -zeitraums für die Zeit vom 1. – eigentlich: 15. – 03.2008 bis zum 03.08.2008 anstelle des von der Pe GmbH bescheinigten (geringeren) Arbeitsentgelts auf dasjenige (höhere) Arbeitsentgelt abzuheben, das der Kläger bei der S C Deutschland GmbH in dieser Zeit erzielt hätte, wäre das Arbeitsverhältnis mit ihr nicht aufgrund dreiseitiger Vereinbarung vom 14. 8. 2007 mit Wirkung zum Ablauf des 31. 8. 2007 aufgehoben, sondern fortgesetzt worden, und insofern indirekt bzw. hilfsweise das für die Vergleichsmonate März 2007 bis (anteilig) August 2007 bescheinigte Arbeitsentgelt heranzuziehen.
Es ergibt sich daher folgende Berechnung:
März 2007 2.123,69 EUR: 31 x 17 = 1.164,60 EUR April 2007 2.248,96 EUR Mai 2007 2.464,93 EUR Juni 2007 2.024,05 EUR Juli 2007 2.118,99 EUR bis 03.08.2007 3.129,63 EUR: 31 x 3 = 302,87 EUR Zwischensumme 10.324,40 EUR 04.08.-05.09.2008 1.461,10 EUR 08.09.2008-14.03.2009 14.193,38 EUR Ergebnis 26.178,88 EUR
Nach Division durch 348 Tage (15.03.08-14.03.09) ergibt sich daher zwanglos ein Bemessungsentgelt von 74,44 EUR/Tag.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt sowohl die Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren als auch das Resultat der Rechtsverfolgung.
III. Die Berufung und Sprungrevision hat die Kammer zugelassen, da – soweit ersichtlich – die Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Wechsel in Transfergesellschaften unter Gewährung von Transferkurzarbeitergeld höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved