L 8 U 1065/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2346/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1065/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.02.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob im Wege einer Zugunstenentscheidung der 1999 erlittene Myocardeinfarkt des Klägers und der 2002 erlittene Hirninfarkt des Klägers weitere Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 07.02.1964 sind und deshalb der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13.04.2010 aufzuheben ist.

Der 1947 geborene Kläger zog sich am 07.02.1964 als Beifahrer eines Lieferwagens offene Frakturen an beiden Unterschenkeln und eine Oberschenkelfraktur links zu, deren Ausheilung durch bakterielle Infektion verzögert war. Unfallbedingt musste 1983 eine Amputation des linken Unterschenkels, 1986 eine Nachamputation und zuletzt 1990 die Kniegelenksexartikulation links vorgenommen werden. 1991 wurde eine Magenresektion durchgeführt, die nach rezidivierendem Magengeschwür wegen Einnahme von Schmerzmitteln indiziert war und als unfallbedingt anerkannt wurde.

In Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.04.2001 (S 4 U 2123/99) gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 03.05.2001 dem Kläger zuletzt Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. ab 01.11.1996.

Mit Schreiben vom 08.07.2004 macht der Kläger eine Verschlechterung des Unfallfolgezustands geltend. Er sei lang anhaltendem Stress in Verbindung mit der Krankheit, Operationen und dem Schmerzmittelkonsum ausgesetzt gewesen, weshalb es zur Gefäßschädigung gekommen sei und der Herzinfarkt 1999 mit nachfolgender Bypassoperation sowie der Hirninfarkt 2002 mittelbare Unfallfolgen seien. Außerdem sei Arthrosebildung im Bereich der Handgelenke und des rechten Knies als weitere Unfallfolge anzuerkennen. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen, u.a. auch von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, bei und veranlasste eine internistische gutachterliche Stellungnahme von Dr. L. , Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M. , vom 18.11.2004. Danach lägen beim Kläger als Risikofaktoren für einen Herzinfarkt Zigarettenrauchen, das der Kläger auch nach Herzinfarkt und Schlaganfall fortsetze, arterielle Hypertonie, Cholesterinerhöhung und ein familiäres Herzinfarktrisiko vor. Demgegenüber sei psychosozialer Stress als weniger bedeutsam einzustufen. Seit den letzten Jahren werde außerdem zunehmend wissenschaftlich erörtert, inwieweit Entzündungsprozesse in den Gefäßwänden an der Entwicklung der Arteriosklerose beteiligt seien. Die Bedeutung dieser Entzündungsprozesse sei noch nicht ganz klar. Nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Kenntnisstand seien die vom Kläger angeführten unfallbedingte Faktoren im Vergleich mit den schwerwiegenderen unfallunabhängigen Faktoren unbedeutend, was dadurch unterstrichen werde, dass die Arteriosklerose sich zwischen 1999 und 2002 ungewöhnlich stark verschlimmert habe, obwohl die unfallbedingten Faktoren nach Vortrag des Klägers im Wesentlichen nur bis 1991 wirksam gewesen sein. Mit Bescheid vom 16.12.2004 stellte die Beklagte als weitere Unfallfolge eine Arthrosebildung im Bereich beider Handgelenke durch die langjährige Benutzung zweier Gehstützen fest. Eine Erhöhung der unfallbedingten MdE ergäbe sich hierdurch nicht. Die Feststellung des Myocardinfarktes und des Hirninfarktes als Unfallfolge wurde abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 24.01.2005).

Im daran anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Reutlingen (S 8 U 389/05) wurde das Gutachten von Professor Dr. H. vom 27.09.2007 mit ergänzender Äußerung vom 16.01.2008 eingeholt. Danach bestünden beim Kläger als Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung einer Herzerkrankung das Zigarettenrauchen, eine komplexe Fettstoffwechselstörung, Übergewicht und eine anzunehmende genetische Disposition, da die Mutter des Klägers an einer koronaren Herzerkrankung gelitten habe und 68-jährig an einem Herzinfarkt gestorben sei. Psychosoziale und stressbedingte Faktoren, die seit den siebziger Jahren in der Risikofaktorenforschung zur Entstehung der Arteriosklerose diskutiert würden, spielten zwar eine Rolle, die jedoch den klassischen Risikofaktoren weit untergeordnet sei. Die Problematik der wissenschaftlichen Untersuchungen, die sich mit psychosozialem Stress beschäftigten, liege in dem fehlenden objektiven Parameter, mit dem psychosozialer Stress gemessen werden könne und der den Aufbau einer einigermaßen vergleichbaren Kontrollgruppe erlaube. Vorliegend sei, folge man der üblichen Risikofaktorenkonzeption, anzunehmen, dass nach Wegfall der psychosozialen Risikofaktoren sie im weiteren Verlauf keine Rolle mehr gespielt haben dürften. 8 Jahre nach Ausbleiben unfallbedingten psychosozialen Stresses sei deshalb mit keinen Folgeschäden mehr zu rechnen gewesen. Mit Urteil vom 06.08.2008 wies das SG die Klage ab. Die Berufung des Klägers (L 2 U 4273/08) wurde mit Urteil des Landessozialgerichts vom 31.07.2009 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (B 2 U 231/09 B) wies das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 20.10.2009 zurück.

Mit Antragsschreiben vom 11.03.2010 begehrte der Kläger nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Überprüfung des bestandskräftigen Bescheids vom 16.12.2004/Widerspruchsbescheids vom 24.01.2005 und die Anerkennung des Herzinfarktes von 1999 und des Hirninfarktes von 2002 als Unfallfolgen. Er verwies auf zahlreiche Veröffentlichungen zum Zusammenhang von Gefäßveränderungen mit psychosozialem Stress und Entzündungsprozessen, u.a. nach langjährigem Schmerzmittelgebrauch. Mit Bescheid vom 13.04.2010 lehnte die Beklagte die begehrte Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide und Feststellung von Unfallfolgen ab. Der Sachverhalt sei im sozialgerichtlichen Verfahren überprüft und bestätigt worden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2010 zurück.

Der Kläger erhob am 08.07.2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen. Er vertiefte sein bisheriges Vorbringen unter Vorlage zahlreicher Aufsätze und Internetausdrucke, u.a. das von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. 2008 herausgegebene "Positionspapier zur Bedeutung von psychosozialen Faktoren in der Kardiologie" sowie deren "Leitlinie: Koronare Herzkrankheit/Angina Pectoris" von 1998 bzw. 2008.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.02.2012 wies das SG die Klage ab. Eine die Anwendung von § 44 SGB X eröffnende Diskrepanz der Sachlage lasse sich nicht feststellen, denn der medizinische Sachstand im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides vom 16.12.2004 sei derselbe wie im Entscheidungszeitpunkt. Das Vorbringen des Klägers unter Hinweis auf vorgelegte Studienergebnisse, dass Stress, Medikamentenmissbrauch bzw. überhöhte Koffeinzufuhr zu Arteriosklerose führen könne, sei bereits im Ursprungsverfahren berücksichtigt worden. Es bestehe kein Anlass, der angeregten weiteren Beweisaufnahme nachzukommen, denn es entbehre jeden konkreten Bezugs zum Fall des Klägers, warum gerade die vom Kläger genannten Risikofaktoren die nach den Gutachten dargelegten Arterioskleroseursachen überwiegen sollen. Zu dem vom Kläger behaupteten unfallbedingten stressverursachten Nikotinabusus sei klarzustellen, dass schon deswegen kein rechtlicher Zusammenhang bestehe, weil insofern die freie Entscheidung des Klägers, mit dem Rauchen anzufangen bzw. es fortzusetzen, dazwischentrete.

Der Kläger hat am 12.03.2012 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er führt im Wesentlichen aus, das SG stütze sich auf das Gutachten von Professor Dr. H. , in dem aber wesentliche Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt seien und das dem derzeitigen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht entspreche. Er habe aufgezeigt, dass eine jahrelange schleichende Entzündung, abzulesen am erhöhten CRP(C-reaktives Protein)-Spiegel, zur Arterosklerose führe. Bei ihm seien die Einnahme von Schmerzmitteln, langjähriges Stresserlebnis und langjährige chronische Entzündungszustände in der Zusammenhangsbeurteilung nicht berücksichtigt worden.

Er hat die gutachtliche Äußerung des Allgemeinmediziners Dr. M. vom 29.07.2012 vorgelegt. Danach sei ihm der Kläger seit 1979 im Rahmen der hausärztlichen Betreuung bekannt. Es sei davon auszugehen, dass während der unfallbedingten Erkrankung des Klägers mit langjährig wiederholten Entzündungen auch erhöhte Entzündungswerte vorlagen, die nach mehreren im einzelnen benannten Veröffentlichungen einen Zusammenhang mit der Entstehung von Artherosklerose begründeten. Ebenso sei aus Veröffentlichungen ersichtlich, dass chronische psychische Belastungen einen wesentlichen Risikofaktor für die Entstehung einer koronaren Herzerkrankung seien. Für die Gewichtung dieses Risikofaktors werde nach Veröffentlichung von 2004 eine Odds-Rate von 2,67 angegeben. Unumstritten sei auch die negative Beeinflussung einer koronaren Herzerkrankung durch Schmerzmittel vom Typ der nicht stereoidalen Schmerzmittel. Das in Dolviran enthaltene Koffein erhöhe den Blutdruck und steigere die Pulsfrequenz, was wiederum einen negativen Effekt auf die Ausbildung einer Artherosklerose habe.

Der Kläger beantragt – sinngemäß –,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.02.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2010 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 16.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2005 den Herzinfarkt vom 19.07.1999 und den Hirninfarkt vom 17.02.2002 als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 07.02.1964 festzustellen

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, bei den vom Kläger vorgelegten medizinischen Veröffentlichungen handele es sich teilweise um Autorenmeinungen. Bezogen auf den Einzelfall des Klägers lasse sich daraus kein neuer Tatbestand für das Jahr 2004 beweisen.

Mit der Beweisanordnung des Gerichts vom 24.01.2013 ist dem Kläger der rechtliche Hinweis erteilt worden, dass die gutachterliche Äußerung von Dr. M. keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen gebe, weil sie nur Aussagen zur derzeitigen wissenschaftlichen Diskussion von Risikofaktoren für Arteriosklerose enthalte; deshalb sei seinem Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprochen worden.

In dem nach § 109 SGG veranlassten Gutachten vom 05.03.2014 kommt der Sachverständige Professor Dr. rer. med. Diplom-Psychologe J. zu dem Ergebnis, dass im Falle des Klägers psychosoziale Faktoren nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Es sei schwer hier einen Vorwurf zu machen, denn die herrschende kardiologischen Meinungen seien momentan so, dass diese Faktoren häufig unberücksichtigt blieben und im klinischen Alltag kaum eine Rolle spielten, wobei auf der Ebene der Forschung deren Bedeutung eindeutig anerkannt werde. Die bestandskräftigen Bescheide seien eindeutig nicht dem entsprechenden Wissenschaftsstand von 2014 angemessen. Vorliegend seien unfallbedingte Risikofaktoren, vor allem enorme psychische Stressoren und die Schwierigkeiten bei der Lebensfindung und Berufsfindung, so stark ausgeprägt, dass hierdurch eine Krankheitswahrscheinlichkeit von weit über 70 % vorgelegen habe. Allein die posttraumatische Belastungsstörung, die als gegeben angesehen werde, erhöhe die Wahrscheinlichkeit schon um etwa 40 %.

Die Beteiligten haben sich zu dem Gutachten geäußert (Schriftsatz der Beklagten vom 04.04.2017, Schriftsatz des Klägers vom 23.04.2014) und haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 19.05.2014, Schriftsatz der Beklagten vom 21.05.2014).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (36 Bände), des SG (S 8 U 389/05, S U 4 3185/01, S 8 R 1376/07 sowie die Akte des vorliegenden Verfahrens), des LSG (L 2 U 4273/08) und auf die angefallene Akte vor dem Senat verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Teilrücknahme des bestandskräftigen Bescheids vom 16.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2005 und auf Feststellung weiterer Unfallfolgen.

Richtige Klageart ist die Anfechtungs- und Feststellungsklage. Einer Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Dass ein Verwaltungsakt nach Eintritt der Bindungswirkung nicht mehr vor Gericht angefochten, sondern nur noch im Zugunstenverfahren zurückgenommen werden kann und dass hierüber nach § 44 Abs. 3 SGB X die zuständige Verwaltungsbehörde entscheidet, rechtfertigt nicht den Schluss, dass auch im Prozess über die Ablehnung des Zugunstenantrags die Rücknahmeentscheidung nicht vom Gericht ersetzt werden kann. Vielmehr kann mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18). Der Senat hat den Antrag des Klägers dementsprechend nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S 27 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S. 119 f).

Nach diesen Grundsätzen ist der im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X ergangene Ablehnungsbescheid der Beklagten nicht zu beanstanden, denn der bestandskräftige, die streitgegenständlichen Unfallfolgen ablehnende Bescheid vom 16.12.2004 ist nicht infolge falscher Rechtsanwendung oder infolge unrichtiger Sachgrundlage rechtswidrig.

Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG, denen er folgt (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren zwingt zu keiner anderen Beurteilung.

Das auf Antrag des Klägers nach § 109 SG eingeholte Gutachten von Professor Dr. J. hat den Senat nicht zu der Überzeugung geführt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Rückschau die Beklagte von einem unrichtigen medizinischen Sachverhalt ausgegangen ist. Die von Professor Dr. J. dargelegte gutachterliche Schlussfolgerung, dass nach heutigem medizinischen Kenntnisstand der Bescheid vom Dezember 2005 rechtswidrig gewesen ist, ist zum einen für den Senat nicht nachvollziehbar dargelegt und genügt zum anderen nicht den rechtlichen Beweisanforderungen, wonach das Tatbestandsmerkmal eines unrichtigen Sachverhalts nachzuweisen ist.

Das Gutachten von Professor Dr. J. ist inkohärent. Mit der richterlichen Beweisanordnung war dem Sachverständigen vorgegeben worden, der gutachterlichen Bewertung die herrschende wissenschaftliche Lehrmeinung zugrundezulegen. Eine ausdrückliche Stellungnahme hierzu ist dem Gutachten aber nicht zu entnehmen. Prof. Dr. J. führt zum wissenschaftlichen Konzept zur Entstehung der Arteriosklerose aus, er folge insoweit dem "exzellenten" Gutachten von Prof. Dr. H. , der die derzeitige Auffassung der Kardiologie weltweit sehr zutreffend wiedergebe. Dies bedeute auch, dass die neue Disziplin der Psychokardiologie noch nicht zum selbstverständlichen Gedankengut der Kardiologie gehöre (Seite 18 des Gutachtens). Dem Ergebnis im Gutachten von Prof. Dr. H. , dass psychosozialer Stress vergleichsweise wenige Bedeutung gegenüber den beim Kläger vorliegenden klassischen Risikofaktoren habe, stimme er aber nicht zu. Stress sei die Hauptursache der koronaren Herzkrankheit (vgl. Seite 20 und 27 des Gutachtens). Damit ist für den Senat nicht hinreichend begründet, dass von der Mehrheit der Fachleute Stressfaktoren generell zu den Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von Arteriosklerose gezählt werden und bereits allgemeingültige Diagnose- und Therapiekonzepte feststehen. Der Verweis auf eine umfangreiche Forschung mit zahlreichen - auch kontrovers diskutierten - Veröffentlichungen vermag nur zu verdeutlichen, dass die wissenschaftliche Diskussion zur Bedeutung von Stressfaktoren anhält, wie dies Prof. Dr. H. und auch Dr. L. in ihren Gutachten auch ausgeführt haben.

Prof. Dr. J. selbst hat hierzu dargelegt, als heftigste und langandauerndste Stressreaktion in diesem Zusammenhang seien die Erlebniszustände Angst und Schmerz anzusehen. Die Forschung hierzu sei schwierig, weil nicht alle objektiven Stressoren bei allen Menschen die gleiche Wirkung haben. Es gebe eine Vielzahl von Reaktionsmustern. Abgesehen davon, dass nach Prof. Dr. H. Angst voraussichtlich kein bedeutsamer Faktor für die Langzeitprognose einer Arteriosklerose sei, decken sich die Darlegungen von Prof. Dr. J. mit den Ausführungen von Prof. Dr. H. , der auf die Problematik sämtlicher wissenschaftlicher Untersuchungen zu psychosozialem Stress, mangels objektiver Parameter hinsichtlich der individuellen Stressverarbeitung eine einigermaßen vergleichbare Kontrollgruppe aufzubauen, verweist. Prof. Dr. H. hat für den Senat dadurch nachvollziehbar dargelegt, dass zwar nach unbestreitbarem klinischem Eindruck psychischer oder emotionaler Stress eine vorzeitige Arteriosklerose auslösen können, die Diskussion über hierfür besonders anfällige, bestimmte Persönlichkeitstypen andauert und aus Studien anhand harter Parameter wie Langzeitarbeitslosigkeit oder Ehescheidung nur eine schwache Korrelation zur vorzeitigen Arteriosklerose abzulesen ist. Dies überzeugt den Senat deshalb, weil die Darlegung von Prof. Dr. H. den aktuell gültigen Leitlinien der kardiologischen Fachgesellschaft entspricht. Die aktuellen Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften geben nach Auffassung des Senats die derzeit herrschende medizinisch-wissenschaftliche Lehrmeinung wider. Aus der noch aktuellen Leitlinie: Koronare Herzkrankheit/Angina Pectoris der Deutschen Gesellschaft der Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V. (vgl. Internet: www.dgk.org, Seite: Leitlinien) ist unter dem Kapitel Ätiologie und Risikofaktoren ersichtlich, dass Stress und psychosoziale Faktoren nur zu den nach Korrektur die Prognose einer Herzerkrankung nur wahrscheinlich günstig beeinflussbaren Faktoren gehören (Fallgruppe 2), dagegen die als Hauptfaktoren von Prof. Dr. H. und Dr. L. genannten Faktoren, die nach einer Korrektur die Prognose nachweislich günstig beeinflussen, Nikotinkonsum, erhöhtes LDL-Cholesterin, fettreiche Kost, arterielle Hypertonie, thrombogene Faktoren (Fallgruppe 1) sind. Damit übereinstimmend und nur marginal modifiziert wird der derzeitige Stand der Wissenschaft auch in der aktuellen Kommentierung der Fachgesellschaft von 2013 zur EG-Leitlinie (Kommentar zu den neuen Leitlinien (2012) der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur kardiovaskulären Prävention, vgl. Internetauftritt a.a.O. Seite: Leitlinien) beschrieben. Danach hat "die Rolle psychosozialer Risikofaktoren in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, insbesondere nachdem mehrere prospektive Studien die Auswirkungen eines niedrigen sozialökonomischen Status verifizieren konnten. Sie konnten zeigen, dass eine geringe Schulausbildung, niedriger Verdienst, schlechte häusliche Verhältnisse und eine Arbeit mit geringem Prestige mit einer deutlich erhöhten kardiovaskulären Mortalität einhergehen. Ein Mangel an sozialer Unterstützung geht bei Patienten mit klinischer Manifestation einer KHK mit einer schlechten Prognose einher, während sich für Stress am Arbeitsplatz nur ein mäßiger Zusammenhang mit prognostischen Faktoren zeigte [39, 40]. Große epidemiologische Studien und Metaanalysen haben gezeigt, dass Depressionen, Panikattacken und Ängstlichkeit den Verlauf einer kardiovaskulären Erkrankung negativ beeinflussen können [41]. Zwei kürzlich publizierte Metaanalysen bestätigten die Bedeutung dieser Symptome als Risikofaktoren nach einem durchgemachten Myokardinfarkt.In einer kürzlich publizierten Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass die Typ-D-Persönlichkeit mit einer schlechteren Prognose einhergeht, auch nach statistischer Korrektur für depressive Symptome, Stress und Ärger [42]. Sie stellt deshalb einen unabhängigen Risikofaktor dar und sollte weiter exploriert werden. Bisher gibt es allerdings wenig Anhalt dafür, dass routinemäßiges Screening für psychosoziale Risikofaktoren und anschließende Therapie eine messbare Reduktion klinischer Ereignisse zur Folge haben." Rauchen, Ernährung, Körpergewicht und Inaktivität sind danach weiterhin Hauptrisikofaktoren, epidemiologisch ist für Depressionen, Panikattacken und Ängstlichkeit lediglich belegt, dass sie den Verlauf einer bereits eingetretenen kardiovaskulären Erkrankung negativ beeinflussen können, hinreichende Studien dafür, dass diese Faktoren bereits als Auslöser für die Entstehung der Erkrankung beitragen, finden sich nicht, auch insoweit sind die Gutachten von Dr. L. und Prof. Dr. H. nicht überholt.

Darüber hinaus ist das Gutachten von Prof. Dr. J. auch insoweit nicht überzeugend, als der Sachverständige die von ihm als Hauptrisikofaktoren angesehenen Stressfaktoren einer posttraumatischen Belastungsstörung, fehlender sozialer Unterstützung, Dauerschmerz, existenzielle Angst und Stress bei der Lebensorientierung beim Kläger als unfallbedingt und als wesentliche Kausalelemente beurteilt.

Ungeachtet dessen, dass nach den obigen Ausführungen Depressionen, Ängste sowie Panikattacken, wozu eine posttraumatische Belastungsstörung im weiteren Sinn zu zählen wäre, nur als Risikofaktoren zur Förderung einer bereits eingetretenen kardiovaskulären Erkrankung gesichert sind, ist dem Gutachten von Prof. Dr. J. eine überzeugende Diagnosestellung für eine posttraumatische Belastungsstörung nicht zu entnehmen. Einerseits wird im Gutachten nur eine Verdachtsdiagnose gestellt (Seite 10 des Gutachtens: es steht zu vermuten, dass eine posttraumatische Belastungsstörung bestand), andererseits wird für die Zusammenhangsbeurteilung die Diagnose als gesicherter Risikofaktor unterstellt. Das Vorliegen der unbenannt gebliebenen Diagnosekriterien nach ICD-10:F 43.1 wird vom Sachverständigen jedoch nicht gutachtlich begründet, weder werden hinlängliche Befunde mitgeteilt noch ist ersichtlich, dass das Beschwerdevorbringen des Klägers einer eigenen gutachtlichen Würdigung unterzogen worden ist. Prof. Dr. J. hat sich auch mit der Aktenlage nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Der Kläger wurde nach seinem Unfall im Februar 1964 in noch zeitnahem Zusammenhang nervenärztlich untersucht. Sowohl PD Dr. Dr. Ma. verneinte psychische Auffälligkeiten des Klägers (Gutachten vom 16.12.1965, Seite 177 BG-Akte Bd. 1) wie auch Dr. R. ausführte, beim Kläger lägen keine ins Gewicht fallende psychische Auffälligkeiten vor, lediglich eine Ressentimenthaltung wegen des noch nicht abgeschlossenen Entschädigungsverfahren gegen die Wehrbereichsverwaltung könne beobachtet werden (Gutachten vom 12.07.1968, Seite 439 BG-Akte Bd. 3). Auch bei späteren Untersuchungen, insbesondere in einer Zeit, in der die posttraumatische Belastungsstörung als Erkrankung in den Diagnosemanuals Eingang gefunden hatte, wurde keine psychiatrische Erkrankung weder als posttraumatische Belastungsstörung noch eine Erkrankung vergleichbaren Krankheitsbildes diagnostiziert (vgl. Arztbrief des Psychiaters Dr. F. vom 05.08.2002: psychiatrisch "adäquater" Befund, Seite 6203 BG-Akte Bd. 33; nervenärztliches Gutachten von Dr. V. vom 13.12.2002: keine Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung oder vergleichbarer Erkrankung, Seite 6258 BG-Akte Bd. 33).

Auch die von Prof. Dr. J. darüber hinaus genannten unfallbedingten psychischen Belastungskriterien, unabhängig davon, ob sie isoliert als Risikofaktoren in Betracht kämen, sind mit der Aktenlage nicht vereinbar. Eine besondere psychische Verletzbarkeit durch den Umstand des unfallverursachenden Fahrzeuges der Bundeswehr, was Prof. Dr. J. hervorhebt, ist nach Aktenlage gerade nicht ersichtlich. Eine besondere schicksalsmäßige Verstrickung, indem der Berufswunsch, Berufssoldaten zu werden, des zu diesem Zeitpunkt jugendlichen Versicherten gerade durch ein Bundeswehrfahrzeug vereitelt wurde, ist nach Aktenlage nicht gegeben. Nach dem Bericht der Berufshilfe der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 22.04.1964 (Seite 14 GG-Akte Bd. 1) wurde der Kläger am 16.04.1964 im Krankenhaus aufgesucht. Irgendwelche Berufswünsche konnte der Kläger nicht vorbringen. Sein bisheriges Berufsbild war verworren. Nach Besuch der Volks- und Mittelschule war eine Werkzeugmacherlehre nach einem Monat, danach zwei kaufmännische Lehren jeweils nach drei Monaten der Lehrzeit unterbrochen worden. Aufgenommen worden waren dann Fabrikarbeiten für drei bis dreieinhalb Monate und zuletzt der Arbeitsplatzwechsel zur Unfallfirma mit Unfall am ersten Arbeitstag. Ein bereits schon lange gehegter Berufswunsch, Berufssoldat zu werden, lässt sich diesem Bericht nicht entnehmen. Vielmehr wird erstmals im Schreiben des Klägers vom 13.05.1965 (Seite 111 BG-Akte Bd. 1) Berufssoldat als Berufsziel geäußert. Ebenso wenig ist der Akte zu entnehmen, dass die Unfallabwicklung durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten zögerlich und frustran für den Kläger erfolgte (vgl. Berichte der Berufshilfe vom 17.08.1964 und vom 11.05.1965: Berusfindung sei angezeigt; alsbaldige Verletztengeldzahlung, vgl. Seite 29, 41 BG-Akte Bd. 1). Verzögerungen in der Berufsfindung ergaben sich u.a. durch einen erneuten privaten Unfall des Klägers durch Treppensturz im April 1965. "Ressentiments"/Verärgerung über eine schleppende Bearbeitung sind nur durch das Gutachten von Dr. R. vom 12.07.1968 gegenüber der Wehrbereichsverwaltung aktenkundig geworden.

Letztlich ist von Prof. Dr. J. auch keine überzeugende Abgrenzung der im Gutachten selbst genannten unfallunabhängigen Stressfaktoren vorgenommen worden. Die nach Prof. Dr. J. entscheidenden frühen Kindheits- und Jugenderlebnisse, die sich prägend auf die psychische Stabilität und damit zur Anfälligkeit für arteriosklerotische Entwicklungen auswirkten, waren u.a. auch eine familiäre Zerrüttung, der fehlende Vater, ein schlechtes Verhältnis zur Mutter, ein als Zwang empfundener langjähriger Aufenthalt im Internat, so im Gutachten von Prof. Dr. J. dargelegt, wie auch bereits vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall mehrere abgebrochene Berufsausbildungen und mehrere Unfälle (Wirbelsäulenverletzung ca. 1954, Bänderriss 1955, 2 Mopedunfälle mit Gehirnerschütterung 1963, vgl. Anamnese im Gutachten von Prof. Dr. Schn. vom 23.09.1966, S. 288 BG-Akte Bd. 2). Auch die im weiteren Lebensweg des Klägers aufgetretene Ehescheidung 1977, Vollstreckungsmaßnahmen wegen Unterhaltsleistungen und letztlich auch die Untersuchungshaft von sechs Monaten vom 09.03.1993 bis 16.09.1993 (Seite 4954 BG-Akte Bd. 28) sowie die von Prof. Dr. J. berichtete Untersuchungshaft von sechs Monaten 1994 mit anschließender Verurteilung 1995 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung wären als unfallunabhängige Faktoren in ihrer Bedeutung vor dem Herzinfarkt 1999 zu diskutieren gewesen.

Letztlich räumt Prof. Dr. J. auch in anderem Zusammenhang (in der Auseinandersetzung mit der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. M. ) ein, dass Rauchen und Fettstoffwechselstörungen ein höheres Risiko als Stressbelastungen haben (Seite 17 seines Gutachtens), anders sei dagegen eine Depression zu beurteilen. Eine solche hat er aber selbst beim Kläger nicht diagnostiziert. Eine solche Diagnose ist auch von keinem anderen Arzt gestellt worden.

Inwieweit fehlende soziale Unterstützung, existenzielle Angst und Stress bei der Lebensorientierung nach den obigen Darlegungen noch in einem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall von 1964 stehen, lässt sich dem Gutachten von Prof. Dr. J. nicht überzeugend entnehmen.

Zu den vom Kläger weiter aufgeworfenen Fragen eines Zusammenhangs zwischen entzündlichen Prozessen und der Entstehung von Arteriosklerose sowie des Zusammenhangs zwischen der Schmerzmitteleinnahme bis 1991 und der Arteriosklerose hat sich der Sachverständige Prof. Dr. J. mit Hinweis auf fehlende Sachkunde nicht geäußert. Der Senat sieht keine Veranlassung insoweit weitere Ermittlungen anzustrengen, denn die Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. H. und im Gutachten von Dr. L. sind überzeugend. Insbesondere Prof. Dr. H. hat insoweit ausgeführt, dass die biochemische Reaktion auf die Inhaltsstoffe der Schmerzmittel, konkret wird auch zu dem vom Kläger eingenommenen Schmerzmittel Dolviran Stellung genommen, nur die Einstufung als "Risikoindikator" erlaubt, so dass in der Zusammenschau mit den von Prof. Dr. H. überzeugend dargelegten Hauptrisikofaktoren beim Kläger, nämlich u.a. Rauchen, Fettstoffwechselstörungen und Adipositas, der Schmerzmitteleinnahme keine wesentliche Bedeutung zukommt, zumal im Hinblick auf den von Prof. Dr. J. noch genannten Stressfaktor Schmerz Prof. Dr. H. infrage stellt, dass die "kardiovaskulären Stressfaktoren" nur bis etwa acht Jahre vor Eintritt des Herzinfarktes relevant gewesen sein konnten. Im Hinblick auf die epidemiologisch belegte Bedeutung dieser Faktoren kann aber acht Jahre nach Wegfall der Stressfaktoren mit keinen Folgeschäden mehr gerechnet werden. Auf die vom Kläger geltend gemachte Frage der tatsächlichen Zusammensetzung von Dolviran im Zeitverlauf kommt es somit nicht an.

Auch zu den Entzündungsvorgängen hat Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend dargelegt, dass vor dem Herzinfarkt im Juli 1999 noch im Juni 1999 das C-reaktive Protein bei 0,5 gelegen hatte und damit keinerlei entzündliche Komponenten angezeigt worden sind. Etwaige - unfallbedingte - Entzündungsvorgänge, die im Zusammenhang mit der Magenerkrankung aufgetreten sind, aber nach Magenresektion im November 1991 ihr Ende gefunden haben müssen, haben daher bis zum Infarkt 1999 nicht fortgewirkt. Deshalb aber eingetretene funktionelle Gefäßveränderungen besitzen nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. H. grundsätzlich einen hohen Grad an Rückbildungsfähigkeit und zwar deutlich mehr als morphologisch nachgewiesene Gefäßschäden (vgl. Seite 5 seines Gutachtens). Entsprechende Risikofaktoreninterventionen bremsen nicht nur den Gefäßprozess, sondern führen sogar zu einem Rückgang. Der Senat muss daher nicht untersuchen, ob die etwaigen durch Entzündungsvorgänge verursachten Gefäßschäden/Gefäßveränderungen nach erfolgreicher Therapie der Entzündung durch unfallunabhängige Einwirkungen, wie etwa der fortgesetzte Nikotingenuss, unterhalten wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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