L 11 R 1850/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2651/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1850/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13.03.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt ist und ob Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung vorliegt.

Der Kläger ist am 13.01.1969 geboren. Ab 27.03.2012 war er als Busfahrer für die Beigeladene zu 1) tätig. Über ein eigenes Fahrzeug verfügt er nicht. Einen schriftlichen (Rahmen-)Vertrag bzw eine Dienstvereinbarung gibt es nicht, sondern es werden Einzelaufträge für bestimmte Fahrten erteilt.

Am 01.07.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Die ausgeübte Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) beschrieb er mit "Busfahrer wenn Bedarf besteht". Er fahre für die Beigeladene zu 1) im Gelegenheitsverkehr (innerdeutsch) und im grenzüberschreitenden Personenverkehr. Es gebe keine Vorgaben seitens der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf eine regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeit. Die jeweilige Arbeitszeit ergebe sich aus dem jeweiligen Fahrauftrag. Jede beauftragte Fahrt richte sich nach dem im Auftrag geregelten Einzelheiten, wie Zeitpunkt der Abholung der Gäste, Ziel der Fahrt. Darüber hinaus gebe es keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Auftraggeberin. Er handle und trete im Namen der Auftraggeberin auf. Er trage kein Unternehmerrisiko und sei auf den Einsatz der eigenen Arbeitskraft beschränkt. Während seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) sei er auch noch für andere Auftraggeber tätig gewesen. Auf die Preisgestaltung habe er keinen Einfluss. Bei Tagesfahrten sei ein Stundenlohn vereinbart, bei Mehrtagesfahrten eine Tagespauschale.

Die Beigeladene zu 1) bestätigte mit Schreiben vom 30.07.2012 diese Angaben. Der Kläger setze keine eigenen Fahrzeuge ein. Die Tätigkeit könne ohne ihre Zustimmung nicht Dritten übertragen werden. Festangestellte Fahrer würden die gleiche Tätigkeit ausüben. Dauer, Beginn und Ende der Arbeitszeit würden durch den jeweiligen Fahrauftrag vorgegeben.

Mit zwei Anhörungsschreiben vom 27.08.2012 teilte die Beklagte dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) mit, dass beabsichtigt sei, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen.

Der Kläger teilte mit Schreiben vom 29.09.2012 mit, dass er unter verschiedenen Internetadressen Dienstleistungen anbieten würde. Er habe einen Existenzgründerzuschuss erhalten und im April 2012 sein Gewerbe um die Tätigkeit als "Reiseveranstalter ohne eigenen Reisebus" erweitert. Er sei nach eigenem Verständnis selbständig tätig. Hierfür würde auch sprechen, dass er keine Urlaubs- oder Entgeltfortzahlungsansprüche gegenüber den jeweiligen Auftraggebern habe.

Mit zwei Bescheiden vom 05.11.2012 (Blatt 69/72 Verw.-Akte) stellte die Beklagte fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Busfahrer bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 27.03.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Der Kläger unterliege hinsichtlich der Ausführung der zu erbringenden Leistungen den Vorgaben durch den jeweiligen Fahrauftrag. Damit unterliege er dem Weisungsrecht und dem Direktionsrecht der Beigeladenen zu 1). Er setze kein Kapital in erheblichem Umfang ein. Alle Arbeitsmittel würden von der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt. Ein unternehmerisches Risiko des Klägers sei nicht erkennbar. Die Tatsache, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Auch die Anmeldung eines Gewerbes sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht verbindlich.

Hiergegen erhob der Kläger am 28.11.2012 Widerspruch. Er und die Beigeladene zu 1) würden das bestehende Vertragsverhältnis als selbständige Tätigkeit ansehen und entsprechend vollziehen. Er biete seine Dienstleistungen einer Vielzahl von Auftraggebern an. Für seine diversen Tätigkeiten habe er ein Gewerbe angemeldet und bewerbe die Tätigkeiten selbständig im Internet. Er habe die Möglichkeit, ihm von der Beigeladenen zu 1) angebotene Aufträge auch abzulehnen, wenn er zB bereits anderweitig seine Dienste zugesagt habe. Unerheblich sei insbesondere, dass er nicht Eigentümer des von der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellten Busses sei. Es handle sich um eine Tätigkeit in "gehobener Qualität". Ein unternehmerisches Risiko trage er insoweit, als die Beigeladene zu 1) seine Dienstleistungen ggfs zwar empfangen habe, die Rechnung jedoch nicht bezahle.

Die Beigeladene zu 1) teilte mit Schreiben vom 04.12.2012 mit, dass der Kläger nie in Vorlage getreten sei, jedenfalls nicht mehr als jeder andere Arbeitnehmer, der zuerst seine Arbeit verrichte und dann Lohn erhalte. Der Kläger habe sich bezüglich der Durchführung der Fahrten an die Vorgaben der Beigeladenen zu 1) halten müssen, wie sie von der Beigeladenen zu 1) mit dem jeweiligen Kunden vereinbart worden seien.

Der Widerspruch des Klägers wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2013 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 12.06.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Zwar sei ein Fahrzeug für die ausgeübte Tätigkeit erforderlich, Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit als Berufskraftfahrer sei aber nicht, dass sich das Fahrzeug im Eigentum des Fahrers befinden müsse. Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) Ort, Zeit, Dauer sowie Art und Weise der Tätigkeit bestimme führe nicht zu einer abhängigen Beschäftigung. Allein der Umstand, dass er sich an die Vorgaben der anderen Vertragspartei halte, rechtfertige nicht die Schlussfolgerung eines Weisungs- und Direktionsrecht. Er trage durchaus ein unternehmerisches Risiko, indem er für den Erwerb seiner Fahrerlaubnisse mehr als 10.000 EUR insgesamt aufgewendet habe und auch zur turnusmäßigen Fort- und Weiterbildung verpflichtet sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.

Das SG hat mit Beschluss vom 12.08.2013 die F.-Reisen GmbH (Beigeladene zu 1) sowie die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.

Mit Urteil vom 13.03.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Die Tätigkeit als Busfahrer könne zwar sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbständige Tätigkeit erfolgen. Vorliegend würden diejenigen Merkmale überwiegen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen würden. Der Aufgabenbereich des Klägers unterscheide sich nicht wesentlich von dem der bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigten Busfahrer. Durch den Auftrag seien Arbeitsort und die Art und Weise der auszuübenden Tätigkeit vorgegeben gewesen. Der Kläger sei daher in das Unternehmen der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Gewisse Entscheidungsspielräume würden in der Natur der Sache liegen, wenn zB aufgrund eines Staus oder einer Baustelle die Route habe geändert werden müssen. Der Kläger habe kein wesentliches Unternehmerrisiko getragen. Ihm sei für die Durchführung der jeweils übernommenen Tour eine Vergütung durch die Beigeladene zu 1) nach Arbeitsstunden garantiert gewesen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 27.03.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 25.04.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das SG habe sich weder mit der Geschäftsidee des Klägers noch mit dem Wandel der Arbeitswelt in ausreichender Weise auseinandergesetzt. Er hat auf eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29.03.2011 (L 8 AL 152/08) Bezug genommen. Seitens der Busunternehmen bestehe ein rapide wachsender Bedarf nach kurzfristig und flexibel einsetzbaren Busfahrern als Dienstleistern ohne eigenen Bus, um auf Auftragsspitzen oder plötzliche Krankheitsfälle reagieren zu können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13.03.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 05.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2013 aufzuheben und festzustellen, dass er seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) seit dem 27.03.2012 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt und nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und auf die Ausführungen des SG Bezug.

Mit Schreiben vom 20.05.2014 teilte der Berichterstatter den Beteiligten mit, dass beabsichtigt sei, die Berufung nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 30.06.2014 gegeben.

Die Beklagte erklärte sich mit einer Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG einverstanden. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 27.06.2014 mitgeteilt, dass weiterer Sachvortrag nicht erfolge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klä-gers ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger ist für die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig, weshalb Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung besteht.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Sie sind nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat auch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17, SozR 4-2400 § 7a Nr 2; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris) und nicht nur eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach" sondern auch über das Vorliegen von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung getroffen. Eine Beiladung eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung durch den Senat konnte unterbleiben. Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird; diese muss aber noch bestimmt werden. Nach § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden gemäß § 28i Satz 2 SGB IV Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gewählt hat (vgl dazu Senatsurteil vom 26.06.2012, L 11 KR 2769/11 ( juris) und BSG 21.12.2011, B 12 KR 21/10 R, SozR 4-2500 § 175 Nr 3 Rn 19). Insoweit hat die Beklagte der Beigeladenen zu 1) bereits mitgeteilt, dass nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die zuständige Einzugsstelle über die Beitragshöhe zu entscheiden hat (Bl 116 Verwaltungsakte).

Auch inhaltlich (materiell-rechtlich) sind die Bescheide rechtmäßig, denn die Beklagte hat zu Recht Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt.

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antrag-stellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungs-zweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I, 2000, 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drs. 14/1855, S. 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger am 01.07.2012 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeit-raum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7), SozR 4-2400 § 7 Nr 7).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) ausübt bzw ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Tätigkeit als Kraftfahrer kann zwar sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden (vgl Senatsurteile vom 06.11.2007, L 11 KR 2407/04; 17.01.2012, L 11 KR 1138/10; 18.07.2013, L 11 R 1083/12 = Die Beiträge Beilage 2014, 56 mwN, LSG Baden-Württemberg 23.01.2004, L 4 KR 3083/02; vgl auch BSG 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5). Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, ob der Betreffende auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris RdNr 23). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris RdNr 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im hier streitigen Zeitraum ab dem 27.03.2012.

Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Kraftfahrertätigkeiten kommt es entscheidend darauf an, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug für die Transporte einsetzt. Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Benutzung eines eigenen Fahrzeugs und die damit einhergehende Lastentragung in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (BSG 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5 mwN; 19.08.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 1). Wird dagegen - wie hier - kein eigenes Fahrzeug benutzt, spricht dies für eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers. Berufskraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug sind deshalb regelmäßig abhängig beschäftigt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12, Die Beiträge 2014, 56 mwN). Der Kläger setzt letztlich nur seine Arbeitskraft - und keine Arbeitsmittel - mit der ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, ein. Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht jedoch nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl BSG 13.07.1978, 12 RK 14/78, SozR 2200 § 1227 Nr 17; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. Die vom Kläger für den Erwerb der Fahrerlaubnis aufgewendeten Kosten begründen kein unternehmerisches Risiko. Es handelt sich dabei um die Kosten, die den Aufwendungen für eine Berufsausbildung vergleichbar sind. Das Risiko, derartige Kosten zu amortisieren, tragen sowohl abhängig Beschäftigte als auch Selbständige.

Zudem erhält der Kläger als Gegenleistung für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz bzw eine feste Pauschale entsprechend seinem Zeitaufwand. Es besteht somit in allen wesentlichen Punkten kein wesentlicher Unterschied zu den festangestellten Busfahrern, wie dies auch die Beigeladene zu 1) bestätigt hat (Bl 18 Verwaltungsakte). Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns entspricht auch der typischen Entlohnung eines abhängigen Beschäftigten (Senatsurteile vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12 sowie vom 16.09.2008, L 11 R 1074/08, beide veröffentlicht in juris).

Soweit der Kläger für seine Fahrten jeweils Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer gestellt und sich auch steuerrechtlich dementsprechend als Gewerbebetrieb aufgeführt hat, kann dies nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass er selbstständig tätig gewesen ist. Dies gibt nur Aufschluss darüber, wie der Kläger seine Tätigkeit selbst bewertet hat. Darauf kommt es aber nicht an. Die Anmeldung eines Gewerbes und die Vergütung in Form von Rechnungen setzen eine selbständige Tätigkeit voraus, begründen aber für sich allein keine solche (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 KR 1789/12 ER-B, juris).

Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers ist die Tatsache, dass er im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig war. Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein (Senatsurteile 18.07.0213, L 11 R 1083/12; 17.01.2012, L 11 R 1138/10, jeweils juris).

Der Kläger kann zwar einen ihm angebotenen Auftrag annehmen oder ablehnen. Dieser Gesichtspunkt spielt hier jedoch nach dem Vorstehenden keine ausschlaggebende Rolle. Die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, kann grundsätzlich zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden kann, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit in gewisser Weise selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Denn auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (vgl LSG Baden-Württemberg 24.02.2006, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Nimmt der Betroffene das angetragene Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen (Senatsurteil vom 17.01.2012, L 11 R 1138/10, juris). Da der Kläger zudem keinen Einfluss darauf hatte, ob und welche Aufträge ihm angeboten wurden, war er insoweit in Bezug auf die Gestaltung und den Umfang seiner Tätigkeit von der Beigeladenen zu 1) abhängig.

Soweit der Kläger einen Gründungszuschuss nach § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch bezogen hat (Stichwort: "Ich-AG"), führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Regelung der Bundesagentur für Arbeit erschöpft sich in diesem Fall in der Gewährung einer Sozialleistung. Sie enthält keine Feststellung, dass die Tätigkeit, für die der Zuschuss gewährt wird, eine selbständige Tätigkeit ist. Zu einer die Antragsgegnerin rechtlich bindenden Entscheidung war die Bundesagentur für Arbeit auch gar nicht befugt (Beschluss des Senats vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B, juris). Nach dem Wortlaut des § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV ist ein Verfahren zur Statusfeststellung unzulässig, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Versicherungspflicht bzw -freiheit (zB §§ 28h Abs 2, 28p Abs 1 SGB IV) hinsichtlich des Auftragnehmers anhängig oder bereits abgeschlossen war. Mit dieser Regelung (sog Sperrwirkung) wird sichergestellt, dass die Verfahrensbeteiligten sich nicht durch eine Antragstellung nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV der Zuständigkeit weiterer Sozialversicherungsträger durch einen Antrag auf Statusfeststellung entziehen können. Bei der Bewilligung eines Gründungszuschusses wird nur inzident geprüft, ob eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen werden soll, dagegen handelt es sich nicht um ein Verfahren zur Versicherungspflicht bzw -freiheit. Schon nach dem Wortlaut von § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV führt die Gewährung eines Gründungszuschusses daher nicht zu einer Sperrwirkung.

Zusammenfassend steht nach alledem zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht und damit der Beitragspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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