Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 LW 1987/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 1427/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Rentenanspruch - hier in Form der Änderung bestehender Verträge - lässt sich nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herstellen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.01.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.01.2012.
Der am 1947 geborene Kläger bewirtschaftete ein landwirtschaftliches Unternehmen oberhalb der Mindestgröße von acht Hektar (Bl. 123 SG-Akte) und war von Januar 1971 bis Januar 2010 zur Beklagten versicherungspflichtig (Bl. 117 SG-Akte). Er ist Eigentümer von 10,5263 Hektar landwirtschaftlicher Flächen (Bl. 110 SG-Akte), die er zwischenzeitlich verpachtet hat. Bereits im Jahr 2007 hatte er an W. G. das Flurstück 10735 (0,3743 Hektar) und das Flurstück 10736 (1,7320 Hektar), beides Äcker, und an R. F. das Flurstück 9186 (0,1459 Hektar), ebenfalls Acker, für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.11.2013 verpachtet (Bl. 17 ff. LSG-Akte). Die entsprechenden schriftlichen Verträge vom 03.05.2007 enthielten in § 10 Regelungen über eine außerordentliche Kündigung und in § 11 als zusätzliche Vereinbarung unter Absatz 3 den Passus "Der Verpächter kann jederzeit mit einer Frist von 12 Monaten den Vertrag vorzeitig kündigen". Beide Verträge sind mit schriftlicher Vereinbarung vom 27.01.2012 dahingehend geändert worden, dass der Pachtvertrag bis zum 30.11.2013 beibehalten und das außerordentliche Kündigungsrecht gemäß § 10 des Pachtvertrages ausgesetzt worden ist. Ebenfalls am 27.01.2012 hat der Kläger mit M. S. einen Pachtvertrag u.a. über die eben erwähnten Flurstücke und die Zeit vom 01.12.2013 bis 30.11.2023 abgeschlossen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die in den Verwaltungsakten bzw. den Senatsakten befindlichen Kopien dieser Verträge Bezug genommen.
Den Rentenantrag des Klägers vom August 2009 lehnte die Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung (Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr. K.: chronifizierte depressive Entwicklung, Leistungsvermögen unter drei Stunden, medikamentöse Therapie empfohlen; beratungsärztliche Stellungnahme, Bl. 29 VA: bisher keinerlei Therapieversuch, daher sechs Stunden und mehr leistungsfähig) mit Bescheid vom 06.11.2009 und Widerspruchsbescheid vom 23.03.2010 ab. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien sechs Stunden und mehr möglich. Außerdem sei die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht erfüllt.
Während des hiergegen am 16.04.2010 beim Sozialgericht Freiburg eingeleiteten Klageverfahrens und nach entsprechender Sachaufklärung (psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. E.: depressive Episode mit somatischem Syndrom, Leistungsfähigkeit unter sechs Stunden ab Untersuchungsdatum, Besserung durch eine medikamentöse Therapie innerhalb von sechs Monaten möglich; psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetzes - SGG - von Dr. G.: chronifizierte schwere depressive Episode, Leistungsfähigkeit unter sechs Stunden seit Oktober 2009, keine Besserungsaussicht nach durchgeführter Pharmakotherapie) hat die Beklagte im Dezember 2011 das Vorliegen von Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) anerkannt (Bl. 109 SG-Akte) und der Kläger hat dieses Anerkenntnis angenommen (Bl. 112 SG-Akte). Nach Vorlage der oben erwähnten Verträge vom 27.01.2012 hat die Beklagte mit Bescheid vom 09.02.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Grund Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes ab dem 01.02.2012 bewilligt. Zur Begründung des Rentenbeginns hat sie ausgeführt, eine rechtlich wirksame Abgabe sei am 27.01.2012 durch schriftlichen Vertragsabschluss erfolgt. Die Verträge vom 03.05.2007 hätten die Abgabevoraussetzungen nicht erfüllt, weil mit diesen keine Pachtdauer von mindestens neun Jahren nach dem Eintritt der Erwerbsminderung vereinbart gewesen sei und sie außerdem eine unzulässige Kündigungsklausel enthalten hätten.
In der Folge hat der Kläger die Auffassung vertreten, er hätte von der Beklagten anlässlich seiner Vorsprache in der Beratungsstelle in Freiburg im April 2010 über die unzureichenden Pachtverträge beraten werden müssen. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 01.05.2010 gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 22.01.2013 abgewiesen. Der vom Kläger geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch liege nicht vor, weil die Beklagte die ihr obliegenden Pflichten nicht verletzt habe.
Gegen das ihm am 27.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.03.2013 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, ihm stehe die Rente auch für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.01.2012 auf der Grundlage eines sozialgerichtlichen Herstellungsanspruches zu.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auch für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.01.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid vom 06.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010. Allein mit diesen Bescheiden lehnte die Beklagte die Bewilligung der vom Kläger begehrten Rente wegen Erwerbsminderung ab. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist dagegen der Bescheid vom 09.02.2012 über die Bewilligung der Rente. Zwar wird gemäß § 96 Abs. 1 SGG ein nach Klageerhebung ergehender neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Klageverfahrens, aber nur, wenn er den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt und damit nur, wenn die Beschwer des Betroffenen gemindert oder vermehrt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 96 Rdnr. 4b m.w.N.). Hier aber hat die Beklagte die Beschwer des Klägers - Ablehnung seines Rentenantrages - durch den Bescheid vom 09.02.2012 für die Zeit ab dem 01.02.2012 in vollem Umfang beseitigt; ein derartiger Abhilfebescheid wird nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens (Leitherer, a.a.O.). Der Bescheid vom 09.02.2012 wäre nur dann teilweise Gegenstand des Klageverfahrens geworden, wenn für die Zeit vor dem verfügten Rentenbeginn ein Rentenanspruch erneut abgelehnt worden wäre. Dies ist indessen nicht der Fall. Ausweislich der Überschrift dieses Bescheides handelt es sich allein um die Bewilligung einer Rente, wenn auch (erst) mit Rentenbeginn 01.02.2012. Dies zeigt, dass es für die Zeit davor bei der bisherigen Ablehnung und damit dem Bescheid vom 06.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010 verbleiben sollte. Nichts anderes folgt aus den Ausführungen auf Seite 2 des Bescheides vom 09.02.2012 zum Rentenbeginn. Denn diese Ausführungen enthalten allein die Begründung für den verfügten Rentenbeginn und stellen keine gesonderte Regelung für die Zeit davor dar. Entsprechend hat der Senat den Antrag des Klägers sachdienlich gefasst.
Das Sozialgericht hat den so zu fassenden sachdienlichen Antrag zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für den geltend gemachten Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.01.2012.
Landwirte haben nach § 13 Abs. 1 Satz 1 ALG Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI sind, sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt haben, sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Die näheren Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft regelt § 21 ALG.
Hier steht auf Grund des vom Kläger angenommenen (Teil)Anerkenntnisses der Beklagten fest, dass er im Sinne des § 43 SGB VI erwerbsgemindert ist. Ebenso steht auf Grund des insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 09.02.2012 fest, dass dem Kläger ab dem 01.02.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht. Für die Zeit davor besteht dieser Anspruch indessen nicht.
Dabei muss der Senat nicht klären, seit wann die anerkannte Erwerbsminderung besteht (s. hierzu Gutachten Prof. Dr. E.: ab Untersuchungsdatum, also September 2010; Gutachten Dr. G.: seit Oktober 2009). Denn einem früheren Rentenbeginn steht jedenfalls die fehlende Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens entgegen.
Nach § 21 Abs. 1 ALG ist ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Abs. 2 Satz 1 gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn (Nr. 1) die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind, diese mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter belastet sind (Nr. 2) oder (Nr. 3) in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist. Sofern die landwirtschaftlich genutzten Flächen Gegenstand eines Vertrages sind, bedarf dieser der Schriftform; der Vertrag oder die Unmöglichkeit der Nutzung im Sinne von Satz 1 Nr. 3 muss sich auf einen Zeitraum von mindestens neun Jahren erstrecken (Satz 2).
Damit unterscheidet § 21 Abs. 1 und Abs. 2 ALG - wie die vergleichbare frühere Regelung in § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte (GAL) - zwei Fallgestaltungen der Abgabe (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.1995, 4 R Lw 1/94 in SozR 3-5850 § 2 Nr. 1). Regelfall ist die Unternehmensabgabe durch Eigentumsübergang des landwirtschaftlichen Unternehmens auf einen Dritten, was der agrarpolitischen Zielsetzung des Gesetzes entspricht, landwirtschaftliche Unternehmen zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt an jüngere Kräfte zu übergeben bei gleichzeitiger Absicherung des dann schutzbedürftig gewordenen bisherigen Unternehmers durch die Leistungen der Alterssicherung. Erst in zweiter Linie - was die Rechtsfolgen anbelangt jedoch gleichwertig - kommt als Ersatzübergabe eine Überlassung des landwirtschaftlichen Unternehmens an einen Dritten bzw. die Unmöglichkeit landwirtschaftlicher Nutzung in Betracht.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bloß tatsächliche Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung als solcher zwar zum Verlust der Unternehmereigenschaft führt, dass dies jedoch für sich genommen noch keine Abgabe darstellt (BSG, Urteil vom 09.09.1982, 11 RLw 7/81 in SozR 5850 § 41 Nr. 14; Urteil vom 07.12.2000, B 10 LW 17/99 R in SozR 3-5868 § 21 Nr. 3). Maßgebend ist vielmehr, ob unter normalen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass in der Zukunft eine Bewirtschaftung der Fläche durch den bisherigen landwirtschaftlichen Unternehmer ausgeschlossen ist ("prinzipiell endgültiger Verlust der Unternehmereigenschaft", vgl. BSG, Urteil vom 16.11.1995, 4 R Lw 1/94, a.a.O.). Dies ist der Fall, wenn vorausschauend bei den gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen keine reale Möglichkeit mehr zu erkennen ist, dass der landwirtschaftliche Unternehmer das Unternehmen fortführen wird (BSG, Urteil vom 07.12.2000, B 10 LW 17/99 R, a.a.O.). Dem bisherigen Unternehmer muss es verwehrt sein, aus eigener Rechtsmacht alsbald oder jederzeit die Bewirtschaftung des Landes wieder aufzunehmen (BSG, Urteil vom 07.12.1989, 4 RLw 9/88 in SozR 5850 § 2 Nr. 16). Mit der gesetzlich vorgegebenen Langfristigkeit der Abgabe (mindestens neun Jahre) soll das Ziel erreicht werden, für den Abgebenden in Zukunft eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen auszuschließen und so eine sinnvolle Weiterbewirtschaftung durch den Übernehmer zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 10 LW 3/07 R in SozR 4-5868 § 1 Nr. 7). Maßgebend ist insoweit der normale Gang der Dinge, bloß theoretische Möglichkeiten durch spätere Vertragsänderungen oder Inanspruchnahme besonderer Gestaltungsrechte wie fristlose Kündigung bleiben dabei außer Betracht (BSG, Urteil a.a.O. und Urteil vom 26.08.1987, 11a RLw 5/86 in SozR 5850 § 2 Nr. 13). Schwierigkeiten bei der Abgabe können die vom Gesetz vorbehaltlos verlangte Abgabe weder erfüllen noch ersetzen (BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R). Verfassungsrechtlich ist diese Anspruchsvoraussetzung nicht zu beanstanden (BSG, a.a.O.).
Im Ergebnis liegt somit keine Abgabe in diesem Sinne vor, wenn der landwirtschaftliche Unternehmer auf Grund seiner rechtlichen Stellung oder tatsächlicher Befugnisse weiterhin in der Lage ist, alsbald oder jederzeit die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen wieder aufzunehmen und so die Unternehmereigenschaft zurückerlangen kann (BSG, Urteil vom 19.10.2000, B 10 LW 21/99 R in SozR 3-5868 § 21 Nr. 2).
So liegt der Fall hier. Mit den beiden Pachtverträgen vom 03.05.2007 über die Verpachtung der Flurstücke 10735 und 10736 (insgesamt 2,1063 Hektar) an W. G. und über das Flurstück 9186 (0,1459 Hektar) an R. F. konnten die Voraussetzungen für eine wirksame Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht erfüllt werden. Die Verträge erfüllten nicht die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen für eine wirksame Abgabe. Dies war auch nicht wegen der geringen Größe der verpachteten Flächen unschädlich. Denn die von den Verträgen betroffenen Grundstücke überschritten den zulässigen Rückbehalt von zwei Hektar.
Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass diese Pachtverträge vom 03.05.2007 nach ihrem Inhalt nicht zur Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens nach § 21 ALG dienen konnten. Denn selbst ausgehend vom Eintritt der Erwerbsminderung im Oktober 2009 (so Dr. G. ) hätte keine mindestens neunjährige Verpachtung ab dem Eintritt der Erwerbsminderung vorgelegen, da beide Verträge auf den 30.11.2013 befristet waren. Hinzu kommt, dass sich der Kläger in jedem Vertrag ein jederzeitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von zwölf Monaten ausbedungen hatte. Es stand daher in seinem Belieben, innerhalb eines Jahres die Pachtverträge zu kündigen. Das Erfordernis einer mindestens neunjährigen Verpachtung ab dem Eintritt der Erwerbsminderung lag somit mit diesen Pachtverträgen nicht vor. Der Kläger behauptet dies im Übrigen auch nicht.
Dabei überstieg bereits der Pachtvertrag mit W. G. über Ackerflächen von 2,1063 Hektar) den zulässigen Rückbehalt nach § 21 Abs. 7 Satz 1 ALG.
Nach dieser Vorschrift gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft auch dann als abgegeben, wenn der Wirtschaftswert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens ohne Berücksichtigung erst aufgeforsteter Flächen 25 v.H. der nach § 1 Abs. 5 ALG festgelegten Mindestgröße nicht überschreitet und der Wirtschaftswert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens einschließlich erstaufgeforsteter Flächen das Einfache der Mindestgröße nicht erreicht. Wie die Beklagte in diesem Zusammenhang schon im Klageverfahren dargelegt hat (Bl. 123 SG-Akte), ist bei einer Mindestgröße von - wie hier - acht Hektar der Rückbehalt auf zwei Hektar begrenzt, so dass die mit den Verträgen vom 03.05.2007 verpachteten Grundstücke diesen zulässigen Rückbehalt überschreiten und damit einer wirksamen Abgabe entgegen stehen. Dies bestreitet der Kläger ebenfalls nicht.
Geändert worden sind diese Pachtverträge erst mit den Änderungsverträgen vom 27.01.2012. Hierauf gestützt hat die Beklagte ab dem Folgemonat die Rente bewilligt. Entsprechend ist die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens für die Zeit davor nicht erfüllt. Auch der Kläger behauptet dies nicht. Auch er geht davon aus, dass er die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung erst ab dem 01.02.2012 erfüllt. Der Kläger meint vielmehr, er könne seinen Rentenanspruch aus den Grundsätzen des sozialgerichtlichen Herstellungsanspruches herleiten.
Indessen gibt der Herstellungsanspruch die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge (Abschluss bzw. Änderung von Pachtverträgen, sodass der zulässige Rückbehalt erreicht wird, mit der Folge einer weitergehenden Rentengewährung) nicht her. Denn auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf eine Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der Herstellungsanspruch kann somit den Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Kann der behauptete Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden, ist für die Anwendung des Herstellungsanspruches kein Raum (s. zu alledem BSG, Urteil vom 11.03.2004, B 13 RJ 16/03 R in SozR 4-2600 § 58 Nr. 3). Entsprechend hat das Bundessozialgericht bereits entschieden (Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 63/06 R in SozR 4-1200 § 14 Nr. 10), dass eine in der Gestaltungsmacht ausschließlich des Bürgers liegende Disposition, wie der Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages durch übereinstimmende Willenserklärungen (im vorliegenden Fall also die Änderung der Pachtverträge), nicht im Wege des Herstellungsanspruches ersetzt werden kann. So liegt der Fall auch hier. Der Kläger verlangt die Gewährung einer Rente, obwohl für den begehrten Leistungszeitraum die Voraussetzung "Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens" noch nicht erfüllt war. Er versucht somit, über den sozialgerichtlichen Herstellungsanspruch entsprechende Pachtverträge zu fingieren und er verlangt damit von der Beklagten eine Leistungsgewährung, obwohl die Voraussetzungen für diese Leistung nicht vorliegen.
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob, wann und inwieweit die Beklagte Hinweise zur Änderung der in Rede stehenden Verträge hätte erteilen können bzw. müssen, nicht an. Denn selbst im Falle der vom Kläger behaupteten Pflichtverletzung würde die gewünschte Rechtsfolge nicht eintreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.01.2012.
Der am 1947 geborene Kläger bewirtschaftete ein landwirtschaftliches Unternehmen oberhalb der Mindestgröße von acht Hektar (Bl. 123 SG-Akte) und war von Januar 1971 bis Januar 2010 zur Beklagten versicherungspflichtig (Bl. 117 SG-Akte). Er ist Eigentümer von 10,5263 Hektar landwirtschaftlicher Flächen (Bl. 110 SG-Akte), die er zwischenzeitlich verpachtet hat. Bereits im Jahr 2007 hatte er an W. G. das Flurstück 10735 (0,3743 Hektar) und das Flurstück 10736 (1,7320 Hektar), beides Äcker, und an R. F. das Flurstück 9186 (0,1459 Hektar), ebenfalls Acker, für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.11.2013 verpachtet (Bl. 17 ff. LSG-Akte). Die entsprechenden schriftlichen Verträge vom 03.05.2007 enthielten in § 10 Regelungen über eine außerordentliche Kündigung und in § 11 als zusätzliche Vereinbarung unter Absatz 3 den Passus "Der Verpächter kann jederzeit mit einer Frist von 12 Monaten den Vertrag vorzeitig kündigen". Beide Verträge sind mit schriftlicher Vereinbarung vom 27.01.2012 dahingehend geändert worden, dass der Pachtvertrag bis zum 30.11.2013 beibehalten und das außerordentliche Kündigungsrecht gemäß § 10 des Pachtvertrages ausgesetzt worden ist. Ebenfalls am 27.01.2012 hat der Kläger mit M. S. einen Pachtvertrag u.a. über die eben erwähnten Flurstücke und die Zeit vom 01.12.2013 bis 30.11.2023 abgeschlossen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die in den Verwaltungsakten bzw. den Senatsakten befindlichen Kopien dieser Verträge Bezug genommen.
Den Rentenantrag des Klägers vom August 2009 lehnte die Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung (Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr. K.: chronifizierte depressive Entwicklung, Leistungsvermögen unter drei Stunden, medikamentöse Therapie empfohlen; beratungsärztliche Stellungnahme, Bl. 29 VA: bisher keinerlei Therapieversuch, daher sechs Stunden und mehr leistungsfähig) mit Bescheid vom 06.11.2009 und Widerspruchsbescheid vom 23.03.2010 ab. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien sechs Stunden und mehr möglich. Außerdem sei die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht erfüllt.
Während des hiergegen am 16.04.2010 beim Sozialgericht Freiburg eingeleiteten Klageverfahrens und nach entsprechender Sachaufklärung (psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. E.: depressive Episode mit somatischem Syndrom, Leistungsfähigkeit unter sechs Stunden ab Untersuchungsdatum, Besserung durch eine medikamentöse Therapie innerhalb von sechs Monaten möglich; psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetzes - SGG - von Dr. G.: chronifizierte schwere depressive Episode, Leistungsfähigkeit unter sechs Stunden seit Oktober 2009, keine Besserungsaussicht nach durchgeführter Pharmakotherapie) hat die Beklagte im Dezember 2011 das Vorliegen von Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) anerkannt (Bl. 109 SG-Akte) und der Kläger hat dieses Anerkenntnis angenommen (Bl. 112 SG-Akte). Nach Vorlage der oben erwähnten Verträge vom 27.01.2012 hat die Beklagte mit Bescheid vom 09.02.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Grund Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes ab dem 01.02.2012 bewilligt. Zur Begründung des Rentenbeginns hat sie ausgeführt, eine rechtlich wirksame Abgabe sei am 27.01.2012 durch schriftlichen Vertragsabschluss erfolgt. Die Verträge vom 03.05.2007 hätten die Abgabevoraussetzungen nicht erfüllt, weil mit diesen keine Pachtdauer von mindestens neun Jahren nach dem Eintritt der Erwerbsminderung vereinbart gewesen sei und sie außerdem eine unzulässige Kündigungsklausel enthalten hätten.
In der Folge hat der Kläger die Auffassung vertreten, er hätte von der Beklagten anlässlich seiner Vorsprache in der Beratungsstelle in Freiburg im April 2010 über die unzureichenden Pachtverträge beraten werden müssen. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 01.05.2010 gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 22.01.2013 abgewiesen. Der vom Kläger geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch liege nicht vor, weil die Beklagte die ihr obliegenden Pflichten nicht verletzt habe.
Gegen das ihm am 27.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.03.2013 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, ihm stehe die Rente auch für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.01.2012 auf der Grundlage eines sozialgerichtlichen Herstellungsanspruches zu.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auch für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.01.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid vom 06.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010. Allein mit diesen Bescheiden lehnte die Beklagte die Bewilligung der vom Kläger begehrten Rente wegen Erwerbsminderung ab. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist dagegen der Bescheid vom 09.02.2012 über die Bewilligung der Rente. Zwar wird gemäß § 96 Abs. 1 SGG ein nach Klageerhebung ergehender neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Klageverfahrens, aber nur, wenn er den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt und damit nur, wenn die Beschwer des Betroffenen gemindert oder vermehrt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 96 Rdnr. 4b m.w.N.). Hier aber hat die Beklagte die Beschwer des Klägers - Ablehnung seines Rentenantrages - durch den Bescheid vom 09.02.2012 für die Zeit ab dem 01.02.2012 in vollem Umfang beseitigt; ein derartiger Abhilfebescheid wird nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens (Leitherer, a.a.O.). Der Bescheid vom 09.02.2012 wäre nur dann teilweise Gegenstand des Klageverfahrens geworden, wenn für die Zeit vor dem verfügten Rentenbeginn ein Rentenanspruch erneut abgelehnt worden wäre. Dies ist indessen nicht der Fall. Ausweislich der Überschrift dieses Bescheides handelt es sich allein um die Bewilligung einer Rente, wenn auch (erst) mit Rentenbeginn 01.02.2012. Dies zeigt, dass es für die Zeit davor bei der bisherigen Ablehnung und damit dem Bescheid vom 06.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010 verbleiben sollte. Nichts anderes folgt aus den Ausführungen auf Seite 2 des Bescheides vom 09.02.2012 zum Rentenbeginn. Denn diese Ausführungen enthalten allein die Begründung für den verfügten Rentenbeginn und stellen keine gesonderte Regelung für die Zeit davor dar. Entsprechend hat der Senat den Antrag des Klägers sachdienlich gefasst.
Das Sozialgericht hat den so zu fassenden sachdienlichen Antrag zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für den geltend gemachten Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.01.2012.
Landwirte haben nach § 13 Abs. 1 Satz 1 ALG Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI sind, sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt haben, sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Die näheren Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft regelt § 21 ALG.
Hier steht auf Grund des vom Kläger angenommenen (Teil)Anerkenntnisses der Beklagten fest, dass er im Sinne des § 43 SGB VI erwerbsgemindert ist. Ebenso steht auf Grund des insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 09.02.2012 fest, dass dem Kläger ab dem 01.02.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht. Für die Zeit davor besteht dieser Anspruch indessen nicht.
Dabei muss der Senat nicht klären, seit wann die anerkannte Erwerbsminderung besteht (s. hierzu Gutachten Prof. Dr. E.: ab Untersuchungsdatum, also September 2010; Gutachten Dr. G.: seit Oktober 2009). Denn einem früheren Rentenbeginn steht jedenfalls die fehlende Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens entgegen.
Nach § 21 Abs. 1 ALG ist ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Abs. 2 Satz 1 gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn (Nr. 1) die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind, diese mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter belastet sind (Nr. 2) oder (Nr. 3) in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist. Sofern die landwirtschaftlich genutzten Flächen Gegenstand eines Vertrages sind, bedarf dieser der Schriftform; der Vertrag oder die Unmöglichkeit der Nutzung im Sinne von Satz 1 Nr. 3 muss sich auf einen Zeitraum von mindestens neun Jahren erstrecken (Satz 2).
Damit unterscheidet § 21 Abs. 1 und Abs. 2 ALG - wie die vergleichbare frühere Regelung in § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte (GAL) - zwei Fallgestaltungen der Abgabe (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.1995, 4 R Lw 1/94 in SozR 3-5850 § 2 Nr. 1). Regelfall ist die Unternehmensabgabe durch Eigentumsübergang des landwirtschaftlichen Unternehmens auf einen Dritten, was der agrarpolitischen Zielsetzung des Gesetzes entspricht, landwirtschaftliche Unternehmen zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt an jüngere Kräfte zu übergeben bei gleichzeitiger Absicherung des dann schutzbedürftig gewordenen bisherigen Unternehmers durch die Leistungen der Alterssicherung. Erst in zweiter Linie - was die Rechtsfolgen anbelangt jedoch gleichwertig - kommt als Ersatzübergabe eine Überlassung des landwirtschaftlichen Unternehmens an einen Dritten bzw. die Unmöglichkeit landwirtschaftlicher Nutzung in Betracht.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bloß tatsächliche Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung als solcher zwar zum Verlust der Unternehmereigenschaft führt, dass dies jedoch für sich genommen noch keine Abgabe darstellt (BSG, Urteil vom 09.09.1982, 11 RLw 7/81 in SozR 5850 § 41 Nr. 14; Urteil vom 07.12.2000, B 10 LW 17/99 R in SozR 3-5868 § 21 Nr. 3). Maßgebend ist vielmehr, ob unter normalen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass in der Zukunft eine Bewirtschaftung der Fläche durch den bisherigen landwirtschaftlichen Unternehmer ausgeschlossen ist ("prinzipiell endgültiger Verlust der Unternehmereigenschaft", vgl. BSG, Urteil vom 16.11.1995, 4 R Lw 1/94, a.a.O.). Dies ist der Fall, wenn vorausschauend bei den gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen keine reale Möglichkeit mehr zu erkennen ist, dass der landwirtschaftliche Unternehmer das Unternehmen fortführen wird (BSG, Urteil vom 07.12.2000, B 10 LW 17/99 R, a.a.O.). Dem bisherigen Unternehmer muss es verwehrt sein, aus eigener Rechtsmacht alsbald oder jederzeit die Bewirtschaftung des Landes wieder aufzunehmen (BSG, Urteil vom 07.12.1989, 4 RLw 9/88 in SozR 5850 § 2 Nr. 16). Mit der gesetzlich vorgegebenen Langfristigkeit der Abgabe (mindestens neun Jahre) soll das Ziel erreicht werden, für den Abgebenden in Zukunft eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen auszuschließen und so eine sinnvolle Weiterbewirtschaftung durch den Übernehmer zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 10 LW 3/07 R in SozR 4-5868 § 1 Nr. 7). Maßgebend ist insoweit der normale Gang der Dinge, bloß theoretische Möglichkeiten durch spätere Vertragsänderungen oder Inanspruchnahme besonderer Gestaltungsrechte wie fristlose Kündigung bleiben dabei außer Betracht (BSG, Urteil a.a.O. und Urteil vom 26.08.1987, 11a RLw 5/86 in SozR 5850 § 2 Nr. 13). Schwierigkeiten bei der Abgabe können die vom Gesetz vorbehaltlos verlangte Abgabe weder erfüllen noch ersetzen (BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R). Verfassungsrechtlich ist diese Anspruchsvoraussetzung nicht zu beanstanden (BSG, a.a.O.).
Im Ergebnis liegt somit keine Abgabe in diesem Sinne vor, wenn der landwirtschaftliche Unternehmer auf Grund seiner rechtlichen Stellung oder tatsächlicher Befugnisse weiterhin in der Lage ist, alsbald oder jederzeit die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen wieder aufzunehmen und so die Unternehmereigenschaft zurückerlangen kann (BSG, Urteil vom 19.10.2000, B 10 LW 21/99 R in SozR 3-5868 § 21 Nr. 2).
So liegt der Fall hier. Mit den beiden Pachtverträgen vom 03.05.2007 über die Verpachtung der Flurstücke 10735 und 10736 (insgesamt 2,1063 Hektar) an W. G. und über das Flurstück 9186 (0,1459 Hektar) an R. F. konnten die Voraussetzungen für eine wirksame Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht erfüllt werden. Die Verträge erfüllten nicht die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen für eine wirksame Abgabe. Dies war auch nicht wegen der geringen Größe der verpachteten Flächen unschädlich. Denn die von den Verträgen betroffenen Grundstücke überschritten den zulässigen Rückbehalt von zwei Hektar.
Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass diese Pachtverträge vom 03.05.2007 nach ihrem Inhalt nicht zur Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens nach § 21 ALG dienen konnten. Denn selbst ausgehend vom Eintritt der Erwerbsminderung im Oktober 2009 (so Dr. G. ) hätte keine mindestens neunjährige Verpachtung ab dem Eintritt der Erwerbsminderung vorgelegen, da beide Verträge auf den 30.11.2013 befristet waren. Hinzu kommt, dass sich der Kläger in jedem Vertrag ein jederzeitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von zwölf Monaten ausbedungen hatte. Es stand daher in seinem Belieben, innerhalb eines Jahres die Pachtverträge zu kündigen. Das Erfordernis einer mindestens neunjährigen Verpachtung ab dem Eintritt der Erwerbsminderung lag somit mit diesen Pachtverträgen nicht vor. Der Kläger behauptet dies im Übrigen auch nicht.
Dabei überstieg bereits der Pachtvertrag mit W. G. über Ackerflächen von 2,1063 Hektar) den zulässigen Rückbehalt nach § 21 Abs. 7 Satz 1 ALG.
Nach dieser Vorschrift gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft auch dann als abgegeben, wenn der Wirtschaftswert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens ohne Berücksichtigung erst aufgeforsteter Flächen 25 v.H. der nach § 1 Abs. 5 ALG festgelegten Mindestgröße nicht überschreitet und der Wirtschaftswert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens einschließlich erstaufgeforsteter Flächen das Einfache der Mindestgröße nicht erreicht. Wie die Beklagte in diesem Zusammenhang schon im Klageverfahren dargelegt hat (Bl. 123 SG-Akte), ist bei einer Mindestgröße von - wie hier - acht Hektar der Rückbehalt auf zwei Hektar begrenzt, so dass die mit den Verträgen vom 03.05.2007 verpachteten Grundstücke diesen zulässigen Rückbehalt überschreiten und damit einer wirksamen Abgabe entgegen stehen. Dies bestreitet der Kläger ebenfalls nicht.
Geändert worden sind diese Pachtverträge erst mit den Änderungsverträgen vom 27.01.2012. Hierauf gestützt hat die Beklagte ab dem Folgemonat die Rente bewilligt. Entsprechend ist die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens für die Zeit davor nicht erfüllt. Auch der Kläger behauptet dies nicht. Auch er geht davon aus, dass er die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung erst ab dem 01.02.2012 erfüllt. Der Kläger meint vielmehr, er könne seinen Rentenanspruch aus den Grundsätzen des sozialgerichtlichen Herstellungsanspruches herleiten.
Indessen gibt der Herstellungsanspruch die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge (Abschluss bzw. Änderung von Pachtverträgen, sodass der zulässige Rückbehalt erreicht wird, mit der Folge einer weitergehenden Rentengewährung) nicht her. Denn auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf eine Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der Herstellungsanspruch kann somit den Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Kann der behauptete Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden, ist für die Anwendung des Herstellungsanspruches kein Raum (s. zu alledem BSG, Urteil vom 11.03.2004, B 13 RJ 16/03 R in SozR 4-2600 § 58 Nr. 3). Entsprechend hat das Bundessozialgericht bereits entschieden (Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 63/06 R in SozR 4-1200 § 14 Nr. 10), dass eine in der Gestaltungsmacht ausschließlich des Bürgers liegende Disposition, wie der Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages durch übereinstimmende Willenserklärungen (im vorliegenden Fall also die Änderung der Pachtverträge), nicht im Wege des Herstellungsanspruches ersetzt werden kann. So liegt der Fall auch hier. Der Kläger verlangt die Gewährung einer Rente, obwohl für den begehrten Leistungszeitraum die Voraussetzung "Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens" noch nicht erfüllt war. Er versucht somit, über den sozialgerichtlichen Herstellungsanspruch entsprechende Pachtverträge zu fingieren und er verlangt damit von der Beklagten eine Leistungsgewährung, obwohl die Voraussetzungen für diese Leistung nicht vorliegen.
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob, wann und inwieweit die Beklagte Hinweise zur Änderung der in Rede stehenden Verträge hätte erteilen können bzw. müssen, nicht an. Denn selbst im Falle der vom Kläger behaupteten Pflichtverletzung würde die gewünschte Rechtsfolge nicht eintreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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