L 13 AS 105/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 4015/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 105/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 7. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer teilweisen Aufhebung und Rückforderung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in einer Gesamthöhe von 2.524,62 EUR.

Der 1947 geborene Kläger beantragte beim Beklagten erstmals am 13. Juli 2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Im Leistungsantrag gab der Kläger als Adresse die B. Straße X in F. an (Bl. 1 der Verwaltungsakte). Der Kläger legte in diesem Zusammenhang einen Mietvertrag über die angemietet Wohnung in der B. Straße X in F. vor. Der Beklagte bewilligte hieraufhin und in der Folgezeit antragsgemäß Leistungen nach dem SGB II.

Auf einen Weiterbewilligungsantrag vom 4. Januar 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 12. Januar 2011 zunächst vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Juli 2011 (Bl. 137 der Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 15. März 2011 kündigte die damalige Vermieterin des Klägers den Miet-vertrag für die Wohnung B. Straße X in F. (Bl. 235 der Verwaltungsakte). Als Konsequenz hieraus zog der Kläger am 30. Juni 2011 von seiner bisherigen Wohnung in F. in eine neue Wohnung in XXXXX M., Im Be. XX (Bl. 193). Eine entsprechende Information des Beklagten erfolgte nicht.

Am 12. Juli 2011 beantragte der Kläger erneut die Weiterbewilligung von SGB II Leistungen. Die Frage 1b des Antragsvordrucks nach Änderungen der persönlichen Daten, insbesondere der Wohnanschrift, verneinte der Kläger (Bl. 144 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 26. Juli 2011, der weiterhin an die Adresse B. Str. X in F. adressiert war, bewilligte der Beklagte dem Kläger daraufhin Leistungen für die Zeit vom 1. August 2011 bis zum 31. Januar 2012 in Höhe von 724,66 EUR monatlich (Bl. 155 der Verwaltungsakte). Auch der Schriftverkehr in der Folgezeit war durchgehend an die B. Str. X in F. gerichtet (Bl. 159, 161, 163 der Verwaltungsakte). Vom Kläger an den Beklagten gerichtete Schreiben trugen hingegen keinerlei Adressangabe (Bl. 157, 164 der Verwaltungsakte).

Am 11. August 2011 meldete der Kläger seinen neuen Wohnsitz bei der Gemeinde M. amtlich an. Als Tag des Einzugs gab er hierbei den 30. Juni 2011 an (Bl. 193 der Verwaltungsakte).

Am 4. Januar 2012 beantragte der Kläger erneut die Weiterbewilligung von Leistungen. Auch in diesem Antrag verneinte der Kläger die Frage nach einer Änderung der Wohnanschrift (Bl. 180 der Verwaltungsakte).

Ebenfalls am 4. Januar 2012 bewilligte der Beklagte endgültig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Juli 2011 in Höhe von 724,66 EUR monatlich (Bl. 176 der Verwaltungsakte).

Am 12. Januar 2012 erfuhr der Beklagte durch die Zustellungsfirma "a.", dass beim Kläger eine Adressänderung festgestellt worden sei. Die neue Adresse des Klägers laute: Im Be. XX in XXXXX M. (Bl. 184 der Verwaltungsakte).

Auf eine entsprechende Anhörung (Bl. 194 der Verwaltungsakte), teilte der Kläger mit Schreiben vom 23. Februar 2012 mit, es täte ihm sehr leid, dass er den Umzug nicht mitgeteilt habe, er habe aber nicht daran gedacht, dass "jemand anders" für ihn zuständig sein könnte. Es sei ihm nicht bewusst, dass er falsche Angaben gemacht habe (Bl. 197 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 15. März 2012 nahm der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 30. Juni 2011 bis zum 31. Januar 2012 zurück und forderte den Kläger auf die in diesem Zeitraum gewährter Leistungen in Höhe von insgesamt 6.161,51 EUR zurückzuerstatten (Bl. 217 der Verwaltungsakte).

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20. März 2012 Widerspruch. Zur Begründung machte der Kläger geltend, er habe nicht grob fahrlässig gehandelt, ihm sei vielmehr nicht bewusst gewesen, dass eine andere Stelle für ihn zuständig gewesen sei, da er ja weiterhin im Raum F. wohnhaft gewesen sei. Zudem sei auf seinen Kontoauszügen, die der Beklagte regelmäßig zur Bearbeitung gehabt habe, die neue Adresse abgedruckt gewesen (Bl. 224 der Verwaltungsakte).

Mit Änderungsbescheiden vom 11. Juli 2012 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 30. Juni 2011 bis zum 31. Januar 2012 dahingehend ab, dass nur noch Leistungen in Höhe des Regelbedarfs bewilligt wurden (für 30. Juni 2011 – 24,15 EUR; für 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 – 364 EUR monatlich und für Januar 2012 – 374 EUR; Bl. 250, 251 der Verwaltungsakte). Mit einem Rücknahme- und Erstattungsbescheid gleichen Datums nahm der Beklagte (in Abänderung des Bescheides vom 15. März 2012) die Bewilligung von Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 360,66 EUR für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Januar 2012 zurück und forderte vom Kläger die in dieser Zeit erbrachten Kosten der Unterkunft in einer Gesamthöhe von 2.524,62 EUR zurück (Bl. 293 der Verwaltungsakte).

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2012 wies der Beklagte den weitergehenden Wider-spruch als unbegründet zurück. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen des Klägers wurden zur Hälfte vom Beklagten übernommen. Der Beklagte stützte seine Entscheidung auf § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Dem Kläger hätte bekannt sein müssen, dass wegen seines Umzugs nach M. sich auch Änderungen in seinem Leistungsanspruch ergeben hätten (Bl. 258 der Verwaltungsakte).

Hiergegen hat der Kläger am 13. August 2012 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.

Das SG hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2012 das Jobcenter Br. zum Verfahren beigeladen. Dort hatte der Kläger erstmals am 22. März 2012 die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II beantragt und solche seit 1. März 2012 auch bewilligt erhalten (Bl. 19 ff der SG Akte). Der Beigeladene hat vor dem SG vorgetragen, durch ihn könnten (vor dem 1. März 2012) keine Kosten der Unterkunft übernommen werden, da es bereits an einer Antragstellung fehle. Insbesondere könne der Weiterbewilligungsantrag beim Beklagten im Juli 2012 nicht als Erstantrag beim Beigeladenen angesehen werden. Für den Beklagten sei bis zum Postrücklauf im Januar 2012 überhaupt nicht ersichtlich gewesen, dass er nicht zuständig sei, so dass der Beklagte den Antrag nicht an den Beigeladenen hätte weiterleiten können (Bl. 36 – 37 der Verwaltungsakte).

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Dezember 2012 abgewiesen. Zur Begrün-dung hat das SG dargelegt, die Voraussetzungen der §§ 45, 50 SGB X für eine Rücknahme- und Rückforderungsentscheidung lägen vor. Die Bescheide vom 26. Juli 2011 und 4. Januar 2012 hätten auf den falschen Angaben beruht, die der Kläger aus Anlass seiner Anträge vom 12. Juli 2011 und 4. Januar 2012 gemacht habe. Obwohl der Kläger bereits am 30. Juni 2011 aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten verzogen sei, habe er in diesen Anträgen jeweils wahrheitswidrig angegeben, seine Wohnanschrift habe sich nicht geändert. Dies sei zumindest grob fahrlässig gewesen. Das SG hat weiter ausgeführt, es neige der Auffassung zu, dass vorliegend kein Fall des § 16 Abs. 2 S. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) anzunehmen sei, da diese Regelung Fälle im Blick habe, in denen sich die Unzuständigkeit des Leistungsträgers, bei dem ein Antrag gestellt wird, aus der Antragstellung heraus ergebe bzw. bei denen zumindest Zweifel bestünden, die den erstangegangenen Leistungsträger zu einer Prüfung und Entscheidung über die Frage seiner Zuständigkeit veranlassen müssten. Anders sei hingegen der vorliegende Fall zu beurteilen, bei dem - ausgehend von den falschen Angaben des Klägers - die Frage der Zuständigkeit des Beklagten eindeutig zu bejahen gewesen sei und Zweifel insoweit überhaupt nicht aufkommen konnten. Letztlich könne all dies jedoch dahinstehen. Unabhängig davon, ob dem Kläger gegen den Beigeladenen für die Zeit vom 30. Juni 2011 bis zum 31. Januar 2012 ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehe oder nicht, komme eine Verurteilung des Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) deshalb nicht in Betracht, weil es zwischen dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. Juli 2012 bzw. des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2012 und der Frage eines möglichen Leistungsanspruches des Klägers gegen den Beigeladenen an einem Ausschließlichkeitsverhältnis fehlt. Vorliegend sei es nicht so, dass der streitige Anspruch (Rücknahme- und Erstattungsbescheides des Beklagten) mit einem möglicherweise geltend gemachten Anspruch des Klägers gegen den Beigeladenen (Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung) in einer rechtlichen Wechselwirkung zueinander stünden.

Am 4. Januar 2013 hat der Kläger gegen den am 11. Dezember 2012 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. In Ergänzung zum bisherigen Vorbringen hat der Kläger vorgetragen, zwar habe sich durch den Umzug die Zuständigkeit des Leistungsträgers geändert, diese mache die ursprüngliche Bewilligung aber nicht rechtswidrig, so dass § 45 SGB X als Ermächtigungsgrundlage ausscheide. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 3 SGB X wonach der Beklagte weiter Leistungen erbringen müsse, bis die Leistungen von der dann zuständigen Behörde fortgesetzt würden. Soweit der Beklagte Leistungen für eine nicht mehr bewohnte Wohnung bezahlt habe, sei dies ohne Rechtsgrund erfolgt. Der Wohnortwechsel stelle eine wesentliche Änderung dar. Die Voraussetzungen des § 48 SGB X lägen jedoch nicht vor. Der Beklagte habe kein Ermessen ausgeübt. Es liege auch keine grobe Fahrlässigkeit des Klägers vor. Der Kläger habe nach dem Umzug eine Pauschalmiete von 360 EUR zahlen müssen, so dass sich die Verhältnisse für ihn überhaupt nicht verändert hätten. Die geänderte Adresse hätte der Beklagte im Übrigen aus den eingereichten Kontoauszügen entnehmen können.

Der Kläger beantragt‚

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 7. Dezember 2012 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2012 in Form der Änderungsbescheide vom 11. Juli 2012 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erachtet den Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (Bl. 45, 46 und 47 der Senatsakte), konnte der Senat den Rechtsstreit gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die durch den Kläger erhobene Anfechtungsklage ist unbegründet und wurde vom SG daher zu Recht abgewiesen. Das SG hat im Gerichtsbescheid vom 7. Dezember 2012 die rechtlichen Grundlagen für die vom Beklagten verfügte Rücknahme- und Rückforderungsentscheidung ausführlich und zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des SG Bezug, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren auf folgendes hinzuweisen:

Entgegen der Auffassung des Klägers stellt § 45 SGB X und nicht § 48 SGB X die zutreffende Rechtsgrundlage dar. Rechtsgrundlage für die Aufhebung ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X. § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll; dagegen kommt eine Aufhebung nach § 48 SGB X in Betracht, wenn nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten ist. Beide Normen grenzen sich folglich nach dem Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden soll, ab (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 - B 7a AL 76/05 R, BSG, Urteil vom 28. November 1985 - 11b/7 RAr 128/84, BSG, Urteil vom 27. Juli 1989 - 11/7 RAr 115/87 -zit. jeweils nach Juris). Erlassen ist ein Verwaltungsakt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, in dem Zeitpunkt, in dem er dem Adressaten bekanntgegeben und damit wirksam wurde (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 48/07 R – Juris, m.w.N.). Die hier maßgeblichen Bescheide vom 26. Juli 2011 und 4. Januar 2012 waren von Anfang an insoweit teilweise rechtswidrig, als damit Kosten der Unterkunft für die Wohnung in der B. Str. X in F. für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Januar 2012 gewährt wurden. Tatsächlich wurde diese Wohnung vom Kläger zu diesem Zeitpunkt unstreitig nicht mehr bewohnt, nachdem dieser am 30. Juni 2011 in die Wohnung, Im Be. XX, in M. verzogen war. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Tatsächlich hatte der Kläger für die B. Str. X in F. nach seinem Umzug aber keine Aufwendungen mehr. Kosten der Unterkunft kann es zudem grundsätzlich nur für eine Unterkunft geben, die der Leistungsempfänger auch tatsächlich nutzt (BSG, Urteil vom 23. Mai 2012, Az. B 14 AS 133/11 R). Die von der Beklagten in Unkenntnis des Umzugs bewilligten Leistungen in Form von Kosten der Unterkunft für eine nicht mehr genutzte Wohnung waren daher rechtswidrig.

Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, die Beklagte sei gem. § 2 Abs. 3 SGB X weiter zur Leistung verpflichtet gewesen, ist dies nicht zutreffend. Gem. § 2 Abs. 3 SGB X muss die bisher zuständige Behörde bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit die Leistungen noch so lange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. Da § 36 SGB II für den Fall des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit keine abweichende Regelung enthält, ist die allgemeine Regelung des § 2 Abs. 3 SGB X einschlägig und geht den §§ 102, 105 SGB X vor (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 12. April 2011 – L 6 AS 45/10 –, juris, m.w.N.). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, eine typischerweise bei einem Zuständigkeitswechsel eintretende Unterbrechung der Leistung an den Leistungsempfänger zu verhindern und einen nahtlosen Übergang der Leistungsgewährung zu erreichen (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 8/2034 zu Art. 1 § 2; Neumann in Hauck/Noftz, SGB X, § 2, Rn. 34). § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X gibt dem Betroffenen gegenüber der unzuständig gewordenen Behörde einen Anspruch auf Fortsetzung der Leistung, solange die nunmehr zuständige Behörde noch keine Leistungen erbringt. Dies gilt allerdings nur solange und soweit die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen weiter bestehen. Ein Anspruch aus § 2 Abs. 3 SGB X ergibt sich daher nur in dem Umfang, in dem die Leistungsgewährung rechtmäßig ist und die bisher zuständige Behörde mit Rechtsgrund geleistet hat. Die vom Beklagten erbrachten Kosten der Unterkunft für eine tatsächlich nicht mehr bewohnte Wohnung sind jedoch (wie oben dargelegt) ohne Rechtsgrund geleistet worden, so dass der Kläger auch aus § 2 Abs. 3 SGB X keinen weitergehenden Anspruch herleiten kann. Mit anderen Worten: § 2 Abs. 3 SGB X begründet einen eigenständigen Anspruch nur insoweit, als sich die Rechtswidrigkeit der bisherigen Bewilligung ausschließlich aus dem eingetretenen Zuständigkeitswechsel ergibt (vgl. Neumann, a.a.O, Rn. 36). Eben dies ist aber bei dem hier in Frage stehenden Wechsel der Wohnung in Bezug auf die Kosten der Unterkunft nicht der Fall, da der Beklagte die Kosten der Unterkunft für die bisher bewohnte Wohnung nicht nur aufgrund des Zuständigkeitswechsels nicht mehr übernehmen muss, sondern vielmehr auch deswegen weil diese Wohnung überhaupt nicht mehr zur Unterkunft des Klägers dient. Für die neue Wohnung in M. war der Beklagte nie zuständig und hat hierfür niemals Leistungen bewilligt, so dass auch insoweit der Zuständigkeitswechsel keine Rolle spielt.

Der Kläger kann sich im Übrigen auch nicht auf schützenswertes Vertrauen berufen. Die (teilweise) Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes ist gemäß § 45 Abs. 1 SGB X nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 möglich. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht hat oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Zwar geht der Senat davon aus, dass der Kläger die ihm gewährten Leistungen für die Anmietung der neuen Wohnung verbraucht hat, das hierdurch begründete Vertrauen ist jedoch nicht schutzwürdig, da der Bewilligungsbescheid auf Angaben beruhte, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) und der Kläger zudem die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Dem Kläger steht kein Vertrauensschutz zu. Die Bewilligung von Kosten der Unterkunft für eine tatsächlich nicht mehr bewohnte Wohnung beruht einzig und allein auf zumindest grob fahrlässig falschen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers. Dieser hat gegenüber der Beklagten als maßgebliche Wohnanschrift die B. Straße X in F. angegeben und mit Weiterbewilligungsantrag vom 12. Juli 2011 (Bl. 144 der Verwaltungsakte) und nochmals am 4. Januar 2012 (Bl. 180 der Verwaltungsakte) eine Änderung der Wohnanschrift ausdrücklich verneint, seinen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bereits erfolgten Umzug nach M. hat der Kläger der Beklagten zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, so dass die Beklagte bis zum Januar 2012 davon ausgehen musste und durfte, dass der Kläger die F.er Wohnung nach wie vor bewohnt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bei der ursprünglichen Antragstellung im Jahr 2009 auch den Mietvertrag für die Wohnung B. Straße X in F. vorlegen musste, hätte dem Kläger bei Anstellen ganz einfachster, jedermann sofort einleuchtender Überlegungen zudem klar sein müssen, dass ein Wohnungswechsel (und erst recht ein Wohnortwechsel) leistungsrechtliche Konsequenzen haben kann. Der Senat hat keinerlei Hinweise dafür, dass der Kläger in seiner geistigen Leistungsfähigkeit dergestalt eingeschränkt ist, dass ihm selbst einfachste Überlegungen nicht möglich wären. Dem Berufungsvortrag, für den Kläger hätten sich, da er in etwa die gleiche Miete habe zahlen müssen, die Verhältnisse überhaupt nicht geändert, so dass keine grobe Fahrlässigkeit vorliege, vermag der Senat vor diesem Hintergrund nicht zu folgen. Zweifel an der groben Fahrlässigkeit des Klägers im zuvor genannten Sinne, ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag, der Beklagte habe die geänderte Adresse aus den eingereichten Kontoauszügen entnehmen können. Ungeachtet der Frage, ob der Kläger seiner Mitteilungspflicht durch die kommentarlose Vorlage von Kontoauszügen genügen könnte, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger - ausweislich der Verwaltungsakte - erstmals im Februar 2012 Kontoauszüge mit der Adresse, Im Be. XX, M., vorgelegt hat (Bl. 201 ff). Dies geschah erst nach dem Anhörungsschreiben des Beklagten vom 13. Februar 2012.

Da nach alledem die teilweise Rücknahme der Bewilligung rechtmäßig ist, durfte der Beklagte die überzahlte Leistung nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern. Gegen die Berechnung des Erstattungsbetrags sind Einwendungen nicht erhoben; Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich

Schließlich scheidet hier auch eine Verurteilung des Beigeladenen aus. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht im Übrigen auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben haben. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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