L 13 R 1408/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 5021/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1408/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer früher beginnenden und höheren Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die 1976 geborene Klägerin beantragte am 26. Februar 2013 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Hierzu legte sie u.a. einen Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 19. November 2012 vor, mit dem das auf ihre Anzeige hin u.a. wegen des Verdachts auf Körperverletzung durchgeführte Ermittlungsverfahren gegen behandelnde Ärzte und Pflegepersonal des Zentrums für Psychiatrie E. eingestellt worden war. Aus diesem geht weiter hervor, dass die Klägerin am 19. Mai 2007 einen Verkehrsunfall erlitten hatte und stationär in o.g. Einrichtung behandelt worden war. Nach psychiatrischer Begutachtung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ket. (Gutachten vom 25. Mai 2013) bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Juni 2013 der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2013. Die Anspruchsvoraussetzungen seien seit dem 19. Mai 2007 erfüllt. Der monatliche Rentenzahlbetrag belaufe sich ab dem 1. Februar 2013 auf 414,91 EUR und ab 1. Juli 2013 auf 415,94 EUR. Hiergegen erhob die Klägerin am 25. Juni 2013 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf eine Renteninformation aus dem Jahr 2003 und führte aus, dass zusätzliche Schulzeiten sowie Pflegezeiten zu berücksichtigen seien. Sie müsse ihre schwerkranke Mutter seit Jahren pflegen. Außerdem habe sie bereits im Jahre 2002 ihre Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen und wegen Mobbing aufgeben müssen. Sie habe gesundheitlich so schwer darunter gelitten, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, einen Rentenantrag zu stellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, die Renteninformation aus dem Jahr 2003 sei nicht verbindlich. Die Zeiten vom 14. September 1998 bis 6. November 1998 seien mangels Fachschulausbildung nicht als Anrechnungszeit anzuerkennen. Die Rentenhöhe sei zutreffend berechnet worden; bezüglich der geltend gemachten Pflegezeiten müsse die Klägerin zunächst bei der Pflegekasse eine Feststellung beantragen.

Hiergegen hat die Klägerin am 8. November 2013 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Gewährung einer höheren Rente begehrt. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2013 hat das SG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, den Rechtsstreit nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG zur erneuten Entscheidung an die Beklagte zurückzuverweisen, ferner beabsichtige das SG den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

Mit Gerichtsbescheid vom 25. Februar 2014 hat das SG den Widerspruchsbescheid vom 5. November 2013 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGG zur Zurückverweisung in die Verwaltung seien erfüllt. Der Widerspruchsbescheid sei dementsprechend aufzuheben. Dieser sei ergangen, ohne dass die Beklagte auch nur versucht habe, die entscheidungserheblichen Tatsachen zu der von der Klägerin vorgetragenen Pflegezeit zu ermitteln. Rechtsirrig gehe die Beklagte davon aus, dass zunächst die Klägerin eine Rechtspflicht treffe, bei einem Dritten (Pflegekasse) einen Antrag auf Feststellungen (des Pflegeumfanges) zu stellen. Eine solche Rechtspflicht bestehe nicht nur nicht, sondern derartige Feststellungen wären für die Beklagte auch nicht zwangsläufig bindend. Die Beklagte sei in dem Widerspruchsbescheid auch nicht darauf eingegangen, dass die Klägerin vorgetragen habe, dass bereits 2002 der Leistungsfall eingetreten sei und sie gehindert gewesen sei, früher einen Rentenantrag zu stellen. Die notwendigen Ermittlungen seien mindestens hinsichtlich der behaupteten Pflegetätigkeit so erheblich, dass sie nicht vom Gericht nachzuholen seien. Ferner habe die Beklagte über den sinngemäß gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung wegen eines unverschuldet verspätet gestellten Rentenantrags zu entscheiden und den Sachverhalt diesbezüglich zu ermitteln (§ 27 Abs. 4 SGB X).

Gegen den der Klägerin am 12. März 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14. März 2014 (Eingang beim SG) Berufung eingelegt. In der Sache begehrt die Klägerin sinngemäß die Abänderung des Gerichtsbescheids und die Verurteilung der Beklagten, ihr unter Berücksichtigung eines Leistungsfalls und Antragstellung im Jahr 2002 eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Februar 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr bereits vor dem 1. Februar 2013 eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung von Pflichtbeiträgen zur Pflege und weiterer Anrechnungszeiten wegen Ausbildung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, die Klägerin sei durch den Gerichtsbescheid nicht beschwert.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwer der Klägerin ergibt sich daraus, dass sie abweichend von der angefochtenen Entscheidung eine positive Sachentscheidung, nämlich u.a. die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung begehrt (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig, Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 131 Rdnr. 21).

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Voraussetzungen einer Zurückverweisung an die Verwaltung nach § 131 Abs. 5 SGG als erfüllt angesehen. Die Beklagte wird nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen über den Widerspruch der Klägerin zu entscheiden haben. Eine von der Klägerin begehrte positive Sachentscheidung bzw. eine Aufhebung des Gerichtsbescheids und Zurückverweisung an das SG (§ 159 SGG) kommt vorliegend nicht in Betracht.

Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen (§ 131 Abs. 5 Sätze 1, 2 und 5 SGG).

Durch diese Vorschrift hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, das Verfahren an die Verwaltung zurückzuverweisen. Das SG hat die genannten Voraussetzungen einer Zurückverweisung an die Verwaltung zu Recht bejaht. Art und Umfang der noch zu ermittelnden Tatsachen sind erheblich. Um die Frage der Anrechnung weiterer Pflichtbeiträge für die Pflegetätigkeit der Klägerin entscheiden zu können, sind weitere umfassende Ermittlungen, u.a. Art der Pflege, Beginn der Pflegezeit, zeitlicher Umfang der Pflegetätigkeit, erforderlich. Zutreffend hat das SG auch den Ermittlungsbedarf bzgl. des Zeitpunkts des Eintritts des Leistungsfalls und zu der Frage, aus welchen Gründen die Klägerin nach ihrem Vortrag gehindert gewesen ist, bereits früher einen Rentenantrag zu stellen, festgestellt. Unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten hält auch der Senat die Entscheidung der Zurückverweisung auch für sachdienlich. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids wird im Übrigen Bezug genommen und von der Darstellung der weiteren Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung im Berufungsverfahren ohne Erfolg geblieben ist. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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