L 8 U 2346/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 5263/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2346/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Witwe ihres verstorbenen Ehemannes M. L. (künftig L) von der Beklagten die Gewährung von Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Auf Anzeige der AOK S. O. vom 23.06.2008 wegen eines im April 2008 diagnostizierten Bronchialkarzinoms nach Nikotinvorbelastung mit 15 packyears des L (Berichte des O.-K. vom 30.04.2008 und 23.04.2008) als Berufskrankheit (BK) leitete die Berufsgenossenschaft Metall N. S. ein Feststellungsverfahren ein.

Die Berufsgenossenschaft Metall N. S. holte (unter anderem) Stellungnahmen des Präventionsdienstes zur Arbeitsplatzexposition des L ein. Nach dem Bericht des Präventionsdienstes M. vom 06.08.2008 sei L bei Tätigkeiten als Schweißer, Brennschneider und Löter im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma Z.-GmbH vom 01.07.1987 bis 30.07.2008 einer Exposition gegenüber nickelhaltigen Stäuben und Rauchen ausgesetzt gewesen, wobei für die Zeit bis 1995 davon auszugehen sei, dass es gelegentlich Überschreitungen der Grenzwerte für Schweißrauche gegeben habe. Eine Exposition gegenüber Asbest habe nicht vorgelegen. Nach dem Bericht des Präventionsdienstes vom 21.06.2008 zu Tätigkeiten des L bei der Firma V. GmbH vom 01.01.1974 bis 30.06.1979 und 01.01.1982 bis 30.06.1984 sowie der Firma M. & E. vom 01.07.1979 bis 31.12.1981 sowie 01.07.1984 bis 30.06.1987 sei L als Sanitärinstallateur und Lüftungsbauer bei den Tätigkeiten in diesen Firmen durch Asbestfaserstaub (6,6 Faserjahre) belastet gewesen.

Mit Schreiben vom 12.09.2008 erklärte sich die Beklagte (zuständigkeitshalber) zur Übernahme der weiteren Bearbeitung des Falles bereit.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. F. vom 01.10.2008 wurde eine BK (Nr. 4104) nicht zur Anerkennung vorgeschlagen.

Am 10.12.2008 verstarb L (Sterbeurkunde vom 15.12.2008).

Die Beklagte nahm aus der Zeitschrift Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed 43 (2008), Seiten 326 - 336 Antworten zu einer Leseranfrage "Lungenkrebsrisiko bei Edelstahlschweißer" des Professor Dr. S., Professor Dr. R., Dr. P./Professor, Dr. B. und PD Dr. Z. zur Verwaltungsakte (Blätter L 13 Seite 3 bis 13, auf die Bezug genommen wird). Weiter veranlasste die Beklagte die ergänzenden Berichte des Präventionsdienstes M. vom 23.02.2009 und 29.05.2009 zur Exposition von Schadstoffen des L bei der Firma Z.-GmbH. Nach diesen Berichten habe eine gewisse Exposition gegenüber Chrom- und Nickelverbindungen vorgelegen (Chrom(VI)-Exposition von ca. 150 µg/m³ x Jahre; Nickel und seinen Verbindungen von höchstens 530 µg/m³ x Jahre). Es sei davon auszugehen, dass die Grenzwerte für Schweißrauche in der Luft an den Arbeitsplätzen nicht dauerhaft eingehalten gewesen seien. Es sei wenig wahrscheinlich, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben seien.

Am 12.12.2008 erfolgte durch Professor Dr. T. eine Obduktion des L, mit dem Ergebnis, dass Todesursache das fortgeschrittene Tumorleiden gewesen sei (endgültige Sektionsprotokoll vom 18.03.2009, mikroskopischer Befundbericht vom 17.03.2009). Die Beklagte holte weiter die pathologische Stellungnahme des Professor Dr. T. vom 12.05.2009 ein. Professor Dr. T. gelangte zu der Beurteilung, feingewebliche Untersuchungen übersandten Gewebematerials habe bestenfalls eine vergleichsweise geringfügig vermehrte pulmonale Asbestbelastung ergeben. Eine asbestassoziierte Lungenfibrosierung liege nicht vor. Asbestassoziierte pleurale Veränderungen hätten nicht nachgewiesen werden können. Brückenbefunde für eine BK Nr. 4104 ergäben sich nicht. Professor Dr. R. gelangte in seinem Befundbericht über Chrom- und Nickelanalysen in Lungengewebsproben vom 25.06.2009 zu dem Ergebnis, bezogen auf Trockengewicht seien die oberen Normgrenzen für Chrom maximal um den Faktor 6,4 und für Nickel maximal um den Faktor 8,4 überschritten.

Weiter holte die Beklagte das arbeitsmedizinische Gutachten des Professor Dr. T. vom 27.07.2009 ein. Er gelangte zu dem Ergebnis, die formalen Kriterien für eine BK Nr. 4104 seien nicht erfüllt. Bei der Gesamtschau aller pathologischen und faseranalytischen Befunde lasse sich eine "Minimalasbestose" als Brückenbefund für eine BK Nr. 4104 nicht bestätigen. Die bei L ermittelten kumulativen Dosiswerte für Chrom und Nickel seien nicht ausreichend, um eine BK Nr. 1103 und 4109 mit Wahrscheinlichkeit zu begründen. Vorliegend sei das Ergebnis einer Bestimmung der Chrom- und Nickelkonzentrationen im Lungengewebe kausalanalytisch bedeutsam. Die von Professor Dr. R. ermittelten Werte (Faktor 6,4 für Chrom und Faktor 8,4 für Nickel) bestätigten die berufliche Chrom- und Nickelexposition. Ob damit die erhöhte Gefährdung im Sinne einer Risikoverdoppelung bestätigt werden könne, sei wegen fehlender Dosis-Wirkungs-Beziehung nicht eindeutig zu beantworten. Es fehle eine entsprechende Konvention. Ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des L als Schweißer und der Entstehung der Lungenkrebserkrankung sei möglich. Wenn allerdings die wissenschaftlich gesicherten Erfahrungswerte zum Lungenkrebsrisiko nach Inhalationsrauchen einerseits und nach Chromat- bzw. Nickeloxid-Exposition berücksichtigt würden, müsse man folgern, dass die ermittelte berufliche Gefährdung im Vergleich zum Tabakrauch vergleichsweise gering sei. Ob berufliche Belastungen mit Asbestfasern, mit Chrom- und Nickeloxid-haltigen Schweißrauchen in einer Kombinationswirkung im Sinne einer Synkanzerogenese bei Annahme einer additiven Wirkung zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von mindestens 50 % geführt haben, könne wegen fehlender gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht abschließend beantwortet werden. Allerdings gelte auch bei Annahme einer Synkanzerogenese der beruflichen Einwirkungen, dass das Inhalationsrauchen aufgrund seines deutlich höheren Risikos wahrscheinlich die wesentliche Ursache gewesen sei.

Mit Bescheid vom 21.08.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Lungenkrebserkrankung des L als Berufskrankheit sowie Hinterbliebenenleistungen ab. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 4104, 1103 oder 4109 wie auch gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über das Zusammenwirken der bei L festgestellten beruflichen Einwirkungen von Gefahrstoffen (Synkanzerogenese) lägen nicht vor.

Gegen den Bescheid vom 21.08.2009 legte die Klägerin am 25.08.2009 Widerspruch ein. Sie wandte sich gegen die vom Präventionsdienst durchgeführten Ermittlungen zur Schadstoffbelastung am Arbeitsplatz bei der Firma Z. GmbH und rügte Unrichtigkeiten des Akteninhalts. Die Normgrenzen hinsichtlich der in den Gewebeproben gemessenen Konzentrationen für Nickel und Chrom seien überschritten.

Die Beklagte holte die weiteren Berichte des Präventionsdienstes M. vom 04.03.2010 und 28.07.2010 ein. Der Präventionsdienst gelangte nunmehr zu dem Ergebnis, bei L habe die kumulative Chrom(VI)-Exposition bei 140 µg/m³ x Jahre sowie gegenüber Nickel und seinen Verbindungen bei 290 µg/m³ x Jahre gelegen. Die im Schreiben vom 29.05.2009 mitgeteilten Werte seien hinfällig. Die von der Klägerin beschriebene Situation hinsichtlich Heizung und Lüftung seien, möglicherweise sogar im Übermaß, berücksichtigt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 14.10.2010 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Klägerin machte zur Begründung geltend, ob der Umfang der Belastung des L durch kanzerogene Schweißrauche zutreffend ermittelt worden sei, werde bestritten. Das von der Beklagten präsentierte Zahlenmaterial sei unzutreffend. Es sei davon auszugehen, dass die von Professor Dr. T. als nicht ausreichend bewertete kumulative Dosiswerte für Chrom- und Nickel inzwischen durch Zeitablauf überholt seien und korrigiert werden müssten. Zudem sei bisher nicht abschließend geprüft, ob die Einwirkung der Listenstoffe der BK Nrn. 4104, 1103, 4109 als wesentliche Teilursache für die Erkrankung des L vorliege. Die Klägerin berief sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.01.2010 (B 2 U 5/08 R). Das Gutachten von Professor Dr. T. leide zudem an dem Mangel, dass davon ausgegangen werde, das durch Tabakrauchen realisierte höhere Risiko des L sei wahrscheinlich die wesentliche Mitursache seiner Erkrankung gewesen. Bislang ungeprüft sei, ob L nicht infolge des Versicherungsfalles einer "Wie-BK" verstorben sei.

Das SG holte auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das arbeitsmedizinische Gutachten von Professor Dr. B.-A. vom 23.08.2012 mit radiologischem Zusatzgutachten von Dr. H. vom 29.06.2012 ein. Dr. H. gelangte in seinem Zusatzgutachten zu der Beurteilung, zusammenfassend fänden sich keine Brückenbefunde zur BK Nr. 4103. Er empfahl, die Ursachenforschung nach beruflich bedingten inhalativen Noxen erneut aufzugreifen. Professor Dr. B.-A. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, bei L ergäben sich an Diagnosen ein Adenokarzinom des linken Lungenoberlappens mit Metastasierung in die Leber und die rechte Niere, eine Lungenarterienembolie des rechten Lungenunterlappens und ein Zustand nach Myokardinfarkt 2008. Die Anerkennung einer BK Nr. 1103 werde nicht empfohlen. Von einem doppelten Lungenkrebsrisiko sei bei einer kumulativen Einwirkung mit sechswertigen Chromverbindungen von 1000 µg/m³ x Jahre auszugehen, die nach den Ermittlungen der Präventionsabteilung nur zu 15 % erreicht worden seien. Eine BK Nr. 4104 sei nicht mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Hinsichtlich der BK Nr. 4109 könne von einem doppelten Lungenkrebsrisiko bei einer Dosis von 5000 µg/m³ x Jahre ausgegangen werden, die nur zu ca. 10,6 % erreicht werde, weshalb die Anerkennung dieser Berufskrankheit nicht empfohlen werde. Erkenntnisse über das Zusammenwirken zwischen Asbest, Chrom VI- und Nickel-Verbindungen in Bezug auf die Entwicklung eines Bronchialkarzinoms lägen nicht vor, so dass keine gesicherten Erkenntnisse in Bezug auf die Diskussion einer Anerkennung einer BK im Rahmen des § 9 Abs. 2 SGB VII durch Synkanzerogenese vorlägen.

Mit Urteil vom 18.01.2013 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung, gestützt auf die Gutachten von Professor Dr. T. und Professor Dr. B.-A. und die Berichte des TAD (Präventionsdienstes) aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen, insbesondere nicht auf Hinterbliebenenrente.

Gegen das den früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06.05.2013 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin durch ihre neue Prozessbevollmächtigte am 04.06.2013 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, die Entscheidung des SG werde insbesondere angesichts der sehr komplexen Sach- und Rechtslage und dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Faktoren für nicht sachgerecht gehalten. Die Tatsache, dass L an seinem Arbeitsplatz - ohne zu rauchen - in größerem Umfang Asbest ausgesetzt gewesen sei, dürfe, auch unter dem geschätzten Ergebnis von 6,6 Faserjahren, nicht vernachlässigt werden. Entsprechendes gelte für die 21 Jahre dauernde Tätigkeit des L als Schweißer bei der Firma ZFE, wobei erschwerend hinzukomme, dass er in den ersten sieben Jahren bis 1994 in einem sehr kleinen Raum, ohne Lüftung oder Absaugung habe arbeiten müssen. Auch später habe sich an seinem Arbeitsplatz keine Direktabsaugungen befunden. Dem SG könne daher nicht gefolgt werden, wenn es davon ausgehe, dass sich nach den Gutachten nicht sagen lasse, dass das Bronchialkarzinom mit Wahrscheinlichkeit auf die Exposition gegenüber Chromat (VI)-Verbindungen bei der Tätigkeit als Schweißer zurückzuführen sei. Ähnliches gelte auch für die Exposition gegenüber Nickel und seinen Verbindungen. Hierzu gemachten Aussagen des Vorgesetzten von L seien schlicht falsch. Es könnten die ehemaligen Kollegen des L als Zeugen geladen werden. Auffallend sei auch, dass weder die Beklagte noch die Gutachter und auch nicht das Gericht es für notwendig erachtet hätten, den für die Firma ZFE zuständigen Betriebsrats zu hören. Fakt sei, dass in der ganzen Zeit der Beschäftigung keine Röntgenuntersuchung der Lunge des L für erforderlich gehalten worden sei, trotz Kenntnis des Ausgesetztseins kanzerogenen Stoffen. Mit Sicherheit hätten im Rahmen einer Früherkennung einer Erkrankung der Lunge die erforderlichen Schritte eingeleitet werden können. Weiter sei der Frage nach einer möglichen Kombination im Sinne einer Synkanzerogenese nicht in ausreichendem Umfang nachgegangen worden. Dies könne nicht zu ihren Lasten gehen, wobei es bei dem derzeitigen Stand der Wissenschaft sehr überraschen würde, wenn gerade auf diesem Gebiet keine neuen Erkenntnisse gewonnen worden seien. Demgegenüber werde immer nur lapidar ins Feld geführt, dass L Raucher gewesen sei und daher vor allem dies die Ursache seiner Erkrankung sein dürfte. Auch hierüber gebe es keine gesicherten Erkenntnisse. Nicht jeder - sogar starke - Raucher sterbe an Lungenkrebs, andererseits erkrankten Menschen an Lungenkrebs, ohne jemals geraucht zu haben. Fakt sei, dass der erst 49 Jahre alte L nur mäßig geraucht und im Übrigen sehr viel Sport gemacht habe. Es werde bestritten, dass ein 10-fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko bestanden habe. Auch nach den Feststellungen der Sachverständigen sei heute mit Sicherheit nicht mehr nachzuweisen, welchen Anteil die Exposition gegenüber Asbest bzw. Chrom- und Nickel am Tod des L gehabt habe und welchen Anteil das Rauchen. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte im vorliegenden Fall von ihrem Ermessen nicht oder nicht ausreichend Gebrauch gemacht habe. Sie verschanze sich überwiegend hinter theoretischen Berechnungen und versuche, das Rauchen - der Einfachheit halber - als alleinige Ursache darzustellen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.01.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Anerkennung der Lungenkrebserkrankung ihres Ehemannes L als BK Nr. 1103, 4104 und 4109 Hinterbliebenenrente zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, in den eingeholten Gutachten würden übereinstimmend eine berufliche Verursachung des Lungenkrebses seitens des L verneint. Die Möglichkeit einer beruflichen Verursachung reiche nicht aus. Mangels gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse könne eine Anerkennung wie eine Berufskrankheit nicht erfolgen. Bei L habe ein 10-fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko gegenüber Nichtrauchern vorgelegen. Bei fehlendem Nachweis medizinischer Brückenbefunde nach Asbesteinwirkungen mit einer Dosis von sechs Faserjahren sowie deutlicher Unterschreitung des Verdoppelungsrisikos für Lungenkrebs jeweils durch Chrom- und Nickel-Exposition komme dem Tabakrauchen als gesichertem Lungenkanzerogen die allein maßgebliche Verursachungsrolle zu. Die Berufungsbegründung werde dem Ergebnis der gerichtlichen und verwaltungsseitigen Amtsermittlung nicht gerecht.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 16.05.2014 erörtert worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch zu, ihr unter Anerkennung der Lungenkrebserkrankung ihres Ehemannes als BK Nr. 1103, 4104 und 4109 der Anl. 1 zur BKV Hinterbliebenenrente zu bewilligen. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Hinterbliebene einen (Zahlungs-)Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen in Form von Sterbegeld, Erstattung der Kosten der Überführung, Hinterbliebenenrente oder Beihilfe. Der Anspruch auf Sterbegeld, Erstattung von Überführungskosten und Hinterbliebenenrente besteht, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Beihilfe ist zu gewähren, wenn kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente entstanden ist und der Versicherte zum Zeitpunkt des Todes Anspruch auf Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 50 v. H. hatte (§ 71 Abs. 1 SGB VII). Mit dem angefochtenen Bescheid ist die Zahlung von Hinterbliebenenleistungen abgelehnt worden, weshalb die auf Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 SGG gerichtete Klage grundsätzlich zulässig ist (vgl. zu den Voraussetzungen bei Klagen auf Entschädigungsleistungen allgemein: BSG Urteil vom 07.09.2004 - 2 B U 35/03 , SozR 4-2700 § 8 Nr. 6; zuletzt auch 30.01.2007 - B 2 U 6/06 R - veröffentlicht in Juris).

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl I, Seite 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Berufskrankheiten sind gemäß § 1 BKV die in der dortigen Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleidet.

Bei einer Listenberufskrankheit lassen sich im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die gegebenenfalls bei einzelnen Listenberufskrankheiten einer Modifikation bedürfen (vgl. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 3): Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Wie bei einem Arbeitsunfall müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. u.a. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4, RdNr. 16 m.w.N.; BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 14, RdNr. 9 m.w.N.; BSG, UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG, NZS 2012, 151; BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3 sowie BSG vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - (Juris)).

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (ständige Rechtsprechung; vgl. stellvertretend zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R., veröffentlicht in juris).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i.S.d. Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Hiervon ausgehend hat das SG im angefochtenen Urteil die Klage der Klägerin zutreffend abgewiesen. Zwar ist davon auszugehen, dass die Erkrankung des L an einem Lungenkarzinom ursächlich für seinen Tod war. Die Lungenerkrankung des L ist jedoch nicht als BK anzuerkennen. L ist damit nicht an den Folgen einer Berufskrankheit verstorben, weshalb der Klägerin die allein streitgegenständlichen Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere die beantragte Hinterbliebenenrente, nicht zustehen. Ansprüche des L auf Entschädigungsleistungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge werden nicht geltend gemacht.

Das SG hat im angefochtenen Urteil hierzu - gestützt auf die Gutachten von Professor Dr. T. und Professor Dr. B.-A. und die Berichte des TAD (Präventionsdienstes) - zutreffend ausgeführt, hinsichtlich der BK Nr. 1103 lasse sich nicht sagen, dass das Bronchialkarzinom mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich auf die Exposition gegenüber Chromat(VI)-Verbindungen bei der Tätigkeit als Schweißer zurückzuführen sei. Als außerberuflicher Verursachungsbeitrag sei das durch das langjährige Rauchen von Tabak 10-fach erhöhte Risiko an Lungenkrebs zu erkranken, zu berücksichtigen. Demgegenüber werde die berufliche Belastung, die zu einer Verdoppelung des Erkrankungsrisikos führen würde, nur zu ca. 10 % erreicht. Unter diesen Umständen sei klar, dass die berufliche Belastung nicht mit Wahrscheinlichkeit als rechtlich wesentliche Teilursache angesehen werden könne. Zu weiteren Ermittlungen habe sich das Gericht nicht gedrängt gesehen. Entsprechendes gelte für die BK Nr. 4109. Auch die Voraussetzungen der BK Nr. 4104 seien nicht erfüllt. Unter den gegebenen Umständen könne auch keine "Wie BK" gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII anerkannt werden, zumal die Beklagte darüber nicht entschieden habe, so dass die Klage insoweit nicht nur sachlich nicht begründet, sondern auch unzulässig sei. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zur selben Überzeugung. Er schließt sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidungen den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils voll an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Das Vorliegen einer "Wie BK" gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII hat die Klägerin im Berufungsverfahren in ihren Berufungsantrag nicht einbezogen und damit nicht weiterverfolgt.

Das Vorliegen einer BK Nr. 4104 der BKV ist bereits mangels Vorliegen der vom SG im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellten Voraussetzungen dieser BK zu verneinen. Eine Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis des L am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren ist nicht nachgewiesen. Nach dem Bericht des Präventionsdienstes M. vom 06.08.2008 war L während seiner Tätigkeit als Schweißer bei der Z. GmbH einer Exposition gegenüber Asbest nicht ausgesetzt. Zwar bestand nach dem Bericht der Präventionsabteilung vom 21.08.2008 hinsichtlich der Tätigkeit des L als Sanitärinstallateur und Lüftungsbauer bei den Firmen V. GmbH und M. & E. in der Zeit vom September 1974 bis Juni 1984 eine Belastung durch Asbestfaserstaub. Für die fragliche Zeit ergeben sich jedoch lediglich 6,6 Faserjahre. Zudem ergab die Obduktion des L und die Untersuchungen der Gewebeproben des Lungengewebes nach der pathologischen Stellungnahme des Professor Dr. T. vom 12.05.2009 eine bestenfalls vergleichsweise geringfügig vermehrte pulmonale Asbestbelastung. Eine asbestassoziierte Lungenfibrosierung unter dem Bild einer Asbestose oder Minimalasbestose lag nicht vor. Asbestassoziierte pleurale Veränderungen, insbesondere unter dem Bild von Pleuraplaques, waren nicht nachzuweisen. Die Zusammenfassung der vorliegenden Untersuchungsergebnisse ergaben damit nach der überzeugenden Bewertung von Professor Dr. T. keine Brückenbefunde für das Vorliegen einer BK Nr. 4104 der BKV. Dem entspricht auch die Bewertung im radiologischen Zusatzgutachten von Dr. H. vom 29.06.2012, der Brückenbefunde zu einer BK Nr. 4103 der BKV ebenfalls verneint hat. Auch Professor Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 27.07.2009 das Vorliegen der Kriterien für eine BK Nr. 4104 nachvollziehbar und überzeugend verneint. Dem entspricht das Hauptgutachten von Professor Dr. B.-A. vom 23.08.2012, der bei L - aus den genannten Gründen - das Vorliegen einer BK Nr. 4104 der BKV ebenfalls für nicht wahrscheinlich angesehen hat. Diesen übereinstimmenden Kausalitätsbeurteilungen schließt sich (auch) der Senat an. Gesichtspunkte, die für eine abweichende Bewertung sprechen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.

Auch eine BK Nr. 1103 der BKV ("Erkrankungen durch Chrom und seine Verbindungen") bzw. Nr. 4109 der BK ("Bösartige Erkrankungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel und seine Verbindungen") sind hinsichtlich der Lungenerkrankung des L nicht hinreichend wahrscheinlich. Nach dem Gutachten von Professor Dr. B.-A. vom 23.08.2012 ist von einem doppelten Lungenkrebsrisiko bei einer kumulativen Einwirkung mit sechswertigen Chromverbindungen von (mindestens) 1000 µg/m³ x Jahre auszugehen. Eine solche Einwirkung ist bei L nicht nachgewiesen. Nach dem Bericht des Präventionsdienstes M. vom 04.03.2010 ergibt sich (unter Berücksichtigung von einem Zuschlag von 10 % entsprechend dem Dosismodell wegen Einwirkungen benachbarter Arbeitsplätze und einem weiteren Aufschlag von 50 % zur Berücksichtigung der früheren kleineren Arbeitsplätze) eine kumulative Chrom(VI)-Exposition des L mit 140 µg/m³ x Jahre, und rechtfertigt damit nicht die Annahme eines doppelten Lungenkrebsrisikos. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der BK Nr. 4109 der BKV. Hinsichtlich dieser BK kann von einem verdoppelten Lungenkrebsrisiko bei einer Dosis von 5000 µg/m³ x Jahre ausgegangen werden. Auch diese Dosis ist bei L nach dem Bericht des Präventionsdienstes M. vom 04.03.2010 nicht nachgewiesen (unter Verdoppelung des ermittelten Wertes für Nickel und seine Verbindungen zur Berücksichtigung des Schleifens und Aufschlag von 50 %: 290 µg/m³ x Jahre). Hiervon geht auch Professor Dr. T. in seinem Gutachten vom 27.07.2009 aus, der die bei L ermittelten kumulativen Dosis-Werte für Chrom und Nickel als nicht ausreichend erachtet, um eine BK Nr. 1103 oder BK 4109 der BKV mit Wahrscheinlichkeit zu begründen. Dem entsprechen auch die - von der Beklagten zur Verwaltungsakte genommenen - (wissenschaftlichen) Darlegungen von Professor Dr. S., Professor Dr. R., Dr. P./Professor Dr. B. und PD Dr. Z. zu einer Leseranfrage "Lungenkrebsrisiko bei Edelstahlschweißer" in Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed 43 (2008), Seiten 326 - 336.

Allerdings handelt es sich nach den Ausführungen von Professor Dr. T. in seinem Gutachten bei den genannten Dosis-Werten für Chrom und Nickel nicht um eine wissenschaftlich begründete Ableitung auf der Basis von Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Hinzu kommt, dass bei L die tatsächliche Chrom- und Nickel-Exposition wegen fehlender historischer Messergebnis gewissen Unsicherheiten unterliegt. Demzufolge kommt vorliegend dem Ergebnis einer Bestimmung der Chrom- und Nickelkonzentrationen im Lungengewebe des L kausalanalytisch Bedeutung zu, wovon Professor Dr. T. in seinem Gutachten ausgeht.

Vorliegend ergeben sich hieraus nach überzeugender Darlegung von Prof. Dr. T. aber keine weiteren Erkenntnisse. Nach dem Befundbericht und der arbeitsmedizinisch-toxikologischen Expertise von Professor Dr. R. vom 25.06.2009 erbrachten die Untersuchungen bei der Obduktion des L entnommener Lungengewebsproben bezogen auf Trockengewicht im Vergleich zu den oberen Normgrenzen für Chrom eine Überschreitung maximal um den Faktor 6,4 und für Nickel maximal um den Faktor 8,4. Hierdurch wird die frühere berufliche Chrom- und Nickel-Exposition des L bestätigt, wie Professor Dr. T. in seinem Gutachten ausführt. Diese Untersuchungsbefunde lassen jedoch noch nicht auf ein verdoppeltes Lungenkrebsrisiko für die BK Nr. 1103 und Nr. 4109 der BKV schließen, da eine Dosis-Wirkungs-Beziehung fehlt. Im Gegensatz zu den Luftkonzentrationen ist im Falle des biologischen Materials eine entsprechende Konvention, wie sie oben dargestellt wurde, nicht vorhanden, um ab einer definierten "Schwellenkonzentration" den Ursachenzusammenhang bejahen zu können, wie Professor Dr. T. in seinem Gutachten vom 27.07.2009 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt. Zwar hält Professor Dr. T. einen Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des L als Schweißer und der Entstehung der Lungenkrebserkrankung für möglich. Die bloße Möglichkeit reicht jedoch für die Anerkennung einer BK nicht aus. Entsprechendes gilt nach den Ausführungen von Professor Dr. T. in seinem Gutachten auch unter Einbeziehung einer Belastung mit Asbestfasern von 6,6 Faserjahren einerseits mit Chrom- sowie Nickeloxid-haltigen Schweißrauchen andererseits bei Annahme einer additiven Wirkung. Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlen hierzu (neue) gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, wie Professor Dr. T. in seinem Gutachten weiter ausgeführt hat. Solche Erkenntnisse lassen sich auch dem Gutachten des Prof. Dr. B.-A. nicht entnehmen. Neue gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse werden im Übrigen von der Klägerin auch nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Danach ist bereits nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Lungenkrebserkrankung des L durch Einwirkungen am Arbeitsplatz verursacht worden ist.

Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Professor Dr. T. in seinem Gutachten vom 27.07.2009 wäre zudem - sogar bei Annahme einer möglichen Kombinationswirkung einer Belastung des L am Arbeitsplatz mit Asbestfasern, Chrom- und Nickeloxidhaltigen Schweißrauchen im Sinne einer Synkanzerogenese - aufgrund des Inhalationsrauchens des L und des damit 10-fach höheren Risikos der Erkrankung an einem Lungenkarzinom das Inhalationsrauchen als rechtlich wesentliche (Mit-)Ursache zu werten.

Die Einwendungen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigen keine ihr günstigere Bewertung. Dass L an seinem Arbeitsplatz Asbest ausgesetzt gewesen ist, ist berücksichtigt. Entsprechendes gilt, dass L bis 1994 in einem sehr kleinen Raum ohne Lüftung oder Absaugung gearbeitet hat. Allein der Umstand einer 21 Jahre dauernden Tätigkeit des L als Schweißer bei der Firma Z. rechtfertigt für sich noch nicht die Feststellung einer BK. Entscheidend ist vielmehr, dass die arbeitstechnischen wie auch medizinischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 4104, 1103 oder 4109 der BKV - nach dem oben Ausgeführten - jedenfalls nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben sind. Entsprechendes gilt für den Einwand der Klägerin, dass trotz bestehender Gefahren keine Röntgenuntersuchung der Lunge des L für erforderlich gehalten worden sei. Mit diesem Einwand macht die Klägerin in der Sache Schadensersatz geltend, den die BKV - in Form einer fiktiven Anerkennung eine BK - nicht vorsieht. Soweit die Klägerin einwendet, es werde nur lapidar ins Feld geführt, dass L Raucher gewesen sei, greifen diese Einwendungen nicht. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass nicht jeder Raucher an Lungenkrebs sterbe, andererseits Menschen an Lungenkrebs erkrankten, ohne jemals geraucht zu haben, rechtfertigt dies nach dem ausgeführten die Feststellung einer BK nicht. Es entspricht einer allgemein bekannten Tatsache, das Inhalationsrauchen das Krebsrisiko im Vergleich zu Nichtrauchern deutlich erhöht. Professor Dr. T. hat in seinem Gutachten bei L - unter Berücksichtigung dessen tatsächlichen Konsums von 15 Packungsjahren - im Vergleich zu Nichtrauchern ein 10-fach höheres Risiko für Lungenkrebs bestätigt. Das nicht substantiierte Bestreiten der Klägerin eines 10-fach erhöhten Lungenkrebsrisikos ist nicht geeignet, das von Professor Dr. T. sachverständig bestätigte erhöhte Risiko für Lungenkrebs ernstlichen Zweifel zu ziehen. Ein Ermessensspielraum hinsichtlich der Feststellung des Vorliegens einer BK nach der BKV steht der Beklagte nicht zu.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat. Auch das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt ist durch die vom Beklagten im Verwaltungsverfahren und vom SG im Klageverfahren durchgeführten Ermittlungen geklärt. Durch das nicht näher substantiierte Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren, die Aussagen des Vorgesetzten von L zu den schädlichen Einwirkungen am Arbeitsplatz seien falsch, sieht sich der Senat nicht zu weiteren Ermittlungen dahin, ehemaligen Kollegen des L als Zeugen oder den Betriebsrat bei der Firma Z.-GmbH zu hören, gedrängt. Unsicherheiten der Exposition des Klägers L mit schädlichen Arbeitsstoffen an seinem Arbeitsplatz bei der Z.-GmbH wurden in den hierzu eingeholten Stellungnahmen des Präventionsdienstes, zuletzt Stellungnahmen vom 04.03.2010 und 28.07.2010, mit Aufschlag bzw. Zuschlag bei der Berechnung der Expositions-Dosis für Chrom und Nickel - und unter Berücksichtigung vorgetragener Einwendungen der Klägerin - Rechnung getragen. Selbst wenn das Vorbringen der Klägerin im Erörterungstermin am 16.05.2014, ihr Ehemann sei die doppelte Zeit mit Schweißarbeiten beschäftigt gewesen, zu Grunde gelegt würde, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht dargetan, dass der nur zu 15 % erreichte Dosiswert dadurch um ein Mehrfaches erhöht würde, damit die von Professor Dr. B.-A. in seinem Gutachten für eine Verdoppelung des Lungenkrebsrisikos beschriebene notwendige Dosis kumulativer Einwirkungen mit sechswertigen Chromverbindungen oder Nickel-Verbindungen erreicht würde. Dies gilt auch hinsichtlich der im Bericht des Präventionsdienstes vom 29.05.2009 mitgeteilten Exposition.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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