L 9 U 2873/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 5015/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2873/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 12.12.1984.

An diesem Tag befand sich der Kläger als Kraftfahrer für die Firma F. GmbH, P., auf dem Weg nach Münster, Westfalen, als es auf der Bundesautobahn A5 zu einem Verkehrsunfall gekommen war. Neben multiplen Platzwunden und einer Prellung und Schürfung am linken Unterarm zog sich der Kläger dabei ein Schädel-Hirntrauma mit fronto-basaler Fraktur und Rhinoliquorrhoe links zu. Unter Berücksichtigung eines Gutachtens des Nervenarztes Dr. Hinsenkamp und eines hno-ärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. S. stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.06.1986 als Folgen des Arbeitsunfalles eine geringe Einschränkung des Geruchssinnes, Gefühlsempfindungsstörungen der linken Stirnseite und Kopfschmerzen nach Schädelbasisbruch mit Gehirnerschütterung fest. Sie gewährte dem Kläger eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. für die Zeit vom 28.05.1985 bis 31.12.1985. Die hiergegen zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) und auf Weiterzahlung einer höheren Rente gerichtete Klage (S 15 U 1725/86) blieb ohne Erfolg (Urteil vom 11.03.1987).

Unter Berücksichtigung eines chirurgischen und eines nervenärztlichen Gutachtens des Städtischen Krankenhauses P. vom 08.02.1988 und 21.03.1988 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13.05.1988 fest, dass eine wesentliche Verschlimmerung des Unfallfolgezustandes nicht eingetreten war. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.07.1988). Die sodann erhobene Klage (S 5 U 1937/88) hat das SG unter Berücksichtigung eines neurologischen Gutachtens von Prof. Dr. H. vom 26.06.1990 und eines Gutachtens des HNO-Arztes Prof. Dr. H. vom 04.10.1990 mit Urteil vom 18.12.1990 abgewiesen. Im anschließenden Berufungsverfahren (L 2 U 542/91) einigten sich die Beteiligten am 23.06.1993 im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches auf die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 25 v.H. auf der Grundlage der (mit Bescheid vom 12.06.1986) anerkannten Unfallfolgen mit Wirkung ab dem 01.11.1987. Das in diesem Verfahren eingeholte Gutachten des Nervenarztes Lehmann und der Stationsärztin Dr. B.-L. vom 20.07.1992 war noch unter Berücksichtigung eines pseudoneurasthenischen Syndroms, eines hirnorganischen Psychosyndroms sowie einer diskreten neurologischen Restsymptomatik zur Einschätzung einer MdE um 50 v.H. gelangt. Dagegen hatte die Beklagte unter Vorlage eines Gutachtens nach Aktenlage von Prof. Dr. M. vom 01.09.1992 Einwendungen (insbesondere im Hinblick auf die gestellte Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms) erhoben. Den Vergleich führte die Beklagte mit Bescheid vom 28.07.1993 aus. Die Dauerrente wurde auf Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25.11.1993 auf Lebenszeit abgefunden.

Unter Bezugnahme auf Stellungnahmen seines behandelnden Neurologen Dr. H. machte der Kläger im Mai 1995 die Verschlimmerung der Unfallfolgen geltend. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.07.1995 und der Begründung ab, ein insoweit geltend gemachtes hirnorganisches Psychosyndrom liege nicht vor. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 06.10.1995). Die dagegen zum SG erhobene Klage (S 8 U 3120/95) nahm der Kläger zurück, nachdem das von ihm beantragte Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. M. vom 29.08.1997 zu dem Ergebnis gekommen war, dass eine hirnorganisch bedingte Beeinträchtigung kognitiver Funktionen und eine hirnorganische Wesensänderung nicht festzustellen waren.

Mit Bescheid vom 02.09.2002 und Widerspruchsbescheid vom 24.10.2002 stellte die Beklagte erneut fest, dass ein Anspruch auf Erhöhung der Verletztenrente nicht besteht. Eine erneute Überprüfung habe ergeben, dass eine wesentliche Änderung der MdE nicht habe festgestellt werden können. Die anschließend vor dem SG geführte Klage (S 4 U 4018/02) blieb unter Berücksichtigung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. Heinrich, der ausführte, dass die Kriterien für das Vorliegen eines organischen Psychosyndroms nach Schädel-Hirntrauma nicht erfüllt seien, ohne Erfolg (Urteil vom 24.03.2004).

Zuletzt beantragte der Kläger am 03.03.2008 die Erhöhung seiner Unfallrente und legte hierzu das Gutachten der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. F.-F. vom 12.02.2008 vor. Die Beklagte hat hierauf Prof. Dr. H. mit Erstellung eines weiteren hno-fachärztlichen Gutachtens beauftragt. Dieser kam in dem zusammen mit Prof. Dr. W. erstellten Gutachten vom 02.12.2008 zu dem Ergebnis, dass tatsächlich eine erneute Rhinoliquorrhoe vorliege, welche Folge des Arbeitsunfalles sei. Die beidseitige Riech- und die damit verbundene Schmeckstörung einschließlich der Sensibilitätsstörung im Bereich des Nervus frontalis links werde, wie in den Vorgutachten angegeben, mit einer MdE um 15 v.H. bewertet. Hinsichtlich der Rhinoliquorrhoe handele es sich um eine Problematik der Nasennebenhöhlen und der Schädelbasis als auch der Hirnhaut. Aufgrund der Schwere einer potenziellen Komplikation, nämlich einer endokraniellen Infektion, werde diese mit einer MdE um 20 v.H. bewertet. Insgesamt schätze er die MdE mit 30 v. H. ein (ergänzende Stellungnahme vom 29.12.2008).

Mit Bescheid vom 22.01.2009 lehnte die Beklagte die Erhöhung des Rentenanspruches ab. Die dem Bescheid vom 12.06.1986 zugrunde liegenden Verhältnisse hätten sich nicht wesentlich geändert. Denn durch die erneut aufgetretene Rhinoliquorrhoe sei eine wesentliche Änderung des Unfallfolgezustandes nicht eingetreten. Mit Bescheid vom 30.10.2009 und Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009 gab die Beklagte dem zwischenzeitlich eingelegten Widerspruch unter Berücksichtigung von Stellungnahmen des Beratungsarztes Dr. H. vom 04.08.2009 und 24.08.2009 insoweit statt, als sie die MdE ab 01.09.2007 erhöhte. Die Gesamt-MdE betrage unter Berücksichtigung der Rhinoliquorrhoe 35 v.H. Soweit der Kläger weiterhin ein unfallbedingtes hirnorganisches Psychosyndrom geltend mache, sei eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich gewesen, weil durch den Vergleich vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 23.06.1993 die streitbefangenen Unfallfolgen abschließend geregelt und die Anerkennung eines hirnorganischen Psychosyndroms als Unfallfolge ausdrücklich ausgeschlossen worden sei.

Hiergegen hat der Kläger am 12.11.2009 Klage zum SG erhoben und zur Begründung auf einen vorgelegten Befundbericht von Prof. Dr. W.r vom Städtischen Klinikum Karlsruhe Bezug genommen, wonach die Rhinoliquorrhoe ausgehend vom Befunddatum 21.11.2007 bereits seit vier bis fünf Jahren vorgelegen habe. Ferner hält er daran fest, die MdE sei wegen einer hirntraumatischen Wesensänderung zu erhöhen.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen bei Dr. D. und dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M ... Dr. D. hat angegeben, den Kläger nie behandelt zu haben. Der letzte Kontakt zu seiner Vorgängerin habe am 19.11.2008 stattgefunden. Der Nervenarzt M. hat insbesondere die Auffassung vertreten, dass die Einschätzung von Prof. Dr. H. mit einer MdE von 10 bis 20 v. H. nicht zutreffend sei. Er halte die Hirnschäden für zu gering eingestuft. Das SG hat darüber hinaus Beweis erhoben durch das Einholen eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Dr. H., Karlsbad. Dieser führte unter dem 09.11.2010 aus, dass auf neurologischem Gebiet Stirn-Kopfschmerzen, eine Geräuschempfindlichkeit und eine Hyposmie oder Anosmie bestünden. Darüber hinaus bestehe eventuell eine Rhinoliquorrhoe. Ferner habe der Kläger eine Gehörminderung auf dem linken Ohr angegeben. Eine vom Kläger geklagte Verschlechterung habe sich nicht objektivieren lassen. Die MdE auf neurologischem Fachgebiet betrage - ohne Anosmie und Rhinoliquorrhoe - ab dem 13.12.1985 10 v.H.

Mit Urteil vom 01.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger für die Zeit ab 01.09.2007 eine aufgrund der Folgen seines Arbeitsunfalles vom 12.12.1984 gerechtfertigte Verletztenrente auf der Grundlage einer MdE um 35 v.H. für die Zeit ab dem 01.09.2007 zustehe. Eine höhere Verletztenrente könne er nicht verlangen. Es schloss sich zur Begründung den Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. H. vom 02.12.2008 und ergänzend vom 29.12.2008 an, soweit auf hno-ärztlichem Fachgebiet die MdE mit 20 v.H. zu bewerten sei. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei die Einlassung des Klägers, er leide in Folge des am 12.12.1984 erlittenen Arbeitsunfalles an einer hirntraumatischen Wesensänderung mit eingeschränkter Kritik- und Merkfähigkeit und leichter Erregbarkeit und Reizbarkeit durch das Gutachten von Dr. H. widerlegt. Auf neurologischem Fachgebiet sei die MdE weiterhin nur mit 10 v.H. zu bewerten. Diese MdE-Bewertung sei in der Rentenberechnung der Beklagten bereits eingeflossen. Damit komme nach dem überzeugenden Gutachtensergebnis von Dr. H. eine höhere Bewertung der Gesamt-MdE unter keinen Umständen in Betracht.

Gegen das den Bevollmächtigten des Klägers am 08.06.2011 zugestellte Urteil haben diese am 08.07.2011 Berufung eingelegt.

Der Kläger hält daran fest, dass sich aus dem Gutachten Lehmann/Dr. B.-L. vom 20.07.1992 eine weit höhere MdE ergebe. Darüber hinaus gehe er davon aus, dass auch die MdE auf hno-fachärztlichem Gebiet höher zu bewerten sei. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2011 aufzuheben und den Bescheid vom 22. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2009 sowie den weiteren Bescheid vom 30. Oktober 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund der Folgen des am 12. Dezember 1984 erlittenen Arbeitsunfalles für die Zeit ab dem 1. September 2007 eine Verletztenrente nach einer MdE von mehr als 35 v.H. in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend legt der Kläger eine ärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 12.01.2012 vor.

Die Beteiligten wurden mit den Verfügungen des Berichterstatters vom 09.12.2011 und 22.01.2014 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz verwiesen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 12.12.1984 hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 09.12.2011 und 22.01.2014 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Prüfungsmaßstab für die geltend gemachte Erhöhung der Verletztenrente ist § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung bei Änderung der Sach- und Rechtslage regelt. § 48 SGB X wird auch nicht durch § 62 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) verdrängt, weil letzterer nur Änderungen, Aufhebungen oder Ersetzungen von "vorläufigen" Feststellungen eines Rentenanspruchs in der gesetzlichen Unfallversicherung regelt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 26.02.2013, L 9 U 1265/09, m.w.N., in Juris). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine Verschlimmerung oder Verbesserung von Unfallfolgen bedeutet nur dann eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X, wenn sich hierdurch der Grad der MdE um mehr als 5 v.H. senkt oder erhöht (§ 73 Abs. 3 SGB VII). Darüber hinaus muss eine solche Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern (§ 73 Abs. 3, 2. Halbsatz SGB VII). Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsaktes maßgeblichen Befunde mit denjenigen zu ermitteln, die zum Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung vorliegen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Maßgeblicher Beurteilungsgrundlage ist insoweit der gerichtliche Vergleich, der im Berufungsverfahren gegen das Urteil des SG vom 18.12.1990 erging und der in dessen Ausführung ergangene Bescheid vom 28.07.1993. Danach bezog der Kläger die später auf Lebenszeit abgefundene Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 25 v.H. der Vollrente aus Anlass des Unfalles vom 12.12.1984 ab 01.11.1987, wobei im gerichtlichen Vergleich auf die im Bescheid vom 12.06.1986 genannten Unfallfolgen Bezug genommen wurde ("Als Folgen Ihres Arbeitsunfalles werden anerkannt: nach Schädelbasisbruch mit Gehirnerschütterung: Geringe Einschränkung des Geruchsinnes. Gefühlsempfindungsstörungen der linken Stirnseite. Kopfschmerzen."). Grundlage dieser Beurteilung waren die Gutachten von Dr. H. und Prof. Dr. S ... Während Dr. H. aufgrund von Kopfschmerzen, Schwindel, Flimmern und Benommenheit wechselnder Intensität und den Angaben des Klägers über eine "gute Konzentration" und einem "schlechten Gedächtnis", aber bei fehlenden neurologischen Ausfällen (abgesehen von einer Druckempfindlichkeit der Nervenaustrittspunkte N V 1 und 2 links und einer Hypästhesie im Stirnbereich links, sowie einer leichten Unsicherheit im Romberg-Test und im Blindgang) bei fehlenden groben Auffälligkeiten, die auf eine Hirnkontusion hinweisen könnten, noch von einer MdE um 10 v.H. ab 13.12.1985 für eine weiteres Jahr ausging, stellte Prof. Dr. S. auf hno-ärztlichem Fachgebiet keine MdE mehr fest. Damals (Dezember 1984) war die aufgetretene Rhinoliquorrhoe durch eine Rhinobasisrevision bds. mit Duraplastik mit Fascialata versorgt worden, worauf die Liquorfistel verschlossen werden konnte. Ein diskret eingeschränkter, aber noch nicht aufgehobener Geruchssinn war als nicht MdE-relevant eingestuft worden. Das anschließende Klageverfahren blieb nach Anhörung von Dr. H. als sachverständiger Zeuge ("keine wesentliche Änderung der Befunde seit 1985") ohne Erfolg (Urteil vom 11.03.1987).

Eine Neubewertung der vorliegenden Unfallfolgen ist auch im weiteren Klage- (S 5 U 1937/88) und anschließenden Berufungsverfahren (L 2 U 542/91) nicht erfolgt. Insbesondere führte sie nicht zur Anerkennung eines hirnorganischen Psychosyndroms als Unfallfolge, obwohl der vom 2. Senat des erkennenden Gerichts beauftragte Sachverständige, der Nervenarzt Lehmann (zusammen mit der Stationsärztin B.-L.) zu dem Ergebnis gekommen war, neben einem ausgeprägten pseudoneurasthenischen Syndrom mit chronischen, medikamentös wenig beeinflussbaren Kopfschmerzen und vegetativer Begleitsymptomatik läge ein solches mit affektiver Verflachung und eingeschränkter Kritikfähigkeit, Antriebsschwäche, Interesselosigkeit und Affektlabiliät vor, weswegen die Unfallfolgen mit einer MdE um 50 v.H. einzuschätzen seien. Denn der auf Vorschlag des 2. Senats zwischen den Beteiligten geschlossene Vergleich bezog gerade nicht die vom Nervenarzt Lehmann vertretene Einschätzung mit ein, sondern hielt aufgrund der bereits anerkannten und durch die Gutachten von Prof. Dr. H. auf neurologischem und Prof Dr. H. auf hno-fachärztlichem Fachgebiet bestätigten Einschränkungen eine MdE um 25 v.H. für gerechtfertigt (auch wenn diese eine MdE um 15 v.H. - im Wesentlichen aufgrund des neurologischen Gutachtens von Prof. Dr. H. - nach wie vor für gerechtfertigt ansahen). Eine wesentliche und damit zu berücksichtigende Verschlimmerung ist mit dem Wiederauftreten der Rhinoliquorrhoe eingetreten. Dieser Verschlimmerung hat die Beklagte angemessen und ausreichend mit den Bescheiden vom 30.10.2009 Rechnung getragen. Eine solche ist nach dem Gutachten von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. W. sowie den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. H. mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 12.12.1984 zurückzuführen. Der Senat sieht auch keinen Grund, die von Prof. Dr. H. vorgenommene und von der Beklagten übernommene Bewertung einer MdE um 20 v.H. hierfür in Zweifel zu ziehen. Nachdem die Beklagte bei der Bemessung der Gesamt-MdE die Bewertung für Kopfschmerzen, Einschränkung des Geruchssinnes und Gefühlempfindungsstörungen der linken Stirnseite mit einer MdE um 25 v.H. aufgrund der vergleichsweisen Einigung im Verfahren L 2 U 542/91 trotz der Einschätzung von Prof. Dr. H. und von Prof. Dr. H. (MdE 15 v.H.) zugrunde gelegt und sich insoweit auch nicht auf eine Besserung berufen hat, ist mit Dr. H. in dessen Stellungnahme vom 25.08.2008 auch die Bildung der Gesamt-MdE mit 35 v.H. nicht zu beanstanden. Dass es in den von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen zu keiner wesentlichen Änderung gekommen ist, hat zudem zuletzt auch Dr. H. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, weshalb auch keine Veranlassung bestand, weitere Ermittlungen von Amts wegen zu veranlassen. Insoweit vermag auch die im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. S. keine andere Beurteilung zu rechtfertigen, der - nach erst drei Konsultationen- eigene Befunde und Diagnosen nicht angegeben hat und nur den Wunsch des Klägers unterstützte, erneut begutachtet zu werden. Hieraus ergibt sich aber keine Veranlassung, dem nachzukommen, da sowohl auf hno-ärztlichem als auch auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet ausreichend Gutachten vorliegen, die eine umfassende Beurteilung der hier streitigen Frage, nämlich einer Verschlimmerung der Folgen eines Arbeitsunfalles, der nahezu 30 Jahre zurückliegt, erlauben.

Soweit der Kläger meint, die auf hno-ärztlichem Fachgebiet vorliegenden Unfallfolgen seien höher zu bewerten, kann er damit nicht gehört werden. Denn soweit er sich deshalb auf eine - subjektive - Hörminderung beruft, besteht diese nach den Feststellungen im Gutachten Dr. H. erst seit sechs bis sieben Jahren und kann schon deshalb nicht auf eine traumatische Einwirkung des Unfalles zurückgeführt werden, zumal Dr. S. in seinem hno-ärztlichen Gutachten vom 28.05.1986 eine Hörstörung nicht beschrieben und Prof. Dr. H. in seinem Gutachten vom 04.10.1990 - und damit fast sechs Jahre nach dem Unfall - noch eine beiderseitige Normalhörigkeit angegeben hatte (Blatt 501 der Akten). Unabhängig davon, dass auch Prof. Dr. H. weder eine wesentliche Hörstörung beschrieben noch diesbezüglich Unfallfolgen angenommen hat, ließe sich eine solche auch nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall aus dem Jahr 1984 mehr zurückführen.

Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die aus der Erhöhung der MdE resultierende Rente mit dem Monat September 2009 bezahlt. Gemäß § 73 Abs. 1 SGB VII wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist. Dass ein Rhinoliquorrhoe-Rezidiv aufgetreten ist, ist durch den positiven beta-2-Transferintest, der am 05.09.2007 durchgeführt wurde (Blatt 1249 der Akten), belegt. Mit Prof. Dr. H. und Prof. Dr. W. kann der Nachweis aufgrund der ambulanten Untersuchung bei Dr. Frank-Fischer im August 2007 angenommen werden, da die Laboruntersuchung die (Verdachts-)Diagnose dann nur bestätigt hat. Damit ist der Rentenbeginn zutreffend festgestellt worden.

Soweit der Kläger geltend macht, die Rhinoliquorrhoe habe schon fünf bis sechs Jahre vor dem faktischen Nachweis wieder bestanden und insoweit auf das Gutachten von Dr F.-F. verweist, ergibt sich hieraus nichts anderes. Denn Feststellungen über eigene Untersuchungen oder Befunderhebungen enthält das Gutachten von Dr. F.-F. für die Zeit vor der ambulanten Untersuchung im August 2007 nicht. Vielmehr gibt sie im Rahmen der Anamnese nur die Angaben des Klägers wieder. Schon deshalb lässt sich ein konkreter Beginn des Wiederauftretens der Rhinoliquorrhoe nicht feststellen. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass keineswegs feststeht, dass es sich bei dem geschilderten Nasenfluss nach körperlicher Anstrengung in dieser Zeit tatsächlich bereits um eine Rhinoliquorrhoe gehandelt hat. Zumindest ist aufgrund des Auftretens nur bei Anstrengung schon keine MdE in dem jetzt angenommenen Ausmaß anzunehmen, sodass sich auch insgesamt noch keine wesentliche Änderung hätte begründen lassen. Dementsprechend haben auch Prof. Dr. H. und Prof. Dr. W. in ihrem Gutachten vom 02.12.2008 keinen anderen Zeitpunkt angegeben. Das vorgelegte Schreiben von Prof. Dr. W. an Dr. F.-F. vom 21.11.2007 führt daher nicht zu einem anderen Ergebnis.

Schließlich vermag der Kläger auch in diesem Verfahren nicht mit seinem Begehren durchzudringen, ein hirnorganisches Psychosyndrom sei als Folge des Unfalles zu berücksichtigen und zu entschädigen. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob es sich insoweit noch um die Geltendmachung einer Verschlimmerung von Unfallfolgen handeln kann oder ob der Kläger die anfängliche Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Beklagten geltend macht. Festzuhalten ist jedenfalls, dass der Kläger die Klage vor dem SG (S 8 U 3120/95) zurückgenommen hatte, nachdem der auf seinen Antrag gehörte Prof. Dr. M. zu dem Ergebnis gekommen war, dass eine hirnorganisch bedingte Beeinträchtigung kognitiver Funktionen und eine hirnorganische Wesensänderung nicht festzustellen gewesen waren. Zuvor hatte der Kläger einem Vergleich vor dem 2. Senat zugestimmt, der - trotz des die Berufung stützenden Gutachtens des Nervenarztes Lehmann - eine Erhöhung der MdE nur unter Berücksichtigung der bereits anerkannten Unfallfolgen und damit eben nicht aufgrund des geltend gemachten hirnorganischen Psychosyndroms vorsah. Die nachfolgenden Verwaltungs- und Gerichtsverfahren haben zu keiner anderen Beurteilung geführt. Denn auch das Gutachten von Dr. Heinrich im Verfahren S 4 U 4018/02 stellte fest, dass die Kriterien nach dem ICD 10 für das Vorliegen eines organischen Psychosyndroms nach Schädel-Hirn-Trauma nicht vorgelegen haben. Schließlich hat auch Dr. H. in dem vom SG veranlassten Gutachten schlüssig und überzeugend dargelegt, dass Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet und insbesondere ein hirnorganisch bedingtes Psychosyndrom nicht bestehen. Auch der Senat vermag dem Gutachten des Nervenarztes Lehmann aus dem Jahr 2002 sowie - ihm folgend - der Auffassung der behandelnden Ärzte (Dr. H. der Neurologen und Psychiaters M., Dr. F.-F.) nicht zu folgen, die aufgrund eines angenommenen hirnorganischen Psychosyndroms zu einer MdE um 50 v.H. gekommen waren. Für die Annahme eines solchen hätte - worauf Dr. H. zu Recht hinweist - die Schwere des Unfalles gewürdigt und nachgewiesen werden müssen, dass es durch den Unfall zu einer Hirnkontusion gekommen war, also nicht nur eine Commotio cerebri vorgelegen hat. Eine substantielle Hirnschädigung ist aber durch die am 10.09.1985 erfolgte Computertomographie nicht nachgewiesen worden, was der Senat dem Bericht der Schwarzwald-Klinik Bad K. vom 23.01.1986 entnimmt, welche dort mit als "altersentsprechender und unauffälliger Befund" gewürdigt wurde. Während des stationären Aufenthaltes dort wurden im Übrigen umfangreiche testpsychologische Untersuchungen durchgeführt, wonach die Merkfähigkeit als ungestört, die Gedächtnisleistung als nicht eingeschränkt und die Aufmerksamkeit und das Konzentrationsvermögen als durchschnittlich bis überdurchschnittlich beurteilt wurden. Ferner wurde ausgeführt, dass im Persönlichkeitsbereich eine starke Reizbarkeit und aggressive Erregbarkeit dominiere, die nach der Anamnese aber wohl weniger unfallbedingt, sondern prämorbid, persönlichkeitsbestimmend gewesen ist. Insoweit lassen sich unmittelbar nach dem Unfall auch keine Gesundheitsschäden nachweisen, die eine Hirnsubstanzschädigung belegen könnten. Damit setzen sich weder Dr. H., der im Februar 1986 noch die Diagnose einer Commotio cerebri stellte (Blatt 168 der Akten), oder der Nervenarzt M. noch das Gutachten des Nervenarztes Lehmann auseinander. Diese Befunde und deren Würdigung hat Prof. Dr. M. in seinem nach § 109 SGG erhobenen Gutachten im Übrigen mehr als 12 Jahre nach dem Unfall und mehr als 10 Jahre nach dem stationären Aufenthalt des Klägers in Bad K. nochmals nach eingehender psychiatrisch-psychologischer Untersuchung bestätigt. Hirnorganisch bedingte psychische Beeinträchtigungen und Störungen, insbesondere funktionell bedeutsame Beeinträchtigungen intellektueller und kognitiver Funktionen oder hirnorganisch bedingte Affekt- und Antriebstörungen waren auch nach seinen Untersuchungen nicht nachweisbar. Übereinstimmend mit den Ausführungen von Dr. H. hat Prof. Dr. M. darüber hinaus dargelegt, dass die vom Nervenarzt Lehmann in dessen Gutachten angenommenen psychischen Beeinträchtigungen und Störungen sich aus den im Gutachten enthaltenen Beobachtungen und Befunden, die eine eingehende psychiatrisch-psychologische Untersuchung mit psychodiagnostischen Testverfahren vermissen ließ, nicht ableiten lassen. Damit ist dieses Gutachten unschlüssig und nicht als Grundlage für die Bewertung von Unfallfolgen verwertbar. Eine hirnorganische Störung ist damit weder bewiesen noch ließe sich ein heutiger Nachweis einer solchen mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallgeschehen zurückführen.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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