S 33 EG 16/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 EG 16/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 05.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013 verurteilt, der Kläge-rin für ihren am XX.XX.2010 geborenen Sohn C. endgültig Elterngeld in Höhe von 1.980,00 EUR im ersten bis dritten Lebensmonat und in Höhe von 1.800,00 EUR im vierten bis zwölften Lebensmonat unter Anrechnung des be-reits bezogenen Elterngeldes zu gewähren.

II. Der Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin bezogenes Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Höhe von 18.090,00 EUR an den Beklagten zurückerstatten muss.

Die am XX.XX.1970 geborene, verheiratete Klägerin ist die Mutter des am XX.XX.2010 geborenen Kindes C ... C. ist das zweite Kind der Klägerin nach D., geboren am XX.XX.2007. Von Beruf ist die Klägerin selbstständige Zahnärztin. Gemeinsam mit ihrem Ehemann betreibt sie eine Zahnarztpraxis in der Rechtform einer Gesellschaft bürgerli-chen Rechts (GbR), wobei jeder Gesellschafter zu 50 % beteiligt ist.

Am 28.07.2010 beantragte sie die Bewilligung von Elterngeld für C. für den ersten bis zwölften Lebensmonat (= Zeitraum 16.07.2010 bis 15.07.2011). Dabei gab sie an, dass als Ersatz für ihre Arbeitsleistung am 01.04.2010 bzw. am 25.05.2010 zwei Assistenzzahnärzte eingestellt worden seien.

Mit vorläufigem Bescheid vom 24.09.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin antragsgemäß Elterngeld, wobei er unter Einschluss eines Geschwisterbonus für das ältere Kind D. einen Anspruch in Höhe von 517,70 EUR im ersten bis dritten Lebensmonat (= Zeitraum 16.07.2010 bis 15.10.2010) und in Höhe von 442,70 EUR im vieren bis zwölften Lebensmonat (= Zeitraum 16.10.2010 bis 15.07.2011) errechnete. Dabei setzte der Beklagte als Einkommen im Bemessungszeitraum die Hälfte des in der Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2009 angegebenen Gewinns in Höhe von 173.219,00 EUR abzüglich der gesetzlichen Abzugsbeträge an, da der maßgebliche Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2009 noch nicht vorlag, sowie im Bezugszeitraum ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen aus Teilzeittätigkeit in Höhe von 2.039,25 EUR. Diesen Betrag rechnete der Beklagte anteilig aus dem vorläufigen Betriebsergebnis laut betriebswirt-schaftlicher Auswertung (BWA) zum 31.05.2010 von 66.596,27 EUR hoch.

Nachdem sich die Klägerin mit Widerspruch gegen die Anrechnung von Teilzeiteinkom-men gewandt hatte, da sie im Bezugszeitraum keiner Erwerbstätigkeit nachginge und sie ab Juli 2007 nicht am Gewinn beteiligt sein würde, erging am 29.10.2010 ein Abhilfebe-scheid. Der Beklagte legte nunmehr im Bezugszeitraum nur noch ¼ des (nach BWA für den Zeitraum Juli bis September 2010 für das Kalenderjahr 2010 hochgerechneten) ge-schätzten Gewinns zugrunde, wobei sich unter Abzug der anteiligen Steuervorauszahlun-gen kein positives Einkommen mehr errechnete. Der Beklagte bewilligte daher der Kläge-rin nunmehr Elterngeld in Höhe von 1.980,00 EUR im ersten bis dritten Lebensmonat, an-schließend in Höhe von 1.800,00 EUR monatlich.

Mit vorläufigem Neufeststellungsbescheid vom 10.02.2011 passte der Beklagte den El-terngeldanspruch der Klägerin gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf-grund der Herabsetzung der Erstattungsquote von 67 % auf 65 % durch das Haushalts-begleitgesetz 2011 vom 09.12.2010 an und bewilligte nunmehr ab dem 16.02.2011 (= ab dem achten Lebensmonat) nur noch 1.755,00 EUR monatlich.

Am 05.12.2012 erließ der Beklagte einen endgültigen Bescheid. Er errechnete nunmehr nur noch einen Elterngeldanspruch in Höhe des Mindestbetrags von 300,00 EUR bzw. unter Einschluss des Geschwisterbonus im ersten bis dritten Lebensmonat in Höhe von 375,00 EUR. Dabei berücksichtigte der Beklagte als Einkommen im Bezugszeitraum im Kalenderjahr 2010 und 2011 jeweils 1/12 des sich aus den Einkommensteuerbescheiden 2010 und 2011 ergebenden Gewinns. Die nunmehr bestehende Überzahlung in Höhe von 18.090,00 EUR forderte er gemäß § 50 SGB X zurück.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 17.12.2012. Darin machte sie geltend, dass sie in der Zeit vom 01.07.2010 bis zum 15.07.2011 überhaupt nicht gearbeitet und keinen Gewinnanteil erhalten habe. Eine von der Steuerberaterin Frau E. (Steuerberater E. & F.) aufgestellte, entsprechende Gewinnaufteilung für die Jahre 2010 und 2011 legte sie vor.

Danach verteilt sich der Gewinn unter den Eheleuten wie folgt:
Gewinn GbR Ehefrau Kläger
01.01.2010-30.06.2010 167.998,00 EUR 83.999,00 EUR 83.999,00 EUR 01.07.2010-31.12.2010 117.672,86 EUR 0,00 EUR 117.672,86 EUR
Gesamt 2010: 285.350,86 EUR 83.999,00 EUR 201.671,86 EUR

01.01.2011-15.07.2011 150.770,00 EUR 0,00 EUR 150.770,00 EUR
16.07.2011-15.09.2011 46.390,77 EUR 46.390,77 EUR 0,00 EUR
16.09.2011-31.12.2011 81.183,82 EUR 40.591,91 EUR 40.591,91 EUR
Gesamt: 2011 278.344,59 EUR 86.982,68 EUR191.361,91 EUR

In den Einkommensteuerbescheiden 2010 bzw. 2011 sind die Gewinne entsprechend dieser Aufteilung jeweils als Einkommen aus selbstständiger Arbeit aus Beteiligungen bei den Ehepartnern berücksichtigt. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 zurück. Bei den Einkünften der Klägerin aus Beteiligungen handele es sich um Einkünfte, die nicht zeitpunkt-, sondern zeitraumbezogen zuflössen. Deshalb sei der Gewinn im Rahmen der steuerlichen Grundsätze als Jahresbetrag zu betrachten, mit der Folge, dass für jeden Monat des Bezugszeitraums 1/12 des jeweiligen Jahresgewinns anzusetzen sei. Für das Jahr 2010 seien dies monatlich 6.999,92 EUR (= 1/12 von 93.999,00 EUR) bzw. für das Jahr 2011 7.248,50 EUR (= 1/12 aus 87.144,00 EUR), insgesamt monatlich durchschnittlich ein Betrag von 4.724,71 EUR; damit errechne sich nur ein Elterngeldanspruch in Höhe des Min-destbetrags.

Mit ihrer am 14.02.2013 beim Sozialgericht München eingegangen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung der endgültigen Feststellung. Zum einen stehe der Rückforderung bereits der Abhilfebescheid vom 29.10.2010 entgegen. Denn der darin enthaltene Vorläufigkeitsvorbehalt beziehe sich nur auf die Frage des im Bezugszeitraum voraussichtlich zu erzielenden Einkommens. Bei Erlass des Bescheids habe jedoch bereits festgestanden, dass sie im Bezugszeitraum keiner Tätigkeit nachgehen werde. Insoweit habe sich keine Änderung ergeben. Zum anderen sei die Rückforderung zumindest rechtswidrig. Sie sei im Bezugszeitraum ihrer Tätigkeit nicht nachgegangen, so dass kein monatliches Erwerbseinkommen angesetzt werden dürfe.

Auf Anforderung des Gerichts, die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Kalenderjahre 2010 und 2011 vorzulegen, übermittelte die Klägerin eine Bestätigung ihrer Steuerberaterin Frau F. vom 10.10.2013, wonach solche Bescheide nicht existierten. Das Finanzamt A-Stadt habe bei der Gründung der gemeinsamen Praxis auf die Erteilung einer Steuernummer für die Personengesellschaft verzichtet, weil es sich bei den beiden Beteiligten um ein Ehepaar handele, das anschließend wieder gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werde. Die Aufteilung der Einkünfte aus der gemeinsamen Praxis sei bisher immer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung mittels einer separaten Aufteilungsberechnung erfolgt. Die daraus er-mittelten Einkünfte aus selbstständiger Arbeit seien identisch mit den Einkünften laut den Einkommensteuerbescheiden.

In der mündlichen Verhandlung weist die Klägerin ergänzend auf § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2a) Abgabenordnung (AO) hin. Danach könne das Finanzamt von einer gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen absehen, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handele, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststünden.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 05.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013 abzuändern und ihr für ihren am XX.XX.2010 geborenen Sohn C. Elterngeld endgültig in Höhe von 1.980,00 EUR im ersten bis dritten Lebensmonat und in Höhe von 1.800,00 EUR im vierten bis zwölften Lebensmonat unter An-rechnung des bereits bezogenen Elterngeldes zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsver-fahrens form- und fristgerecht (§§ 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz - SGG) beim zuständi-gen Sozialgericht München eingelegt und ist zulässig.

In der Sache erweist sich die Klage auch als begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 05.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Unrecht Einkommen im Be-zugszeitraum angerechnet und eine Rückerstattung geltend gemacht. Der Klägerin steht vielmehr Elterngeld in Höhe des Höchstsatzes zu. Der angefochtene Bescheid war daher entsprechend abzuändern.

I. Die Ermächtigung zu einer von den Bescheiden vom 29.10.2010 und 10.02.2011 ab-weichenden Regelung im angefochtenen Bescheid ergibt sich aus dem nach § 8 Abs. 3 BEEG zulässigen Vorbehalt der Vorläufigkeit der mit diesen Bescheiden erfolgten vorläu-figen Bewilligungen. Der Beklagte hat auch zu Recht Elterngeld gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1, 1. und 2. Alt. BEEG zunächst nur vorläufig gewährt, weil das Einkommen der Klägerin im Bemessungszeitraum wegen des noch fehlenden Einkommensteuerbescheids für das Ka-lenderjahr 2009 sowie das Einkommen im Bezugszeitraum noch nicht sicher feststand. Bezüglich des Einkommens im Bezugszeitraum hat die Klägerin zunächst angegeben, dass noch unklar sei, ob sie im Bezugszeitraum in der Praxis arbeiten werde (Schreiben vom 21.09.2010). Später gab sie an, dass sie im Bezugszeitraum nicht arbeiten und keine Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Zahnärztin erzielen werde. Aufgrund der besonderen Natur der Einkünfte aus Beteiligungen, die es rechtfertigen, grundsätzlich pro Kalendermonat 1/12 des steuerlichen Jahresgewinns als Einkommen im Bezugszeitraum anzusetzen (dazu eingehend unter II. 2c)), war eine bloß vorläufige Bewilligung jedoch grundsätzlich auch bezüglich des Einkommens im Bezugszeitraum angezeigt. II. Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 05.12.2006 (BGBl I, 2748) in der Fassung vom 28.03.2009 (BGBl. I, 634) bzw. in der durch Art. 14 des HBeglG 2011 vom 09.12.2010 mit Wirkung zum 01.01.2011 geltenden Fassung (BGBl. I, 1885). 1. Zur Überzeugung des Gerichts bestehen keinerlei Zweifel daran, dass die Klägerin ausweislich ihrer Angaben im Verwaltungsverfahren, wie von dem Beklagten zu Recht festgestellt, zum Bezug von Elterngeld berechtigt ist. Sie erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG, weil sie während des hier maßgeblichen Bezugszeitraums - erster bis zwölfter Lebensmonat (= Zeitraum 16.07.2010 bis 15.07.2011) ihres Sohnes C. ihren Wohnsitz in Deutschland hatte (Nr. 1), mit ihrem Kind in einem Haushalt gelebt (Nr. 2), ihr Kind selbst betreut und erzogen (Nr. 3) und keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat (Nr. 4, § 1 Abs. 6).

2. Die Höhe des Elterngeldanspruchs richtet sich nach § 2 BEEG. § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG sieht vor, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Ab dem 01.01.2011 gilt - auch für bereits laufende Leistungsfälle (vgl. Bundessozialgericht – BSG, Urteile vom 04.09.2013, Az. B 10 EG 6/12 und 11/12) - in den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 EUR war, dass der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.200 EUR überschreitet, auf bis zu 65 Prozent absinkt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BEEG). Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG die Summe der (ab 01.01.2011: im Inland) zu versteuern-den Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 anzusetzen. Nach § 2 Abs. 3 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist, als das nach § 2 Abs. 1 BEEG berücksichtigte, Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlichen erzielten monatlichen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Ein-kommen aus Erwerbstätigkeit ist dabei höchstens der Betrag von 2.700,00 EUR an-zusetzen.

a) Der Beklagte hat ausgehend von diesen Grundsätzen zutreffend gemäß § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes als Bemessungszeitraum, mithin das Kalenderjahr 2009, zugrunde gelegt, und den im Einkommensteuerbescheid 2009 ausgewiesenen Gewinn in Höhe von 162.597,00 EUR nach Abzug von Steuern in Höhe von 106.681,43 EUR netto als Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Denn die Klägerin hat ihre freiberufliche selbstständige Tätigkeit durchgehend sowohl im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt als auch im Kalenderjahr 2009 ausgeübt. Hieraus errechnet sich ein durchschnittliches vorgeburtliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 8.890,12 EUR.

b) Ausgehend von dieser Höhe des vorgeburtlichen durchschnittlichen Einkommens errechnet sich sowohl bei Heranziehung der Erstattungsquote von 67 % als auch bei Anwendung der reduzierten Erstattungsquote gemäß § 2 Abs. 2 BEEG ab 01.01.2011 von 65 % (vorliegend umgesetzt mit dem vorläufigen Neufeststellungsbescheid vom 10.02.2011 mit Wirkung ab dem 16.02.2011) ein gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG auf den Maximalbetrag gedeckelter Elterngeldanspruch in Höhe von 1.800,00 EUR, im ersten bis dritten Lebensmonat unter Einschluss des Geschwisterbonus gemäß § 2 Abs. 4 BEEG für das Kind D. in Höhe von 1.980,00 EUR monatlich.

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auf diesen Anspruch kein Einkommen gemäß § 2 Abs. 3 BEEG anzurechnen. Zwar handelt es sich bei den Einkünften aus der Gewinnbeteiligung an der gemeinsamen GbR bei der Klägerin steuerrechtlich um Einkommen aus selbstständiger Arbeit aus Beteiligungen gemäß § 18 EStG und damit um elterngeldrechtlich beachtliche Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG i. V. m. § 2 Nr. 3 EStG.

Auch ist grundsätzlich unbeachtlich, ob die Klägerin für die Gewinnbeteiligung Tätigkeiten entfalten musste oder nicht. Denn sowohl § 2 Abs. 1 BEEG als auch § 2 Abs. 3 BEEG stellen allein auf die Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab, während der Umstand der Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw. deren Nichtausübung als Grundvoraussetzung für den Anspruch auf El-terngeld in § 1 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 6 BEEG geregelt ist. Das Gesetz er-laubt danach Eltern die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Elterngeldbezugszeitraum von bis zu 30 Wochenstunden und gibt ihnen in diesem Fall einen vollwertigen Anspruch auf Elterngeld. Insbesondere bei Selbstständigen kann es jedoch vorkommen, dass sie während der beanspruchten Elterngeldbezugsmonate i. S. des § 2 Abs. 3 BEEG Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzie-len, auch wenn sie, wie die Klägerin, in dieser Zeit die Erwerbstätigkeit voll-ständig unterbrochen haben (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04.09.2013, Az. B 10 EG 18/12 R, Juris, Rn. 35 m. w. N.; BSG, Urteil vom 26.03.2014, Az. B 10 EG 4/13 R, Juris, Rn. 26 ff.). Denn für das Einkommen aus selbstständiger Arbeit hat das BSG in gefestigter Rechtsprechung den Begriff des "Erzielens von Einkommen" anhand des - strengen - Zuflussprinzips bestimmt (vgl. BSG, Ur-teile vom 29.08.2012, B 10 EG 18/11 R, Juris; vom 05.04.2012, Az. B 10 EG 10/11 R; jüngst: Urteil vom 26.03.2014, Az. B 10 EG 4/13 R, Juris, Rn. 27). Zur Begründung hat es in Abgrenzung zur nichtselbstständigen Arbeit unter ande-rem ausgeführt, dass der Begriff des Erzielens von Einkommen gesetzessys-tematisch in der allgemeinen Regelung des § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG ohne Differenzierung nach Einkunftsarten (vgl. dazu § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EStG) gebraucht wird und das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit in § 2 Abs. 8 und 9 BEEG eine besonders deutliche steuerrechtliche Ausprägung erhält (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2014, Az. B 10 EG 4/13 R, Juris, Rn. 27). Nach § 2 Abs. 8 Satz 2 BEEG ist auf den Gewinn abzustellen, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt. Demzufolge ist insoweit der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben im steuerrechtlichen Sinne maßgebend. Noch eindeutiger ist der Bezug auf das Steuerrecht in § 2 Abs. 9 BEEG verankert. Nach Satz 1 dieser Bestimmung gilt als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus der Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlosse-nen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Für Einkommen aus selbstständiger Arbeit sind im BEEG eigenständige Regelungen getroffen, die den Besonderheiten dieser Einkunftsarten Rechnung tragen (siehe hierzu insgesamt: BSG, Urteil vom 26.03.2014, a. a. O., Juris, Rn. 27, mit umfangreichen Nachweisen). § 2 Abs 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 7 bis 9 BEEG unterscheidet nur zwischen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und aus nicht-selbstständiger Arbeit andererseits. Eine Differenzierung innerhalb der Einkünfte danach, ob die Tätigkeit mehr oder weniger zeitbezogen ausgeübt wird, ist somit ausgeschlossen. Sie wäre auch kaum praktikabel (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2014, a. a. O., Juris, Rn. 27).

Vor diesem Hintergrund sind daher Gewinnanteile der Klägerin als Gesellschafterin der Zahnarztpraxis-GbR grundsätzlich unabhängig von einem tat-sächlichen Arbeitseinsatz als Einkommen zu berücksichtigen.

Allerdings hat die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts vorliegend trotzdem kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 3 BEEG erzielt.

Wie der Beklagte zutreffend dargelegt hat, handelt es sich bei Einkünften aus Beteiligungen nicht um zeitpunkt-, sondern um zeitraumbezogene Erwerbseinkünfte. Die Gewinnermittlung bei der GbR erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 EStG für ein Wirtschaftsjahr in der Regel durch Ermittlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen (Bilanzierung), sofern nicht eine Gewinnermittlung mittels Einnahmen- / Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG zulässig ist (vgl. § 141 Abgabenordnung). Die Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern selbst erfolgt, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist, bei auf Dauer angelegten GbRs gemäß § 721 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erst nach Rechnungsab-schluss zum Schluss des Wirtschaftsjahres. Steuerrechtlich betrachtet fließt der Gewinn dem Gesellschafter für ein Kalenderjahr zu, da es sich bei der Einkommensteuer gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG um eine Jahressteuer handelt. Weicht das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab, wird der gesamte Gewinn in dem Kalenderjahr der Besteuerung unterworfen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Durch die damit erfolgte Gewinnermittlung auf Jahresbasis fehlt es an der Möglichkeit, einen konkreten Gewinn in einem einzelnen Monat festzustellen (vgl. zu einer vergleichbaren Problematik im Rentenrecht: BSG, Urteil vom 03.05.2005, Az. B 13 RJ 8/04 R). Deswegen erscheint es sinnvoll und angebracht, wenn – wie auch vom Beklagten praktiziert – im Grundsatz bei Einkünften aus Beteiligungen dem Elterngeldberechtigten zum Zwecke der Elterngeldberechnung pro Kalendermonat 1/12 des von ihm zu versteuernden Jahresgewinns als Einkünfte berücksichtigt werden. Dies trägt aus Sicht des Gerichts dem elterngeldrechtlichen Prinzip des (teilweisen) Ersatzes des im Bezugszeitraum aufgrund der Betreuung des eigenen Kindes tatsächlich weggefallenen Einkommens einerseits und dem damit an und für sich nicht kompatiblen gesellschafts- und steuerrechtlichen Gegebenheiten bei an Personengesellschaften beteiligten Elterngeldberechtigten bestmöglich Rechnung.

Diese Anrechnung des (auf Lebensmonate umgerechneten) gezwölftelten (wegen des sich meist auf zwei Kalenderjahre erstreckenden Bezugszeitraums häufig anteilig aus zwei Einkommensteuerbescheiden zu entnehmenden) steuerlichen Gewinns ist allerdings nach Auffassung des Gerichts dann nicht gerechtfertigt, wenn der Elterngeldberechtigte im Bezugszeitraum tatsächlich überhaupt nicht oder nur im nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6 BEEG zulässigen Rahmen reduziert (im Sinne der Erbringung einer Arbeitsleistung) "tätig" ge-worden ist und deshalb eine entsprechende, steuerlich relevante und korrekt umgesetzte Reduzierung des Gewinnanteils erfolgt. Denn in diesem Fall ist es möglich, den Gewinn den entsprechenden Tätigkeitszeiträumen zuzuordnen. Augenfällig wird dies vor allem dann, wenn der Elterngeldberechtigte im Bezugszeitraum überhaupt nicht erwerbstätig ist. Ist beispielsweise eine elternge-ldberechtigte Mutter ab Geburt zum 01.07. eines Jahres bis zum 30.06. des nächsten Jahres ohne Erwerbstätigkeit in Elternzeit und jeweils das halbe Jahr vor der Geburt und das halbe Jahr nach Ablauf der Elternzeit für die GbR tätig und erhält sie für jedes betroffene Kalenderjahr jeweils die Hälfte ihres bisherigen individuellen Gewinnanteils, ist nicht ersichtlich, weswegen ihr für die Zeit der Elternzeit, in der sie und für die sie kein Einkommen erhalten hat, 1/12 des jeweiligen steuerlichen Jahresgewinns angerechnet werden sollte, nur weil im Einkommensteuerbescheid eine zeitliche Zuordnung mangels Relevanz für steuerrechtliche Zwecke nicht erfolgt. Dies gilt umso mehr bei "kleinen" GbRs, die nach § 4 Abs. 3 EStG ihren Gewinn ermitteln. Denn in diesen Fällen, ins-besondere bei GbRs unter Eheleuten oder Familienangehörigen, ist es durch-aus denkbar, dass ein "unterjähriger" Rechnungsabschluss und eine entsprechende Gewinnermittlung für Elterngeldzwecke vorgenommen werden. Zudem läge wohl eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Grundgesetz (GG) beispielsweise gegenüber Elterngeldberechtigten vor, deren Kinder zufällig zum Jahresanfang geboren sind und die deshalb zufällig exakt ein komplettes Kalenderjahr nicht für die GbR tätig sind und deshalb keine Einkünfte aus der GbR erzielen. Denn bei diesen wäre im Bezugszeitraum des Elterngeldes mangels steuerrechtlicher Zuordnung von Einkünften kein Gewinn anzurechnen, selbst wenn sie vor und nach der Geburt des Kindes, aber eben jeweils in anderen Kalenderjahren Einkünfte aus der GbR haben bzw. hatten. Nach Auffassung des Gerichts kommen auch im Fall, dass die Erwerbstätigkeit für die GbR im Bezugszeitraum nur reduziert wird, dieselben Erwägungen zum Tragen, auch wenn im Einzelfall möglicherweise schwieriger festzustellen sein kann, ob und inwieweit tatsächlich eine Reduzierung des Gewinnanteils erfolgt ist. Selbstverständlich ist generell - ins-besondere auch vor dem Hintergrund rechtsmißbräuchlicher Gestaltungen – immer eine Einzelfallprüfung erforderlich. So kann auch zu hinterfragen sein, ob eine Reduzierung des Gewinnanteils auf Null gerechtfertigt ist, wenn beispielsweise von dem elterngeldberechtigten Gesellschafter erhebliches Betriebsvermögen in die Gesellschaft eingebracht worden ist. In der Regel wird zum Nachweis der tatsächlichen Reduzierung des Gewinnanteils die Vorlage eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses sowie vor allem des bzw. der jeweiligen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zu fordern sein.

Durch die vorbeschriebene Berechnungsweise werden Elterngeldberechtigte, die Einkünfte aus Beteiligungen erzielen, nicht in verfassungswidriger Weise gegenüber Elterngeldberechtigten bevorzugt, bei denen das strenge Zufluss-prinzip zur Anwendung kommt und der bloße Zufluss von Einkünften auch oh-ne Tätigkeit im Bezugszeitraum elterngeldmindernd wirkt. Denn bei letzteren fließt gerade tatsächlich etwas zu, während bei Elterngeldberechtigten mit Be-teiligungseinkünften im Grundsatz durch die Zwölftelung des steuerlichen Jahresgewinns eine fiktive Einkommenszurechnung erfolgt. Nur diese fiktive Einkommenszurechnung wird im Ausnahmefall korrigiert, wenn eine tatsächliche Zuordnung des Einkommens möglich ist. Die Bezieher von Beteiligungsein-künften werden dadurch nicht bevorzugt, sondern gleichbehandelt.

Im vorliegenden Verfahren hat das Gericht keine Zweifel daran, dass die Klä-gerin im Bezugszeitraum keinen Gewinnanteil erhalten hat. Soweit in den Einkommensteuerbescheiden 2010 und 2011 bei der Klägerin Einkommen aus selbstständiger Arbeit aus Beteiligungen ausgewiesen ist, ist dieses Einkommen zur Überzeugung des Gerichts jeweils in den Zeiträumen außerhalb des Bezugszeitraums "zugeflossen". Dies steht zur Überzeugung des Gerichts auf-grund der schlüssigen und glaubwürdigen Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren und in der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund der von der Steuerberaterin Frau E. erstellten Gewinnaufteilung für die Eheleute fest. Zwar kann die Klägerin keinen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vorlegen, aus dem sich normaler-weise die geänderte Gewinnverteilung nachweisen ließe. Allerdings hat die Klägerin nachvollziehbar vorgetragen, dass das Finanzamt A-Stadt auf die Vergabe einer Steuernummer für die GbR verzichtet hat, weil es sich bei den beteiligten Gesellschaftern um Eheleute handelt, die ohnehin gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. Dieser Vortrag ist insbesondere vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2a) AO plausibel, wonach das Finanzamt von einer gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen insbesondere absehen kann, wenn die Höhe des Betrags und die Aufteilung feststehen. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass das Gericht keine Bedenken unter dem Aspekt einer rechtsmißbräuchlichen Gestaltung hat. Generell ist es naheliegend, dass bei Wegfall der Arbeitskraft eines Gesellschafters für einen längeren Zeitraum dies auch bei der Höhe der Gewinnbeteiligung – gegebenenfalls mit einer Reduzierung bis auf Null - berücksichtigt wird. Dies gilt umso mehr, wenn – wie vorliegend – die geschuldete Arbeitsleistung höchstpersönlicher Natur ist.

Damit verbleibt es im Fall der Klägerin bei dem ohne Anrechnung von Einkommen ermit-telten Elterngeldanspruch. Die Klägerin hat bereits für den ersten bis dritten Lebensmonat 1.980,00 EUR monatlich sowie für den vierten bis siebten Lebensmonat 1.800,00 EUR monatlich ausgezahlt bekommen (im Wege einer Nachzahlung, vgl. Abhilfebescheid vom 29.10.2010). Auf Grundlage des Bescheids vom 10.02.2011 ist ab dem 16.02.2011 (= achter Lebensmonat) nur noch eine Auszahlung in Höhe von 1.755,00 EUR monatlich erfolgt, so dass sich insgesamt zugunsten der Klägerin noch ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von (5 x 45,00 EUR =) 225,00 EUR errechnet.

Nach alledem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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