L 4 KA 53/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 962/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 53/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 3. August 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer weiteren Gesamtvergütung in Höhe von 73.814,82 EUR wegen für die Jahre 2007 und 2008 einbehaltener Vergütungsanteile aufgrund der Regelungen zur integrierten Versorgung.

Die Klägerin ist eine Kassenärztliche Vereinigung. Die Beklagte ist eine Betriebskrankenkasse mit Sitz in Stuttgart. Der damalige BKK Landesverband Hessen (seit 1. Januar 2014: BKK Landesverband Süd) "im Namen der beitretenden Betriebskrankenkassen" schloss mit der C. GmbH & CoKG, C-Stadt mit Wirkung zum 1. Januar 2006 einen sog. Vertrag gem. §§ 140a ff. SGB V, dem die Beklagte mit Wirkung zum 1. März 2007 durch eine Formular-Beitrittserklärung vom 28. Februar 2007 (Bl. 217 GA) beitrat. Zu diesem Zeitpunkt waren dem Vertrag bereits über 70 andere Betriebskrankenkassen (vgl. Bl. 216 GA) und über 100 – ärztliche – Leistungserbringer (vgl. Bl. 212 ff. GA) beigetreten. Der Vertrag enthielt - nach Änderungen zum 1. Juli 2006 und 1. November 2006 - u. a. folgende Regelungen:

" ...
§ 1 Grundsätze und Ziele der Vereinbarung
...
4. Die Vertragspartner stellen eine an dem Versorgungsbedarf der Versicherten orientierte Behandlung sicher. Die Behandlungspfade orientieren sich am gesetzlichen Leistungsumfang und der erforderlichen Qualität durch eine bestmögliche medizinische Umsetzung. Jeder Leistungserbringer ist verpflichtet, die nach diesem Vertrag notwendigen Dokumentationen umfassend, vollständig und zeitnah zu erstellen.

§ 2 Vertragsregion
1. Der Vertrag gilt für das Bundesland Hessen.
2. Ein Beitritt von Leistungserbringern zu diesem Vertrag aus anderen Bundesländern ist nur mit Zustimmung des BKK Landesverband Hessen möglich.

§ 3 Teilnehmende Leistungserbringer
1. C. GmbH & CoKG ist eine Dienstleistungsgesellschaft und tritt als Managementgeseltschaft für Ärzte nach § 140 b Abs. 1 Nr. 4 SGB V auf. 2. Dieses Ärztenetzwerk schließt diese Vereinbarung für ihre Mitglieder. Mitglieder sind Vertragsärzte der kassenärztlichen Vereinigung (KV), die als Fachärzte für Orthopädie / orthopädische Chirurgie tätig sind.
Teilnehmen können niedergelassene Ärzte, die die Abrechnungsgenehmigung für ambulante Operationen der jeweiligen KV vorweisen. Zudem sind vom Ärztenetzwerk die Operationsstandorte bzw. Operationseinrichtungen, Hilfsmittellieferanten sowie Heilmittelerbringung bzw. stationäre Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V zu nennen. (Anlage 1)

3. Die Mitglieder von C. GmbH und CoKG, die diesem Vertrag beigetreten sind, sind berechtigt an diesem Vertrag teilzunehmen.
4. Der Beitritt der Ärzte wird gegenüber dem Ärztenetzwerk schriftlich erklärt. Für die Teilnahme ist die schriftliche Zustimmung durch das Ärztenetzwerk erforderlich. Vor der schriftlichen Zustimmung hat das Ärztenetzwerk das Vorhandensein der Qualitätsvoraussetzungen gemäß § 11 dieses Vertrages
- des Arztes und
- der kooperierenden Leistungserbringer zu überprüfen.
Nach Bereitstellung dieser Daten durch das Ärztenetzwerk hat der BKK Landesverband Hessen das Recht innerhalb von 10 Arbeitstagen Widerspruch gegen den Beitritt einzulegen.
...

§ 4 Teilnehmende BKK
1. Dieser Vertrag hat Gültigkeit für die beigetretenen BKK gemäß der Anlage 2.
2. Der Beitritt wird gegenüber dem BKK Landesverband Hessen schriftlich erklärt. Der BKK Landesverband stellt dem Ärztenetzwerk regelmäßig eine Liste der teilnehmenden BKK zur Verfügung (Anlage 3).

§ 5 Teilnahme der Versicherten
...

§ 6 Gegenstand des Vertrages
Vertragsgegenstand ist die Integrierte Versorgungsvereinbarung gemäß §§ 140 a ff. SGB V. Im Rahmen dessen vereinbaren die Vertragsparteien folgendes Leistungsspektrum als Integrierte Versorgungsleistung:
... "

Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2009 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung auf, unter Vorlage aussagekräftiger Belege differenzierte Angaben zu den gemäß § 140d Abs. 1 SGB V vorgenommenen Einbehalten im Zuge der nach § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V vorgesehenen Rechnungslegung vorzulegen. Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 11. Dezember 2009 auf eine sog. Konformitätserklärung, anerkannte darüber hinaus aber keinen weiteren Auskunftsanspruch.

Die Klägerin hat am 23. Dezember 2009 Stufenklage beim Sozialgericht Marburg erhoben und zunächst Auskunft von der Beklagten begehrt. Nach Vorlage des Vertrages zur integrierten Versorgung hat die Klägerin ihre Klage auf den noch strittigen Zahlungsanspruch umgestellt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. August 2011 vor dem Sozialgericht haben die Beteiligten folgenden Teilvergleich geschlossen:

"1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die maximale Gesamtforderung den strittigen Betrag in Höhe von 73.814,82 EUR beträgt und dass dieser Betrag grundsätzlich fällig ist, soweit der hier strittige Vertrag zur integrierten Versorgung nicht den Anforderungen an die gesetzlichen Regelungen entspricht.

2. Hinsichtlich eines Zinsanspruchs der Klägerin sind sich die Beteiligten darüber einig, dass dieser zunächst vom Ausgang des Streitverfahrens abhängt. Soweit die Klägerin obsiegen sollte, erklärt sich die Beklagte auf Nachweis zu einer entsprechenden Verzinsung bereit. Zwischen den Beteiligten maßgebend sind ausschließlich die gesamtvertraglich vereinbarten Zinsen, d. h. ab Rechtshängigkeit gilt auch dieser Zinssatz."

Die Klägerin hat vorgetragen, der zwischen der Beklagten und der C. GmbH & CoKG geschlossene Vertrag entspreche nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts an derartige IV-Verträge. Der Vertrag sei zwischen dem BKK Landesverband Hessen und der C. GmbH & CoKG geschlossen worden. Aus dem Vertrag selbst werde nicht erkennbar, mit welcher Legitimation dieser auf Seiten der C. GmbH & Co KG geschlossen worden sei. So sei insbesondere nicht erkennbar, ob es sich hierbei um einen in § 140b Abs. 1 SGB V genannten Vertragspartner handle. Ob der in § 3 Abs. 1 des Vertrages enthaltene Hinweis auf § 140b Abs.1 Nr. 4 SGB V zutreffend und damit ausreichend sei, könne von ihr – der Klägerin - nicht geprüft werden. Der Vertrag entspreche nicht den Vorgaben für eine integrierte Versorgung. Die C. GmbH & CoKG (im Vertrag " Ärztenetzwerk" genannt) habe diese Vereinbarung für ihre Mitglieder geschlossen, bei denen es sich um Vertragsärzte der Kassenärztlichen Vereinigung, die als Fachärzte für Orthopädie/orthopädische Chirurgie tätig seien, handele, die bestimmte weitere Voraussetzungen vorweisen könnten. Weitere Leistungserbringer seien formell an diesem IV-Vertrag nicht beteiligt. Gerade dies sei aber erforderlich gewesen. Allein die in § 3 Abs. 2 letzter Satz für das "Ärztenetzwerk" vorgesehene Verpflichtung, Operationsstandorte bzw. Operationenseinrichtungen, Hilfsmittellieferanten sowie Heilmittelerbringung bzw. stationäre Rehabilitationseinrichtungen nach § 111 SGB V zu nennen, genüge - auch in Kombination mit der dem Vertrag als Anlage 1 beigefügten Liste der "kooperierenden Leistungserbringer" - diesen Ansprüchen nicht. Vorgaben für den Beitritt weiterer Leistungserbringer enthalte der Vertrag nicht. Es sei nicht erkennbar, inwieweit die vorliegende Konzeption der Integrationsversorgung sich als eine Alternative zur Regelversorgung darstelle. Für die Verknüpfung verschiedener Leistungssektoren reiche die Einbeziehung von kooperierenden Krankenhäusern, die "durch die betreffenden Mitglieder und Krankenhäuser einzelvertraglich und im eigenen Ermessen" zu regeln sei, nicht. Es handle sich vielmehr um eine nur leicht modifizierte Form der üblichen ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. Bereits im Rahmen der Regelversorgung sei in jedem Fall gewährleistet, dass der Patient neben den reinen ärztlichen Leistungen auch die im konkreten Einzelfall erforderlichen Heilmittel, Hilfsmittel usw. erhalte. Insoweit werde auf § 7 des IV-Vertrages verwiesen, in dem sich dieses weitgehend widerspiegele und dem letztlich weitgehend auf für die allgemeine vertragsärztliche Versorgung maßgeblichen Vorschriften verwiesen werde. Auch die Einbeziehung von Rehabilitationsleistungen stelle in Anbetracht der Tatsache, dass Träger der einschlägigen Einrichtung weder Vertragspartner seien, noch dem Vertrag ausdrücklich beitreten müssten, kein Indiz für eine leistungssektorenübergreifende Versorgung dar. Der Vertrag erfülle nicht die für eine integrierte Versorgung zu stellenden Ansprüche, weshalb für die seitens der Beklagten einbehaltene Anschubfinanzierung keine Rechtsgrundlage bestanden habe.

Die Beklagte hat vorgetragen, auch Managementgesellschaften kämen als Vertragspartner für Verträge zur integrierten Versorgung in Betracht. In § 140b Abs. 2 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung sei die Regelung zum Vertragsschluss mit Gemeinschaften von Leistungserbringern im vierten Aufzählungspunkt geregelt. Hierauf nehme der Vertrag unter Verweis auf "Nr. 4" Bezug. Zum Zeitpunkt ihres Vertragsbeitritts hätte die Verweisung aufgrund verschiedener Gesetzesänderungen auf Nr. 5 erfolgen müssen. Dies sei jedoch unerheblich. Die C. GmbH & CoKG sei eine solche Managementgesellschaft für neue Versorgungsformen. Sie sei 2005 von D. und E. gegründet worden. Beide hätten langjährige Erfahrung in verschiedenen Bereichen der Gesundheitswirtschaft. Ausweislich der Internetseite arbeite diese mit über 4.000 Leistungserbringern und weit über 150 Krankenkassen zusammen. Angaben zu Tätigkeiten ließen sich der Internetseite entnehmen. Die C. GmbH & CoKG arbeite ihrerseits mit Leistungserbringern "interdisziplinär - fachübergreifend" durch den Abschluss von Kooperationsverträgen mit weiteren Leistungserbringern zusammen. Schon allein die Tatsache, dass Ärzte aus verschiedenen Fachrichtungen im Vertrag kooperierten, reiche für die Erfüllung der Vorgaben des BSG. Unschädlich sei in diesem Zusammenhang, dass die weiteren Leistungserbringer nicht unmittelbar selbst Vertragspartner seien. Ein solches Unmittelbarkeitserfordernis stelle § 140b Abs. 1 SGB V nicht auf. Eine mittelbare Verknüpfung müsse ausreichen, solange der zu erbringende Leistungsinhalt auch im Rahmen der Rechtsbeziehung Krankenkasse - Managementgesellschaft formuliert sei. Dies sei im angegriffenen Vertrag der Fall. Aus dem Leistungsspektrum nach §§ 6 und 7 des Vertrages in Verbindung mit dessen Anlage 5, das durch die in § 3 genannten Leistungserbringer erbracht werde, ergebe sich, dass die Voraussetzungen einer "interdisziplinär -fachübergreifenden Versorgung" nachhaltig erfüllt würden. Unabhängig davon seien auch weitere Leistungserbringer im Rahmen des Vertrages eingebunden (vgl. § 11 a bis f des Vertrages). Damit gewährleiste der Vertrag gerade auch eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung. Im Vertrag werde gerade die Verzahnung von ambulanten Operationen und anschließender Rehabilitation in stationären Einrichtungen geregelt. So regle etwa die Anlage 5 den Leistungsinhalt der integrierten Versorgung bei einer kurzstationären Versorgung mit einer Oberflächenersatzprothese der Hüfte nebst stationärer Rehabilitation. Zu den weiteren sektor-übergreifenden Leistungen gehörten stationäre Nachsorge, Transportfahrten, kurzstationäre Unterbringung des Patienten, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln einschließlich Rehabilitationsmaßnahmen. Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer Versorgung außerhalb der Regelversorgung liege vor, wenn Leistungserbringern oder deren Managementgesellschaften eine übergreifende Budgetverantwortung obliege und Leistungserbringer für eine Gesamtbehandlung eine Komplexpauschale erhielten. Genau dies sei im streitgegenständlichen Vertrag in § 9 Ziffer 4 in Verbindung der Anlage 5 und § 7 vorgesehen. Dagegen erfolge in der Regelversorgung beispielsweise die Versorgung von Versicherten mit Heil- und Hilfsmitteln mittels ausgestellter Verordnungen gemäß Vordruckverordnung durch den Vertragsarzt nach den Grundsätzen der §§ 32, 33 SGB V in Verbindung mit den Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien, §§ 30, 34, 35 BMV-Ä und Anlage 2 BMV-Ä. Die erbrachten Leistungen würden dort durch die Leistungserbringer nach §§ 125 und 126, 127 in Verbindung mit 302 SGB V direkt zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet werden. In der Gesamtschau handle es sich um einen Vertrag zur integrierten Versorgung und habe sie die Anschubfinanzierung zu Recht einbehalten.

Mit Urteil vom 3. August 2011 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 73.814,82 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig und begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der 73.814,82 EUR. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den strittigen Betrag auf der Grundlage des § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378 von der an die Klägerin gemäß § 85 Abs. 1 SGB V zu entrichtenden Gesamtvergütung einzubehalten. Aufgrund des zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Vergleichs habe die Kammer auch von der Fälligkeit der Forderung ausgehen können. Der strittige Vertrag genüge nicht den Anforderungen an einen Vertrag zur integrierten Versorgung. Er regele an keiner Stelle, wie diese Koordination der Leistungserbringer auch verpflichtend gegenüber der abschließenden Krankenkasse, die insoweit auch die Sicherstellung zu garantieren habe, erfolge. So erfolge z. B. gerade die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern durch einzelvertragliche Kooperation seitens des Arztes als Mitglied des Ärztenetzwerkes. Wie diese Kooperation zu erfolgen habe, werde nicht ersichtlich. Diese werde auch nicht ersichtlich aus den beispielhaft vorgelegten Beitrittserklärungen, aus denen nicht einmal entnommen werden könne, welche Leistungen der einzelne beitretende Leistungserbringer verpflichtet sei, zu erbringen. Soweit hierbei in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagtenvertreters auf die Managementgesellschaft verwiesen werde, so verkenne die Kammer nicht, dass dieser Koordinations- und Überwachungsaufgaben zukommen könnten, halte es aber im Sinne der §§ 140a ff. SGB V für unzulässig, dass diesbezüglich keine klaren vertraglichen Absprachen und Regelungen im Vertrag gegenüber der letztlich verantwortlichen Krankenkasse getroffen würden. Insofern fehle es aus Sicht der Kammer gerade an der vertraglichen Einbindung der einzelnen Leistungserbringer. Die Kammer habe weiter nicht davon absehen können, dass die Beklagte bisher nicht in der Lage gewesen sei, darzulegen, welche Leistungserbringer für welche Leistungen in Anspruch genommen werden konnten und wann sie zu dem Vertrag beigetreten seien. Auch aus den vorgelegten Beitrittserklärungen eines Krankenhauses und einer Arztpraxis mit mehreren Behandlern habe die Kammer nicht entnehmen können, zu welchen Leistungen diese Leistungserbringer verpflichtet seien. Soweit der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung auf die Koordinationsaufgabe der Managementgesellschaft hingewiesen habe, halte die Kammer dies zwar grundsätzlich für zulässig, sehe aber aufgrund des Erfordernisses der vertraglichen Einbindung aller Leistungserbringer es für notwendig an, dass im Vertrag selbst die Art und Weise der Koordination und die Verpflichtungen vertraglich geregelt würden. So könne die Kammer dem Vertrag keine Behandlungspflicht entnehmen, so z. B. nicht für die beitretenden Krankenhäuser oder die anderen Leistungserbringer beispielsweise im Hilfsmittel- oder Heilmittelbereich. Offensichtlich erfolge deren Einbindung über Absprache mit der Managementgesellschaft, eine klare rechtlich verbindliche Verpflichtung zur Leistungserbringung, gerade auch gegenüber der Krankenkasse, habe die Kammer dem Vertrag jedoch nicht entnehmen können. Von daher komme es auch nicht darauf an, ob die Beklagte überhaupt in der Lage sei, die weiteren Beitrittserklärungen vorzulegen. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Anspruch der Klägerin nicht auch bereits aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V bestehe, da die Beklagte offensichtlich ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Abrechnung bis zum 31. März 2009 nicht nachgekommen sei und von daher es überhaupt an einem Nachweis fehle, dass Mittel für den strittigen Vertrag auch aufgewandt worden seien. Es spreche einiges dafür, dass für den Fall, dass eine Krankenkasse dieser Verpflichtung nicht nachkomme, sie, ggf. unter Setzung einer Nachfrist, verpflichtet sei, die einbehaltenen Beträge ganz oder teilweise - sofern eine Abrechnung nur teilweise erfolgt - zurückzuzahlen habe. § 140d SGB V ermögliche es den Krankenkassen, aufgrund lediglich einer Prognose für den Aufwand bereits abgeschlossener Verträge zur integrierten Versorgung bis zu 1 % der Gesamtvergütung einzubehalten. Dabei entspreche es auch einem üblichen Geschäftsverhalten der Krankenkassen, wie die insofern sachkundig mit einem Vertreter der Krankenkassen besetzte Kammer wisse, nach Ablauf des ersten Jahres eines Vertrages ihre Prognose ggf. aufgrund der Erfahrungen mit dem IV-Vertrag anzupassen und ggf. eine korrigierte Meldung an die BQS zu senden, was die Beklagte offensichtlich nicht getan habe. Die Verpflichtung zur Abrechnung bis zum 31. März 2009 beinhalte eine Schlussrechnung dergestalt, dass den jahresweise einbehaltenen Abzügen die jahres- und vertragsbezogenen tatsächlichen Ausgaben gegenübergestellt würden. Trotz des über 1 ½ jährigen Rechtsstreits und eines vorausgehenden Schriftwechsels mit der Beklagten habe die Beklagte auch nicht ansatzweise dargelegt, wofür sie die einbehaltenen Teile der Gesamtvergütung verauslagt habe, obwohl die Beklagte dies gerügt habe. Auch von daher dürfe davon auszugehen sein, dass der Rechtsgrund für den Einbehalt jedenfalls weggefallen sei und ein Zahlungsanspruch der Klägerin bestehe.

Gegen das ihr am 9. August 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. September 2011 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Sie trägt vor, nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 2. November 2010, B 1 KR 11/10 R) genüge es, wenn die Einbeziehungsvereinbarung erst im Zeitpunkt des Abzugs vorliege, auch eine sukzessive Einbeziehung sei zulässig. Das BSG verlange auch nicht, dass die vertragliche Einbeziehung in einer einheitlichen Vertragsurkunde erfolge. Das streitgegenständliche Vertragswerk entspreche in seiner Gesamtheit zum Zeitpunkt des Abzugs, der frühestens vom 1. April 2007 an erfolgt sei, diesen Kriterien. Es lägen 122 Teilnahmeerklärungen von Physiotherapeuten bzw. Rehazentren und 58 Teilnahmeerklärungen von Ärzten vor, die vor diesem Zeitpunkt unterzeichnet worden seien und ausdrücklich auf den Vertrag mit der C. CJ GmbH & Co KG Bezug nähmen. Die Pflichten der Beitretenden seien ausführlich im Grundvertragstext, auf den in den Teilnahmeerklärungen ausdrücklich Bezug genommen werde, mit seinen Anlagen bezeichnet. Es sei unschädlich, dass die Teilnahmeerklärungen an die C. CJ GmbH & Co KG adressiert seien, diese fungiere gem. § 3 des Vertrages insoweit als Empfangsvertreter aller Beteiligten. Daraus ergebe sich zugleich, dass die Koordinierungsaufgabe der Managementgesellschaft nicht im Grundvertragstext geregelt werden musste, weil zur Einbeziehung in den Vertrag eine Koordination gerade nicht notwendig sei, die Einbeziehung ergebe sich vielmehr aus dem ausdrücklich erklärten Beitritt. § 7 Abs. 1 des Vertrags verweise auf verschiedene Vorschriften des SGB V (§§ 28, 31, 33, 40), die Rechtsansprüche der Versicherten gegenüber der Krankenkasse regelten, dadurch, dass diese Rechtsansprüche in den Gegenstand der den Leistungserbringer treffenden vertraglichen Leistungen aufgenommen würden, werde zugleich eine Leistungspflicht der Leistungserbringer gegenüber der Krankenkasse begründet. Auf diese könnten sich die teilnehmenden Versicherten über die Regelungen des SGB V, zumindest über die Grundsätze des Vertrags zugunsten Dritter berufen. Davon abgesehen fordere § 140a SBV es nicht, dass die Behandlungspflicht ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen werde. Lediglich das Versorgungsangebot und die Voraussetzungen seiner Inanspruchnahme müssten sich aus dem Vertrag ergeben, was beim streitgegenständlichen Vertragswerk der Fall sei. Dass damit zugleich im vertraglich geregelten Umfang eine Behandlungspflicht bestehe, ergebe sich bereits aus § 140a Abs. 1 Satz 3 SGB V, wonach der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 SGB V insoweit eingeschränkt werde. Nach der Konzeption des SGB V enthalte der Begriff der integrierten Versorgung denknotwenig eine Behandlungspflicht, so dass diese nicht ausdrücklich im Vertrag erwähnt werden müsse. Die einbehaltenen Mittel habe sie rechtzeitig verwendet. § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V schreibe keine eigenständige Pflicht zum Nachweis der Mittelverwendung vor, allenfalls Satz 4 beinhalte eine Darlegungspflicht hinsichtlich der Verwendung der einbehaltenen Mittel, eine Frist zur Erfüllung dieser Darlegungspflicht sei nicht normiert. Im Übrigen sei ein allein auf ein Abrechnungsfristversäumnis gestützter Anspruch auf Rückzahlung rechtsmissbräulich, da sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung zusammen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den damaligen Spitzenverbänden der Krankenkassen auf eine Verlängerung des Darlegungs- und Rückzahlungszeitraums bis zum 31. Dezember 2009 geeinigt hätten. Dementsprechend habe sie fristgerecht am 23. November 2009 mit dem von der gemeinsamen Registrierungsstelle gem. § 140d Abs. 5 SGB V vorgesehenen Muster (sog. Konformitätserklärung) dargelegt, dass im KV-Bezirk Hessen im Jahr 2007 30.622,42 EUR, im Jahr 2008 43.192,40 EUR verwendet worden seien. Die Beklagte trägt weiter vor, der BKK Landesverband sei gem. §§ 211 Abs. 1 Nr. 3, 210 Abs. 1 Satz 1 SGB V i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 4 seiner Satzung zum Abschluss des Vertrags im Sinne eines Rahmenvertrags berechtigt. Durch den Beitritt sei der Vertrag für sie in derselben Weise wirksam geworden, als wenn sie ihn unmittelbar selbst abgeschlossen hätte. Durch den Beitritt hätte sie den Vertrag, aus dem sich dann die Rechte und Pflichten u. a. der Krankenkassen ergäben, selbst im Rechtssinne "geschlossen". Im Beitritt sei zumindest die Genehmigung des Vertrags gem. §§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 184 BGB zu sehen.
Die Beklagte legt ferner ein Schreiben des BKK Landesverbandes Hessen vom 19. September 2013 vor, aus dem sich u. a. ergibt, dass gegen eine Offenlegung gegenüber ihr - der Beklagten -, welche weiteren Betriebskrankenkassen am Vertrag teilnehmen, gesetzliche Datenschutzvorgaben nach § 35 Abs. 4 SGB I sprächen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es könne offen bleiben, ob die teilnehmenden Fachärzte direkt durch eine entsprechende Vertretungsbefugnis der Dienstleistungsgesellschaft oder durch Betritt Rechte und Pflichten aus dem Vertrag erworben hätten. Selbst wenn der Vertragsschluss nicht mit einer Gemeinschaft von Leistungserbringern möglich gewesen wäre, müsse zumindest durch den Beitritt der einzelnen Leistungserbringer jedenfalls von einer Vielzahl von Verträgen nach § 140 Abs.1 Nr. 1 erste Alt. SGB V auszugehen sein.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 3. August 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor, dass der streitgegenständliche Vertrag in § 3 nur für Vertragsärzte der Kassenärztlichen Vereinigung, die als Fachärzte für Orthopädie/orthopädischen Chirurgie tätig seien, ausdrücklich einen förmlichen Beitritt zum Vertrag in schriftlicher Form gegenüber dem Ärztenetzwerk vorsehe. Für die in § 3 Nr. 5 ff. des Vertrages genannten weiteren Leistungserbringer sei derartiges ausdrücklich nicht vorgesehen, weshalb die Beklagte nicht als Empfangsvertreter für alle beteiligten Parteien fungieren könne. § 3 Nr. 5 regele allein die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern, nicht deren Einbeziehung in den Vertrag durch Einzelvertrag zwischen den Mitgliedern des Ärztenetzwerks und dem jeweiligen Krankenhaus; eine Vorlage dieser Verträge an die Managementgesellschaft oder die beteiligte Krankenkasse sei nicht vorgesehen. Insofern sei völlig offen, welche konkreten Leistungen ein Krankenhaus nach dem Vertrag erbringen solle. Eine rechtsverbindliche Verpflichtung gegenüber einer Krankenkasse ergebe sich nicht. Erst recht gelte dies für die in § 3 Nr. 6 ff. des Vertrags genannten weiteren Leistungserbringer, deren Einbeziehung in das Vertragswerk an keiner Stelle detailliert geregelt sei. Der Vertrag sehe auch keine Grundlage für die Teilnahmeerklärungen diverser Leistungserbringer vor. Mangele es aber an der formgerechten vertraglichen Einbindung vertraglicher Leistungserbringer, könne aus diesem Grund eine wirksame, verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung nicht vorliegen. Der allgemein gehaltene Verweis auf §§ 28, 31, 33, 40 SGB V in § 7 Abs. 1 des Vertrages genüge für eine Behandlungsverpflichtung nicht, diese lasse sich nicht in einem Maß eingrenzen, wie für einen Vertrag mit einem fest umrissenen Versorgungsauftrag (Kurzzeitchirurgische stationsersetzende Operationen) notwendig wäre. Erforderlich sei eine ausdrückliche Aufnahme einer Behandlungspflicht in den Vertrag, denn der ihr obliegende Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 SGB V, der durch § 140 Abs. 1 Satz 3 SGB V eingeschränkt werde, beinhalte unter anderem dass die KV Verträge abschließe, die gem. § 81 Abs. 3 SGB V per se für ihre Mitglieder verbindlich seien. Ihr stehe auch ein Zahlungsanspruch aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V zu. Allein der Umfang der einbehaltenen Mittel erfordere eine umfassende Rechnungslegung, die den zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts allgemein üblichen Gepflogenheiten entspreche, zumal die Krankenhäuser und Kassenärztlichen Vereinigungen keinerlei Möglichkeit hatten, auf die einseitig nach § 140d Abs. 1 SGB V vorgenommenen Einbehalte, Einfluss zu nehmen. Sie habe die Gesamtvergütung für ihre Mitglieder treuhänderisch zu verwalten und sei verpflichtet, die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen zu überwachen (Hinweis auf: § 81 Abs. 1 Nr. 6 SGB V). Auch die Prüfung durch das Landesprüfungsamt gem. § 274 SGB V mache ein umfassende und nachvollziehbare Rechnungslegung unverzichtbar. Die in § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V vorgesehene Darlegung der Verwendung der einbehaltenen Mittel gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigung sei bislang nicht erfolgt. Hiervon sei zu unterscheiden die Meldung an die Registrierungsstelle gem. § 140d Abs. 5 SGB V, die allein dem Zweck diene, dass die Registrierungsstelle ihrer gesetzlichen Verpflichtung, einmal jährlich einen Bericht über die Entwicklung der integrierten Versorgung zu veröffentlichen, nachkommen könne. Darüber hinaus sehe der von der Klägerin vorgelegte Vertrag zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband über die Fortführung einer gemeinsamen Registrierungsstelle ausdrücklich vor, dass weitergehende inhaltliche Auskunftsrechte der vom Abzug betroffenen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäuser durch die Auskunftserteilung nicht eingeschränkt werden. Die Konformitätserklärung vom 23. November 2009 genüge den Anforderungen an eine Rechnungslegung im Sinne von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V nicht.

Auf Anfrage des Senats hat der heutige BKK Landesverband Süd mit Schriftsatz vom 15. Januar 2014 seine Satzung (Stand 12. Dezember 2005) und eine Liste der beigetretenen Betriebskrankenkassen sowie der Leistungserbringer vorgelegt und vorgetragen, er habe zum 1. Januar 2006 einen Rahmenvertrag mit der Beitrittsmöglichkeit für Betriebskrankenkassen abgeschlossen. Mitglieder des Ärztenetzwerks im Sinne von § 3 des Vertrages seien die teilnehmenden Leistungserbringer nach § 3 Ziff. 2 des Vertrages, da diese unmittelbar an bestimmte Rechte und Pflichten gebunden seien. In § 4 des Vertrags sei geregelt, dass ein Beitritt zum Vertrag für Betriebskrankenkassen mittels des Formulars "Beitrittserklärung" möglich sei. Bereits durch den Vertragsabschluss des Vertragspartners sei die Zustimmung zum Beitritt konkludent gegeben worden. Eine weitere, besondere Zustimmung durch die Vertragspartner sei damit obsolet.

Die Satzung des BKK Landesverband (Stand:12. Dezember 2005) enthielt u. a. folgende Regelungen:
" ...
§ 3 Aufgaben des Landesverbandes
(1) Der Landesverband führt die ihm durch Gesetz oder sonstiges für ihn maßgebendes Recht übertragenen Aufgaben unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durch. Er nimmt auch die Aufgaben des Landesverbandes der Pflegekassen wahr. Er hat die Interessen der Betriebskrankenkassen zu fördern und in Zusammenarbeit mit den anderen Trägern der Gesetzlichen Krankenversicherung unter Beachtung der besonderen Interessen der Betrieblichen Krankenversicherung tätig zu sein. Er hat die Interessen der Kassenart aktiv in der Öffentlichkeit zu vertreten.
(2) Der Landesverband unterstützt die Mitgliedskassen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und bei der Wahrnehmung ihrer Interessen, insbesondere durch:
...
4. Abschluss und Änderung von Verträgen sowie Rahmenvereinbarungen mit anderen Trägern der Sozialversicherung, mit Vereinigungen oder Verbänden von Heilberufen und Krankenhäusern, einzelnen Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie anderen Leistungserbringern bzw. deren Verbänden, soweit der Landesverband durch Gesetz bzw. durch Vollmacht dazu ermächtigt ist;
...

§ 4 Weiterentwicklung der Versorgung Modellvorhaben nach §§ 63 ff SGB V
(1) Der BKK Landesverband kann im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenstellung zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Versorgung Modellvorhaben gem. § 63 ff SGB V zur Weiterentwicklung der Verfahrens-, Organisations-, Finanzierungs- und Vergütungsformen der Leistungserbringung durchführen oder nach § 64 SGB V vereinbaren.
(2) Ziele, Dauer und Ausgestaltung von Modellvorhaben sowie die Bedingungen für die Teilnahme von Versicherten sind in den hierzu mit den Vertragspartnern zu schließenden Vereinbarungen festzulegen. Die Modellvorhaben sind dabei im Regelfall auf längstens acht Jahre zu befristen. (3) ... "
...

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf die Zahlung von Gesamtvergütungsanteilen in Höhe von 73.814,82 EUR hat.

Der Senat konnte von einer Beiladung der an dem streitgegenständlichen Vertrag teilnehmenden Leistungserbringer und Krankenkassen sowie des BKK Landesverbandes Süd und der C. GmbH und CoKG absehen, weil die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Nach dieser Norm ist zwingend beizuladen, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Die Entscheidung über den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung einbehaltener Gesamtvergütung betrifft ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Kassenärztlicher Vereinigung und der Beklagten als gesetzlichem Krankenversicherungsträger. (so auch: Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 24. Januar 2007 - L 4 KA 362/06 -, juris).

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch ist § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV Wettbewerbsstärkungsgesetz -GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, 378). Danach sind die nicht zur Umsetzung von nach § 140b SGB V geschlossenen Verträge verwendeten Mittel spätestens zum 31. März 2009 an die Kassenärztliche Vereinigung sowie an die einzelnen Krankenhäuser entsprechend ihrem Anteil an den jeweils einbehaltenen Beträgen auszuzahlen, wenn die einbehaltenen Mittel nicht innerhalb von drei Jahren für die Zwecke nach § 140b Abs. 1 Satz 1 SGB V verwendet werden, soweit die Mittel in den Jahren 2007 und 2008 einbehalten wurden.

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn die Beklagte hat die einbehaltenen Mittel nicht für Zwecke nach § 140b Abs. 1 Satz 1 SGB V verwendet.

Dabei kann der Senat offen lassen, ob der streitgegenständliche Vertrag nach seinem Inhalt den Kriterien eines Vertrags zu integrierten Versorgung im Sinne von §§ 140a ff. SGB V entspricht, denn jedenfalls ist die Beklagte dem Vertrag - in dessen Fassung vom 1. November 2006 - nicht rechtswirksam beigetreten.

Gem. § 140b Abs. 5 SGB V in der maßgeblichen ab 1. Januar 2004 gültigen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I, 2190) kann ein Dritter zu Verträgen der integrierten Versorgung nur mit Zustimmung aller Vertragspartner dem Vertrag wirksam beitreten. Der Beitritt weiterer Krankenkassen bedurfte danach der Zustimmung der Vertragsparteien, insbesondere der bereits beteiligten Krankenkassen. Dies wird mit dem gewünschten Wettbewerb zwischen den Krankenkassen begründet, die Krankenkasse soll das Recht haben, eine mit ihr konkurrierende Krankenkasse von der Beteiligung an einer integrierten Versorgungsform auszuschließen (Engelhard in: Hauck SGB V, Erg.Lfg. 2/14 II/14, K § 140b Rdnr. 27 f.).

An der Zustimmung der Vertragspartner zum Beitritt der Beklagten mit Wirkung zum 1. März 2007 fehlt es. Eine solche Zustimmung - weder der C. GmbH und Co KG noch der Leistungserbringer oder insbesondere der bereits dem Vertrag beigetretenen anderen Krankenkassen - ist nicht ausdrücklich erklärt worden. Auch eine konkludente Zustimmung zum Beitritt auf der Basis der Regelung in § 4 des Vertrags ist nicht erfolgt. § 4 regelt zwar, dass für den Beitritt einer Betriebskrankenkasse die schriftliche Erklärung gem. Anlage 2 des Vertrags gegenüber dem BKK Landesverband Hessen ausreicht, enthält aber im Unterschied zur Regelung des § 3 Ziff. 4 des Vertrags über den Beitritt von Ärzten gerade keine Regelung zur Zustimmung. Darüber hinaus erfordert eine Zustimmung durch schlüssiges Handeln, dass das Verhalten des Zustimmungsberechtigten dem Erklärungsempfänger gegenüber über als Zustimmung erkennbar ist, bloßes Schweigen genügt nur, wenn der Zustimmungsberechtigte verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern (Ellenberger in: Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 182 Rdnr. 3). Schlüssiges Handeln, insbesondere der Vertragspartner, das als Zustimmung zum Beitritt der Beklagten gewertet werden könnte, ist nicht ersichtlich. Auch auf Nachfrage durch den Senat haben weder die Beklagte noch der heutige BKK Landesverband Süd insoweit ein konkretes Verhalten der zustimmungsberechtigten Vertragspartner dargetan. Da § 4 des Vertrags (im Unterschied zur Regelung von § 3 Ziff. 4) eine Verpflichtung zur Äußerung eines abweichenden Willens nicht zu entnehmen ist, reicht bloßes Schweigen insoweit nicht aus. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass den bereits am Vertrag teilnehmenden Betriebskrankenkassen der Beitritt der Beklagten bereits nicht bekannt geworden ist, nachdem die Beklagte selbst auch keine Auskunft über ihre vermeintlichen Vertragspartner, soweit es andere Krankenkassen sind, geben konnte. Nachdem sich der heutige BKK Landesverband Süd insoweit auf den Standpunkt gestellt hat, dass eine Bekanntgabe der weiter teilnehmenden Betriebskrankenkassen an die Beklagte gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoße, ist anzunehmen, dass auch zum Zeitpunkt des Beitritts der Beklagten keine Information der Vertragspartner, soweit es Betriebskrankenkassen waren, erfolgt ist. Ein irgendwie geartetes willensgetragenes Verhalten der anderen Betriebskrankenkassen, aus welchem auf eine Zustimmung zum Beitritt der Beklagten geschlossen werden könnte, ist daher von vornherein ausgeschlossen.

Schließlich ist das Zustimmungserfordernis des § 140b Abs. 5 SGB V auch nicht vertraglich abbedungen worden. Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte im streitgegenständlichen Vertrag, so dass es auch keiner Entscheidung bedarf, ob es sich bei § 140b Abs. 5 SGB V um dispositives Recht handelt.

Es bedarf daher auch keiner Entscheidung, ob es sich bei dem zwischen dem damaligen BKK Landesverband Hessen und der C. GmbH und CoKG mit Wirkung zum 1. Januar 2006 geschlossenen Vertrag um einen Vertrag zur integrierten Versorgung im Sinne von § 140a SGB V handelte.

Gem. § 140b Abs. 1 SGB V in der insoweit maßgeblichen, bis 31. Dezember 2006 gültigen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I, 2190) konnten eine Krankenkassen die Verträge nach § 140a Abs. 1 nur mit

1. einzelnen, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten und Zahnärzten und einzelnen sonstigen, nach diesem Kapitel zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,

2. Trägern zugelassener Krankenhäuser, soweit sie zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind, Trägern von stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, soweit mit ihnen ein Versorgungsvertrag nach § 111 Abs. 2 besteht, Trägern von ambulanten Rehabilitationseinrichtungen oder deren Gemeinschaften,

3. Trägern von Einrichtungen nach § 95 Abs. 1 Satz 2 oder deren Gemeinschaften,

4. Trägern von Einrichtungen, die eine integrierte Versorgung nach § 140a durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten,

5. Gemeinschaften der vorgenannten Leistungserbringer und deren Gemeinschaften abschließen.

Vertragspartner eines Vertrags über die integrierte Versorgung können danach auch sein Träger von Einrichtungen nach § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V und darüber hinaus Träger von Einrichtungen, die eine integrierte Versorgung nach § 140a SGB V durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten (§ 140a Abs. 1 Nr. 4 SGB V). Dies betrifft sogenannte Managementgesellschaften, die nicht selbst Versorger sind, sondern eine Versorgung durch dazu berechtigte Leistungserbringer anbieten (FraktE-GMG, BT-Drucks. 15/1525 S. 129 zu § 140b; Engelhart in Hauck SGB V, Erg.Lfg. 9/11 IX/11, K § 140b RdNr. 25). Nach dem streitgegenständlichen Vertrag (§ 3 Ziff. 1) tritt die C. GmbH und CoKG als Managementgesellschaft für Ärzte nach § 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V auf. Ob die GmbH und CoKG tatsächlich ein Träger von Einrichtungen im Sinne des Gesetzes darstellt, woran Zweifel bestehen, weil unklar ist, ob die Gesellschaft "Mitglieder" hatte, durch die sie die integrierte Versorgung von Versicherten bereits zum 1. Januar 2006 anbieten konnte, oder ob - wofür § 3 Ziff. 3 des Vertrag spricht - erst durch einen Beitritt von (ärztlichen) Leistungserbringern das Versorgungsangebot errichtet wurde, brauchte der Senat nicht abschließend aufzuklären und zu entscheiden.

Nicht erheblich ist des Weiteren auch, ob der Abschluss des Vertrags als Vertrag nach § 140a SGB V durch den damaligen BKK Landesverband möglich war, weil Landesverbände der Krankenkassen nicht zu den in § 140b Abs. 1 SGB V genannten Vertragspartnern von Verträgen zur integrierten Versorgung gehören.

Nach dem Wortlaut der Norm sind allein Krankenkassen abschlussberechtigt. Der Forderung der Spitzenverbände der Krankenkassen, den Landesverbänden der Krankenkassen bzw. den Verbänden der Ersatzkassen neben der einzelnen Krankenkasse eine originäre Abschlusskompetenz für einen Vertrag über die integrative Versorgung einzuräumen, hat der Gesetzgeber nicht nachgegeben, vielmehr wurde die im Gesetzesentwurf ursprünglich vorgesehene Möglichkeit (Ausschussbericht zum GKV GRG 2000, BT-Drucks. 14/1977, S. 63/64, § 140b Abs. 1 Satz 1 - E), dass Verträge auch "durch deren bevollmächtigte Verbände" geschlossen werden, in der Gesetzesfassung gestrichen. Dies führt zwar nicht zum Ausschluss einer Abschlusskompetenz der Krankenkassenverbände, weil nach § 211 Abs. 2 Nr. 3 SGB V der Abschluss von Verträgen, soweit sie von der Mitgliedskasse hierzu bevollmächtigt sind, zu den unterstützenden Aufgaben der Landesverbände (und zu den satzungsmäßigen Aufgaben der Ersatzkassenverbände im Sinne des § 212 Abs. 5 Satz 2 SGB V) gehört, weswegen ein Ausschluss einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft hätte (Engelhard in Hauck SGB V, Erg.Lfg. 9/11 IX/11, K § 140b RdNr. 11). Soweit sich die Beklagte jedoch darauf beruft, der Abschluss des Vertrags gehöre zu den satzungsmäßigen Aufgaben des BKK Landesverbandes, trifft dies nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 der Satzung nicht zu, weil zu den Aufgaben des Landesverbandes danach lediglich der Abschluss von Verträgen gehört, soweit der Landesverband durch Gesetz oder durch Vollmacht dazu ermächtigt ist. Eine gesetzliche Ermächtigung aus § 140b SGB V fehlt. Ebenso wenig handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag um ein Modellvorhaben nach §§ 63 ff. SGB V, zu dessen Vereinbarung der BKK Landesverband nach § 4 seiner Satzung ermächtigt gewesen wäre.

Offen bleiben kann im Ergebnis auch, ob eine Bevollmächtigung des Landesverbandes durch die Mitgliedskassen, zu denen die Beklagte mit Sitz in Stuttgart seinerzeit nicht gehörte, gegeben war. Soweit die Beklagte hierzu ausführt, die BKK-Vorständekonferenz habe sich am 22. Februar 2005 für den Abschluss von Rahmenverträgen durch den BKK Landesverband ausgesprochen und in diesem Zusammenhang jeder Betriebskrankenkasse die Option für einen Vertragsbeitritt eröffnet, spricht unabhängig davon, dass dem Senat der Wortlaut der Erklärung nicht zur Beurteilung vorliegt, einiges dafür, dass hierin eine Vollmachterteilung jedenfalls der damals vertretenen Betriebskrankenkassen gelegen haben könnte. Jedenfalls hat der BKK Landesverband den Vertrag ausdrücklich nicht in eigenem Namen sondern im Namen der "beigetretenen Betriebskrankenkassen" abgeschlossen.

Schließlich bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die Rechnungslegung durch die Beklagte mit Schreiben vom 23. November 2009 ausreichend und rechtzeitig erfolgt ist. Der Gesetzesbegründung zu § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V, wonach die Krankenkassen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen die Verwendung der einbehaltenen Mittel darlegen müssen, ist jedoch eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Verpflichtung der Krankenkassen, den kassenärztlichen Vereinigungen auf deren Verlangen die Verwendung der von der Gesamtvergütung einbehaltenen Mittel plausibel darzulegen, keine weitergehende Verpflichtung zur Rechnungslegung begründen wolle, als sie sich aus § 140d Abs. 5 SGB V gegenüber der Registrierungsstelle ergibt. Die Gesetzesbegründung spricht zwar davon, dass nachvollziehbar sein müsse, zu welchem Zweck die Mittel verwendet werden, ausdrücklich wird jedoch ausgeführt, dass "der Umfang der Nachweispflicht ( ) dem Umfang der Nachweispflicht gegenüber der Registrierungsstelle in § 140d Abs. 5" entspricht (BT-Drs 16/3100, S. 153).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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