L 4 KA 73/08

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 28 KA 2101/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 73/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Befreiung vom organisierten ärztlichen Notfalldienst (NFD).

Der heute 51 Jahre alte Kläger ist als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und verlegte am 1. Oktober 1994 seinen Praxissitz in den seinerzeitigen Notdienstbezirk A-Stadt. Im Jahre 2001 erlitt er einen Herzinfarkt. Seit März 2004 betreibt er die Praxis in Gemeinschaft mit seiner Ehefrau Dr. M., die mit 30% an der Tätigkeit und dem Gewinn beteiligt ist. Am 5. März 2007 beantragte er die Zulassung einer Zweigpraxis in RO-Stadt. Gegen den ablehnenden Bescheid hat er Widerspruch eingelegt. Ab Juni 2006 war bei ihm der Grad der Behinderung (GdB) mit 50 und seit Juli 2008 mit 70 festgestellt.

Am 3. August 1994 beantragte er bei der Beklagten die Befreiung von der Teilnahme am NFD wegen seiner konsiliarärztlichen Tätigkeit in der Neugeborenenabteilung des XR. Krankenhauses. Neben der Überwachung der Neugeborenen und den Routine- Vorsorgeuntersuchungen habe er als einziger niedergelassener Kinderarzt für die perinatale akutmedizinische Versorgung zur Verfügung gestanden. Neben der täglichen Kontrolle der Bilirubinwerte und der zwei bis dreimal wöchentlich stattfindenden Visite zu den Vorsorgeuntersuchungen U 2 habe dies - insbesondere nachts und an den Wochenenden - eine erhebliche berufliche Mehrbelastung zusätzlich zum normalen Praxisbetrieb dargestellt. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 28. September 1994 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger nicht als Belegarzt im Sinne von Teil 1 VII. Abs. 1 Buchstabe c) der "Ausführungsbestimmungen zum NFD im Sicherstellungsstatut" (AB-NFD - in der ab 1. Januar 1993 bis 30. September 2002 geltenden Fassung) tätig gewesen sei. Den Widerspruch nahm der Kläger nach Intervention seiner Kollegen in der NFD-Gemeinschaft zurück.

Am 30. August 1995 beantragte der Kläger erneut die Befreiung vom NFD. Seine konsiliarärztliche Tätigkeit sei der eines Belegarztes gleichzusetzen, denn für die perinatale Akutversorgung und alle notfallmäßigen Einsätze im Kreißsaal am XR. Krankenhaus stehe er als einziger Kinderarzt rund um die Uhr zur Verfügung. Einen Belegarzt könne es an diesem Krankenhaus nicht geben, weil eine Kinderabteilung dort aus juristischen Gründen nicht bestehe. Bei etwa 800 Neugeborenen jährlich bestehe aber ein erheblicher Behandlungsbedarf und die Notwendigkeit einer speziellen pädiatrischen Versorgung. Die beiden neben ihm am XR. Krankenhaus tätigen Kinderarztpraxen seien nicht am perinatale Akutgeschehen beteiligt und stünden für ihn als Vertretung auch nicht zur Verfügung. Die Doppelbelastung durch den allgemeinärztlichen Vertretungsdienst erscheine in Anbetracht dieser Situation als nicht zumutbar. Mit beigefügtem Schreiben vom 7. August 1995 bestätigte das XR. Krankenhaus, dass der Kläger als einziger der dort konsiliarisch tätigen Kinderärzte die perinatale Akutversorgung am Krankenhaus sicherstelle.
Hierauf befreite die zuständige Bezirksstelle der Beklagten den Kläger mit Bescheid vom 21. November 1995 antragsgemäß vom NFD, weil seine Tätigkeit am XR. Krankenhaus der eines Belegarztes gleichzustellen sei.
Der hiervon in Kenntnis gesetzte Obmann der NFD-Gemeinschaft Dr. N. legte dagegen am 7. Dezember 1995 Widerspruch ein. Ferner erklärte die der NFD-Gemeinschaft angehörige Kinderärztin Dr. H. schriftlich ihre Bereitschaft, an der perinatalen Akutversorgung des XR. Krankenhauses teilzunehmen. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass sie seine Befreiung vom NFD überprüfen werde. Während des gesamten Widerspruchsverfahrens konnte nicht geklärt werden, ob die perinatale Akutversorgung am XR. Krankenhaus auch durch andere Kinderärzte, ggf. auch als Vertreter, tatsächlich wahrgenommen werden kann. Nach mehreren Erinnerungen durch den NFD-Obmann, der zwischenzeitlichen Neugründung der NFD-Gemeinschaft F.-Stadt, in der die ehemalige NFD-Gemeinschaft F.-Stadt aufging, und dem Inkrafttreten der neuen Notdienstordnung der Beklagten zum 1. Oktober 2002 empfahl die NFD Gemeinschaft F.-Stadt auf Anfrage durch die Bezirksstelle der Beklagten in ihrer Sitzung vom 4. September 2003 mehrheitlich, den Kläger nur vom Wochenenddienst in der NFDZentrale in F-Stadt freizustellen. Dieser Empfehlung schloss sich auch Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 18. November 2003 an. Der Kläger legte schließlich noch eine Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie Dr. K. vom 20. November 2003 vor, wonach er wegen seiner starken beruflichen Belastung an einem "Burn-Out-Syndrom" leide und daher vom NFD zu befreien sei.

Hierauf hob die Bezirksstelle der Beklagten mit Bescheid vom 26. Januar 2004 den Befreiungsbescheid vom 21. November 1995 mit Wirkung für die Zukunft auf und befreite den Kläger nur noch von den Diensten in der NFD-Zentrale F-Stadt. Von seiner Präsenzpflicht "unter der Woche im Bereich A-Stadt" sei er hingegen nicht befreit, ihm werde empfohlen, die Dienste auf eigene Kosten durch einen geeigneten Vertreter wahrnehmen zu lassen. Mit Inkrafttreten der Notdienstordnung ab 1. Oktober 2002 sei der in den früheren AB-NFD vorgesehene besondere Befreiungsgrund einer belegärztlichen Tätigkeit entfallen. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2004 zurück. Trotz der von ihm vorgetragenen gesundheitlichen Gründe sei dem Kläger eine Vertretung im Rahmen des bei ihm verbliebenen örtlichen NFD zumutbar. Denn ein nennenswerter Rückgang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit sei nach den vorliegenden Fallzahlen nicht zu verzeichnen.

Gegen den ihm am 15. Juni 2004 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 28. Juni 2004 Klage mit dem Ziel der vollständigen Befreiung vom NFD beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Für seine Befreiung hat er nunmehr auch gesundheitliche Gründe geltend gemacht und darauf hingewiesen, mit den von ihm aufzubringenden Kosten für einen Vertreter im NFD sei seine Praxis nicht wirtschaftlich zu führen. Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2008 hat die Beklagte zuletzt eine Fallzahl- und Honorarübersicht der vom Kläger mit betriebenen Gemeinschaftspraxis im Vergleich zum Durchschnitt der Fachgruppe vorgelegt (Blatt 109 Gerichtsakten), auf die Bezug genommen wird. Danach betrug das Honorar der klägerischen Praxis z. B. im Quartal IV/2007 bei 1425 Behandlungsfällen 67.324,89 EUR, was bei einer Beteiligung des Klägers mit 70% ein Honorar von 47.127,42 EUR ergibt. Dem steht im Durchschnitt der Fachgruppe je Arzt ein Honorar von 50.089,22 EUR bei 1086 Fällen gegenüber. Der Fallwert lag in der klägerischen Praxis bei 47,25 EUR, im Durchschnitt der Fachgruppe bei 46,12 EUR.
Mit Urteil vom 21. Mai 2008 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 2. Juni 2004 Bezug genommen. Auch unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen sei dem Kläger eine Vertretung im NFD auf eigene Kosten zumutbar.

Gegen das ihm am 21. August 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. August 2008 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt, zu deren Begründung er ausführt, das Sozialgericht habe verkannt, dass ein Widerruf des ihn begünstigenden Befreiungsbescheides vom 21. November 1995 nicht rechtmäßig gewesen sei. Aber auch aus gesundheitlichen Gründen sei ihm eine Teilnahme am NFD nicht mehr zumutbar.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 26. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2004 zu verurteilen, ihn von der Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst vollständig zu befreien.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat sich bisher im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist sachlich unbegründet.

Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Mai 2008 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, denn die Beklagte hat zu Recht die dem Kläger mit Bescheid vom 21. November 1995 erteilte vollständige Befreiung vom NFD mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2004 teilweise aufgehoben und eine Befreiung nur noch hinsichtlich des Dienstes in der NFD-Zentrale F-Stadt gewährt.

Die Beklagte war zur Aufhebung des Befreiungsbescheids vom 21. November 1995 nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X berechtigt, auch wenn dieser bindend geworden war.
Entgegen der im ersten Rechtszug angeklungenen Rechtsauffassung findet § 49 SGB, Zehntes Buch (SGB X) auf den Widerspruch des Obmannes der NFD-Gemeinschaft gegen den Befreiungsbescheid vom 21. November 1995 keine Anwendung, weil die Vorschriften über die Teilnahme am NFD weder nach den vor dem 1. Oktober 2002 geltenden AB-NFD noch nach der anschließend geltenden Notdienstordnung der Beklagten drittschützenden Charakter gegenüber den Mitgliedern der NFD-Gemeinschaft hatten. Der Widerspruch des NFD-Obmannes war daher mangels Widerspruchsbefugnis unzulässig. Eine Beschwer der übrigen Mitglieder der NFD-Gemeinschaft war durch den Befreiungsbescheid der Beklagten nicht eingetreten, weil diesen insoweit keine subjektiven Rechte eingeräumt sind. Dies gilt auch, wenn der Drittschutz nicht offensichtlich und eindeutig ausgeschlossen ist, sondern insoweit schwierige verfassungsrechtliche Fragen aufwirft (so: Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 29. November 1995, Az.: 3 RK 36/94, Juris Rdnr. 19 m.w.N.). Schwierige verfassungsrechtliche Fragen sind im vorliegenden Fall aber insoweit nicht zu klären.

Schon in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 1994 (Az.: 6 RKa 29/93) hat das BSG ausgeführt, dass die Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen NFD Grundrechte der zur Teilnahme verpflichteten Ärzte nicht verletzt. Ein Verstoß gegen Artikel 12 Abs. 2 Grundgesetz (GG) scheidet schon deshalb aus, weil der besondere Regelungsbereich dieser Vorschrift sich nicht auf gesetzliche Pflichten im Bereich frei gewählter beruflicher Betätigung erstreckt. Die hoheitliche Heranziehung zu einer mit der Berufsausübung in Beziehung stehenden Tätigkeit wird deshalb durch das Verbot des Artikel 12 Abs. 2 GG nicht ausgeschlossen. Auch das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 S. 2 GG) ist in seinem Anwendungsbereich nicht berührt. Mit Artikel 12 Abs. 1 GG ist die in der Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst liegende Berufsausübungsregelung vereinbar, denn sie ist durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls geboten und beschränkt die Berufsfreiheit weder übermäßig noch unzumutbar. Mithin ist unmittelbar aus Verfassungsrecht schon erst recht keine drittschützende Wirkung der Heranziehung zum NFD zu Gunsten der übrigen Mitglieder der NFD-Gemeinschaft herzuleitenden. Die der Entscheidung der Beklagten über die Befreiung vom NFD zu Grunde liegenden AB-NFD (vom 1. Januar 1993) wie auch die ab 1. Oktober 2002 geltende Notdienstordnung, die der teilweisen Aufhebung der Befreiung zu Grunde lag, sind nicht dazu bestimmt, die rechtlichen Einzelinteressen auch der Mitglieder der NFD-Gemeinschaft zu schützen, die nicht unmittelbar Bescheidadressaten sind. Soweit die übrigen Mitglieder der NFD-Gemeinschaft infolge der Befreiung eines einzelnen Mitgliedes von seiner Teilnahmepflicht zu einer höheren Arbeitsleistung oder zu einem größeren Kostenaufwand für die Beschaffung eines Vertreters veranlasst werden, handelte es sich lediglich um einen Rechtsreflex, ebenso die Zulassung weiterer Ärzte in einem NFD-Bezirk, die den notwendigen Aufwand pro teilnehmendem Arzt herabsetzt. Aus einem derartigen Rechtsreflex können aber keinerlei subjektiven Rechte abgeleitet werden (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG - so etwa Urteil vom 28. April 1967, Az.: IV C 10/65, BVerwGE 27, 29, 31 f. m.w.N.). Weder § 3 der Notdienstordnung (Teilnahme am Notdienst) noch Teil 1 VII. der AB-NFD sehen insoweit auch nur eine Anhörung der Mitglieder der NFD-Gemeinschaft oder des Obmannes derselben vor einer Entscheidung der zuständigen Bezirksstelle der Beklagten über einen Befreiungsantrag vor. Vielmehr hat die NFD-Gemeinschaft nach der gesamten Konstruktion des NFD die Anzahl der am NFD teilnehmenden Ärzte als vorgegeben hinzunehmen.

Trotz der somit eingetretenen Bindungswirkung war die Beklagte berechtigt, die dem Kläger erteilte vollständige Befreiung vom NFD mit Bescheid vom 26. Januar 2004 mit Wirkung für die Zukunft zumindest teilweise aufzuheben, weil insoweit eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten war (§ 48 Abs. 1 S. 1 SGB X).
Unzweifelhaft handelt es sich bei dem Befreiungsbescheid vom 21. November 1995 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der im Wesentlichen auf die Befugnis der Beklagten gestützt war, einen Arzt ganz oder teilweise vom NFD zu befreien, der " wegen belegärztlicher Tätigkeit für sein Gebiet im Krankenhaus nur einmal vertreten ist und ein Assistent für eine Vertretung im Krankenhaus nicht zur Verfügung steht" (Teil 1 VII. Abs. 1 Buchstabe c) AB-NFD). Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Prüfung die konsiliarärztliche Tätigkeit des Klägers einer belegärztlichen Tätigkeit gleichgestellt und nicht auf die Möglichkeit der Bestellung eines Vertreters auf Kosten des Klägers abgestellt hat, bewegte sie sich im Rahmen des ihr eingeräumten Verwaltungsermessens. Hierbei war die Beklagte auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger am XR. Krankenhaus bei der perinatalen Akutversorgung nicht vertreten wird und damit für die dort behandelten Patienten regelmäßig auch außerhalb der gewöhnlichen Sprechzeiten zur Verfügung steht. Dass die Prüfung anderer Möglichkeiten im Sinne von Teil 1 VII. Abs. 2 AB-NFD unterblieben sei, kann in Anbetracht der Vorgeschichte, die zunächst zu einer Ablehnung des Befreiungsantrages des Klägers führte, nicht unterstellt werden. Mit Inkrafttreten der Notdienstordnung ab 1. Oktober 2002 war aber der besondere Befreiungstatbestand der belegärztlichen Tätigkeit und damit die für den Befreiungsbescheid wesentliche Rechtsgrundlage entfallen.
Damit war die Beklagte - ohne dass ihr hierbei nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ein Ermessen eingeräumt war - befugt, den Befreiungsbescheid mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben und über die Befreiung des Klägers vom NFD auf Grundlage der ab 1. Oktober 2002 geltenden Notdienstordnung neu zu entscheiden.
Einen Anspruch auf völlige Freistellung vom NFD besitzt der Kläger danach nicht.
Nach § 3 Abs. 1 Notdienstordnung nehmen grundsätzlich alle niedergelassenen Vertragsärzte einer Notdienstgemeinschaft am organisierten allgemeinen Notdienst teil. Eine freiwillig von niedergelassenen Vertragsärzten angebotene gebietsbezogene Bereitschaft entbindet nicht von der Teilnahme am organisierten allgemeinen Notdienst (§ 3 Abs. 1 S. 1 und S. 3 Notdienstordnung). Eine befristete, teilweise bzw. vollständige Freistellung vom organisierten Notdienst kann auf Antrag eines Vertragsarztes vom Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle u. a. ausgesprochen werden, wenn "a) ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit oder Behinderung) hierzu nicht in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;

e) sonstige von einem Vertragsarzt im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am Notdienst auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann, bestehen".
Ein Antrag auf Freistellung ist schriftlich mit entsprechender Begründung an die zuständige Bezirksstelle zu richten (§ 3 Abs. 2 und 3 Notdienstordnung).
Diese Vorschriften haben sich durch die ab 1. Januar 2005 geltende Neufassung der Notdienstordnung, abgesehen von der Verlagerung der Entscheidungsbefugnis von der Bezirksstelle auf den Vorstand der Beklagten oder ein von ihm beauftragtes Gremium, nicht wesentlich geändert.
Danach kann der Kläger weder wegen seiner zusätzlichen Belastung durch seine konsiliarärztliche Tätigkeit an einem Krankenhaus noch wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine weitergehende Befreiung von der Teilnahme am NFD beanspruchen als ihm dies die Beklagte bereits gewährt hat.
Die bundesrechtliche Verpflichtung aller Vertragsärzte zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen infolge des ärztlichen NFD besteht nach der Rechtsprechung des BSG auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am NFD gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Eine vollständige Befreiung kommt unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Artikel 3 Abs. 1 GG) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen infrage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 2008, Az.: B 6 KA 13/06 R, Juris Rdnr. 14 m.w.N.).
Im Fall des Klägers kann keine Rede von einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit infolge seiner gesundheitlichen Belastungen sein. Dem widerspricht schon sein Antrag auf Eröffnung einer Zweigpraxis vom 5. März 2007 und die Entwicklung der Fallzahlen seiner inzwischen in Gemeinschaft mit seiner Ehefrau betriebenen Praxis, wie sie die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Mai 2008 dargelegt hat. Danach blieben Fallzahlen und Honorar auch unter Berücksichtigung einer 30-prozentigen Mitwirkung seiner Ehefrau nur unwesentlich hinter dem Fachgruppendurchschnitt zurück. Die Beklagte hat daher zutreffend solche wesentlichen Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen auf die sonstige vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers verneint, die zu einer vollständigen Freistellung vom NFD führen müssten.
Mit der teilweisen Freistellung vom NFD durch Befreiung von Wochenenddiensten in der NFD-Zentrale hat die Beklagte jedenfalls im Rahmen ihres Ermessens sowohl den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen als auch der zusätzlichen Belastung des Klägers durch Bereitschaftsdienste im Rahmen seiner konsiliarärztlichen Tätigkeit bzw. dem Umstand, dass die im Krankenhaus behandelten Patienten nicht im NFD mitbehandelt werden müssen, hinreichend Rechnung getragen, denn jedenfalls die in der Praxis des Klägers behandelten Patienten werden auch vom allgemeinen NFD mitversorgt. Ohne den NFD müsste der Kläger für diese Patienten ebenfalls zu den sprechstundenfreien Zeiten zur Verfügung stehen (§ 75 Abs. 1 S. 2 SGB V), weshalb es gerechtfertigt ist, ihn nicht vollständig vom NFD freizustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).

Der Streitwert war mangels konkreter Anhaltspunkte mit dem Auffangstreitwert auf 5.000,00 EUR festzusetzen (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 S. 1,47, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG).
Rechtskraft
Aus
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