Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 9 AS 26/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 301/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Mai 2011 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung zur Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) an die Kläger ab dem 1. Juli 2008.
Die Kläger zu 1. und 2. waren miteinander verheiratet und bewohnten gemeinsam mit ihren Kindern, den Klägern zu 3. und 4., ein im Eigentum der Klägerin zu 1. stehendes Einfamilienhaus. Zwischen Juli 2008 und Juni 2009 erzielten die Kläger zu 1. und 2. jeweils Einkommen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Für die Kläger zu 3. und 4. wurde Kindergeld gezahlt. Der Beklagte hatte den Klägern als Bedarfsgemeinschaft zuletzt für Juni 2008 Leistungen nach dem SGB II bewilligt.
In ihrem Antrag auf Weiterzahlung vom 30. Mai 2008 gaben die Kläger eine Bareinzahlung am 29. April 2008 i.H.v. 6.300 EUR auf ein neu eröffnetes Sparkonto der Klägerin zu 1. als Schenkung ihrer Eltern an. Der Beklagte lehnte mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. Juni 2008 die Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II mangels Hilfebedürftigkeit ab. Neben den Einkünften aus Erwerbstätigkeit und dem Kindergeld sei das einmalige Einkommen der Klägerin zu 1. auf zwölf Monate aufzuteilen und mit 525 EUR/Monat zu berücksichtigen. Ab 1. Juli 2009 könnten erneut Leistungen beantragt werden.
In ihrem Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vom 2. September 2008 gaben die Kläger an, die Zuwendung i.H.v. 6.300 EUR sei für die Kläger zu 3. und 4. bestimmt gewesen. Es handele sich um zweckbestimmtes Einkommen. Sie legten zwei Schreiben der Großeltern vom 20. April 2008 vor. Danach sei den Enkelkindern ein Betrag von jeweils 3.150 EUR zum Zwecke der Anlegung für die schulische und berufliche Ausbildung geschenkt worden.
Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 3. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2008 ab. Die Zuwendungen der Großeltern für die Kläger zu 3. und 4. seien rein privat und nicht als zweckbestimmte Einnahmen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II privilegiert. Die Kläger zu 1. und 2. könnten jederzeit über den Betrag verfügen. Dagegen haben die Kläger am 7. Januar 2009 von Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben.
Am 3. Juni 2009 haben die Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 1. Juli 2009 beantragt. Unter anderem haben sie den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts H. für das Jahr 2008 vom 17. April 2009 mit einem Guthaben von 758,25 EUR vorgelegt. Nach einem Vermerk des Sachbearbeiters vom 7. Juli 2009 sei die Gutschrift am 21. April 2009 erfolgt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2009 hat der Beklagte die Leistungsbewilligung ab 1. Juli 2009 mangels Hilfebedürftigkeit abgelehnt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 30. Mai 2011 den Bescheid vom 3. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2008 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Bescheid vom 25. Juni 2008 aufzuheben sowie den Klägern ab 1. Juli 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren. Der Beklagte habe die Zuwendung i.H.v. 6.300 EUR gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht anrechnen dürfen. Es habe sich um eine zweckbestimmte Einnahme gehandelt, mit der die schulische und berufliche Ausbildung der Kläger zu 3. und 4. sichergestellt werden sollte.
Gegen das ihm am 6. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27. Juli 2011 Berufung eingelegt. Da die Kläger trotz Aufforderung keine weiteren Nachweise vorgelegt hätten, sei nicht von Einkommen der Kinder, sondern von einer Schenkung an die gesamte Familie auszugehen. Selbst eine Schenkung an die Kinder wäre in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Bedarfsgemeinschaft hätte aber wegen des anzurechnenden Erwerbseinkommens der Kläger zu 1. und 2. ohnehin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt.
Auf Anforderung des Senats hat der Beklagte Ermittlungen hinsichtlich des Hilfebedarfs sowie des anzurechnenden Erwerbseinkommens und des Kindergelds zwischen Juli 2008 und Juni 2009 durchgeführt. Dabei hat er die Jahresaufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich aufgeteilt (2008: 577,03 EUR/Monat, 2009: 581,83 EUR/Monat). Die Einkommen der Kläger zu 1. zu 2. aus Erwerbstätigkeit hat er jeweils bereinigt. Insgesamt stünden den Klägern - ohne Berücksichtigung der Schenkung - Leistungen i.H.v. 750,60 EUR zu (Juli 2008: 127,02 EUR, September 2008: 77,93 EUR, Oktober 2008: 12,34 EUR, Januar 2009: 161,92 EUR, Februar 2009: 80,00 EUR, März 2009: 80,47 EUR, April 2009: 160,67 EUR, Mai 2009: 50,25 EUR). Der Berufungsstreitwert von 750 EUR sei somit überschritten und die Berufung zulässig.
Die Kläger haben daraufhin ausgeführt, ab April 2009 seien sie wegen der zugeflossenen Einkommensteuererstattung i.H.v. 758,25 EUR nicht mehr hilfebedürftig gewesen. Dies sei vom Beklagten bislang nicht berücksichtigt worden. Die Berufung sei daher unzulässig.
Der Beklagte hat eingewendet, hinsichtlich des Berufungsstreitwerts komme es auf den Zeitpunkt der Berufungseinlegung an. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm die Einkommensteuererstattung nicht bekannt gewesen. Darüber hinaus müsse die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils berücksichtigt werden. Das Sozialgericht habe auch die Verpflichtung zu Leistungsbewilligung ab 1. Juli 2008 ohne zeitliche Grenze ausgesprochen. Schließlich habe das Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt und könne nicht vollstreckt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
1. Der Senat konnte die Berufung des Beklagten gemäß § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss als unzulässig verwerfen, da sie nicht statthaft ist.
Die Berufung ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
a. Die Berufung betrifft keine wiederkehrenden Leistungen für mehr als ein Jahr.
Zwar hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil vom 30. Mai 2011 den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, "den Klägern Arbeitslosengeld II ab dem 01.07.2008 zu gewähren". Es handelt sich dabei aber nicht um eine Verpflichtung zur Leistungsbewilligung für mehr als ein Jahr.
Der Tenor des Urteils ist insoweit soweit auslegungsbedürftig und -fähig. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich eindeutig, dass der Beklagte zur Neuberechnung der Leistungsansprüche der Kläger nach dem SGB II unter Außerachtlassung des einmaligen Einkommens von 6.300 EUR verpflichtet werden sollte. Dieses hatte er ausweislich seines Bescheids vom 25. Juni 2008 beginnend am 1. Juli 2008 auf zwölf Monate aufgeteilt. Der Verteilzeitraum endete am 30. Juni 2009. Ab dem 1. Juli 2009 sollten erneut Leistungen beantragt werden können, ohne dass das einmalige Einkommen weiterhin angerechnet würde. Der Zeitraum der Entscheidung umfasst daher den 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009, mithin nicht mehr als zwölf Monate.
Der Zeitraum ab dem 1. Juli 2009 ist nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils. Der Beklagte hat insoweit bestandskräftig die beantragte Zahlung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Der Bescheid vom 15. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2009 ist weder von den Klägern zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht worden, noch ist er dies kraft Gesetzes nach § 96 SGG geworden (BSG, Beschluss vom 19. September 2008, B 14 AS 44/08 B). Er hätte auch nicht nach § 99 SGG im Rahmen einer Klageänderung einbezogen werden können, da der weitere Leistungsantrag bestandskräftig abgelehnt wurde (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 6/13 B).
b. Der Wert des Beschwerdegegenstands von 750 EUR wird nicht überschritten. Maßgeblich ist dabei die von dem Urteil ausgehende Beschwer für den Berufungsführer. Bei angefochtenen Grundurteilen gemäß § 130 SGG - wie im vorliegenden Fall - muss der Senat den Wert der Beschwer ermitteln. Dabei kann auf Berechnungen der Behörde zur Ermittlung der aus dem Urteil geschuldeten Leistungen zurückgegriffen werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung des Beschwerdewerts ist die Berufungseinlegung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144, Rn. 15b, 19).
Der Beklagte ist durch das angefochtene Urteil mit einem Betrag von 656 EUR beschwert. Die von diesem vorgenommene Leistungsberechnung weist offenbare Unrichtigkeiten bei der Feststellung des Bedarfs der Kläger auf. Entgegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 36/12 R (14)) hat der Beklagte die Jahreskosten für Unterkunft und Heizung (KdU) auf zwölf Monate verteilt. Der Senat war daher gehalten, den Wert der Beschwer entsprechend neu zu berechnen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1998, B 1 KR 24/96 R (11)).
( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )
Auf den o.g. Gesamtbedarf war das in den einzelnen Monaten unterschiedlich hohe Einkommen der Kläger anzurechnen. Hinsichtlich der Berechnung des anzurechnenden Einkommens greift der Senat im Wesentlichen auf die Aufstellung des Beklagten zurück. Allerdings waren abweichend davon ab Januar 2009 das Kindergeld in Höhe von 164 EUR/Monat/Kind und die einmalige Einnahme von 758,25 EUR ab April 2009 mit 126,33 EUR/Monat zu berücksichtigen.
Es ergeben sich somit bei einer Umsetzung des Urteils des Sozialgerichts Leistungsansprüche der Kläger für Juli 2008 i.H.v. insgesamt 188 EUR, für September 2008 i.H.v. insgesamt 70 EUR, für Januar 2009 i.H.v. insgesamt 56 EUR sowie für März 2009 i.H.v. 92 EUR. In den übrigen streitgegenständlichen Monaten übersteigt das anzurechnende Einkommen den Bedarf.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die vom Sozialgericht ausgeurteilten außergerichtlichen Kosten der Kläger nicht bei der Berechnung des Beschwerdewerts zu berücksichtigen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144, Rn. 15a).
c. Das Sozialgericht hat die Berufung auch nicht zugelassen. Unerheblich ist, dass es in der Rechtsmittelbelehrung die Berufung als zulässiges Rechtsmittel genannt hat. Notwendig wäre gewesen, die Zulassung ausdrücklich im Tenor oder in den Entscheidungsgründen auszusprechen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144, Rdnr. 39).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist mangels grundsätzlicher Bedeutung der Sache nicht zuzulassen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung zur Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) an die Kläger ab dem 1. Juli 2008.
Die Kläger zu 1. und 2. waren miteinander verheiratet und bewohnten gemeinsam mit ihren Kindern, den Klägern zu 3. und 4., ein im Eigentum der Klägerin zu 1. stehendes Einfamilienhaus. Zwischen Juli 2008 und Juni 2009 erzielten die Kläger zu 1. und 2. jeweils Einkommen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Für die Kläger zu 3. und 4. wurde Kindergeld gezahlt. Der Beklagte hatte den Klägern als Bedarfsgemeinschaft zuletzt für Juni 2008 Leistungen nach dem SGB II bewilligt.
In ihrem Antrag auf Weiterzahlung vom 30. Mai 2008 gaben die Kläger eine Bareinzahlung am 29. April 2008 i.H.v. 6.300 EUR auf ein neu eröffnetes Sparkonto der Klägerin zu 1. als Schenkung ihrer Eltern an. Der Beklagte lehnte mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. Juni 2008 die Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II mangels Hilfebedürftigkeit ab. Neben den Einkünften aus Erwerbstätigkeit und dem Kindergeld sei das einmalige Einkommen der Klägerin zu 1. auf zwölf Monate aufzuteilen und mit 525 EUR/Monat zu berücksichtigen. Ab 1. Juli 2009 könnten erneut Leistungen beantragt werden.
In ihrem Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vom 2. September 2008 gaben die Kläger an, die Zuwendung i.H.v. 6.300 EUR sei für die Kläger zu 3. und 4. bestimmt gewesen. Es handele sich um zweckbestimmtes Einkommen. Sie legten zwei Schreiben der Großeltern vom 20. April 2008 vor. Danach sei den Enkelkindern ein Betrag von jeweils 3.150 EUR zum Zwecke der Anlegung für die schulische und berufliche Ausbildung geschenkt worden.
Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 3. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2008 ab. Die Zuwendungen der Großeltern für die Kläger zu 3. und 4. seien rein privat und nicht als zweckbestimmte Einnahmen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II privilegiert. Die Kläger zu 1. und 2. könnten jederzeit über den Betrag verfügen. Dagegen haben die Kläger am 7. Januar 2009 von Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben.
Am 3. Juni 2009 haben die Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 1. Juli 2009 beantragt. Unter anderem haben sie den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts H. für das Jahr 2008 vom 17. April 2009 mit einem Guthaben von 758,25 EUR vorgelegt. Nach einem Vermerk des Sachbearbeiters vom 7. Juli 2009 sei die Gutschrift am 21. April 2009 erfolgt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2009 hat der Beklagte die Leistungsbewilligung ab 1. Juli 2009 mangels Hilfebedürftigkeit abgelehnt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 30. Mai 2011 den Bescheid vom 3. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2008 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Bescheid vom 25. Juni 2008 aufzuheben sowie den Klägern ab 1. Juli 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren. Der Beklagte habe die Zuwendung i.H.v. 6.300 EUR gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht anrechnen dürfen. Es habe sich um eine zweckbestimmte Einnahme gehandelt, mit der die schulische und berufliche Ausbildung der Kläger zu 3. und 4. sichergestellt werden sollte.
Gegen das ihm am 6. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27. Juli 2011 Berufung eingelegt. Da die Kläger trotz Aufforderung keine weiteren Nachweise vorgelegt hätten, sei nicht von Einkommen der Kinder, sondern von einer Schenkung an die gesamte Familie auszugehen. Selbst eine Schenkung an die Kinder wäre in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Bedarfsgemeinschaft hätte aber wegen des anzurechnenden Erwerbseinkommens der Kläger zu 1. und 2. ohnehin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt.
Auf Anforderung des Senats hat der Beklagte Ermittlungen hinsichtlich des Hilfebedarfs sowie des anzurechnenden Erwerbseinkommens und des Kindergelds zwischen Juli 2008 und Juni 2009 durchgeführt. Dabei hat er die Jahresaufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich aufgeteilt (2008: 577,03 EUR/Monat, 2009: 581,83 EUR/Monat). Die Einkommen der Kläger zu 1. zu 2. aus Erwerbstätigkeit hat er jeweils bereinigt. Insgesamt stünden den Klägern - ohne Berücksichtigung der Schenkung - Leistungen i.H.v. 750,60 EUR zu (Juli 2008: 127,02 EUR, September 2008: 77,93 EUR, Oktober 2008: 12,34 EUR, Januar 2009: 161,92 EUR, Februar 2009: 80,00 EUR, März 2009: 80,47 EUR, April 2009: 160,67 EUR, Mai 2009: 50,25 EUR). Der Berufungsstreitwert von 750 EUR sei somit überschritten und die Berufung zulässig.
Die Kläger haben daraufhin ausgeführt, ab April 2009 seien sie wegen der zugeflossenen Einkommensteuererstattung i.H.v. 758,25 EUR nicht mehr hilfebedürftig gewesen. Dies sei vom Beklagten bislang nicht berücksichtigt worden. Die Berufung sei daher unzulässig.
Der Beklagte hat eingewendet, hinsichtlich des Berufungsstreitwerts komme es auf den Zeitpunkt der Berufungseinlegung an. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm die Einkommensteuererstattung nicht bekannt gewesen. Darüber hinaus müsse die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils berücksichtigt werden. Das Sozialgericht habe auch die Verpflichtung zu Leistungsbewilligung ab 1. Juli 2008 ohne zeitliche Grenze ausgesprochen. Schließlich habe das Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt und könne nicht vollstreckt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
1. Der Senat konnte die Berufung des Beklagten gemäß § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss als unzulässig verwerfen, da sie nicht statthaft ist.
Die Berufung ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
a. Die Berufung betrifft keine wiederkehrenden Leistungen für mehr als ein Jahr.
Zwar hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil vom 30. Mai 2011 den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, "den Klägern Arbeitslosengeld II ab dem 01.07.2008 zu gewähren". Es handelt sich dabei aber nicht um eine Verpflichtung zur Leistungsbewilligung für mehr als ein Jahr.
Der Tenor des Urteils ist insoweit soweit auslegungsbedürftig und -fähig. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich eindeutig, dass der Beklagte zur Neuberechnung der Leistungsansprüche der Kläger nach dem SGB II unter Außerachtlassung des einmaligen Einkommens von 6.300 EUR verpflichtet werden sollte. Dieses hatte er ausweislich seines Bescheids vom 25. Juni 2008 beginnend am 1. Juli 2008 auf zwölf Monate aufgeteilt. Der Verteilzeitraum endete am 30. Juni 2009. Ab dem 1. Juli 2009 sollten erneut Leistungen beantragt werden können, ohne dass das einmalige Einkommen weiterhin angerechnet würde. Der Zeitraum der Entscheidung umfasst daher den 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009, mithin nicht mehr als zwölf Monate.
Der Zeitraum ab dem 1. Juli 2009 ist nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils. Der Beklagte hat insoweit bestandskräftig die beantragte Zahlung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Der Bescheid vom 15. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2009 ist weder von den Klägern zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht worden, noch ist er dies kraft Gesetzes nach § 96 SGG geworden (BSG, Beschluss vom 19. September 2008, B 14 AS 44/08 B). Er hätte auch nicht nach § 99 SGG im Rahmen einer Klageänderung einbezogen werden können, da der weitere Leistungsantrag bestandskräftig abgelehnt wurde (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 6/13 B).
b. Der Wert des Beschwerdegegenstands von 750 EUR wird nicht überschritten. Maßgeblich ist dabei die von dem Urteil ausgehende Beschwer für den Berufungsführer. Bei angefochtenen Grundurteilen gemäß § 130 SGG - wie im vorliegenden Fall - muss der Senat den Wert der Beschwer ermitteln. Dabei kann auf Berechnungen der Behörde zur Ermittlung der aus dem Urteil geschuldeten Leistungen zurückgegriffen werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung des Beschwerdewerts ist die Berufungseinlegung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144, Rn. 15b, 19).
Der Beklagte ist durch das angefochtene Urteil mit einem Betrag von 656 EUR beschwert. Die von diesem vorgenommene Leistungsberechnung weist offenbare Unrichtigkeiten bei der Feststellung des Bedarfs der Kläger auf. Entgegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 36/12 R (14)) hat der Beklagte die Jahreskosten für Unterkunft und Heizung (KdU) auf zwölf Monate verteilt. Der Senat war daher gehalten, den Wert der Beschwer entsprechend neu zu berechnen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1998, B 1 KR 24/96 R (11)).
( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )
Auf den o.g. Gesamtbedarf war das in den einzelnen Monaten unterschiedlich hohe Einkommen der Kläger anzurechnen. Hinsichtlich der Berechnung des anzurechnenden Einkommens greift der Senat im Wesentlichen auf die Aufstellung des Beklagten zurück. Allerdings waren abweichend davon ab Januar 2009 das Kindergeld in Höhe von 164 EUR/Monat/Kind und die einmalige Einnahme von 758,25 EUR ab April 2009 mit 126,33 EUR/Monat zu berücksichtigen.
Es ergeben sich somit bei einer Umsetzung des Urteils des Sozialgerichts Leistungsansprüche der Kläger für Juli 2008 i.H.v. insgesamt 188 EUR, für September 2008 i.H.v. insgesamt 70 EUR, für Januar 2009 i.H.v. insgesamt 56 EUR sowie für März 2009 i.H.v. 92 EUR. In den übrigen streitgegenständlichen Monaten übersteigt das anzurechnende Einkommen den Bedarf.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die vom Sozialgericht ausgeurteilten außergerichtlichen Kosten der Kläger nicht bei der Berechnung des Beschwerdewerts zu berücksichtigen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144, Rn. 15a).
c. Das Sozialgericht hat die Berufung auch nicht zugelassen. Unerheblich ist, dass es in der Rechtsmittelbelehrung die Berufung als zulässiges Rechtsmittel genannt hat. Notwendig wäre gewesen, die Zulassung ausdrücklich im Tenor oder in den Entscheidungsgründen auszusprechen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144, Rdnr. 39).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist mangels grundsätzlicher Bedeutung der Sache nicht zuzulassen.
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