Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 8 R 428/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 254/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 21.772,90 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung des Klägers zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Mai 2003 streitig.
Der Kläger war Inhaber der Firma A. Stahlarmierung (A-Straße in A-Stadt) im Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis zum 31. Mai 2003. Betriebszweck war nach der Gewerbeanmeldung ausschließlich die Verlegung von Betonstahl. Der Kläger schloss als Inhaber der Einzelfirma mit Hauptunternehmern Verträge zur Verlegung von Betonstahl für Baustellen ab. Der zu verlegende Betonstahl wurde vom Hauptunternehmer geliefert. Der Kläger meldete bei der Einzugsstelle Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis zum 30. April 2003 an. Zugleich war der Kläger alleiniger Geschäftsführer der Firma C. GmbH (A-Straße im A Stadt) im Zeitraum vom 14. August 2001 bis 30. April 2003. Nach der Gewerbeanmeldung war Betriebszweck dieser Firma die Verlegung von genormten Bauteilen in Bauwerkskörpern, insbesondere Armierungsarbeiten. Der Kläger schloss als Geschäftsführer mit verschiedenen Hauptunternehmen Verträge über die Verlegung von Betonstahl auf Baustellen ab. Die Lieferung des zu verlegenden Betonstahls erfolgte durch den Hauptunternehmer. Der Kläger meldete bei der Einzugsstelle Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 31. März 2003 an. Das Gewerbe wurde zum 28. März 2003 wegen vollständiger Aufgabe abgemeldet. Die Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH wurde mangels Masse abgelehnt.
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen eine andere Firma wurden die mit dem Kläger geschlossenen Werkverträge vorgefunden. Eine Überprüfung der Ermittlungsbehörde (Hauptzollamt Lörrach) ergab, dass die in den Werkverträgen vereinbarten Entgelte für die Verlegung von Betonstahl nicht dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn im Bauhauptgewerbe entsprachen. Das Hauptzollamt Lörrach leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ein. Am 4. Mai 2005 erfolgte eine Durchsuchung der Wohnungs- und Nebenräume des Klägers (A-Straße in A-Stadt) entsprechend dem Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden (Az. 71 Gs 1140 Js 10048/05).
Das Hauptzollamt Lörrach teilte der Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2006 mit, für die Firma des Klägers, A. Stahlarmierung, seien anhand von ausgestellten Rechnungen (Netto-) Umsätze für das Jahr 2002 in Höhe von 43.174,90 EUR und für das Jahr 2003 in Höhe von 16.715,54 EUR festgestellt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 24. September 1986, Az. 3 StR 336/86) sei 2/3 des festgestellten Nettoumsatzes als Lohnaufwand zu veranschlagen. Unter Zugrundelegung der festgestellten Nettoumsätze ergebe sich somit für das Jahr 2002 eine Lohnsummen in Höhe von 28.783,26 EUR und für das Jahr 2003 in Höhe von 11.143,70 EUR. Zur Weiterführung des Ermittlungsverfahrens werde um Berechnung des sozialversicherungsrechtlichen Schadens gebeten.
Die Beklagte nahm am 6. Juli 2006 eine entsprechende Schadensberechnung vor und ermittelte aus den übermittelten Netto-Umsätzen unter Zugrundelegung einer Lohnquote von 2/3 unter Abzug der gemeldeten Entgelte für das Jahr 2002 ein für das Jahr 2002 berechnetes Nachberechnungsentgelt in Höhe von 22.460,71 EUR (entspricht monatlich 1.871 EUR) und für das Jahr 2003 in Höhe von 6.741,25 EUR (entspricht monatlich 561 EUR).
In dem Schlussbericht des Hauptzollamts Lörrach vom 24. Oktober 2006 (an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Wiesbaden, Az. 1140 Js 10048/05) wies das Hauptzollamt Lörrach darauf hin, die Feststellung der tatsächlich vom Kläger an seine Arbeitnehmer gezahlten Entgelte sei nicht möglich, da der Kläger nicht für jeden Beschäftigten Lohnunterlagen geführt habe. Zum Teil seien lediglich Listen mit Vornamen aufgefunden worden. Diese Vornamen könnten keinem der vom Kläger für seine Einzelfirma bzw. für die GmbH gemeldeten Arbeitnehmern zugeordnet werden. Die Höhe des eingetretenen Vermögensschadens werde daher geschätzt. Grundlage dieser Schätzung sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 24. September 1986). Danach sei von einem Lohnaufwand im Umfang von 2/3 der erzielten Nettoumsätze auszugehen. Diese Rechtsprechung sei vorliegend einschlägig, da die vom Kläger angemeldeten Umsätze ausschließlich durch sozialversicherungspflichtige Arbeitskräfte erbracht worden seien. Die genaue Berechnung des Schadens sei durch den zuständigen Rentenversicherungsträger erfolgt.
Das Amtsgericht Wiesbaden verurteilte den Kläger zunächst mit Strafbefehl vom 27. Juni 2007 (Az. 1140 Js 10048/05) u. a. wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung für Arbeitnehmer der Firma A. Stahlarmierung im Zeitraum von Januar bis einschließlich Dezember 2002 in Höhe von monatlich 391,19 EUR und im Zeitraum von Januar bis einschließlich Mai 2003 in Höhe von monatlich 119,66 EUR sowie für Arbeitnehmer der C. GmbH im Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2001 in Höhe von monatlich 50,55 EUR, im Zeitraum Juli bis einschließlich Dezember 2001 in Höhe von monatlich 41,78 EUR und von Januar bis einschließlich Dezember 2002 in Höhe von monatlich 508,50 EUR zu einer Geldbuße nach Tagessätzen.
Der vom Kläger dagegen eingelegte Einspruch beschränkte sich auf das Strafmaß. Das Amtsgericht Wiesbaden verringerte mit Urteil vom 19. Dezember 2007 (Az. 83 Cs 1140 Js 10048/5) die Anzahl und die Höhe des vom Kläger als Strafen zu zahlenden Tagessatz.
Daraufhin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 10. August 2009 vom Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 21.772,90 Euro; darin sind Säumniszuschläge in Höhe von 9.512,50 EUR enthalten. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens des Hauptzollamts Lörrach habe der Kläger als Inhaber der Firma A. Stahlarmierung mehrere Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt, ohne sie zur Sozialversicherung anzumelden. Für diese Arbeitnehmer habe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden. Außerdem seien Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz und dem Aufwendungsausgleichsgesetz zu entrichten gewesen. Für die Berechnung der Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge seien die durch das Hauptzollamt Lörrach festgestellten Umsätze zugrunde gelegt worden. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 24. September 1986, Az. 3 StR 336/86) sei anzunehmen, dass 2/3 der erzielten Netto-Umsätze Lohnanteile darstellten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 22. September 1988, Az. 12 RK 36/86) seien die Beiträge - im Falle der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern - aus dem gezahlten Arbeitsentgelt zuzüglich der Lohnsteuer zu berechnen. Für den Zeitraum ab 1. August 2002 erfolge die Berechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV). Eine Verjährung der Beitragsforderungen sei nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht eingetreten. Die Säumniszuschläge seien nach § 24 SGB IV berechnet worden. Ausgehend von einer nicht zur Sozialversicherung angemeldeten Lohnsumme im Jahr 2002 in Höhe von 22.460,76 Euro und im Jahr 2003 in Höhe von 6.741,24 Euro seien im Jahr 2002 monatliche Beiträge von 782,83 Euro und im Jahr 2003 monatliche Beiträge von 239,32 Euro (jeweils Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteil) nachzuzahlen. Aus diesen Beträgen seien die Säumniszuschläge berechnet.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein.
Die Beklagte wies - ergänzend zu ihrem Bescheid - darauf hin, dass sie sich auf das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 19. Dezember 2007 und auf die Anklagepunkte 25 bis 41 des zugrundeliegenden Strafbefehls stütze. Allerdings sei der nicht gemeldete Lohnaufwand im Jahr 2003 in Höhe von 6.741,24 Euro in der Berechnung durch 12 geteilt worden. Da der Kläger jedoch nur bis 31. Mai 2003 Inhaber der Firma gewesen sei, hätte die Summe jedoch durch fünf geteilt werden müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, der Bescheid werde durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers gestützt. Danach sei der Kläger in der Zeit von Januar 2002 bis Mai 2003 in 17 Fällen wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung verurteilt worden. Da vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren verjährten, sei auch noch keine Verjährung der Beitragsforderung eingetreten.
Dagegen hat der Kläger am 20. Oktober 2010 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben.
Während des Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 20. Mai 2011 ihren Bescheid vom 10. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010 abgeändert und die Nachforderung - bei unverändertem Nachforderungsbetrag - auf den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2003 beschränkt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihre Beitragserhebung nicht allein auf seine strafrechtliche Verurteilung stützen dürfen. Er habe keine Arbeitnehmer beschäftigt, ohne diese zur Sozialversicherung angemeldet zu haben. Im Übrigen hat sich der Kläger auf eine Verjährung der Beitragsforderung berufen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Mai 2011 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden rechtmäßig für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2003 Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 21.772,90 Euro nachgefordert. Die Beklagte sei gemäß den Regelungen des § 28 p SGB IV für den Erlass der angefochtenen Bescheide zuständig gewesen. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB IV prüften die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllten. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB IV prüften sie insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und die Meldungen nach § 28a SGB IV. Diese Prüfung umfasse nach § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Im Rahmen der Prüfung könnten die Träger der Rentenversicherung nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV gegenüber den Arbeitgebern auch Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung erlassen. Auch wenn die Beklagte keine Prüfung vor Ort vorgenommen habe, sondern sich auf entsprechende Ermittlungen des Hauptzollamts Lörrach gestützt habe, sei dies ausreichend. Die Einzugsstelle nach § 28h SGB IV sei nicht zuständig gewesen, da es sich nicht lediglich um eine Überwachung laufender oder zukünftiger Zahlungen und der damit zusammenhängenden Fragen gehandelt habe, sondern um eine Überprüfung bereits geleisteter Zahlungen, die in die Kompetenz der Rentenversicherungsträger nach § 28p SGB IV falle. Der Kläger habe seine Verpflichtung als Arbeitgeber verletzt. Nach § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV habe der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Lohnunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung nach § 28p SGB IV folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Soweit der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden könne, sei der prüfende Rentenversicherungsträger nach § 28f Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IV berechtigt, den Beitrag in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend zu machen, soweit nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden könne, dass keine Verpflichtung zur Beitragsentrichtung bestanden habe oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden können. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln könne, habe der Rentenversicherungsträger nach § 28f Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV die Arbeitsentgelte zu schätzen. Dabei sei für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten auf das am Ort der Beschäftigung übliche Arbeitsentgelt abzustellen. Da der Kläger nach dem Schlussbericht des Hauptzollamts Lörrach im Ermittlungsverfahren vom 24. Oktober 2006 nicht für jeden Beschäftigten Lohnunterlagen führte, habe nicht festgestellt werden können, welche Entgelte tatsächlich an Arbeitnehmern gezahlt wurden. Damit sei die Beklagte berechtigt gewesen, die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge zu schätzen. Zutreffend gehe die Beklagte von den vom Hauptzollamt Lörrach ermittelten Umsätzen aus, die durch die in den Akten befindlichen Rechnungen belegt seien. Nicht zu beanstanden sei auch, dass sich die Beklagte bei ihrer Schätzung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. September 1986 (Az. StR 336/86, Juris) stütze, und dementsprechend den Lohnaufwand auf 2/3 der erzielten Nettoumsätze veranschlage. Das Hauptzollamt Lörrach weise in seinem Schlussbericht vom 24. Oktober 2006 ausdrücklich darauf hin, dass die Umsätze der Firmen des Klägers ausschließlich durch sozialversicherungspflichtige Arbeitskraft erbracht worden seien. Unter Abzug der der Sozialversicherung vom Kläger gemeldeten Entgelte habe die Beklagte ausgehend von einer Lohnsumme im Jahr 2002 in Höhe von 22.460,76 Euro und im Jahr 2003 in Höhe von 6.741,24 Euro die geltend gemachten Beiträge zutreffend berechnet. Die Beklagte habe zutreffend die für das Jahr 2003 geltend gemachten Beiträge mit Änderungsbescheid vom 20. Mai 2011 nicht auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003, sondern auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2003 beschränkt. Ein Berechnungsfehler sei nicht erkennbar und werde vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Auch seien die Beitragsforderungen nicht verjährt. Zwar verjährten Ansprüche auf Beiträge nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden seien. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten jedoch nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden seien. Da aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung davon auszugehen sei, dass der Kläger nicht alle seine eingesetzten Arbeitnehmer vollständig der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterwerfen wollte oder dies billigend in Kauf genommen habe, seien die für das Jahr 2002 und 2003 geltend gemachten Beiträge als Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge nicht verjährt. Auch habe die Beklagte den geltend gemachten Säumniszuschlag zutreffend berechnet. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV seien für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt habe, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einer Beitragsforderung, die durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt werde, sei zwar nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit von dem Beitragsschuldner glaubhaft gemacht werde, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Der Kläger könne jedoch nicht glaubhaft machen, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte, sondern habe vielmehr die Beiträge vorsätzlich vorenthalten. Bei der Berechnung der Säumniszuschläge sei ein Berechnungsfehler nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden. Soweit durch den Erlass des Änderungsbescheides vom 20. Mai 2011 der Zeitraum der Beitragserhebung geändert wurde, habe die Beklagte Säumniszuschläge in unveränderter Höhe erhoben, so dass diese nicht nachträglich zu Ungunsten des Klägers festgesetzt wurden. Damit sei der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010 in der Fassung des Bescheides vom 20. Mai 2011 insgesamt rechtmäßig.
Gegen das am 30. Mai 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Juni 2011 Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt er vor, er habe unverschuldet keine Kenntnis von seiner Zahlungspflicht gegenüber der Beklagten gehabt. Auch habe er nicht mehrere Arbeitnehmer beschäftigt, ohne diese ordnungsgemäß zur Sozialversicherung anzumelden. Die Beklagte stütze sich insoweit lediglich auf Vermutungen. Darüber hinaus berufe sich die Beklagte lediglich auf eine Schätzung und nicht auf tatsächlich durchgeführte Überprüfungen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010, beide in Gestalt des Bescheides vom 20. Mai 2011, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden.
Der Senat hat die Beteiligten zu einer Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berufsrichter des Senats ohne mündliche Verhandlung angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.
Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 2011 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010, beide in Gestalt des Bescheides vom 20. Mai 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte verpflichtete den Kläger rechtmäßig mit den angefochtenen Bescheiden zur Zahlung in Höhe von 21.772,90 EUR.
Der Senat macht sich die zutreffende, widerspruchsfreie und ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Urteils zu Eigen und weist die Berufung aus den dort niedergelegten Entscheidungsgründen zurück. Er sieht angesichts dessen und um Wiederholungen zu vermeiden, von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgetragene Auffassung rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Entgegen der Auffassung des Klägers konnte sich die Beklagte auf die Feststellungen im Schlussbericht des Hauptzollamts Lörrach vom 24. Oktober 2006 im Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und auf den Strafbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom 27. Juni 2007 stützen.
Wenn der Kläger nunmehr entgegen dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom 27. Juni 2007 und des Urteils des Amtsgerichts Wiesbaden vom 19. Dezember 2007 die Auffassung vertritt, er habe keine Arbeitnehmer beschäftigt, ohne diese ordnungsgemäß zur Sozialversicherung anzumelden, so müsste sich durch seinen Vortrag ein schlüssiges Bild ergeben, aus welchen Gründen kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht angemeldeter Arbeitnehmer bestanden haben sollte. Dieser Vortrag müsste durch konkrete Beweisangebote untermauert werden (so auch Sächsisches Landesozialgericht Beschluss vom 8. Dezember 2010, Az. L 1 B1/08 KR-PKH). Weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Sozialgericht bzw. im Berufungsverfahren trägt der Kläger hierzu Umstände vor. Entsprechende Anhaltspunkte kann der Senat auch nicht in der Beschuldigtenvernehmung des Klägers vom 4. Mai 2006 bzw. aus dem übrigen Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten erkennen. Allein der allgemein gehaltene Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren reicht dazu nicht aus.
Auch ergeben sich vorliegend keine Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der von der Beklagten aufgrund einer Schätzung festgesetzten Beitragshöhe.
Da auch der weitere Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren sich auf eine Wiederholung seiner Argumente beschränkte, sieht der Senat es auch insoweit als gerechtfertigt an, zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 21.772,90 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung des Klägers zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Mai 2003 streitig.
Der Kläger war Inhaber der Firma A. Stahlarmierung (A-Straße in A-Stadt) im Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis zum 31. Mai 2003. Betriebszweck war nach der Gewerbeanmeldung ausschließlich die Verlegung von Betonstahl. Der Kläger schloss als Inhaber der Einzelfirma mit Hauptunternehmern Verträge zur Verlegung von Betonstahl für Baustellen ab. Der zu verlegende Betonstahl wurde vom Hauptunternehmer geliefert. Der Kläger meldete bei der Einzugsstelle Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis zum 30. April 2003 an. Zugleich war der Kläger alleiniger Geschäftsführer der Firma C. GmbH (A-Straße im A Stadt) im Zeitraum vom 14. August 2001 bis 30. April 2003. Nach der Gewerbeanmeldung war Betriebszweck dieser Firma die Verlegung von genormten Bauteilen in Bauwerkskörpern, insbesondere Armierungsarbeiten. Der Kläger schloss als Geschäftsführer mit verschiedenen Hauptunternehmen Verträge über die Verlegung von Betonstahl auf Baustellen ab. Die Lieferung des zu verlegenden Betonstahls erfolgte durch den Hauptunternehmer. Der Kläger meldete bei der Einzugsstelle Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 31. März 2003 an. Das Gewerbe wurde zum 28. März 2003 wegen vollständiger Aufgabe abgemeldet. Die Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH wurde mangels Masse abgelehnt.
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen eine andere Firma wurden die mit dem Kläger geschlossenen Werkverträge vorgefunden. Eine Überprüfung der Ermittlungsbehörde (Hauptzollamt Lörrach) ergab, dass die in den Werkverträgen vereinbarten Entgelte für die Verlegung von Betonstahl nicht dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn im Bauhauptgewerbe entsprachen. Das Hauptzollamt Lörrach leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ein. Am 4. Mai 2005 erfolgte eine Durchsuchung der Wohnungs- und Nebenräume des Klägers (A-Straße in A-Stadt) entsprechend dem Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden (Az. 71 Gs 1140 Js 10048/05).
Das Hauptzollamt Lörrach teilte der Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2006 mit, für die Firma des Klägers, A. Stahlarmierung, seien anhand von ausgestellten Rechnungen (Netto-) Umsätze für das Jahr 2002 in Höhe von 43.174,90 EUR und für das Jahr 2003 in Höhe von 16.715,54 EUR festgestellt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 24. September 1986, Az. 3 StR 336/86) sei 2/3 des festgestellten Nettoumsatzes als Lohnaufwand zu veranschlagen. Unter Zugrundelegung der festgestellten Nettoumsätze ergebe sich somit für das Jahr 2002 eine Lohnsummen in Höhe von 28.783,26 EUR und für das Jahr 2003 in Höhe von 11.143,70 EUR. Zur Weiterführung des Ermittlungsverfahrens werde um Berechnung des sozialversicherungsrechtlichen Schadens gebeten.
Die Beklagte nahm am 6. Juli 2006 eine entsprechende Schadensberechnung vor und ermittelte aus den übermittelten Netto-Umsätzen unter Zugrundelegung einer Lohnquote von 2/3 unter Abzug der gemeldeten Entgelte für das Jahr 2002 ein für das Jahr 2002 berechnetes Nachberechnungsentgelt in Höhe von 22.460,71 EUR (entspricht monatlich 1.871 EUR) und für das Jahr 2003 in Höhe von 6.741,25 EUR (entspricht monatlich 561 EUR).
In dem Schlussbericht des Hauptzollamts Lörrach vom 24. Oktober 2006 (an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Wiesbaden, Az. 1140 Js 10048/05) wies das Hauptzollamt Lörrach darauf hin, die Feststellung der tatsächlich vom Kläger an seine Arbeitnehmer gezahlten Entgelte sei nicht möglich, da der Kläger nicht für jeden Beschäftigten Lohnunterlagen geführt habe. Zum Teil seien lediglich Listen mit Vornamen aufgefunden worden. Diese Vornamen könnten keinem der vom Kläger für seine Einzelfirma bzw. für die GmbH gemeldeten Arbeitnehmern zugeordnet werden. Die Höhe des eingetretenen Vermögensschadens werde daher geschätzt. Grundlage dieser Schätzung sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 24. September 1986). Danach sei von einem Lohnaufwand im Umfang von 2/3 der erzielten Nettoumsätze auszugehen. Diese Rechtsprechung sei vorliegend einschlägig, da die vom Kläger angemeldeten Umsätze ausschließlich durch sozialversicherungspflichtige Arbeitskräfte erbracht worden seien. Die genaue Berechnung des Schadens sei durch den zuständigen Rentenversicherungsträger erfolgt.
Das Amtsgericht Wiesbaden verurteilte den Kläger zunächst mit Strafbefehl vom 27. Juni 2007 (Az. 1140 Js 10048/05) u. a. wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung für Arbeitnehmer der Firma A. Stahlarmierung im Zeitraum von Januar bis einschließlich Dezember 2002 in Höhe von monatlich 391,19 EUR und im Zeitraum von Januar bis einschließlich Mai 2003 in Höhe von monatlich 119,66 EUR sowie für Arbeitnehmer der C. GmbH im Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2001 in Höhe von monatlich 50,55 EUR, im Zeitraum Juli bis einschließlich Dezember 2001 in Höhe von monatlich 41,78 EUR und von Januar bis einschließlich Dezember 2002 in Höhe von monatlich 508,50 EUR zu einer Geldbuße nach Tagessätzen.
Der vom Kläger dagegen eingelegte Einspruch beschränkte sich auf das Strafmaß. Das Amtsgericht Wiesbaden verringerte mit Urteil vom 19. Dezember 2007 (Az. 83 Cs 1140 Js 10048/5) die Anzahl und die Höhe des vom Kläger als Strafen zu zahlenden Tagessatz.
Daraufhin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 10. August 2009 vom Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 21.772,90 Euro; darin sind Säumniszuschläge in Höhe von 9.512,50 EUR enthalten. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens des Hauptzollamts Lörrach habe der Kläger als Inhaber der Firma A. Stahlarmierung mehrere Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt, ohne sie zur Sozialversicherung anzumelden. Für diese Arbeitnehmer habe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden. Außerdem seien Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz und dem Aufwendungsausgleichsgesetz zu entrichten gewesen. Für die Berechnung der Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge seien die durch das Hauptzollamt Lörrach festgestellten Umsätze zugrunde gelegt worden. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 24. September 1986, Az. 3 StR 336/86) sei anzunehmen, dass 2/3 der erzielten Netto-Umsätze Lohnanteile darstellten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 22. September 1988, Az. 12 RK 36/86) seien die Beiträge - im Falle der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern - aus dem gezahlten Arbeitsentgelt zuzüglich der Lohnsteuer zu berechnen. Für den Zeitraum ab 1. August 2002 erfolge die Berechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV). Eine Verjährung der Beitragsforderungen sei nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht eingetreten. Die Säumniszuschläge seien nach § 24 SGB IV berechnet worden. Ausgehend von einer nicht zur Sozialversicherung angemeldeten Lohnsumme im Jahr 2002 in Höhe von 22.460,76 Euro und im Jahr 2003 in Höhe von 6.741,24 Euro seien im Jahr 2002 monatliche Beiträge von 782,83 Euro und im Jahr 2003 monatliche Beiträge von 239,32 Euro (jeweils Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteil) nachzuzahlen. Aus diesen Beträgen seien die Säumniszuschläge berechnet.
Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein.
Die Beklagte wies - ergänzend zu ihrem Bescheid - darauf hin, dass sie sich auf das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 19. Dezember 2007 und auf die Anklagepunkte 25 bis 41 des zugrundeliegenden Strafbefehls stütze. Allerdings sei der nicht gemeldete Lohnaufwand im Jahr 2003 in Höhe von 6.741,24 Euro in der Berechnung durch 12 geteilt worden. Da der Kläger jedoch nur bis 31. Mai 2003 Inhaber der Firma gewesen sei, hätte die Summe jedoch durch fünf geteilt werden müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, der Bescheid werde durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers gestützt. Danach sei der Kläger in der Zeit von Januar 2002 bis Mai 2003 in 17 Fällen wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung verurteilt worden. Da vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren verjährten, sei auch noch keine Verjährung der Beitragsforderung eingetreten.
Dagegen hat der Kläger am 20. Oktober 2010 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben.
Während des Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 20. Mai 2011 ihren Bescheid vom 10. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010 abgeändert und die Nachforderung - bei unverändertem Nachforderungsbetrag - auf den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2003 beschränkt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihre Beitragserhebung nicht allein auf seine strafrechtliche Verurteilung stützen dürfen. Er habe keine Arbeitnehmer beschäftigt, ohne diese zur Sozialversicherung angemeldet zu haben. Im Übrigen hat sich der Kläger auf eine Verjährung der Beitragsforderung berufen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Mai 2011 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden rechtmäßig für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2003 Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 21.772,90 Euro nachgefordert. Die Beklagte sei gemäß den Regelungen des § 28 p SGB IV für den Erlass der angefochtenen Bescheide zuständig gewesen. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB IV prüften die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllten. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB IV prüften sie insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und die Meldungen nach § 28a SGB IV. Diese Prüfung umfasse nach § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Im Rahmen der Prüfung könnten die Träger der Rentenversicherung nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV gegenüber den Arbeitgebern auch Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung erlassen. Auch wenn die Beklagte keine Prüfung vor Ort vorgenommen habe, sondern sich auf entsprechende Ermittlungen des Hauptzollamts Lörrach gestützt habe, sei dies ausreichend. Die Einzugsstelle nach § 28h SGB IV sei nicht zuständig gewesen, da es sich nicht lediglich um eine Überwachung laufender oder zukünftiger Zahlungen und der damit zusammenhängenden Fragen gehandelt habe, sondern um eine Überprüfung bereits geleisteter Zahlungen, die in die Kompetenz der Rentenversicherungsträger nach § 28p SGB IV falle. Der Kläger habe seine Verpflichtung als Arbeitgeber verletzt. Nach § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV habe der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Lohnunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung nach § 28p SGB IV folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Soweit der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden könne, sei der prüfende Rentenversicherungsträger nach § 28f Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IV berechtigt, den Beitrag in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend zu machen, soweit nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden könne, dass keine Verpflichtung zur Beitragsentrichtung bestanden habe oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden können. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln könne, habe der Rentenversicherungsträger nach § 28f Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV die Arbeitsentgelte zu schätzen. Dabei sei für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten auf das am Ort der Beschäftigung übliche Arbeitsentgelt abzustellen. Da der Kläger nach dem Schlussbericht des Hauptzollamts Lörrach im Ermittlungsverfahren vom 24. Oktober 2006 nicht für jeden Beschäftigten Lohnunterlagen führte, habe nicht festgestellt werden können, welche Entgelte tatsächlich an Arbeitnehmern gezahlt wurden. Damit sei die Beklagte berechtigt gewesen, die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge zu schätzen. Zutreffend gehe die Beklagte von den vom Hauptzollamt Lörrach ermittelten Umsätzen aus, die durch die in den Akten befindlichen Rechnungen belegt seien. Nicht zu beanstanden sei auch, dass sich die Beklagte bei ihrer Schätzung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. September 1986 (Az. StR 336/86, Juris) stütze, und dementsprechend den Lohnaufwand auf 2/3 der erzielten Nettoumsätze veranschlage. Das Hauptzollamt Lörrach weise in seinem Schlussbericht vom 24. Oktober 2006 ausdrücklich darauf hin, dass die Umsätze der Firmen des Klägers ausschließlich durch sozialversicherungspflichtige Arbeitskraft erbracht worden seien. Unter Abzug der der Sozialversicherung vom Kläger gemeldeten Entgelte habe die Beklagte ausgehend von einer Lohnsumme im Jahr 2002 in Höhe von 22.460,76 Euro und im Jahr 2003 in Höhe von 6.741,24 Euro die geltend gemachten Beiträge zutreffend berechnet. Die Beklagte habe zutreffend die für das Jahr 2003 geltend gemachten Beiträge mit Änderungsbescheid vom 20. Mai 2011 nicht auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003, sondern auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2003 beschränkt. Ein Berechnungsfehler sei nicht erkennbar und werde vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Auch seien die Beitragsforderungen nicht verjährt. Zwar verjährten Ansprüche auf Beiträge nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden seien. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten jedoch nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden seien. Da aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung davon auszugehen sei, dass der Kläger nicht alle seine eingesetzten Arbeitnehmer vollständig der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterwerfen wollte oder dies billigend in Kauf genommen habe, seien die für das Jahr 2002 und 2003 geltend gemachten Beiträge als Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge nicht verjährt. Auch habe die Beklagte den geltend gemachten Säumniszuschlag zutreffend berechnet. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV seien für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt habe, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einer Beitragsforderung, die durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt werde, sei zwar nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit von dem Beitragsschuldner glaubhaft gemacht werde, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Der Kläger könne jedoch nicht glaubhaft machen, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte, sondern habe vielmehr die Beiträge vorsätzlich vorenthalten. Bei der Berechnung der Säumniszuschläge sei ein Berechnungsfehler nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden. Soweit durch den Erlass des Änderungsbescheides vom 20. Mai 2011 der Zeitraum der Beitragserhebung geändert wurde, habe die Beklagte Säumniszuschläge in unveränderter Höhe erhoben, so dass diese nicht nachträglich zu Ungunsten des Klägers festgesetzt wurden. Damit sei der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010 in der Fassung des Bescheides vom 20. Mai 2011 insgesamt rechtmäßig.
Gegen das am 30. Mai 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Juni 2011 Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt er vor, er habe unverschuldet keine Kenntnis von seiner Zahlungspflicht gegenüber der Beklagten gehabt. Auch habe er nicht mehrere Arbeitnehmer beschäftigt, ohne diese ordnungsgemäß zur Sozialversicherung anzumelden. Die Beklagte stütze sich insoweit lediglich auf Vermutungen. Darüber hinaus berufe sich die Beklagte lediglich auf eine Schätzung und nicht auf tatsächlich durchgeführte Überprüfungen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010, beide in Gestalt des Bescheides vom 20. Mai 2011, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden.
Der Senat hat die Beteiligten zu einer Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berufsrichter des Senats ohne mündliche Verhandlung angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.
Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 2011 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2010, beide in Gestalt des Bescheides vom 20. Mai 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte verpflichtete den Kläger rechtmäßig mit den angefochtenen Bescheiden zur Zahlung in Höhe von 21.772,90 EUR.
Der Senat macht sich die zutreffende, widerspruchsfreie und ausführliche Begründung des erstinstanzlichen Urteils zu Eigen und weist die Berufung aus den dort niedergelegten Entscheidungsgründen zurück. Er sieht angesichts dessen und um Wiederholungen zu vermeiden, von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgetragene Auffassung rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Entgegen der Auffassung des Klägers konnte sich die Beklagte auf die Feststellungen im Schlussbericht des Hauptzollamts Lörrach vom 24. Oktober 2006 im Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und auf den Strafbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom 27. Juni 2007 stützen.
Wenn der Kläger nunmehr entgegen dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom 27. Juni 2007 und des Urteils des Amtsgerichts Wiesbaden vom 19. Dezember 2007 die Auffassung vertritt, er habe keine Arbeitnehmer beschäftigt, ohne diese ordnungsgemäß zur Sozialversicherung anzumelden, so müsste sich durch seinen Vortrag ein schlüssiges Bild ergeben, aus welchen Gründen kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht angemeldeter Arbeitnehmer bestanden haben sollte. Dieser Vortrag müsste durch konkrete Beweisangebote untermauert werden (so auch Sächsisches Landesozialgericht Beschluss vom 8. Dezember 2010, Az. L 1 B1/08 KR-PKH). Weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Sozialgericht bzw. im Berufungsverfahren trägt der Kläger hierzu Umstände vor. Entsprechende Anhaltspunkte kann der Senat auch nicht in der Beschuldigtenvernehmung des Klägers vom 4. Mai 2006 bzw. aus dem übrigen Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten erkennen. Allein der allgemein gehaltene Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren reicht dazu nicht aus.
Auch ergeben sich vorliegend keine Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der von der Beklagten aufgrund einer Schätzung festgesetzten Beitragshöhe.
Da auch der weitere Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren sich auf eine Wiederholung seiner Argumente beschränkte, sieht der Senat es auch insoweit als gerechtfertigt an, zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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