Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 87/14 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 80/14 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
1. Ruht der Anspruch auf Leistungen wegen Beitragsrückständen, hat der Versicherte keinen Anspruch auf Ausstellung einer elektronische Gesundheitskarte mit uneingeschränkter Legitimationsfunktion, solange die technischen Voraussetzungen fehlen, um Angaben
I. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Ausstellung einer Krankenversicherungskarte. Wegen Beitragsrückständen des bei ihr freiwillig gesetzlich krankenversicherten Antragstellers verfügte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 11.06.2012 das Ruhen der Leistungen gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V ab dem 15.06.2012. Zugleich forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Rückgabe der Krankenversicherungskarte auf und em¬pfahl ihm, sich im Falle von Früherkennungsuntersuchungen und Behandlungen von Akuterkrankungen und Schmerzzuständen an den Telefonservice zu wenden. Anlässlich des Inkrafttretens des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der gesetzlichen Krankenversicherung beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom 22.12.2013 am 27.12.2013 den Erlass der noch offenen Beitragsverbindlichkeiten. Die Antragsgegnerin erließ ihm daraufhin durch Bescheid vom 07.01.2014 Säumniszuschläge in Höhe von 3.276,65 EUR und bezifferte die noch offenen Beitragsverbindlichkeiten zur Kranken- und Pflegeversicherung (ohne Säumniszuschläge und Mahngebühren) auf 2.259,95 EUR. Den Erlass von Beitragsforderungen lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27.01.2014 ab, weil ein solcher nur für Pflichtversicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Betracht komme. Mit e-Mail vom 10.02.2012 beanstandete der Antragsteller, dass ihm nach Rückgabe der alten Krankenversicherungskarte zwecks Umtauschs noch keine neue Versicherungskarte ausgestellt worden sei. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mündlich und durch e-Mail vom 11.02.2014 mit, dass es bis zur Tilgung der aktuellen Beitragsschuld (Mai bis August 2013) und Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung über die alten Beitragsschulden (Februar bis Juni 2005) beim Ruhen der Leistungen bleibe und keine neue Krankenversicherungskarte ausgestellt werde. Am 12.02.2014 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Dresden, die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zur Aushändigung einer neuen Krankenversicherungskarte trotz der Beitragsrückstände sowie zu einer Aufstellung der bisherigen Beitragstilgungen zu verpflichten. Die Antragsgegnerin bestätigte mit Bescheid vom 20.02.2014 die Gültigkeit des Bescheides vom 11.06.2012 über das Ruhen der Leistungen. Eine neue Krankenversicherungskarte könne dem Antragsteller nicht ausgehändigt werden. Statt dessen bot sie dem Antragsteller die Aushändigung eines Berechtigungsscheines für die Inanspruchnahme von Früherkennungsmaßnahmen, Akut- und Schmerzbehandlungen an. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt die Antragsgegnerin unter Hinweis auf den Bescheid vom 20.02.2014 die Ablehnung des Antrags. Die Voraussetzungen für das Ruhen der Leistungen lägen noch immer vor. Dies stehe der Ausstellung einer Krankenversicherungskarte zwingend entgegen. Die Möglichkeit, eine Krankenversicherungskarte mit Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs auszustellen, habe technisch noch nicht umgesetzt werden können. Statt dessen verwies sie den Antragsteller auf die Nutzung von Berechtigungsscheinen.
II. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann nicht entsprochen werden. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein materielles Recht zusteht, für das er einstweiligen Rechtsschutz beantragen kann (Anordnungsanspruch), und dass wesentliche Nachteile drohen, die nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache als unzumutbar erscheinen lassen (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Ausstellung einer Krankenversicherungskarte während des Ruhens der Leistungen. Auch während des Ruhens der Leistungen wegen Beitragsrückständen kann der Antragsteller nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V weiterhin bestimmte Leistungen im Rahmen des Sachleistungssystems beanspruchen. Für deren Inanspruchnahme muss er sich gegenüber den Leistungserbringern als Versicherter legitimieren können. Gemäß § 291 Abs. 2a Satz 3 SGB V kann die elektronische Gesundheitskarte über die Pflichtangaben nach § 291 Abs. 2 Satz 1 SGB V hinaus unter anderem in den Fällen des § 16 Abs. 3a SGB V auch Angaben zum Ruhen des Anspruchs auf Leistungen enthalten. Daraus ist zu schließen, dass Versicherten, deren Leistungsanspruch ruht, eine elektronische Gesundheitskarte ausgehändigt werden kann, die dann allerdings Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs enthält. Aus der Formulierung dieser Regelung ("kann") folgt, dass es im Organisationsermessen der Krankenkasse liegt, ob sie Versicherten, deren Anspruch auf Leistungen wegen eines Beitragsrückstandes ruht, eine Krankenversicherungskarte mit Angaben zum Ruhen des Anspruchs oder einen anderen Legitimationsnachweis ausstellt. Die Antragsgegnerin hat von der Möglichkeit des § 291 Abs. 2a Satz 3 SGB V, eine Krankenversicherungskarte mit Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs auszustellen, keinen Gebrauch gemacht, weil sie diese Variante technisch noch nicht habe umsetzen können. Angesichts des hohen technischen Aufwandes bei der bundesweit einheitlichen Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zum 01.01.2014 stellt es keinen Ermessensfehler dar, wenn die Krankenkassen die Priorität nicht auf die sofortige Aufnahme der vom Gesetzgeber als optional vorgesehenen Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs gelegt haben. Ohnehin könnten die fehlenden technischen Voraussetzungen zur Verschlüsselung dieser Daten durch die Krankenkassen wie auch zum Auslesen der Angaben durch die Leistungserbringer im Wege einer einstweiligen Anordnung des Gerichts nicht ersetzt werden. Keinesfalls besteht während des Ruhens der Leistungen ein Anspruch auf eine Krankenversicherungskarte mit uneingeschränkter Legitimationsfunktion. Notwendig und ausreichend ist es deshalb, wenn der Antragsteller seine Berechtigung zur Inanspruchnahme der in § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V genannten Sachleistungen durch einen Berechtigungsschein entsprechend § 15 Abs. 3 SGB V nach Muster 85 zu Nr. 2.85 der Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung nachweisen kann. Dies hat die Antragsgegnerin ihm hier ausdrücklich angeboten, so dass insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis und kein Anordnungsgrund bestehen. Dem Begehren des Antragstellers nach Übersendung einer Tilgungsübersicht ist die Antragsgegnerin mit der Kontenaufstellung vom 19.02.2014 in der Anlage zur Antragserwiderung vom 20.02.2014 nachgekommen. Ein Rechtsschutzbedürfnis, sogleich das Gericht im Wege eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um dieses Anliegen bei der Antragsgegnerin anzubringen, ist im Übrigen nicht erkennbar. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und § 193 Abs. 1 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Ausstellung einer Krankenversicherungskarte. Wegen Beitragsrückständen des bei ihr freiwillig gesetzlich krankenversicherten Antragstellers verfügte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 11.06.2012 das Ruhen der Leistungen gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V ab dem 15.06.2012. Zugleich forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Rückgabe der Krankenversicherungskarte auf und em¬pfahl ihm, sich im Falle von Früherkennungsuntersuchungen und Behandlungen von Akuterkrankungen und Schmerzzuständen an den Telefonservice zu wenden. Anlässlich des Inkrafttretens des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der gesetzlichen Krankenversicherung beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom 22.12.2013 am 27.12.2013 den Erlass der noch offenen Beitragsverbindlichkeiten. Die Antragsgegnerin erließ ihm daraufhin durch Bescheid vom 07.01.2014 Säumniszuschläge in Höhe von 3.276,65 EUR und bezifferte die noch offenen Beitragsverbindlichkeiten zur Kranken- und Pflegeversicherung (ohne Säumniszuschläge und Mahngebühren) auf 2.259,95 EUR. Den Erlass von Beitragsforderungen lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27.01.2014 ab, weil ein solcher nur für Pflichtversicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Betracht komme. Mit e-Mail vom 10.02.2012 beanstandete der Antragsteller, dass ihm nach Rückgabe der alten Krankenversicherungskarte zwecks Umtauschs noch keine neue Versicherungskarte ausgestellt worden sei. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mündlich und durch e-Mail vom 11.02.2014 mit, dass es bis zur Tilgung der aktuellen Beitragsschuld (Mai bis August 2013) und Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung über die alten Beitragsschulden (Februar bis Juni 2005) beim Ruhen der Leistungen bleibe und keine neue Krankenversicherungskarte ausgestellt werde. Am 12.02.2014 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Dresden, die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zur Aushändigung einer neuen Krankenversicherungskarte trotz der Beitragsrückstände sowie zu einer Aufstellung der bisherigen Beitragstilgungen zu verpflichten. Die Antragsgegnerin bestätigte mit Bescheid vom 20.02.2014 die Gültigkeit des Bescheides vom 11.06.2012 über das Ruhen der Leistungen. Eine neue Krankenversicherungskarte könne dem Antragsteller nicht ausgehändigt werden. Statt dessen bot sie dem Antragsteller die Aushändigung eines Berechtigungsscheines für die Inanspruchnahme von Früherkennungsmaßnahmen, Akut- und Schmerzbehandlungen an. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt die Antragsgegnerin unter Hinweis auf den Bescheid vom 20.02.2014 die Ablehnung des Antrags. Die Voraussetzungen für das Ruhen der Leistungen lägen noch immer vor. Dies stehe der Ausstellung einer Krankenversicherungskarte zwingend entgegen. Die Möglichkeit, eine Krankenversicherungskarte mit Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs auszustellen, habe technisch noch nicht umgesetzt werden können. Statt dessen verwies sie den Antragsteller auf die Nutzung von Berechtigungsscheinen.
II. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann nicht entsprochen werden. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein materielles Recht zusteht, für das er einstweiligen Rechtsschutz beantragen kann (Anordnungsanspruch), und dass wesentliche Nachteile drohen, die nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache als unzumutbar erscheinen lassen (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Ausstellung einer Krankenversicherungskarte während des Ruhens der Leistungen. Auch während des Ruhens der Leistungen wegen Beitragsrückständen kann der Antragsteller nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V weiterhin bestimmte Leistungen im Rahmen des Sachleistungssystems beanspruchen. Für deren Inanspruchnahme muss er sich gegenüber den Leistungserbringern als Versicherter legitimieren können. Gemäß § 291 Abs. 2a Satz 3 SGB V kann die elektronische Gesundheitskarte über die Pflichtangaben nach § 291 Abs. 2 Satz 1 SGB V hinaus unter anderem in den Fällen des § 16 Abs. 3a SGB V auch Angaben zum Ruhen des Anspruchs auf Leistungen enthalten. Daraus ist zu schließen, dass Versicherten, deren Leistungsanspruch ruht, eine elektronische Gesundheitskarte ausgehändigt werden kann, die dann allerdings Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs enthält. Aus der Formulierung dieser Regelung ("kann") folgt, dass es im Organisationsermessen der Krankenkasse liegt, ob sie Versicherten, deren Anspruch auf Leistungen wegen eines Beitragsrückstandes ruht, eine Krankenversicherungskarte mit Angaben zum Ruhen des Anspruchs oder einen anderen Legitimationsnachweis ausstellt. Die Antragsgegnerin hat von der Möglichkeit des § 291 Abs. 2a Satz 3 SGB V, eine Krankenversicherungskarte mit Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs auszustellen, keinen Gebrauch gemacht, weil sie diese Variante technisch noch nicht habe umsetzen können. Angesichts des hohen technischen Aufwandes bei der bundesweit einheitlichen Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zum 01.01.2014 stellt es keinen Ermessensfehler dar, wenn die Krankenkassen die Priorität nicht auf die sofortige Aufnahme der vom Gesetzgeber als optional vorgesehenen Angaben zum Ruhen des Leistungsanspruchs gelegt haben. Ohnehin könnten die fehlenden technischen Voraussetzungen zur Verschlüsselung dieser Daten durch die Krankenkassen wie auch zum Auslesen der Angaben durch die Leistungserbringer im Wege einer einstweiligen Anordnung des Gerichts nicht ersetzt werden. Keinesfalls besteht während des Ruhens der Leistungen ein Anspruch auf eine Krankenversicherungskarte mit uneingeschränkter Legitimationsfunktion. Notwendig und ausreichend ist es deshalb, wenn der Antragsteller seine Berechtigung zur Inanspruchnahme der in § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V genannten Sachleistungen durch einen Berechtigungsschein entsprechend § 15 Abs. 3 SGB V nach Muster 85 zu Nr. 2.85 der Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung nachweisen kann. Dies hat die Antragsgegnerin ihm hier ausdrücklich angeboten, so dass insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis und kein Anordnungsgrund bestehen. Dem Begehren des Antragstellers nach Übersendung einer Tilgungsübersicht ist die Antragsgegnerin mit der Kontenaufstellung vom 19.02.2014 in der Anlage zur Antragserwiderung vom 20.02.2014 nachgekommen. Ein Rechtsschutzbedürfnis, sogleich das Gericht im Wege eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um dieses Anliegen bei der Antragsgegnerin anzubringen, ist im Übrigen nicht erkennbar. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und § 193 Abs. 1 SGG.
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