Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 4193/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Versicherter muss eine von ihm angenommene Verletzung seines Auswahlrechts aus § 200 Abs. 2 SGB VII dem Unfallversicherungsträger unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Verzögern, anzeigen (Rügeobliegenheit). Andernfalls wird eine Verletzung des Auswahlrechts, selbst wenn sie vorläge, mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens unbeachtlich.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind der Umfang eines unfallbedingten Zahnschadens sowie die Kosten für die Zahnsanierung umstritten.
Der 19xx geborene, als Kraftfahrer beschäftigte Kläger erlitt am 09.11.2011 einen Arbeitsunfall: beim Aussteigen aus einem LKW-Führerhaus prallte er mit dem linken Fuß und dem Kopf gegen die zurückschwingende Fahrertür. Der Orthopäde Dr. C. diagnostizierte am 11.11.2011 als Gesundheitsstörungen eine Prellung des linken oberen Sprunggelenks ohne Anhalt für eine knöcherne Verletzung und erachtete den Kläger als weiter arbeitsfähig (vgl. H-Arzt-Bericht vom selben Tag).
Bei einem Telefonat am 20.01.2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten außerdem einen unfallbedingten Zahnschaden geltend und legte hierzu den Heil- und Kostenplan der Zahnärztin Dr. S. (geschätzte Behandlungskosten insgesamt: 2874,54 Euro) vor. In ihrem "Bericht Zahnschaden" vom 13.03.2012 führte Dr. S. u.a. aus, der Kläger habe sie erstmals am 12.12.2011 aufgesucht; unfallbedingt seien die Zähne 13, 16 und 17 geschädigt und die Brücke im Oberkiefer rechts (Zähne 13 bis 16) abgebrochen. Eine "neue Sanierung" sei erforderlich. Hierzu holte die Beklagte eine Stellungnahme des Zahnarztes Dr. R. ein. Dieser führte u.a. aus, Dr. S. habe ihm bei einer telefonischen Rücksprache versichert, unfallbedingt seien allein der Bruch der Brücke 13 bis 16, der Verlust des Brückenpfeilerzahns 16 und die Schädigung der hier vorhandenen Prothese; dagegen habe sie eine unfallbedingte Schädigung auch des Zahns 17 sowie der Zähne bzw. Kronen der Zähne 12 bis 22 ausdrücklich verneint. Die von Dr. S. mit Heil- und Kostenplan vom 25.01.2012 beantragte Versorgung sei zur Therapie der Unfallfolgen notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich, soweit es die Kronenneuversorgung des Zahnes 13 und die Erneuerung der Modellgussprothese betreffe. Die hierfür anfallenden Kosten seien von der Beklagten zu tragen. Diese beliefen sich auf 509,22 Euro zuzüglich gesondert nachzuweisender Material- und Laborkosten. Die Kronenneuversorgung der Zähne 12 bis 22 und die Kronenversorgung des Zahnes 13 sei im Rahmen der Gesamtplanung zwar sinnvoll, jedoch nicht unfallbedingt. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis anerkannte die Beklagte das Unfallereignis als Arbeitsunfall und übernahm die Kosten für den Ersatz der Zahnbrücke 16 bis 13, die Kronenneuversorgung des Zahnes 13 sowie die Erneuerung einer Modellgussprothese im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach dem geltenden Gebührenverzeichnis könne er Kosten für die prothetische Behandlung in Höhe von 509,22 Euro zuzüglich Material- und Laborkosten übernehmen. Die Kronen(neu)versorgung der Zähne 12 bis 22 und des Zahns 17 sei unfallunabhängig erforderlich; die hierfür anfallenden Kosten seien deshalb ggfs. von der Krankenkasse des Klägers zu übernehmen (Bescheid vom 18.06.2013).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung der Beklagten sei es unfallbedingt auch zu einer Schädigung des Zahnes 17 und der Kronen der Zähne 12 bis 22 gekommen. Für die unfallbedingte Gebisssanierung seien Kosten im Umfang von 6.267,82 Euro anzusetzen, weshalb die von der Beklagten als ausreichend erachteten Kosten zu gering seien. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: die Zähne 12 bis 22 und 17 bzw. deren Kronen seien durch den Arbeitsunfall nicht betroffen gewesen. Der unfallbedingt erforderliche Behandlungsaufwand an den Zähnen 13 bis 16 betrage für das zahnärztliche Honorar 509,22 Euro zuzüglich Material- und Laborkosten. Weitere Kosten seien nicht zu übernehmen (Widerspruchsbescheid vom 31.10.2013).
Deswegen hat der Kläger am 02.12.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt er neben der Wiederholung seines Widerspruchsvorbringens vor, zu den von Dr. R. ermittelten Gebührenpositionen sei eine Wiederherstellung des durch den Unfall erlittenen Zahnschadens nicht möglich. Insbesondere habe die Beklagte die Gebühren für den Ersatz der unfallbedingt beschädigten Prothese unberücksichtigt gelassen. Überdies könne sich die Beklagte nicht auf die Stellungnahme des Dr. R. stützen. Denn diese unterliege einem Beweisverwertungsverbot, weil die Beklagte seine - des Klägers - Unterlagen ohne seine Zustimmung und ohne Hinweis auf sein Widerspruchsrecht an Dr. R. weitergeleitet habe. Mit dieser Weitergabe sei er - der Kläger - nicht einverstanden. Er bestreite das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen der Beklagten und Dr. R ... Ergänzend legt der Kläger ein Schreiben von Dr. S. vom September 2013 vor.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des Arztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Dr. Dr. Z. als sachverständiger Zeuge. Dr. S. hat dem Gericht nochmals ihr an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtete Schreiben vom September 2013 übersandt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 18. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2013 abzuändern, eine Schädigung des Zahns 17 und der Zähne bzw. der Kronen der Zähne 12 bis 22 als weitere Unfallfolgen festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Zahnsanierung entsprechend dem Heil- und Kostenplan der Zahnärztin Dr. S. vom 25. Mai 2012 in gesetzlichem Umfang zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Dr. R. erachtet sie die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Darin habe sie konkret zahnärztliches Honorar in Höhe von 509,22 Euro sowie die hiermit korrespondierenden und im Einzelnen noch nachzuweisenden Material- und Laborkosten dem Grunde nach übernommen. Die Material- und Laborkosten könne sie vorab naturgemäß nicht exakt beziffern. Die Kosten für eine Kronenversorgung der Zähne 12 bis 22 und des Zahns 17 könne sie nicht übernehmen, weil diese Zähne nicht unfallbedingt geschädigt seien. Die Stellungnahme des Dr. R. unterliege keinem Beweis für Wertungsverbot, weil dieser für sie als interner ärztlicher Berater auf der Grundlage eines Beratungsvertrages, und damit als Teil ihrer Organisation, tätig geworden sei. Damit handele es sich bei der Weitergabe von Daten des Klägers an Dr. R. nicht um eine Datenübermittlung an einen Dritten oder eine andere Stelle außerhalb des Unfallversicherungsträgers.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG)) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Weder sind weitere Zahnschäden als Folge des Arbeitsunfalls vom 09.11.2011 festzustellen noch hat der Kläger Anspruch auf Leistungen für einen unfallbedingten Zahnersatz über den von der Beklagten bereits anerkannten Umfang hinaus.
1. Dass der Kläger in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kraftfahrer (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)) am 09.11.2011 einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide anerkannt und ist deshalb zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.
2. Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte nach Eintritt eines Versicherungsfalls, z.B. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung u.a. in Form von Heilbehandlung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Heilbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII insbesondere die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit der Zahnärzte, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 3 SGB VII). Die Erstattung der Behandlungskosten richtet sich dabei nach den für die Unfallversicherungsträger maßgeblichen Sätzen gemäß dem Abkommen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Verbänden der Unfallversicherungsträger über die Durchführung der zahnärztlichen Versorgung von Unfallverletzten (§ 34 Abs. 3 SGB VII).
Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). "Hinreichend wahrscheinlich" bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
3. Orientiert an diesen rechtlichen Grundlagen und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und steht dem Kläger der mit seiner Klage verfolgte Anspruch nicht zu. Denn eine unfallbedingte Schädigung auch der Zähne bzw. der Kronen der Zähne 17 und 12 bis 22 liegt nicht vor. Für diese Überzeugung stützt sich die Kammer auf die glaubhaften Stellungnahmen des Beratungsarztes Dr. R. vom April 2012 und März 2014.
a) Diese Stellungnahmen unterliegen - entgegen der Auffassung des Klägers - keinem Beweisverwertungsverbot (vgl. hierzu BSG SozR 4-2700 § 200 Nrn. 1 und 4). Denn die Beklagte hat mit der Weitergabe von Daten des Klägers an Dr. R. nicht gegen die Regelung des § 200 Abs. 2 SGB VII verstoßen. Nach dieser Bestimmung soll der Unfall¬versicherungsträger vor Erteilung eines Gutachtensauftrages dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem auf sein Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 des Zehnten Buches hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.
aa) Die Kammer hegt bereits Zweifel, ob die schriftlichen Ausführungen des Dr. R. vom April 2012 und März 2014 "Gutachten" im Sinne von § 200 Abs. 2 SGB VII darstellen. Denn der Begriff des Gutachtens in dieser Bestimmung ist eng auszulegen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 1 und LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.03.2010 - L 17 U 191/09 - (juris)). Ein Gutachten liegt danach vor, wenn ein solches angefordert oder ausweislich seiner Selbstbezeichnung als "Gutachten", "Zusammenhangsgutachten" oder ähnliches erstellt und übersandt oder abgerechnet wurde. Enthält eine schriftliche Äußerung eines Arztes vornehmlich eine eigenständige Bewertung der verfahrensentscheidenden Tatsachenfragen, z.B. nach den verhandelnden Gesundheitsstörungen, dem umstrittenen Ursachenzusammenhang mit einem Arbeitsunfall oder der unfallbedingten MdE, liegt ebenfalls ein Gutachten vor. Setzt sich dagegen die schriftliche Äußerung des Arztes im Wesentlichen mit einem eingeholten Gutachten oder sonstigen ärztlichen Äußerungen auseinander, insbesondere im Hinblick auf Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage, ist es allein eine beratungsärztliche Stellungnahme.
bb) Ob unter Berücksichtigung dessen die schriftlichen Ausführungen des Dr. R. vom April 2012 und März 2014 jeweils unter dem Begriff "Gutachten" zu subsumieren sind, kann das Gericht vorliegend indes offen lassen. Denn die Anwendung des § 200 Abs. 2 SGB VII setzt mit Blick auf die darin enthaltenen Verweisung auf § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X) weiter voraus, dass der Unfallversicherungsträger Daten an einen Dritten "übermittelt". Wird ein Gutachten dagegen von einem Arzt erstattet, der in die Verwaltungsstruktur des Unfallversicherungsträgers eingegliedert ist, ist der Tatbestand des § 200 Abs. 2 SGB VII nicht erfüllt, weil es nicht zu einer Datenübermittlung kommt (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nrn. 1 und 4; LSG Baden-Württemberg vom 25.10.2013 - L 8 U 541/13 - und Bay. LSG vom 13.06.2013 - L 17 U 239/11 - (jeweils juris); ferner C. Wagner in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 200, Rn. 61 m.w.N.). Neben den beim Unfallversicherungsträger angestellten oder verbeamteten Ärzten sind auch solche Ärzte in die Verwaltungsstruktur des Unfallversicherungsträgers eingegliedert, mit denen dieser - wie vorliegend - eine besondere Rechtsbeziehung eingegangen ist. Eine solche besondere Rechtsbeziehung in Form eines Beratungsvertrages mit Dr. R. hat die Beklagte im Schriftsatz vom 17.02.2014 glaubhaft vorgetragen. Das bloße, durch nichts begründete Bestreiten dieses Beratungsvertrages seitens des Klägers, das dieser im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht ausdrücklich nicht wiederholt hat, ist nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Beklagten auch nur im Ansatz zu erschüttern. Angesichts dessen ist Dr. R. jedenfalls kein "Dritter" oder eine andere Stelle im Sinne von § 67 Abs. 6 SGB X; vielmehr ist er als Beratungsarzt, und damit als Teil der Beklagten, tätig geworden.
cc) Schließlich scheitert das vom Kläger geltend gemachte Beweisverwertungsverbot auch daran, dass dieser eine von ihm angenommene Verletzung seines Auswahlrechts aus § 200 Abs. 2 SGB VII nicht - wie erforderlich (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 2) - unverzüglich gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (Rügeobliegenheit). Denn von dem Schreiben des Dr. R. vom April 2012 hatte der Kläger spätestens mit Übermittlung der Verwaltungsakte der Beklagten an seine Prozessbevollmächtigten zur Akteneinsicht im Juni 2012 Kenntnis. Eine (angebliche) Verletzung seines Auswahlrechts aus § 200 Abs. 2 SGB VII hat er indes erstmals in der Klagebegründung vom 24.01.2014, d.h. mehr als 1 ½ Jahre später, und damit nicht unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (analog § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), geltend gemacht. Eine Verletzung des Auswahlrechts, selbst wenn sie hier vorliegen würde, wäre deshalb mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens unbeachtlich geworden (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 2, Rn. 37 und LSG Sachsen-Anhalt vom 20.11.2013 - L 6 U 42/12, Rn. 42).
b) Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Denn eine Schädigung auch der Zähne bzw. der Kronen der Zähne 17 und 12 bis 22 durch den hier streitgegenständlichen Arbeitsunfall ist nicht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts wahrscheinlich: In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom April 2012 hat Dr. R. aufgrund des Ergebnisses seiner telefonischen Rücksprache mit der den Kläger behandelnden Zahnärztin Dr. S. glaubhaft dargelegt, dass es durch den Arbeitsunfall vom 09.11.2011 allein zu einem Bruch der bereits vorhanden gewesenen Brücke der Zähne 13 bis 16 bei gleichzeitigem Verlust des Brückenpfeilerzahns 16 gekommen ist und außerdem die vorhanden gewesene Prothese im rechten Oberkiefer in diesem Bereich beschädigt wurde. Dies hat Dr. S. so - im Ergebnis - auch in ihrem an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichteten Schreiben vom 17.09.2013, das sie als sachverständige Zeugin dem Gericht nochmals vorgelegt hat, bestätigt. Denn sie hat ausführt, "dass die Brücke im Oberkiefer rechts abgebrochen und die herausnehmbare Prothese nicht mehr funktionsfähig war". Nach dem "Bericht Zahnschaden" von Dr. S. vom 13.03.2012 steht außerdem zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Zahn 17 von der bereits vor dem Arbeitsunfall vom November 2011 eingegliederten Prothesenversorgung des Klägers im rechten Oberkiefer gerade nicht betroffen war. Denn diese umfasste eine Kronenversorgung der Zähne 13 und 16 und die Zähne 14 und 15 als Brückenglieder. Soweit in diesem Bericht als "Unfall-/Erkrankungsbefund" neben einer Zerstörung der Zähne 13 und 16 auch eine Zerstörung des Zahns 17 angegeben war und Dr. S. im Heil- und Kostenplan vom 25.01.2012 den Zahn 17 mit "ww", d.h. "erhaltungswürdiger Zahn mit weitgehender Zerstörung" bezeichnet hatte, hat sie gegenüber Dr. R. auf dessen Nachfrage eine unfallbedingte Schädigung dieses Zahns ausdrücklich verneint. An der Richtigkeit dieser Aussage oder deren Wiedergabe in der Stellungnahme des Dr. R. vom April 2012 zu zweifeln, besteht für das erkennende Gericht kein Anhalt.
Die außerdem von Dr. S. vorgesehene Erneuerung der Kronenversorgung der Zähne 12 bis 22 ist ebenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 09.11.2011 zurückzuführen. Denn diese Neuversorgung betrifft einen Zahnersatz im Frontzahnbereich des Oberkiefers (jeweils beide Schneidezähne oben rechts und links), und damit schon nicht die unfallbedingte Schädigung der im rechten Oberkiefer vorhanden gewesenen herausnehmbaren Prothese im Zahnbereich 13 bis 16 (= Eckzahn und Mahlzähne).
Für die Neuversorgung der Zähne 17 und 12 bis 22 ist deshalb mangels ursächlichen Zusammenhangs mit dem Arbeitsunfall vom 09.11.2011 zuständiger Leistungsträger nicht die Beklagte, sondern die Krankenkasse des Klägers (§ 27 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 2 und 2 a) des Sozialgesetzbuchs -Gesetzliche Krankenversicherung- (SGB V)). Hierauf hat die Beklagte in der Begründung des Bescheids vom 18.06.2013 zutreffend hingewiesen.
Mithin sind über die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden bereits anerkannten Zahnschäden hinaus keine weiteren Unfallfolgen festzustellen.
c) Anders ist auch nicht aufgrund der Bekundungen des sachverständigen Zeugen Dr. Dr. Z. zu entscheiden. Denn dieser hat den Kläger zwischen Ende September 2009 und Mitte April 2013 schon nicht behandelt und sich im Übrigen zu einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall und Zahnschäden auch nicht geäußert.
d) Der unfallbedingt erforderliche Behandlungsaufwand beträgt für das zahnärztliche Honorar insgesamt 509,22 Euro, wie die Beklagte aufgrund der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom April 2012 zutreffend entschieden hat. Dies hat der Kläger nicht angegriffen. Darüber hinaus hat die Beklagte die Übernahme entsprechender Material- und Laborkosten, und damit auch bereits die Kosten für den Ersatz der Brücke der Zähne 13 bis 16, die neue Versorgung der Krone des Zahns 13 sowie die Erneuerung der Metallprothese dem Grunde nach übernommen. In diesem Zusammenhang hat sie in der Klageerwiderung zu Recht darauf hingewiesen, dass es in der Natur der Sache liegt, dass sie diese Kostenpositionen nicht vorab exakt beziffern kann.
Die Kammer erlaubt sich im Hinblick auf das schriftsätzliche Vorbringen des Klägers ergänzend dem Hinweis, dass sich die Honorarkosten der Zahnärztin Dr. S. nach dem Heil- und Kostenplan vom 25.01.2012 auf 1.336,54 Euro und die gesetzten Gesamtkosten auf 2.874,54 Euro beliefen. In diesem Betrag war indes auch die Versorgung nicht unfallbedingt geschädigter Zähne enthalten. Die von Dr. S. in dem weiteren Heil- und Kostenplan vom 25.05.2012 nunmehr angegebenen Gesamtkosten von 6.267,82 Euro umfassen nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen von Dr. R. in seiner Stellungnahme vom März 2014 eine Versorgung des Oberkiefers mittels vier Implantaten und Suprakonstruktionen - hier: einer Hybridbrückenversorgung, d.h. einer Brückenversorgung abgestützt auf Implantaten und natürlichen Zähnen -, und damit eine andere Versorgungsart als der vom Kläger vor dem Unfall eingegliederten Prothesenversorgung. Im Übrigen sind auch in dem zuletzt genannten Gesamtbetrag Aufwendungen für die Kronenversorgung nicht unfallgeschädigter Zähne enthalten.
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Das Begehren des Klägers musste daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind der Umfang eines unfallbedingten Zahnschadens sowie die Kosten für die Zahnsanierung umstritten.
Der 19xx geborene, als Kraftfahrer beschäftigte Kläger erlitt am 09.11.2011 einen Arbeitsunfall: beim Aussteigen aus einem LKW-Führerhaus prallte er mit dem linken Fuß und dem Kopf gegen die zurückschwingende Fahrertür. Der Orthopäde Dr. C. diagnostizierte am 11.11.2011 als Gesundheitsstörungen eine Prellung des linken oberen Sprunggelenks ohne Anhalt für eine knöcherne Verletzung und erachtete den Kläger als weiter arbeitsfähig (vgl. H-Arzt-Bericht vom selben Tag).
Bei einem Telefonat am 20.01.2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten außerdem einen unfallbedingten Zahnschaden geltend und legte hierzu den Heil- und Kostenplan der Zahnärztin Dr. S. (geschätzte Behandlungskosten insgesamt: 2874,54 Euro) vor. In ihrem "Bericht Zahnschaden" vom 13.03.2012 führte Dr. S. u.a. aus, der Kläger habe sie erstmals am 12.12.2011 aufgesucht; unfallbedingt seien die Zähne 13, 16 und 17 geschädigt und die Brücke im Oberkiefer rechts (Zähne 13 bis 16) abgebrochen. Eine "neue Sanierung" sei erforderlich. Hierzu holte die Beklagte eine Stellungnahme des Zahnarztes Dr. R. ein. Dieser führte u.a. aus, Dr. S. habe ihm bei einer telefonischen Rücksprache versichert, unfallbedingt seien allein der Bruch der Brücke 13 bis 16, der Verlust des Brückenpfeilerzahns 16 und die Schädigung der hier vorhandenen Prothese; dagegen habe sie eine unfallbedingte Schädigung auch des Zahns 17 sowie der Zähne bzw. Kronen der Zähne 12 bis 22 ausdrücklich verneint. Die von Dr. S. mit Heil- und Kostenplan vom 25.01.2012 beantragte Versorgung sei zur Therapie der Unfallfolgen notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich, soweit es die Kronenneuversorgung des Zahnes 13 und die Erneuerung der Modellgussprothese betreffe. Die hierfür anfallenden Kosten seien von der Beklagten zu tragen. Diese beliefen sich auf 509,22 Euro zuzüglich gesondert nachzuweisender Material- und Laborkosten. Die Kronenneuversorgung der Zähne 12 bis 22 und die Kronenversorgung des Zahnes 13 sei im Rahmen der Gesamtplanung zwar sinnvoll, jedoch nicht unfallbedingt. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis anerkannte die Beklagte das Unfallereignis als Arbeitsunfall und übernahm die Kosten für den Ersatz der Zahnbrücke 16 bis 13, die Kronenneuversorgung des Zahnes 13 sowie die Erneuerung einer Modellgussprothese im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach dem geltenden Gebührenverzeichnis könne er Kosten für die prothetische Behandlung in Höhe von 509,22 Euro zuzüglich Material- und Laborkosten übernehmen. Die Kronen(neu)versorgung der Zähne 12 bis 22 und des Zahns 17 sei unfallunabhängig erforderlich; die hierfür anfallenden Kosten seien deshalb ggfs. von der Krankenkasse des Klägers zu übernehmen (Bescheid vom 18.06.2013).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung der Beklagten sei es unfallbedingt auch zu einer Schädigung des Zahnes 17 und der Kronen der Zähne 12 bis 22 gekommen. Für die unfallbedingte Gebisssanierung seien Kosten im Umfang von 6.267,82 Euro anzusetzen, weshalb die von der Beklagten als ausreichend erachteten Kosten zu gering seien. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: die Zähne 12 bis 22 und 17 bzw. deren Kronen seien durch den Arbeitsunfall nicht betroffen gewesen. Der unfallbedingt erforderliche Behandlungsaufwand an den Zähnen 13 bis 16 betrage für das zahnärztliche Honorar 509,22 Euro zuzüglich Material- und Laborkosten. Weitere Kosten seien nicht zu übernehmen (Widerspruchsbescheid vom 31.10.2013).
Deswegen hat der Kläger am 02.12.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt er neben der Wiederholung seines Widerspruchsvorbringens vor, zu den von Dr. R. ermittelten Gebührenpositionen sei eine Wiederherstellung des durch den Unfall erlittenen Zahnschadens nicht möglich. Insbesondere habe die Beklagte die Gebühren für den Ersatz der unfallbedingt beschädigten Prothese unberücksichtigt gelassen. Überdies könne sich die Beklagte nicht auf die Stellungnahme des Dr. R. stützen. Denn diese unterliege einem Beweisverwertungsverbot, weil die Beklagte seine - des Klägers - Unterlagen ohne seine Zustimmung und ohne Hinweis auf sein Widerspruchsrecht an Dr. R. weitergeleitet habe. Mit dieser Weitergabe sei er - der Kläger - nicht einverstanden. Er bestreite das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen der Beklagten und Dr. R ... Ergänzend legt der Kläger ein Schreiben von Dr. S. vom September 2013 vor.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des Arztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Dr. Dr. Z. als sachverständiger Zeuge. Dr. S. hat dem Gericht nochmals ihr an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtete Schreiben vom September 2013 übersandt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 18. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2013 abzuändern, eine Schädigung des Zahns 17 und der Zähne bzw. der Kronen der Zähne 12 bis 22 als weitere Unfallfolgen festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Zahnsanierung entsprechend dem Heil- und Kostenplan der Zahnärztin Dr. S. vom 25. Mai 2012 in gesetzlichem Umfang zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Dr. R. erachtet sie die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Darin habe sie konkret zahnärztliches Honorar in Höhe von 509,22 Euro sowie die hiermit korrespondierenden und im Einzelnen noch nachzuweisenden Material- und Laborkosten dem Grunde nach übernommen. Die Material- und Laborkosten könne sie vorab naturgemäß nicht exakt beziffern. Die Kosten für eine Kronenversorgung der Zähne 12 bis 22 und des Zahns 17 könne sie nicht übernehmen, weil diese Zähne nicht unfallbedingt geschädigt seien. Die Stellungnahme des Dr. R. unterliege keinem Beweis für Wertungsverbot, weil dieser für sie als interner ärztlicher Berater auf der Grundlage eines Beratungsvertrages, und damit als Teil ihrer Organisation, tätig geworden sei. Damit handele es sich bei der Weitergabe von Daten des Klägers an Dr. R. nicht um eine Datenübermittlung an einen Dritten oder eine andere Stelle außerhalb des Unfallversicherungsträgers.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG)) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Weder sind weitere Zahnschäden als Folge des Arbeitsunfalls vom 09.11.2011 festzustellen noch hat der Kläger Anspruch auf Leistungen für einen unfallbedingten Zahnersatz über den von der Beklagten bereits anerkannten Umfang hinaus.
1. Dass der Kläger in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kraftfahrer (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)) am 09.11.2011 einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide anerkannt und ist deshalb zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.
2. Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte nach Eintritt eines Versicherungsfalls, z.B. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung u.a. in Form von Heilbehandlung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Heilbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII insbesondere die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit der Zahnärzte, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 3 SGB VII). Die Erstattung der Behandlungskosten richtet sich dabei nach den für die Unfallversicherungsträger maßgeblichen Sätzen gemäß dem Abkommen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Verbänden der Unfallversicherungsträger über die Durchführung der zahnärztlichen Versorgung von Unfallverletzten (§ 34 Abs. 3 SGB VII).
Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). "Hinreichend wahrscheinlich" bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
3. Orientiert an diesen rechtlichen Grundlagen und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und steht dem Kläger der mit seiner Klage verfolgte Anspruch nicht zu. Denn eine unfallbedingte Schädigung auch der Zähne bzw. der Kronen der Zähne 17 und 12 bis 22 liegt nicht vor. Für diese Überzeugung stützt sich die Kammer auf die glaubhaften Stellungnahmen des Beratungsarztes Dr. R. vom April 2012 und März 2014.
a) Diese Stellungnahmen unterliegen - entgegen der Auffassung des Klägers - keinem Beweisverwertungsverbot (vgl. hierzu BSG SozR 4-2700 § 200 Nrn. 1 und 4). Denn die Beklagte hat mit der Weitergabe von Daten des Klägers an Dr. R. nicht gegen die Regelung des § 200 Abs. 2 SGB VII verstoßen. Nach dieser Bestimmung soll der Unfall¬versicherungsträger vor Erteilung eines Gutachtensauftrages dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem auf sein Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 des Zehnten Buches hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.
aa) Die Kammer hegt bereits Zweifel, ob die schriftlichen Ausführungen des Dr. R. vom April 2012 und März 2014 "Gutachten" im Sinne von § 200 Abs. 2 SGB VII darstellen. Denn der Begriff des Gutachtens in dieser Bestimmung ist eng auszulegen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 1 und LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.03.2010 - L 17 U 191/09 - (juris)). Ein Gutachten liegt danach vor, wenn ein solches angefordert oder ausweislich seiner Selbstbezeichnung als "Gutachten", "Zusammenhangsgutachten" oder ähnliches erstellt und übersandt oder abgerechnet wurde. Enthält eine schriftliche Äußerung eines Arztes vornehmlich eine eigenständige Bewertung der verfahrensentscheidenden Tatsachenfragen, z.B. nach den verhandelnden Gesundheitsstörungen, dem umstrittenen Ursachenzusammenhang mit einem Arbeitsunfall oder der unfallbedingten MdE, liegt ebenfalls ein Gutachten vor. Setzt sich dagegen die schriftliche Äußerung des Arztes im Wesentlichen mit einem eingeholten Gutachten oder sonstigen ärztlichen Äußerungen auseinander, insbesondere im Hinblick auf Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage, ist es allein eine beratungsärztliche Stellungnahme.
bb) Ob unter Berücksichtigung dessen die schriftlichen Ausführungen des Dr. R. vom April 2012 und März 2014 jeweils unter dem Begriff "Gutachten" zu subsumieren sind, kann das Gericht vorliegend indes offen lassen. Denn die Anwendung des § 200 Abs. 2 SGB VII setzt mit Blick auf die darin enthaltenen Verweisung auf § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X) weiter voraus, dass der Unfallversicherungsträger Daten an einen Dritten "übermittelt". Wird ein Gutachten dagegen von einem Arzt erstattet, der in die Verwaltungsstruktur des Unfallversicherungsträgers eingegliedert ist, ist der Tatbestand des § 200 Abs. 2 SGB VII nicht erfüllt, weil es nicht zu einer Datenübermittlung kommt (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nrn. 1 und 4; LSG Baden-Württemberg vom 25.10.2013 - L 8 U 541/13 - und Bay. LSG vom 13.06.2013 - L 17 U 239/11 - (jeweils juris); ferner C. Wagner in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 200, Rn. 61 m.w.N.). Neben den beim Unfallversicherungsträger angestellten oder verbeamteten Ärzten sind auch solche Ärzte in die Verwaltungsstruktur des Unfallversicherungsträgers eingegliedert, mit denen dieser - wie vorliegend - eine besondere Rechtsbeziehung eingegangen ist. Eine solche besondere Rechtsbeziehung in Form eines Beratungsvertrages mit Dr. R. hat die Beklagte im Schriftsatz vom 17.02.2014 glaubhaft vorgetragen. Das bloße, durch nichts begründete Bestreiten dieses Beratungsvertrages seitens des Klägers, das dieser im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht ausdrücklich nicht wiederholt hat, ist nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Beklagten auch nur im Ansatz zu erschüttern. Angesichts dessen ist Dr. R. jedenfalls kein "Dritter" oder eine andere Stelle im Sinne von § 67 Abs. 6 SGB X; vielmehr ist er als Beratungsarzt, und damit als Teil der Beklagten, tätig geworden.
cc) Schließlich scheitert das vom Kläger geltend gemachte Beweisverwertungsverbot auch daran, dass dieser eine von ihm angenommene Verletzung seines Auswahlrechts aus § 200 Abs. 2 SGB VII nicht - wie erforderlich (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 2) - unverzüglich gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (Rügeobliegenheit). Denn von dem Schreiben des Dr. R. vom April 2012 hatte der Kläger spätestens mit Übermittlung der Verwaltungsakte der Beklagten an seine Prozessbevollmächtigten zur Akteneinsicht im Juni 2012 Kenntnis. Eine (angebliche) Verletzung seines Auswahlrechts aus § 200 Abs. 2 SGB VII hat er indes erstmals in der Klagebegründung vom 24.01.2014, d.h. mehr als 1 ½ Jahre später, und damit nicht unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (analog § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), geltend gemacht. Eine Verletzung des Auswahlrechts, selbst wenn sie hier vorliegen würde, wäre deshalb mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens unbeachtlich geworden (vgl. BSG SozR 4-2700 § 200 Nr. 2, Rn. 37 und LSG Sachsen-Anhalt vom 20.11.2013 - L 6 U 42/12, Rn. 42).
b) Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Denn eine Schädigung auch der Zähne bzw. der Kronen der Zähne 17 und 12 bis 22 durch den hier streitgegenständlichen Arbeitsunfall ist nicht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts wahrscheinlich: In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom April 2012 hat Dr. R. aufgrund des Ergebnisses seiner telefonischen Rücksprache mit der den Kläger behandelnden Zahnärztin Dr. S. glaubhaft dargelegt, dass es durch den Arbeitsunfall vom 09.11.2011 allein zu einem Bruch der bereits vorhanden gewesenen Brücke der Zähne 13 bis 16 bei gleichzeitigem Verlust des Brückenpfeilerzahns 16 gekommen ist und außerdem die vorhanden gewesene Prothese im rechten Oberkiefer in diesem Bereich beschädigt wurde. Dies hat Dr. S. so - im Ergebnis - auch in ihrem an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichteten Schreiben vom 17.09.2013, das sie als sachverständige Zeugin dem Gericht nochmals vorgelegt hat, bestätigt. Denn sie hat ausführt, "dass die Brücke im Oberkiefer rechts abgebrochen und die herausnehmbare Prothese nicht mehr funktionsfähig war". Nach dem "Bericht Zahnschaden" von Dr. S. vom 13.03.2012 steht außerdem zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Zahn 17 von der bereits vor dem Arbeitsunfall vom November 2011 eingegliederten Prothesenversorgung des Klägers im rechten Oberkiefer gerade nicht betroffen war. Denn diese umfasste eine Kronenversorgung der Zähne 13 und 16 und die Zähne 14 und 15 als Brückenglieder. Soweit in diesem Bericht als "Unfall-/Erkrankungsbefund" neben einer Zerstörung der Zähne 13 und 16 auch eine Zerstörung des Zahns 17 angegeben war und Dr. S. im Heil- und Kostenplan vom 25.01.2012 den Zahn 17 mit "ww", d.h. "erhaltungswürdiger Zahn mit weitgehender Zerstörung" bezeichnet hatte, hat sie gegenüber Dr. R. auf dessen Nachfrage eine unfallbedingte Schädigung dieses Zahns ausdrücklich verneint. An der Richtigkeit dieser Aussage oder deren Wiedergabe in der Stellungnahme des Dr. R. vom April 2012 zu zweifeln, besteht für das erkennende Gericht kein Anhalt.
Die außerdem von Dr. S. vorgesehene Erneuerung der Kronenversorgung der Zähne 12 bis 22 ist ebenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 09.11.2011 zurückzuführen. Denn diese Neuversorgung betrifft einen Zahnersatz im Frontzahnbereich des Oberkiefers (jeweils beide Schneidezähne oben rechts und links), und damit schon nicht die unfallbedingte Schädigung der im rechten Oberkiefer vorhanden gewesenen herausnehmbaren Prothese im Zahnbereich 13 bis 16 (= Eckzahn und Mahlzähne).
Für die Neuversorgung der Zähne 17 und 12 bis 22 ist deshalb mangels ursächlichen Zusammenhangs mit dem Arbeitsunfall vom 09.11.2011 zuständiger Leistungsträger nicht die Beklagte, sondern die Krankenkasse des Klägers (§ 27 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 2 und 2 a) des Sozialgesetzbuchs -Gesetzliche Krankenversicherung- (SGB V)). Hierauf hat die Beklagte in der Begründung des Bescheids vom 18.06.2013 zutreffend hingewiesen.
Mithin sind über die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden bereits anerkannten Zahnschäden hinaus keine weiteren Unfallfolgen festzustellen.
c) Anders ist auch nicht aufgrund der Bekundungen des sachverständigen Zeugen Dr. Dr. Z. zu entscheiden. Denn dieser hat den Kläger zwischen Ende September 2009 und Mitte April 2013 schon nicht behandelt und sich im Übrigen zu einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall und Zahnschäden auch nicht geäußert.
d) Der unfallbedingt erforderliche Behandlungsaufwand beträgt für das zahnärztliche Honorar insgesamt 509,22 Euro, wie die Beklagte aufgrund der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom April 2012 zutreffend entschieden hat. Dies hat der Kläger nicht angegriffen. Darüber hinaus hat die Beklagte die Übernahme entsprechender Material- und Laborkosten, und damit auch bereits die Kosten für den Ersatz der Brücke der Zähne 13 bis 16, die neue Versorgung der Krone des Zahns 13 sowie die Erneuerung der Metallprothese dem Grunde nach übernommen. In diesem Zusammenhang hat sie in der Klageerwiderung zu Recht darauf hingewiesen, dass es in der Natur der Sache liegt, dass sie diese Kostenpositionen nicht vorab exakt beziffern kann.
Die Kammer erlaubt sich im Hinblick auf das schriftsätzliche Vorbringen des Klägers ergänzend dem Hinweis, dass sich die Honorarkosten der Zahnärztin Dr. S. nach dem Heil- und Kostenplan vom 25.01.2012 auf 1.336,54 Euro und die gesetzten Gesamtkosten auf 2.874,54 Euro beliefen. In diesem Betrag war indes auch die Versorgung nicht unfallbedingt geschädigter Zähne enthalten. Die von Dr. S. in dem weiteren Heil- und Kostenplan vom 25.05.2012 nunmehr angegebenen Gesamtkosten von 6.267,82 Euro umfassen nach den auch insoweit überzeugenden Darlegungen von Dr. R. in seiner Stellungnahme vom März 2014 eine Versorgung des Oberkiefers mittels vier Implantaten und Suprakonstruktionen - hier: einer Hybridbrückenversorgung, d.h. einer Brückenversorgung abgestützt auf Implantaten und natürlichen Zähnen -, und damit eine andere Versorgungsart als der vom Kläger vor dem Unfall eingegliederten Prothesenversorgung. Im Übrigen sind auch in dem zuletzt genannten Gesamtbetrag Aufwendungen für die Kronenversorgung nicht unfallgeschädigter Zähne enthalten.
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Das Begehren des Klägers musste daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
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