Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 601/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Die Berücksichtigung der Beschäftigung einer Weiterbildungsassistentin im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung (Tagesprofile) mit einer genehmigten Halbtagstätigkeit ist jedenfalls bei einem Umfang von drei Stunden am Tag nicht zu beanstanden. Die Behauptung einer über vier Stunden hinausgehenden tatsächlichen Arbeitszeit ist unbeachtlich, da sie insoweit ohne Genehmigung erfolgt.
2. Die Prüfzeit im Tagesprofil von zehn Minuten im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung für die Körperakupunkturleistung nach Nr. 30791 EBM 2010 ist nicht zu beanstanden (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 19.09.2012 - S 12 KA 167/11 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; SG Marburg Urt. v. 13.03.2013 - S 11 KA 101/11 -).
2. Die Prüfzeit im Tagesprofil von zehn Minuten im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung für die Körperakupunkturleistung nach Nr. 30791 EBM 2010 ist nicht zu beanstanden (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 19.09.2012 - S 12 KA 167/11 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; SG Marburg Urt. v. 13.03.2013 - S 11 KA 101/11 -).
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 41.505,88 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Honorarberichtigung für die vier Quartale I bis IV/10 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung in Höhe von 41.505,88 EUR.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B-Stadt zugelassen. Sie nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil.
In den Quartalen I/08 bis IV/10 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar der Klägerin wie folgt fest:
Quartal I/08 II/08 III/08 IV/08
Honorarbescheid v. 10.07.2008 27.10.2008 12.01.2009 30.03.2009
Nettohonorar gesamt in EUR 100.864,26 108.812,74 105.306,59 120.568,59
Quartal I/09 II/09 III/09 IV/09
Honorarbescheid v. 20.07.2009 11.10.2009 23.12.2009 27.03.2010
Nettohonorar gesamt in EUR 135.274,10 140.319,36 130.976,00 144.301,28
Quartal I/10 II/10 III/10 IV/10
Honorarbescheid v. 29.06.2010 27.09.2010 28.12.2010 03.03.2011
Nettohonorar gesamt in EUR 156.132,28 153.877,75 120.094,07 156.318,77
Die Beklagte führte für die Quartale I/08 bis IV/10 eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter Datum vom 30.10.2012 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.
Die Klägerin trug vor, sie führe eine große Einzelpraxis mit 1.700 bis 1.900 Patienten pro Quartal und einer großen Anzahl chronisch kranker Patienten. Natürlich sei durch den EBM 2008 die Auffälligkeitsgrenze von 780 Stunden im Quartalsprofil schnell überschritten. Sie verweise auf einen Schriftwechsel mit dem seinerzeitigen Vorsitzenden der Beklagten. Sie arbeite üblicherweise von 6:00/6:30 Uhr bis 21:00 Uhr. Die Zeitüberschreitung beruhe vermutlich auf dem häufigen Ansatz der Nr. 03212 EBM. Im Zusammenhang mit der Versichertenpauschale sei eine Kontaktzeit von 20 Minuten vorgesehen. Die Versichertenpauschale könne auch mit der Nr. 03212 EBM nicht ins Tagesprofil einfließen, sondern nur in das Quartalsprofil.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 23.01.2013 im Rahmen der zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung der Praxis der Klägerin für die vier Quartale I bis IV/10 die Honorarbescheide für diese Quartale auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 41.505,88 EUR netto. Im Einzelnen setzte sie folgende Honorarrückforderungen fest:
Quartal Kürzungsbetrag in EUR netto
I/10 3.398,28
II/10 10.000,50
III/10 12.771,71
IV/10 15.335,39
gesamt 41.505,88
Trotz festgestellter deutlicher Überschreitungen der Quartalszeitgrenze von 780 Stunden bzw. von 975 Stunden unter Berücksichtigung der Weiterbildungsassistentin in den Quartalen IV/08 bis IV/10 begrenzte die Beklagte die Berichtigung auf das Tagesprofil, das die Klägerin in den Quartalen I/08 bis IV/09 nicht oder nur ein- bis zweimal überschritten hatte.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.01.2013 Widerspruch ein.
Zur Begründung ihres Widerspruchs führte die Klägerin aus, es treffe zu, dass ein Großteil der Zeitüberschreitungen aus der Erbringung der psychosomatischen Leistungen nach den Nrn. 35100 und 35110 herrühre. Sie habe die Problematik frühzeitig erkannt und sich an die Beklagte gewandt, die mit Schreiben vom 13.06.2008 und auch durch Schreiben ihres damaligen Vorsitzenden vom 31.08.2008 ihr geantwortet habe. Sie habe ihr gegenüber suggeriert, die mit 20 Minuten zu Grunde gelegte Versichertenpauschale könne auch in wesentlich geringerer Zeit erbracht werden und die Zeitvorgabe von 20 Minuten sei lediglich "relativ" zu sehen, also keineswegs verbindlich. Auch müsse es nicht grundsätzlich zu Sanktionen kommen. Hierauf habe sie sich verlassen können. Sie habe alle Leistungen, insbesondere auch die psychosomatischen Leistungen vollständig und lege artis erbracht. In 2008 sei es zu keinerlei Überschreitungen in Tagesprofilen gekommen, lediglich in den Quartalen II bis IV/08 seien Überschreitungen in geringfügiger Weise aufgetreten. Erst ab dem Quartal I/09 sei es zu Überschreitungen auch in den Tagesprofilen gekommen. Erst im Jahr 2010 sollen dann erhebliche Zeitüberschreitungen aufgetreten sein, was sie jedoch bestreite. Ein Großteil der Überschreitungen beruhe auf den Akupunkturleistungen nach Nr. 30790 und 30791 EBM 2008. Sie sei eine erfahrene Ärztin und übe insbesondere die Akupunktur seit 33 Jahren aus. Wenn die Nadeln gesetzt worden seien, verbleibe der Patient noch ca. 20 Minuten in der Praxis. Während dieser Zeit müsse er jedoch nicht zwingend durch sie selbst beaufsichtigt werden, die Beaufsichtigung sei delegationsfähig. Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe eine Wirtschaftlichkeitsprüfung initiiert. Sollte es zu einer Kürzung kommen, müsse dies berücksichtigt werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2013, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.11.2013 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die für die Quartale I bis IV/10 erstellten Tageszeitprofile und Quartalszeitprofile führten den Indizienbeweis, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien. Es seien folgende Tagesprofilzeitüberschreitungen über 12 bzw. 16 Stunden festgestellt worden, wobei die Anzahl der Tage über 12 Stunden die Arbeitstage mit mehr als 16 Stunden beinhalte.
Quartal Anzahl der Tage im Quartal über 12 Std. Anzahl der Tage im Quartal über 16 Std. Maximale Behandlungszeit Quartalsprofilzeit in Std./Min. Durchschn. tägl. Behandlungszeit (Quartalsprofilzeit dividiert durch die Zahl der Behandlungstage
I/08 - - 7:58 964:25 18:54
II/08 - - 7:38 1124:16 21:12
III/08 - - 7:23 1221:05 22:20
IV/08 - - 9:05 1435:43 24:74
I/09 1 1 18:20 1678:14 28:44
II/09 2 0 15:17 1611:32 27:31
III/09 2 2 18:14 1575:51 29:04
IV/09 1 1 16:05 1811:05 29:35
I/10 20 15 21:07 1964:01 32:08
II/10 26 25 26:34 2046:25 34:10
III/10 42 37 24:65 2175:54 35:08
IV/10 39 36 28:19 2292:13 35:26
Als typische Beispiele für ihre Tageszeitprofile der Klägerin seien folgende Tage ausgewählt worden:
Quartal Datum Gesamtzeit des Tagesprofils in Std. Gesamtzeit aller Gesprächsleistungen Zeit nur für die Nr. 30971 Zeit nur für die Nrn. 35100 und 35110 I/10 01.02.10 20:06 6:24 6:30 6:24 II/10 25.05.10 26:34 7:28 14:40 7:28 III/10 16.09.10 24:56 9:04 11:00 9:04 IV/10 25.10.10 28:19 12:16 11:20 12:16
Sie habe bei der Auswertung der Zeitprofile berücksichtigt, dass in der Praxis vom 01.05.2009 bis zum 31.01.2012 Frau E. B. gewesen sei. Aus diesem Grund sei in den Tagesprofilen eine Erhöhung der Grenzwerte im Tagesprofil um 3 Stunden sowie eine Erhöhung der Grenzwerte im Quartalsprofil um 195 Stunden gewährt worden. Dennoch hätte sie danach regelmäßig Patienten von z.B. 6:00 Uhr morgens ununterbrochen (das heißt ohne die Zeit für Pausen, für die Behandlung von Privatpatienten, für die Anweisung und Überwachung von Praxispersonal, für den Wechsel zwischen den Behandlungsräumen) bis in die Nacht hinein (bei 36:34 Stunden am 25.05.2010 – abzgl. 3 Stunden für die Weiterbildungsassistentin – wäre dies 5:34 Uhr nachts) behandelt haben müssen. Dies würde auch bedeuten, dass die Klägerin z.B. am 25.05.2010 bei insgesamt 26:34 Stunden Behandlungszeit von 06:00 Uhr morgens bis 20:40 Uhr abends ununterbrochen nur Akupunkturen durchgeführt hätte. Dies sei nicht plausibel. Sie habe keine gemeldete Abendsprechstunde. An Donnerstagen sei die Praxis am längsten offiziell bis 18:00 Uhr geöffnet. Es sei zudem nicht üblich, dass Patienten regelmäßig noch nach 24 Uhr noch eine Arztpraxis aufsuchten. Selbst lange Arbeitstage erklärten keine ununterbrochenen Arbeitszeiten von über 20 Stunden. Bei den Nrn. 30790 (Eingangsdiagnostik und Abschlussuntersuchung zur Behandlung mittels Körperakupunktur) und 30791 EBM (Durchführung der Akupunktur) seien Leistungsinhalt und Prüfzeit aufeinander abgestimmt. Die Vorbereitung der Akupunkturpatienten, die ohne Zutun des Arztes möglich sei, sowie die reine Verweildauer der Nadeln würden von der Prüfzeit nicht erfasst werden. Bereits vor Einstellung einer Prüfzeit für die Akupunkturleistungen im Jahr 2007 hätten sich allein anhand der obligaten Leistungsinhalte der Nrn. 30790 und 30791 EBM verpflichtende Zeitvorgaben ergeben, die bei Abrechnung der Position nicht hätten unterschritten werden dürfen. Der obligate Leistungsinhalt der Nr. 30790 EBM sehe vor, dass für Eingangsdiagnostik und Abschlussuntersuchung sowie die entsprechende Dokumentation im Quartal mind. 40 Minuten aufzuwenden seien. Die Leistungslegende der Nr. 30791 nenne eine Verweildauer der Nadeln von mind. 20 Minuten. Hinzu kämen regelmäßige Gespräche über den bisherigen Verlauf der Therapie. Es müsse von einer zumindest teilweise nicht vollständigen Leistungserbringung ausgegangen werden, wenn ein Arzt diese Durchschnittszeit in großem Umfang unterschreite und keine plausiblen Gründe ersichtlich seien oder vorgetragen würden, weshalb die Durchschnittszeit ausnahmsweise nicht zutreffend sei. Würden mehrere Patienten parallel versorgt werden, so müsse für jeden die Mindestzeit aufgewendet werden, auch wenn die Gespräche oder Akupunkturen zwischenzeitlich unterbrochen würden. Die Nrn. 35100 und 35110 EBM gingen mit einer Prüfzeit von jeweils 16 Minuten sowohl in das Tagesprofil als auch in das Quartalsprofil ein. Die Behandlung von Menschen mit psychosomatischen Krankheitsbildern möge zwar viel Gesprächszeit erfordern, es erkläre aber weder reine Behandlungszeiten von 18 bis 24 Stunden noch Gesprächszeiten von über 12 Stunden pro Tag. Eine Überprüfung der Frequenzstatistiken der Quartale I bis IV/10 habe ergeben, dass sich eine zwischen 253 %- und 600 %-ige Abweichung zur Prüfgruppe der Leistungen nach der Nr. 35100 EBM mit steigender Frequenz feststellen lasse. Im Quartal IV/10 habe sie Nr. 35100 EBM in 569 von insgesamt 1.833 Behandlungsfällen in Ansatz gebracht. Daher finden sich auch Behandlungsfälle, bei denen die angegebenen Diagnosen keinen Hinweis auf einen psychosomatischen Krankheitszustand gäben. Im Bescheid werden beispielhaft drei Behandlungsfälle mit den entsprechenden Diagnosen benannt. Weiter führte die Beklagte aus, zu beachten sei auch die Anmerkung zu beiden Gebührenordnungspositionen, wonach bei der Nebeneinanderberechnung diagnostischer bzw. therapeutischer Leistungen und diesen Leistungen eine mindestens 15 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit als in den entsprechenden Gebührenordnungspositionen Voraussetzung für die Berechnung der Psychosomatikziffern sei. Das Quartalsprofil sei erst ab 780 Stunden im Quartal zeitauffällig. Auf Grund der Tätigkeit einer Weiterbildungsassistentin sei die Zeitgrenze u.a. für die hier betroffenen Quartale I bis IV/10 auf 975 Stunden angehoben worden. Bei durchschnittlich 65 Arbeitstagen im Quartal entspreche dies an jedem Arbeitstag des Quartals einer täglichen Behandlungszeit von 15 Stunden. Dies bedeute, dass ein Arzt und sein Assistent an jedem Tag im Quartal z.B. von 7:00 Uhr morgens bis 22:00 Uhr abends ununterbrochen vertragsärztliche Leistungen erbringen würden. In dieser Zeit sei z.B. weder die Zeit für Pausen, für die Anleitung der Mitarbeiter noch für privatärztliche Leistungen enthalten. Bei der Klägerin würden sich anhand der Quartalsprofilzeiten durchschnittlich tägliche Behandlungszeiten zwischen 32 und 35 Stunden ergeben. Das Argument der Klägerin eines besonders gut organisierten Praxisbetriebes und langjährige Berufserfahrung überzeuge nicht. Wenn die Klägerin am Tag sehr viele Arzt-Patienten-Kontakte und damit hohe Patientenzahlen habe, könne auch der Umkehrschluss zutreffen, nämlich dass die große Zahl an Patienten nur behandelt habe werden könne, weil zeitaufwendige Leistungsinhalte nicht vollständig erbracht worden seien. Behandlungszeiten im Durchschnitt von täglich 32 bis 35 Stunden seien auch bei einer großen Praxis nicht realistisch. Die Größe der Praxis mache die Abrechnung nicht plausibel. Die von der Klägerin beigefügten Schreiben der KV Hessen stünden nicht in Widerspruch zu den jetzigen Plausibilitätsverfahren. Eine Veränderung der Prüfzeiten durch Einführung des EBM 2008 habe sich insbesondere im Hinblick auf die Zusammenführung der ehemaligen Ordinations- und Konsultationskomplexe sowie Gesprächsleistungen zu einer einheitlichen hausärztlichen Versichertenpauschale ergeben. Die Prüfzeit für diese Pauschale, die nur Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal ohne besondere Zusatzleistungen abdecke, sei auf 20 bis 23 Minuten festgelegt worden. Diese Prüfzeiten gingen nur in das Quartalsprofil ein. Folglich könne die Berücksichtigung einer überdurchschnittlichen Patientenzahl, die sich in der Anzahl der abgerechneten Versichertenpauschale wiederspiegele, allenfalls im Rahmen der Quartalsprofile erfolgen. Sie habe die Honorarkürzungen aber ausschließlich anhand der Überschreitungen in den Tagesprofilen vorgenommen. Auf eine veränderte Berechnung der Quartalprofile auf Grund der Praxisgröße habe verzichtet werden können. Von einer regelmäßigen Überschreitung der Prüfzahl der Versichertenpauschale sei auch deshalb nicht auszugehen, weil eine Analyse der Patientendaten etwa im Quartal I/10 ergeben habe, dass die Klägerin in 1.659 Behandlungsfällen die Nr. 03210 bis 03212 EBM abgerechnet habe und es nur einen Behandlungsfall bei einem einzigen Arzt-Patienten-Kontakt geblieben sei. In allen Fällen seien zumindest zwei Kontakte sowie häufig die Nr. 03212 EBM als Chronikerzuschlag in Ansatz gebracht worden. Die Behandlung von schwerwiegend chronisch kranken Menschen sei auch in der Regel zeitaufwendiger. Die Überschreitung der Tagesprofile sei auf den häufigen Ansatz der Nr. 30791, 35100 bzw. 35110 EBM zurückzuführen. Die Klägerin habe hier zumindest fahrlässig Leistungen auf den Abrechnungsscheinen eingetragen, deren Leistungsinhalt sie nicht vollständig erbracht haben könne. Angesichts der Anzahl und Höhe der Tagesprofilüberschreitungen sowie der sich über viele Quartale hinziehenden Abrechnungspraxis handele es sich auch nicht um ein bloßes Versehen, sondern um wiederholtes, standardmäßig nachlässiges Ausführen der Abrechnungsscheine. Für die Neuberechnung des Honorars stehe ihr im Rahmen des Beurteilungsspielraumes ein weites "Schätzungsermessen" bzgl. der Art und Weise der Kürzungsberechnung zu. Die gewählte Berechnungsmethode sei nicht zu beanstanden, da sich die Honorarrückforderung an dem Verhältnis zwischen plausiblen Zeiten und Überschreitungen der plausiblen Zeiten orientiere. Dieses Verhältnis (dargestellt als Prozentsatz) werde auf das erwirtschaftete Gesamthonorar (nach ggf. Durchführung von Begrenzungsmaßnahmen, Vorabzug von Verwaltungskosten, ausgewiesen im Honorarbescheid) übertragen, und es werde ein entsprechender Rückforderungsbetrag festgestellt. Mit dieser Berechnungsweise werde ein erwirtschafteter Minutenpreis für alle abrechneten Leistungen ermittelt und der implausible Leistungsanteil, der über dem Zeit-Grenzwert liege, abgeschöpft. Bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale I/09 bis IV/10 sei noch keine Entscheidung getroffen worden. Eine Berücksichtigung habe daher nicht erfolgen müssen.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.11.2013 die Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt sie vor, ihre Weiterbildungsassistentin habe vollzeitig gearbeitet und zahlreiche Überstunden geleistet. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Auskünfte der Beklagten hätten suggeriert, die Versichertenpauschale könne auch in wesentlich geringerer Zeit als 20 Min. erbracht werden. Sie habe sich beraten lassen, weshalb jedenfalls grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz ihr nicht vorgeworfen werden könne. Es komme nicht darauf an, ob die Beschäftigung einer Assistentin nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen dürfe. Ein Weiterbildungsassistent sei sehr wohl ein "vollwertiger Arzt". Er sei approbiert und habe bereits den Nachweis erbracht, eigenverantwortlich und selbstständig im Bereich der Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Gesundheitsstörungen behandeln zu können. Eine engmaschige Kontrolle der Tätigkeit der Weiterbildungsassistentin sei jederzeit gegeben gewesen. Die Weiterbildungsassistentin habe regelmäßig 8 bis 10 Stunden täglich in der Praxis mitgearbeitet. Akupunkturleistungen erbringe sie auf Grund ihrer Erfahrung in weniger als 10 Minuten. Der tatsächliche Zeitaufwand sei weniger als 3 Minuten im Durchschnitt. Eine Aufklärung sei bei jenen Patienten nicht mehr erforderlich, die bereits zuvor eine Akupunkturmaßnahme erhalten hätten und bei denen es sich lediglich um eine Folgebehandlung handele. Sie habe die Leistungserbringung so optimiert, dass sogar während der Durchführung der Akupunktur mir dem Patienten weitere Leistungen durchgeführt werden könnten und entsprechend eine parallele Leistungserbringung möglich sei. Während der Akupunktur sei es jedoch ohne weiteres möglich, mit dem Patienten zu sprechen und damit die Behandlung multifunktional durchzuführen. Die Psychosomatik-Ziffern seien sowohl von ihr als auch der Weiterbildungsassistentin erbracht worden, weshalb eine Implausibilität nicht vorliege. Sollten dennoch Tagesprofilüberschreitungen vorliegen, handele es sich lediglich um ein reines Versehen ihrerseits. Grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln scheide damit aus. Die Beklagte hätte ihr Ermessen hinsichtlich der Kürzungsberechnung ausüben müssen. Es sei von einem Ermessensfehlgebrauch auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 23.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 über eine zeitbezogene Plausibilitätsprüfung für die Quartale I/08 bis IV/10 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt ergänzend vor, die von der Klägerin vorlegten beiden Schreiben und der Artikel stünden nicht im Widerspruch zu dem durchgeführten Plausibilitätsverfahren. Darin gehe es um die Berücksichtigung der Versichertenpauschale mit der Chronikerpauschale, die jedoch nicht im Tagesprofil berücksichtigt werden würden, die allein Grundlage des Berichtigungsbescheides seien. Die Genehmigung für die Weiterbildungsassistentin sei für eine Halbtagstätigkeit erteilt worden. Eine Halbtagstätigkeit von 4 Stunden habe sie 3 Stunden pro Tag berücksichtigt. Das sei ausreichend hoch bemessen. Die von der Klägerin vorgetragene engmaschige Kontrolle der Weiterbildungsassistentin sei mit einem entsprechenden Zeitaufwand verbunden. Im Übrigen bestreite sie, dass die Weiterbildungsassistentin täglich 8 bis 10 Stunden tätig gewesen sei, was im Übrigen auf Grund der vorliegenden Genehmigung lediglich für eine Halbtagstätigkeit nicht zulässig sei. Bei der Akupunktur handele es sich um eine ganzheitliche Therapie. Bei dieser Therapie sei nicht nur Ruhe während der Verweildauer der Nadeln von mind. 20 Minuten notwendig, sondern während der gesamten Behandlung. Auch dies stehe einer "fließbandartigen" Behandlung entgegen. Wie bei Gesprächsleistungen schließe dies auch eine parallele Leistungserbringung aus, es könnten also während der Durchführung der Akupunktur mit den Patienten weitere Leistungen nicht erbracht werden. Sie bestreite nicht den Schwerpunkt der klägerischen Praxis für Psychosomatik. Die beiden Psychosomatikziffern setzten aber jeweils eine Mindestbehandlungsdauer von 15 Minuten voraus. Werde diese Dauer nicht eingehalten, seien die Leistungen nicht berechnungsfähig. Wenn die Zeit allein für diese Leistung an einem Tag mehr als 9 Stunden (Quartal III/10) oder 12 Stunden (Quartal IV/10) betrügen, sei nicht mehr plausibel, dass die Mindestbehandlungsdauer eingehalten worden sei. Von einem "reinen Versehen" hinsichtlich der Tagesprofilüberschreitungen könne nicht ausgegangen werden. Sie könne Patienten nicht im dargestellten Umfang behandeln. Ihr Ermessen sei korrekt ausgeübt worden. Sie habe letztendlich einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt und den nichtplausiblen Leistungsanteil abgeschöpft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 28.03.2013 angehört. Ein Einverständnis der Beteiligten hierzu wird vom Gesetz nicht verlangt. Die Kammer hat bereits mehrfach über vergleichbare Sachverhalte entschieden, so mit Urteilen vom 08.05.2013 - S 12 KA 171/12 - Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 30/13 -, vom 08.12.2010 - S 12 KA 250/10 -, vom 08.12.2010 S 12 KA 248/10 - und vom 08.12.2010 - S 12 KA 229/09 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 2/11 - sowie mit Gerichtsbescheiden vom 31.01.2014 - S 12 KA 85/13 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 26/14 -, vom 22.01.2014 S 12 KA 327/13 -, vom 24.05.2013 - S 12 KA 804/11 -, vom 28.03.2013 - S 12 KA 281/12 - Berufung - L 4 KA 20/13 - in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Hessen am 02.04.2014 zurückgenommen, vom 04.01.2012 - S 12 KA 621/10 -, vom 31.10.2011 S 12 KA 909/10 -, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 25.07.2012 L 4 KA 64/11 - und vom 08.12.2010 - S 12 KA 250/10 -. Das LSG Hessen hat zudem mit Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens die Vorgehensweise der Beklagten grundsätzlich als rechtmäßig angesehen. Das BSG hat ferner die bisher einhellige Instanzenpraxis bestätigt, dass es im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung im Einklang mit den zeitlichen Vorgaben des EBM ist, bei Nebeneinanderberechnung der Leistungen des Ordinationskomplexes (hier: Nr. 03110 bis 03112 EBM 2005) und einer Gesprächsleistung nach Nr. 03120 EBM 2005 eine Prüfzeit von 20 Minuten anzusetzen (vgl. BSG, Beschl. v. 11.12.2013 - B 6 KA 37/13 B - juris; bzgl. eines Disziplinarbescheids s. BSG, Beschl. v. 11.12.2013 - B 6 KA 36/13 B - juris).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Die Kammer versteht die Aufnahme des Prüfungsumfangs für die Quartale I/08 bis IV/10 dahingehend, dass die Klägerin damit lediglich die Bezeichnung im angefochtenen Widerspruchsbescheid aufnimmt, da eine Berichtigung für die Quartale I/08 bis IV/09 von der Beklagten nicht vorgenommen wurde und insoweit auch keine Beschwer der Klägerin vorliegt.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Honorarrückforderungsbescheid der Beklagten vom 23.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V, eingefügt durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl. I 2003, 2190, mit Wirkung zum 01.01.2004).
§ 106a SGB V ist nicht auf den Bereich der Primär- und Ersatzkassen im Gegensatz zu den früher allein maßgeblichen Vorschriften nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) beschränkt, wonach die Kassenärztliche Vereinigung die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen hat. Aus Sicht der Zuständigkeit ist es daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei Erstellung der Zeitprofile auch die Leistungen gegenüber Versicherten anderer Versicherungsträger oder der Sozialhilfeträger einbezogen hat. § 106a SGB V erstreckt die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung auf alle Bereiche, in den sie aufgrund gesetzlicher Erweiterung des Sicherstellungsauftrags (vgl. § 75 Abs. 3 bis 6 SGB V) auch die Abrechnung vornimmt.
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß – somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes – erbracht worden sind. Solche Verstöße können z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.1998 – B 6 KA 48/97 R - SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 = Breith 1999, 659 = USK 98163, zitiert nach juris, Rdnr. 15 m.w.N.). Zur Feststellung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden sind, ist es zulässig, Tagesprofile zu verwenden (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 = BSGE 73, 234 = MedR 1994, 206 = NJW 1995, 1636 = USK 93141, juris Rdnr. 24 ff.; BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R - SozR 3-2500 § 83 Nr. 1 = BSGE 86, 30 = NZS 2001, 213 = USK 2000-111, juris Rdnr. 48).
Tagesprofile sind ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können. Die Beweisführung mit Tagesprofilen ist dem Indizienbeweis zuzuordnen. Für ihre Erstellung sind bestimmte Anforderungen erforderlich. Für die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit des Arztes an einem Tag dürfen nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzen. Delegationsfähige Leistungen haben außer Betracht zu bleiben. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten so bemessen sein müssen, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspricht es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handelt, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden kann. Die Durchschnittszeit stellt sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 – 6 RKa 70/91 – a.a.O., Rdnr. 24 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.10.2007 – L 7 KA 56/03 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 21). Als Nachweis für eine Falschabrechnung des Quartals genügt bereits ein beliebiger falsch abgerechneter Tag (vgl. BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R – a.a.O. Rdnr. 37).
Ausgehend hiervon war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, Tagesprofile zu erstellen.
Die Beklagte hat die Klägerin durch Übersendung des Anhörungsschreibens und des Ausgangsbescheids ausreichend angehört (§ 24 SGB X).
Der angegriffene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Die Beklagte hat die Tagesprofile nicht falsch berechnet. Sie hat die Tagesprofile auf der Grundlage der Zeitangaben im EBM erstellt. Soweit sie bei einer Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 35100 und 35110 EBM mit diagnostischen bzw. therapeutischen Leistungen davon ausgeht, Voraussetzung sei eine um mindestens 15 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit als in den entsprechenden Gebührenordnungspositionen für die Berechnung der Psychosomatikziffern genannt, ist dies zutreffend und entspricht dies der Anmerkung zu den beiden Leistungen. Bei der die Leistungslegende ergänzenden Anmerkung handelt es sich um einen Teil des vom Bewertungsausschuss verabschiedeten EBM, der insofern die eigentliche Leistungslegende ergänzt. Sie gilt für den behandelnden Vertragsarzt und die Kassenärztliche Vereinigung und normiert gleichfalls die Voraussetzungen für eine vollständige Leistungserbringung. Es ist unerheblich ist, ob das vom Vertragsarzt verwendete Abrechnungsprogramm ihm diesen Zeitumfang anzeigt (vgl. bereits LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - und die vorausgehende Entscheidung der Kammer, SG Marburg, Beschl. v. 02.07.2009 - S 12 KA 235/09 ER -; SG Marburg, Urt. v. 13.01.2010 - S 12 KA 238/09 - ZMGR 2010, 116, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 21.03.2011 - L 4 KA 7/10 -; zuletzt SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 04.01.2012 - S 12 KA 621/10 - rechtskräftig; SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 31.10.2011 - S 12 KA 909/10 -, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 25.07.2012 - L 4 KA 64/11 -; SG Marburg, Urt. v. 19.09.2012 S 12 KA 167/11 -; SG Marburg, Urt. v. 30.01.2013 - S 12 KA 170/11 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 11/13; SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 28.03.2013 S 12 KA 281/12 -; SG Marburg, Urt. v. 08.05.2013 - S 12 KA 171/12 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 30/13 -; SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 24.05.2013 S 12 KA 804/11 -). Soweit der Arzt sich bei der Abrechnung personeller und/oder technischer Hilfe bedient, entlastet ihn dies nicht von seiner Verantwortung. Weder die Teilnahme von Mitarbeitern an Fortbildungen zur Abrechnung nach dem EBM-Ä noch die Verwendung zertifizierter Software führen dazu, dass der Vertragsarzt von seiner persönlichen Pflicht zur korrekten Abrechnung befreit wird (vgl. BSG, Beschl. v. 11.12.2013 - B 6 KA 37/13 B - juris Rdnr. 6).
Soweit die Klägerin auf die Tätigkeit ihrer Weiterbildungsassistentin verweist, hat die Beklagte dies in den Tagesprofilen durch eine Erhöhung des Grenzwerts um 3 Stunden berücksichtigt. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Genehmigung für eine Beschäftigung einer Weiterbildungsassistentin lediglich für eine Halbtagstätigkeit erteilt worden ist. Damit hat die Beklagte von einer Halbtagstätigkeit von 4 Stunden 3 Stunden pro Tag, also 75 % berücksichtigt. Dies war von der Kammer nicht zu beanstanden. Die Kontrolle der Weiterbildungsassistentin ist insoweit mit einem entsprechenden Zeitaufwand verbunden. Soweit die Klägerin behauptet, die Weiterbildungsassistentin habe in einem erheblich größeren Umfang gearbeitet, hat sie - die Richtigkeit der bisher nicht nachgewiesenen Behauptung unterstellt - diese in dem weiteren Umfang ohne Genehmigung beschäftigt, was sie ebf. zur Honorarberichtigung berechtigt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 26.11.2008 - S 12 KA 459/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Das Bundessozialgericht geht gleichfalls davon aus, dass es unzulässig ist, mit Hilfe einer Weiterbildungsassistentin Leistungen in einem Umfang zu erbringen, um einen übergroßen Praxisumfang aufrechtzuerhalten. Sinn und Zweck der Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten bestehen darin, dass diesem praktische Erfahrung und zusätzliche Kenntnisse vermittelt werden, um auch in Zukunft eine möglichst hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten. Um dieses Zieles der Qualitätssicherung willen soll mit § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV verhindert werden, dass Assistenten zur Vergrößerung der Kassenpraxis oder zur Aufrechterhaltung einer übergroßen Praxis beschäftigt werden. Bei Weiterbildungsassistenten kann im Regelfall nur ein Praxiszuwachs bis zu 25 % akzeptiert werden (vgl. BSG, Urt. v. 28.09.2005 - B 6 KA 14/04 R - SozR 4-5520 § 32 Nr. 2 = GesR 2006, 163 = MedR 2006, 307, juris Rdnr. 11 und 15). Mit der Anrechnung einer Arbeitszeit der Weiterbildungsassistentin von 75 % liegt die Beklagte damit jedenfalls über den Vorgaben des Bundessozialgerichts (s. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.02.2004 - L 11 KA 30/03 - GesR 2004, 479, juris Rdnr. 40).
Auf einen Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen. Die Beklagte hat keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass sie die Abrechnungsweise der Klägerin für zutreffend hält oder dass sie von einer Berichtigung absehen werde. Nichtstun allein kann einen Vertrauenstatbestand nicht begründen. Das Schreiben des seinerzeitigen stellvertretenden Vorsitzenden vom 31.01.2008, dessen Richtigkeit von der Kammer nicht zu kommentieren ist, betraf im Ergebnis nur Angaben zu den Quartalsprofilen. Gleiches gilt für den vorgelegten Zeitungsartikel. Auch das Schreiben der Beklagten vom 13.06.2008 betrifft nur das Quartalsprofil, zudem werden ausdrücklich keine Angaben für die Zeit ab 2008 gemacht.
Die Beklagte konnte auch für die Körperakupunkturleistung nach Nr. 30791 EBM 2005 die vom EBM vorgegebene Prüfzeit im Tagesprofil von 10 Minuten bei einer Kalkulationszeit von 13 Minuten ansetzen. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil vom 19.09.2012 - S 12 KA 167/11 - – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris (rechtskräftig) entschieden (s. auch SG Marburg, Urt. v. 13.03.2013 - S 11 KA 101/11 -).
Akupunkturleistungen wurden durch Beschluss des Bewertungsausschusses zu Änderungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 119. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung), Teil C, mit Wirkung zum 01.01.2007 neu in den EBM eingeführt. Die Leistungslegende beschreibt die jetzt mit 600 Punkten bewertete Nr. 30791 wie folgt:
Durchführung einer Körperakupunktur und ggf. Revision des Therapieplans gemäß den Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Behandlung bei folgenden Indikationen:
- chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule, oder
- chronische Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose.
Obligater Leistungsinhalt:
- Durchführung der Akupunktur gemäß dem erstellten Therapieplan,
- Aufsuchen der spezifischen Akupunkturpunkte und exakte Lokalisation,
- Nadelung akupunkturspezifischer Punkte mit sterilen Einmalnadeln,
- Verweildauer der Nadeln von mindestens 20 Minuten.
Fakultativer Leistungsinhalt:
- Beruhigende oder anregende Nadelstimulation,
- Hervorrufen der akupunkturspezifischen Nadelwirkung (De-Qui-Gefühl),
- Berücksichtigung der adäquaten Stichtiefe,
- Adaption des Therapieplanes und Dokumentation,
- Festlegung der neuen Punktekombination, Stimulationsart und Stichtiefe,
je dokumentierter Indikation bis zu zehnmal, mit besonderer Begründung bis zu 15 mal im Krankheitsfall.
Die Sachkosten inklusive der verwendeten Akupunkturnadeln sind in dieser Leistung enthalten.
Im Urteil vom 19.09.2012 - S 12 KA 167/11 - a.a.O. hat die Kammer folgendes ausgeführt:
"Damit wird deutlich, dass es sich auch bei der einzelnen Akupunktur als Teil einer Akupunkturbehandlung um eine umfassende Therapie einer im Ansatz ganzheitlichen Therapie handelt. Die mit einem Anästhesisten, der an der Schmerztherapievereinbarung teilnimmt und selbst Akupunkturen durchführt, besetzte Kammer geht davon aus, dass der Ansatz von 10 Minuten nicht zu beanstanden ist und zutreffend so bemessen ist, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann.
Die vom Kläger eingereichten drei Dateien mit Videoaufzeichnungen über zwei exemplarische Behandlungen, die die Kammer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung angeschaut hat, sind nicht geeignet, den Ansatz einer Prüfzeit im Tagesprofil von 10 Minuten zu widerlegen. Für die Behandlung chronischer Schmerzen der Lendenwirbelsäule mittels Akupunktur werden danach für das Anbringen der Nadeln - es handelt sich um die Mindestzahl von zehn Nadeln - ca. 70 Sekunden, für das Stimulieren ca. 25 Sekunden und für eine Kontrolle ca. 25 Sekunden, insgesamt ca. 120 Sekunden benötigt. Für die Behandlung chronischer Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose werden danach für das Anbringen der Nadeln ca. 55 Sekunden benötigt. Diese Videoaufzeichnungen geben aber nur einen kleinen Teil der notwendigen Behandlung wieder und stellen den Behandlungsablauf als einen rein technischen, fast "fließbandartigen" Vorgang dar. Auch bei optimaler Vorbereitung durch die Praxismitarbeiter fallen Wegezeiten zum Aufsuchen und Verlassen des Behandlungsraums an und müssen insbesondere in jeder Sitzung Gespräche mit den Patienten geführt werden. In jeder Sitzung ist der zurückliegende Zeitraum bis zur letzten Sitzung aufzuarbeiten und hat eine Evaluation mit dem Patienten zu erfolgen. Es ist zu evaluieren, ob die bisherige Therapie bestätigt werden kann oder ob sie zu verändern ist. Hinzu kommt das Führen der Dokumentation, dessen Umfang und Sorgfalt gerade dann zunehmen, wenn Akupunkturen in einer Häufigkeit wie bei dem Kläger vorgenommen werden. So rechnete der Kläger die Nr. 30791 in den streitbefangenen Quartalen wie folgt ab:
Quartal I/07 II/07 III/07 IV/07
absolut 907 1.470 1.959 1.533
Je 100 Fälle 58 104 121 98
Hinzu kommt, dass es sich um einen ganzheitlichen Therapieansatz handelt, bei dem nicht nur Ruhe während der Verweildauer der Nadeln von mindestens 20 Minuten notwendig ist, sondern während der gesamten Behandlung. Auch dies steht von vornherein einer "fließbandartigen" Behandlung entgegen. Wie bei Gesprächsleistungen schließt dies auch hier eine parallele Leistungserbringung aus, können also während der Durchführung der Akupunktur mit dem Patienten weitere Leistungen nicht erbracht werden. Gespräche mit dem Patienten sind zunächst Teil der Akupunkturbehandlung. Sie können gesondert nur abgerechnet werden, wenn sie separat, also außerhalb der Akupunktursitzung erfolgen, und einen anderen Therapieansatz verfolgen, soweit dieser im Sinne einer Stufentherapie nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt. Von daher sieht die Kammer in der genannten Kalkulations- und Prüfzeit nicht lediglich einen standespolitischen Erfolg entsprechender Verbände, sondern auch das zutreffend vom Bewertungsausschuss unterstellte Erfordernis einer sorgfältigen individuellen Behandlung, das einer Vertaktung des Behandlungsablaufs insofern entgegensteht. Auch die klägerseits vorgelegten verbandspolitischen Stellungnahmen haben nicht dargelegt, welche anderen Mindest- bzw. Prüfzeiten anzusetzen wären."
Hieran hält die Kammer fest. Von daher war auch die Einbeziehung der Akupunkturleistungen nicht zu beanstanden.
Delegationsfähige Leistungen werden bei den Tagesprofilen nicht mitgerechnet. Nur solche Leistungen werden berücksichtigt, deren Prüfzeit eine Eignung im Tageszeitprofil aufweisen. In der Prüfzeit wird lediglich die ärztliche Zeit abgebildet.
Bei der Plausibilitätsprüfung handelt es sich nicht um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Auf eine Einzelfallprüfung der Behandlungen kommt es nicht an. Mit dem Nachweis der Implausibilität wird der zulässige Nachweis einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung erbracht. Einer weitergehenden Einzelfallprüfung oder des Nachweises in jedem Einzelfall bedarf es dann nicht. Wie auch immer geartete Praxisbesonderheiten können daher nicht berücksichtigt werden.
Eine hohe Patientenzahl kann die Überschreitung der Tagesprofilgrenzen nicht rechtfertigen, da maßgeblich der plausible Zeitaufwand Gegenstand der Überprüfung ist.
Nicht zu beanstanden war auch die Annahme, dass bei Tagesprofilen von über 16 Stunden bzw. bei wenigsten drei Tagesprofilen von über 12 Stunden im Quartal eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vorliegt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 04.06.2008 - S 12 KA 528/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Im Rahmen des Schätzungsermessens waren daher auch nicht vermeintliche Praxisbesonderheiten der Klägerin zu berücksichtigen.
Verjährung bzw. Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs ist nicht eingetreten. Die Beklagte kann eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (vgl. BSG Urt. v. 15.11.1995 – 6 RKa 57/94 – SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1 = USK 95136, juris Rdnr. 10 und BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98, 169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 16 m. w. N.).
Der Vortrag der Klägerin, sie habe z. T. lange Öffnungszeiten, berücksichtigt nicht, dass eine Auffälligkeit erst ab einem Tagesprofil von 12 Stunden angenommen wird und dass die von der Beklagten aufgezeigten maximalen Arbeitszeiten zwischen 21 und über 28 Stunden liegen, wobei noch weitere, nicht erfasste Tätigkeiten oder Pausen hinzukommen. Hiermit setzt sich der klägerische Vortrag nicht auseinander.
Hinsichtlich eines Verschuldens weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass angesichts der Anzahl und Höhe der Tagesprofilüberschreitungen sowie der sich über viele Quartale hinziehenden Abrechnungspraxis es sich auch nicht um ein bloßes Versehen handelt, sondern um wiederholtes, standardmäßig nachlässiges Ausführen der Abrechnungen.
Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung des Berichtigungsbetrages. Im Rahmen ihres Schätzungsermessens hat die Beklagte den Leistungsanteil abgeschöpft, der im Quartal auf Leistungen jenseits der zeitlichen Grenze von 12 Stunden bzw. unter Berücksichtigung der Weiterbildungsassistentin von 15 Stunden entfällt.
Der Rechenvorgang über die Feststellung eines Überschreitungsprozentsatzes bedeutet letztlich, dass die Beklagte einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt hat. Auf diese Weise hat die Beklagte alle Vergütungsanteile und evtl. Sachkostenerstattungen einbezogen. Dies war von der Kammer nicht zu beanstanden. Die letztlich hier zu Tage tretende systematisch fehlerhafte Abrechnung hat die Beklagte damit zu Gunsten des Klägers letztlich nur auf die Tage bezogen, an denen eine Überschreitung der Grenze vorliegt. Evtl. Sachkostenerstattungen sind Teil des Vergütungsanspruchs, unabhängig davon, ob sie gesondert ausgewiesen werden oder ob sie als Teil der Leistungsbewertung mit der Abgeltung der Leistung indirekt erstattet werden. Diese Vorgehensweise wäre nur dann im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beanstanden, wenn der Kläger eine signifikant von seiner Fachgruppe bzw. seine Fachgruppe von den übrigen Fachgruppen abweichende Kostenerstattung hätte, also ein ganz wesentlicher Teil des Vergütungsanspruchs ein bloß "durchlaufender" Posten wäre, was hier aber nicht der Fall ist.
Nicht zu beanstanden war ferner die quartalsbezogene Berechnung des jeweiligen Rückforderungsbetrages.
Anhand der Überschreitung der Tagesprofile ermittelt die Beklagte den prozentualen Leistungsumfang, der gekürzt werden kann. Soweit sie diese "Quote" mit dem jeweiligen Nettohonorar multipliziert, erhält sie den Kürzungsbetrag. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sie von einer gleichbleibenden Vergütung für alle Leistungen ausgeht und nicht danach unterscheidet, wie sich die Honorarfestsetzung aufgrund der verschiedenen Begrenzungsmechanismen gestaltet. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Beklagte von einem durchschnittlichen Punktwert für alle Leistungen ausgeht, unabhängig davon, ob es sich im Einzelnen um Leistungen zum sog. oberen Punktwert oder unteren Punktwert aufgrund der Überschreitung des Regelleistungsvolumen handelt. Ein solcher durchschnittlicher Punktwert ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen des Klägers vergütet wurden.
Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, a.a.O., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur – neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 - S 12 KA 555/09 -). Soweit eine solche punktwertbezogene Berechnung nicht sinnvoll ist, da nicht ein bestimmtes Punktzahlvolumen von der Vergütung ausgeschlossen ist, kann das dem Kläger verbleibende Honorar auch in der Weise bemessen werden, dass eine zu vergütende Tätigkeit im Umfang von höchstens 12 Stunden täglich bzw. 780 Stunden im Quartal angenommen wird und nur der darüber hinausgehende Teil die Grundlage der Berichtigung bildet. Der "Minutenpreis" entspricht dabei dem durchschnittlichen Punktwert. Die Vorgehensweise der Beklagten ist daher von ihrem Schätzungsermessen gedeckt.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Rückforderungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Honorarberichtigung für die vier Quartale I bis IV/10 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung in Höhe von 41.505,88 EUR.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B-Stadt zugelassen. Sie nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil.
In den Quartalen I/08 bis IV/10 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar der Klägerin wie folgt fest:
Quartal I/08 II/08 III/08 IV/08
Honorarbescheid v. 10.07.2008 27.10.2008 12.01.2009 30.03.2009
Nettohonorar gesamt in EUR 100.864,26 108.812,74 105.306,59 120.568,59
Quartal I/09 II/09 III/09 IV/09
Honorarbescheid v. 20.07.2009 11.10.2009 23.12.2009 27.03.2010
Nettohonorar gesamt in EUR 135.274,10 140.319,36 130.976,00 144.301,28
Quartal I/10 II/10 III/10 IV/10
Honorarbescheid v. 29.06.2010 27.09.2010 28.12.2010 03.03.2011
Nettohonorar gesamt in EUR 156.132,28 153.877,75 120.094,07 156.318,77
Die Beklagte führte für die Quartale I/08 bis IV/10 eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter Datum vom 30.10.2012 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.
Die Klägerin trug vor, sie führe eine große Einzelpraxis mit 1.700 bis 1.900 Patienten pro Quartal und einer großen Anzahl chronisch kranker Patienten. Natürlich sei durch den EBM 2008 die Auffälligkeitsgrenze von 780 Stunden im Quartalsprofil schnell überschritten. Sie verweise auf einen Schriftwechsel mit dem seinerzeitigen Vorsitzenden der Beklagten. Sie arbeite üblicherweise von 6:00/6:30 Uhr bis 21:00 Uhr. Die Zeitüberschreitung beruhe vermutlich auf dem häufigen Ansatz der Nr. 03212 EBM. Im Zusammenhang mit der Versichertenpauschale sei eine Kontaktzeit von 20 Minuten vorgesehen. Die Versichertenpauschale könne auch mit der Nr. 03212 EBM nicht ins Tagesprofil einfließen, sondern nur in das Quartalsprofil.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 23.01.2013 im Rahmen der zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung der Praxis der Klägerin für die vier Quartale I bis IV/10 die Honorarbescheide für diese Quartale auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 41.505,88 EUR netto. Im Einzelnen setzte sie folgende Honorarrückforderungen fest:
Quartal Kürzungsbetrag in EUR netto
I/10 3.398,28
II/10 10.000,50
III/10 12.771,71
IV/10 15.335,39
gesamt 41.505,88
Trotz festgestellter deutlicher Überschreitungen der Quartalszeitgrenze von 780 Stunden bzw. von 975 Stunden unter Berücksichtigung der Weiterbildungsassistentin in den Quartalen IV/08 bis IV/10 begrenzte die Beklagte die Berichtigung auf das Tagesprofil, das die Klägerin in den Quartalen I/08 bis IV/09 nicht oder nur ein- bis zweimal überschritten hatte.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.01.2013 Widerspruch ein.
Zur Begründung ihres Widerspruchs führte die Klägerin aus, es treffe zu, dass ein Großteil der Zeitüberschreitungen aus der Erbringung der psychosomatischen Leistungen nach den Nrn. 35100 und 35110 herrühre. Sie habe die Problematik frühzeitig erkannt und sich an die Beklagte gewandt, die mit Schreiben vom 13.06.2008 und auch durch Schreiben ihres damaligen Vorsitzenden vom 31.08.2008 ihr geantwortet habe. Sie habe ihr gegenüber suggeriert, die mit 20 Minuten zu Grunde gelegte Versichertenpauschale könne auch in wesentlich geringerer Zeit erbracht werden und die Zeitvorgabe von 20 Minuten sei lediglich "relativ" zu sehen, also keineswegs verbindlich. Auch müsse es nicht grundsätzlich zu Sanktionen kommen. Hierauf habe sie sich verlassen können. Sie habe alle Leistungen, insbesondere auch die psychosomatischen Leistungen vollständig und lege artis erbracht. In 2008 sei es zu keinerlei Überschreitungen in Tagesprofilen gekommen, lediglich in den Quartalen II bis IV/08 seien Überschreitungen in geringfügiger Weise aufgetreten. Erst ab dem Quartal I/09 sei es zu Überschreitungen auch in den Tagesprofilen gekommen. Erst im Jahr 2010 sollen dann erhebliche Zeitüberschreitungen aufgetreten sein, was sie jedoch bestreite. Ein Großteil der Überschreitungen beruhe auf den Akupunkturleistungen nach Nr. 30790 und 30791 EBM 2008. Sie sei eine erfahrene Ärztin und übe insbesondere die Akupunktur seit 33 Jahren aus. Wenn die Nadeln gesetzt worden seien, verbleibe der Patient noch ca. 20 Minuten in der Praxis. Während dieser Zeit müsse er jedoch nicht zwingend durch sie selbst beaufsichtigt werden, die Beaufsichtigung sei delegationsfähig. Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe eine Wirtschaftlichkeitsprüfung initiiert. Sollte es zu einer Kürzung kommen, müsse dies berücksichtigt werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2013, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.11.2013 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die für die Quartale I bis IV/10 erstellten Tageszeitprofile und Quartalszeitprofile führten den Indizienbeweis, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien. Es seien folgende Tagesprofilzeitüberschreitungen über 12 bzw. 16 Stunden festgestellt worden, wobei die Anzahl der Tage über 12 Stunden die Arbeitstage mit mehr als 16 Stunden beinhalte.
Quartal Anzahl der Tage im Quartal über 12 Std. Anzahl der Tage im Quartal über 16 Std. Maximale Behandlungszeit Quartalsprofilzeit in Std./Min. Durchschn. tägl. Behandlungszeit (Quartalsprofilzeit dividiert durch die Zahl der Behandlungstage
I/08 - - 7:58 964:25 18:54
II/08 - - 7:38 1124:16 21:12
III/08 - - 7:23 1221:05 22:20
IV/08 - - 9:05 1435:43 24:74
I/09 1 1 18:20 1678:14 28:44
II/09 2 0 15:17 1611:32 27:31
III/09 2 2 18:14 1575:51 29:04
IV/09 1 1 16:05 1811:05 29:35
I/10 20 15 21:07 1964:01 32:08
II/10 26 25 26:34 2046:25 34:10
III/10 42 37 24:65 2175:54 35:08
IV/10 39 36 28:19 2292:13 35:26
Als typische Beispiele für ihre Tageszeitprofile der Klägerin seien folgende Tage ausgewählt worden:
Quartal Datum Gesamtzeit des Tagesprofils in Std. Gesamtzeit aller Gesprächsleistungen Zeit nur für die Nr. 30971 Zeit nur für die Nrn. 35100 und 35110 I/10 01.02.10 20:06 6:24 6:30 6:24 II/10 25.05.10 26:34 7:28 14:40 7:28 III/10 16.09.10 24:56 9:04 11:00 9:04 IV/10 25.10.10 28:19 12:16 11:20 12:16
Sie habe bei der Auswertung der Zeitprofile berücksichtigt, dass in der Praxis vom 01.05.2009 bis zum 31.01.2012 Frau E. B. gewesen sei. Aus diesem Grund sei in den Tagesprofilen eine Erhöhung der Grenzwerte im Tagesprofil um 3 Stunden sowie eine Erhöhung der Grenzwerte im Quartalsprofil um 195 Stunden gewährt worden. Dennoch hätte sie danach regelmäßig Patienten von z.B. 6:00 Uhr morgens ununterbrochen (das heißt ohne die Zeit für Pausen, für die Behandlung von Privatpatienten, für die Anweisung und Überwachung von Praxispersonal, für den Wechsel zwischen den Behandlungsräumen) bis in die Nacht hinein (bei 36:34 Stunden am 25.05.2010 – abzgl. 3 Stunden für die Weiterbildungsassistentin – wäre dies 5:34 Uhr nachts) behandelt haben müssen. Dies würde auch bedeuten, dass die Klägerin z.B. am 25.05.2010 bei insgesamt 26:34 Stunden Behandlungszeit von 06:00 Uhr morgens bis 20:40 Uhr abends ununterbrochen nur Akupunkturen durchgeführt hätte. Dies sei nicht plausibel. Sie habe keine gemeldete Abendsprechstunde. An Donnerstagen sei die Praxis am längsten offiziell bis 18:00 Uhr geöffnet. Es sei zudem nicht üblich, dass Patienten regelmäßig noch nach 24 Uhr noch eine Arztpraxis aufsuchten. Selbst lange Arbeitstage erklärten keine ununterbrochenen Arbeitszeiten von über 20 Stunden. Bei den Nrn. 30790 (Eingangsdiagnostik und Abschlussuntersuchung zur Behandlung mittels Körperakupunktur) und 30791 EBM (Durchführung der Akupunktur) seien Leistungsinhalt und Prüfzeit aufeinander abgestimmt. Die Vorbereitung der Akupunkturpatienten, die ohne Zutun des Arztes möglich sei, sowie die reine Verweildauer der Nadeln würden von der Prüfzeit nicht erfasst werden. Bereits vor Einstellung einer Prüfzeit für die Akupunkturleistungen im Jahr 2007 hätten sich allein anhand der obligaten Leistungsinhalte der Nrn. 30790 und 30791 EBM verpflichtende Zeitvorgaben ergeben, die bei Abrechnung der Position nicht hätten unterschritten werden dürfen. Der obligate Leistungsinhalt der Nr. 30790 EBM sehe vor, dass für Eingangsdiagnostik und Abschlussuntersuchung sowie die entsprechende Dokumentation im Quartal mind. 40 Minuten aufzuwenden seien. Die Leistungslegende der Nr. 30791 nenne eine Verweildauer der Nadeln von mind. 20 Minuten. Hinzu kämen regelmäßige Gespräche über den bisherigen Verlauf der Therapie. Es müsse von einer zumindest teilweise nicht vollständigen Leistungserbringung ausgegangen werden, wenn ein Arzt diese Durchschnittszeit in großem Umfang unterschreite und keine plausiblen Gründe ersichtlich seien oder vorgetragen würden, weshalb die Durchschnittszeit ausnahmsweise nicht zutreffend sei. Würden mehrere Patienten parallel versorgt werden, so müsse für jeden die Mindestzeit aufgewendet werden, auch wenn die Gespräche oder Akupunkturen zwischenzeitlich unterbrochen würden. Die Nrn. 35100 und 35110 EBM gingen mit einer Prüfzeit von jeweils 16 Minuten sowohl in das Tagesprofil als auch in das Quartalsprofil ein. Die Behandlung von Menschen mit psychosomatischen Krankheitsbildern möge zwar viel Gesprächszeit erfordern, es erkläre aber weder reine Behandlungszeiten von 18 bis 24 Stunden noch Gesprächszeiten von über 12 Stunden pro Tag. Eine Überprüfung der Frequenzstatistiken der Quartale I bis IV/10 habe ergeben, dass sich eine zwischen 253 %- und 600 %-ige Abweichung zur Prüfgruppe der Leistungen nach der Nr. 35100 EBM mit steigender Frequenz feststellen lasse. Im Quartal IV/10 habe sie Nr. 35100 EBM in 569 von insgesamt 1.833 Behandlungsfällen in Ansatz gebracht. Daher finden sich auch Behandlungsfälle, bei denen die angegebenen Diagnosen keinen Hinweis auf einen psychosomatischen Krankheitszustand gäben. Im Bescheid werden beispielhaft drei Behandlungsfälle mit den entsprechenden Diagnosen benannt. Weiter führte die Beklagte aus, zu beachten sei auch die Anmerkung zu beiden Gebührenordnungspositionen, wonach bei der Nebeneinanderberechnung diagnostischer bzw. therapeutischer Leistungen und diesen Leistungen eine mindestens 15 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit als in den entsprechenden Gebührenordnungspositionen Voraussetzung für die Berechnung der Psychosomatikziffern sei. Das Quartalsprofil sei erst ab 780 Stunden im Quartal zeitauffällig. Auf Grund der Tätigkeit einer Weiterbildungsassistentin sei die Zeitgrenze u.a. für die hier betroffenen Quartale I bis IV/10 auf 975 Stunden angehoben worden. Bei durchschnittlich 65 Arbeitstagen im Quartal entspreche dies an jedem Arbeitstag des Quartals einer täglichen Behandlungszeit von 15 Stunden. Dies bedeute, dass ein Arzt und sein Assistent an jedem Tag im Quartal z.B. von 7:00 Uhr morgens bis 22:00 Uhr abends ununterbrochen vertragsärztliche Leistungen erbringen würden. In dieser Zeit sei z.B. weder die Zeit für Pausen, für die Anleitung der Mitarbeiter noch für privatärztliche Leistungen enthalten. Bei der Klägerin würden sich anhand der Quartalsprofilzeiten durchschnittlich tägliche Behandlungszeiten zwischen 32 und 35 Stunden ergeben. Das Argument der Klägerin eines besonders gut organisierten Praxisbetriebes und langjährige Berufserfahrung überzeuge nicht. Wenn die Klägerin am Tag sehr viele Arzt-Patienten-Kontakte und damit hohe Patientenzahlen habe, könne auch der Umkehrschluss zutreffen, nämlich dass die große Zahl an Patienten nur behandelt habe werden könne, weil zeitaufwendige Leistungsinhalte nicht vollständig erbracht worden seien. Behandlungszeiten im Durchschnitt von täglich 32 bis 35 Stunden seien auch bei einer großen Praxis nicht realistisch. Die Größe der Praxis mache die Abrechnung nicht plausibel. Die von der Klägerin beigefügten Schreiben der KV Hessen stünden nicht in Widerspruch zu den jetzigen Plausibilitätsverfahren. Eine Veränderung der Prüfzeiten durch Einführung des EBM 2008 habe sich insbesondere im Hinblick auf die Zusammenführung der ehemaligen Ordinations- und Konsultationskomplexe sowie Gesprächsleistungen zu einer einheitlichen hausärztlichen Versichertenpauschale ergeben. Die Prüfzeit für diese Pauschale, die nur Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal ohne besondere Zusatzleistungen abdecke, sei auf 20 bis 23 Minuten festgelegt worden. Diese Prüfzeiten gingen nur in das Quartalsprofil ein. Folglich könne die Berücksichtigung einer überdurchschnittlichen Patientenzahl, die sich in der Anzahl der abgerechneten Versichertenpauschale wiederspiegele, allenfalls im Rahmen der Quartalsprofile erfolgen. Sie habe die Honorarkürzungen aber ausschließlich anhand der Überschreitungen in den Tagesprofilen vorgenommen. Auf eine veränderte Berechnung der Quartalprofile auf Grund der Praxisgröße habe verzichtet werden können. Von einer regelmäßigen Überschreitung der Prüfzahl der Versichertenpauschale sei auch deshalb nicht auszugehen, weil eine Analyse der Patientendaten etwa im Quartal I/10 ergeben habe, dass die Klägerin in 1.659 Behandlungsfällen die Nr. 03210 bis 03212 EBM abgerechnet habe und es nur einen Behandlungsfall bei einem einzigen Arzt-Patienten-Kontakt geblieben sei. In allen Fällen seien zumindest zwei Kontakte sowie häufig die Nr. 03212 EBM als Chronikerzuschlag in Ansatz gebracht worden. Die Behandlung von schwerwiegend chronisch kranken Menschen sei auch in der Regel zeitaufwendiger. Die Überschreitung der Tagesprofile sei auf den häufigen Ansatz der Nr. 30791, 35100 bzw. 35110 EBM zurückzuführen. Die Klägerin habe hier zumindest fahrlässig Leistungen auf den Abrechnungsscheinen eingetragen, deren Leistungsinhalt sie nicht vollständig erbracht haben könne. Angesichts der Anzahl und Höhe der Tagesprofilüberschreitungen sowie der sich über viele Quartale hinziehenden Abrechnungspraxis handele es sich auch nicht um ein bloßes Versehen, sondern um wiederholtes, standardmäßig nachlässiges Ausführen der Abrechnungsscheine. Für die Neuberechnung des Honorars stehe ihr im Rahmen des Beurteilungsspielraumes ein weites "Schätzungsermessen" bzgl. der Art und Weise der Kürzungsberechnung zu. Die gewählte Berechnungsmethode sei nicht zu beanstanden, da sich die Honorarrückforderung an dem Verhältnis zwischen plausiblen Zeiten und Überschreitungen der plausiblen Zeiten orientiere. Dieses Verhältnis (dargestellt als Prozentsatz) werde auf das erwirtschaftete Gesamthonorar (nach ggf. Durchführung von Begrenzungsmaßnahmen, Vorabzug von Verwaltungskosten, ausgewiesen im Honorarbescheid) übertragen, und es werde ein entsprechender Rückforderungsbetrag festgestellt. Mit dieser Berechnungsweise werde ein erwirtschafteter Minutenpreis für alle abrechneten Leistungen ermittelt und der implausible Leistungsanteil, der über dem Zeit-Grenzwert liege, abgeschöpft. Bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale I/09 bis IV/10 sei noch keine Entscheidung getroffen worden. Eine Berücksichtigung habe daher nicht erfolgen müssen.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.11.2013 die Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt sie vor, ihre Weiterbildungsassistentin habe vollzeitig gearbeitet und zahlreiche Überstunden geleistet. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Auskünfte der Beklagten hätten suggeriert, die Versichertenpauschale könne auch in wesentlich geringerer Zeit als 20 Min. erbracht werden. Sie habe sich beraten lassen, weshalb jedenfalls grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz ihr nicht vorgeworfen werden könne. Es komme nicht darauf an, ob die Beschäftigung einer Assistentin nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen dürfe. Ein Weiterbildungsassistent sei sehr wohl ein "vollwertiger Arzt". Er sei approbiert und habe bereits den Nachweis erbracht, eigenverantwortlich und selbstständig im Bereich der Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Gesundheitsstörungen behandeln zu können. Eine engmaschige Kontrolle der Tätigkeit der Weiterbildungsassistentin sei jederzeit gegeben gewesen. Die Weiterbildungsassistentin habe regelmäßig 8 bis 10 Stunden täglich in der Praxis mitgearbeitet. Akupunkturleistungen erbringe sie auf Grund ihrer Erfahrung in weniger als 10 Minuten. Der tatsächliche Zeitaufwand sei weniger als 3 Minuten im Durchschnitt. Eine Aufklärung sei bei jenen Patienten nicht mehr erforderlich, die bereits zuvor eine Akupunkturmaßnahme erhalten hätten und bei denen es sich lediglich um eine Folgebehandlung handele. Sie habe die Leistungserbringung so optimiert, dass sogar während der Durchführung der Akupunktur mir dem Patienten weitere Leistungen durchgeführt werden könnten und entsprechend eine parallele Leistungserbringung möglich sei. Während der Akupunktur sei es jedoch ohne weiteres möglich, mit dem Patienten zu sprechen und damit die Behandlung multifunktional durchzuführen. Die Psychosomatik-Ziffern seien sowohl von ihr als auch der Weiterbildungsassistentin erbracht worden, weshalb eine Implausibilität nicht vorliege. Sollten dennoch Tagesprofilüberschreitungen vorliegen, handele es sich lediglich um ein reines Versehen ihrerseits. Grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln scheide damit aus. Die Beklagte hätte ihr Ermessen hinsichtlich der Kürzungsberechnung ausüben müssen. Es sei von einem Ermessensfehlgebrauch auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 23.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 über eine zeitbezogene Plausibilitätsprüfung für die Quartale I/08 bis IV/10 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt ergänzend vor, die von der Klägerin vorlegten beiden Schreiben und der Artikel stünden nicht im Widerspruch zu dem durchgeführten Plausibilitätsverfahren. Darin gehe es um die Berücksichtigung der Versichertenpauschale mit der Chronikerpauschale, die jedoch nicht im Tagesprofil berücksichtigt werden würden, die allein Grundlage des Berichtigungsbescheides seien. Die Genehmigung für die Weiterbildungsassistentin sei für eine Halbtagstätigkeit erteilt worden. Eine Halbtagstätigkeit von 4 Stunden habe sie 3 Stunden pro Tag berücksichtigt. Das sei ausreichend hoch bemessen. Die von der Klägerin vorgetragene engmaschige Kontrolle der Weiterbildungsassistentin sei mit einem entsprechenden Zeitaufwand verbunden. Im Übrigen bestreite sie, dass die Weiterbildungsassistentin täglich 8 bis 10 Stunden tätig gewesen sei, was im Übrigen auf Grund der vorliegenden Genehmigung lediglich für eine Halbtagstätigkeit nicht zulässig sei. Bei der Akupunktur handele es sich um eine ganzheitliche Therapie. Bei dieser Therapie sei nicht nur Ruhe während der Verweildauer der Nadeln von mind. 20 Minuten notwendig, sondern während der gesamten Behandlung. Auch dies stehe einer "fließbandartigen" Behandlung entgegen. Wie bei Gesprächsleistungen schließe dies auch eine parallele Leistungserbringung aus, es könnten also während der Durchführung der Akupunktur mit den Patienten weitere Leistungen nicht erbracht werden. Sie bestreite nicht den Schwerpunkt der klägerischen Praxis für Psychosomatik. Die beiden Psychosomatikziffern setzten aber jeweils eine Mindestbehandlungsdauer von 15 Minuten voraus. Werde diese Dauer nicht eingehalten, seien die Leistungen nicht berechnungsfähig. Wenn die Zeit allein für diese Leistung an einem Tag mehr als 9 Stunden (Quartal III/10) oder 12 Stunden (Quartal IV/10) betrügen, sei nicht mehr plausibel, dass die Mindestbehandlungsdauer eingehalten worden sei. Von einem "reinen Versehen" hinsichtlich der Tagesprofilüberschreitungen könne nicht ausgegangen werden. Sie könne Patienten nicht im dargestellten Umfang behandeln. Ihr Ermessen sei korrekt ausgeübt worden. Sie habe letztendlich einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt und den nichtplausiblen Leistungsanteil abgeschöpft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 28.03.2013 angehört. Ein Einverständnis der Beteiligten hierzu wird vom Gesetz nicht verlangt. Die Kammer hat bereits mehrfach über vergleichbare Sachverhalte entschieden, so mit Urteilen vom 08.05.2013 - S 12 KA 171/12 - Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 30/13 -, vom 08.12.2010 - S 12 KA 250/10 -, vom 08.12.2010 S 12 KA 248/10 - und vom 08.12.2010 - S 12 KA 229/09 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 2/11 - sowie mit Gerichtsbescheiden vom 31.01.2014 - S 12 KA 85/13 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 26/14 -, vom 22.01.2014 S 12 KA 327/13 -, vom 24.05.2013 - S 12 KA 804/11 -, vom 28.03.2013 - S 12 KA 281/12 - Berufung - L 4 KA 20/13 - in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Hessen am 02.04.2014 zurückgenommen, vom 04.01.2012 - S 12 KA 621/10 -, vom 31.10.2011 S 12 KA 909/10 -, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 25.07.2012 L 4 KA 64/11 - und vom 08.12.2010 - S 12 KA 250/10 -. Das LSG Hessen hat zudem mit Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens die Vorgehensweise der Beklagten grundsätzlich als rechtmäßig angesehen. Das BSG hat ferner die bisher einhellige Instanzenpraxis bestätigt, dass es im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung im Einklang mit den zeitlichen Vorgaben des EBM ist, bei Nebeneinanderberechnung der Leistungen des Ordinationskomplexes (hier: Nr. 03110 bis 03112 EBM 2005) und einer Gesprächsleistung nach Nr. 03120 EBM 2005 eine Prüfzeit von 20 Minuten anzusetzen (vgl. BSG, Beschl. v. 11.12.2013 - B 6 KA 37/13 B - juris; bzgl. eines Disziplinarbescheids s. BSG, Beschl. v. 11.12.2013 - B 6 KA 36/13 B - juris).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Die Kammer versteht die Aufnahme des Prüfungsumfangs für die Quartale I/08 bis IV/10 dahingehend, dass die Klägerin damit lediglich die Bezeichnung im angefochtenen Widerspruchsbescheid aufnimmt, da eine Berichtigung für die Quartale I/08 bis IV/09 von der Beklagten nicht vorgenommen wurde und insoweit auch keine Beschwer der Klägerin vorliegt.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Honorarrückforderungsbescheid der Beklagten vom 23.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V, eingefügt durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl. I 2003, 2190, mit Wirkung zum 01.01.2004).
§ 106a SGB V ist nicht auf den Bereich der Primär- und Ersatzkassen im Gegensatz zu den früher allein maßgeblichen Vorschriften nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) beschränkt, wonach die Kassenärztliche Vereinigung die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen hat. Aus Sicht der Zuständigkeit ist es daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei Erstellung der Zeitprofile auch die Leistungen gegenüber Versicherten anderer Versicherungsträger oder der Sozialhilfeträger einbezogen hat. § 106a SGB V erstreckt die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung auf alle Bereiche, in den sie aufgrund gesetzlicher Erweiterung des Sicherstellungsauftrags (vgl. § 75 Abs. 3 bis 6 SGB V) auch die Abrechnung vornimmt.
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß – somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes – erbracht worden sind. Solche Verstöße können z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.1998 – B 6 KA 48/97 R - SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 = Breith 1999, 659 = USK 98163, zitiert nach juris, Rdnr. 15 m.w.N.). Zur Feststellung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden sind, ist es zulässig, Tagesprofile zu verwenden (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 = BSGE 73, 234 = MedR 1994, 206 = NJW 1995, 1636 = USK 93141, juris Rdnr. 24 ff.; BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R - SozR 3-2500 § 83 Nr. 1 = BSGE 86, 30 = NZS 2001, 213 = USK 2000-111, juris Rdnr. 48).
Tagesprofile sind ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können. Die Beweisführung mit Tagesprofilen ist dem Indizienbeweis zuzuordnen. Für ihre Erstellung sind bestimmte Anforderungen erforderlich. Für die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit des Arztes an einem Tag dürfen nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzen. Delegationsfähige Leistungen haben außer Betracht zu bleiben. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten so bemessen sein müssen, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspricht es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handelt, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden kann. Die Durchschnittszeit stellt sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 – 6 RKa 70/91 – a.a.O., Rdnr. 24 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.10.2007 – L 7 KA 56/03 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 21). Als Nachweis für eine Falschabrechnung des Quartals genügt bereits ein beliebiger falsch abgerechneter Tag (vgl. BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R – a.a.O. Rdnr. 37).
Ausgehend hiervon war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, Tagesprofile zu erstellen.
Die Beklagte hat die Klägerin durch Übersendung des Anhörungsschreibens und des Ausgangsbescheids ausreichend angehört (§ 24 SGB X).
Der angegriffene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Die Beklagte hat die Tagesprofile nicht falsch berechnet. Sie hat die Tagesprofile auf der Grundlage der Zeitangaben im EBM erstellt. Soweit sie bei einer Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 35100 und 35110 EBM mit diagnostischen bzw. therapeutischen Leistungen davon ausgeht, Voraussetzung sei eine um mindestens 15 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit als in den entsprechenden Gebührenordnungspositionen für die Berechnung der Psychosomatikziffern genannt, ist dies zutreffend und entspricht dies der Anmerkung zu den beiden Leistungen. Bei der die Leistungslegende ergänzenden Anmerkung handelt es sich um einen Teil des vom Bewertungsausschuss verabschiedeten EBM, der insofern die eigentliche Leistungslegende ergänzt. Sie gilt für den behandelnden Vertragsarzt und die Kassenärztliche Vereinigung und normiert gleichfalls die Voraussetzungen für eine vollständige Leistungserbringung. Es ist unerheblich ist, ob das vom Vertragsarzt verwendete Abrechnungsprogramm ihm diesen Zeitumfang anzeigt (vgl. bereits LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - und die vorausgehende Entscheidung der Kammer, SG Marburg, Beschl. v. 02.07.2009 - S 12 KA 235/09 ER -; SG Marburg, Urt. v. 13.01.2010 - S 12 KA 238/09 - ZMGR 2010, 116, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 21.03.2011 - L 4 KA 7/10 -; zuletzt SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 04.01.2012 - S 12 KA 621/10 - rechtskräftig; SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 31.10.2011 - S 12 KA 909/10 -, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 25.07.2012 - L 4 KA 64/11 -; SG Marburg, Urt. v. 19.09.2012 S 12 KA 167/11 -; SG Marburg, Urt. v. 30.01.2013 - S 12 KA 170/11 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 11/13; SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 28.03.2013 S 12 KA 281/12 -; SG Marburg, Urt. v. 08.05.2013 - S 12 KA 171/12 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 30/13 -; SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 24.05.2013 S 12 KA 804/11 -). Soweit der Arzt sich bei der Abrechnung personeller und/oder technischer Hilfe bedient, entlastet ihn dies nicht von seiner Verantwortung. Weder die Teilnahme von Mitarbeitern an Fortbildungen zur Abrechnung nach dem EBM-Ä noch die Verwendung zertifizierter Software führen dazu, dass der Vertragsarzt von seiner persönlichen Pflicht zur korrekten Abrechnung befreit wird (vgl. BSG, Beschl. v. 11.12.2013 - B 6 KA 37/13 B - juris Rdnr. 6).
Soweit die Klägerin auf die Tätigkeit ihrer Weiterbildungsassistentin verweist, hat die Beklagte dies in den Tagesprofilen durch eine Erhöhung des Grenzwerts um 3 Stunden berücksichtigt. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Genehmigung für eine Beschäftigung einer Weiterbildungsassistentin lediglich für eine Halbtagstätigkeit erteilt worden ist. Damit hat die Beklagte von einer Halbtagstätigkeit von 4 Stunden 3 Stunden pro Tag, also 75 % berücksichtigt. Dies war von der Kammer nicht zu beanstanden. Die Kontrolle der Weiterbildungsassistentin ist insoweit mit einem entsprechenden Zeitaufwand verbunden. Soweit die Klägerin behauptet, die Weiterbildungsassistentin habe in einem erheblich größeren Umfang gearbeitet, hat sie - die Richtigkeit der bisher nicht nachgewiesenen Behauptung unterstellt - diese in dem weiteren Umfang ohne Genehmigung beschäftigt, was sie ebf. zur Honorarberichtigung berechtigt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 26.11.2008 - S 12 KA 459/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Das Bundessozialgericht geht gleichfalls davon aus, dass es unzulässig ist, mit Hilfe einer Weiterbildungsassistentin Leistungen in einem Umfang zu erbringen, um einen übergroßen Praxisumfang aufrechtzuerhalten. Sinn und Zweck der Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten bestehen darin, dass diesem praktische Erfahrung und zusätzliche Kenntnisse vermittelt werden, um auch in Zukunft eine möglichst hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten. Um dieses Zieles der Qualitätssicherung willen soll mit § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV verhindert werden, dass Assistenten zur Vergrößerung der Kassenpraxis oder zur Aufrechterhaltung einer übergroßen Praxis beschäftigt werden. Bei Weiterbildungsassistenten kann im Regelfall nur ein Praxiszuwachs bis zu 25 % akzeptiert werden (vgl. BSG, Urt. v. 28.09.2005 - B 6 KA 14/04 R - SozR 4-5520 § 32 Nr. 2 = GesR 2006, 163 = MedR 2006, 307, juris Rdnr. 11 und 15). Mit der Anrechnung einer Arbeitszeit der Weiterbildungsassistentin von 75 % liegt die Beklagte damit jedenfalls über den Vorgaben des Bundessozialgerichts (s. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.02.2004 - L 11 KA 30/03 - GesR 2004, 479, juris Rdnr. 40).
Auf einen Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen. Die Beklagte hat keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass sie die Abrechnungsweise der Klägerin für zutreffend hält oder dass sie von einer Berichtigung absehen werde. Nichtstun allein kann einen Vertrauenstatbestand nicht begründen. Das Schreiben des seinerzeitigen stellvertretenden Vorsitzenden vom 31.01.2008, dessen Richtigkeit von der Kammer nicht zu kommentieren ist, betraf im Ergebnis nur Angaben zu den Quartalsprofilen. Gleiches gilt für den vorgelegten Zeitungsartikel. Auch das Schreiben der Beklagten vom 13.06.2008 betrifft nur das Quartalsprofil, zudem werden ausdrücklich keine Angaben für die Zeit ab 2008 gemacht.
Die Beklagte konnte auch für die Körperakupunkturleistung nach Nr. 30791 EBM 2005 die vom EBM vorgegebene Prüfzeit im Tagesprofil von 10 Minuten bei einer Kalkulationszeit von 13 Minuten ansetzen. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil vom 19.09.2012 - S 12 KA 167/11 - – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris (rechtskräftig) entschieden (s. auch SG Marburg, Urt. v. 13.03.2013 - S 11 KA 101/11 -).
Akupunkturleistungen wurden durch Beschluss des Bewertungsausschusses zu Änderungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 119. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung), Teil C, mit Wirkung zum 01.01.2007 neu in den EBM eingeführt. Die Leistungslegende beschreibt die jetzt mit 600 Punkten bewertete Nr. 30791 wie folgt:
Durchführung einer Körperakupunktur und ggf. Revision des Therapieplans gemäß den Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Behandlung bei folgenden Indikationen:
- chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule, oder
- chronische Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose.
Obligater Leistungsinhalt:
- Durchführung der Akupunktur gemäß dem erstellten Therapieplan,
- Aufsuchen der spezifischen Akupunkturpunkte und exakte Lokalisation,
- Nadelung akupunkturspezifischer Punkte mit sterilen Einmalnadeln,
- Verweildauer der Nadeln von mindestens 20 Minuten.
Fakultativer Leistungsinhalt:
- Beruhigende oder anregende Nadelstimulation,
- Hervorrufen der akupunkturspezifischen Nadelwirkung (De-Qui-Gefühl),
- Berücksichtigung der adäquaten Stichtiefe,
- Adaption des Therapieplanes und Dokumentation,
- Festlegung der neuen Punktekombination, Stimulationsart und Stichtiefe,
je dokumentierter Indikation bis zu zehnmal, mit besonderer Begründung bis zu 15 mal im Krankheitsfall.
Die Sachkosten inklusive der verwendeten Akupunkturnadeln sind in dieser Leistung enthalten.
Im Urteil vom 19.09.2012 - S 12 KA 167/11 - a.a.O. hat die Kammer folgendes ausgeführt:
"Damit wird deutlich, dass es sich auch bei der einzelnen Akupunktur als Teil einer Akupunkturbehandlung um eine umfassende Therapie einer im Ansatz ganzheitlichen Therapie handelt. Die mit einem Anästhesisten, der an der Schmerztherapievereinbarung teilnimmt und selbst Akupunkturen durchführt, besetzte Kammer geht davon aus, dass der Ansatz von 10 Minuten nicht zu beanstanden ist und zutreffend so bemessen ist, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann.
Die vom Kläger eingereichten drei Dateien mit Videoaufzeichnungen über zwei exemplarische Behandlungen, die die Kammer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung angeschaut hat, sind nicht geeignet, den Ansatz einer Prüfzeit im Tagesprofil von 10 Minuten zu widerlegen. Für die Behandlung chronischer Schmerzen der Lendenwirbelsäule mittels Akupunktur werden danach für das Anbringen der Nadeln - es handelt sich um die Mindestzahl von zehn Nadeln - ca. 70 Sekunden, für das Stimulieren ca. 25 Sekunden und für eine Kontrolle ca. 25 Sekunden, insgesamt ca. 120 Sekunden benötigt. Für die Behandlung chronischer Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose werden danach für das Anbringen der Nadeln ca. 55 Sekunden benötigt. Diese Videoaufzeichnungen geben aber nur einen kleinen Teil der notwendigen Behandlung wieder und stellen den Behandlungsablauf als einen rein technischen, fast "fließbandartigen" Vorgang dar. Auch bei optimaler Vorbereitung durch die Praxismitarbeiter fallen Wegezeiten zum Aufsuchen und Verlassen des Behandlungsraums an und müssen insbesondere in jeder Sitzung Gespräche mit den Patienten geführt werden. In jeder Sitzung ist der zurückliegende Zeitraum bis zur letzten Sitzung aufzuarbeiten und hat eine Evaluation mit dem Patienten zu erfolgen. Es ist zu evaluieren, ob die bisherige Therapie bestätigt werden kann oder ob sie zu verändern ist. Hinzu kommt das Führen der Dokumentation, dessen Umfang und Sorgfalt gerade dann zunehmen, wenn Akupunkturen in einer Häufigkeit wie bei dem Kläger vorgenommen werden. So rechnete der Kläger die Nr. 30791 in den streitbefangenen Quartalen wie folgt ab:
Quartal I/07 II/07 III/07 IV/07
absolut 907 1.470 1.959 1.533
Je 100 Fälle 58 104 121 98
Hinzu kommt, dass es sich um einen ganzheitlichen Therapieansatz handelt, bei dem nicht nur Ruhe während der Verweildauer der Nadeln von mindestens 20 Minuten notwendig ist, sondern während der gesamten Behandlung. Auch dies steht von vornherein einer "fließbandartigen" Behandlung entgegen. Wie bei Gesprächsleistungen schließt dies auch hier eine parallele Leistungserbringung aus, können also während der Durchführung der Akupunktur mit dem Patienten weitere Leistungen nicht erbracht werden. Gespräche mit dem Patienten sind zunächst Teil der Akupunkturbehandlung. Sie können gesondert nur abgerechnet werden, wenn sie separat, also außerhalb der Akupunktursitzung erfolgen, und einen anderen Therapieansatz verfolgen, soweit dieser im Sinne einer Stufentherapie nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt. Von daher sieht die Kammer in der genannten Kalkulations- und Prüfzeit nicht lediglich einen standespolitischen Erfolg entsprechender Verbände, sondern auch das zutreffend vom Bewertungsausschuss unterstellte Erfordernis einer sorgfältigen individuellen Behandlung, das einer Vertaktung des Behandlungsablaufs insofern entgegensteht. Auch die klägerseits vorgelegten verbandspolitischen Stellungnahmen haben nicht dargelegt, welche anderen Mindest- bzw. Prüfzeiten anzusetzen wären."
Hieran hält die Kammer fest. Von daher war auch die Einbeziehung der Akupunkturleistungen nicht zu beanstanden.
Delegationsfähige Leistungen werden bei den Tagesprofilen nicht mitgerechnet. Nur solche Leistungen werden berücksichtigt, deren Prüfzeit eine Eignung im Tageszeitprofil aufweisen. In der Prüfzeit wird lediglich die ärztliche Zeit abgebildet.
Bei der Plausibilitätsprüfung handelt es sich nicht um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Auf eine Einzelfallprüfung der Behandlungen kommt es nicht an. Mit dem Nachweis der Implausibilität wird der zulässige Nachweis einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung erbracht. Einer weitergehenden Einzelfallprüfung oder des Nachweises in jedem Einzelfall bedarf es dann nicht. Wie auch immer geartete Praxisbesonderheiten können daher nicht berücksichtigt werden.
Eine hohe Patientenzahl kann die Überschreitung der Tagesprofilgrenzen nicht rechtfertigen, da maßgeblich der plausible Zeitaufwand Gegenstand der Überprüfung ist.
Nicht zu beanstanden war auch die Annahme, dass bei Tagesprofilen von über 16 Stunden bzw. bei wenigsten drei Tagesprofilen von über 12 Stunden im Quartal eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vorliegt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 04.06.2008 - S 12 KA 528/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Im Rahmen des Schätzungsermessens waren daher auch nicht vermeintliche Praxisbesonderheiten der Klägerin zu berücksichtigen.
Verjährung bzw. Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs ist nicht eingetreten. Die Beklagte kann eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (vgl. BSG Urt. v. 15.11.1995 – 6 RKa 57/94 – SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1 = USK 95136, juris Rdnr. 10 und BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98, 169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 16 m. w. N.).
Der Vortrag der Klägerin, sie habe z. T. lange Öffnungszeiten, berücksichtigt nicht, dass eine Auffälligkeit erst ab einem Tagesprofil von 12 Stunden angenommen wird und dass die von der Beklagten aufgezeigten maximalen Arbeitszeiten zwischen 21 und über 28 Stunden liegen, wobei noch weitere, nicht erfasste Tätigkeiten oder Pausen hinzukommen. Hiermit setzt sich der klägerische Vortrag nicht auseinander.
Hinsichtlich eines Verschuldens weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass angesichts der Anzahl und Höhe der Tagesprofilüberschreitungen sowie der sich über viele Quartale hinziehenden Abrechnungspraxis es sich auch nicht um ein bloßes Versehen handelt, sondern um wiederholtes, standardmäßig nachlässiges Ausführen der Abrechnungen.
Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung des Berichtigungsbetrages. Im Rahmen ihres Schätzungsermessens hat die Beklagte den Leistungsanteil abgeschöpft, der im Quartal auf Leistungen jenseits der zeitlichen Grenze von 12 Stunden bzw. unter Berücksichtigung der Weiterbildungsassistentin von 15 Stunden entfällt.
Der Rechenvorgang über die Feststellung eines Überschreitungsprozentsatzes bedeutet letztlich, dass die Beklagte einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt hat. Auf diese Weise hat die Beklagte alle Vergütungsanteile und evtl. Sachkostenerstattungen einbezogen. Dies war von der Kammer nicht zu beanstanden. Die letztlich hier zu Tage tretende systematisch fehlerhafte Abrechnung hat die Beklagte damit zu Gunsten des Klägers letztlich nur auf die Tage bezogen, an denen eine Überschreitung der Grenze vorliegt. Evtl. Sachkostenerstattungen sind Teil des Vergütungsanspruchs, unabhängig davon, ob sie gesondert ausgewiesen werden oder ob sie als Teil der Leistungsbewertung mit der Abgeltung der Leistung indirekt erstattet werden. Diese Vorgehensweise wäre nur dann im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beanstanden, wenn der Kläger eine signifikant von seiner Fachgruppe bzw. seine Fachgruppe von den übrigen Fachgruppen abweichende Kostenerstattung hätte, also ein ganz wesentlicher Teil des Vergütungsanspruchs ein bloß "durchlaufender" Posten wäre, was hier aber nicht der Fall ist.
Nicht zu beanstanden war ferner die quartalsbezogene Berechnung des jeweiligen Rückforderungsbetrages.
Anhand der Überschreitung der Tagesprofile ermittelt die Beklagte den prozentualen Leistungsumfang, der gekürzt werden kann. Soweit sie diese "Quote" mit dem jeweiligen Nettohonorar multipliziert, erhält sie den Kürzungsbetrag. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sie von einer gleichbleibenden Vergütung für alle Leistungen ausgeht und nicht danach unterscheidet, wie sich die Honorarfestsetzung aufgrund der verschiedenen Begrenzungsmechanismen gestaltet. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Beklagte von einem durchschnittlichen Punktwert für alle Leistungen ausgeht, unabhängig davon, ob es sich im Einzelnen um Leistungen zum sog. oberen Punktwert oder unteren Punktwert aufgrund der Überschreitung des Regelleistungsvolumen handelt. Ein solcher durchschnittlicher Punktwert ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen des Klägers vergütet wurden.
Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, a.a.O., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur – neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 - S 12 KA 555/09 -). Soweit eine solche punktwertbezogene Berechnung nicht sinnvoll ist, da nicht ein bestimmtes Punktzahlvolumen von der Vergütung ausgeschlossen ist, kann das dem Kläger verbleibende Honorar auch in der Weise bemessen werden, dass eine zu vergütende Tätigkeit im Umfang von höchstens 12 Stunden täglich bzw. 780 Stunden im Quartal angenommen wird und nur der darüber hinausgehende Teil die Grundlage der Berichtigung bildet. Der "Minutenpreis" entspricht dabei dem durchschnittlichen Punktwert. Die Vorgehensweise der Beklagten ist daher von ihrem Schätzungsermessen gedeckt.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Rückforderungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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