S 7 R 614/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 7 R 614/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die beitragsrechtliche Behandlung von Zahlungen der Beigeladenen zu 1) an den Kläger im Zeitraum 01.02.2010 bis zum 28.03.2010.

Die Beigeladene zu 1) betreibt ein Theater mit Musikschauspielbetrieb. Seit 2009 war der Kläger regelmäßig als Opernsänger dort tätig. Die Beigeladene zu 1) und der Kläger schlossen einen sogenannten "Gast - Vertrag". Laut diesem Vertrag verpflichtete sich der Kläger zur Übernahme der Rolle des Grafen E in der Inszenierung der Operette "E M X" in der Spielzeit 2009/2010. In dem Vertrag hieß es sodann wörtlich: "

§ 1 Leistungspflicht des Gastes 2. Der Gast ist verpflichtet mit einstudierter Partie zur ersten Probe zu erscheinen. 3. Hinsichtlich der künstlerischen Interpretation der Partie, ist der Gast nur bedingt verpflichtet den Weisungen der Bühne nachzukommen, da die künstlerische Konzeption begrenzt ist durch das fachliche Können des Gastes.

4. Etwaige Proben nach der Premiere finden zwar ohne zusätzliche Vergütung statt, sind aber terminlich mit dem Gast abzusprechen. Dieses beinhaltet auch Umbesetzungs-, Sonn-, Feiertagsproben.

5. Der Gast nimmt an eventuellen Presse- und Werbeveranstaltungen des Theaters teil. Die Terminierung erfolgt nach Absprache mit dem Theater unter Berücksichtigung anderweitiger Disposition des Gastes."

Als Vergütung war eine Probenpauschale von 1200 Euro und ein zusätzliches Vorstellungshonorar von 400 Euro vereinbart. Hinsichtlich der Sozialversicherung verständigten sich die Vertragspartner darauf, dass der "Gast" diese Beiträge selbst "abführe". Eine gesonderte Erstattung von Fahrtkosten wurde ausgeschlossen und für notwendig werdende Übernachtungen ein Zimmer im Personalwohnheim des Klinikums F zur Verfügung gestellt.

Unter besondere Vereinbarungen wurden vorab die Termine festgehalten, an denen der Kläger der Beigeladenen zu 1) nicht zur Verfügung stand. Hier enthielt der Vertrag die zusätzliche Regelung: "Weitere Termine sind nach Absprache mit der Theaterleitung möglich." Hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers vereinbarten die Vertragspartner " im Falle der Verhinderung einer Probe/Vorstellung infolge Krankheit hat der Gast den Grund und die voraussichtliche Dauer der Krankheit unverzüglich nachzuweisen". Ausdrücklich hielt § 10 des Vertrages fest, dass ein Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis durch den Vertrag nicht zustande komme.

Die Beklagte trat in eine sozialversicherungsrechtliche Prüfung der Tätigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum ein. Mit Anhörungsschreiben vom 16.02.2010 hörte die Beklagte den Kläger an. Sie verwies darauf, sie beabsichtige einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Zur Begründung verwies sie auf die vertragliche Gestaltung und die tatsächlichen Verhältnisse. Auch auf der Webseite der Beigeladenen zu 1) sei der Kläger als Mitglied des Ensembles aufgeführt. Zu diesem Anhörungsschreiben äußerte sich der Kläger und verwies auf die tatsächlichen Bedingungen der Tätigkeit, die der Annahme einer abhängigen Beschäftigung entgegen stünden.

Mit Bescheid vom 18.03.2010 stellte die Beklagte fest, die Tätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 28.03.2010 bei der Beigeladenen zu 1) sei sozialversicherungspflichtig. Der Kläger stehe in einem Beschäftigungsverhältnis, denn er unterliege einem weitgehenden Weisungsrecht des Vertragspartners. Zwar sei der Kläger nicht Mitglied des Ensembles aber er sei in die Zusammenarbeit mit anderen künstlerischen Mitarbeitern eingebunden. Er könne auch nicht in Anspruch nehmen ein solch überregional bekannter Künstler zu sein, dass gerade er maßgeblich zum Erfolg der Produktion beitrage. Nur in diesem Fall könne aber Selbständigkeit angenommen werden.

Den eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, er habe mit dem Vertrag ausdrücklich geregelt, dass er auch bei weiteren Auftraggebern/ Theatern tätig sein könne. Das Gepräge des Vertrages sei die Mitwirkung an den Vorstellungen. Die festgelegten Proben dienten nur dem Zweck, die Operette aufzuführen. Die Gewichtung liege damit aber gerade nicht bei den terminlich gebundenen Proben. In der Aufführung fehle es aber ganz besonders an jedweder Weisungsgebundenheit. Ein solche bestehe nur in fachlicher Hinsicht. Im Übrigen sei er sehr wohl ein überregional bekannter und wertgeschätzter Künstler. Er habe zahlreiche Anfragen aus verschiedensten Theatern, auch ohne Zusammenarbeit mit einer Agentur.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verblieb bei ihrer Auffassung.

Mit der Klage vom 09.07.2010 verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Er ist weiterhin der Auffassung, die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) sei ein selbständige Tätigkeit. Er verweist auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und darauf, dass im Vertrag eine ca. 6-wöchige Probezeit vereinbart worden sei. Im Übrigen sei der geschlossene Vertrag dem Muster - Gastvertrag in § 20 NV-Solo (Normal-Vertrag Solo des Deutschen Bühnenvereins) nachgebildet. Die Beklagte habe auch die sonstigen Gesichtspunkte unzutreffend gewürdigt. Die Gesamtwürdigung ergebe ein Überwiegen der Merkmale für eine Selbständigkeit des Klägers.

Mit weiterem Bescheid vom 25.08.2011 hat die Beklagte den Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2010 dahingehend abgeändert, dass Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung, Krankenversicherung und Pflegeversicherung entsprechend der Anmeldung bestehe. Die Beklagte erteilte den Bescheid unter Verweis auf § 96 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das laufende Verfahren und bezog sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11.03.2009 (Az.: B 12 R 11/07 R).

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.08.2011 , dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger die Tätigkeit als Opernsänger bei der Beigeladenen zu 1) als selbständige Tätigkeit ausgeübt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Die Beigeladene zu 2) folgt vollinhaltlich der Rechtsauffassung der Beklagten.

Das Gericht hat einen Verhandlungstermin am 06.10.2011 vertagt. Der Kläger ist in dem Termin umfassend zu seiner beruflichen Tätigkeit angehört worden. Auf die Niederschrift des Termins wird insoweit Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 17.12.2010 ist die Beigeladene zu 1) und mit Beschluss vom 12.10.2011 die Beigeladene zu 2) nach § 75 Abs. 2 beigeladen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. II Sozialgerichtsgesetz ( SGG )

Zu Recht hat die Beklagte die Tätigkeit des Klägers als Opernsänger im Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 28.03.2010 als versicherungspflichtige Tätigkeit eingestuft. Zutreffend durfte die Beklagte auch mit dem im laufenden Verfahren erteilten Bescheid vom 25.08.2011 die Versicherungspflicht des Klägers in den Bereichen der Sozialversicherung, nämlich Kranken- , Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung feststellen. Dieser Bescheid ist auch gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, denn der Bescheid hat den Ausgangsbescheid vom 18.03.2010 insoweit abgeändert, als er die im Ausgangsbescheid festgestellte Versicherungspflicht für die genannten Bereiche der Sozialversicherung konkretisiert hat.

1. Der Kläger ist in dem Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 28.03.2010 von der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt worden. Denn nach dem Gesamteindruck der Beschäftigung des Klägers als Opernsänger in der Produktion "E M X" war dieser vertraglich so in den Opernbetrieb der Beigeladenen zu 1) eingebunden, dass der vertragliche Status dem eines sonstigen Beschäftigten am Theater entsprach. Für die Kammer unerheblich sind die naturgemäß anfallenden Zwischenzeiträume zwischen Proben und Aufführungen. Der Kläger war vielmehr so vertraglich gebunden, dass die Kammer von einer durchgängigen Beschäftigung ausgeht.

1.1 Nach der maßgeblichen Vorschrift des § 7 Abs. 1 des 4. Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch eine nicht-selbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis geprägt. Zu den maßgeblichen Kriterien gehören, die persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, die Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers, ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Beschäftigung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers, und insbesondere das Fehlen eines eigenen Unternehmerrisikos. Demgegenüber ist der klassische Selbständige frei im Einsatz seiner Arbeitskraft, wesentlich frei in der Gestaltung seiner Arbeitsleistung und verfügt über eine eigene Betriebsstätte. In der Gesamtschau ist wertend zu erfassen, welches Gesamtbild der Arbeitsleistung sich bietet und welche Kriterien überwiegen (s. hierzu BSG in Urteil v. 20.03.2013; Az.: B 12 R 13/10 R, mit weiteren Nachweisen).

Die Kammer folgt der zitierten Entscheidung des BSG insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen zum Tarifvertrag zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Genossenschaft deutscher Bühnen - Angehöriger. Aus sozialrechtlicher Sicht kommt den vertraglichen Vereinbarungen lediglich der Charakter einer zu würdigenden Tatsachengrundlage zu, aber keinesfalls besitzen sie eine rechtsgestaltende Wirkung. Durch Verträge auf der Basis der für Bühnen geltenden Tarifverträge kann kein "Dienstverhältnis besonderer Art" begründet werden, das die Auslegungskriterien der höchstgerichtlichen Entscheidungen entbehrlich werden lässt. Es ist weiterhin von den oben genannten Kriterien für die Bewertung einer Tätigkeit als selbständig oder unselbständig auszugehen.

1.2 Die Kammer würdigt die vom Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene vertragliche Vereinbarung des " Gast - Vertrages " über die Rolle des Grafen E in der Operette "E M X" als Vertrag über eine abhängige Beschäftigung des Klägers im streitigen Zeitraum. Diese Vereinbarung erfüllt weit überwiegend die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. So unterlag der Kläger hinsichtlich der Erbringung seiner künstlerischen Leistungen als Sänger sehr präzise einer Weisung an die Proben- und Aufführungstermine. Naturgemäß war der Kläger auch in einem wesentlichen Teil seiner künstlerischen Wiedergabe der Operette einer künstlerischen Weisung durch das Musikverständnis bzw. die künstlerische Interpretation des Dirigenten bzw. Regisseurs unterworfen. Darüber hinaus hatte der Kläger auch keinen wesentlichen Einfluss auf die Länge der Proben bzw. Aufführungen. Gerade die Notwendigkeit der gemeinsamen Interpretation und Wiedergabe der einstudierten Operette bedingt quasi von selbst die Notwendigkeit der Unterordnung unter das Weisungsrecht des Opernhauses bzw. seiner Vertreter. Das vertraglich hier nur von einem "bedingten Weisungsrecht der Bühne" die Rede ist, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Die Kammer sieht diese Formulierung allenfalls als untauglichen Versuch an, das Weisungsrecht als unwesentlichen Vertragsbestandteil darzustellen. Die Notwendigkeit des ungestörten Betriebsablaufes während der kurzen Opernsaison widerlegt diesen Passus. Ohne ein konkret ausgeübtes Weisungsrecht des Opernhauses ist keine reguläre Planung des Opernbetriebes möglich. Auch in den anderen vertraglichen Passagen des "Gast-Vertrages" sieht die Kammer überwiegende Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. So heißt es anderer Stelle "Etwaige Proben nach der Premiere finden zwar ohne Vergütung statt, sind aber mit dem Gast abzusprechen". Gerade diese Passage widerspricht der Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Klägers. Denn wie bei einem abhängig Beschäftigten wird dem Beigeladenen zu 1) ein weitgehendes Direktionsrecht in Bezug auf Zusatzproben gewährt. Gerade das der Kläger anderweitige Engagements faktisch mit der Beigeladenen zu 1) absprechen muss, zeigt die starke Einbindung des Klägers, der quasi wie bei anderen Angestellten für eine Nebentätigkeit eine " Genehmigung" einholen muss. Hinzu kommt im Fall des Klägers, dass wie bei einem pauschal bezahlten Mitarbeiter des Opernhauses für Zusatzproben eine Zusatzvergütung nicht gewährt wird. Aus Sicht der Kammer wäre das Merkmal der Selbständigkeit eher erfüllt, wenn für Zusatzleistungen auch Zusatzvergütungen anfallen würden. Das die Beteiligten dies nicht vereinbart haben, ist von der Kammer als weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung gewürdigt worden. Entsprechendes gilt für die Verpflichtung des Klägers zur Teilnahme an eventuellen Presse- und Werbeveranstaltungen des Opernhauses. Hier kann trotz der Floskel, "nach Absprache mit anderweitiger Disposition des Gastes", nur von einer außerordentlich weitgehend Verfügungsmacht der Beigeladenen zu 1) über die Arbeitskraft des Klägers gesprochen werden, wie sie allenfalls in Arbeitsverhältnissen prägend ist. Das Gepräge der vertraglichen Vereinbarung zwischen Kläger und Beigeladener zu 1 ) als Arbeitsvertrag entscheidend beeinflusst aber der Passus zu den Terminen, an denen der Kläger dem Opernhaus nicht zur Verfügung stehen konnte. Denn nach der Aufzählung der jeweiligen Termine heißt es "weitere Termine sind nach Absprache mit der Theaterleitung möglich". Letztendlich hat die Beigeladene zu 1) mit dieser Passage des "Gast-Vertrages" eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie im Rahmen der Beschäftigung des Klägers den weitestgehenden Zugriff auf dessen Arbeitskraft haben wollte. Mit der Formulierung dreht sich das Verfügungsrecht des Klägers auf die Verwertung seiner eigenen Arbeitskraft dahingehend um, dass dieser die Beigeladene zu 1) um "Genehmigung" einer eventuellen anderen Beschäftigung bitten muss, bevor er diese aufnehmen kann. Für die Kammer hat die Beigeladene zu 1) damit eindeutig vertraglich einen Punkt gesetzt, der sie als Arbeitgeber und den Kläger als Arbeitnehmer erscheinen lässt. Gerade diese Klausel widerspricht jeder Möglichkeit die Tätigkeit des Klägers als Form von Selbständigkeit anzusehen. Mit der Klausel hat der Kläger es der Beigeladenen ermöglicht, seine sonstigen Tätigkeiten als Opernsänger zu beschneiden. Dies noch dazu in einem Umfang der auch arbeitsrechtlich in Beschäftigungsverhältnissen rechtlich kritisch wäre. Letztendlich hat der sich der Kläger auch mit dieser Vereinbarung voll in den Betrieb des Opernhauses integriert. Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang auch auf die unbestrittene Behauptung der Beklagten, wonach der Kläger auf der Homepage des Opernhauses als Teil des Ensembles aufgeführt wird. Zur Vollständigkeit sei auch auf die Verpflichtung des Klägers zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Verhinderung verwiesen. Auch diese Verpflichtung wertet die Kammer als Tatsache, die eine abhängige Beschäftigung belegt. Die Kammer hatte auch deshalb die volle Überzeugung von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers, da dieser kein wirkliches Unternehmerrisiko zu tragen hatte. Wie andere Arbeitnehmer auch, hatte der Kläger "lediglich" das Risiko einer gesundheitlichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit zu tragen. Dies gilt aber für jeden anderen Arbeitnehmer im deutschen Arbeits- und Sozialrecht ebenfalls.

Auf die Frage der künstlerischen Höhe der Darbietungen des Klägers als Opernsänger kam es für die Kammer nicht an. Ein Rückgriff auf die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu der Annahme von Selbständigkeit trotz unklarer vertraglicher Vereinbarungen bei überregional bekannten und geschätzten Künstlern (Urteil v. 07.02.2007 AZ 5 AZR 270/06) scheidet vorliegend aus. Denn die Kammer sieht die vorliegende Fallgestaltung als so eindeutig an, dass jedwede andere Überlegung ausscheidet und zudem bewegt sich der Kläger mit seinem Verdienst nicht in einem Bereich der ihn wirtschaftlich vollkommen unabhängig machen würde oder ihn eindeutig aus der Gruppe der Opernsänger herausheben würde. Ausdrücklich stellt die Kammer fest, von überregionaler Bedeutung des Klägers könnte erst auszugehen sein, wenn dieser durch öffentliche Medien weithin bekannt wäre. Davon kann im Fall des Klägers nicht ausgegangen werden. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die künstlerische Leistung des Klägers unabhängig hiervon dennoch außerordentlich sein kann. Nur kommt es hierauf vorliegend nicht an. Zudem haben vorliegend die Sozialversicherungsträger und nachfolgend die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über die Frage der Sozialversicherungspflicht aufgrund eigener Zuständigkeit zu entscheiden, auf die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte kommt es nicht entscheidend an.

2. Der Kläger unterlag der Sozialversicherungspflicht auch während der Zeiträume zwischen Proben und Aufführungen. Mit dem BSG im Urteil vom 20.03.2013 (a.a.O.) geht die Kammer in Anbetracht der vertraglichen Vereinbarungen von einer faktischen Pflicht des Klägers zur Dienstbereitschaft aus. Denn ausweislich des Passus im "Gast-Vertrag" zur Pflicht des Klägers zur Teilnahme an Proben nach der Premiere und Umbesetzungs-, Sonn-, und Feiertagsproben und der Verpflichtung zur Teilnahme an eventuellen Presse- und Werbeveranstaltungen des Theaters, nimmt die Kammer eine solche Dienstbereitschaft an. Unerheblich ist hierbei, ob konkret Proben oder ähnliche Termine angefallen sind. Für das Entstehen der Sozialversicherungspflicht kommt es allein auf diese Art der Dienstbereitschaft an, die das fortbestehen des Arbeitsverhältnisses nach außen verdeutlicht. Die Beigeladene zu 1) konnte über diesen vertraglichen Passus einseitig eine Dienstpflicht des Klägers herbeiführen, der sich dieser aufgrund des Vertrages auch nicht entziehen konnte. Für die Kammer drückt auch die Pflicht des Klägers zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Verhinderung dieses durchgängige Arbeitsverhältnis aus. Gerade die Verpflichtung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist eine elementare Verpflichtung aus einem Arbeitsverhältnis, das sich jeder Gedanke an die geltend gemachte Selbständigkeit verbietet. Aus der Pflicht zur Genehmigung von Abwesenheitszeiten des Klägers durch die Beigeladene zu 1) zieht die Kammer gleichfalls den Schluss auf die durchgängig bestehende grundsätzliche Dienstbereitschaft des Klägers.

Unter Berücksichtigung der vertraglichen Gestaltung zwischen Kläger und Beigeladener zu 1) und der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung des Klägers ist von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers im Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 28.03.2010 auszugehen, die zu Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung führt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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