Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 204/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 819/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung im Jahr 2008.
Die Klägerin ist Trägerin der Klinik für Manuelle Therapie, I., einem Plankrankenhaus gemäß § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), die sich als "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenksleiden" bezeichnet. Der am 00.00.1986 geborene D. F. (im Folgenden: Versicherter) lebt in Niedersachsen und ist Mitglied der Klägerin. Er leidet seit Geburt an einer infantilen Cerebralparese mit beinbetonter Tetraparese, die bei ihm zu Gangstörungen wechselnden Ausmaßes führt. Seit dem Jahr 2004 wurde der Versicherte wiederholt in die Klinik der Beklagten stationär aufgenommen und dort mit einer Kombination aus manualmedizinischer und osteopathischer Technik begleitet von Krankengymnastik und physikalischer Therapie behandelt. Die Behandlungskosten wurden von der Beklagten getragen, inzwischen jedoch teilweise nach Überprüfung im Zusammenhang mit der hier streitigen Behandlung wieder zurückgefordert.
Unter Vorlage einer Verordnung von Krankenhausbehandlung des Hausarztes des Versicherten vom 23.06.2008 wurde bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer erneuten stationären Behandlung im Krankenhaus der Klägerin beantragt. Die Beklagte schaltete dazu am 26.06.2008 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein und beauftragte ihn, die Notwendigkeit und/oder Dauer der Krankenhausbehandlung des Versicherten zu beurteilen. Am 30.06.2008 wurde der Versicherte stationär aufgenommen. Der MDK vertrat unter dem 02.07.2008 unter Berücksichtigung der Entlassungsberichte der Behandlungen der Jahre 2004 bis 2007 die Auffassung, eine Indikation für eine Krankenhausbehandlung bestehe nicht. Nach dem letzten Entlassungsbericht sei die Behandlung in der Klinik der Beklagten rehabilitativ ausgerichtet gewesen mit Akupunktur, Krankengymnastik, physikalischer Therapie, chiropraktischen Maßnahmen sowie weiteren physikalischen Maßnahmen. Unter dem 08.07.2008 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme der stationären Behandlung ab. Dem Krankenhaus teilte sie am 08.07.2008 mit: "Die Kosten der stationären Behandlung ab 30.06.2008 können von uns nicht übernommen werden. Nach dem Gutachten des MDKN ergibt sich keine Indikation für eine stationäre Krankenhausbehandlung. Ambulante Physiotherapie sollte durchgeführt werden. Sollten Sie Fragen haben, rufen Sie mich an."
Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 15.07.2008 für die stationäre Behandlung des Versicherten vom 30.06.2008 bis 11.07.2008 unter Zugrundelegung der DRG D85C 2791,26 Euro in Rechnung. Die Beklagte beglich diese Rechnung nicht. Die Klägerin legte daraufhin eine Stellungnahme des Oberarztes Dr. I1. vom 14.08.2008 vor, der hervorhob, dass eine Behandlungsdichte, wie sie jetzt erfolgt sei, bei einem berufstätigen behinderten Menschen ambulant nicht möglich sei. Die Beklagte holte dazu eine weitere Stellungnahme des MDK vom 05.09.2008 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass im Fall des Versicherten die Indikation für eine ambulante Physiotherapie, gegebenenfalls für eine neurologische Rehabilitationsbehandlung bestehe, nicht jedoch für eine akutstationäre Behandlung. Mit Schreiben vom 10.09.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach Überprüfung sei der MDK zu dem Ergebnis gekommen, die medizinischen Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung seien nicht erfüllt.
Am 13.10.2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Krankenhausbehandlung des Versicherten sei medizinisch notwendig gewesen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere der multimodale Therapieansatz ihres Krankenhauses zu berücksichtigen. Ferner hat sich die Klägerin auf die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1 c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) berufen. Diese habe mit Zugang der Rechnung begonnen und sei bei Erteilung des Auftrags für das während des Gerichtsverfahrens vom MDK eingeholte Gutachten vom 19.04.2010 längst abgelaufen gewesen. Zwischen der Aufnahme des Versicherten und Ende August 2008 habe sie keine Anfrage des MDK bezüglich des Behandlungsfalls erhalten. Für den Einwendungsausschluss sei unerheblich, dass der MDK nicht nach Rechnungsstellung sondern bereits vor Beginn der Behandlung beauftragt worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.791,26 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.08.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt: Der Versicherte habe sich in die stationäre Behandlung begeben, bevor die Stellungnahme des MDK vorgelegen habe. Sie habe der Klägerin unverzüglich mitgeteilt, dass die Kosten nicht übernommen werden könnten. Eine hohe Behandlungsdichte hätte auch in einer Rehabilitationsklinik zur Verfügung gestanden. Die Beklagte hat im Rahmen dieses Verfahrens am 18.12.2008 Widerklage erhoben, mit der sie die Rückzahlung des Betrages von 3159,21 EUR begehrt hat, die sie für die Behandlung im Jahre 2004 geleistet hat. Sie hat ferner Gutachten des MDK vom 19.02.2009 und (unter Berücksichtigung der Krankenunterlagen) vom 19.04.2010 eingeholt und zu den Akten gereicht.
Mit Beschluss vom 02.09.2009 hat das SG die beiden Klagen getrennt und die Widerklage als eigenes Verfahren fortgeführt. Es hat die Krankenakte beigezogen und ein Sachverständigengutachten des Neurologen PD Dr. T. aus Bad O. eingeholt. Die Klägerin hat der Ernennung dieses Arztes zum Sachverständigen widersprochen, weil er mit DRG-Abrechnungen nicht vertraut sei. Sie hat ferner seine Sachkunde für die hier zu beurteilende Behandlung in Frage gestellt.
Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 18.04.2012 zu dem Ergebnis gelangt, eine notwendige medizinische Behandlung, die ausschließlich mit den Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden kann, sei hier nicht ersichtlich. Es handele sich eindeutig um ein neurologisches Krankheitsbild, eine gezielte neurologische Therapie sei nicht erkennbar, es liege nicht einmal ein ausreichender neulogischer Untersuchungsbefund vor.
Zu den Einwendungen der Klägerin hat der Sachverständige unter dem 19.06.2012 ergänzend Stellung genommen. Er hat an seiner Auffassung festgehalten, dass ein Grund für eine stationäre Akut-Krankenhausbehandlung nicht erkennbar sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.10.2012 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 sowie dem nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Nordrhein-Westfalen bestehenden Sicherstellungsvertrag. Der unabhängig von einer Kostenzusage entstehende Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiere in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssten bei Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne der §§ 27 und 39 SGB V vorliegen. Hier könne die Beklagte aber mit ihren Einwendungen bezüglich der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung nicht mehr gehört werden. Einer Verwertung der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses der Klägerin im gerichtlichen Verfahren stehe entgegen, dass die Beklagte das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht in einer den Anforderungen des § 275 Abs. 1c SGB V genügenden Weise eingeleitet und durchgeführt habe. Die sich aus § 275c Abs. 1c Satz 2 SGB V ergebende Sechs-Wochen-Frist für die Prüfung sei nicht gewahrt.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folge, bestünden im Verhältnis zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und dem MDK Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 14/11). Die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V besitze nur für die dritte Ebene der Sachverhaltsermittlung Bedeutung. Eine Prüfungstätigkeit auf dieser Stufe entfalte der MDK erst dann, wenn auch von ihm die Ordnungsgemäßheit einer Abrechnung nicht allein anhand der vom Krankenhaus bei der Aufnahme oder der Abrechnung überlassenen Daten beurteilbar ist. Im vorliegenden Fall sei die Ausschlusswirkung der Sechs-Wochen-Frist nach § 275 Abs. 1c SGB V zu beachten, da die Sachverhaltsermittlung auf der dritten Stufe erfolgt sei. Denn der MDK habe im Gutachten vom 19.04.2010 die Notwendigkeit der stationären Behandlung des Versicherten nach Auswertung der Krankenakte beurteilt und sich damit auf die dritte Stufe begeben. Diese Prüfung sei indes lange nach Ablauf der Frist von sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei Beklagten am 15.07.2008 erfolgt. Damit sei eine Begrenzung der Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG eingetreten und die weitere medizinische Aufklärung dem Gericht verwehrt. Die dennoch beigezogenen Behandlungsunterlagen des Krankenhauses und weiter erhobenen Sozialdaten dürften im Prozess nicht verwertet werden. Die Krankenkasse sei mit sämtlichen Einwendungen präkludiert, die sich nur unter Zuhilfenahme medizinischen Sachverstandes lösen lassen. Dies gelte ebenso für die auf diese Grundlage gestützten Beweisergebnisse, insbesondere für das durch das SG eingeholte Gutachten des Dr. T ...
Dagegen richtet sich die fristgerechte Berufung der Beklagten: Das SG beachte nicht die Entscheidung des Großen Senates des BSG vom 25.09.2007 - GS 1/06 -, wonach das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen habe, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig sei. Hätte das Vordergericht den vorliegenden Fall nach diesen Maßstäben überprüft, wäre es unter Zugrundelegung der diversen medizinischen Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Krankenhausbehandlung nicht erforderlich gewesen sei. Zu Unrecht meine das SG auch, dass sie mit Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin präkludiert sei, die sich nur unter Zuhilfenahme medizinischer Sachverständiger lösen ließen. Denn solange die Vergütungsforderung nicht verjährt sei, könne sie auch sämtliche Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch vorbringen. Es habe auch kein außergewöhnlicher und gravierender Fall vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten vorgelegen. Insbesondere sei sie nicht mit ihren Einwendungen präkludiert, weil angeblich die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1 S. 2 SGB V abgelaufen sei. Hier seien schon die Angaben der Klägerin unvollständig gewesen, weil sie den streitigen Aufenthalt nicht weiter begründet habe. Wie u. a. der vom SG beauftragte medizinische Sachverständige in seinem Gutachten festgestellt habe, seien bezüglich der Indikation des Versicherten ambulante Therapieformen ausreichend und daher "eine stationäre und insbesondere akut-klinische Aufnahme und Behandlung nicht erforderlich". Vor diesem Hintergrund reichten hier die Mindestangaben nach § 301 SGB V nicht aus. Vielmehr hätten schon in der Anzeige der Klägerin weitere Angaben zur Erforderlichkeit der durchgeführten Krankenhausbehandlung gefehlt (Hinweis auf BSG, Urteil v.16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R). Genüge die Anzeige des Krankenhauses diesen Anforderungen nicht, fehle es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung. Letztlich handele es sich im vorliegenden Fall sogar um einen Leistungsmissbrauch zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Dabei habe die Klägerin rechtsmissbräuchlich gehandelt, wenn sie sich ihrerseits auf den Ablauf der Ausschlussfrist nach § 275 Abs. 1 c S. 2 SGB V berufe. Folglich habe die Ausschlussfrist im vorliegenden Fall schon infolge des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin nie zu laufen begonnen. Außerdem sei die Klägerin noch völlig rechtzeitig über die Durchführung einer Prüfung durch den MDK informiert worden. Zwar heiße es in § 275 Abs. 1 c S. 2 SGB V, dass die Prüfung der Klägerin durch den MDK anzuzeigen sei. Dieser Obliegenheit sei aber ebenfalls genügt, wenn diese Anzeige durch die Beklagte erfolgt. Dies sei im vorliegend mit dem Schreiben vom 08.07.2008 geschehen. Letztlich sei völlig gleichgültig, von wem die Klägerin über die Prüfung des MDK informiert werde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe rechtsfehlerfrei der Zahlungsklage stattgegeben, weil die Beklagte wegen Nichteinhaltung der Sechs-Wochen-Frist gem. § 275 Abs. 1 c SGBV V mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung präkludiert sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten erfolge die Fristwahrung nach § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V auch nur, wenn der Prüfauftrag an den MDK und die Prüfanzeige des MDK an das Krankenhaus innerhalb der Sechs-Wochen-Frist nach Rechnungseingang erfolgten. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung, wonach beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, sei eindeutig. Dass nach Auffassung der Beklagten es völlig gleichgültig sei, von wem die Klägerin über die Prüfung informiert wird, stehe nicht im Einklang mit dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut der Regelung des § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V.
Außerdem sei dem Krankenhaus die Prüfung durch den MDK anzuzeigen und nicht lediglich das Ergebnis der Begutachtung mitzuteilen. Nach dem Sachvortrag der Beklagten habe sie aber lediglich am 08.07.2008 die Klägerin über das Ergebnis eines Gutachtens des MDK informiert. Dies stelle aber keine Anzeige des MDK über die Prüfeinleitung gem. § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V dar.
Die Klägerin habe auch entgegen der Auffassung der Beklagten bei der Aufnahme keine unvollständigen Angaben übermittelt. Der Verweis auf die Entscheidung des BSG vom 16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R - gehe fehl. In dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit sei es um einen Sonderfall gegangen, nämlich die Durchführung einer Polysomnographie, die nach einem entsprechenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses nur dann stationär erbracht und abgerechnet werden dürfe, wenn der Versicherte an weiteren gravierenden gesundheitlichen Beschwerden leide oder wenn eine ambulante Versorgung ambulant nicht im notwendigen Maße zur Verfügung stehe. Da die Polysomnographie grundsätzlich der vertragsärztlichen Versorgung zugeordnet sei und eine stationäre Erbringung nur ausnahmsweise erfolgen dürfe, sei die Krankenkasse vom Krankenhaus über Anlass und Verlauf vorab zu informieren. Ein solcher Ausnahmefall habe vorliegend aber nicht vorgelegen. Ohnehin sei es problematisch, diese Rechtsprechung zu § 301 SGB V rückwirkend anzuwenden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Krankenakte, der Gegenstand der mündlichen Wandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das SG die Beklagte auf die (echte) Leistungsklage der Klägerin zur Zahlung der geforderten Vergütung verurteilt. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung der vom 30.06.2008 bis 11.07.2008 in der Klinik für Manuelle Therapie durchgeführten Behandlung des Versicherten, denn eine stationäre Krankenhausbehandlung war nicht erforderlich.
Auf der Grundlage von § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) entsteht der Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses und die korrespondierende Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die Behandlung im Krankenhaus im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht auf andere Weise, etwa durch ambulante oder teilstationäre Behandlung erreicht werden kann. Ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden kann, ist anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen. Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung ist auch dann vollständig zu überprüfen, wenn die Leistungspflicht für einen zurückliegenden Zeitraum bestritten wird (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R, juris Rn. 22).
Nach der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme war eine Krankenhausbehandlung nicht erforderlich. Der Sachverständige PD Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 18.04.2012 ausgeführt, auch aus der ex-ante-Perspektive sei nicht erkennbar, dass eine notwendige medizinische Behandlung ausschließlich mit den Mitteln eines Krankenhauses erforderlich gewesen sei. Eine spezifische, an den Leitlinien der zuständigen Fachgesellschaft orientierte ärztliche Therapie sei nicht erkennbar. Für sämtliche Behandlungsmaßnahmen sei eine teilstationäre, ggfls. stationäre Rehabilitationsbehandlung ausreichend und sinnvoll gewesen. Die durchgeführten Therapiemaßnahmen, insbesondere Manualtherapie und Osteopathie, stünden in der Bundesrepublik im ambulanten Bereich ausreichend zur Verfügung. Eine stationäre Aufnahme und Behandlung sei hierfür nicht erforderlich gewesen. Es sei auch nicht erkennbar, dass eine besondere ärztliche Kontrolldichte geboten gewesen sei, denn die verantwortliche und unmittelbare Mitwirkung der Ärzte habe nicht im Vordergrund der Behandlung gestanden. Ebenso wenig lasse sich feststellen, dass den durchgeführten Maßnahmen ein von Krankenhausärzten erstellter, laufend fortgeschriebener und überwachter Heilplan zugrunde gelegen habe. Eine spezifisch neurologische Behandlung des bei dem Versicherten vorliegenden neurologischen Krankheitsbildes sei mangels neurologisch ausgebildeter Ärzte in der Klinik der Klägerin nicht möglich gewesen. Weder seien eine ausreichende neurologische Untersuchung noch eine gezielte neurologische Therapie erkennbar und ausreichend dokumentiert.
Diese Beurteilung des Sachverständigen stimmt mit der Beurteilung des MDK in den Gutachten vom 19.02.2009 und 19.04.2010 überein, in denen der MDK zu dem Ergebnis gelangt ist, die Behandlung sei rein rehabilitativ mit dem Ziel der Harmonisierung des Gangbildes gewesen; ein akut stationärer Behandlungsbedarf habe nicht bestanden. Fundierte Einwendungen gegen die Beurteilung des Sachverständigen hat die Klägerin nicht erhoben, insbesondere hat sie nicht dargelegt, inwiefern seine Einschätzung, dass die ärztliche Mitwirkung nicht im Vordergrund der Behandlung gestanden habe, nicht zutrifft. Sie hat auch keine Einwendungen gegen die Aussage des Sachverständigen erhoben, dass im Falle des Versicherten keine Befunde dokumentiert seien, die auf eine besondere Verschlechterung seines Zustandes hindeuteten, die im fraglichen Zeitraum eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gemacht hätten; ebenso wenig hat sie seinem Hinweis widersprochen, bei dem vorliegenden Krankheitsbild werde typischerweise die Behandlung in neurologischen Rehabilitationskliniken durchgeführt. Soweit die Klägerin erstinstanzlich beantragt hat, den damals behandelnden Oberarzt als Zeugen zur stationären Behandlungsbedürftigkeit zu hören, ist unabhängig davon, dass sie diesen Beweisantrag im Berufungsverfahren nicht wiederholt hat, darauf hinzuweisen, dass das Zeugnis des behandelnden Arztes zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung grundsätzlich ein ungeeignetes Beweismittel ist. Der behandelnde Arzt kann als (sachverständiger) Zeuge nur zu Tatsachen gehört werden, deren Wahrnehmung ihm aufgrund seiner Sachkunde möglich war. Dagegen obliegt die Bewertung, ob sich aus diesen Tatsachen die medizinische Notwendigkeit stationärer Behandlung herleiten lässt, allein dem gerichtlich bestellten Sachverständigen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 09.07.2009 - 10 U 959/08, NJW - RR 2010, 41). Der Oberarzt hätte somit allenfalls dazu gehört werden können, dass im vorliegenden Fall Befunde vorlagen oder Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden sind, die der Sachverständige (mangels Dokumentation) in seinem Gutachten nicht berücksichtigt hat. Das hat aber die Klägerin selbst nicht behauptet, sie hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, die vorliegende Dokumentation gebe den medizinischen Sachverhalt nicht vollständig wieder.
Auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen ist die Beurteilung des Sachverständigen nachvollziehbar und plausibel, so dass der Senat keine Bedenken hat, seiner Beurteilung zu folgen. Seine Ausführungen zur fehlenden intensiven ärztlichen Mitwirkung während der streitigen Behandlung und einer eher rehabilitativ ausgerichteten therapeutischen Versorgung solcher Krankheitsbilder lassen schon Zweifel aufkommen, ob überhaupt die erbrachten Leistungen als stationäre Krankenhausbehandlung zu qualifizieren sind (zur Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation nach der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und den verfolgten Behandlungszielen vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 14/02 R, juris Rn. 19 f.). Der Senat kann diese Frage aber offenlassen, da jedenfalls die Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung zu verneinen ist. Vielmehr wären nach der Beurteilung des Sachverständigen ambulante Behandlungsmaßnahmen, ggfls. wegen der Therapiedichte teilstationäre oder stationäre Rehabilitationsbehandlungen (optimal in einer neurologischen Rehabilitationsklinik mit gleichzeitiger Abteilung für Orthopädie) indiziert gewesen. Mangels Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung bestand somit für die vom 30.06.2008 bis 11.07.2008 durchgeführte Behandlung in der Klinik der Klägerin kein Vergütungsanspruch.
Die Einwendungen der Klägerin gegen die Kompetenz des Sachverständigen greifen nicht durch. Es war keineswegs geboten, einen Arzt mit "Erfahrung in der medizinischen Ausrichtung der Klinik für Manuelle Therapie" zu beauftragen. Soweit sich die Klägerin für diese Forderung auf das Urteil des BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 14/07 R, juris Rn. 38 beruft, übersieht sie, dass vorrangig der gerichtliche Sachverständige auf dem zu beurteilenden medizinischen Fachgebiet ausgewiesen sein muss. Da bei dem Versicherten mit der infantilen Cerebralparese ein neurologisches Krankheitsbild vorliegt, ist Dr. T. als Facharzt für Neurologie sehr wohl kompetent, die Behandlung dieses Krankheitsbildes zu beurteilen (wohingegen es eher zweifelhaft erscheint, worin die Kompetenz einer "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenkleiden" für die Behandlung einer neurologischen Erkrankung begründet liegt). Der Sachverständige hat auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.06.2012 überzeugend seine Erfahrung mit akut-medizinischen Behandlungsmaßnahmen begründet und zudem darauf hingewiesen, dass die Übergänge zwischen Akut-Medizin und rehabilitativer Medizin in der Neurologie fließend sind, so dass er bei seiner Tätigkeit als Chefarzt einer neurologischen Rehabilitationsklinik auch akut-medizinischer Erfahrung bedarf. Da vorliegend die Frage einer primären Fehlbelegung und nicht die ordnungsgemäße Abrechnung der durchgeführten Behandlung streitig ist, ist irrelevant, ob der Sachverständige Erfahrung mit dem Abrechnungssystem nach Fallpauschalen (DRG) hat.
Entgegen der Ansicht des SG war hier nach § 275 Abs. 1c SGB V weder die Beklagte mit sämtlichen Einwendungen präkludiert, die sich nur unter Zuhilfenahme medizinischen Sachverstandes lösen lassen, noch war dem Senat die Verwertung der beigezogenen Behandlungsunterlagen und des Sachverständigengutachtens versagt.
Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Nach § 275 Abs. 1c SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 (SGB V) eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus in der vom 01.04.2007 bis zum 24.03.2009 geltenden Fassung der Norm eine Aufwandspauschale in Höhe von EUR 100,00 zu entrichten.
Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V besteht eine Verpflichtung der Beklagten, eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen, wenn es nach Art, Schwere, Dauer und Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Die Beklagte hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob nach den genannten Kriterien eine Begutachtung erforderlich ist. Die Einschaltung des MDK kann demzufolge erforderlich sein, wenn die Erkrankung des Versicherten dies bedingt und es notwendig ist, dass der medizinische Sachverhalt abzuklären ist. Entsprechend dieser Vorschrift konnte die Beklagte, auch wenn dies anders als bei Leistungen der Rehabilitation (§ 275 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) gesetzlich nicht vorgeschrieben ist und nicht regelmäßig zu erfolgen hat, die Prüfung der Erforderlichkeit der verordneten stationären Behandlung durch den MDK vor Behandlungsbeginn überprüfen lassen. Eine solche Überprüfung kann i.Ü. nicht nur auf Antrag der Versicherten, sondern auch des aufnahmewilligen Krankenhauses erfolgen. Dabei handelte es sich hier nicht um eine Abrechnungsprüfung oder sog. Auffälligkeitsprüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 SGB V. Zum Zeitpunkt der Einleitung der Überprüfung der Voraussetzungen für die vom Versicherten gewünschte stationäre Krankenhausbehandlung war der Versicherte noch nicht im Krankenhaus aufgenommen, dem entsprechend konnte auch noch keine Abrechnung zu prüfen sein und konnte eine Verpflichtung des Krankenhauses zur Mitteilung der Daten nach § 301 SGB V noch nicht bestehen. Daran wird deutlich, dass die von der Beklagten eingeleitete Prüfung nicht unter dem Regime des § 275 Abs. 1c SGB V stehen konnte. Daran ändert sich zur Überzeugung des Senats nichts dadurch, dass das Krankenhaus nach Abschluss der Behandlung diese der Krankenkasse in Rechnung gestellt hat. Vielmehr ist die ursprüngliche Vorabprüfung der Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung lediglich fortgesetzt worden und ist, weil das Krankenhaus eine Stellungnahme seines Oberarztes vorgelegt hat, zunächst eine weitere Stellungnahme des MDK (vom 05.09.2008) hierzu eingeholt worden. Natur und Richtung der Prüfung haben sich dadurch aber nicht geändert. Es handelt sich hierbei ebenso wenig um einen neuen Prüfauftrag, der nunmehr die Frist des § 275 Abs. 1c SGB V für Prüfauftrag und dessen Anzeige gegenüber dem Krankenhaus ausgelöst hätte, wie bei den im Gerichtsverfahren vom MDK eingeholten Gutachten, mit denen die Krankenkasse von der Möglichkeit zur Beratung auch im Prozess Gebrauch gemacht hat. Deshalb und weil das Krankenhaus von der Prüfung durch den MDK und die Ablehnung der Kostenübernahme schon vor Behandlungsende und Rechnungsstellung unterrichtet war, bedurfte es weiterer Mitteilungen des MDK über die Fortsetzung der alten Prüfung nicht.
Dass die Unterrichtung des Krankenhauses durch die Beklagte, nicht, wie es die Klägerin unter Hinweis auf den Wortlaut des § 275 Abs. 1c SGB V fordert, durch dem MDK erfolgt ist, ist schon deshalb unschädlich, weil es sich (s.o.) nicht um eine Abrechnungsprüfung gehandelt hat. Im Übrigen ist der Senat mit dem BSG (Urteil v. 17.12.2013 - B 1 KR 14/13 juris Rz. 24) der Auffassung, dass mit der in § 275 Abs. 1c SGB V genannte Prüfanzeige durch den MDK lediglich der Regelfall abgebildet ist (vgl. auch SG Osnabrück, Urteil v. 19.09.2013 - S 13 KR 119/12; a.A. z.B. Wölk, ZMGR 2014, 63,66; LSG Hamburg, Urteil v. 31.01.2013 - L 1 KR 150/11). Wenn es darum geht, dass das Krankenhaus so kurz wie möglich im Unklaren gelassen bleiben soll, ob die Behandlungskosten bezahlt werden (vgl. Pade/Wollenschläger in Eichenhofer/Wenner SGB V, § 275 Rz 26), ist dem in einer Konstellation, wie sie hier gegeben ist, ohne weiteres durch die Information durch die Krankenkasse nach der Vorabprüfung noch vor Rechnungsstellung Genüge getan.
Schließlich trägt die Begründung des angefochtenen Urteils ohnehin nicht die Nichtberücksichtigung der bereits vor denkbarem Eintritt in die Prüfungsstufe 1 (Rechnungsstellung und Mitteilung nach § 301 SGB V) und der angeblichen Fristversäumung vorliegenden Entlassungsberichte der Vorjahre und der dazu eingeholten Stellungnahme des MDK, aus denen sich bereits darauf schließen ließ, dass die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung auch für den geplanten Aufenthalt im Jahre 2008 nicht zu begründen war.
Auf die Frage, ob das Krankenhaus nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 21.03.2013 - B 3 KR 28/12 R; Urteil v. 16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R) bereits mit Rechnungsstellung verpflichtet gewesen wäre, über (im Ergebnis nicht gegebene (s.o.)) besondere Umstände zu informieren, die ausnahmsweise die Erforderlichkeit der stationären Behandlung einer üblicherweise ambulant oder in einer Reha-Klinik zu therapierenden neurologischen Erkrankung in einem Akutkrankenhaus, das sich als "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenksleiden" bezeichnet, begründen könnten, kommt es nach allem nicht an. Es dürfte aber auch unter diesem Gesichtspunkt deutlich werden, dass in einem Fall, in dem schon vor Rechnungsstellung von der Krankenkasse bei Prüfung der ärztlichen Verordnung die Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung gegenüber dem Krankenhaus bestritten worden ist, kaum die Verletzung gegenseitiger Informationspflichten nach § 275 Abs. 1c SGB V und deren Sanktion den Kern des Streits bilden dürfte.
Die Kostentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 SGG zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung im Jahr 2008.
Die Klägerin ist Trägerin der Klinik für Manuelle Therapie, I., einem Plankrankenhaus gemäß § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), die sich als "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenksleiden" bezeichnet. Der am 00.00.1986 geborene D. F. (im Folgenden: Versicherter) lebt in Niedersachsen und ist Mitglied der Klägerin. Er leidet seit Geburt an einer infantilen Cerebralparese mit beinbetonter Tetraparese, die bei ihm zu Gangstörungen wechselnden Ausmaßes führt. Seit dem Jahr 2004 wurde der Versicherte wiederholt in die Klinik der Beklagten stationär aufgenommen und dort mit einer Kombination aus manualmedizinischer und osteopathischer Technik begleitet von Krankengymnastik und physikalischer Therapie behandelt. Die Behandlungskosten wurden von der Beklagten getragen, inzwischen jedoch teilweise nach Überprüfung im Zusammenhang mit der hier streitigen Behandlung wieder zurückgefordert.
Unter Vorlage einer Verordnung von Krankenhausbehandlung des Hausarztes des Versicherten vom 23.06.2008 wurde bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer erneuten stationären Behandlung im Krankenhaus der Klägerin beantragt. Die Beklagte schaltete dazu am 26.06.2008 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein und beauftragte ihn, die Notwendigkeit und/oder Dauer der Krankenhausbehandlung des Versicherten zu beurteilen. Am 30.06.2008 wurde der Versicherte stationär aufgenommen. Der MDK vertrat unter dem 02.07.2008 unter Berücksichtigung der Entlassungsberichte der Behandlungen der Jahre 2004 bis 2007 die Auffassung, eine Indikation für eine Krankenhausbehandlung bestehe nicht. Nach dem letzten Entlassungsbericht sei die Behandlung in der Klinik der Beklagten rehabilitativ ausgerichtet gewesen mit Akupunktur, Krankengymnastik, physikalischer Therapie, chiropraktischen Maßnahmen sowie weiteren physikalischen Maßnahmen. Unter dem 08.07.2008 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme der stationären Behandlung ab. Dem Krankenhaus teilte sie am 08.07.2008 mit: "Die Kosten der stationären Behandlung ab 30.06.2008 können von uns nicht übernommen werden. Nach dem Gutachten des MDKN ergibt sich keine Indikation für eine stationäre Krankenhausbehandlung. Ambulante Physiotherapie sollte durchgeführt werden. Sollten Sie Fragen haben, rufen Sie mich an."
Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 15.07.2008 für die stationäre Behandlung des Versicherten vom 30.06.2008 bis 11.07.2008 unter Zugrundelegung der DRG D85C 2791,26 Euro in Rechnung. Die Beklagte beglich diese Rechnung nicht. Die Klägerin legte daraufhin eine Stellungnahme des Oberarztes Dr. I1. vom 14.08.2008 vor, der hervorhob, dass eine Behandlungsdichte, wie sie jetzt erfolgt sei, bei einem berufstätigen behinderten Menschen ambulant nicht möglich sei. Die Beklagte holte dazu eine weitere Stellungnahme des MDK vom 05.09.2008 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass im Fall des Versicherten die Indikation für eine ambulante Physiotherapie, gegebenenfalls für eine neurologische Rehabilitationsbehandlung bestehe, nicht jedoch für eine akutstationäre Behandlung. Mit Schreiben vom 10.09.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach Überprüfung sei der MDK zu dem Ergebnis gekommen, die medizinischen Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung seien nicht erfüllt.
Am 13.10.2008 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Krankenhausbehandlung des Versicherten sei medizinisch notwendig gewesen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere der multimodale Therapieansatz ihres Krankenhauses zu berücksichtigen. Ferner hat sich die Klägerin auf die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1 c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) berufen. Diese habe mit Zugang der Rechnung begonnen und sei bei Erteilung des Auftrags für das während des Gerichtsverfahrens vom MDK eingeholte Gutachten vom 19.04.2010 längst abgelaufen gewesen. Zwischen der Aufnahme des Versicherten und Ende August 2008 habe sie keine Anfrage des MDK bezüglich des Behandlungsfalls erhalten. Für den Einwendungsausschluss sei unerheblich, dass der MDK nicht nach Rechnungsstellung sondern bereits vor Beginn der Behandlung beauftragt worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.791,26 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.08.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt: Der Versicherte habe sich in die stationäre Behandlung begeben, bevor die Stellungnahme des MDK vorgelegen habe. Sie habe der Klägerin unverzüglich mitgeteilt, dass die Kosten nicht übernommen werden könnten. Eine hohe Behandlungsdichte hätte auch in einer Rehabilitationsklinik zur Verfügung gestanden. Die Beklagte hat im Rahmen dieses Verfahrens am 18.12.2008 Widerklage erhoben, mit der sie die Rückzahlung des Betrages von 3159,21 EUR begehrt hat, die sie für die Behandlung im Jahre 2004 geleistet hat. Sie hat ferner Gutachten des MDK vom 19.02.2009 und (unter Berücksichtigung der Krankenunterlagen) vom 19.04.2010 eingeholt und zu den Akten gereicht.
Mit Beschluss vom 02.09.2009 hat das SG die beiden Klagen getrennt und die Widerklage als eigenes Verfahren fortgeführt. Es hat die Krankenakte beigezogen und ein Sachverständigengutachten des Neurologen PD Dr. T. aus Bad O. eingeholt. Die Klägerin hat der Ernennung dieses Arztes zum Sachverständigen widersprochen, weil er mit DRG-Abrechnungen nicht vertraut sei. Sie hat ferner seine Sachkunde für die hier zu beurteilende Behandlung in Frage gestellt.
Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 18.04.2012 zu dem Ergebnis gelangt, eine notwendige medizinische Behandlung, die ausschließlich mit den Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden kann, sei hier nicht ersichtlich. Es handele sich eindeutig um ein neurologisches Krankheitsbild, eine gezielte neurologische Therapie sei nicht erkennbar, es liege nicht einmal ein ausreichender neulogischer Untersuchungsbefund vor.
Zu den Einwendungen der Klägerin hat der Sachverständige unter dem 19.06.2012 ergänzend Stellung genommen. Er hat an seiner Auffassung festgehalten, dass ein Grund für eine stationäre Akut-Krankenhausbehandlung nicht erkennbar sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.10.2012 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 sowie dem nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Nordrhein-Westfalen bestehenden Sicherstellungsvertrag. Der unabhängig von einer Kostenzusage entstehende Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiere in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssten bei Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne der §§ 27 und 39 SGB V vorliegen. Hier könne die Beklagte aber mit ihren Einwendungen bezüglich der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung nicht mehr gehört werden. Einer Verwertung der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses der Klägerin im gerichtlichen Verfahren stehe entgegen, dass die Beklagte das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht in einer den Anforderungen des § 275 Abs. 1c SGB V genügenden Weise eingeleitet und durchgeführt habe. Die sich aus § 275c Abs. 1c Satz 2 SGB V ergebende Sechs-Wochen-Frist für die Prüfung sei nicht gewahrt.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folge, bestünden im Verhältnis zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und dem MDK Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 14/11). Die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V besitze nur für die dritte Ebene der Sachverhaltsermittlung Bedeutung. Eine Prüfungstätigkeit auf dieser Stufe entfalte der MDK erst dann, wenn auch von ihm die Ordnungsgemäßheit einer Abrechnung nicht allein anhand der vom Krankenhaus bei der Aufnahme oder der Abrechnung überlassenen Daten beurteilbar ist. Im vorliegenden Fall sei die Ausschlusswirkung der Sechs-Wochen-Frist nach § 275 Abs. 1c SGB V zu beachten, da die Sachverhaltsermittlung auf der dritten Stufe erfolgt sei. Denn der MDK habe im Gutachten vom 19.04.2010 die Notwendigkeit der stationären Behandlung des Versicherten nach Auswertung der Krankenakte beurteilt und sich damit auf die dritte Stufe begeben. Diese Prüfung sei indes lange nach Ablauf der Frist von sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei Beklagten am 15.07.2008 erfolgt. Damit sei eine Begrenzung der Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG eingetreten und die weitere medizinische Aufklärung dem Gericht verwehrt. Die dennoch beigezogenen Behandlungsunterlagen des Krankenhauses und weiter erhobenen Sozialdaten dürften im Prozess nicht verwertet werden. Die Krankenkasse sei mit sämtlichen Einwendungen präkludiert, die sich nur unter Zuhilfenahme medizinischen Sachverstandes lösen lassen. Dies gelte ebenso für die auf diese Grundlage gestützten Beweisergebnisse, insbesondere für das durch das SG eingeholte Gutachten des Dr. T ...
Dagegen richtet sich die fristgerechte Berufung der Beklagten: Das SG beachte nicht die Entscheidung des Großen Senates des BSG vom 25.09.2007 - GS 1/06 -, wonach das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen habe, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig sei. Hätte das Vordergericht den vorliegenden Fall nach diesen Maßstäben überprüft, wäre es unter Zugrundelegung der diversen medizinischen Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Krankenhausbehandlung nicht erforderlich gewesen sei. Zu Unrecht meine das SG auch, dass sie mit Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin präkludiert sei, die sich nur unter Zuhilfenahme medizinischer Sachverständiger lösen ließen. Denn solange die Vergütungsforderung nicht verjährt sei, könne sie auch sämtliche Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch vorbringen. Es habe auch kein außergewöhnlicher und gravierender Fall vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten vorgelegen. Insbesondere sei sie nicht mit ihren Einwendungen präkludiert, weil angeblich die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1 S. 2 SGB V abgelaufen sei. Hier seien schon die Angaben der Klägerin unvollständig gewesen, weil sie den streitigen Aufenthalt nicht weiter begründet habe. Wie u. a. der vom SG beauftragte medizinische Sachverständige in seinem Gutachten festgestellt habe, seien bezüglich der Indikation des Versicherten ambulante Therapieformen ausreichend und daher "eine stationäre und insbesondere akut-klinische Aufnahme und Behandlung nicht erforderlich". Vor diesem Hintergrund reichten hier die Mindestangaben nach § 301 SGB V nicht aus. Vielmehr hätten schon in der Anzeige der Klägerin weitere Angaben zur Erforderlichkeit der durchgeführten Krankenhausbehandlung gefehlt (Hinweis auf BSG, Urteil v.16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R). Genüge die Anzeige des Krankenhauses diesen Anforderungen nicht, fehle es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung. Letztlich handele es sich im vorliegenden Fall sogar um einen Leistungsmissbrauch zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Dabei habe die Klägerin rechtsmissbräuchlich gehandelt, wenn sie sich ihrerseits auf den Ablauf der Ausschlussfrist nach § 275 Abs. 1 c S. 2 SGB V berufe. Folglich habe die Ausschlussfrist im vorliegenden Fall schon infolge des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin nie zu laufen begonnen. Außerdem sei die Klägerin noch völlig rechtzeitig über die Durchführung einer Prüfung durch den MDK informiert worden. Zwar heiße es in § 275 Abs. 1 c S. 2 SGB V, dass die Prüfung der Klägerin durch den MDK anzuzeigen sei. Dieser Obliegenheit sei aber ebenfalls genügt, wenn diese Anzeige durch die Beklagte erfolgt. Dies sei im vorliegend mit dem Schreiben vom 08.07.2008 geschehen. Letztlich sei völlig gleichgültig, von wem die Klägerin über die Prüfung des MDK informiert werde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe rechtsfehlerfrei der Zahlungsklage stattgegeben, weil die Beklagte wegen Nichteinhaltung der Sechs-Wochen-Frist gem. § 275 Abs. 1 c SGBV V mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung präkludiert sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten erfolge die Fristwahrung nach § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V auch nur, wenn der Prüfauftrag an den MDK und die Prüfanzeige des MDK an das Krankenhaus innerhalb der Sechs-Wochen-Frist nach Rechnungseingang erfolgten. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung, wonach beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, sei eindeutig. Dass nach Auffassung der Beklagten es völlig gleichgültig sei, von wem die Klägerin über die Prüfung informiert wird, stehe nicht im Einklang mit dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut der Regelung des § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V.
Außerdem sei dem Krankenhaus die Prüfung durch den MDK anzuzeigen und nicht lediglich das Ergebnis der Begutachtung mitzuteilen. Nach dem Sachvortrag der Beklagten habe sie aber lediglich am 08.07.2008 die Klägerin über das Ergebnis eines Gutachtens des MDK informiert. Dies stelle aber keine Anzeige des MDK über die Prüfeinleitung gem. § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V dar.
Die Klägerin habe auch entgegen der Auffassung der Beklagten bei der Aufnahme keine unvollständigen Angaben übermittelt. Der Verweis auf die Entscheidung des BSG vom 16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R - gehe fehl. In dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit sei es um einen Sonderfall gegangen, nämlich die Durchführung einer Polysomnographie, die nach einem entsprechenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses nur dann stationär erbracht und abgerechnet werden dürfe, wenn der Versicherte an weiteren gravierenden gesundheitlichen Beschwerden leide oder wenn eine ambulante Versorgung ambulant nicht im notwendigen Maße zur Verfügung stehe. Da die Polysomnographie grundsätzlich der vertragsärztlichen Versorgung zugeordnet sei und eine stationäre Erbringung nur ausnahmsweise erfolgen dürfe, sei die Krankenkasse vom Krankenhaus über Anlass und Verlauf vorab zu informieren. Ein solcher Ausnahmefall habe vorliegend aber nicht vorgelegen. Ohnehin sei es problematisch, diese Rechtsprechung zu § 301 SGB V rückwirkend anzuwenden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Krankenakte, der Gegenstand der mündlichen Wandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das SG die Beklagte auf die (echte) Leistungsklage der Klägerin zur Zahlung der geforderten Vergütung verurteilt. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung der vom 30.06.2008 bis 11.07.2008 in der Klinik für Manuelle Therapie durchgeführten Behandlung des Versicherten, denn eine stationäre Krankenhausbehandlung war nicht erforderlich.
Auf der Grundlage von § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) entsteht der Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses und die korrespondierende Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die Behandlung im Krankenhaus im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht auf andere Weise, etwa durch ambulante oder teilstationäre Behandlung erreicht werden kann. Ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden kann, ist anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen. Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung ist auch dann vollständig zu überprüfen, wenn die Leistungspflicht für einen zurückliegenden Zeitraum bestritten wird (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R, juris Rn. 22).
Nach der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme war eine Krankenhausbehandlung nicht erforderlich. Der Sachverständige PD Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 18.04.2012 ausgeführt, auch aus der ex-ante-Perspektive sei nicht erkennbar, dass eine notwendige medizinische Behandlung ausschließlich mit den Mitteln eines Krankenhauses erforderlich gewesen sei. Eine spezifische, an den Leitlinien der zuständigen Fachgesellschaft orientierte ärztliche Therapie sei nicht erkennbar. Für sämtliche Behandlungsmaßnahmen sei eine teilstationäre, ggfls. stationäre Rehabilitationsbehandlung ausreichend und sinnvoll gewesen. Die durchgeführten Therapiemaßnahmen, insbesondere Manualtherapie und Osteopathie, stünden in der Bundesrepublik im ambulanten Bereich ausreichend zur Verfügung. Eine stationäre Aufnahme und Behandlung sei hierfür nicht erforderlich gewesen. Es sei auch nicht erkennbar, dass eine besondere ärztliche Kontrolldichte geboten gewesen sei, denn die verantwortliche und unmittelbare Mitwirkung der Ärzte habe nicht im Vordergrund der Behandlung gestanden. Ebenso wenig lasse sich feststellen, dass den durchgeführten Maßnahmen ein von Krankenhausärzten erstellter, laufend fortgeschriebener und überwachter Heilplan zugrunde gelegen habe. Eine spezifisch neurologische Behandlung des bei dem Versicherten vorliegenden neurologischen Krankheitsbildes sei mangels neurologisch ausgebildeter Ärzte in der Klinik der Klägerin nicht möglich gewesen. Weder seien eine ausreichende neurologische Untersuchung noch eine gezielte neurologische Therapie erkennbar und ausreichend dokumentiert.
Diese Beurteilung des Sachverständigen stimmt mit der Beurteilung des MDK in den Gutachten vom 19.02.2009 und 19.04.2010 überein, in denen der MDK zu dem Ergebnis gelangt ist, die Behandlung sei rein rehabilitativ mit dem Ziel der Harmonisierung des Gangbildes gewesen; ein akut stationärer Behandlungsbedarf habe nicht bestanden. Fundierte Einwendungen gegen die Beurteilung des Sachverständigen hat die Klägerin nicht erhoben, insbesondere hat sie nicht dargelegt, inwiefern seine Einschätzung, dass die ärztliche Mitwirkung nicht im Vordergrund der Behandlung gestanden habe, nicht zutrifft. Sie hat auch keine Einwendungen gegen die Aussage des Sachverständigen erhoben, dass im Falle des Versicherten keine Befunde dokumentiert seien, die auf eine besondere Verschlechterung seines Zustandes hindeuteten, die im fraglichen Zeitraum eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gemacht hätten; ebenso wenig hat sie seinem Hinweis widersprochen, bei dem vorliegenden Krankheitsbild werde typischerweise die Behandlung in neurologischen Rehabilitationskliniken durchgeführt. Soweit die Klägerin erstinstanzlich beantragt hat, den damals behandelnden Oberarzt als Zeugen zur stationären Behandlungsbedürftigkeit zu hören, ist unabhängig davon, dass sie diesen Beweisantrag im Berufungsverfahren nicht wiederholt hat, darauf hinzuweisen, dass das Zeugnis des behandelnden Arztes zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung grundsätzlich ein ungeeignetes Beweismittel ist. Der behandelnde Arzt kann als (sachverständiger) Zeuge nur zu Tatsachen gehört werden, deren Wahrnehmung ihm aufgrund seiner Sachkunde möglich war. Dagegen obliegt die Bewertung, ob sich aus diesen Tatsachen die medizinische Notwendigkeit stationärer Behandlung herleiten lässt, allein dem gerichtlich bestellten Sachverständigen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 09.07.2009 - 10 U 959/08, NJW - RR 2010, 41). Der Oberarzt hätte somit allenfalls dazu gehört werden können, dass im vorliegenden Fall Befunde vorlagen oder Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden sind, die der Sachverständige (mangels Dokumentation) in seinem Gutachten nicht berücksichtigt hat. Das hat aber die Klägerin selbst nicht behauptet, sie hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, die vorliegende Dokumentation gebe den medizinischen Sachverhalt nicht vollständig wieder.
Auf der Grundlage der Behandlungsunterlagen ist die Beurteilung des Sachverständigen nachvollziehbar und plausibel, so dass der Senat keine Bedenken hat, seiner Beurteilung zu folgen. Seine Ausführungen zur fehlenden intensiven ärztlichen Mitwirkung während der streitigen Behandlung und einer eher rehabilitativ ausgerichteten therapeutischen Versorgung solcher Krankheitsbilder lassen schon Zweifel aufkommen, ob überhaupt die erbrachten Leistungen als stationäre Krankenhausbehandlung zu qualifizieren sind (zur Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation nach der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und den verfolgten Behandlungszielen vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 14/02 R, juris Rn. 19 f.). Der Senat kann diese Frage aber offenlassen, da jedenfalls die Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung zu verneinen ist. Vielmehr wären nach der Beurteilung des Sachverständigen ambulante Behandlungsmaßnahmen, ggfls. wegen der Therapiedichte teilstationäre oder stationäre Rehabilitationsbehandlungen (optimal in einer neurologischen Rehabilitationsklinik mit gleichzeitiger Abteilung für Orthopädie) indiziert gewesen. Mangels Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung bestand somit für die vom 30.06.2008 bis 11.07.2008 durchgeführte Behandlung in der Klinik der Klägerin kein Vergütungsanspruch.
Die Einwendungen der Klägerin gegen die Kompetenz des Sachverständigen greifen nicht durch. Es war keineswegs geboten, einen Arzt mit "Erfahrung in der medizinischen Ausrichtung der Klinik für Manuelle Therapie" zu beauftragen. Soweit sich die Klägerin für diese Forderung auf das Urteil des BSG vom 10.04.2008 - B 3 KR 14/07 R, juris Rn. 38 beruft, übersieht sie, dass vorrangig der gerichtliche Sachverständige auf dem zu beurteilenden medizinischen Fachgebiet ausgewiesen sein muss. Da bei dem Versicherten mit der infantilen Cerebralparese ein neurologisches Krankheitsbild vorliegt, ist Dr. T. als Facharzt für Neurologie sehr wohl kompetent, die Behandlung dieses Krankheitsbildes zu beurteilen (wohingegen es eher zweifelhaft erscheint, worin die Kompetenz einer "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenkleiden" für die Behandlung einer neurologischen Erkrankung begründet liegt). Der Sachverständige hat auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.06.2012 überzeugend seine Erfahrung mit akut-medizinischen Behandlungsmaßnahmen begründet und zudem darauf hingewiesen, dass die Übergänge zwischen Akut-Medizin und rehabilitativer Medizin in der Neurologie fließend sind, so dass er bei seiner Tätigkeit als Chefarzt einer neurologischen Rehabilitationsklinik auch akut-medizinischer Erfahrung bedarf. Da vorliegend die Frage einer primären Fehlbelegung und nicht die ordnungsgemäße Abrechnung der durchgeführten Behandlung streitig ist, ist irrelevant, ob der Sachverständige Erfahrung mit dem Abrechnungssystem nach Fallpauschalen (DRG) hat.
Entgegen der Ansicht des SG war hier nach § 275 Abs. 1c SGB V weder die Beklagte mit sämtlichen Einwendungen präkludiert, die sich nur unter Zuhilfenahme medizinischen Sachverstandes lösen lassen, noch war dem Senat die Verwertung der beigezogenen Behandlungsunterlagen und des Sachverständigengutachtens versagt.
Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Nach § 275 Abs. 1c SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 (SGB V) eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus in der vom 01.04.2007 bis zum 24.03.2009 geltenden Fassung der Norm eine Aufwandspauschale in Höhe von EUR 100,00 zu entrichten.
Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V besteht eine Verpflichtung der Beklagten, eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen, wenn es nach Art, Schwere, Dauer und Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Die Beklagte hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob nach den genannten Kriterien eine Begutachtung erforderlich ist. Die Einschaltung des MDK kann demzufolge erforderlich sein, wenn die Erkrankung des Versicherten dies bedingt und es notwendig ist, dass der medizinische Sachverhalt abzuklären ist. Entsprechend dieser Vorschrift konnte die Beklagte, auch wenn dies anders als bei Leistungen der Rehabilitation (§ 275 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) gesetzlich nicht vorgeschrieben ist und nicht regelmäßig zu erfolgen hat, die Prüfung der Erforderlichkeit der verordneten stationären Behandlung durch den MDK vor Behandlungsbeginn überprüfen lassen. Eine solche Überprüfung kann i.Ü. nicht nur auf Antrag der Versicherten, sondern auch des aufnahmewilligen Krankenhauses erfolgen. Dabei handelte es sich hier nicht um eine Abrechnungsprüfung oder sog. Auffälligkeitsprüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 SGB V. Zum Zeitpunkt der Einleitung der Überprüfung der Voraussetzungen für die vom Versicherten gewünschte stationäre Krankenhausbehandlung war der Versicherte noch nicht im Krankenhaus aufgenommen, dem entsprechend konnte auch noch keine Abrechnung zu prüfen sein und konnte eine Verpflichtung des Krankenhauses zur Mitteilung der Daten nach § 301 SGB V noch nicht bestehen. Daran wird deutlich, dass die von der Beklagten eingeleitete Prüfung nicht unter dem Regime des § 275 Abs. 1c SGB V stehen konnte. Daran ändert sich zur Überzeugung des Senats nichts dadurch, dass das Krankenhaus nach Abschluss der Behandlung diese der Krankenkasse in Rechnung gestellt hat. Vielmehr ist die ursprüngliche Vorabprüfung der Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung lediglich fortgesetzt worden und ist, weil das Krankenhaus eine Stellungnahme seines Oberarztes vorgelegt hat, zunächst eine weitere Stellungnahme des MDK (vom 05.09.2008) hierzu eingeholt worden. Natur und Richtung der Prüfung haben sich dadurch aber nicht geändert. Es handelt sich hierbei ebenso wenig um einen neuen Prüfauftrag, der nunmehr die Frist des § 275 Abs. 1c SGB V für Prüfauftrag und dessen Anzeige gegenüber dem Krankenhaus ausgelöst hätte, wie bei den im Gerichtsverfahren vom MDK eingeholten Gutachten, mit denen die Krankenkasse von der Möglichkeit zur Beratung auch im Prozess Gebrauch gemacht hat. Deshalb und weil das Krankenhaus von der Prüfung durch den MDK und die Ablehnung der Kostenübernahme schon vor Behandlungsende und Rechnungsstellung unterrichtet war, bedurfte es weiterer Mitteilungen des MDK über die Fortsetzung der alten Prüfung nicht.
Dass die Unterrichtung des Krankenhauses durch die Beklagte, nicht, wie es die Klägerin unter Hinweis auf den Wortlaut des § 275 Abs. 1c SGB V fordert, durch dem MDK erfolgt ist, ist schon deshalb unschädlich, weil es sich (s.o.) nicht um eine Abrechnungsprüfung gehandelt hat. Im Übrigen ist der Senat mit dem BSG (Urteil v. 17.12.2013 - B 1 KR 14/13 juris Rz. 24) der Auffassung, dass mit der in § 275 Abs. 1c SGB V genannte Prüfanzeige durch den MDK lediglich der Regelfall abgebildet ist (vgl. auch SG Osnabrück, Urteil v. 19.09.2013 - S 13 KR 119/12; a.A. z.B. Wölk, ZMGR 2014, 63,66; LSG Hamburg, Urteil v. 31.01.2013 - L 1 KR 150/11). Wenn es darum geht, dass das Krankenhaus so kurz wie möglich im Unklaren gelassen bleiben soll, ob die Behandlungskosten bezahlt werden (vgl. Pade/Wollenschläger in Eichenhofer/Wenner SGB V, § 275 Rz 26), ist dem in einer Konstellation, wie sie hier gegeben ist, ohne weiteres durch die Information durch die Krankenkasse nach der Vorabprüfung noch vor Rechnungsstellung Genüge getan.
Schließlich trägt die Begründung des angefochtenen Urteils ohnehin nicht die Nichtberücksichtigung der bereits vor denkbarem Eintritt in die Prüfungsstufe 1 (Rechnungsstellung und Mitteilung nach § 301 SGB V) und der angeblichen Fristversäumung vorliegenden Entlassungsberichte der Vorjahre und der dazu eingeholten Stellungnahme des MDK, aus denen sich bereits darauf schließen ließ, dass die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung auch für den geplanten Aufenthalt im Jahre 2008 nicht zu begründen war.
Auf die Frage, ob das Krankenhaus nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 21.03.2013 - B 3 KR 28/12 R; Urteil v. 16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R) bereits mit Rechnungsstellung verpflichtet gewesen wäre, über (im Ergebnis nicht gegebene (s.o.)) besondere Umstände zu informieren, die ausnahmsweise die Erforderlichkeit der stationären Behandlung einer üblicherweise ambulant oder in einer Reha-Klinik zu therapierenden neurologischen Erkrankung in einem Akutkrankenhaus, das sich als "Spezialklinik für Rheuma-, Wirbelsäulen- und Gelenksleiden" bezeichnet, begründen könnten, kommt es nach allem nicht an. Es dürfte aber auch unter diesem Gesichtspunkt deutlich werden, dass in einem Fall, in dem schon vor Rechnungsstellung von der Krankenkasse bei Prüfung der ärztlichen Verordnung die Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung gegenüber dem Krankenhaus bestritten worden ist, kaum die Verletzung gegenseitiger Informationspflichten nach § 275 Abs. 1c SGB V und deren Sanktion den Kern des Streits bilden dürfte.
Die Kostentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 SGG zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
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