L 6 R 512/14 B ER

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 16 R 2859/13 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 512/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 11. April 2014 abgeändert. Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beschwerdeführers vom 21. November 2013 gegen den Bescheid vom 14. November 2013 aufschiebende Wirkung hat. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Vorschuss auf eine zu gewährende Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die Beschwerdegegnerin zahlte dem 1963 geborenen Beschwerdeführer aufgrund eines Ver-gleichs vor dem (SG) Nordhausen (Az.: S 3 R 1319/07) vom 20. Mai 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes vom 1. November 2010 bis zum 31. Oktober 2013. Zugrunde lag dem ein psychiatrisch-psychosomatisches Gut-achten des Dr. B. vom 2. Februar 2011, in dem der Sachverständige u.a. ausgeführt hatte, bisher seien weder ambulante noch stationäre therapeutische Möglichkeiten ausgeschöpft worden. Erst nach einer intensiven Behandlung könne näher eingeschätzt werden, ob sich der Gesundheitszustand mit Auswirkung auf das Leistungsvermögen verbessern werde. Gegebenenfalls solle eine stationäre, psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme eingeleitet werden.

Am 19. Februar 2013 beantragte der Beschwerdeführer die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer mit der Begründung, er leide an einer Herzschwäche und gehe davon aus, dass er nicht mehr lange leben werde. Die Beschwerdegegnerin holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. W. vom 4. Juni 2013 ein (Diagnosen: leichtgradiges Cervicocranialsyndrom mit Hinterkopfschmerz, leichtes funktionelles Lumbalsyndrom L5 bis S3 rechts, Schlafapnoesyndrom, Tinnitus aurium, psychogen induziertes mäßiggradiges hirnorganisches Psychosyndrom mit Konzentrationsschwierigkeiten, Merkfähigkeits- und Operativgedächtnisstörungen), in dem dieser ausführte, ob mit der Rentengewährung tatsächlich etwas Gutes erreicht worden sei, erscheine fraglich. In den letzten anderthalb Jahren sei der Beschwerdeführer elegisch selbstbemitleidend, klagsam und in allen Bereichen aggravierend. Eine schulmäßige psychiatrische oder richtliniengerechte ambulante Psychotherapie habe nicht einmal in Ansätzen stattgefunden. Der Beschwerdeführer "koche gleicher-maßen im eigenen Saft" und wundere sich, dass er aus seiner individuellen Misere nicht "rauskomme". Seine Ehefrau wirke in Form Overprotectionssituation diesbezüglich unterstützend mit und habe es bisher nicht fertig gebracht, ihn einer entsprechenden therapeutisch orientierten Psychotherapie zuzuführen. So falsch wie der Ansatz auch sei, müsse gutachterlich festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im funktionellen Ist-Zustand nicht arbeiten könne. Es wäre tatsächlich ein Fall für Versicherungsdetektive, die beobachten und beurteilen könnten und sollten, ob das elegisch klagsame Verhalten des Beschwerdeführers sich auch auf den Alltag beziehe.

Nach einer Stellungnahme des Ärztlichen Prüfdienstes vom 17. Juni 2013, dass dem Be-schwerdeführer vor einer abschließenden Entscheidung eine Rehabilitationsmaßnahme gewährt werden sollte, bewilligte ihm die Beschwerdegegnerin mit Bescheid vom 29. August 2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Ende der Rehabilitationsmaßnahme, befristet bis zum 31. Dezember 2013. Sollte er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sein, an einer Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen, werde er um Übersendung eines ärztlichen Attests gebeten. Wegen der nur zweimonatigen Verlängerung der Rente erhob der Beschwerdeführer am 25. September 2013 Widerspruch und führte aus, er sei krank und könne keine Rehabilitationsmaßnahme durchführen. Nach dem Gutachten des Dr. Wartmann vom 4. Juni 2013 sei er nicht erwerbsfähig.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit, sie beabsichtige die Entziehung der mit Bescheid vom 29. August 2013 bewilligten Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung zum 1. Dezember 2013 nach § 66 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) wegen mangelnder Mitwirkung. Sein Leistungsvermögen könne durch eine Rehabilitationsmaßnahme verbessert werden. Diese Feststellung sei bereits in dem psychiatrisch-psychosomatischen Fachgutachten des Dr. B. vom 2. Februar 2011 getroffen und durch eine aktuelle Stellungnahme des Prüfarztes vom 14. Oktober 2013 bestätigt worden. Sollte er bis zum 13. November 2013 keine Zustimmung zu den angebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erteilen bzw. eine Bescheinigung des behandelnden Arztes über die nicht vorliegende Belastbarkeit für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation vorlegen, sei sie berechtigt, die Erwerbsminderungsrente ohne weitere Ermittlungen zu entziehen.

Mit Bescheid vom 14. November 2013 entzog die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer die Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 66 Abs. 2 SGB I mit Wirkung vom 1. Dezember 2013 wegen mangelnder Mitwirkung. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 21. November 2013 Widerspruch.

Am 18. November 2013 hat er beim SG beantragt, die Beschwerdegegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Rente wegen voller Erwerbs-minderung über den 31. Dezember 2013 hinaus zu gewähren. Er wende sich auch gegen die drohende Renteneinstellung zum 1. Dezember 2013 und könne nicht nachvollziehen, dass durch eine dreiwöchige Rehabilitation seine seit ca. neun Jahren bestehenden Erkrankungen verbessert werden könnten.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 13. Dezember 2013 ist der Be-schwerdeführer durch den Rettungsdienst versorgt und im Anschluss bis 17. Dezember 2013 stationär im Südharzklinikum N. behandelt worden. Die Arztpraxis A., Dr. B. hat mit ärztlichem Attest vom 19. Dezember 2013 eine derzeit fehlende Rehabilitationsfähigkeit bescheinigt und Krankenhausbehandlung im Herzzentrum (L.) verordnet. Während einer stationären Behandlung vom 3. bis 17. Februar 2014 ist dort eine ICD (Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator) Implantation als Primärprophylaxe erfolgt. Mit Bescheid vom 19. Februar 2014 hat die Beschwerdegegnerin eine stationäre Anschlussheilbehandlung in der K. Klinik B. L. bewilligt. Diese hat mit Schreiben vom 24. Februar 2014 mitgeteilt, dass der Termin auf Wunsch des Beschwerdeführers storniert wurde.

Mit Beschluss vom 11. April 2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen An-ordnung abgelehnt und zur Begründung einen Beschluss des erkennenden Senats vom 9. August 2011 - Az.: L 6 R 997/11 B ER zitiert.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und vorgetragen, er sei schwer krank und könne nicht mehr arbeiten. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalte er nicht, da er nur unter drei Stunden arbeitsfähig sei und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Sein Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert; zu seiner schweren Herzerkrankung sei noch eine beidseitige Schwerhörigkeit mit Tinnitus hinzu getreten. Seine Ehefrau habe kein geregeltes Einkommen, außerdem habe er 35 Jahre hart als Berufskraftfahrer gearbeitet und in die Rente eingezahlt. Er habe sich durch seine Arbeit einen Anspruch auf Rente erwirtschaftet; dies sei für ihn keine Sozialleistung. Arbeitslosengeld erhalte er nicht, weil er nur unter drei Stunden arbeitsfähig sei. Grundsicherung stehe ihm auch nicht zu.

Eine Erklärung zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat er entgegen der An-forderung durch die Berichterstatterin des Senats mit Verfügungen vom 25. April 2014 und 8. Mai 2014 nicht abgegeben.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 11. April 2014 aufzuheben und festzustellen, dass sein Widerspruch vom 21. November 2013 gegen den Bescheid vom 14. November 2013 aufschiebende Wirkung hat und die Beschwerdegegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab 1. Januar 2014 einen Vorschuss in gesetzlicher Höhe auf die zu gewährende Rente wegen Erwerbsminderung bis zu einer Entscheidung über seinen Antrag vom 19. Februar 2013 in der Hauptsache zu zahlen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten, den Abschluss der beiden Widerspruchsverfahren abzuwarten. Er sei grundsätzlich auf die Möglichkeit zu verweisen, Grundsicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen, andernfalls müsste bei allen mittellosen Rentenantragstellern bereits im Zeitpunkt der Antragstellung eine einstweilige Anordnung zur Rentenzahlung ergehen. Die aufgrund dessen geleisteten Zahlungen könnten aber im Falle einer endgültigen Ablehnung des Rentenantrags regelmäßig wegen der Mittellosigkeit nicht zurückgefordert werden. Insofern käme es faktisch zu einer Vorwegnahme der Hauptsache.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdeakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 11. April 2014 ist nach §§ 172 Abs. 1, 173 SGG statthaft und zulässig.

Der Senat verweist vorab darauf hin, dass entgegen den Gründen II im Beschluss des SG der hier zugrunde liegende Sachverhalt mit dem im Rechtsstreit Az.: L 6 R 997/11 B ER nicht vergleichbar ist. Es geht vorliegend nicht um die Versagung einer Rente wegen Erwerbsminderung wegen fehlender Mitwirkung, sondern hinsichtlich des Zeitraums 1. bis 31. Dezember 2013 um die Entziehung einer bereits gewährten Rente; ab 1. Januar 2014 ist keine Ablehnung der Rente wegen Erwerbsminderung wegen fehlender Mitwirkung erfolgt.

Hinsichtlich der Entziehung der Rente wegen Erwerbsminderung für den Monat Dezember 2013 ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig, weil in der Hauptsache eine reine Anfechtungsklage zu erheben wäre. Insoweit war der Antrag in einen Antrag auf (deklatorische) Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) umzudeuten (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rdnr. 15). Nach § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechts-gestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung allein für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufen-de Leistung herabsetzen oder entziehen. Der Widerspruch gegen einen Versagungs- oder wie hier Entziehungsbescheid hat dagegen nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung mit der Folge, dass eine Vollziehung des Bescheides vom 14. November 2013 aufgrund des Widerspruchs des Beschwerdeführers nicht möglich, d.h. die mit Bescheid vom 29. August 2013 bewilligte Rente für den Monat Dezember 2013 auszuzahlen ist.

Für den Zeitraum ab 1. Januar 2014 kommt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Betracht. Dieser Antrag des Beschwerdeführers ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Die Anträge nach § 86b Abs. 1 und Abs. 2 SGG sind schon vor Klageerhebung zulässig (Absatz 3).

Der Antrag ist zulässig. Auf den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer hat ihm die Beschwerdegegnerin mit Bescheid vom 29. August 2013 eine Rente für den Zeitraum vom 1. November bis 31. Dezember 2013 bewilligt. Dies hat der Beschwerdeführer als Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2014 verstanden und Widerspruch erhoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § 86a Abs. 3 SGG bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides bzw. vor Klageerhebung möglich.

Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsa-chenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen kann. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, wenn es für den Antragsteller unzumutbar er-scheint, auf den (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden. Insofern besteht keine freie Auswahl, ob das Rechtsschutzbegehren im Eilverfahren oder im Hauptsacheverfahren verfolgt wird; einstweiliger Rechtsschutz kommt nur (regelmäßig ergänzend) dann in Betracht, wenn eine Gewährung von Rechtsschutz in der Hauptsache zu spät käme und dadurch der verfassungsrechtliche Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG)) beeinträchtigt würde (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2004 - Az.: L 6 P 458/04 ER m.w.N.).

Es fehlt am Anordnungsanspruch. Vor Erlass einer einstweiligen Anordnung erfolgt eine - summarische - Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache. Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage, soweit nicht existentielle Leistungen in Frage stehen, an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12. Mai 2005 - Az.: 1 BvR 569/05, nach juris). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ist nicht gegeben. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens voll-ständig offen.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn die Versicherten voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Vo-raussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert sind sie, wenn sie wegen Krankheit oder Be-hinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers steht aufgrund des Gutachtens des Dr. W. vom 4. Juni 2013 nicht fest, dass er wegen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbs-tätig zu sein. Das Gutachten ist in sich widersprüchlich und es fehlt an einer nachvollziehbaren Begründung für die Leistungseinschätzung. Auf Blatt 7 des Gutachtens beschreibt der Sachverständige schwere Aggravationen und fehlende objektive Befunde für die angegebenen Beschwerden. Objektive Befunde mit relevanten Funktionseinschränkungen gibt er aber nicht an und es fehlt auch an einer Validierung der Angaben des Beschwerdeführers. Unverwertbar ist der Vorschlag, diesen durch Versicherungsdetektive beobachten zu lassen. Damit verkennt der Gutachter, dass es seine Aufgabe ist, Stellung zu nehmen, ob die geklagten Beschwerden einer Überprüfung standhalten und eine Erwerbsminderung begründen. Hinsichtlich der behaupteten fehlenden Wegefähigkeit fehlt es ebenfalls an einer nachvollziehbaren Begründung. Dass der Beschwerdeführer im Herzzentrum der Universität L. stationär behandelt wurde und ihm ein ICD implantiert wurde, begründet allein nicht zur überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Darüber hinaus fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Es ist nicht er-sichtlich, dass dem Beschwerdeführer durch die derzeitige Nichtgewährung der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung unzumutbare Nachteile entstehen. Zum einen hat er durch das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache keinen (unumkehrbaren) Rechtsverlust an dem geltend gemachten Rentenanspruch zu befürchten. Sollten die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung letztendlich nachgewiesen werden, bestünde der Anspruch auf Rente ggf. auch rückwirkend ab dem 1. Januar 2014. Zum anderen ist weder eine finanzielle Notlage ersichtlich, noch würde diese eine Verpflichtung der Beschwerdegegnerin begründen, dem Beschwerdeführer vorläufig eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auszuzahlen. Dieser hat entgegen der Anforderung des Gerichts keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht. Ungeklärt bleibt auch, aus welchen Gründen kein Antrag auf Sozialleistungen gestellt wird und welche Einnahmen seine Ehefrau erzielt. Bevor eine Rentenleistung zur Auszahlung gebracht würde, deren Voraussetzungen nicht sämtlich feststehen, ist es dem Beschwerdeführer zuzumuten, die Sicherstellung seines Lebensunterhalts durch entsprechende Antragstellung bei den zuständigen Trägern für Leistungen nach dem SGB II bzw. nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu beantragen (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27. März 2009 - Az.: L 3 U 271/08 B ER, Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. September 2003 - Az.: L 3 B 6/03 RA m.w.N., beide nach juris).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten wer-den (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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