L 13 R 746/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 18 R 801/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 746/12
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Stellt ein Rentenversicherungsträger aus technischen Gründen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Anrechnung von Erwerbs und Erwerbsersatzeinkommen zunächst zu hoch fest, kündigt zugleich eine Neuberechnung unter Berücksichtigung des weiteren Einkommens an und führt die Neufeststellung fünf Tage später durch, ohne dass es vorher zu einer Auszahlung des zunächst rechtswidrig zu hoch ermittelten Nachzahlungsbetrags gekommen ist, bedarf es beim Erlass des Neufeststellungsbescheids keiner Ausübung von Ermessen, soweit auch von Seiten des Versicherten keine ermessensrelevanten Gesichtspunkte vorgetragen werden (Ermessensschrumpfung auf Null).
I. Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. Juli 2012 wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Beklagte erstattet dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Rückforderung von Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von 9.111,50 Euro.

Die Beklagte bewilligte dem im Juli 1960 geborenen und zuletzt als Omnibusfahrer tätigen Kläger auf seinen Antrag vom 1. August 2006 hin mit Bescheid vom 8. März 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2007 bis 31. Januar 2008. Mit Bescheid vom 7. Februar 2008 wurde die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30. Juni 2008 weitergewährt.

Mit Antrag vom 14. März 2008 begehrte der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. Juni 2008 hinaus. Dem Kläger wurden daraufhin mit Bescheid vom 2. April 2008 stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Klinikum B.L. gewährt. Nachdem der Kläger sich gegen die Durchführung von Reha-Maßnahmen gewandt hatte, da diese nicht erfolgversprechend seien, die BG Bau eine ambulante Schmerztherapie befürwortet hatte und die Schmerztagesklinik N. eine Reha-Maßnahme als nicht erfolgversprechend ansah, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Juli 2008 erneut eine Maßnahme der stationären medizinischen Rehabilitation im Klinikum B.L ... Diese Maßnahme trat der Kläger aufgrund eines Unfalls und einer fiebrigen Bronchitis zunächst nicht an und brach sie dann in einem Wiederholungstermin bereits am Aufnahmetag (8. Oktober 2008) wegen einer akut aufgetretenen Schmerzattacke wieder ab. Die Beklagte hielt an der Durchführung einer Maßnahme der stationären Rehabilitation jedoch fest und versagte mit Bescheid vom 1. Juli 2009 gemäß § 66 SGB I die beantragte Rentenleistung.

Dem hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers half die Beklagte mit Bescheid vom 12. März 2010 ab und bewilligte ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis 30. Juni 2011 in Höhe von 818,10 Euro ab 1. Mai 2010. Für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. April 2010 ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von 17.723,93 Euro. Die Nachzahlung wurde vorläufig nicht ausgezahlt. In diesem Bescheid ist der Hinweis enthalten, dass der Kläger einen weiteren Bescheid erhalte, in dem das Verletztengeld und sein Arbeitseinkommen auf die Rente angerechnet würden. Die entstehende Überzahlung werde mit der Nachzahlung aus diesem Bescheid aufgerechnet.

Der Kläger hatte in der Zwischenzeit ab 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 22,24 Euro (vgl. Schreiben vom 22. Juli 2008) und vom 22. Oktober 2008 bis 6. April 2010 Verletztengeld von der BG Bau in derselben Höhe (vgl. Fax vom 11. März 2010) bezogen.

Mit angefochtenem Bescheid vom 17. März 2010 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers aufgrund der Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes neu. Für die Zeit ab 1. Mai 2010 ergab sich weiterhin ein Zahlbetrag in Höhe von 818,10 Euro. Für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 30. April 2010 ergebe sich eine Überzahlung von 9.111,50 Euro. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Aus dem Bescheid geht weiter hervor, dass unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenzen die Rente für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 28. Februar 2009 in Höhe von 3/4, vom 1. März 2009 bis zum 31. März 2010 in Höhe von 1/4, vom 1. April 2010 bis zum 30. April 2010 in Höhe von 3/4 und ab 1. Mai 2010 in voller Höhe zustehe. In der Anlage 19 sind die Hinzuverdienstgrenzen dargestellt, in der Anlage 21 erfolgte eine Gegenüberstellung von Hinzuverdienst (Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung und Bemessungsentgelt für die Sozialleistung) zu den Hinzuverdienstgrenzen.

Der Kläger erhob Widerspruch gegen die Bescheide vom 12. März 2010 und 17. März 2010. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. März 2010 richtete sich gegen die Befristung der Leistung, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. März 2010 gegen die Berechnung der Höhe der Leistungen, insbesondere das angerechnete Arbeitsentgelt von 400.- Euro.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2011 wurde der Widerspruch gegen die Bescheide vom 12. März und 17. März 2010 zurückgewiesen. In der Anlage 21 des Bescheids vom 17. März 2010 sei die Anrechnung der gemeldeten Arbeitsentgelte sowie der bezogenen Sozialleistungen in Form von Arbeitslosengeld und Krankengeld dargestellt, welche auf die Rente anzurechnen gewesen seien.

Hiergegen hat der Kläger unter dem Az. S 18 R 801/11 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben mit dem Antrag, die Bescheide vom 12. März und 17. März 2010 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2011 aufzuheben, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Rente ohne Anrechnung eines monatlichen Einkommens von 400.- Euro zu gewähren. Der Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer wurde mit Schriftsatz vom 21. September 2011 zurückgenommen. Im Übrigen wurde vorgetragen, dass es dem Kläger nicht möglich sei, die Anrechnung seiner Verdienste zu überprüfen. Die Anlage 21 befinde sich nicht bei den an den Kläger übersandten Unterlagen. Der Bescheid sei also nicht hinreichend bestimmt. Die Anlage 21 wurde daraufhin den Klägerbevollmächtigten gefaxt.

In der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2011 wies der Vorsitzende darauf hin, dass der Bescheid vom 17. März 2010 keine Aufhebungsentscheidung enthalte und daher formell keinen Bestand habe. Der Beklagten wurde eine Stellungnahmefrist eingeräumt. Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Die Beklagte erklärte daraufhin, im Bescheid vom 12. März 2010 sei auf Seite 2 der Hinweis enthalten, dass der Kläger einen weiteren Bescheid erhalte, in dem das Verletztengeld und das Arbeitseinkommen auf die Rente angerechnet würden. Darüber hinaus sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass die entstehende Überzahlung mit der Nachzahlung aus diesem Bescheid aufgerechnet werde. Bei dem Bescheid vom 12. März 2010 handele es sich um einen sog. Vorbescheid, mit dem Leistungen unter Vorbehalt gewertet würden. Die endgültige Feststellung sei erst mit Bescheid vom 17. März 2010 getroffen worden. Eine Aufhebungsentscheidung sei daher nicht erforderlich gewesen.

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2012 hob das SG den Bescheid vom 17. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2011 auf. Der Bescheid vom 17. März 2010 sei rechtswidrig, weil die Beklagte keine Aufhebungsentscheidung im Hinblick auf die Rentenbewilligung vom 12. März 2010 getroffen habe. Die Beklagte fordere eine Summe von 9.111,50 Euro zurück, ohne dass dieser Forderung ein Aufhebungsbescheid zu Grunde liege. Statt die Hinzuverdienste bereits im Bescheid vom 12. März 2010 zu berücksichtigen, habe sie den Kläger nur darauf hingewiesen, dass ein gesonderter Bescheid ergehen werde. Für einen - von der Beklagten angenommenen - Vorbescheid bedürfe es einer gesetzlichen Regelung, die jedoch nicht vorliege. Auch seien Vorbescheide für die Verwaltung bindend und könnten nur unter den Voraussetzungen des § 48 VwGO zurückgenommen werden. Im Falle der Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente habe das BSG bereits entschieden, dass ein Vorbehalt unzulässig sei. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 12. März 2010 seien bereits jegliche Hinzuverdienste des Klägers für den streitigen Zeitraum bekannt gewesen, so dass der Sachverhalt insgesamt bereits geklärt gewesen sei. Ein Grund für weitere Ermittlungen habe nicht bestanden. Sofern keine eigene Aufhebungsentscheidung getroffen worden sei, werde auch die Meinung vertreten, dass der Rückforderungsbescheid eine konkludente Aufhebungsentscheidung enthalten könne. Dies könne aber nur dann angenommen werden, wenn der Rückforderungsbescheid sich in seiner Begründung auf den abzuändernden Bescheid beziehe, diesen ausdrücklich benenne und im übrigen die Voraussetzungen eines in §§ 44 bis 48 SGB X geregelten Tatbestands vorliege (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 - 3C 79/82). Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Auch aus dem Widerspruchsbescheid gehe nicht hervor, dass der Rentenbescheid vom 12. März 2010 abgeändert werden solle.

Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21. August 2012 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und mit weiterem angefochtenen Bescheid vom 26. September 2012 festgestellt, die für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 30. April 2010 zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen in Höhe von 9111,50 Euro seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Dieser Bescheid ergehe gemäß § 50 Abs. 3 S. 2 SGB X ergänzend zum Bescheid vom 17. März 2010. Mit Bescheid vom 17. März 2010 sei der Bescheid vom 12. März 2010 aufgehoben worden, da auf die Rente neben dem geringfügigen Einkommen in Höhe von 350.- Euro auch Verletztengeld für die Zeit vom 22. Oktober 2008 bis 6. April 2010 gemäß § 96a SGB VI anzurechnen sei. Aufgrund der durchgeführten Anrechnung sei für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 30. April 2010 eine Überzahlung in Höhe von 9.111,50 Euro entstanden. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden sei, seien die bereits erbrachten Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Die zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen in Höhe von 9.111,50 Euro seien am 19. April 2010 mit der Nachzahlung aus dem Bescheid vom 12. März 2010 verrechnet worden. Der Bescheid wurde zum Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens erklärt.

Zur Begründung der Berufung verwies die Beklagte auf den Hinweis im Bescheid vom 12. März 2010, wonach das gewährte Verletztengeld der Bau BG und vorliegendes Arbeitseinkommen noch auf die Rente anzurechnen seien. Die hiernach entstehende Überzahlung werde mit der einbehaltenen Rentennachzahlung verrechnet. Eine Zweiteilung der Bescheide sei durch die Verwaltung zwangsweise vorzunehmen gewesen, da die Weitergewährung einer Rente nicht zugleich mit der Anrechnung von Entgeltbezügen oder Sozialleistungen vorgenommen werden könne. Mit Bescheid vom 17. März 2010 habe die Beklagte dann den angekündigten Bescheid mit Darstellung aller Hinzuverdienste, deren rechtliche Nennung und Berücksichtigung bzw. Anrechnung in Bezug auf die Rentenhöhe erstellt. Die Bundesagentur für Arbeit S-Stadt habe darüber hinaus einen Erstattungsanspruch in Höhe von 2.387,50 Euro geltend gemacht. Nach Abzug der errechneten Überzahlung sowie des Erstattungsanspruchs der Bundesagentur für Arbeit seien dem Kläger 6.224,93 Euro an Nachzahlung verblieben. Diese seien dem Kläger am 19. April 2010 angewiesen worden. Hierzu lägen keine Bescheidkopien mehr in der Akte vor, jedoch die entsprechenden Zahlungsverwendungen.

Das SG verweise auf Urteile aus dem Bereich des Verwaltungsrechts, die im Sozialrechtsstreit jedoch nicht maßgeblich seien. Die Beklagte habe nach § 50 Abs. 3 SGB X stets die Wahlmöglichkeit, die zu erstattende Leistungen festzustellen, und dies mit der Aufhebung (auch) zu verbinden. Verpflichtet hierzu sei die Beklagte aber nicht. Damit führe eine von der Aufhebung losgelöste Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auch nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Fordere der Leistungsträger eine mittels eines Verwaltungsaktes erbrachte Leistung zurück, könne darin zugleich die Aufhebung des Bewilligungsbescheides liegen, sofern die Voraussetzungen erfüllt seien. Die Voraussetzungen seien erfüllt gewesen. Die Beklagte habe dem Kläger bereits im Bescheid zur Weitergewährung mitgeteilt, dass eine Verrechnung mit anzurechnenden Leistungen vorgenommen werde. Eine erneute Anhörung sei daher gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X somit nicht mehr erforderlich. Aufhebung und Rückforderung bzw. Verrechnung hätten daher in dem Bescheid vom 17. März 2010 nachgeholt werden können. Eine hinreichende Verständlichmachung sei mit Bescheid vom 26. September 2012 nachgeholt worden.

Der Kläger hat geltend gemacht, eine Nachholung der Verständlichmachung sei nicht mehr möglich. Die streitgegenständlichen Bescheide seien über 2 Jahre alt. Vorsorglich sei mit Schriftsatz vom 7. November 2012 auch Widerspruch gegen den Nachholungsbescheid erhoben worden.

Mit Schreiben vom 17. März 2014 hörte die Beklagte nach richterlichem Hinweis den Kläger nachträglich zu einer beabsichtigten Bescheidaufhebung nach § 45 SGB X an. Der Kläger erklärte hierzu, eine nachträgliche Anhörung sei viele Jahre nach Erlass des angegriffenen Bescheids nicht mehr möglich. Sie sei zu spät. Dem Bescheid vom 17. März 2010 fehle jeglicher Hinweis auf § 50 SGB X. Es sei nicht erkennbar, ob dieser nunmehr den Bescheid vom 12. März 2010 aufheben solle, da auch unterschiedliche Bewilligungszeiträume angeführt würden. Es werde die Einrede der Verjährung und Verwirkung der Aufhebung eingewandt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. Juli 2012 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 17. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2011 sowie gegen den Bescheid vom 26. September 2012 abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 17. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2011 sowie vom 26. September 2012 sind im Ergebnis rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 45 SGB X.

Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichem Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, gemäß § 45 Abs. 1 SGB X nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X), soweit

1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,

2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder

3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Nur in den Fällen von Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 S. 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 S. 1, 2 SGB X).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. März 2010 hat die Beklagte dem Wortlaut des Bescheids nach eine "Neuberechnung der Rente aufgrund der Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes" der mit Bescheid vom 12. März 2010 ab 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2011 weiterbewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung durchgeführt. Eine teilweise Rücknahme des Bescheids vom 12. März 2010 in Bezug auf die Rentenhöhe ist in diesem Bescheid nicht ausdrücklich enthalten. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Grundsätzlich ist zwar die Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsaktes notwendiger Bestandteil einer Entscheidung gemäß § 45 Abs. 1 SGB X. Insoweit ist jedoch keine ausdrückliche Aufhebung oder Zurücknahme erforderlich; es genügt, dass der Wille der Behörde erkennbar wird, die im ursprünglichen Verwaltungsakt getroffene Regelung aufzuheben (BSGE 72, 1 ff. für den insoweit gleichliegenden Fall des § 48 SGB X, SozR 1300 § 50 Nr. 15 Seite 26).

Hiervon ist nach Auffassung des Senats auszugehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte im Bescheid vom 12. März 2010 unmissverständlich darauf hingewiesen hat, dass der Kläger einen weiteren Bescheid erhalten wird, in dem das Verletztengeld und das Arbeitseinkommen auf die Rente angerechnet werden und die entstehende Überzahlung mit der Nachzahlung aus diesen Bescheid aufgerechnet wird. In sehr enger zeitlicher Nähe hat die Beklagte dann mit Bescheid vom 17. März 2010 die mit Bescheid vom 12. März 2010 angekündigte Anrechnung des Hinzuverdienstes aus Arbeitseinkommen und Verletztengeld umgesetzt und den Kläger darauf aufmerksam gemacht, dass ihm die Rente vom 1. Oktober 2008 bis 28. Februar 2009 sowie vom 1. April bis 30. April 2010 nur in Höhe von 3/4 und vom 1. März 2009 bis 31. März 2010 nur in Höhe von 1/4 zusteht. Daraus wird der Wille der Beklagten hinreichend deutlich, die im Bescheid vom 12. März 2010 enthaltene Regelung, die ab 1. Oktober 2008 gewährte Rente in voller Höhe zu gewähren, für den Zeitraum 1. Oktober 2008 bis 30. April 2010 nicht mehr gelten zu lassen. Des Bescheids vom 26. September 2012, in dem noch einmal erklärt wird, dass mit Bescheid vom 17. März 2010 der Bescheid vom 12. März 2010 aufgehoben worden sei, hätte es nicht bedurft.

Der sich damit als Aufhebungsbescheid gemäß § 45 SGB X darstellende angefochtene Bescheid vom 17. März 2010 ist formell rechtmäßig.

Vor der teilweisen Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheides vom 12. März 2010 und der zu einer niedrigeren Rente führenden Neuberechnung ist gemäß § 24 Abs. 1 SGB X eine Anhörung des Betroffenen durchzuführen, da damit in dessen Rechte eingegriffen wird.

Vor Erlass des angefochtenen Bescheid vom 17. März 2008 wurde der Kläger zwar nicht angehört. Ein Grund gemäß § 24 Abs. 2 SGB X, von der Anhörung abzusehen, liegt nicht vor. Insbesondere ist eine solche auch nicht gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X entbehrlich. Danach kann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen. Diese Ausnahme greift aber nur dann ein, wenn der Anpassungsbescheid allein aufgrund der Tatsache der geänderten Einkommensverhältnisse erlassen wird, also nur diese bekannte Tatsache entscheidungsrelevant ist (vgl. von Wulffen, SGB X, § 24 Rn. 16 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung). Dies ist bei Entscheidungen gemäß § 45 SGB X jedoch nicht der Fall, da hier auch andere Umstände entscheidungsrelevant sind (etwa das Fehlen eines Vertrauensschutzes). Der Mangel wurde jedoch jedenfalls durch Nachholung der Anhörung im Rahmen des Berufungsverfahrens gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X geheilt.

Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Anhörung ist, dass dem Beteiligten die Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Entscheidungserheblich sind dabei alle Tatsachen, auf welche die Behörde den Verfügungssatz zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiellrechtlichen Ansicht objektiv ankommt. Ob die Rechtsauffassung der Behörde richtig ist, ist hierbei ohne Bedeutung. Wesentliche Tatsache für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ausweislich des Anhörungsschreibens vom 17. März 2014 für die Beklagte der Umstand, dass der Kläger durch die Anrechnung des Verletztengeldes und des Arbeitsentgelts Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht in der bisherigen Höhe zu stehe. Der Kläger habe aufgrund des Hinweises im Bescheid vom 12. März 2010 gewusst, dass das Einkommen und das Verletztengeld anzurechnen sei. Er habe daher die Rechtswidrigkeit des Bescheides gekannt. Die Überzahlung sei gemäß § 50 Abs. 1 SGB X vom Kläger zu erstatten. Sofern der Kläger Einwände gegen die beabsichtigte Entscheidung erheben möchte, solle er sie der Beklagten zuleiten. Die Beklagte hat dem Kläger damit vollwertig Gelegenheit zur Stellungnahme zum Erlass des Bescheids vom 17. März 2010 gewährt. In der mündlichen Verhandlung hat sie dann abschließend zu erkennen gegeben, dass sie nach erneuter Prüfung der entscheidungserheblichen Tatsachen am Erlass des Verwaltungsaktes festhält; nach der Entscheidung des BSG vom 5. Februar 2008, Az. B 2 U6/07 R, in juris, genügt insoweit die Stellung eines entsprechenden Antrags.

Die Nachholung der Anhörung erfolgte auch nicht zu spät. Durch § 41 Abs. 2 SGB X hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine Anhörung bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann.

Der Bescheid ist auch materiellrechtlich rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X sind erfüllt.

Der Bescheid vom 12. März 2010 war von Anfang an rechtswidrig, da dem Kläger mit ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2008 bis 30. April 2010 als Vollrente gewährt worden ist, obwohl ihm aufgrund des Überschreitens der einschlägigen Hinzuverdienstgrenzen vom 1. Oktober 2008 bis 28. Februar 2009 und 1. April 2010 bis 30. April 2010 diese Rente gemäß § 96 a Abs. 1 a, Abs. 2 SGB VI nur in Höhe von 3/4 und vom 1. März 2009 bis 31. März 2010 nur in Höhe von 1/4 zustand.

Der Kläger hat unstrittig im Oktober 2008 Arbeitsentgelte aus geringfügiger Beschäftigung in Höhe von 245.- Euro und 116,67 Euro, ab 1. November 2008 in Höhe von 350.- Euro, ab 1. April 2010 in Höhe von 70.- Euro, ab 1. Mai 2010 in Höhe von 350.- Euro erzielt. Ab 22. Oktober 2008 bis 6. April 2010 hat der Kläger zudem von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft ein tägliches Verletztengeld in Höhe von 22,24 Euro, basierend auf einem Bemessungsentgelt in Höhe von 46,93 Euro, bezogen.

Da der Kläger am 31. Dezember 2000 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte, richtet sich die Feststellung der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen nicht nach § 313 Abs. 1 SGB VI, sondern allein nach § 96a SGB VI. § 96 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt, dass eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet wird, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Gemäß § 96 a Abs. 1 S. 2 SGB VI wird die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten, wenn das Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit im Monat die in § 96 a Abs. 2 SGB VI genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach § 96 a Abs. 2 SGB VI im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Gemäß § 96 a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI beträgt die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe 400.- Euro, bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 3/4 das 0,17fache, in Höhe der Hälfte das 0,23fache und in Höhe eines Viertels das 0,28 fache der monatlichen Bezugsgröße, vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte der letzten 3 Kalenderjahre vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten.

Bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erzielt wird, steht dem Arbeitsentgelt das für denselben Zeitraum geleistete Verletztengeld gemäß § 96 a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB VI gleich, wobei als Hinzuverdienst das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist (§ 96a Abs. 3 S. 3 SGB VI). Die jeweiligen Einkünfte werden dabei zusammengerechnet (§ 96a Abs. 1 Satz 3 SGB VI).

Entsprechend diesen gesetzlichen Grundlagen hat die Beklagte den jeweiligen Verdienst des Klägers aus dem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis zuzüglich dem monatlichen Bemessungsentgelt für die Sozialleistung (30 × 46,93 Euro = 1.407,90 Euro für jeden vollen Monat des Bezugs von Verletztengeld) den individuellen Hinzuverdienstgrenzen des Klägers (400.- Euro für die Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe, Hinzuverdienstgrenze für die Rente in Höhe der Hälfte in Höhe von 1.533,74 Euro) gegenübergestellt mit der Folge, dass dem Kläger vom 1. Oktober 2008 bis 28. Februar 2009 und 1. April 2010 bis 30. April 2010 diese Rente gemäß § 96 a Abs. 1 a, Abs. 2 SGB VI nur in Höhe von 3/4 und vom 1. März 2009 bis 31. März 2010 nur in Höhe von 1/4 zustand.

Die Beklagte hat auch berücksichtigt, dass ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Zwar hat sie ab Oktober 2008 durchgängig nur eine Rente in Höhe von 3/4 angesetzt, obwohl der Kläger erstmals ab Oktober 2008 über der Hinzuverdienstgrenze für die Rente in voller Höhe lag. Insoweit war dem Kläger jedoch nicht ein zweimaliges Überschreiten dieser Hinzuverdienstgrenze zuzubilligen, da diese Vergünstigung auf schwankende Einkommensverhältnisse beschränkt ist. Bei zweimal jährlichen kurzfristigen Änderungen des Arbeitsentgelts soll die eigentlich erforderliche Rentenminderung vermieden werden. Die Vergünstigung greift jedoch nicht bei gleichbleibendem Verdienst, der auch dann vorliegt, wenn er innerhalb derselben Hinzuverdienstgrenze variiert (BSG, Urteil vom 6. Februar 2007, Az. B 8 KN 3/06 R). Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze für die Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe beruht schon auf dem gleichbleibenden Hinzuverdienst der Verletztenrente. Schon allein aufgrund dieser war ab Oktober 2008 gleichmäßig die Hinzuverdienstgrenze für die Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe in Höhe von 400.- Euro überschritten. Da insoweit also kein schwankendes Einkommen vorlag, war von Anfang an die Rente nur in Höhe von 3/4 zu leisten. Dasselbe gilt auch für die Zeit ab 1. März 2009 bis 31. März 2010 in Bezug auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 1/4. Hier lag der Kläger gleichmäßig aufgrund seines Verdienstes aus einer geringfügigen Beschäftigung und der Verletztenrente oberhalb der Hinzuverdienstgrenze für die Rente in Höhe der Hälfte von 1.533,74 Euro bzw. 1.555,04 Euro.

Auch die weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X sind erfüllt. Zwar darf gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X kann sich der Begünstigte jedoch nicht auf Vertrauen berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger Kenntnis von der durch die Nichtanrechnung seines Hinzuverdienstes ausgelösten Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 12. März 2010 hatte. Denn er wurde im Rentenbescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er einen weiteren Bescheid erhalten werde, in dem das Verletztengeld und das Arbeitseinkommen auf die Rente angerechnet und die entstehende Überzahlung mit der Nachzahlung aus diesem Bescheid aufgerechnet würden. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger von diesen Hinweisen Kenntnis genommen hat. Denn die Nachzahlung wurde ihm nicht ausbezahlt. In einem derartigen Fall liegt es nahe, dass der jeweilige Bescheidempfänger dann auch von den weiteren Ausführungen im Bescheid Kenntnis nimmt, um zu erfahren, aus welchen Gründen keine Auszahlung der Nachzahlung erfolgt. Der Kläger hat also gewusst, dass ihm die Nachzahlung in der im Bescheid vom 12. März 2010 festgesetzten Höhe nicht zusteht, sondern sich aufgrund der noch ausstehenden Anrechnung des Hinzuverdienstes verringern wird. Sollte er dessen ungeachtet die Hinweise im Bescheid nicht gelesen haben, liegt insoweit jedenfalls grobe Fahrlässigkeit vor. Denn durch das Unterlassen der Kenntnisnahme von den ausdrücklichen und leicht verständlichen Hinweisen im Rentenbescheid vom 12. März 2010 hat der Kläger dann die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt.

Die Beklagte hat auch keinen Ermessensfehler begangen. Die Rücknahme gemäß § 45 Abs. 1 SGB X setzt zwar in der Regel die Ausübung von Ermessen voraus. Die Beklagte hat ausweislich sämtlicher angefochtenen Bescheide jedoch kein Ermessen ausgeübt. Ermessenserwägungen lassen sich weder aus dem Bescheid vom 17. März 2010 noch aus dem Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2011 und auch nicht aus dem Bescheid vom 26. September 2012 entnehmen. Die Beklagte ist daher offensichtlich davon ausgegangen, zur Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2010 verpflichtet zu sein. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden, da hier ein Fall der Ermessensschrumpfung auf Null vorliegt. Voraussetzung hierfür ist, dass jede andere Entscheidung rechtswidrig wäre (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 10). Es muss nach dem festgestellten Sachverhalt das Vorliegen von Umständen ausgeschlossen sein, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens fehlerfrei zuließen (BSG SozR 1300 § 45 Nr. 34).

Hier wurden weder vom Kläger Umstände vorgetragen noch sind solche für den Senat ersichtlich, die im Wege einer Ermessensausübung dazu führen könnten, dass die Beklagte von der Rückforderung der überzahlten Rentenleistungen teilweise Abstand nehmen könnte. Aufgrund aller Umstände ist vielmehr nur eine einzige Entscheidung rechtmäßig, nämlich die Rückforderung des gesamten überzahlten Betrags. Der Kläger hat im gesamten Verfahren keinerlei Umstände vorgetragen, die für ein teilweises Absehen von der Rückforderung sprechen könnten. Hiergegen spricht dass,

1. der Zeitraum zwischen der Bewilligung der zu Unrecht ohne Berücksichtigung von Hinzuverdienst berechneten Rente und der Korrektur dieses Bescheids durch den angefochtenen Bescheid vom 17. März 2010 mit 5 Tagen extrem kurz ist,

2. der Kläger darüber informiert wurde, dass mit einem weiteren Bescheid zu rechnen ist, mit dem dieser Fehler behoben wird und

3. der Nachzahlungsbetrag nicht ausgezahlt wurde, der Kläger also über diesen noch nicht tatsächlich verfügen konnte.

Aus Sicht des Senats ist kein Grund denkbar, warum der Kläger den zu Unrecht festgesetzten Betrag, der allein auf dem Papier stand, erhalten sollte. Für den Senat ist auch die Erklärung der Beklagten, warum es zu der Zweiteilung der Bescheide kam, nachvollziehbar. Es ist - wie mit Schriftsatz vom 26. März 2014 dargestellt - glaubhaft, dass nur in extremen Ausnahmefällen Verletztengeld nach einer bereits festgestellten Rente wegen Erwerbsminderung hinzutritt. Daher ist es plausibel, dass dieser Ausnahmefall programmtechnisch nicht erfasst war und die Sachbearbeitung der Beklagten daher gezwungen war, die weiter zu gewährende Rente zunächst in einem ersten Schritt wieder in Zahlung zu bringen und dann in einem weiteren Schritt laufendes Einkommen anzurechnen. Eine eventuelle Entscheidung der Beklagten, aufgrund dieser Umstände im Wege des Ermessens von einer Rückforderung in dem dem Rentenbescheid zeitlich unmittelbar folgenden Aufhebungsbescheid (teilweise) abzusehen, wäre aus Sicht des Senats in keiner Weise nachvollziehbar und damit ermessensmissbräuchlich.

Die weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X sind unzweifelhaft eingehalten, insbesondere wurden die Rücknahmefristen des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X, wonach ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden darf, sowie des § 45 Abs. 4 Nr. 2 SGB X (Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen) eingehalten, da der Rücknahmebescheid bereits 5 Tage nach Erlass des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes erging.

Schließlich greift auch nicht die vom Kläger erhobene "Einrede der Verwirkung und Verjährung der Aufhebung". Die Rücknahmefristen des § 45 Abs. 3, 4 SGB X wurden eingehalten. Die Verwirkung eines Rechts liegt nur dann vor, wenn der Berechtigte mit seinem Geltendmachen längere Zeit gewartet hat und besondere Umstände hinzugetreten sind, die die nunmehrige Erhebung dieses Rechts dem Dritten gegenüber als unzulässig erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht geltend machen werde, der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl von Wulffen, § 52 SGB X, Rn. 7). Die Rücknahmeentscheidung erfolgte nur wenige Tage nach Erlass des zurückgenommenen Bescheides, in dem die Beklagte den Kläger bereits ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass eine entsprechende Berichtigung erfolgen werde. Es liegen also weder das für eine Verwirkung erforderliche Zeit- noch das Umstandsmoment vor, um von einer Verwirkung des Rücknahmerechts der Beklagten ausgehen zu können.

Auf die Berufung der Beklagten hin war daher das entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. Juli 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass der Mangel der unterbliebenen Anhörung erst im Berufungsverfahren geheilt wurde und das Verwaltungshandeln der Beklagten damit durchgehend Anlass zur Einleitung und Fortführung des Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahrens gegeben hat.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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