S 6 KR 235/02

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 6 KR 235/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten für eine laserinduzierte Thermotherapie streitig.

Die 1928 geborene Klägerin erkrankte 1999 an einem metastasierenden Colon-Carzinom, das am 17.01.2000 operativ behandelt wurde. Dabei wurde eine kleine Metastase in der Leber mitentfernt. Im Februar 2000 wurde eine weitere Metastase in der Leber festgestellt. In der Universitätsklinik Frankfurt erfolgte deshalb am 23.03.2000 eine ambulante laserinduzierte Thermotherapie (LITT). Dabei wurden unter CT-Steuerung drei Laserapplikationssysteme in die Metastase eingebracht und die Laserbehandlung durchgeführt.

Mit Schreiben (Antrag) vom 16.03.2000 (Eingang) teilte der Internist Dr. C. der Beklagten mit, die Klägerin sei ihm seit vielen Jahren bekannt. Bei ihr bestehe ein erhebliches Risikoprofil (chronisches Vorhofflimmern, Hypertonie, eingeschränkte Pumpfunktion, kardiale Dekompensation, metabolisches Syndrom bei Diabetes mellitus). An sich sei wegen der neu festgestellten solitären Lebermetastase eine Re-Laparatomie indiziert. Aufgrund der schweren, insbesondere kardialen Grunderkrankung sei das operative Risiko der Klägerin deutlich erhöht. Nach Studium der von der Universitäts-Klinik Frankfurt zur Verfügung gestellten Unterlagen erscheine die Durchführung einer ambulanten laserinduzierten Thermotherapie vertretbar und aus ökonomischer Sicht sinnvoll. Aus diesem Grund bitte er um eine entsprechende Kostenübernahme.

Die Beklagte veranlasste daraufhin die Erstellung eines MDK-Gutachtens vom 30.03.2000 (Dr. D.). Der Gutachter führte aus, die LITT könne eine geeignete Behandlungsmethode für die neu entstandene solitäre Lebermetastase sein. Diese Behandlung solle aber außerhalb von Studien nach dem derzeitigen Wissensstand nicht durchgeführt werden. Die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten seien nicht erfolglos ausgeschöpft worden.

Darauf gestützt lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 06.04.2000 die beantragte Kostenübernahme ab und führte zur Begründung aus, nach dem Gutachten des MDK handele es sich bei der laserinduzierten Thermotherapie um eine Behandlungsmethode, die sich derzeit noch in der klinischen Erprobungsphase befinde. Nach dem derzeitigen Wissensstand könne die Behandlungsmethode im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin seien nach Aussage des MDK die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten (Operation, zytostatische Behandlungen mit verschiedenen Präparaten) bisher nicht ausgeschöpft.

Die Klägerin erhob Widerspruch am 10.04.2000 und machte geltend, sie verfüge zusammen mit ihrem Ehemann über ein monatliches Einkommen von 2.026,33 DM. Sie bat um Prüfung, ob die Kosten der Behandlung im Wege der Kulanz übernommen werden könnten.

Mit Schreiben vom 08.05.2000 teilte der Internist Dr. E. der Beklagten mit, inzwischen sei die LITT erfolgreich durchgeführt worden. Aus allgemeininternistischen Gründen sei eine Re-Operation für die Klägerin unzumutbar gewesen.

Die Beklagte holte hierauf ein weiteres MDK-Gutachten vom 26.06.2002 ein. Dr. D. führte darin aus, auch aus dem Schreiben von Dr. E. sei weiterhin nicht nachzuvollziehen, weshalb eine palliative chemotherapeutische Behandlung bei der Klägerin im vertraglichen Rahmen nicht durchgeführt worden sei. Über den Erfolg der laserinduzierten Thermotherapie könne zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine ausreichende Beurteilung abgegeben werden. Diese Therapie könne deshalb sozialmedizinisch nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung empfohlen werden. Nach dem derzeitigen Wissensstand solle die Behandlung nur im Rahmen von Studien angewendet werden. Soweit zwar bei der Klägerin eine relative Kontraindikation für eine zweite Tumoroperation an der Leber bestanden habe, gehe jedoch aus den Unterlagen hervor, dass bisher eine Chemotherapie der Lebermetastase nicht erfolgt sei, so dass die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten unverändert nicht als erfolglos ausgeschöpft bezeichnet werden könnten.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Schreiben vom 03.07.2000 eine Kostenübernahme erneut ab.

Die Klägerin erhob auch hiergegen Widerspruch am 30.08.2000. Sie trug vor, das MDK-Gutachten vom Juni 2000 gehe nicht auf die individuelle Situation ein. Der eingeschlagene Behandlungsweg sei in medizinischer Hinsicht geeignet gewesen und habe zudem eine finanzielle Entlastung bedeutet. Aus dem Bericht der Universitätsklinik Frankfurt vom 12.03.2000 gehe hervor, dass es sich um eine anerkannte und schonende Behandlungsmethode handele. Darüber hinaus sei bekannt, dass die Barmer Ersatzkasse in mehreren Einzelfällen bereits die Behandlungskosten übernommen habe. Hier sei sie mit diesen Fällen gleichzustellen. Im Hinblick auf ihren labilen Gesundheitszustand müsse es möglich sein, die Kosten für diesen schonenden Eingriff zu übernehmen, der zudem finanziell viel kostengünstiger sei.

Nach Auswertung eines Schreibens von Dr. E. vom 25.09.2000 sowie eines Befundberichtes von Dr. E. vom 03.04.2001 holte die Beklagte ein weiteres MDK-Gutachten vom 15.06.2001 (Dr. F.) ein. Dieser führte aus, bei der laserinduzierten Thermotherapie handele es sich um eine innovative Behandlung von malignen Tumoren. Das Verfahren werde seit 1993 von einer Arbeitsgruppe von Prof. Dr. G. klinisch eingesetzt. Bislang seien 746 Patienten behandelt worden. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes könne auf den Erfolg im Einzelfall nicht mehr abgestellt werden. Vielmehr hätten Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Der "allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse" schließe Leistungen aus, die mit wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden erbracht würden. Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt seien, lösten keine Leistungspflicht der Krankenkassen aus. Es sei nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren. Dies gelte auch dann, wenn neue Methoden im Einzelfall zu einer Heilung der Krankheit oder Linderung der Krankheitsbeschwerden führten. In einem Grundsatzgutachten des Kompetenz-Zentrums Onkologie der MDK-Gemeinschaft über die LITT werde ausgeführt, dass diese auch in den USA bisher nicht zugelassen sei und dort als experimentell eingestuft werde. Im Ergebnis sei die Durchführung der laserinduzierten Thermotherapie bei der Klägerin zum jetzigen Zeitpunkt aus medizinischer Sicht nicht zu begründen. Sozialmedizinischerseits könne die Durchführung der Behandlung bei der Klägerin nicht empfohlen werden.

In einem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Universitätsklinik Frankfurt (Prof. Dr. G. vom 23.11.2001 führte dieser aus, die Wirksamkeit der laserinduzierten Thermotherapie sei an einer statistisch relevanten Zahl von Fällen nachgewiesen. Bislang seien mehr als 2800 Metastasen bei knapp 1000 Patienten erfolgreich entfernt worden. Es würden ca. 600 Eingriffe pro Jahr durchgeführt. An einer großen Universitätsklinik wie dem Klinikum Frankfurt würden zum Vergleich dazu etwa 50 - 70 klassische offen-chirurgische Lebermetastasenoperationen durchgeführt. Die LITT erspare der Krankenkasse Kosten für eine Leberoperation in Höhe von 30.000 bis 40.000 DM. Zahlreiche Krankenkassen hätten die Kosten für die Behandlung bereits im Rahmen einer Einzelfallentscheidung übernommen. Die Haltung der Beklagten sei unverständlich, zumal die Behandlung der Klägerin erfolgreich gewesen sei.

Durch Widerspruchsbescheid vom 13.03.2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, grundsätzlich sei die Krankenbehandlung als Sachleistung kostenfrei zu erbringen. Ein Kostenerstattungsanspruch bestehe nur, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft habe. Hier liege weder eine unaufschiebbare Leistung vor noch habe die Kasse die beantragte Leistung zu Unrecht abgelehnt. Die LITT sei keine Vertragsleistung nach dem Arzt-/Ersatzkassenvertrag. "Neue" Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Diese Richtlinien hätten normativen Charakter. Sie regelten im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung den Umfang und die Modalitäten der Krankenbehandlung mit bindender Wirkung sowohl für die behandelnden Ärzte als auch für die Versicherten. Zur medizinischen Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der laserinduzierten Thermotherapie habe sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bisher nicht geäußert. Dies schließe grundsätzlich einen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch aus. Ausnahmsweise komme dieser nur bei Vorliegen eines sog. Systemmangels in Betracht. Ein Systemmangel könne darin bestehen, dass das Anerkennungsverfahren trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt werde. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen in diesem Sinne habe das Bundessozialgericht davon abhängig gemacht, ob der Erfolg in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt werden könne. Bei Erkrankungen, deren Entstehung und Verlauf weitgehend unerforscht seien und die auch mit herkömmlichen Mitteln nicht nachhaltig wirksam zu beeinflussen seien, reiche für die Anerkennung der therapeutischen Zweckmäßigkeit einer Methode aus, dass sich die Behandlungsweise in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Davon sei auszugehen, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden habe und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt werde. Dies alles könne hier nicht bejaht werden, was die MDK-Gutachten bestätigten. Danach könne die LITT als Routinebehandlung nicht empfohlen werden, so lange die Wirksamkeit nicht im Rahmen von Phase-III-Studien belegt worden sei.

Mit der am 15.04.2002 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und verweist ergänzend darauf, die Beklagte habe es unterlassen, eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Die Ablehnung beruhe vielmehr auf schematischen Überlegungen. Hier sei von einem sog. Systemmangel auszugehen. Im Übrigen verweist die Klägerin erneut darauf, dass andere Krankenkassen und auch die Barmer Ersatzkasse in einer Vielzahl von Fällen die Behandlungskosten übernommen hätten. Ergänzend legt die Klägerin diverse Entlassungs- und Befundberichte vor.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2002 zu verurteilen, die Kosten für die in der Universitätsklinik Frankfurt im März 2000 durchgeführte laserinduzierte Thermotherapie zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest, wonach der Klägerin der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zustehe. Die Beklagte beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Sie legt ergänzend Auskünfte des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkasse von 25.03.2002 und 03.06.2003 sowie ein Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 06.06.2002 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Gericht erhoben worden.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten (in Höhe von 9.200 DM = 4.703,89 Euro) für die im März 2000 durchgeführte laserinduzierte Thermotherapie. Der angefochtene Bescheid vom 06.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2002 ist nicht zu beanstanden.

Nach § 27 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstreckt sich der Anspruch auf Krankenbehandlung u. a. auf ärztliche Behandlung und Krankenhausbehandlung. Dabei ist zu beachten, dass grundsätzlich Qualität und Wirksamkeit von Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zudem müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig, notwendig und wirtschaftlich sein (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Weiter regelt § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der in der Zeit vom 01.01.2000 bis 31.12.2003 geltenden und hier anzuwendenden Fassung, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen auf Antrag einer kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben haben über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Weiter ist § 13 Abs. 3 SGB V zu beachten, wonach ein Anspruch auf Kostenerstattung (anstelle einer Sachleistung) nur bestehen kann, sofern eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht werden konnte oder die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.

Ausgehend von diesem Regelungskonzept steht der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die laserinduzierte Thermotherapie (LITT) gegen die Beklagte zu. Diese hat die beantragte Kostenübernahme nicht zu Unrecht abgelehnt. Dabei ist entscheidend zu berücksichtigen, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Hinblick auf die LITT keine positive Empfehlung im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V abgegeben hat. Diese Vorschrift erstreckt sich zwar nur auf die vertragsärztliche (ambulante) Versorgung. Sie ist jedoch im vorliegenden Fall anwendbar, weil die streitgegenständliche Behandlung in der Universitätsklinik Frankfurt ambulant und nicht stationär durchgeführt worden ist. Mithin kommt es hier auf eine positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den sog. NUB-Richtlinien an. Eine solche Empfehlung existiert nicht, was aus den von der Beklagten vorgelegten Schreiben des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 25.03.2002 und 03.06.2003 an die Sozialgerichte Aachen und Hildesheim hervorgeht. Ein Kostenerstattungsanspruch kommt deshalb grundsätzlich nicht in Betracht.

Ausnahmsweise kann jedoch trotz fehlender positiver Empfehlung des Bundesausschusses ein Kostenerstattungsanspruch im Falle des sog. "Systemversagens" gegeben sein. Ein Systemversagen liegt vor, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den Richtlinien des Bundesausschusses höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruches in § 27 Abs. 1 SGB V. Inhaltlich setzt die Bejahung eines Systemversagens voraus, dass die Wirksamkeit der neuen Behandlungsmethode aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken, denen eine ausreichende Zahl von Behandlungsfällen zugrunde liegt, belegt werden kann. Nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnisse auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, darf darauf abgestellt werden, ob sich die neue Behandlungsmethode in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Ist gemessen an diesen Maßstäben ein Systemversagen zu bejahen, so muss eine sich daraus ergebende Versorgungslücke zugunsten des Versicherten geschlossen werden, sei es durch einen Freistellungsanspruch für künftige Behandlungen oder durch einen Kostenerstattungsanspruch im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V. Dabei ist die Verwerfungskompetenz, d. h., die Befugnis, eine etwaige Unvereinbarkeit der Richtlinien mit höherrangigem Recht festzustellen und daraus die gebotenen Konsequenzen zu ziehen, alleine den Gerichten vorbehalten (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 28.03.2000, Az.: B 1 KR 11/98 R = SozR 3-2500 § 135 Nr. 14 = BSGE 86, 54 - 66).

Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, der die erkennende Kammer folgt, lässt sich ein Systemversagen nicht bejahen. Dies folgt aus dem von dem Bundesausschuss in den genannten Schreiben an die Sozialgerichte Aachen und Hildesheim erwähnten Bericht der Bundesärztekammer und der kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 18.01.2002 "laserinduzierte interstitielle Thermotherapie bei malignen Tumoren". Der Bericht ist im Internet frei zugänglich. Die entsprechende Internetadresse ergibt sich aus dem Schreiben des Bundesausschusses vom 03.06.2003, das der Klägerin zugesandt worden ist. In dem Bericht vom 18.01.2002 wird im Ergebnis ausgeführt, dass sich, sofern ein kurativer Behandlungsansatz möglich ist, die offene, chirurgische Resektion derzeit unverändert als der Goldstandard der Behandlung darstelle. Ob die LITT in Bezug auf diesen kurativen, lebensverlängernden Ansatz vergleichbare Ergebnisse liefere, sei noch unklar und werde gegenwärtig im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Studie untersucht (BMBF-Studie). Die vorliegenden klinischen Fallserien würden zwar auf einen möglichen lebensverlängernden Effekt hinweisen, seien jedoch sowohl von der Studienanlage wie Studiendurchführung nicht geeignet, diesen verlässlich zu belegen. Die LITT stelle ein experimentelles Verfahren dar, das ausschließlich im Rahmen kontrollierter, prospektiver Studien eingesetzt werden solle. Dieser Stellungnahme der Bundesärztekammer und der kassenärztlichen Bundesvereinigung lassen sich seitens der erkennenden Kammer durchgreifende Argumente nicht entgegensetzen. Vielmehr wird der Abschluss der angesprochenen BMBF-Studie im Jahr 2007 abzuwarten bleiben. Erst danach ist eine den Kriterien des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V entsprechende Beurteilung möglich. Dies alles hat zur Folge, dass ein Prüfantrag von den antragsberechtigten Stellen an den Bundesausschuss, so er gestellt worden wäre, nicht zu einer positiven Empfehlung des Bundesausschusses geführt hätte. Damit waren die antragsberechtigten Stellen auch nicht verpflichtet, einen solchen Antrag an den Bundesausschuss zu richten. Im Ergebnis können die Voraussetzungen eines Systemversagens nicht bejaht werden mit der Folge, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht begründet ist.

Eine andere Sicht der Dinge ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, wonach zu berücksichtigen sei, dass die bei ihr durchgeführte LITT erfolgreich gewesen sei. Insofern kommt es nicht auf eine Wirksamkeit im Einzelfall, sondern auf den Nachweis der generellen Wirksamkeit an (BSG, Urteil vom 19.02.2002, Az.: B 1 KR 16/00 R = SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Weiter ist der Vortrag der Klägerin, bei der LITT habe es sich um den schonenderen und kostengünstigeren Eingriff gehandelt, zwar nachvollziehbar und nach allgemeinem Rechtsempfinden verständlich. Die dargestellte Rechtslage lässt jedoch auch unter Berücksichtigung dieser Argumente eine andere Entscheidung nicht zu.

Letztlich kann auch nicht entscheidend berücksichtigt werden, dass nach dem Vortrag der Klägerin zahlreiche Krankenkassen, darunter auch die Beklagte, in anderen Fällen die Kosten für eine LITT im Rahmen einer Einzelfallentscheidung übernommen hätten. Insoweit gibt es keine "Gleichheit im Unrecht" mit der Folge, dass aus der Kostenerstattung in anderen Fällen nicht eine vergleichbare Handhabung im eigenen Fall abgeleitet werden kann.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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