L 2 R 2482/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 2482/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 2 R 957/14 durch die von der Klägerin am 23. Mai 2014 erklärte Berufungsrücknahme erledigt ist.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob das Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 2 R 957/14 durch die seitens der Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 23.05.2014 erklärte Rücknahme der Berufung erledigt ist.

Die 1955 geborene Klägerin hat durch eine Umschulung den Beruf der Floristin erlernt und bis 1983 ausgeübt. Anschließend hat sie sich um die Erziehung der 3 Kinder gekümmert und war nicht erwerbstätig. 2006 hat sie sich zur Ernährungsberaterin qualifiziert und einen Management- und PC-Kurs absolviert.

Am 27.09.2012 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im Verwaltungsverfahren erstattete die Allgemeinmedizinerin Dr. K. am 31.10.2012 ein ärztliches Gutachten. Mit Bescheid vom 15.11.2012 und Widerspruchsbescheid vom 12.03.2013 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da keine Erwerbsminderung vorliege. Die Klägerin könne noch zumutbar auf die Tätigkeiten als Ernährungsberaterin, Registrator oder Poststellenmitarbeiterin verwiesen werden, die sie 6 Stunden und mehr verrichten könne.

Dagegen hat die Klägerin am 15.04.2013 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt.

Das SG hat das nervenärztliche Gutachten von Dr. S. vom 04.12.2013 mit orthopädischem Zusatzgutachten von Dr. T. vom 02.12.2013 eingeholt. Darin sind die Gutachter zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin sowohl ihren Beruf als Floristin als auch eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin sowie leichte Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen 6 Stunden und mehr ausüben könne. Mit Gerichtsbescheid vom 12.02.2014 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor. Die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Sie könne unabhängig vom Vorliegen von Berufsschutz noch eine Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle, auf die sie sozial und gesundheitlich verweisbar sei, oder sonstige leichte körperliche Tätigkeiten mit den von den Gerichtssachverständigen genannten funktionellen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich verrichten.

Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21.02.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und weiterhin geltend gemacht, dass ihr auf Grund ihrer Erkrankungen mit einem GdB von 40 und bei Bestehen von Berufsschutz eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zustehe.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 23.05.2014 haben die Beteiligten die vorliegenden Sachverständigengutachten der Dr. K. vom 31.10.2012, des Dr. S. vom 04.12.2013 und des Dr. T. vom 02.12.2013, über Berufsschutz und die Möglichkeit zur Ausübung einer Verweisungstätigkeit als Poststellenmitarbeiterin sowie über eine Rehamaßnahme erörtert. Der Beklagtenvertreter wies zudem darauf hin, dass die im Erfolgsfall zu erwartende Rente nur auf etwa 465 EUR belaufen würde, wodurch die Klägerin gegenüber dem aktuell bezogenen Alg II keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangen würde. Daraufhin hat die Klägerin die Rücknahme der Berufung erklärt; ausweislich der Niederschrift wurde diese Erklärung der Klägerin vorgespielt und diese hat sie genehmigt.

Mit Schreiben vom 28.05.2014 hat die Klägerin um Überprüfung gebeten, ob ihr nicht von Gesetzes wegen zustehe, aus der Erwerbsminderungsempfängersparte eine monatliche Zahlung zu erhalten mit gesetzlichen Abzügen in Höhe von 500 EUR. Das wäre fair bei einem GdB von 40. Die Klägerin wurde vom Senatsvorsitzenden mit Schreiben vom 03.06.2014 darauf hingewiesen, dass sich der Rechtsstreit durch die Rücknahme der Berufung erledigt habe und der klagabweisende Gerichtsbescheid des SG rechtskräftig geworden sei. Mit Schreiben vom 05.06.2014, hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie niemals das Gerichtsurteil des SG anerkennen werde. Die Berufung halte sie aufrecht und nehme diese niemals zurück.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Fortführung des Verfahrens den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2013 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch die von der Klägerin erklärte Berufungsrücknahme erledigt ist.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die in der Sache entstandene Gerichtsakte L 2 R 2482/14, die Berufungsakte des Senats im Verfahren L 2 R 957/14 und die Akten des SG S 11 R 1227/13 sowie die Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Begehren der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Rechtsstreit L 2 R 957/14 ist aufgrund der von der Klägerin formwirksam und ohne Einschränkungen erklärten Berufungsrücknahme erledigt.

Über die Wirksamkeit der Berufungsrücknahme war in Fortsetzung des Berufungsverfahrens zu entscheiden, in dem diese erklärt wurde (Bundessozialgericht - BSG - SozR 1500 § 73 Nr.6). Gemäß § 156 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils oder eines nach § 153 Abs. 4 oder 158 Satz 2 SGG ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Die Rücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs. 2 Satz 1 SGG). Diese Rechtswirkung ist vorliegend eingetreten. Die prozessfähige Klägerin hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 23.05.2014 die Berufung wirksam zurückgenommen. Dies ergibt sich bereits aus der Niederschrift über diesen Termin, der insofern Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i.V.m. § 165 Zivilprozessordnung - ZPO -). Die maßgeblichen Protokollierungsvorschriften des § 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 Abs. 2 und 3 ZPO sind gewahrt worden. Die Berichterstatterin hat die seitens der Klägerin erklärte Berufungsrücknahme protokolliert und anschließend vermerkt, dass die von der Klägerin erklärte Berufungsrücknahme vorgelesen und von dieser genehmigt wurde. Die Klägerin hat auch nie bestritten, die entsprechende Erklärung abgegeben zu haben. Sie wendet sich vielmehr nur gegen die dadurch eingetretene Folge, dass der Gerichtsbescheid des SG rechtskräftig geworden ist, was sie nicht akzeptieren will.

Für die Form der Rücknahme einer Berufung gelten dieselben Regeln wie für deren Einlegung. Nach § 151 Abs. 1 SGG kann die Berufung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten eingelegt werden. Der Einlegung zur Niederschrift des Urkundsbeamten steht die Erklärung zu Protokoll in einer Verhandlung nach § 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO gleich. Hierfür ist Schriftform nicht erforderlich; notwendig ist lediglich die Protokollierung entsprechend der oben genannten Vorschriften. Diese sind allesamt beachtet worden.

Die somit wirksam erklärte Zurücknahme der Berufung kann als Prozesserklärung weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums (§ 119 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) angefochten werden (BSG, Beschluss vom 24. April 2003 - B 11 AL 33/03B m.w.N., juris; Keller, in: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 10. Aufl. , § 156 Rdnr. 2a). Zwar können auch Prozesshandlungen grundsätzlich im Verlauf des weiteren Verfahrens widerrufen, ergänzt, geändert oder berichtigt werden, dies gilt jedoch nur, solange der Rechtsstreit anhängig ist (Putzo, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., Einleitung III, Rdnr. 21). Unwiderruflich und nicht abänderungsfähig sind darüber hinaus solche Prozesshandlungen, durch die der Prozessgegner eine Rechtsstellung erlangt oder aufgrund der er seine Rechtsstellung eingerichtet hat (Bundesfinanzhof - BFH -, BFH/NV 1992, 49; Bayerisches LSG, Urteil vom 16. Oktober 2001 - L 15 V 37/01 -, juris). Dies ist bei der Berufungsrücknahme der Fall. Für die Anfechtung der Rücknahme in entsprechender Anwendung des § 123 BGB liegen keine Anhaltspunkte vor, abgesehen davon, dass auch insoweit die Anfechtung der Berufungsrücknahme ausgeschlossen wäre (vgl. BSG SozR Nr. 6 zu § 102 SGG). Insbesondere trägt die Klägerin nicht vor, sie habe sich bei der Abgabe der Erklärung in einem Irrtum befunden. Die Klägerin macht geltend, ihre gesundheitliche Situation sei anders zu würdigen. Dass sie im Erörterungstermin die Berufung nicht zurücknehmen wollte ergibt sich daraus nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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