L 9 AS 292/12

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 33 AS 5783/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 292/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die wegen mangelnder monatsbezogener Aufschlüsselung der SGB II-Aufhebung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gerügte Unbestimmtheit des Aufhebungsbescheids kann geheilt werden.
2. Das Gericht kann eine von der Behörde allein auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützte SGB II - Aufhebungsentscheidung grundsätzlich nach § 45 Abs. 2 SGB X für rechtmäßig erklären.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 23. November 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.

Die im Jahre 1971 geborene Klägerin bezieht zusammen mit ihrem im Jahre 1966 geborenen Lebensgefährten M. C. und ihren beiden 1988 und 1996 geborenen Kindern seit Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Für den hier streitigen Zeitraum September 2005 bis März 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin sowie ihrem Lebensgefährten und ihren Kindern mit Bescheiden vom 14. April 2005 (für Mai bis Oktober 2005, Bl. 108 ff. d.A.) und vom 01. November 2005 (für November 2005 bis April 2006, Bl. 124 ff. d.A.) nebst Änderungsbescheiden vom 24. August 2005 (Bl. 116 ff. d.A.), vom 17. Januar 2006 (Bl. 130 ff. d.A.) sowie vom 14. März 2006 (Bl. 140 d.A.) SGB II - Leistungen. Nachdem dem Beklagten bekannt geworden war, dass der Lebensgefährte der Klägerin von September 2005 bis März 2006 ein monatlich zum 15. gezahltes Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach einem monatlichen Nettoentgelt von EUR 400,00 erzielt hatte, hörte er diesen mit Schreiben vom 18. Mai 2006 (Bl. 113 f. d. VwA.) zu der Überzahlung in Höhe von EUR 1.802,94 (für die gesamte Bedarfsgemeinschaft) und zu der beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung und der Aufrechnung gegen laufende Leistungen an.

Am 28. Juli 2006 erließ der Beklagte einen an die Klägerin gerichteten und auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid (Bl. 153 f. d. VwA.). Dieser lautet u.a. wie folgt:

"teilweise Aufhebung der Bescheide vom 14.04.2005 sowie vom 01.11.2005 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II werden vom 01.09.2005 bis 31.03.2006 teilweise in Höhe von EUR 1.802,94 aufgehoben." In dem Bescheid ist weiter ausgeführt: "Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs. 1 SGB X). Herr M. C. hat von der gegebenen Möglichkeit der Äußerung auf meine Anhörung vom 18. Mai 2006 keinen Gebrauch gemacht, so dass nunmehr nach Aktenlage zu entscheiden war."

Der Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. September 2008 (Bl. 450 f. d. VwA.) beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides. Dieser sei zu unbestimmt. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 19. Januar 2009 (Bl. 453 d. VwA.), dem eine Aufstellung der Ermittlung der individuellen monatlichen Überzahlungsbeträge beigefügt war (Bl. 454 ff. d. VwA), abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin vom 20. Februar 2009 blieb erfolglos. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2009 (Bl. 611 f. d. VwA.) hat die Klägerin am 21. Dezember 2009 Klage erhoben. Im Laufe des Verfahrens vor dem Sozialgericht hat der Beklagte die Erstattungsforderung auf den auf die Klägerin entfallenden Anteil (EUR 697,78, Bl. 37 d.A.) reduziert. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Die über das Teilanerkenntnis hinausgehende Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 23. November 2011 abgewiesen. Die Berufung wurde zugelassen. Gegen das am 10. Januar 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Februar 2012 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung.

Die Klägerin hält den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nach wie vor für zu unbestimmt.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 23. November 2011 und den Bescheid vom 19. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2009 und unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses vom 23. November 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 28. Juli 2006 auch im Übrigen aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Sozialgerichts und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der geheimen Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Sozialgericht ohne Rücksicht auf die nicht erreichte Beschwer nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid auch im Hinblick auf die auf die Klägerin entfallende Erstattungsforderung aufzuheben.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 19. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2009 und des Teilanerkenntnisses vom 23. November 2011, mit dem der Beklagte die Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 28. Juli 2006 nach § 44 SGB X abgelehnt hat. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (Abs. 1 S. 1), wobei dies nach Abs. 1 S. 2 nicht gilt, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 2).

Die Überprüfung des hier in Rede stehenden Aufhebungs- und Erstattungsbescheids richtet sich nach § 40 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 1 SGB X analog. Die Anwendung dieser Vorschrift ergibt, dass der Bescheid vom 19. Januar 2009 nicht zurückzunehmen ist.

Unter dem Aspekt der unrichtigen Anwendung formellen Rechts ist dabei im Rahmen des Überprüfungsverfahrens die fehlende Anhörung der Klägerin nach § 24 SGB X unschädlich. Eine Anhörung war zwar nicht nach § 24 Abs. 2 SGB X entbehrlich. Insbesondere liegt bereits tatbestandlich kein Fall des Ausnahmekatalogs des § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X vor. Denn es wurden nicht lediglich einkommensabhängige Leistungen an geänderte Verhältnisse angepasst, weil der Beklagte auf der Grundlage des § 50 SGB X für die Vergangenheit Leistungen erstattet verlangt (vgl. Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 07. Juli 2011, Az.: B 14 AS 153/10 R).

Aufgrund der Maßgeblichkeit der jeweiligen materiellen Rechtslage müssen Verstöße gegen nicht dem materiellen Recht zuzurechnende Vorschriften (z.B. reine Formverstöße sowie die Verletzung der Anhörungspflicht) jedoch im Rahmen des § 44 SGB X außer Betracht bleiben. Eine unterbliebene Anhörung stellt kein Unrecht i.S.d. § 44 SGB X dar (vgl. Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 28. Mai 1997, Az.: 14/10 RKg 25/95, Rn. 23 - juris). Es ist daher unerheblich, dass der Beklagte vor Erlass des Bescheides vom 28. Juli 2006 die Klägerin nicht angehört hat.

Die materielle Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, dessen Überprüfung begehrt wird, beurteilt sich nach § 40 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X (hinsichtlich des Bewilligungsbescheids vom 14. April 2005) bzw. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X (hinsichtlich des Bewilligungsbescheids vom 01. November 2005). Der Lebensgefährte der Klägerin hat in den hier streitigen Zeiträumen Einkommen erzielt, das nach § 11 SGB II zu berücksichtigen ist. Die Klägerin war nicht in dem in den Bewilligungs- und Änderungsbescheiden angenommenen Umfang hilfebedürftig, ihr standen daher nur niedrigere als die bewilligten Leistungen zu. Der Beklagte war daher berechtigt, die Leistungsbewilligung teilweise aufzuheben. Insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil, denen der Senat folgt.

Dabei ist der Umstand, dass der Beklagte seine Aufhebungsverfügung fehlerhaft ausschließlich auf § 48 SGB X gestützt hat, allein nicht klagebegründend. Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2011, Az.: B 4 AS 21/10 R). Dies kann - entgegen der Ansicht der Klägerin - grundsätzlich auch noch durch das Gericht erfolgen, wenn Vertrauensschutzgesichtspunkte auf Seiten der Klägerin einer Befugnis zur Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht entgegenstehen. Denn § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II a.F. verweist ergänzend auf § 330 Abs. 2 SGB II, wonach bei Vorliegen der in § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes diese - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Nach den aufgrund der Befragung der Klägerin getroffenen Feststellungen des Sozialgerichts, denen der Senat folgt, ist zumindest die Fallvariante erfüllt, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids vom 1. November 2005 infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Einwendungen dagegen hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Aufhebungsentscheidung für den Zeitraum November 2005 bis März 2006 nicht entgegen.

Auch die Bedenken der Klägerin im Hinblick auf die - der materiellen Rechtmäßigkeit zuzuordnende - Bestimmtheit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides greifen nicht durch. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz der Entscheidung, als auch auf den Adressaten eines Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, Az.: B 4 AS 154/11 R). Insofern verlangt das Bestimmtheitserfordernis, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und - den unzweifelhaft erkennbaren - Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Nur der inhaltlich hinreichend bestimmte Verwaltungsakt kann seine Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion erfüllen und - soweit erforderlich - als Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung dienen. Sichergestellt muss daher sein, zwischen wem (Adressat, Betroffenem und Behörde) die Rechtsbeziehung geregelt werden soll. Darüber hinaus muss klar sein, welche Rechtsbeziehung geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will und von wem sie es will (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2002, Az.: B 6 KA 25/01 R). Es darf nicht dem Adressaten überlassen bleiben, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (so BSG, Urteile vom 30. März 2004, Az.: B 4 RA 36/02 R, und vom 29. November 2012, Az.: B 14 AS 6/12 R, m.w.N.).

Danach ist im Hinblick auf den Erstattungsteil die Nennung des Gesamterstattungsbetrages ausreichend (vgl. BSG, Urteil vom 07. Juli 2011, Az.: B 14 AS 153/10 R).

Ob eine (monatsweise) Aufschlüsselung der Aufhebung im Rahmen der Aufhebungsentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 30/09 R) wie im Recht der Arbeitsförderung (vgl. BSG, Urteil vom 02. Juni 2004, Az.: B 7 AL 58/03 R) erforderlich (offen gelassen von BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, Az.: B 4 AS 154/11 R) und der Bescheid daher unbestimmt ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls aus dem im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X erlassenen Bescheid vom 19. Januar 2009, dem eine Ermittlung der individuellen Überzahlungsbeträge sowie eine Aufstellung der monatlichen Erstattungsbeträge beigefügt war, ergibt sich, in welcher monatlichen Höhe die Leistungen aufgehoben wurden.

Der Einbeziehung des Bescheides in die Bestimmtheitsprüfung steht nicht entgegen, dass dieser (erst) im Überprüfungsverfahren erging. Dabei kann dahinstehen, ob die Frage der Bestimmtheit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides überhaupt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gerügt werden kann (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. März 2013, Az.: L 19 AS 2278/12 NZB m.w.N.). Dem mit dem Verfahren nach § 44 SGB X verfolgten Zweck ist ausreichend Rechnung getragen, wenn im Überprüfungsverfahren der Regelungsinhalt des Ausgangsbescheides präzisiert und damit dem Bestimmtheitserfordernis genügt wird. Denn Normzweck des § 44 SGB X ist die Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit zugunsten des Bürgers, nicht aber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei versäumter Rechtsbehelfsfrist. Ansonsten könnten im Übrigen Hilfebedürftige, die einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bestandskräftig werden lassen und die mangelnde Bestimmtheit erstmals im Überprüfungsverfahren beanstanden, besser gestellt sein als diejenigen, die gegen den Bescheid mit derselben Begründung Widerspruch erheben. Denn im letztgenannten Fall hätte die Behörde Gelegenheit, die mangelnde Bestimmtheit zu heilen und die "Entscheidung" darüber, in welcher Höhe monatlich jeweils Leistungen aufgehoben werden, im Widerspruchsverfahren nachzuholen.

Da sonstige Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des hier zu überprüfenden Bescheids nicht bestehen, würde dessen Aufhebung nicht zu der mit § 44 SGB X bezweckten Herstellung der materiellen Gerechtigkeit führen, sondern diesem Zweck geradezu zuwiderlaufen, weil die Klägerin Leistungen behalten dürfte, die der Beklagte zu Recht aufgehoben hat und deren Erstattung er zu Recht verlangt. Denn nach dem in § 44 SGB X enthaltenen Restitutionsgedanken ist der Berechtigte so zu stellen, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden (Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., Rn. 2 zu § 44 m.w.N.). Dann aber wäre der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Bezug auf den auf die Klägerin entfallenen Teil rechtmäßig.

Unschädlich ist, dass der Beklagte in der "Betreff-Zeile" des Bescheides vom 28. Juli 2006 lediglich die ursprünglichen Bewilligungsbescheide vom 14. April 2005 und vom 01. November 2005 und nicht auch die Änderungsbescheide ausdrücklich aufgeführt hat. Denn aus dem Inhalt der weiteren Begründung des Bescheides ("Die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen werden teilweise aufgehoben.") ergibt sich für den objektiven Empfänger unzweideutig, dass auch die jeweils ergangenen Änderungsbescheide erfasst sein sollten, die für jeweils für die jeweiligen Bewilligungsabschnitte geringfügig andere Leistungen festlegten (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 89/12, Rn. 16, juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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