Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 9 AL 21/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 71/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Wenn Prozesskostenhilfe erst ab einem nach der Antragstellung liegenden Zeitpunkt bewilligt wird, kann für eine hiergegen gerichtete Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis vorliegen, wenn die Möglichkeit besteht, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Vergütungsansprüche gegen die Partei geltend machen können, bei denen die Anspruchsvoraussetzungen außerhalb des Zeitraumes der Prozesskostenhilfebewilligung entstanden sind.
2. Die Einreichung einer Klagebegründung ist keine Voraussetzung für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Klage. Der im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz gebietet es, dass das Gericht den gesamten aktenkundigen Sachverhalt zur Kenntnis nimmt und auch dann, wenn keine weitergehende Begründung des Klagebegehrens erfolgt, hieran die Erfolgsaussicht prüft. Soweit eine Klage nicht begründet worden ist, hat jedenfalls eine summarische Prüfung der als rechtswidrig beanstandeten Bescheide, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Verwaltungsakte und insbesondere des Vorbringens im Widerspruchsverfahren, zu erfolgen (Fortführung der Senatsrechtsprechung: vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Januar 2013 - L 3 AS 1184/12 B PKH - JURIS-Dokument).
3. Zur Abgrenzung von Einkommenserzielung und Vermögensumschichtung beim Weiterverkauf von im Internet gekauften Gegenständen.
2. Die Einreichung einer Klagebegründung ist keine Voraussetzung für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Klage. Der im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz gebietet es, dass das Gericht den gesamten aktenkundigen Sachverhalt zur Kenntnis nimmt und auch dann, wenn keine weitergehende Begründung des Klagebegehrens erfolgt, hieran die Erfolgsaussicht prüft. Soweit eine Klage nicht begründet worden ist, hat jedenfalls eine summarische Prüfung der als rechtswidrig beanstandeten Bescheide, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Verwaltungsakte und insbesondere des Vorbringens im Widerspruchsverfahren, zu erfolgen (Fortführung der Senatsrechtsprechung: vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Januar 2013 - L 3 AS 1184/12 B PKH - JURIS-Dokument).
3. Zur Abgrenzung von Einkommenserzielung und Vermögensumschichtung beim Weiterverkauf von im Internet gekauften Gegenständen.
I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 15. März 2013 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt als Bevollmächtigter beigeordnet. Derzeit sind weder Raten zu zahlen noch Zahlungen aus dem Vermögen zu leisten.
II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren für die Zeit von der Antragstellung bis zum 12. November 2012.
Die Beklagte hatte der Klägerin Arbeitslosengeld bewilligt. Auf Grund eines Amtshilfeersuchens des Finanzamtes F (Steuerfahndungsstelle) wurde der Beklagten im Januar 2011 bekannt, dass die Klägerin seit 2004 gewerbliche Einkünfte über die e -Plattform erzielt haben könnte. Im April 2011 erhielt sie konkrete Angaben zu den ermittelten Einkünften ab 2004.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie Einkünfte bei e erzielt habe, die auf das Arbeitslosengeld anzurechnen seien. Die Klägerin wurde unter Fristsetzung aufgefordert, die vom 11. März 2006 bis zum 11. März 2007 erzielten monatlichen Einkünfte mitzuteilen. Das Schreiben enthielt Hinweise auf die Regelungen in den §§ 60 und 66 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I).
Nachdem die Klägerin auf die Mitwirkungsaufforderung nicht reagierte, erließ die Beklagte am 20. Juni 2011 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem sie die Arbeitslosengeldbewilligung "für die Zeit vom 13. März 2006 bis zum 11. März 2007 teilweise in Höhe von 2243,50 Euro" aufhob. Unter Hinweis auf § 48 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) stellte die Beklagte fest, dass das Arbeitslosengeld nicht in der ursprünglich bewilligten Höhe habe gezahlt werden dürfen. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Ferner erließ sie am selben Tag einen Änderungsbescheid. In diesem sind die täglichen Leistungsbeträge, die Berechnungsgrundlagen, die Anrechnungsbeträge und die auszuzahlenden Leistungen nach Zeitabschnitten, in der Regel nach Monaten, aufgelistet.
Der Klägerbevollmächtigte legte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2011 Widerspruch ein. Er begründete diesen damit, dass die Klägerin kein Einkommen über e erzielt habe. Sie leide an einem Kaufzwang. Sie tätige ständig bei e Einkäufe für den eigenen Bedarf, das heißt für sich und ihre Kinder. Nur Gegenstände, die nicht passten, würden wieder verkauft. Die Klägerin müsse wegen der Zwangsstörung erhebliche Geldmengen aufbringen; teilweise leihe sie sich sogar Geld von Freunden und Bekannten. Durch den Verkauf komme es lediglich zu einer Vermögensumschichtung. Der Klägerbevollmächtigte legte mit Schriftsatz vom 10. November 2011 eine heilpädagogische Stellungnahme vor, die eine Diplom-Heilpädagogin am 27. September 2011 betreffend ein Kind der Klägerin erstellt hatte. In dieser Stellungnahme wurde unter anderem eine deutlich belastete familiäre Situation beschrieben. In Bezug auf die Klägerin wurde unter anderem ausgeführt, dass sie durchgängig psychisch belastet sei, ein "zwanghaftes Kaufen von Kleidungsstücken bei e " erfolge und eine ausgeprägte Störung der Mutter-Tochter-Beziehung vorliege. Die Klägerin sei seit dem Erstkontakt mit der Ambulanz stetig mit Belastungssituationen konfrontiert, die zum einen durch die autistische Störung des Sohnes, "zum anderen offensichtlich mit den eigenen psychosozialen Einschränkungen bedingt" seien. Es wurde die "Herausbildung des exzessiven Kauf- und Verkaufverhaltens" festgestellt. Die quantitative Dimension der Käufe lasse auf eine Zwanghaftigkeit der Handlung schließen und bedürfe bekanntermaßen seit mehreren Jahren der fachärztlichen Behandlung.
Unter dem 13. Dezember 2011 erließ die Beklagte zwei Änderungsbescheide: einen zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und einen zur Leistungsbewilligung. Nunmehr wurde nur noch ein Betrag in Höhe von 1.030,40 EUR zurückgefordert.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011 zurück.
Die Klägerin hat am 16. Januar 2012 Klage erhoben. Am 15. Februar 2012 hat sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Dem Antrag waren die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Belege beigefügt. Das Sozialgericht hat am 9. August 2012 eine Betreibensaufforderung erlassen. Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 13. November 2012 die Klage begründet.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15. März 2013 der Klägerin Prozesskostenhilfe ab dem 13. November 2012 bewilligt und ihr ihren Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beigeordnet. Für den vorangegangenen Zeitraum fehle es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht.
Gegen den ihm am 19. März 2013 zugestellten Beschluss hat der Klägerbevollmächtigte am 17. April 2013 Beschwerde eingelegt. Auf Grund der zeitlichen Beschränkung der Prozesskostenhilfebewilligung sei zu befürchten, dass im Kostenfestsetzungsverfahren eine niedrigere Verfahrensgebühr festgesetzt werde, weil seine Tätigkeit vor dem Bewilligungszeitpunkt unberücksichtigt bleiben könnte. Es habe von Anfang an eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage vorgelegen. Denn das Sozialgericht habe auf Grund des Amtsermittlungsgrundsatzes den gesamten aktenkundigen Sachverhalt zur Kenntnis nehmen und hieran die Erfolgsaussicht der Klage prüfen müssen, auch wenn eine (weitergehende) Stellungnahme der Klägerin ausbleibe. Das Sozialgericht hätte dann erkennen können, dass die angerechneten Nebeneinkommen auf Schätzungen des Finanzamtes beruhten, was nach § 329 SGB III aber "nur für kurze Zeit" möglich sei.
Die Staatskasse und der Beklagte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
I. Die Beschwerde ist statthaft.
Maßgebend ist § 172 Abs. 3 Nr. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der vom 11. August 2010 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 6 des Gesetzes vom 5. August 2008 [BGBl. I S. 1127]). Die seit 25. Oktober 2013 geltende Fassung von § 172 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB II (vgl. Artikel 7 Nr. 11 Buchst. c des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 [BGBl. I S. 3836]) findet nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechtes keine Anwendung. Dieses gebietet, dass bei einem gesetzlich festgelegten Rechtsmittelausschluss ein bereits eingelegtes Rechtsmittel zulässig bleibt, sofern das Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimmt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 – 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 = BVerfG 87, 48 = NJW 1993, 1123; Sächs. LSG, Beschluss vom 20. November 2009 – L 3 B 261/08 AS-PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 15).
Die Beschwerde ist nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG a. F. ausgeschlossen, weil das Sozialgericht bei der Ablehnung der Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneinte. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG a. F. ausgeschlossen. Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG a. F. war die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Dies galt gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG a. F. auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren. Der Wortlaut dieses zweiten Halbsatzes war eindeutig. Die Regelung konnte deshalb nicht erweiternd ausgelegt und auf Klageverfahren, in denen in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, ausgedehnt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates ist auch ein Rückgriff auf die Beschwerdeausschlussregelung in § 127 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), sei es in Verbindung mit § 73a Abs. 1 SGG oder in Verbindung mit § 202 SGG oder in analoger Anwendung, nicht möglich (vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Juni 2012 – L 3 Sächs. LSG, Beschluss vom 20. November 2009 – L 3 AS 158/12 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 11). Aus diesem Grund ist vorliegend der Wert des Beschwerdegegenstandes in einem etwaigen Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich.
2. Die Beschwerde ist auch zulässig. Insbesondere besitzt die Klägerin für das Beschwerdeverfahren ein Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, die bei jeder Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegeben sein muss. Der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet, dass nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. März 2014 – L 3 AS 187/14 B ER – info also 2014, 125 = JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.). Dieses ist vorliegend gegeben.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Vergütungsansprüche gegen die Partei geltend machen können, bei denen die Anspruchsvoraussetzungen außerhalb des Zeitraumes der Prozesskostenhilfebewilligung entstanden sind. Dies können insbesondere Ansprüche auf Erstattung von Auslagen sein. Vorliegend sind diesbezüglich zumindest die Kosten für die Kopien, die anlässlich der Akteneinsicht gefertigt wurden, von Bedeutung. Die Akteneinsicht erfolgte außerhalb der Bewilligungszeitraumes für die Prozesskostenhilfe. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass sich die Klägerin insoweit einer Forderung ihres Bevollmächtigten ausgesetzt sehen kann. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass die Klägerin dadurch, dass ihr Prozesskostenhilfe nicht im vollen begehrten zeitlichen Umfang bewilligt wurde, Rechtsnachteile erleiden kann.
3. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Klage besaß bereits zum Zeitpunkt, als der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt wurde und der Antrag wegen der vorgelegten Erklärung und Unterlagen entscheidungsreif war (vgl. zur Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Entscheidungsreife: Sächs. LSG, Beschluss vom 22. April 2013 – L 3 AS 1310/12 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 16, m. w. N.), hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der erkennende Senat hat bereits im Beschluss vom 15. Januar 2013 (Az. L 3 AS 1184/12 B PKH, JURIS-Dokument Rdnr. 16, m. w. N.) ausgeführt, dass die Einreichung einer Klagebegründung keine Voraussetzung für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Klage ist. Der im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz gebietet es, dass das Gericht den gesamten aktenkundigen Sachverhalt zur Kenntnis nimmt und auch dann, wenn keine weitergehende Begründung des Klagebegehrens erfolgt, hieran die Erfolgsaussicht prüft. Allein wegen der Nichteinreichung einer Klagebegründung kann deshalb die hinreichende Erfolgsaussicht nicht verneint werden. Soweit eine Klage nicht begründet worden ist, hat jedenfalls eine summarische Prüfung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2008 – 1 BvR 1807/07 – NJW 2008, 1060 = JURIS-Dokument Rdnr. 20; BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 3031/08 – NJW 2010, 1658 = JURIS-Dokument Rdnr. 19; BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 3657/09 – NJW 2010, 1657 = JURIS-Dokument Rdnr. 17) der als rechtswidrig beanstandeten Bescheide, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Verwaltungsakte und insbesondere des Vorbringens im Widerspruchsverfahren, zu erfolgen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Januar 2013, a. a. O., Rdnr. 17, m. w. N.).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs besaß die Klage auch bereits im Zeitraum vom 15. Februar 2012 bis zum 12. November 2012 hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO. Auf weitere Gesichtspunkte, die möglicherweise erst durch die Klagebegründung deutlich wurden, kommt es deshalb nicht an.
a) So stellte sich bereits zu diesem Zeitpunkt die Frage, ob die Klägerin ordnungsgemäß angehört worden war, als klärungsbedürftig dar.
Die Klägerin war gemäß § 24 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) vor dem Erlass des angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides anzuhören (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 38, m. w. N.). Dass eine solche vorherige Anhörung erfolgt wäre, ergibt sich weder aus den frühzeitig im Klageverfahren vorliegenden Bescheiden, insbesondere nicht aus dem Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011, noch aus den dem Sozialgericht ebenfalls vorliegenden Verwaltungsakten. Das Schreiben vom 11. Mai 2011, in dem die Klägerin zur Mitteilung der erzielten monatlichen Einkünfte aufgefordert wurde, ist keine ausreichende Grundlage für eine Anhörung der Klägerin. Denn es enthält nur Angaben zum Grund und Umfang der Mitwirkungsforderung nach § 60 SGB I sowie zu den möglichen Rechtsfolgen nach § 66 SGB I für den Fall der Nichtbefolgung, nicht aber Angaben zu den Tatsachen, die für die spätere Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X maßgebend sein konnten (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 39 ff., m. w. N.).
Ein Anhörungsmangel kann gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X zwar auch im Widerspruchsverfahren geheilt werden. Allerdings bewirkt die bloße Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung allein nicht die Heilung des Mangels. Sofern kein gesondertes Anhörungsschreiben ergeht, kann ein Anhörungsmangel im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nur dann geheilt werden, wenn der Bescheid selbst alle wesentlichen Tatsachen enthält (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 52, m. w. N.). Diesbezüglich bestehen vorliegend erhebliche Bedenken. Denn der Klägerin werden im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011 die Vertrauensausschlusstatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 und 4 SGB X entgegengehalten. Sowohl im Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 20. Juni 2011 als auch im hierzu erlassenen Änderungsbescheid vom 13. Dezember 2011 findet sich allerdings nur die Bemerkung, dass das erzielte Einkommen anzurechnen sei.
Ob hieran gemessen eine ordnungsgemäße Anhörung nachgeholt wurde, ist im Klageverfahren zu prüfen. Die hierzu erforderliche Bewertung aller relevanten Fakten kann vorliegend auf Grund der Gestaltung der maßgebenden Bescheide und der Besonderheiten des Falles nicht im Prozesskostenhilfeverfahren vorgenommen werden, weil anderenfalls der summarische Charakter des Verfahren nicht gewahrt würde.
b) Ferner ist klärungsbedürftig, ob der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X ist (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 30 ff., m. w. N.). Für eine Aufhebungsverfügung ist es nicht ausreichend, wenn – wie vorliegend – im Fall einer Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum nur die Höhe eines Gesamtbetrags ohne Konkretisierung dieses Betrags für die einzelnen Bewilligungszeiträume angegeben wird. Erforderlich ist vielmehr, dass sich aus dem Verfügungssatz, gegebenenfalls nach einer Auslegung, die bezifferten Teilbeträge für die jeweiligen von der Aufhebungsentscheidung betroffenen Bewilligungszeiträume ergeben (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 31, m. w. N.). Im Fall der Klägerin kann möglicherweise zur Auslegung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 20. Juni 2011 sowie des hierzu erlassenen Änderungsbescheides vom 13. Dezember 2011 auf die beiden, jeweils an den selben Tagen erlassenen Änderungsbescheide zu den Leistungsbewilligungen zurückgegriffen werden. Aber auch die vertiefte Beurteilung der Frage nach der inhaltlich hinreichenden Bestimmtheit des streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides würde die Grenze einer summarischen Prüfung im Prozesskostenhilfeverfahren überschreiten.
c) Auch in Bezug auf die Aufhebungsentscheidung als solcher war aus dem frühzeitig vorliegenden Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011 ein Klärungsbedarf zu erkennen. Auf Seite 4 des Widerspruchsbescheides wird knapp auf die im Widerspruchsverfahren geltend gemachten psychischen Gründe für Kauf- und Verkaufverhalten der Klägerin eingegangen. Da dort zudem auf ein Schreiben des Universitätsklinikums C G C zur psychischen Belastung des Klägerin Bezug genommen wird, musste sich dem Sozialgericht aufdrängen, dass jedenfalls die Vertrauensausschlusstatbestände § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X mit ihren subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen einer vertieften Betrachtung dürften.
d) Lediglich ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass die dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zugrunde liegende Annahme, bei den durch die Verkäufe erzielten Erlösen handle es sich um zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 141 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) mit der weiteren Folge, dass die Vertrauensausschlussregelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X greifen kann, einer näheren Prüfung bedarf.
Möglicherweise liegt hier keine Einkommenserzielung, das heißt eine Vermehrung des Vermögensbestandes, sondern nur eine Vermögensumschichtung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes vor (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 8. Juni 1989 – 7 RAr 34/88 – SozR 4100 § 138 Nr. 25 = JURIS-Dokument Rdnr. 26; BSG, Urteil vom 25. April 2002 –- B 11 AL 69/01 R – JURIS-Dokument Rdnr. 32). So hat beispielsweise das Bundessozialgericht im Urteil vom 20. Juni 1978 entschieden, dass der Arbeitslose dadurch, dass er einen bereits in seinem Vermögen befindlichen Gegenstand zum Verkehrswert veräußert, kein bei der Arbeitslosenhilfe zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 138 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) erziele. Das gelte auch dann, wenn der Kaufpreis in Raten gezahlt werde. Es könne jedoch anders sein, wenn als Kaufpreis eine Rente vereinbart werde (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juni 1978 – BSGE 46, 271 = SozR 4100 § 138 Nr. 3 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1; vgl. auch BSG, Urteil vom 8. Juni 1989, a. a. O.). Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die Klägerin aus den ihr, zum Teil nur darlehensweise, zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln die Einkäufe tätigte, und dass sie einen Teil der gekauften Gegenstände weiterverkaufte. Allein die Aneinanderreihung dieser beiden Rechtsgeschäfte schließt die Möglichkeit einer bloßen Vermögensumschichtung noch nicht aus. Allerdings fehlen bislang ausreichende Tatsachenfeststellungen, um im Falle der Klägerin eine Zuordnung der mit den Verkäufen erzielten Einnahmen zur Einkommenserzielung oder zur Vermögensumschichtung vornehmen zu können. Die Beklagte ließ diese Abgrenzung im Widerspruchsbescheid völlig unbeachtet, obwohl der Vortrag im Widerspruchsverfahren hierzu Anlass gab.
4. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren für die Zeit von der Antragstellung bis zum 12. November 2012.
Die Beklagte hatte der Klägerin Arbeitslosengeld bewilligt. Auf Grund eines Amtshilfeersuchens des Finanzamtes F (Steuerfahndungsstelle) wurde der Beklagten im Januar 2011 bekannt, dass die Klägerin seit 2004 gewerbliche Einkünfte über die e -Plattform erzielt haben könnte. Im April 2011 erhielt sie konkrete Angaben zu den ermittelten Einkünften ab 2004.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie Einkünfte bei e erzielt habe, die auf das Arbeitslosengeld anzurechnen seien. Die Klägerin wurde unter Fristsetzung aufgefordert, die vom 11. März 2006 bis zum 11. März 2007 erzielten monatlichen Einkünfte mitzuteilen. Das Schreiben enthielt Hinweise auf die Regelungen in den §§ 60 und 66 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I).
Nachdem die Klägerin auf die Mitwirkungsaufforderung nicht reagierte, erließ die Beklagte am 20. Juni 2011 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem sie die Arbeitslosengeldbewilligung "für die Zeit vom 13. März 2006 bis zum 11. März 2007 teilweise in Höhe von 2243,50 Euro" aufhob. Unter Hinweis auf § 48 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) stellte die Beklagte fest, dass das Arbeitslosengeld nicht in der ursprünglich bewilligten Höhe habe gezahlt werden dürfen. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Ferner erließ sie am selben Tag einen Änderungsbescheid. In diesem sind die täglichen Leistungsbeträge, die Berechnungsgrundlagen, die Anrechnungsbeträge und die auszuzahlenden Leistungen nach Zeitabschnitten, in der Regel nach Monaten, aufgelistet.
Der Klägerbevollmächtigte legte mit Schriftsatz vom 1. Juli 2011 Widerspruch ein. Er begründete diesen damit, dass die Klägerin kein Einkommen über e erzielt habe. Sie leide an einem Kaufzwang. Sie tätige ständig bei e Einkäufe für den eigenen Bedarf, das heißt für sich und ihre Kinder. Nur Gegenstände, die nicht passten, würden wieder verkauft. Die Klägerin müsse wegen der Zwangsstörung erhebliche Geldmengen aufbringen; teilweise leihe sie sich sogar Geld von Freunden und Bekannten. Durch den Verkauf komme es lediglich zu einer Vermögensumschichtung. Der Klägerbevollmächtigte legte mit Schriftsatz vom 10. November 2011 eine heilpädagogische Stellungnahme vor, die eine Diplom-Heilpädagogin am 27. September 2011 betreffend ein Kind der Klägerin erstellt hatte. In dieser Stellungnahme wurde unter anderem eine deutlich belastete familiäre Situation beschrieben. In Bezug auf die Klägerin wurde unter anderem ausgeführt, dass sie durchgängig psychisch belastet sei, ein "zwanghaftes Kaufen von Kleidungsstücken bei e " erfolge und eine ausgeprägte Störung der Mutter-Tochter-Beziehung vorliege. Die Klägerin sei seit dem Erstkontakt mit der Ambulanz stetig mit Belastungssituationen konfrontiert, die zum einen durch die autistische Störung des Sohnes, "zum anderen offensichtlich mit den eigenen psychosozialen Einschränkungen bedingt" seien. Es wurde die "Herausbildung des exzessiven Kauf- und Verkaufverhaltens" festgestellt. Die quantitative Dimension der Käufe lasse auf eine Zwanghaftigkeit der Handlung schließen und bedürfe bekanntermaßen seit mehreren Jahren der fachärztlichen Behandlung.
Unter dem 13. Dezember 2011 erließ die Beklagte zwei Änderungsbescheide: einen zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und einen zur Leistungsbewilligung. Nunmehr wurde nur noch ein Betrag in Höhe von 1.030,40 EUR zurückgefordert.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011 zurück.
Die Klägerin hat am 16. Januar 2012 Klage erhoben. Am 15. Februar 2012 hat sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Dem Antrag waren die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Belege beigefügt. Das Sozialgericht hat am 9. August 2012 eine Betreibensaufforderung erlassen. Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 13. November 2012 die Klage begründet.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15. März 2013 der Klägerin Prozesskostenhilfe ab dem 13. November 2012 bewilligt und ihr ihren Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beigeordnet. Für den vorangegangenen Zeitraum fehle es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht.
Gegen den ihm am 19. März 2013 zugestellten Beschluss hat der Klägerbevollmächtigte am 17. April 2013 Beschwerde eingelegt. Auf Grund der zeitlichen Beschränkung der Prozesskostenhilfebewilligung sei zu befürchten, dass im Kostenfestsetzungsverfahren eine niedrigere Verfahrensgebühr festgesetzt werde, weil seine Tätigkeit vor dem Bewilligungszeitpunkt unberücksichtigt bleiben könnte. Es habe von Anfang an eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage vorgelegen. Denn das Sozialgericht habe auf Grund des Amtsermittlungsgrundsatzes den gesamten aktenkundigen Sachverhalt zur Kenntnis nehmen und hieran die Erfolgsaussicht der Klage prüfen müssen, auch wenn eine (weitergehende) Stellungnahme der Klägerin ausbleibe. Das Sozialgericht hätte dann erkennen können, dass die angerechneten Nebeneinkommen auf Schätzungen des Finanzamtes beruhten, was nach § 329 SGB III aber "nur für kurze Zeit" möglich sei.
Die Staatskasse und der Beklagte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
I. Die Beschwerde ist statthaft.
Maßgebend ist § 172 Abs. 3 Nr. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der vom 11. August 2010 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 6 des Gesetzes vom 5. August 2008 [BGBl. I S. 1127]). Die seit 25. Oktober 2013 geltende Fassung von § 172 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB II (vgl. Artikel 7 Nr. 11 Buchst. c des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 [BGBl. I S. 3836]) findet nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechtes keine Anwendung. Dieses gebietet, dass bei einem gesetzlich festgelegten Rechtsmittelausschluss ein bereits eingelegtes Rechtsmittel zulässig bleibt, sofern das Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimmt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 – 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 = BVerfG 87, 48 = NJW 1993, 1123; Sächs. LSG, Beschluss vom 20. November 2009 – L 3 B 261/08 AS-PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 15).
Die Beschwerde ist nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG a. F. ausgeschlossen, weil das Sozialgericht bei der Ablehnung der Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneinte. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG a. F. ausgeschlossen. Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG a. F. war die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Dies galt gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG a. F. auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren. Der Wortlaut dieses zweiten Halbsatzes war eindeutig. Die Regelung konnte deshalb nicht erweiternd ausgelegt und auf Klageverfahren, in denen in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, ausgedehnt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates ist auch ein Rückgriff auf die Beschwerdeausschlussregelung in § 127 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), sei es in Verbindung mit § 73a Abs. 1 SGG oder in Verbindung mit § 202 SGG oder in analoger Anwendung, nicht möglich (vgl. z. B. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Juni 2012 – L 3 Sächs. LSG, Beschluss vom 20. November 2009 – L 3 AS 158/12 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 11). Aus diesem Grund ist vorliegend der Wert des Beschwerdegegenstandes in einem etwaigen Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich.
2. Die Beschwerde ist auch zulässig. Insbesondere besitzt die Klägerin für das Beschwerdeverfahren ein Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, die bei jeder Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegeben sein muss. Der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet, dass nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. März 2014 – L 3 AS 187/14 B ER – info also 2014, 125 = JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.). Dieses ist vorliegend gegeben.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Vergütungsansprüche gegen die Partei geltend machen können, bei denen die Anspruchsvoraussetzungen außerhalb des Zeitraumes der Prozesskostenhilfebewilligung entstanden sind. Dies können insbesondere Ansprüche auf Erstattung von Auslagen sein. Vorliegend sind diesbezüglich zumindest die Kosten für die Kopien, die anlässlich der Akteneinsicht gefertigt wurden, von Bedeutung. Die Akteneinsicht erfolgte außerhalb der Bewilligungszeitraumes für die Prozesskostenhilfe. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass sich die Klägerin insoweit einer Forderung ihres Bevollmächtigten ausgesetzt sehen kann. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass die Klägerin dadurch, dass ihr Prozesskostenhilfe nicht im vollen begehrten zeitlichen Umfang bewilligt wurde, Rechtsnachteile erleiden kann.
3. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Klage besaß bereits zum Zeitpunkt, als der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt wurde und der Antrag wegen der vorgelegten Erklärung und Unterlagen entscheidungsreif war (vgl. zur Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Entscheidungsreife: Sächs. LSG, Beschluss vom 22. April 2013 – L 3 AS 1310/12 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 16, m. w. N.), hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der erkennende Senat hat bereits im Beschluss vom 15. Januar 2013 (Az. L 3 AS 1184/12 B PKH, JURIS-Dokument Rdnr. 16, m. w. N.) ausgeführt, dass die Einreichung einer Klagebegründung keine Voraussetzung für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Klage ist. Der im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz gebietet es, dass das Gericht den gesamten aktenkundigen Sachverhalt zur Kenntnis nimmt und auch dann, wenn keine weitergehende Begründung des Klagebegehrens erfolgt, hieran die Erfolgsaussicht prüft. Allein wegen der Nichteinreichung einer Klagebegründung kann deshalb die hinreichende Erfolgsaussicht nicht verneint werden. Soweit eine Klage nicht begründet worden ist, hat jedenfalls eine summarische Prüfung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2008 – 1 BvR 1807/07 – NJW 2008, 1060 = JURIS-Dokument Rdnr. 20; BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 3031/08 – NJW 2010, 1658 = JURIS-Dokument Rdnr. 19; BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 3657/09 – NJW 2010, 1657 = JURIS-Dokument Rdnr. 17) der als rechtswidrig beanstandeten Bescheide, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Verwaltungsakte und insbesondere des Vorbringens im Widerspruchsverfahren, zu erfolgen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Januar 2013, a. a. O., Rdnr. 17, m. w. N.).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs besaß die Klage auch bereits im Zeitraum vom 15. Februar 2012 bis zum 12. November 2012 hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO. Auf weitere Gesichtspunkte, die möglicherweise erst durch die Klagebegründung deutlich wurden, kommt es deshalb nicht an.
a) So stellte sich bereits zu diesem Zeitpunkt die Frage, ob die Klägerin ordnungsgemäß angehört worden war, als klärungsbedürftig dar.
Die Klägerin war gemäß § 24 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) vor dem Erlass des angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides anzuhören (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 38, m. w. N.). Dass eine solche vorherige Anhörung erfolgt wäre, ergibt sich weder aus den frühzeitig im Klageverfahren vorliegenden Bescheiden, insbesondere nicht aus dem Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011, noch aus den dem Sozialgericht ebenfalls vorliegenden Verwaltungsakten. Das Schreiben vom 11. Mai 2011, in dem die Klägerin zur Mitteilung der erzielten monatlichen Einkünfte aufgefordert wurde, ist keine ausreichende Grundlage für eine Anhörung der Klägerin. Denn es enthält nur Angaben zum Grund und Umfang der Mitwirkungsforderung nach § 60 SGB I sowie zu den möglichen Rechtsfolgen nach § 66 SGB I für den Fall der Nichtbefolgung, nicht aber Angaben zu den Tatsachen, die für die spätere Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X maßgebend sein konnten (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 39 ff., m. w. N.).
Ein Anhörungsmangel kann gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X zwar auch im Widerspruchsverfahren geheilt werden. Allerdings bewirkt die bloße Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung allein nicht die Heilung des Mangels. Sofern kein gesondertes Anhörungsschreiben ergeht, kann ein Anhörungsmangel im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nur dann geheilt werden, wenn der Bescheid selbst alle wesentlichen Tatsachen enthält (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 52, m. w. N.). Diesbezüglich bestehen vorliegend erhebliche Bedenken. Denn der Klägerin werden im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011 die Vertrauensausschlusstatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 und 4 SGB X entgegengehalten. Sowohl im Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 20. Juni 2011 als auch im hierzu erlassenen Änderungsbescheid vom 13. Dezember 2011 findet sich allerdings nur die Bemerkung, dass das erzielte Einkommen anzurechnen sei.
Ob hieran gemessen eine ordnungsgemäße Anhörung nachgeholt wurde, ist im Klageverfahren zu prüfen. Die hierzu erforderliche Bewertung aller relevanten Fakten kann vorliegend auf Grund der Gestaltung der maßgebenden Bescheide und der Besonderheiten des Falles nicht im Prozesskostenhilfeverfahren vorgenommen werden, weil anderenfalls der summarische Charakter des Verfahren nicht gewahrt würde.
b) Ferner ist klärungsbedürftig, ob der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X ist (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 30 ff., m. w. N.). Für eine Aufhebungsverfügung ist es nicht ausreichend, wenn – wie vorliegend – im Fall einer Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum nur die Höhe eines Gesamtbetrags ohne Konkretisierung dieses Betrags für die einzelnen Bewilligungszeiträume angegeben wird. Erforderlich ist vielmehr, dass sich aus dem Verfügungssatz, gegebenenfalls nach einer Auslegung, die bezifferten Teilbeträge für die jeweiligen von der Aufhebungsentscheidung betroffenen Bewilligungszeiträume ergeben (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014, a. a. O., Rdnr. 31, m. w. N.). Im Fall der Klägerin kann möglicherweise zur Auslegung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 20. Juni 2011 sowie des hierzu erlassenen Änderungsbescheides vom 13. Dezember 2011 auf die beiden, jeweils an den selben Tagen erlassenen Änderungsbescheide zu den Leistungsbewilligungen zurückgegriffen werden. Aber auch die vertiefte Beurteilung der Frage nach der inhaltlich hinreichenden Bestimmtheit des streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides würde die Grenze einer summarischen Prüfung im Prozesskostenhilfeverfahren überschreiten.
c) Auch in Bezug auf die Aufhebungsentscheidung als solcher war aus dem frühzeitig vorliegenden Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2011 ein Klärungsbedarf zu erkennen. Auf Seite 4 des Widerspruchsbescheides wird knapp auf die im Widerspruchsverfahren geltend gemachten psychischen Gründe für Kauf- und Verkaufverhalten der Klägerin eingegangen. Da dort zudem auf ein Schreiben des Universitätsklinikums C G C zur psychischen Belastung des Klägerin Bezug genommen wird, musste sich dem Sozialgericht aufdrängen, dass jedenfalls die Vertrauensausschlusstatbestände § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X mit ihren subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen einer vertieften Betrachtung dürften.
d) Lediglich ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass die dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zugrunde liegende Annahme, bei den durch die Verkäufe erzielten Erlösen handle es sich um zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 141 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) mit der weiteren Folge, dass die Vertrauensausschlussregelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X greifen kann, einer näheren Prüfung bedarf.
Möglicherweise liegt hier keine Einkommenserzielung, das heißt eine Vermehrung des Vermögensbestandes, sondern nur eine Vermögensumschichtung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes vor (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 8. Juni 1989 – 7 RAr 34/88 – SozR 4100 § 138 Nr. 25 = JURIS-Dokument Rdnr. 26; BSG, Urteil vom 25. April 2002 –- B 11 AL 69/01 R – JURIS-Dokument Rdnr. 32). So hat beispielsweise das Bundessozialgericht im Urteil vom 20. Juni 1978 entschieden, dass der Arbeitslose dadurch, dass er einen bereits in seinem Vermögen befindlichen Gegenstand zum Verkehrswert veräußert, kein bei der Arbeitslosenhilfe zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 138 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) erziele. Das gelte auch dann, wenn der Kaufpreis in Raten gezahlt werde. Es könne jedoch anders sein, wenn als Kaufpreis eine Rente vereinbart werde (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juni 1978 – BSGE 46, 271 = SozR 4100 § 138 Nr. 3 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1; vgl. auch BSG, Urteil vom 8. Juni 1989, a. a. O.). Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die Klägerin aus den ihr, zum Teil nur darlehensweise, zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln die Einkäufe tätigte, und dass sie einen Teil der gekauften Gegenstände weiterverkaufte. Allein die Aneinanderreihung dieser beiden Rechtsgeschäfte schließt die Möglichkeit einer bloßen Vermögensumschichtung noch nicht aus. Allerdings fehlen bislang ausreichende Tatsachenfeststellungen, um im Falle der Klägerin eine Zuordnung der mit den Verkäufen erzielten Einnahmen zur Einkommenserzielung oder zur Vermögensumschichtung vornehmen zu können. Die Beklagte ließ diese Abgrenzung im Widerspruchsbescheid völlig unbeachtet, obwohl der Vortrag im Widerspruchsverfahren hierzu Anlass gab.
4. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
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