S 18 AS 954/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 18 AS 954/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R gesteckten Grenzen zum maßgeblichen Vergleichsraum schließen die Bildung von Wohnungsmarkttypen zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft nicht aus, sofern sichergestellt ist, dass in den zur Bildung von Wohnungsmarkttypen zusammengezogenen Kommunen vergleichbare Strukturen herrschen.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die im Jahr 1979 geborene Klägerin bildete im Jahr 2009 zusammen mit ihrem im Jahr 1971 geborenen Lebensgefährten und späteren Ehemann (Eheschließung: 16.8.2011), dem Kläger zu 4., sowie ihren im Jahr 1999 (Kläger zu 2.) und im Jahr 2002 (Kläger zu 3.) geborenen Söhnen eine Bedarfsgemeinschaft.

Die Klägerin schloss am 3.3.2009 einen Mietvertrag über die Wohnung in N., R.-B.-Straße (Blatt 1216 der VA). Es handelte sich um eine Wohnung im 2. Obergeschoss, bestehend aus 6 Zimmern, einer Küche, einem Flur, einem Bad und einem Bodenraum mit einer Wohnfläche von 99 m². Die Nettokaltmiete betrug 409,00 EUR zuzüglich einer Vorauszahlung für die Betriebskosten mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten von monatlich 76,00 EUR. Laut der Rechnung der Firma M. vom 7.6.2009 (Blatt 1345 der VA) entrichtete die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin in der Zeit vom 1.10.2009 bis 31.3.2010 monatliche Vorauszahlungen für den Gasverbrauch in Höhe von 33,00 EUR. In der Zeit vom 1.10.2009 bis 31.12.2009 zahlte die Klägerin monatlich Abfallgebühren in Höhe von 14,60 EUR. Die Klägerin bezog diese Wohnung zusammen mit den übrigen mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Mitgliedern zum 15.3.2009, ohne eine Zusicherung zur Übernahme der neuen Kosten der Unterkunft bei der Beklagten beantragt zu haben. Die Beklagte fertigte hierüber am 1.4.2009 eine Aktennotiz an (Blatt 1253 der VA), in der sie feststellte, dass der Umzug zwar erforderlich gewesen sei, die nunmehr entstehenden Kosten der Unterkunft allerdings nicht angemessen seien, so dass nur die angemessenen Kosten der Unterkunft fortan erbracht würden. Dies realisierte die Beklagte erstmals mit bestandskräftigem Bewilligungsbescheid vom 2.4.2009 (Blatt 1281 der VA) in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16.4.2009 (Blatt 1314 der VA) für den Bewilligungszeitraum 1.4.2009 bis 30.9.2009, hierin wurden der Bedarfsgemeinschaft der Kläger Kosten der Unterkunft in Höhe von 492,00 EUR bewilligt.

Mit Bescheid vom 30.9.2009 (Blatt 1512 der VA) bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft der Kläger für die Zeit vom 1.10.2009 bis 31.3.2010 monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1031,00 EUR. Sie errechnete hierbei einen Bedarf in Höhe der Ansprüche auf Regelleistung für die Klägerin zu 1. und den Kläger zu 4. in Höhe von je 323,00 EUR sowie Sozialgeld für die Söhne der Klägerin, die Kläger zu 2. und 3., in Höhe von je 251,00 EUR, zusammen mithin 1148,00 EUR. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft insgesamt wiederum 492,00 EUR, und zwar Kaltmiete 320,00 EUR (tatsächlich: 409,00 EUR), Nebenkosten in Höhe von 88,00 EUR (tatsächlich: 76 EUR) und Heizkosten in Höhe von 84,00 EUR (tatsächlich: 33,00 EUR). Die in der Zeit vom 1.10.2009 bis 31.12.2009 monatlich angefallenen Abfallgebühren in Höhe von 14,60 EUR erstattete sie nicht. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft für den Bewilligungszeitraum 1.10.2009 bis 31.3.2010 belief sich nach den Berechnungen der Beklagten daher auf insgesamt 1640,00 EUR monatlich. Nach den Berechnungen der Kläger belief sich ihr Bedarf wegen der tatsächlich insgesamt höheren Kosten der Unterkunft in der Zeit vom 1.10.2009 bis 31.12.2009 auf monatlich 1680,60 EUR und ab 1.1.2010 bis 31.3.2010 auf 1666,00 EUR.

Dem von ihr berechneten Bedarf der Kläger zu 2. und 3. stellte die Beklagte zunächst deren eigenes (tatsächliches) Einkommen aus Kindergeld, Unterhalt und Wohngeld gegenüber. Konkret berücksichtigte sie für beide Söhne der Klägerin je 164,00 EUR Kindergeld sowie Kindesunterhalt für den Kläger zu 2. in Höhe von 30,00 EUR und für den Kläger zu 3. in Höhe von 177,00 EUR. Ferner rechnete sie das vom Kläger zu 3. bezogene Wohngeld in Höhe von 104,00 EUR an. Das den eigenen Bedarf des Klägers zu 3. in Höhe von 71 EUR übersteigende Einkommen verteilte die Beklagte (nach Abzug einer Versicherungspauschale von 30,00 EUR zu Gunsten der Klägerin als Kindergeldberechtigter) in Höhe von 41,00 EUR auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis der für diese jeweils verbliebenen Bedarfsanteile.

Die Beklagte errechnete auf diese Weise im Bescheid vom 30.9.2009 letztlich Ansprüche der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 4. in Höhe von je 428,94 EUR sowie des Klägers zu 2. in Höhe von 173,12 EUR, zusammen mithin 1031,00 EUR. Die Beklagte versah diesen Bescheid mit einer Rechtsbehelfsbelehrung (Blatt 1516 der VA).

Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Kläger legte gegen diesen Bescheid unter Bezugnahme auf die für die Klägerin zu 1. bereits vorgelegte Vollmacht mit Schreiben vom 13.10.2009 (Blatt 1537 der VA) Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben könne. Dieser sei zu Gunsten seiner Mandantin mit der Maßgabe abzuändern, dass dieser monatlich weitergehende finanzielle Mittel zu bewilligen seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Kindergeld in Höhe von 71 EUR auf die Kindesmutter angerechnet werde. Ferner seien die Einkünfte des minderjährigen Kindes M. (Kläger zu 3.) auch bei diesem sowie bei dem Lebensgefährten der Klägerin um die Anrechnung einer Pauschale für private Versicherungen in Höhe von je 30,00 EUR zu bereinigen.

Mit Bescheid vom 26.10.2009 hob die Beklagte den Bescheid vom 30.9.2009 ab dem 1.11.2009 auf und bewilligte der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin, bestehend aus ihr selbst sowie den Klägern zu 2. und 4. für die Zeit vom 1.11.2009 bis 31.3.2010 Leistungen in Höhe von monatlich 1031,00 EUR (Blatt 1547 der VA). Wegen ausreichenden eigenen Einkommens sei der Sohn M. (Kläger zu 3.) nicht hilfebedürftig. Im Übrigen gleichen die Berechnungen dem vorangegangenen Bescheid. Wiederum enthält der Bescheid eine monatliche Anrechnung einer Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR nur zu Gunsten der Klägerin.

Mit Schreiben vom 28.12.2009 forderte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1. auf, nachzuweisen, dass für den Sohn M.D. (Kläger zu 3.) Versicherungen abgeschlossen worden seien, die bedient würden.

Mit Bescheid vom 22.12.2009 (Blatt 1567 der VA) änderte die Beklagte die der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1. bewilligten Leistungen für die Zeit vom 1.1.2010 bis 31.3.2010 insoweit ab, als nunmehr noch monatlich 991,00 EUR gewährt wurden. Die Änderung beruhte auf der Erhöhung des Kindergeldes auf 184,00 EUR je Kind ab 1.1.2010. Auch dieser Bescheid enthielt wiederum einer Rechtsbehelfsbelehrung.

Am 21.1.2010 (Blatt 1615 der VA) legte die Klägerin einen Versicherungsvertrag für eine Familienunfallversicherung unter Einbeziehung der Kinder vor, der mit einem monatlich in Höhe von 27,79 EUR zu zahlenden Versicherungsbeitrag zu bedienen war.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.2.2010 (Blatt 1673 der VA) wies die Beklagte den Widerspruch vom 13.10.2009 gegen den Bescheid vom 30.9.2009 in Gestalt der Bescheide vom 26.10.2029 und 22.12.2009 als unbegründet zurück.

Mit ihrer am 24.3.2010 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen Klage wendete sich zunächst allein die Klägerin zu 1. gegen diese Entscheidung und begehrte die Abänderung der Bescheide vom 30.9.2009, 26.10.2009 und 22.12.2009 und die Gewährung weitergehender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Mit Schriftsatz vom 12.4.2013 erklärte die Klägerin, dass die Klage auch für die Kläger zu 2. bis 4. erhoben werde.

In ihre Klagebegründung führt die Klägerin aus, ihr seien auf ihren Folgeantrag hin monatlich Leistungen für Oktober 2009 in Höhe von 546 EUR bewilligt worden. Mit diesen Berechnungen könne sie sich nicht einverstanden erklären. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, weshalb lediglich bei ihr als Kindesmutter ein Betrag von 71 EUR angerechnet werde. Das zugerechnete Kindergeld müsse vielmehr auf alle volljährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt werden und um einen monatlichen Pauschalbetrag für private Versicherungen bereinigt werden. Hiernach wären bei der Klägerin lediglich 5,50 EUR an Kindergeld anzurechnen und der gleiche Betrag bei ihrem Lebensgefährten, so dass letztlich monatlich nur 11,00 EUR statt 41,00 EUR Einkommen anrechenbar wären.

Nach Hinweis des Gerichtes, dass die Anrechnung des übersteigenden Kindergeldes unter Abzug einer Versicherungspauschale beim Kindergeldberechtigten nicht zu beanstanden sei, und ein bezifferter Klageantrag zu stellen sei, bezifferte die Klägerin ihr Klagebegehren mit Schriftsatz vom 4.8.2011 auf 89,00 EUR monatlich und begründete dies erstmals mit einem Anspruch auf weitergehende Kosten der Unterkunft. Die Beklagte habe monatlich lediglich 320,00 EUR Kaltmiete bewilligt, obwohl tatsächlich 409,00 EUR zu zahlen seien.

Nach Unterbreitung eines Vergleichsvorschlages, der von den Beteiligten nicht angenommen wurde, der allerdings berücksichtigte, dass die Klage nur für die Klägerin zu 1. erhoben worden war, wurde für die Kläger der Schriftsatz vom 12.4.2013 eingereicht. Hierin trägt die Klägerin vor, sie habe im Auftrag und in Vollmacht der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Leistungen beantragt und als sogenannter Haushaltsvorstand auch bewilligt erhalten. Sie beanspruche daher mit der Klage auch die Bewilligung weitergehender Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt, also auch für die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Dies sei bereits im Klageantrag und der Klagebegründung zu entnehmen, wonach gerade nicht nur weitergehende Leistungen für die Klägerin, sondern die Höhe der bewilligten Leistungen insgesamt beanstandet worden sei.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung der Bescheide vom 30.9.2009 in der Fassung der Bescheide vom 26.10.2009 und 22.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.2.2010 die Beklagte zu verpflichten, den Klägern für die Zeit vom 1.10.2009 bis 31.12.2009 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 40,60 EUR und für die Zeit vom 1.1.2010 bis 31.3.2010 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 26,00 EUR monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt zunächst die Auffassung, dass die Klageerweiterung um die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unzulässig ist. Einer Klageänderung widerspricht sie. Die Beklagte ist darüber hinaus der Überzeugung, dass die Klage im Übrigen unbegründet ist, weil die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche auf Gewährung von Kosten der Unterkunft für den Bewilligungszeitraum habe. Die Beklagte verfüge inzwischen über ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach der Bedarfsgemeinschaft sogar mehr Leistungen bewilligt worden seien als tatsächlich angemessen gewesen wären.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.

Die Klage der Klägerin zu 1. ist zulässig, im Übrigen ist die Klage unzulässig.

a) Gemäß § 54 Satz ein Sozialgerichtsgesetz (SGG) handelt es sich bei der Klage der Klägerin um eine Anfechtungsklage die in statthafter Weise mit einer Leistungsklage gemäß § 44 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 SGG kombiniert wurde. Auch hat die Klägerin ihre Klage form- und fristgerecht, insbesondere innerhalb eines Monats nach Zugang des angegriffenen Widerspruchsbescheids beim zuständigen Sozialgericht Magdeburg eingereicht, §§ 87, 90 und 92 SGG.

b) Soweit die Klage jedoch mit Schriftsatz vom 12.4.2013 um die weiteren Bedarfsgemeinschaftsmitglieder erweitert worden ist, ist die Klage unzulässig.

Die Monatsfrist nach Zugang des angegriffenen Widerspruchsbescheids vom 24.2.2010 konnte durch Klageerweiterung im April 2013 nicht eingehalten werden. Auch wurde die ursprüngliche Klage vom 25.3.2010 allein von der Klägerin und nicht auch für die übrigen Bedarfsgemeinschaftsmitglieder erhoben. Nur die Klägerin ist als Klägerin aufgeführt, nur die Klägerin wird im angekündigten Antrag genannt, nur für die Klägerin wurde Prozesskostenhilfe beantragt, nur für die Klägerin wurde die Klage mit Schriftsatz vom 26.11.2010 begründet.

Zudem hätte nach der ursprünglichen Begründung der Klage gar kein Interesse der Klägerin an einer Klageerhebung auch für die Kläger zu 2. bis 4. bestanden. Die Klägerin monierte in ihrer Klagebegründung zunächst ausschließlich, dass sie sich dagegen wehre, dass das den Bedarf des Klägers zu 3. übersteigende Kindergeld ausschließlich bei ihr angerechnet worden sei. Die (irrige) Annahme der Klägerin, dass die Anrechnung bisher ausschließlich bei ihr vorgenommen worden war, hätte dazu geführt, dass bei Verteilung des Einkommens auf andere Bedarfsgemeinschaftsmitglieder diesen weniger Leistungen hätten gewährt werden können als von der Klägerin angenommen. Sie hatte – jedenfalls bei Zugrundelegung ihrer ihre Klage begründenden Argumente – gar kein Interesse an einer Klageerhebung auch für die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.

Das Bundessozialgericht hat bereits in seinem Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 8/06 R entschieden, dass nur für eine Übergangszeit bis zum 30.6.2007 Anträge im Verwaltung- und Gerichtsverfahren sowie Urteile, die eine Bedarfsgemeinschaft betreffen, großzügig ausgelegt werden könnten. Im Zweifel sei (bis zum Ende dieser Übergangszeit) von Anträgen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, vertreten durch eines der Mitglieder, und von Entscheidungen über die Ansprüche aller Mitglieder auszugehen. Diese großzügige Auslegung im Sinne des Meistbegünstigungsprinzips könne bezüglich einer Bedarfsgemeinschaft allerdings nur für eine Übergangszeit Anwendung finden. Das Bundessozialgericht ging in dieser Entscheidung offenbar davon aus, dass eineinhalb Jahre nach Einführung des SGB II jedem Beteiligten bekannt sein müsste, dass die Ansprüche nach dem SGB II Einzelansprüche der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind und die Bedarfsgemeinschaft als solche keine Gesamtgläubigerschaft begründet. Dies hat jedenfalls bei anwaltlicher Vertretung einer Bedarfsgemeinschaft zu gelten.

Bei dieser Sachlage kann die Klage nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Klägerin auch für die übrigen Bedarfsgemeinschaftsmitglieder Klage erheben wollte. Die nachträgliche Klageerweiterung ist mangels Fristeinhaltung verspätet.

Die Klage ist im Übrigen unbegründet.

Der angegriffene Bewilligungsbescheid vom 30.9.2009 in der Fassung der Bescheide vom 26.10.2009 und 22.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.2.2010 ist nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin (und die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft) nicht in ihren Rechten. Die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin hatte im streitigen Bewilligungszeitraum vom 1.10.2009 bis 31.3.2010 keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, insbesondere keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft. Die von der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin im Bewilligungszeitraum bewohnte Wohnung verursachte unangemessene tatsächliche Kosten der Unterkunft, die die Beklagte in angemessener Höhe erstattet hat.

Die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin hat die von ihr während des Bewilligungszeitraums bewohnte Wohnung ohne Zustimmung der Beklagten und insbesondere ohne Zusicherung der Angemessenheit der Kosten im März 2009 angemietet und am 15.3.2009 bezogen, so dass der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin entsprechend der Bestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 SGB II nur die angemessenen Aufwendungen zu erbringen waren, ohne dass es für die Begrenzung der bewilligten Kosten der Unterkunft auf eine vorhergehende wirksame Kostensenkungsaufforderung angekommen wäre.

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach der Bestimmung des § 22 SGB II erbracht. Diese lautet, soweit vorliegend maßgeblich:

(1) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

(2) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind; der für den Ort der neuen Unterkunft örtlich zuständige kommunale Träger ist zu beteiligen.

Die Klägerin ist Berechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und war erwerbsfähig und hilfebedürftig.

Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zwischen der Leistung für die Unterkunft und der Leistung für die Heizung ist zu unterscheiden, wie schon der Wortlaut der Vorschrift mit der Verwendung des Plurals Leistungen sowie der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu entnehmen ist, sie sind aber keine eigenständigen Streitgegenstände (Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.2.2013 – B 14 AS 61/12 R mwN).

Zur Bestimmung der Leistung für die Unterkunft ist zunächst der abstrakt angemessene Bedarf unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln. Liegen die tatsächlichen Aufwendungen der leistungsberechtigten Person über diesem Betrag, ist der konkret angemessene Bedarf zu prüfen.

Bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Bedarfs für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Als dann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen und unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist. Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen. Kann kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben durch die Regelungen des Wohngeldgesetzes (BSG, Urteil vom 22.3.2012 – B 4 AS 16/11 R).

Die angemessene Wohnfläche für die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin betrug für vier Personen 80 m² (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9.5.2012 – L 5 AS 2/09, bestätigt durch BSG, Urteil vom 14.2.2013 – B 14 AS 61/12 R). Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Richtlinien zu den Wohnungsbauförderungsbestimmungen die maßgeblichen Festlegungen der im Land Sachsen-Anhalt anerkannten Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau beinhalten. Danach seien Wohnflächen für einen Einpersonenhaushalt bis zu 50 m² und für einen Zweipersonenhaushalt bis zu 60 m² förderfähig. Für jede weitere zum Haushalt gehörende Person erhöhe sich die förderfähige Wohnfläche um maximal 10 m². Die tatsächlich von der Klägerin und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden weiteren drei Mitglieder bewohnte Wohnung maß im Bewilligungszeitraum 99 m² und überstieg damit die Angemessenheitsgrenze um 19 m².

Nach Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße war nunmehr der räumliche Vergleichsmaßstab zu ermitteln und zuletzt zu klären, wie viel Miete für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen anzusehen Wohnung auf dem für die SGB II-Leistungsberechtigten maßgeblichen Wohnungsmarkt während des Bewilligungszeitraums monatlich aufzuwenden waren. Dabei müssen nicht die Faktoren Wohnungsgröße und Wohnungsstandard jeweils für sich angemessen sein. Es reicht, dass das Produkt aus Wohnfläche und Wohnungsstandard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9.5.2012 – L 5 AS 2/09 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R). Daher hat der Grundsicherungsträger den Quadratmeterpreis für entsprechende Wohnungen zu ermitteln. Dieser ist mit der angemessene Wohnungsgröße zu multiplizieren und so die angemessene Miete festzustellen. Den Feststellungen des Grundsicherungsträgers muss ein Konzept zu Grunde liegen, das wegen der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig sein muss. Die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" ist hinreichend nachvollziehbar zu machen (BSG, Urteile vom 9.10.2010 – B 14 AS 15/09 R und vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R).

Die Beklagte beruft sich hinsichtlich des Nachweises eines schlüssigen Konzeptes und der Angemessenheit der den Klägern im streitigen Bewilligungszeitraum tatsächlich bewilligten Kosten der Unterkunft auf das im August 2012 in ihrem Auftrag erstellte "Schlüssige Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im S.-Landkreis". Dieses Konzept hat Richtwerte für angemessenen Wohnraum festgelegt und zwar unterteilt nach Wohnungsmarkttypen. Die Festlegung der Wohnungsmarkttypen wurde zur regionalen Differenzierung der Angemessenheitswerte gebildet. Hierbei wurden räumliche Einheiten festgelegt. Der Wohnort der Kläger zum maßgeblichen Bewilligungszeitraum war die Stadt N. und gehörte nach dem Konzept zum Wohnungsmarkt Typ II.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft der Klägerin die in dem Konzept zum Wohnungsmarkt Typ II ermittelten Daten zu Grunde legt.

Bei der Festlegung des Vergleichsraums geht es um die Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen. Hierbei ist unschädlich, dass durch die Bildung von Wohnungsmarkttypen in den von der Beklagten herangezogenen Konzept Kommunen mit vergleichbaren Strukturen zusammengefasst wurden. Zwar hat das Bundessozialgericht unter anderen im Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R ausgeführt, dass die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken seien, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handele. Mit dieser Definition ist nicht ausgeschlossen, dass mehrere Kommunen zu einem Wohnungsmarkttyp zusammengefasst werden. Zwar handelt es sich dabei sodann um die Zusammenfassung mehrerer Vergleichsräume im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Wenn aber sogar das gesamte Stadtgebiet München als ein Vergleichsraum zur Festlegung der Angemessenheitsgrenze verstanden werden kann (so BSG, Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R), ist eine Zusammenfassung von Räumen, die gleiche Strukturen aufweisen, erst recht nicht zu beanstanden. Die von dem Konzept zur Definition der einzelnen Wohnungsmarkttypen herangezogenen Indikatoren gewährleisten eine tatsächliche Vergleichbarkeit der Strukturen der gebildeten Wohnungsmarkttypen. Jedenfalls bezogen auf den Wohnort der Kläger ist die Heranziehung des gesamten Ortes N. und dessen Eingliederung in den Wohnungsmarkt Typ II als Vergleichsraum nicht zu beanstanden.

Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 10.9.2013 (aaO mwN) ausgeführt hat, ist hinsichtlich der Bestimmung der Angemessenheit auf die konkreten Verhältnisse abzustellen. Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraumes zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren schlüssigen Konzeptes erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergegeben werden. Entscheidend sei, dass den Feststellungen des Leistungsträgers ein Konzept zu Grunde liege, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum ist (BSGE, Urteil vom 9.10.2013 – B 4 AS 77/12 R). Von der Schlüssigkeit eines Konzeptes ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind:

die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

Angaben über den Beobachtungszeitraum,

Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),

Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten,

Validität der Datenerhebung,

Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannen Oberwert oder Kappungsgrenze).

Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass das von der Beklagte nunmehr vorgelegte im Jahr 2012 erstellte Konzept nicht als schlüssig anzusehen wäre. Insbesondere sind für die einzelnen gebildeten Wohnungsmarkttypen zutreffende Datengrundlagen festgelegt und ausreichende Daten erhoben worden.

Auch widerspricht die Erstellung des Konzeptes im Jahr 2012 nicht der Anwendung der darin erhobenen und ausgewerteten Daten auf das hiesige Streitverhältnis, bei dem die angemessenen Wohnungskosten für den Bewilligungszeitraum 1.10.2009 bis 31.3.2011 zu beurteilen waren. Das Bundessozialgericht hatte in seiner Entscheidung vom 9.10.2013 (aaO) ausgeführt, dass es sogar unschädlich ist, wenn die Angemessenheitsgrenze im Laufe eines Gerichtsverfahrens geändert werde. Dies sei unter anderem Ergebnis der Auseinandersetzungen der Beteiligten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Erkennt ein Leistungsträger, dass seine bisher herangezogenen Werte der Rechtsprechung nicht genügen, muss es dem Leistungsträger möglich sein, die Datengrundlage den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen. Anhaltspunkte dafür, dass Kosten der Unterkunft in den Jahren 2009 und 2010 geringer gewesen wären als im Jahr 2012 sind aus der wirtschaftlichen Entwicklung Sachsen-Anhalts nicht herzuleiten. Die Heranziehung des im Jahr 2012 erstellten Konzepts zur Stützung der Auffassung des Leistungsträgers, im Jahr 2009 und 2010 tatsächlich angemessene Kosten der Unterkunft der Leistungsbewilligung zu Grunde gelegt zu haben, ist nicht zu beanstanden.

Danach ist festzustellen, dass die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin im Bewilligungszeitraum 1.10.2009 bis 31.3.2010 keine höheren Kosten der Unterkunft zu beanspruchen hatte als ihr bereits zugesprochen wurden. Nach den nach dem Konzept aus dem Jahr 2012 heranzuziehenden Daten für den Wohnungsmarkt Typ II wären Bedarfe für Unterkunft und Heizung der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin in Höhe von insgesamt 425,80 EUR zuzüglich der Abfallgebühren angemessen gewesen. Hinzuzurechnen sind hier die tatsächlichen Heizkosten, die die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin in Höhe von monatlich 33,00 EUR aufzubringen hatte. Für die Monate Oktober bis Dezember 2009 wären damit einschließlich Abfallgebühren 473,40 EUR angemessen gewesen und für die Monate Januar bis März 2010 458,80 EUR. Tatsächlich hat die Beklagte während des gesamten Bewilligungszeitraumes 492,00 EUR Kosten der Unterkunft erstattet. Sie hat damit der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung erbracht.

Die Klage war danach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt der Bestimmung des § 193 SGG.

Die Berufung war nicht zuzulassen.

Insbesondere liegt keine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Rechtskraft
Aus
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